Tutorial: Auf was muss ich achten, wenn ich Ideen von anderen Autoren übernehme?
Dieses Tutorial wird sich mit der Frage beschäftigen, was man beachten muss, wenn man Ideen von anderen Autoren übernehmen will. Es geht demnach um Urheberrecht, doch ich bin kein Jurist und kann hier lediglich als Amateur versuchen, einen Leitfaden zu entwickeln. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und übernehme somit auch keine Garantie oder ähnliches. Nach eingehender Recherche kann ich für euch Folgendes zusammenfassen.
- Darf ich Motive/Wesen etc. eines anderen Autors nutzen?
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Wir leben in der Postmoderne, eigentlich schon in der Post-Postmoderne, das heißt für die Literatur, dass inzwischen einfach alles irgendwie schon einmal dagewesen ist. Im 19. Jahrhundert war es noch spektakulär, wenn sich ein Meisterdetektiv forensischer Methoden bediente und seine Fälle damit löste, doch heute ist diese gängiger Standard in der realen Polizeiarbeit und damit auch in der Literatur.
Der Blutdurst eines Vampirs und einige andere Eigenschaften beruhen auf Mythen, Legenden und Volksglauben und sind in der Literatur mehrfach unterschiedlich aufgegriffen worden. Ähnliches gilt für Elemente aus den "Harry Potter"-Romanen, in denen sich JKR verschiedener Elemente der Mythologie bedient. Stichworte sind hier die Artus-Sage oder Nessie als Vorlage für ein Tierwesen.
Mit diesen Beispielen wird klar, dass es sich nicht um ein Plagiat von "Dracula" handelt, wenn ein Autor einen Vampir schaffen möchte. Es ist auch kein Plagiat, dass ein Basilisk bei "Harry Potter" die Schüler gefährdet, auch wenn der Mythos um dieses Wesen schon Jahrhunderte alt ist.
Soweit also die gute Nachricht: Nicht jede Parallele zu einem bestehenden Werk ist ein Plagiat oder ein Diebstahl.
Nun die schlechte Nachricht: Die Unterscheidung ist teilweise schwierig. Es kommt auf die Schöpfungshöhe an.
- Was ist die Schöpfungshöhe?
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Tja, nun wird es fachlich und ziemlich trocken. Ist aber wichtig.
Mit Schöpfungshöhe ist der Text als "persönliche geistige Schöpfung" gemeint.Diese schöpferische Leistung kann bei Texten in der individuellen benutzen Sprache, Sammlung, Auswahl, Anordnung und Einteilung des beschriebenen Stoffes liegen. Ausgeschlossen ist hierbei jedoch das Durchschnittlich-Gewöhnliche, also das Banale und Alltägliche.
Das heißt, dass ein Werk urhebergeschützt ist, wenn eine eigene Schöpfungshöhe existiert. Literarische Werke haben fast immer eine Schöpfungshöhe, sehr kurze und/oder triviale Texte sind dagegen selten geschützt.
Dieses erlernte Verständnis soll nun anhand von Beispielen verständlich gemacht werden:
- Tweets sind selten geschützt, da es sehr kurze Texte sind, die sich meistens mit banalen/alltäglichen Dingen beschäftigen. "Sitze im Bahnhof und warte, dass es weitergeht" besitzt keine Schöpfungshöhe. "Sitze hier im Biergarten. Wespe, Wespe, beliebt wie manche Gäste. Ich will hier weg" Könnte wiederum eine Schöpfungshöhe haben, da es einen individuellen Vers benutzt, der als Sprichwort oder geflügeltes Wort genutzt werden könnte.
- Romane, Kurzgeschichten, selbst OS sind meistens geschützt. Ein Beispiel würde hier viel Platz in Anspruch nehmen. Bleiben wir bei der "Harry Potter"-Reihe, die eindeutig kein Plagiat darstellt, obwohl sie viele Mythen, Tierwesen und ähnliches aus Europa und der ganzen Welt nutzt. Damit sind wir bei der schöpferischen Leistung, die hier in Form von eigener Sprache, einer Auswahl sowie Anordnung aus Bestehendem vorliegt.
Nun kommt jedoch das Problem: Wenn ein Autor die gleiche Geschichte in eigener Sprache neu schreibt, ist es definitiv keine Schöpfungshöhe, denn das allein reicht nicht aus. Ihr merkt jetzt, dass dieses Thema wirklich schwer zu bearbeiten ist, somit der Einzelfall entscheidet und eine generelle Einschätzung unmöglich ist.
- Darf ich ein Werk eines anderen Autors bearbeiten?
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Zunächst muss geklärt werden, was eine Bearbeitung ist - nämlich eine Kürzung, Übersetzung oder Transformation einer Gattung zu einer anderen (Buch zu Film, Liebesroman zu Krimi...). Nach § 23 UrhG bedarf eine solche Bearbeitung IMMER die Zustimmung des Autors!
Das heißt im Klartext: Findet ihr ein Werk, an dem der Autor nicht mehr aktiv arbeitet oder sich aus einem anderen Grund nicht bei euch meldet, könnt ihr nicht einfach selbst entscheiden und das Werk trotz der fehlenden Erlaubnis übersetzen o. ä.
- Darf ich mich inspirieren lassen und Grundmotive eines anderen Autors nutzen?
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Ihr findet eine Geschichte, deren Grundmotiv euch gefällt, wollt daraus nun aber eine eigene Geschichte machen? Ob dies erlaubt ist, kommt auf die Schöpfungshöhe an.
Ich habe vor einigen Jahren eine FanFiktion geschrieben, die auf einem Grundmotiv einer englischen FF basiert. Es ging um ein Heiratsgesetz, das dazu führte, dass Harry Potter und Hermine Granger eine Ehe eingingen. Ich fand die Idee interessant, doch die Geschichte wurde damals nicht weiter geschrieben (inzwischen ist sie doch beendet worden). Meine Geschichte wurde eine Romanze mit Krimi-Elementen, die dann in einem zweiten Teil fortgeführt wurden. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen beiden FFs war das Gesetz und die Heirat von Hermine und Harry. Ansonsten unterschieden sie sich vollkommen, weswegen meine Geschichte ausreichende Schöpfungshöhe hatte und somit kein Plagiat darstellt.
Mit diesem Beispiel wird deutlich, was ich eingangs bereits formuliert habe. Wenn eure Schöpfungshöhe ausreicht, auch wenn ihr euch irgendwelche Dinge eines anderen Autors ausleiht, dann ist Inspirieren lassen erlaubt.
- Was mache ich, wenn mir ein Plagiat vorgeworfen wird?
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Das ist ein schlimmer Vorwurf, da heißt es erst einmal durchatmen! Manchmal passiert es, dass man viele Geschichten liest und dann eine Idee entwickelt, die viele Parallelen zu einer solchen Geschichte hat. Es kann auch vorkommen, dass man in einem Fandom aufgrund der vorgegebenen Charaktere und Rahmenhandlung auf die gleiche Idee kommt. Beides sind die "besseren" Fälle, hinter der keine böse Absicht steht. Es kann aber auch einen Fall geben, bei dem absichtlich gehandelt wird.
Gerade bei den "besseren" Fällen kommt es immer darauf an, ob die Schöpfungshöhe ausreicht oder nicht. Dafür sollten beide Werke kritisch gelesen und beurteilt werden. Wenn es sich wirklich um ein Plagiat handelt, dann muss man das Werk löschen und sich bei dem Autor entschuldigen. Alles weitere wird am konkreten Fall beurteilt, z.B. ob sich ff.de eingeschaltet hat oder nicht. Es kann keinen allgemeinen Leitfaden geben. Am besten, es kommt gar nicht erst soweit.
- Was mache ich, wenn sich ein Autor unerlaubt meiner Ideen bedient?
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Diese Sache ist auch schlimm, doch was kann man tun? Auch hier sollte zunächst selbstständig und kritisch geprüft werden, ob das wirklich so ist oder ob der Eindruck des Plagiats durch eine Überreaktion zu Stande gekommen ist.
Der Autor kann angeschrieben und darauf hingewiesen werden. Hier sollte dem betreffenden Autor jedoch ausreichend Zeit zur Antwort und Korrektur gelassen werden. Hilft das nicht und führt zu keiner Einigung, dann kann ff.de eingeschaltet werden, damit sich die Administration und OPs der Sache annehmen. Es gibt im Forum auch Threads dazu, in denen entsprechende Probleme gemeldet werden:
- Muss ich einen Verweis auf die Quelle angeben?
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Zunächst muss klar sein, dass es nicht reicht, eine Quelle anzugeben und dann nach Lust und Laune alles aus eben dieser Quelle zu verwerten. Das ist nicht erlaubt, außer es ist eine wissenschaftliche Arbeit.
Eine Quelle schadet nicht. Manche würden sogar von einer moralischen Verpflichtung sprechen,derlei Angaben zu machen. Ist die Schöpfungshöhe jedoch groß genug, wird eine Quellenangabe nicht erforderlich sein.