Tutorial: Selbstverlag vs. herkömmlicher Verlag
Viele Leute werden euch da eine Meinung aufdrängen: Selfpublishing ist ja so toll, nein, Verlagsbücher sind ja viel toller, das hat Qualitätsgarantie, usw. Allerdings ist alles eine Frage der eigenen Präferenz und des eigenen Könnens und der Bereitschaft, eventuell Geld zu investieren, falls in einem der Bereiche des Selfpublishings kein Können vorhanden ist.
Tatsächlich ist es ja so: Der Verlag nimmt euch alles ab, nachdem ihr das Manuskript geschrieben hat. Er gibt euer Buch an einen Lektor weiter, der mit eurem Text arbeitet, anschließend erhaltet ihr den Text korrigiert und mit Vorschlägen versehen zurück und wenn ihr dann zufrieden seid, geht es zurück zum Verlag. Dort wird dann das Korrektorat durchgezogen, ihr erhaltet eventuell das Manuskript zurück und dann habt ihr nichts mehr damit am Hut. Kein Buchsatz, kein Cover (obwohl ihr durchaus auch dazu befragt werdet - aber es ist kein Muss), eben nichts. Ihr müsst nicht wissen, woher ihr eine ISBN bekommt, was die Druckerei kostet usw. Anschließend erhaltet ihr euer fertiges Buch und das war's. Ihr müsst nur schreiben können, sonst eben nichts.
Beim Selfpublishing geht das nicht, das muss hier klipp und klar gesagt sein. Ihr müsst euch einen Anbieter aussuchen, über den ihr veröffentlicht, eine ISBN beziehen, euch um Buchsatz, Drucksatz, Ebook-Format und Cover selbst kümmern und Lektorat und Korrektorat übernimmt auch keiner für euch. Aber: Könnt ihr etwas davon, oder seid ihr gewillt, dafür auch mal Geld auszugeben, oder eine längere Recherche, um euch die Dinge selbst beizubringen, auf euch zu nehmen, dann seid ihr unabhängig. Ihr müsst nicht ein Jahr warten, bis der Verlag euch endlich mal wieder einen freien Slot einräumt, es gibt niemanden, der sagt: Dein Thema ist zu speziell, das verkauft sich nicht, usw. Niemand redet euch rein und ihr könnt machen was ihr wollt - was aber auch nicht zwingend immer gut ist.
Es liegt also ganz in eurer Hand. Für das erste Buch würde ich eventuell schon einen Verlag vorschlagen. Einfach damit ihr ein Gefühl für die Schritte, eure eigene Schreibe und eure Reaktionen auf Kritik oder die Tatsache, dass nicht viele euer Buch kaufen, bekommt. Nicht jeder kommt gut mit unsinniger Leserkritik klar ("Das Buch war blau, ich hasse blaue Bücher - 1 Stern!"). Nicht jeder möchte danach noch ein Buch veröffentlichen. Passt genau auf bei den Steps, die dort gemacht werden, wenn ihr vorhabt, das künftig zu übernehmen. Das hilft enorm.
So, jetzt haben wir aber gar keinen Verlag für unseren Erstling gefunden. Nur einen komischen, der Geld von euch will. Macht das nie - das macht euch euer Autorenleben kaputt. Geld beim selfpublishen zu bezahlen ist völlig in Ordnung. Geld dem Verlag zu geben nicht - so komisch das klingen mag.
Vielleicht ist's jetzt nicht der Verlag, der Geld will, aber ein Kleinverlag, der lediglich ein Ebook von eurem Buch rausbringen will. Auch das würde ich mir beim Kleinverlag immer klemmen. DAS könnt ihr auch selber. Ebooksatz ist nämlich deutlich einfacher als Printsatz und lässt sich nach ein wenig Recherche mit Word realisieren und über Programme wie Calibre finalisieren. Premade Cover kosten auch nicht die Welt - damit fahrt ihr allemal besser. Denn es ist ja so - der Verlag gibt euch deutlich weniger, als ihr dann beim Selfpublishing erhaltet.
Ebooks sind für solche Verlage total risikolos, weil sie selbst den Satz übernehmen Lektorat kommt dann oft vom Verleger selbst, wodurch ihm keine Kosten entstehen und wenn er das Cover auch noch machen kann - ja super. Aber das Geld bekommt er dafür. Das ist euer Geld und wenn schon keiner ein Risiko eingehen will und euch nur einen Ebookvertrag gibt (wir reden hier von Kleinstverlagen, nicht von den reinen Ebook-Labeln der Großverlage - die sind immer vorzuziehen), dann lasst ihn das mit jemand anderem machen.
Vielleicht habt ihr sowieso eine sehr gute Beta-Leserin. Oder ihr habt das Geld und sagt: Investiere ich in gutes Lektorat - das braucht man - wunderbar. Lektorat ist wichtig - Cover ist wichtig. Einen leicht fehlerhaften Ebook-Satz verzeiht der Leser. Dumme Inhaltsfehler oder ein Cover mit Paint nicht (das kauft dann keiner).
Die nächste wichtige Sache ist euer Genre. Es gibt Dinge, die im Selfpublishing weggehen wie Geschnitten Brot und welche, die nicht gehen. Romance, Erotik und Romantasy sind zum Beispiel Konsumgüter, die einmal inhaliert und dann vergessen werden - aber den Lesern ist dabei herzlich egal, ob es von einem Verlag kommt oder nicht. High Fantasy ist ein Klotz am Bein und wird sich nur in Ausnahmen sehr gut verkaufen. Es liegt also auch an eurer Schreibe, welchen Weg man gehen möchte.
Ja, Selfpublishing ist mehr Arbeit. Mehr Arbeit, nachdem man sein Buch schon geschrieben hat. Aber es kann natürlich wirklich gut funktionieren. Genauso wie der klassische Verlagsvertrag, der euch viel mehr Zeit lässt, eure Bücher zu schreiben. Denn die Zeit, die man eben nebenher noch investieren muss, die ist nicht zu unterschätzen. In der Zeit hättet ihr Schreiben können. Daher sei Autoren mit großem Output der Weg ins Selfpublishing erst dann empfohlen, wenn er eine gewisse Routine entwickelt hat. Ansonsten ist der Verlag deutlich angenehmer für euch.
Und bedenkt: Wenn plötzlich jemand behauptet, ihr hättet was bei ihm abgeschrieben (soll vorkommen), habt ihr den Verlag im Rücken, die euch zur Seite stehen. Beim Selfpublishing ist das euer Problem und euer Bier. Seid euch also bewusst, dass ihr damit auch ein Risiko eingeht. Ich habe insgesamt aktuell elf Bücher auf dem Markt und musste mich bereits einmal herumstreiten. Kein guter Schnitt. Es kann also immer passieren. Denn wenn euch jemand nachahmt, könnt ihr auch bequem zum Verlag gehen und sagen: Ey, macht was. Das müsst ihr als Selfpublisher natürlich alleine lösen.
Last but not least, sei aber auch eines erwähnt, eine vorherrschende Meinung, der man sich selbst manchmal nicht erwehren kann: Verlag - das steht für Qualität. Das natürlich auch Verlagsbücher Fehler und grauenhafte Cover haben, das wissen wir alle, selbst im Großverlag gibt es fehlerhafte Bücher (und ich rede nicht von einem winzigen Rechtschreibfehler). Aber: Dieses Denken beherrscht nach wie vor den Markt. Selfpublishing steht dank diverser schwarzer Schafe, die ihren Mist mit einem hässlichen Cover, voller Fehler, einfach auf den Markt werfen, immer noch als "negativ" da, genau wegen solcher Leute. Es kann also sein, dass sich da jemand naserümpfend hinstellt und sagt: "Ach, du bist ja gar kein richtiger Autor!".
Aber dumme Sprüche hört man als Autor sowieso genug. Egal ob beim Verlag oder als Selfpublisher. Was macht da der eine mehr oder weniger?