Der Weg ins Ungewisse
von Achanti
Kurzbeschreibung
Celina begleitet ihre Freundin in den Italienurlaub, wo diese einen romantischen Heiratsantrag von ihrem Freund bekommt. Während Celinas Freundin im siebten Himmel schwebt, macht sie selbst die Bekanntschaft mit einem jungen Mann, der ihr Leben für immer verändern wird.
GeschichteAllgemein / P18 / Het
11.08.2023
26.09.2023
21
45.336
6
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18.09.2023
3.033
Sie landeten pünktlich in Deutschland und fuhren geradewegs in eine von Lucas Wohnungen. „ Keine Sorge, wir haben getrennte Zimmer“, meinte er und führte sie durch die riesige Wohnung. „ Wieso wundert es mich nicht, dass du scheinbar überall auf der Welt teure Immobilien hast?“ Luca lachte über ihre Worte. „ Vielleicht weil du mittlerweile gemerkt hast, dass ich durch meine Geschäfte viel Geld verdiene.“
Celina verdrehte die Augen. Natürlich verdiente Luca viel Geld, aber seine Geschäfte waren mehr als fragwürdig. Natürlich betrieb er unter anderem durch diverse Hotels und Gastronomiebetriebe legale Geschäftsfelder, aber das meiste Geld machte er noch immer mit illegalen Geschäften. Er verkaufte Drogen und machte damit einen enormen Umsatz.
„ Belassen wir es lieber dabei“, murmelte sie. Ergeben hob er die Hände. „ Du hast ja recht. Sprechen wir über andere Sachen.“ „ Und über was willst du mit mir reden?“ Er zuckte die Schultern. „ Keine Ahnung, aber du kannst dich nicht mit meinem anderen Geschäftszweig identifizieren. Vielleicht sollten wir darüber reden wie das mit uns klappen könnte, wenn du doch genau weißt was ich neben meinem offiziellen Gewerbe so mache.“ „ Ich habe nur eine grobe Idee davon was du machst. Vielleicht sollten wir damit anfangen was du alles so machst.“
Luca nickte verständnisvoll. Wahrscheinlich war dies die sinnvollste Variante um sich besser kennenzulernen. Er konnte keine gemeinsame Zukunft mit Celina aufbauen, wenn sie nicht genau wusste was er in seinem Leben machte. Natürlich konnte er sie nicht in alles einweihen, aber er musste ihr zumindest eine grobe Übersicht über seine Unternehmen geben.
„ Wir werden die Zeit in Deutschland dazu nutzen, dass ich dir ein bisschen was über mein Leben und meine Geschäfte erzähle. Du wirst allerdings Verständnis dafür haben müssen, dass ich dir nicht alles im Detail erzählen kann. Ich will dich nämlich nicht noch mehr gefährden als ich es ohnehin schon getan habe.“ „ Wenn du mich zumindest ein bisschen einweihst ist mir schon geholfen“, erwiderte Celina und fragte sich zeitgleich, ob sie damit leben könnte. Wie sollte sie mit einem Mann zusammen sein, der in illegale Geschäfte verwickelt war? Und was sollte sie ihren Eltern sagen, wenn sie ihnen Luca irgendwann einmal offiziell als ihren Freund vorstellen sollte? Natürlich wusste sie nicht, ob es überhaupt dazu kam, aber es konnte ja nicht schaden sich schon jetzt Gedanken darüber zu machen.
„ Woran denkst du?“, wollte Luca nun wissen, denn ihr nachdenklicher Gesichtsausdruck war ihm nicht verborgen geblieben. Diese zuckte die Schultern. „ Nur Hirngespinste. Kannst du mir irgendetwas über diese Organisation erzählen?“ „ Nicht, wenn du in Frieden weiterleben willst. Es ist unnötig für dich viele Informationen zu haben. Solltest du von irgendjemandem gefragt werden, kannst du glaubhaft leugnen irgendetwas davon zu wissen.“
Celina zögerte kurz. „ Mit irgendjemandem meinst du die Organisation selbst, oder deren Handlanger, wenn sie mich in die Finger kriegen sollten…“ Luca antwortete nicht darauf, aber sein Schweigen war ihr Antwort genug. Sie seufzte und rückte ihren Eisbeutel etwas zurecht.
„ Brauchst du einen Neuen?“, wollte Luca sofort wissen. „ Nein, es geht schon. Morgen wird es bestimmt schon besser sein. Er ist ja nur verstaucht.“ Sie lächelte ihn beruhigend an und lehnte sich dann wieder zurück. „ Ich habe ehrlich gesagt Angst davor meine Eltern zu sehen. Je weniger ich mit ihnen zu tun habe, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in eure Fehde mit hineingezogen werden, oder?“
Luca konnte ihr da leider nur zustimmen. „ Ich würde alles für deine Eltern tun, das weißt du. Aber du hast recht, wenn du sie nicht unbedingt siehst, dann sind sie nicht so sehr in Gefahr. Aber ich werde dir ganz sicher nicht verbieten deine Eltern zu sehen.“
Sie senkte traurig den Kopf. „ Ich vermisse sie“, gestand sie ihm leise. „ Dann wirst du zu ihnen gehen und sie besuchen. Ich werde bei dir sein und auf dich aufpassen. Zwei meiner Leute werden deine Eltern rund um die Uhr im Auge behalten, damit ihnen nichts passiert. Wir sind auf alles vorbereitet.“ „ Du hast wohl eine unerschöpfliche Quelle von Gefolgsleuten, oder?“ Luca schüttelte leicht lächelnd den Kopf. „ Habe ich nicht, aber eine Familie ist füreinander da.“ „ Ihr seid nicht alle aus einer Familie. Ihr seid nicht alle miteinander verwandt.“
Luca schmunzelte. „ Stimmt, aber sie haben sich unserem Leben verschrieben und haben sich bei diversen Aufgaben bewährt.“ „ Du vertraust ihnen wirklich vollkommen?“ „ Ich prüfe hin und wieder einige Leute bei denen ich mir nicht ganz sicher bin wie sie zu uns stehen und wenn sie sich dann bewähren, ist alles gut. Bewähren sie sich nicht, dann werden sie… nun ja, sagen wir mal sie werden ihrer Posten enthoben.“
Jetzt musste auch Celina schmunzeln. „ Das war wirklich nett ausgedrückt. Was wirst du eigentlich hier machen?“ Luca atmete tief durch. „ Das willst du glaube ich gar nicht wissen. Ich werde jedenfalls immer in deiner Nähe sein, auch wenn ich andere Aufgaben zu erledigen habe.“ „ Kann ich davon ausgehen, dass du auch andere Leute in meiner Nähe haben wirst, falls du beschäftigt bist?“ „ Je weniger du weißt, desto besser Celina. Das sage ich nicht, weil ich dir etwas verheimlichen will, sondern weil ich dich beschützen will.“ „ Ist schon gut, ich muss wohl damit leben nicht alles zu erfahren.“
Luca wollte etwas erwidern, aber Celina winkte ab. Sie hatte beschlossen nicht mehr so viel zu hinterfragen. Sie hatte schon mitbekommen, dass sie nicht zur Familie gehörte und dementsprechend keine Informationen erhalten durfte. Sie bekam gerade so viel mit, wie sie wissen musste um im Alltag klarzukommen.
„ Ich hole dir jetzt erstmal einen neuen Eisbeutel.“ Damit verschwand er im Inneren der Wohnung. Celina sah ihm nachdenklich hinterher. Sie konnte ja verstehen, dass sie nicht so viel mitbekommen sollte und eigentlich wollte sie es auch nicht, aber wie würde sich ihr zukünftiges Leben gestalten? Auch ihre Eltern waren in Gefahr, vor allem dann, wenn sie sich hier in Deutschland aufhielt. Wenn Luca sogar Sorge davor hatte, dass Roberto ihrer Familie schaden könnte, was würde dann erst die Organisation mit ihren Eltern machen?
Luca kam mit einem frischen Eisbeutel zurück und tauschte ihn mit dem alten aus. „ Was glaubst du könnte meinen Eltern passieren?“, fragte sie jetzt leise nach. Luca musterte sie einen Moment, dann setzte er sich wieder zu ihr. „ Ich denke nicht, dass ihnen etwas passieren wird.“ „ Roberto hätte meinen Eltern auch gefährlich werden können, warum also glaubst du jetzt nicht daran, dass ihnen etwas passieren könnte?“
Luca zuckte die Schulter. „ Ich bin mir bei gar nichts sicher Celina. Aber Familie ist uns heilig und wir würden uns nur an ihnen vergreifen, wenn es die letzte Möglichkeit ist. Ich bin mir sicher, dass wir vorher verhandeln können, sollte es zu größeren Problemen kommen. Du weißt, dass ich zur Vorsicht zwei meiner Leute in ihrer Nähe habe, aber es wird ihnen nichts passieren.“ „ Du würdest mir aber sagen, wenn sie in Gefahr wären, oder?“
Luca sah sie ernst an. „ Ich verspreche es dir.“ Sie nickte dankbar und atmete tief durch. Plötzlich spürte sie wie Luca ihre Hand berührte und blickte irritiert auf ihre beiden Hände. Luca sagte nichts, sondern streichelte einfach über ihre Handfläche. Er wusste, dass noch ein langer Weg vor ihnen lag, aber er wollte Celina nun endlich näher kommen. Sie hatte ihren Widerstand aufgegeben, also konnten sie sich doch nun endlich kennenlernen.
„ Hast du vielleicht Lust heute Abend mit mir zusammen zu essen?“, fragte er leise, während er weiterhin ihre Hand streichelte. „ Wo willst du denn hin?“, fragte sie im Gegenzug. Jetzt schmunzelte er und deutete auf den Tisch auf der Dachterrasse. „ Ich dachte an ein ungezwungenes Essen hier draußen. Ich würde etwas bestellen und wir können in Ruhe hier draußen essen und uns unterhalten. Wir können uns kennenlernen und die ganzen albernen Fragen eines ersten Dates beantworten.“
Celina lachte und entzog ihm ihre Hand. „ Die Idee mit dem Essen ist wirklich gut, aber den Fragenkatalog lassen wir mal außen vor. Wir reden ganz normal miteinander. Sind wir hier denn auch wirklich alleine?“ Luca zuckte die Schultern. „ Ich werde meine Leute darum bitten im Hintergrund zu bleiben. Ich möchte ungestört mit dir essen.“ Sie nickte nachdenklich. Mit ihrem Fuß kam sie momentan nicht weit, deshalb war sie für diese Idee überaus dankbar. Und ein Essen konnte nicht schaden. Viele Paare gingen anfangs essen um sich besser kennenzulernen, also konnte sie das auch machen. Und hier draußen war es unglaublich schön, warum also sollte sie ablehnen? „ Also gut, essen wir heute Abend hier draußen.“
Luca lächelte und drückte ihre Hand. „ Hast du irgendwelche besonderen Wünsche?“ „ Du bist Italiener, also entweder Pizza oder Nudeln“, erwiderte sie augenzwinkernd. Luca lachte auf. „ Da hast du ausnahmsweise sogar recht.. Ich kenne zufällig ein verdammt gutes Restaurant wo du die beste Pizza und die besten Nudeln bekommst. Was hältst du davon, wenn ich dort bestelle?“ „ Liefern die denn einfach so?“
Bevor Luca ihr antworten konnte, schüttelte sie den Kopf. „ Natürlich liefern sie. Das Restaurant gehört dir.“ „ Ist das ein Problem für dich? Wenn du nicht willst, können wir auch woanders bestellen.“ Celina schüttelte den Kopf. „ Nein, ist schon in Ordnung. Ich würde nur trotzdem gerne mal in die Speisekarte gucken, damit ich mir etwas aussuchen kann.“
Luca erhob sich und kehrte wenig später mit einer Karte zu ihr zurück. Sie blätterte durch die Seiten und blieb schließlich bei den Nudeln hängen. Sie überlegte lange hin und her, dann legte sie die Karte zur Seite. „ Ich nehme die Lasagne.“ „ Wird gemacht.“ Luca schmunzelte und lehnte sich zurück. Er war jetzt schon gespannt was der Abend bringen würde.
Gegen 19 Uhr war ihr Essen geliefert worden, sodass sie jetzt bei Kerzenschein auf der Dachterrasse saßen. Luca hatte seinen Leuten angeordnet, dass sie sie in Ruhe lassen sollten, es sei denn er wollte etwas von ihnen. Sogar sein Handy hatte er stumm gestellt, damit er nicht gestört werden konnte. Sie aßen zunächst schweigend, doch dann hielt Luca es nicht mehr aus und räusperte sich leise.
„ Wie schmeckt dir die Lasagne?“ Celina schluckte ihren Bissen runter und nickte dann anerkennend. „ Sie ist wirklich gut. Manchmal hat es seine Vorteile einen echten Italiener zu kennen.“ Luca lachte auf. „ Ist das der einzige Vorteil?“ Sie zuckte die Schultern. „ Das Wetter in Italien ist auch nicht zu verachten. Dort ist es wärmer und sonniger. Außerdem bin ich direkt am Meer.“ „ Du magst also das Meer“, stellte Luca fest. „ Wer nicht?“ „ Es gibt Leute die lieben die Berge mehr als das Meer.“ „ Ich mag das Meer, weil es immer so abwechslungsreich ist. Es bewegt sich und es ist unberechenbar.“ „ Da hast du recht.“
Wieder schwiegen sie und obwohl Luca dieses Essen vorgeschlagen hatte um sich besser kennenzulernen, so wusste er doch nicht was er fragen sollte. Er wollte es langsam angehen lassen und hatte keine Ahnung wie weit er mit seinen Fragen gehen konnte oder sollte.
„ Wie ist es für dich? Ich fühle mich in Italien immer noch wie im Urlaub, obwohl ich dort mittlerweile arbeite. Aber du lebst schon so lange da. Du siehst diese Gegend jeden Tag. Ist es für dich nicht langweilig?“
Luca legte sein Besteck zur Seite und sah sie ernst an. „ Willst du das wirklich wissen, oder versuchst du nur die peinlichen Gesprächspausen zu überbrücken?“ Erstaunt sah sie ihn an. „ Ich will es wirklich wissen. Dadurch lerne ich doch etwas über dich. Wenn du das Meer auch magst, könnten wir zusammen am Meer Urlaub machen. Jedenfalls dann, wenn das mit uns etwas werden sollte.“
Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „ Ich liebe das Wasser. Ich könnte niemals in den Bergen Urlaub machen. Aber gerade weil ich es immer so warm in meiner Heimat habe, fahre ich gerne nach Skandinavien. Schweden und Norwegen sind wunderschön.“ „ Da war ich leider noch nicht“, erwiderte Celina. „ Wenn du willst können wir gerne mal gemeinsam dorthin. Du könntest dir so viel Urlaub nehmen wie du willst und…“ „ Genau das kann ich eben nicht. Ich bin eine normale Angestellt und mir steht genauso viel Urlaub zu wie allen anderen Mitarbeitern auch.“
Celina sah ihn ernst an, woraufhin er langsam nickte. „ Wie du willst. Du…“ „ Nicht wie ich will. Luca, ich mag durch unglückliche Umstände in diese Lage gerutscht sein, aber ich will keine Vorteile dadurch haben. Ich will genauso behandelt werden wie jeder andere Mitarbeiter in diesem Hotel.“ „ Verzeih mir, wenn ich dir etwas Gutes tun möchte“, murmelte Luca und widmete sich wieder seinem Essen. „ Das weiß ich auch zu schätzen, aber Beruf ist Beruf und privat ist privat. Deswegen sind Beziehungen am Arbeitsplatz auch so kompliziert.“
Luca seufzte vernehmlich. „ Ich weiß was du meinst, aber für mich ist das auch alles ganz neu. Ich hatte solch eine Situation noch nie. Bisher…“ Er stoppte und wusste nicht wie viel er sagen sollte. Natürlich war dieses Essen dazu gedacht sich besser kennenzulernen, aber wie viel aus seiner Vergangenheit sollte er ihr offenbaren? Er jedenfalls wusste genau, dass er nicht unbedingt etwas über ihre Exfreunde hören wollte.
Celina legte den Kopf schief. „ Bisher was?“ Luca druckste etwas herum ehe er antwortete. „ Bisher musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Ich hatte nur Frauen, die irgendwo zur Familie gehörten.“
Jetzt lachte Celina leise. „ Schon verstanden. Lass uns über was anderes reden. Was würdest du gerne in deiner Freizeit machen?“ „ Du meinst, wenn ich nicht gerade irgendwelche Geschäfte abschließe?“ Ahnungslos zuckte sie die Schultern. „ Ich weiß ja nicht was du so alles treibst. Der Tag ist lang und du behältst sehr viel für dich.“ „ Gewohnheit. Je weniger die Leute wissen, desto besser ist es. Und ich sage es besser gleich: Selbst wenn das mit uns etwas werden würde, dann würde ich dir trotzdem nicht alles verraten.“
Celina verdrehte die Augen. „ Da ist der Streit ja schon vorprogrammiert. Aber jetzt zurück zu meiner Frage: Was würdest du in deiner Freizeit machen?“ Luca schien tatsächlich eine ganze Weile zu überlegen. Vor allem musste er sich erst einmal daran erinnern, wann er das letzte Mal wirklich viel freie Zeit für sich alleine hatte.
„ Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Wahrscheinlich würde ich gerne mehr Momente wie diese hier erleben. Ich würde gerne mal wieder einfach entspannen und mal an nichts denken müssen. Allerdings ist das Geschäft ein Job rund um die Uhr. Da bleibt kaum Zeit für mich.“ „ Vielleicht solltest du dir mal überlegen, ob das noch die richtige Branche für dich ist. Woanders könntest du es wesentlich einfacher haben.“
Luca lachte, dann schüttelte er den Kopf. „ Vergiss es. Ich wurde in diese Welt hinein geboren und habe das Geschäft von meinem Vater geerbt. Eines Tages werde ich es meinen Kindern vererben.“ Celina sah ihn aufmerksam an. „ Du willst tatsächlich Kinder in diese Welt setzen?“
Er zuckte die Schultern. „ Jedenfalls dann, wenn es mir vergönnt ist. Ich weiß was du mir sagen willst, aber wir stehen füreinander ein. Bis jetzt ist mir noch nichts passiert und aufgrund unserer Sicherheitsvorkehrungen…“ „ Wurde ich entführt. Diese ominöse Organisation wird bestimmt auch nicht Ohne sein. Und wo ist dein Vater jetzt? Wie alt ist er geworden, dass du jetzt schon das Geschäft übernommen hast?“
Lucas Miene verfinsterte sich und er schwieg einen Moment lang. Natürlich wollte er so offen und ehrlich wie möglich zu ihr sein, aber was sollte er ihr schon sagen? Dass sein Vater vor über fünf Jahren bei einem misslungenen Deal getötet worden war? Dass daraufhin die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt wurden und die Familie deutlich weniger Mitglieder als vor diesem Ereignis hatte?
Er seufzte, stand auf und tigerte auf der Terrasse umher. Schließlich setzte er sich wieder und fuhr mit einer Hand durch seine ohnehin schon verstrubbelten Haare. „ Mein Vater ist vor fünf Jahren getötet worden. Die gesamte Familie wurde umorganisiert und bisher war auch alles gut, aber langsam habe ich das Gefühl, dass sich viele Sachen von damals wiederholen und das bedeutet, dass es Schläfer in den eigenen Reihen gibt. Ich weiß nicht mehr wem ich vertrauen kann oder nicht. Ich bin mit Lorenzo aufgewachsen und er hat jetzt seine Freundin mit der er eine Familie gründen will. Ich glaube er ist der einzige aus meiner Familie, dem ich noch vertraue. Alle anderen… ich bin einfach zutiefst verunsichert Celina, darf es mir aber nicht anmerken lassen.“
Celina starrte ihn aus großen Augen an. Dann schluckte sie hart und beugte sich vor, damit sie seine Hand ergreifen konnte. „ Du könntest verschiedene Spuren legen. Dadurch findest du den Verräter.“
Luca lächelte leicht. „ Das stellst du dir so einfach vor. Natürlich habe ich das auch schon hin und wieder probiert, aber… jeder hat seine eigenen Laufburschen wenn es um solche Dinge geht. Es ist kaum nachzuvollziehen wer letztlich den Auftrag gab der Spur zu folgen. Eigentlich dachte ich mit der Umstrukturierung damals wäre ich besser aufgestellt, aber ich werde eines Besseren belehrt.“ „ Du hast kein einfaches Leben. Hast du dir schon überlegt wie du mit dieser neuen Organisation umgehen willst? Wäre es nicht vielleicht eine Möglichkeit mit der Organisation zusammenzuarbeiten?“ „ Ausgeschlossen. Ihre Methoden sind noch wesentlich brutaler als unsere und damit will ich nicht in Verbindung gebracht werden.“
Celina nickte verstehend. Luca musste sich behaupten und er wusste momentan nicht wem er vertrauen konnte. Einerseits wollte sie ihm helfen, andererseits wollte sie nichts mit dem Geschäft zu tun haben. Sie zögerte, erkannte aber auch, dass Luca trotz seiner illegalen Geschäfte ein Mann mit hohen Moralvorstellungen war. Er war in dieses Leben hinein geboren worden und es war ein Ding der Unmöglichkeit einfach so auszusteigen, selbst wenn er es wollte. Er wusste ganz genau was er da tat und folgte seinem eigenen Kodex. Er hatte auch kein Problem damit mit verfeindeten Familien zusammenzuarbeiten, wenn dies ihm und seiner Familie nützte.
„ Ist es überhaupt eine gute Idee jetzt das Land zu verlassen? Du hast so große Probleme, da ist es doch eher kontraproduktiv, wenn du mich jetzt nach Deutschland begleitest.“ „ Ich habe hier Geschäfte zu erledigen. Lorenzo übernimmt in Italien und er kann sich mit Roberto besprechen. So ungerne ich es auch zugebe, aber Lorenzo und Roberto vertraue ich mehr als vielen meiner Familienmitglieder.“
Sie nickte verstehend. „ Dann ist es ja gut, dass ich Urlaub eingereicht habe.“ Sofort schüttelte Luca den Kopf. „ Du wirst dich krank melden. Du hast einen verstauchten Knöchel, damit kannst du nicht arbeiten. Du kannst dich in Ruhe auskurieren.“ Celina verdrehte die Augen, wusste aber auch, dass sie gegen Luca im Moment nicht ankam. „ Ich sollte mich wohl nicht mit dem Chef anlegen.“ Luca grinste jetzt. „ Das solltest du wirklich nicht.“
Celina verdrehte die Augen. Natürlich verdiente Luca viel Geld, aber seine Geschäfte waren mehr als fragwürdig. Natürlich betrieb er unter anderem durch diverse Hotels und Gastronomiebetriebe legale Geschäftsfelder, aber das meiste Geld machte er noch immer mit illegalen Geschäften. Er verkaufte Drogen und machte damit einen enormen Umsatz.
„ Belassen wir es lieber dabei“, murmelte sie. Ergeben hob er die Hände. „ Du hast ja recht. Sprechen wir über andere Sachen.“ „ Und über was willst du mit mir reden?“ Er zuckte die Schultern. „ Keine Ahnung, aber du kannst dich nicht mit meinem anderen Geschäftszweig identifizieren. Vielleicht sollten wir darüber reden wie das mit uns klappen könnte, wenn du doch genau weißt was ich neben meinem offiziellen Gewerbe so mache.“ „ Ich habe nur eine grobe Idee davon was du machst. Vielleicht sollten wir damit anfangen was du alles so machst.“
Luca nickte verständnisvoll. Wahrscheinlich war dies die sinnvollste Variante um sich besser kennenzulernen. Er konnte keine gemeinsame Zukunft mit Celina aufbauen, wenn sie nicht genau wusste was er in seinem Leben machte. Natürlich konnte er sie nicht in alles einweihen, aber er musste ihr zumindest eine grobe Übersicht über seine Unternehmen geben.
„ Wir werden die Zeit in Deutschland dazu nutzen, dass ich dir ein bisschen was über mein Leben und meine Geschäfte erzähle. Du wirst allerdings Verständnis dafür haben müssen, dass ich dir nicht alles im Detail erzählen kann. Ich will dich nämlich nicht noch mehr gefährden als ich es ohnehin schon getan habe.“ „ Wenn du mich zumindest ein bisschen einweihst ist mir schon geholfen“, erwiderte Celina und fragte sich zeitgleich, ob sie damit leben könnte. Wie sollte sie mit einem Mann zusammen sein, der in illegale Geschäfte verwickelt war? Und was sollte sie ihren Eltern sagen, wenn sie ihnen Luca irgendwann einmal offiziell als ihren Freund vorstellen sollte? Natürlich wusste sie nicht, ob es überhaupt dazu kam, aber es konnte ja nicht schaden sich schon jetzt Gedanken darüber zu machen.
„ Woran denkst du?“, wollte Luca nun wissen, denn ihr nachdenklicher Gesichtsausdruck war ihm nicht verborgen geblieben. Diese zuckte die Schultern. „ Nur Hirngespinste. Kannst du mir irgendetwas über diese Organisation erzählen?“ „ Nicht, wenn du in Frieden weiterleben willst. Es ist unnötig für dich viele Informationen zu haben. Solltest du von irgendjemandem gefragt werden, kannst du glaubhaft leugnen irgendetwas davon zu wissen.“
Celina zögerte kurz. „ Mit irgendjemandem meinst du die Organisation selbst, oder deren Handlanger, wenn sie mich in die Finger kriegen sollten…“ Luca antwortete nicht darauf, aber sein Schweigen war ihr Antwort genug. Sie seufzte und rückte ihren Eisbeutel etwas zurecht.
„ Brauchst du einen Neuen?“, wollte Luca sofort wissen. „ Nein, es geht schon. Morgen wird es bestimmt schon besser sein. Er ist ja nur verstaucht.“ Sie lächelte ihn beruhigend an und lehnte sich dann wieder zurück. „ Ich habe ehrlich gesagt Angst davor meine Eltern zu sehen. Je weniger ich mit ihnen zu tun habe, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in eure Fehde mit hineingezogen werden, oder?“
Luca konnte ihr da leider nur zustimmen. „ Ich würde alles für deine Eltern tun, das weißt du. Aber du hast recht, wenn du sie nicht unbedingt siehst, dann sind sie nicht so sehr in Gefahr. Aber ich werde dir ganz sicher nicht verbieten deine Eltern zu sehen.“
Sie senkte traurig den Kopf. „ Ich vermisse sie“, gestand sie ihm leise. „ Dann wirst du zu ihnen gehen und sie besuchen. Ich werde bei dir sein und auf dich aufpassen. Zwei meiner Leute werden deine Eltern rund um die Uhr im Auge behalten, damit ihnen nichts passiert. Wir sind auf alles vorbereitet.“ „ Du hast wohl eine unerschöpfliche Quelle von Gefolgsleuten, oder?“ Luca schüttelte leicht lächelnd den Kopf. „ Habe ich nicht, aber eine Familie ist füreinander da.“ „ Ihr seid nicht alle aus einer Familie. Ihr seid nicht alle miteinander verwandt.“
Luca schmunzelte. „ Stimmt, aber sie haben sich unserem Leben verschrieben und haben sich bei diversen Aufgaben bewährt.“ „ Du vertraust ihnen wirklich vollkommen?“ „ Ich prüfe hin und wieder einige Leute bei denen ich mir nicht ganz sicher bin wie sie zu uns stehen und wenn sie sich dann bewähren, ist alles gut. Bewähren sie sich nicht, dann werden sie… nun ja, sagen wir mal sie werden ihrer Posten enthoben.“
Jetzt musste auch Celina schmunzeln. „ Das war wirklich nett ausgedrückt. Was wirst du eigentlich hier machen?“ Luca atmete tief durch. „ Das willst du glaube ich gar nicht wissen. Ich werde jedenfalls immer in deiner Nähe sein, auch wenn ich andere Aufgaben zu erledigen habe.“ „ Kann ich davon ausgehen, dass du auch andere Leute in meiner Nähe haben wirst, falls du beschäftigt bist?“ „ Je weniger du weißt, desto besser Celina. Das sage ich nicht, weil ich dir etwas verheimlichen will, sondern weil ich dich beschützen will.“ „ Ist schon gut, ich muss wohl damit leben nicht alles zu erfahren.“
Luca wollte etwas erwidern, aber Celina winkte ab. Sie hatte beschlossen nicht mehr so viel zu hinterfragen. Sie hatte schon mitbekommen, dass sie nicht zur Familie gehörte und dementsprechend keine Informationen erhalten durfte. Sie bekam gerade so viel mit, wie sie wissen musste um im Alltag klarzukommen.
„ Ich hole dir jetzt erstmal einen neuen Eisbeutel.“ Damit verschwand er im Inneren der Wohnung. Celina sah ihm nachdenklich hinterher. Sie konnte ja verstehen, dass sie nicht so viel mitbekommen sollte und eigentlich wollte sie es auch nicht, aber wie würde sich ihr zukünftiges Leben gestalten? Auch ihre Eltern waren in Gefahr, vor allem dann, wenn sie sich hier in Deutschland aufhielt. Wenn Luca sogar Sorge davor hatte, dass Roberto ihrer Familie schaden könnte, was würde dann erst die Organisation mit ihren Eltern machen?
Luca kam mit einem frischen Eisbeutel zurück und tauschte ihn mit dem alten aus. „ Was glaubst du könnte meinen Eltern passieren?“, fragte sie jetzt leise nach. Luca musterte sie einen Moment, dann setzte er sich wieder zu ihr. „ Ich denke nicht, dass ihnen etwas passieren wird.“ „ Roberto hätte meinen Eltern auch gefährlich werden können, warum also glaubst du jetzt nicht daran, dass ihnen etwas passieren könnte?“
Luca zuckte die Schulter. „ Ich bin mir bei gar nichts sicher Celina. Aber Familie ist uns heilig und wir würden uns nur an ihnen vergreifen, wenn es die letzte Möglichkeit ist. Ich bin mir sicher, dass wir vorher verhandeln können, sollte es zu größeren Problemen kommen. Du weißt, dass ich zur Vorsicht zwei meiner Leute in ihrer Nähe habe, aber es wird ihnen nichts passieren.“ „ Du würdest mir aber sagen, wenn sie in Gefahr wären, oder?“
Luca sah sie ernst an. „ Ich verspreche es dir.“ Sie nickte dankbar und atmete tief durch. Plötzlich spürte sie wie Luca ihre Hand berührte und blickte irritiert auf ihre beiden Hände. Luca sagte nichts, sondern streichelte einfach über ihre Handfläche. Er wusste, dass noch ein langer Weg vor ihnen lag, aber er wollte Celina nun endlich näher kommen. Sie hatte ihren Widerstand aufgegeben, also konnten sie sich doch nun endlich kennenlernen.
„ Hast du vielleicht Lust heute Abend mit mir zusammen zu essen?“, fragte er leise, während er weiterhin ihre Hand streichelte. „ Wo willst du denn hin?“, fragte sie im Gegenzug. Jetzt schmunzelte er und deutete auf den Tisch auf der Dachterrasse. „ Ich dachte an ein ungezwungenes Essen hier draußen. Ich würde etwas bestellen und wir können in Ruhe hier draußen essen und uns unterhalten. Wir können uns kennenlernen und die ganzen albernen Fragen eines ersten Dates beantworten.“
Celina lachte und entzog ihm ihre Hand. „ Die Idee mit dem Essen ist wirklich gut, aber den Fragenkatalog lassen wir mal außen vor. Wir reden ganz normal miteinander. Sind wir hier denn auch wirklich alleine?“ Luca zuckte die Schultern. „ Ich werde meine Leute darum bitten im Hintergrund zu bleiben. Ich möchte ungestört mit dir essen.“ Sie nickte nachdenklich. Mit ihrem Fuß kam sie momentan nicht weit, deshalb war sie für diese Idee überaus dankbar. Und ein Essen konnte nicht schaden. Viele Paare gingen anfangs essen um sich besser kennenzulernen, also konnte sie das auch machen. Und hier draußen war es unglaublich schön, warum also sollte sie ablehnen? „ Also gut, essen wir heute Abend hier draußen.“
Luca lächelte und drückte ihre Hand. „ Hast du irgendwelche besonderen Wünsche?“ „ Du bist Italiener, also entweder Pizza oder Nudeln“, erwiderte sie augenzwinkernd. Luca lachte auf. „ Da hast du ausnahmsweise sogar recht.. Ich kenne zufällig ein verdammt gutes Restaurant wo du die beste Pizza und die besten Nudeln bekommst. Was hältst du davon, wenn ich dort bestelle?“ „ Liefern die denn einfach so?“
Bevor Luca ihr antworten konnte, schüttelte sie den Kopf. „ Natürlich liefern sie. Das Restaurant gehört dir.“ „ Ist das ein Problem für dich? Wenn du nicht willst, können wir auch woanders bestellen.“ Celina schüttelte den Kopf. „ Nein, ist schon in Ordnung. Ich würde nur trotzdem gerne mal in die Speisekarte gucken, damit ich mir etwas aussuchen kann.“
Luca erhob sich und kehrte wenig später mit einer Karte zu ihr zurück. Sie blätterte durch die Seiten und blieb schließlich bei den Nudeln hängen. Sie überlegte lange hin und her, dann legte sie die Karte zur Seite. „ Ich nehme die Lasagne.“ „ Wird gemacht.“ Luca schmunzelte und lehnte sich zurück. Er war jetzt schon gespannt was der Abend bringen würde.
Gegen 19 Uhr war ihr Essen geliefert worden, sodass sie jetzt bei Kerzenschein auf der Dachterrasse saßen. Luca hatte seinen Leuten angeordnet, dass sie sie in Ruhe lassen sollten, es sei denn er wollte etwas von ihnen. Sogar sein Handy hatte er stumm gestellt, damit er nicht gestört werden konnte. Sie aßen zunächst schweigend, doch dann hielt Luca es nicht mehr aus und räusperte sich leise.
„ Wie schmeckt dir die Lasagne?“ Celina schluckte ihren Bissen runter und nickte dann anerkennend. „ Sie ist wirklich gut. Manchmal hat es seine Vorteile einen echten Italiener zu kennen.“ Luca lachte auf. „ Ist das der einzige Vorteil?“ Sie zuckte die Schultern. „ Das Wetter in Italien ist auch nicht zu verachten. Dort ist es wärmer und sonniger. Außerdem bin ich direkt am Meer.“ „ Du magst also das Meer“, stellte Luca fest. „ Wer nicht?“ „ Es gibt Leute die lieben die Berge mehr als das Meer.“ „ Ich mag das Meer, weil es immer so abwechslungsreich ist. Es bewegt sich und es ist unberechenbar.“ „ Da hast du recht.“
Wieder schwiegen sie und obwohl Luca dieses Essen vorgeschlagen hatte um sich besser kennenzulernen, so wusste er doch nicht was er fragen sollte. Er wollte es langsam angehen lassen und hatte keine Ahnung wie weit er mit seinen Fragen gehen konnte oder sollte.
„ Wie ist es für dich? Ich fühle mich in Italien immer noch wie im Urlaub, obwohl ich dort mittlerweile arbeite. Aber du lebst schon so lange da. Du siehst diese Gegend jeden Tag. Ist es für dich nicht langweilig?“
Luca legte sein Besteck zur Seite und sah sie ernst an. „ Willst du das wirklich wissen, oder versuchst du nur die peinlichen Gesprächspausen zu überbrücken?“ Erstaunt sah sie ihn an. „ Ich will es wirklich wissen. Dadurch lerne ich doch etwas über dich. Wenn du das Meer auch magst, könnten wir zusammen am Meer Urlaub machen. Jedenfalls dann, wenn das mit uns etwas werden sollte.“
Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „ Ich liebe das Wasser. Ich könnte niemals in den Bergen Urlaub machen. Aber gerade weil ich es immer so warm in meiner Heimat habe, fahre ich gerne nach Skandinavien. Schweden und Norwegen sind wunderschön.“ „ Da war ich leider noch nicht“, erwiderte Celina. „ Wenn du willst können wir gerne mal gemeinsam dorthin. Du könntest dir so viel Urlaub nehmen wie du willst und…“ „ Genau das kann ich eben nicht. Ich bin eine normale Angestellt und mir steht genauso viel Urlaub zu wie allen anderen Mitarbeitern auch.“
Celina sah ihn ernst an, woraufhin er langsam nickte. „ Wie du willst. Du…“ „ Nicht wie ich will. Luca, ich mag durch unglückliche Umstände in diese Lage gerutscht sein, aber ich will keine Vorteile dadurch haben. Ich will genauso behandelt werden wie jeder andere Mitarbeiter in diesem Hotel.“ „ Verzeih mir, wenn ich dir etwas Gutes tun möchte“, murmelte Luca und widmete sich wieder seinem Essen. „ Das weiß ich auch zu schätzen, aber Beruf ist Beruf und privat ist privat. Deswegen sind Beziehungen am Arbeitsplatz auch so kompliziert.“
Luca seufzte vernehmlich. „ Ich weiß was du meinst, aber für mich ist das auch alles ganz neu. Ich hatte solch eine Situation noch nie. Bisher…“ Er stoppte und wusste nicht wie viel er sagen sollte. Natürlich war dieses Essen dazu gedacht sich besser kennenzulernen, aber wie viel aus seiner Vergangenheit sollte er ihr offenbaren? Er jedenfalls wusste genau, dass er nicht unbedingt etwas über ihre Exfreunde hören wollte.
Celina legte den Kopf schief. „ Bisher was?“ Luca druckste etwas herum ehe er antwortete. „ Bisher musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Ich hatte nur Frauen, die irgendwo zur Familie gehörten.“
Jetzt lachte Celina leise. „ Schon verstanden. Lass uns über was anderes reden. Was würdest du gerne in deiner Freizeit machen?“ „ Du meinst, wenn ich nicht gerade irgendwelche Geschäfte abschließe?“ Ahnungslos zuckte sie die Schultern. „ Ich weiß ja nicht was du so alles treibst. Der Tag ist lang und du behältst sehr viel für dich.“ „ Gewohnheit. Je weniger die Leute wissen, desto besser ist es. Und ich sage es besser gleich: Selbst wenn das mit uns etwas werden würde, dann würde ich dir trotzdem nicht alles verraten.“
Celina verdrehte die Augen. „ Da ist der Streit ja schon vorprogrammiert. Aber jetzt zurück zu meiner Frage: Was würdest du in deiner Freizeit machen?“ Luca schien tatsächlich eine ganze Weile zu überlegen. Vor allem musste er sich erst einmal daran erinnern, wann er das letzte Mal wirklich viel freie Zeit für sich alleine hatte.
„ Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Wahrscheinlich würde ich gerne mehr Momente wie diese hier erleben. Ich würde gerne mal wieder einfach entspannen und mal an nichts denken müssen. Allerdings ist das Geschäft ein Job rund um die Uhr. Da bleibt kaum Zeit für mich.“ „ Vielleicht solltest du dir mal überlegen, ob das noch die richtige Branche für dich ist. Woanders könntest du es wesentlich einfacher haben.“
Luca lachte, dann schüttelte er den Kopf. „ Vergiss es. Ich wurde in diese Welt hinein geboren und habe das Geschäft von meinem Vater geerbt. Eines Tages werde ich es meinen Kindern vererben.“ Celina sah ihn aufmerksam an. „ Du willst tatsächlich Kinder in diese Welt setzen?“
Er zuckte die Schultern. „ Jedenfalls dann, wenn es mir vergönnt ist. Ich weiß was du mir sagen willst, aber wir stehen füreinander ein. Bis jetzt ist mir noch nichts passiert und aufgrund unserer Sicherheitsvorkehrungen…“ „ Wurde ich entführt. Diese ominöse Organisation wird bestimmt auch nicht Ohne sein. Und wo ist dein Vater jetzt? Wie alt ist er geworden, dass du jetzt schon das Geschäft übernommen hast?“
Lucas Miene verfinsterte sich und er schwieg einen Moment lang. Natürlich wollte er so offen und ehrlich wie möglich zu ihr sein, aber was sollte er ihr schon sagen? Dass sein Vater vor über fünf Jahren bei einem misslungenen Deal getötet worden war? Dass daraufhin die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt wurden und die Familie deutlich weniger Mitglieder als vor diesem Ereignis hatte?
Er seufzte, stand auf und tigerte auf der Terrasse umher. Schließlich setzte er sich wieder und fuhr mit einer Hand durch seine ohnehin schon verstrubbelten Haare. „ Mein Vater ist vor fünf Jahren getötet worden. Die gesamte Familie wurde umorganisiert und bisher war auch alles gut, aber langsam habe ich das Gefühl, dass sich viele Sachen von damals wiederholen und das bedeutet, dass es Schläfer in den eigenen Reihen gibt. Ich weiß nicht mehr wem ich vertrauen kann oder nicht. Ich bin mit Lorenzo aufgewachsen und er hat jetzt seine Freundin mit der er eine Familie gründen will. Ich glaube er ist der einzige aus meiner Familie, dem ich noch vertraue. Alle anderen… ich bin einfach zutiefst verunsichert Celina, darf es mir aber nicht anmerken lassen.“
Celina starrte ihn aus großen Augen an. Dann schluckte sie hart und beugte sich vor, damit sie seine Hand ergreifen konnte. „ Du könntest verschiedene Spuren legen. Dadurch findest du den Verräter.“
Luca lächelte leicht. „ Das stellst du dir so einfach vor. Natürlich habe ich das auch schon hin und wieder probiert, aber… jeder hat seine eigenen Laufburschen wenn es um solche Dinge geht. Es ist kaum nachzuvollziehen wer letztlich den Auftrag gab der Spur zu folgen. Eigentlich dachte ich mit der Umstrukturierung damals wäre ich besser aufgestellt, aber ich werde eines Besseren belehrt.“ „ Du hast kein einfaches Leben. Hast du dir schon überlegt wie du mit dieser neuen Organisation umgehen willst? Wäre es nicht vielleicht eine Möglichkeit mit der Organisation zusammenzuarbeiten?“ „ Ausgeschlossen. Ihre Methoden sind noch wesentlich brutaler als unsere und damit will ich nicht in Verbindung gebracht werden.“
Celina nickte verstehend. Luca musste sich behaupten und er wusste momentan nicht wem er vertrauen konnte. Einerseits wollte sie ihm helfen, andererseits wollte sie nichts mit dem Geschäft zu tun haben. Sie zögerte, erkannte aber auch, dass Luca trotz seiner illegalen Geschäfte ein Mann mit hohen Moralvorstellungen war. Er war in dieses Leben hinein geboren worden und es war ein Ding der Unmöglichkeit einfach so auszusteigen, selbst wenn er es wollte. Er wusste ganz genau was er da tat und folgte seinem eigenen Kodex. Er hatte auch kein Problem damit mit verfeindeten Familien zusammenzuarbeiten, wenn dies ihm und seiner Familie nützte.
„ Ist es überhaupt eine gute Idee jetzt das Land zu verlassen? Du hast so große Probleme, da ist es doch eher kontraproduktiv, wenn du mich jetzt nach Deutschland begleitest.“ „ Ich habe hier Geschäfte zu erledigen. Lorenzo übernimmt in Italien und er kann sich mit Roberto besprechen. So ungerne ich es auch zugebe, aber Lorenzo und Roberto vertraue ich mehr als vielen meiner Familienmitglieder.“
Sie nickte verstehend. „ Dann ist es ja gut, dass ich Urlaub eingereicht habe.“ Sofort schüttelte Luca den Kopf. „ Du wirst dich krank melden. Du hast einen verstauchten Knöchel, damit kannst du nicht arbeiten. Du kannst dich in Ruhe auskurieren.“ Celina verdrehte die Augen, wusste aber auch, dass sie gegen Luca im Moment nicht ankam. „ Ich sollte mich wohl nicht mit dem Chef anlegen.“ Luca grinste jetzt. „ Das solltest du wirklich nicht.“