Tutorial: Von der Idee zur fertigen Geschichte
Wenn du einen Roman - eine lange Geschichte also, schreiben willst, ist es meiner Erfahrung nach am erfolgversprechendsten, wenn du dich an eine Checkliste hältst und diese Punkt für Punkt abarbeitest. Du baust deine Geschichte also Steinchen für Steinchen auf und kommst so über kurz oder lang an dein Ziel.
Das hört sich öde an und vielleicht fragst du dich, wo denn da der Spaß und die Kreativität bleiben? Aber keine Angst, für Kreativität ist noch sehr viel Platz und außerdem lässt sich das Kreative bei aller Struktur nicht wirklich unterdrücken.
Mit nachfolgender Checkliste arbeite ich und sie ist daher schon einige Male erprobt worden. Sie zeigt dir, mit welchen Stationen ich von einer Idee zur fertigen Geschichte komme. Zu einigen dieser Stationen habe ich auf meinem Account Kapitel gepostet.
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Ich überlege mir, was ich mit der Geschichte anfangen will. Möchte ich sie für mich schreiben, oder posten oder vielleicht sogar veröffentlichen? Dementsprechend generiere ich eine Idee anhand verschiedener Methoden.
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Ich füge meiner Idee einen Konflikt hinzu und überlege grob, wie der Inhalt laufen könnte. Wie der Anfang ist, was im Mittelteil passiert und wie der Schluss sein soll. Aber wirklich nur ganz grob.
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Ich frage mich: Wer wird diese Geschichte vielleicht lesen? Warum will ich gerade diese Geschichte erzählen? Was macht sie einzigartig? Wenn ich eine überzeugende Antwort finde, mache ich weiter, wenn ich zweifle, verwerfe ich die Idee wieder und prüfe eine neue.
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Ich schreibe eine Logline für meine Geschichte. D.h. ich fasse meine Idee/Geschichte in einem einzigen Satz zusammen. Längstens aber in drei Sätzen. So sehe ich, ob der Inhalt einfach erzählt werden kann, oder ob er zu kompliziert wird. Wenn es mir nicht gelingt, suche ich nach einer neuen Idee.
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Ich pitche (werfe, schlage) meine Idee. D.h. ich stelle mir vor, ich stehe in einem Aufzug nach oben, mein Agent ist bei mir und ich habe lediglich 1-2 Minuten Zeit, meinen Agenten von meiner Idee zu überzeugen. Meine Geschichte also in 3-4 Sätzen zusammengefasst. Dieses Pitchen mache ich mit mir und mit Freunden, von denen ich weiß, dass sie ehrlich zu mir sind. Gefällt die Idee, mache ich weiter.
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Jetzt fange ich an, die Idee in eine Struktur zu bringen. Ich arbeite sie also weiter aus. Ich verwende eine Drei-Akt-Struktur (Anfang, Mittelteil, Schluss) und hier, die Struktur der Heldenreise in 12 Punkten. Du kannst auch lediglich vier Punkte nehmen, oder acht (hier habe ich in meinem Account ein entsprechendes Kapitel).
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Ich lege innerhalb der Struktur die Plotpoints I und II fest, den Midpoint und die Klimax und den Spannungsbogen.
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Ich richte mich beim Verlauf meiner Geschichte nach der Struktur der Heldenreise und nicht danach, wie meine Figuren sind. Ich gebe ihnen den groben Rahmen vor und sehe, ob sie da hineinpassen oder nicht. Daher fange ich auch erst nach der Heldenreise mit dem Ausarbeiten der Charaktere an. Stelle ich fest, dass eine Person so gar nicht in die Struktur will, ändere ich den Verlauf der Geschichte nochmals ab. In Punkt acht also, befasse ich mich mit den Charakteren.
Ich lege Namen für Protagonist und Antagonist fest. Auch Äußerlichkeiten. Ich frage mich, brauche ich einen Mentor für meinen Helden oder andere Helfer? Brauche ich Freunde, weitere Feinde für meinen Helden? Brauche ich eventuell eine Figur, die Spass in meine Geschichte bringt usw.
Ich gebe meinem Helden sein wounding. D.h. ich lege fest, welche Verletzung/Schwachstelle er hat. Ich lege fest, welches vordergründige Ziel er hat und welches innere Ziel er verfolgt. Und ich lege fest, was mit meinem Antagonisten los ist und wie Held und Antiheld miteinander umgehen.
Dann lege ich das Setting fest und alles, was sonst noch so in meiner Geschichte vorkommt.
Viele Autoren empfehlen sich mit seinem Helden intensiv auseinander zu setzen. Eventuell sich mit ihm zu unterhalten oder ein Interview mit ihm zu führen. Das mache ich nicht, da ich mich an die Heldenreise halte, die das Handeln meines Helden vorgibt. Ich weiß nur einige relevante Dinge über meinen Helden. Mit Dingen die unwichtig sind für meine Geschichte, befasse ich mich nicht. Mich interessiert es nicht, ob mein Held Fahrrad fahren kann, wenn es meiner Geschichte nicht dient.
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Dann entwerfe ich den Szeneaufbau. Ich lege Szene für Szene hintereinander fest. D.h. ich schreibe also die Handlung meiner Geschichte auf, aber nicht in Fließtext, sondern in einzelnen Szenen. Wo spielt die Szene, wer ist darin verwickelt und worum geht es in der Szene. Ich schreibe kein Exposé, das übernimmt mein Szeneaufbau (Exposé ist für den Verlag gedacht).
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Erst jetzt fange ich an zu schreiben/plotten. Ich schreibe Szene für Szene hintereinander weg, bis zum Schluss. Nebenbei führe ich ein Büchlein in dem ich alle relevanten Dinge, die die Handlung betreffen oder die Eigenheiten meiner Figuren betreffen, festhalte, damit ich nicht den Überblick verliere und nachschlagen kann, wenn ich etwas wissen will.
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Habe ich die erste Fassung geschrieben. Lasse ich das Ganze ruhen, bis ich gedanklich davon losgekommen bin.
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Dann lese ich die erste Fassung wieder und beginne zu streichen. Figuren, die mir nicht gefallen, ändere Schauplätze, ändere Dialoge usw. Außerdem prüfe ich den Spannungsbogen, ob er auch wirklich seinen Dienst tut.
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Wieder ruhen lassen und wieder durchlesen und streichen. Solange, bis ich eine schlanke, abgespeckte Version habe, mit der ich zufrieden bin.
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Als letztes lasse ich noch Korrektur lesen.
Dann ist die Geschichte fertig!