Arenjas Sommernachts(alb)traum
von Miss Muffin
Kurzbeschreibung
Es ist furchtbar heiß und schwül, die Allergie nervt und Arenja weiß nicht wirklich, wohin mit sich, ihrer schlechten Laune und der Langeweile. Vielleicht bringt eine kleine aber feine Schlafteleportion Abhilfe und so begibt sich Arenja aufs Bett und träumt als Ziel von einer kleine Insel, mit Meeresbrise und weißem Sand. Und es beginnt, der Tunnel öffnet sich...
OneshotMystery / P12 / Het
03.08.2023
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"RUMMS", die Tür von Arenjas Zimmer krachte ins Schloss, sie war wirklich sauer!
Nicht nur, das es ihr viel zu heiß und schwül war und das sie ihre Sonnenallergie heftig plagte, nein, ihre ach so netten Mitbewohner hatten ihr auch noch mehr oder weniger freundlich zu verstehen gegeben, das sie keine Lust auf Arenjas Klagen über das heiße Wetter, oder über ihre Pusteln und den Juckreiz hätten.
"Wer solche Freunde hat....", grollte Arenja leise und riss sich unbeherrscht den breitkrempigen Hut vom Kopf, mit dem sie sich vor der direkten Sonne zu schützen suchte.
Ungeduldig pustete sie sich ein paar störende Ponyfransen aus der Stirn, strich sich die verschwitzten, blauen Haare hinter die Ohren und wand sich dann aus einer der langärmeligen, weißen, weiten Tuniken die sie im Sommer meistens trug. Sie reichten ihr bis übers Knie und hatten ihr den neckenden Spitznamen Sommergespenst beschert.
Sie war verschwitzt, alles klebte an ihr und als sie schließlich unter der Dusche stand, war sie direkt außer Atem.
“Uff”, Arenja schnaufte kurz durch und schloss dann genießerisch die Augen, als das kühle Wasser über ihre Haut perlte.
Das tat gut, das kühlte sie runter und auch ihre Wut, die sie so eigentlich gar nicht an sich kannte, wandelte sich in eine einigermaßen erträgliche schlechte Laune.
Denn eigentlich verstanden sie sich alle hier in der alten Villa sehr gut und man fand in der Regel immer jemanden zum Plaudern oder um seine Probleme zu besprechen.
Und wenn sie ehrlich war, war sie schon ein klein wenig unerträglich bei diesem Wetter, vielleicht sogar ein bisschen mehr als sonst, aber andererseits, die Anderen wussten doch auch wie empfindlich sie war und nur weil sie nicht schon wieder W4rriorc4ts Klagen über das Nudelembargo, oder von Sleipniras Katzenhaarproblem hören wollte, so hätte man doch wenigstens ihr zu hören können.
Ein bisschen Mitleid und Zuspruch, mehr verlangte sie doch gar nicht.
Arenja verdrehte ihre Augen, jetzt regte sie sich schon wieder auf. Dieses hin und her in ihrem Kopf ging ihr selber auf die Nerven, am besten sie verzog sich auf ihr gemütliches Bett und nutzte ihre Fähigkeit, sich an einen kühlen, angenehmen Ort zu schlafteleportieren. Sie musste es ja nicht gleich wieder für mehrere Monate tun, denn fürs kommend Wochenende hatte sich LastDragonofoldtimes dazu bereit erklärt, mit ihrem Drachenfeuer einen Grillabend zu befeuern und daran würde Arenja dann doch gerne teilnehmen.
Sie nickte entschlossen, drehte das Wasser ab und trocknete sich rasch ab, das war doch ein guter Plan.
Jetzt noch schnell in frische Unterwäsche und eine neue Tunika geschlüpft und dann würde sie sich ein kleines, teleportierendes Schläfchen gönnen.
Sie zog sich an und geriet selbst dabei wieder ins Schwitzen, dieser Sommer, speziell dieser Tag, waren wirklich furchtbar heiß und schwül und obwohl es auf 20 Uhr ging, ließ sie die Fenster geschlossen, als sie in ihr Zimmer kam, denn es hatte sich draußen noch keinen Deut abgekühlt.
Heute, am frühen Morgen, als es noch relativ kühl war, hatte sie kräftig gelüftet, dann die Fenster verschlossen und die Rollos runter gezogen, so dass jetzt eine dämmerige Kühle im Raum herrschte, was sicher auch an den dicken Mauern der alten Villa lag.
Arenja war dankbar dafür und auch, dass sie den Tag nicht im Zimmer verbracht und die Kühle somit nicht schon verschwendet hatte.
Sie war gleich nach dem Frühstück umher gestreift, konnte sich bei dem Wetter eh auf nichts konzentrieren und hatte sich schließlich im Garten zu Cylis Tristik gesellt. Sie teilten sich ein erfrischendes Fußbad unter dem Sonnenschirm und nachdem sich Cylis Tristik in kein Gespräch verwickeln ließ, das Zeichnen war gerade wichtiger, hatte Arenja versucht, sich auf das Vogelgezwitscher, den Duft der Sommerblumen und das Summen der fleißigen Bienen zu konzentrieren.
Doch schnell gab sie auf, brach noch vor dem Mittag den Besuch ab, denn die Sonne brannte förmlich vom blitzblauen Himmel und trotz Sonnenschirm, Sonnenhut und langärmeliger Tunika, blühte ihre verflixte Allergie und nervte sie so sehr, dass sie sich zu Sleipnira in deren Hexenkeller aufgemacht hatte, um sie um ein neues Töpfchen ihrer Wundersalbe zu bitten.
Schwitzend hatte sie dann neben Sleipniras Kessel gestanden, aus dem sich wabernd feuchte Dampfwolken verteilt hatten und hatte darauf gewartet, das die Hexe ihren Zauber beendete. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch endlich hatte es gezischt und ein heller Blitz war aus den Dunstwolken in den brodelnden Kessel gefahren und Sleipnira hatte zufrieden die Fäuste in die Seiten gestemmt.
Doch leider hatte sie überhaupt keine Zeit für einen kleinen Plausch gehabt und auch Arenjas detaillierten Bericht über ihren Ausschlag erstickte sie mit einem eiligen “Ich muss mich konzentrieren” und einer Beschwerde über ihre haarenden Katzen direkt im Keim und hatte ihr stattdessen nur das Gewünschte in die Hand gedrückt
“Na dann eben nicht”, hatte Arenja gedacht und sich ein wenig verschnupft in die große Bibliothek zurückgezogen und vorsichtig Gesicht und Arme mit der Salbe betupft.
Das war schnell erledigt gewesen, aber was sollte sie jetzt machen? Ihr war furchtbar langweilig gewesen und sie hatte schlechte Laune aufsteigen gespürt, keiner hatte Zeit für sie. Pöh.
Missmutig war sie durch die Bibliothek gewandert, hatte hier und da in den Büchern geblättert und war dann am frühen Nachmittag in die gemütliche Küche gegangen, um etwas zu Essen.
Ein Joghurt und frische Melone, danach hatte ihr der Sinn gestanden und sie hatte sich zu W4rriorc4t und LastDragonofoldtimes gesellt, die ebenfalls einen kleinen Imbiss zu sich nahmen.
Doch die beiden waren so in ihr Gespräch über verbotene Nudeln und Grillwürstchen vertieft gewesen, dass sie gar nicht auf Arenja geachtet hatten, die sich schließlich mit ihrem Joghurt zurück in die Bibliothek verzog.
Das vermeintliche Desinteresse ihrer Mitbewohner und Freunde, ärgerte sie mehr als es eigentlich nötig war und sie fühlte sich einsam und verlassen und überhaupt…
Arenja hatte also gründlich vor sich hin geschmollt. sich weiter gelangweilt und sich selber furchtbar leid getan.
Später war zwar noch Fuyukko in der Bibliothek aufgetaucht, da sie nicht nach draußen konnte bei dem Sonnenschein, doch auch sie hatte keine Lust auf ein Gespräch gehabt und war lieber in ihrer Geisterform durch die kühlen Wände gehuscht.
Arenja knipste die hübsche Schmetterlingeslichterkette am Kopfende ihres Bettes an und ließ sich dann auf ihr Bett plumpsen, uff, was für ein besch…eidener Tag, dachte sie nun irgendwie erschöpft und ertappte sich selber dabei, wie sie mit den Fingerspitzen über die juckenden Stellen an ihrem rechten Arm rubbelte.
Seltsam war das, denn obwohl sie heute schon ein paarmal von Sleipniras Salbe genommen hatte, war ihre Allergie nicht besser geworden.
Sonst wurde das Jucken und auch der Ausschlag schnell gelindert.
Vielleicht hatte sie heute zu sehr geschwitzt oder es lag an der Hitze allgemein, das es nicht so gut wirkte und sie beschloss vor dem Einschlafen noch einmal alles ordentlich einzureiben.
Sie erhob sich mit einem leisen Ächzer, holte das Töpfchen aus dem Bad und betupfte und bestrich alle betreffenden Stellen gewissenhaft und reichlich.
Es kühlte angenehm, wenn es auch weiterhin juckte, aber es war auszuhalten und Arenja schlüpfte wieder in ihre Tunika und legte sich auf ihrem Bett bequem zurecht.
Noch ein kurzes Gähnen und ein ausgiebiges Recken und Arenja schlummerte mit dem Gedanken an eine herrlich gelegene Insel in der gemäßigten Zone, inklusive erfrischender Meeresbrise, ein.
Und wie immer beim Schlafteleportieren trudelte sie wie durch einen langen Tunnel voller leuchtender Farbe und sphärischen Klängen und sie freute sich schon darauf am Ende mit bloßen Füßen durch den weichen Sand zu laufen, den sanften Wind auf ihrem Gesicht zu spüren und der Hitze entflohen zu sein.
Sie war so auf das Ende des Tunnels fixiert, das sie nicht bemerkte wie sich die Farben veränderten, dunkler, düsterer wurden, die sphärischen Klängen disharmonisch zirpten und erst als sich ein Flackern auszubreiten schien, hatte Arenja das dumpfe Gefühl, etwas könnte nicht stimmen.
Dann schlug sie auf…..
Blinzelnd öffnete Arenja die Augen, ihr Körper schmerzte, ihre Zunge klebte am Gaumen und sie hatte das Gefühl, eine zentnerschwere Last würde auf ihrer Brust liegen.
Langsam kam sie zu sich, ihr Blick klärte sich und sie stellte fest, dass sie von Dunkelheit umgeben war. Okay, aber wo war sie überhaupt?
Denn weder hörte sie das erträumte Meer rauschen, noch fühlte sie den weichen Sand unter sich.
Ein schwülwarmer Windhauch streifte ihr erhitztes Gesicht, der weit von der erhofften Meeresbrise entfernt war.
Mit schier unmenschlicher Kraft rollte sie sich auf die Seite, es knarrte leise unter ihr. Lag sie tatsächlich noch auf ihrem Bett? Hatte das teleportieren diesmal nicht funktioniert?
Na was für ein F*** dachte Arenja gequält und setzte sich langsam auf, ihr war schwindelig, aber wenigstens war dieser Druck auf ihrer Brust verschwunden.
Sie sah sich um, es schien tatsächlich so, als wäre sie noch in ihrem Zimmer, aber irgendwie stimmte da auch was nicht und sie kniff ihre Augen ein wenig zusammen. Es brannte kein Licht und doch konnte sie schemenhaft die Möbel erkennen und die Tür, unter der ein Lichtstreifen zu sehen war.
Eigentlich hätte die Lichterkette brennen müssen, die Batterien waren doch neu gewesen, wie lange hatte sie denn hier so gelegen?
Außerdem hätte es dann stockdunkel im Raum sein müssen, denn sie wusste genau, die Rollos waren runtergezogen und automatisch sah sie zu den beiden Fenstern hinüber und zuckte erschrocken zusammen.
Lange, weiße Gardinen blähten sich wie Geister weit in der nächtlichen Brise ins Zimmer hinein, die Fensterflügel standen weit offen und plötzlich roch es nach Gras und sie meinte leise Musik zu hören.
Arenja schüttelte den Kopf. Was waren das für Gardinen und wer hatte die Fenster geöffnet?
Woher kam diese blecherne Musik und überhaupt, was stimmte mit ihrem Zimmer nicht?
Sie krabbelte vom Bett und tappte auf bloßen Füßen zur Tür und tastete dort nach dem Lichtschalter.
Sie fand ihn an gewohnter Stelle, doch er fühlte sich anders an als sonst und sie musste ihn drehen statt drücken und als schließlich die Deckenlampe aufflammte, blieb Arenja der Mund offen stehen und sie gab ein leises Ächzen von sich.
Das war zweifelsohne ihr Zimmer, da war sie sich sicher, doch anstatt ihrer Möbel und Deko und Pflanzen, standen dunkle, schwere Möbel da, ein alter Sekretär mit Aufsatz, vor den Fenstern zwei mit Seide bezogene Sessel mit passenden Beistelltischen.
Den Vogel schoss jedoch das wuchtige Bett mit Baldachin ab, voller Spitzenkissen und einer Brokatüberdecke.
Ähm …ja?
Was?
Wie jetzt?
Arenja konnte nicht glauben was sie sah, rieb sich die Augen bis sie tränten und zwickte sich immer wieder in die Nasenspitze.
Doch es half alles nichts, entweder war sie tatsächlich wach und starrte auf dieses Szenario oder sie war unfähig aufzuwachen und träumte das alles… oder ich bin total bekloppt, dachte sie, nicht ohne einen leichten Anflug von Sarkasmus..
Ihr Herz schlug schnell, sie konnte nicht begreifen, was hier vorging, sie musste einfach träumen!
Ich lege mich jetzt wieder auf mein…dieses Bett und mach die Augen zu und wenn ich sie wieder aufmache, dann ist dieser Spuk vorbei, dachte Arenja und nickte entschlossen.
Jawohl, genauso würde sie es machen, sie löschte das Licht wieder und tat den ersten Schritt in Richtung Bett, als sie plötzlich helles Kinderlachen hörte. Es schien vonj draußen durch die offenen Fenster zu kommen und erstaunt blieb sie stehen. Sie lauschte in die Dunkelheit, da, wieder hörte sie die Kinder lachen, sie kicherten und schienen zu flüstern und es klang so, als würden sie über die Terrasse im Haus verschwinden.
Wie konnte das sein? Hier wohnten doch keine Kinder im Haus und auch in der Nachbarschaft nicht soweit Arenja wusste und wie sollten die auch mitten in der Nacht in den Garten, geschweige denn ins Haus kommen?
Oder hatte einer von den Mitbewohner Besuch bekommen? Aber so spät noch? Sie war ja gegen 20 Uhr auf ihr Zimmer gegangen und da war noch niemand da gewesen.
Oder war es jetzt schon Samstag und der Grillabend mit Gästen vorbei? Das wäre aber wirklich ärgerlich, dachte Arenja und hob schnuppernd die Nase.
Hm, also riechen konnte sie nichts und so huschte sie zu einem der Fenster hinüber und spähte hinunter in den Garten.
Draußen war es immer noch warm und schwül, viel zu drückend für eine Sommernacht, ein leiser Donner grollte in der Ferne und Arenja seufzte leise auf, uff, auch das noch, sie war kein Fan von Gewitter. Doch dann stutzte sie, es brannten Fackeln an den Wegen und gepflegten Rabatten, Grillen zirpten leise und es hingen Lampions in den Bäumen, in denen Kerzen flackerten.
Arenja verlor sich für einen Moment in diesem hübschen, fast romantischen Anblick, bis ihr bewusst wurde, dass es eigentlich weder die Wege noch die gepflegten Rabatten gab und schon gar nicht den kleinen Pavillon, den sie nun weiter hinten entdeckte, als der Garten kurz von einem Blitz, fast taghell erleuchtet wurde.
Sie blinzelte, was zum Teufel war hier los? Was stimmte hier nicht, oder nicht mit ihr und sie bekam eine Gänsehaut, als sie die kichernden Kinder an ihrer Zimmertür vorbei trappeln hörte.
Dann klappte nebenan die Tür ins Schloss, eine Tür, die eigentlich in einen großen, leerstehenden Raum führte und nur einen Augenblick später waren die Kinderstimmen wieder zu hören, es polterte leise, dann zerbrach etwas leise klirrend.
“What the f****”, zischte Arenja, das war jetzt wirklich zu viel des Guten und entschlossen ging sie zu ihrer Tür und öffnete sie beherzt.
Sie hatte es fast schon erwartet, in einen Flur hinauszutreten, den sie zwar kannte, aber so noch nie gesehen hatte.
So war sie nur einen Augenblick irritiert und registrierte die schweren Läufer auf dem Boden, die kleinen Wandlampen mit den plissierten Lampenschirmchen und die vielen Gemälde und Porträts an den Wänden eher unterschwellig.
Sie hörte jetzt auch die seltsam blecherne, rauschende Musik wieder, die aus dem Untergeschoß erklang und in diesem Moment mit einem Knacken jäh verstummten und man hörte dafür leise Stimmen.
Da waren also Leute und Arenja überlegte kurz, ob sie runtergehen sollte, als es plötzlich wieder in dem Zimmer polterte, diesmal viel lauter und in das ausgelassene Lachen der Kinder mischte sich das erneute Zerbersten von Porzellan oder Glas.
Na jetzt gehts aber los, egal was hier vor sich ging, das ging ja wohl überhaupt nicht und Arenja riss mit Schwung die Tür auf.
Wow!
Statt des leeren Raumes fand sie ein komplett eingerichtetes Kinderzimmer vor, im gleichen altmodischen Stil wie jetzt ihr eigenes Zimmer nebenan.
Die vier kleinen Betten waren aus dunklem Holz, das teilweise herausgerissene Bettzeug war weiß und mit Spitzen verziert, es gab zwei weißlackierte Kleiderschränke und zwei dazu passende Kommoden mit Schubladen. Auf der einen stand eine Tischlampe mit Messingfuß und kleinen, bunten Glasperlen am gläsernen Lampenschirm, daneben standen und lagen einige Bücher, genau wie auf der anderen Kommode, wo sich außerdem zwei Teddybären und ein Schäfchen den Platz teilten.
Es gab ein reich verschnörkeltes Metallregal, in dem wohl sonst die Porzellanpuppen, Bücher, Kreisel und allerlei anderes Spielzeug, das jetzt davor am Boden lag, ordentlich verstaut waren.
Ein bunter Hampelmann hing an der Wand und auf einem großen, hölzernen Schaukelpferd mit Zaumzeug und Sattel, hockte stocksteif ein vielleicht sechsjähriger Junge im weißen, bodenlangen Nachthemd, das Holzschwert noch immer keck in die Luft gereckt. Seine weizenblonden Haare standen ihm verschwitzt um den Kopf, seine Wangen glühten und er starrte Arenja entsetzt an.
Genau wie sein jüngerer Bruder und seine kleinen Zwillingsschwestern, die um die Scherben von Saftglas und Waschkrug standen, die auf dem Parkettboden zersprungen waren. Auch sie waren im Nachthemd und verschwitzt und nicht minder starr und entsetzt, wie ihr großer Bruder.
Keiner rührte sich, weder Arenja noch die Kinder und erst als man von unten eine Frau nach den Kindern rufen hörte, sie mögen doch bitte zu Bett gehen, da löste sich bei allen die Starre und gefühlt brach die Hölle los.
Die vier Kinder schrien wie am Spieß um Hilfe und nach ihren Eltern und wichen weinend vor Arenja zurück, die sich im ersten Moment erschrocken die Ohren zuhielt.
Der Reiter fiel samt Schwert vom Pferd, eines der Mädchen trat in eine der Scherben, was ihre schrillen Schrei noch eine Oktave höher schnellen ließ und die kleine Blutspur, die sie hinterließ, stachelte ihre Geschwister zusätzlich an. Verängstigt reckten sie die Hände vor und heulten.
Das alles geschah nur in Sekundenbruchteilen, doch Arenja schien es, als würde es Stunden dauern, gefühlt in Zeitlupe nahm sie die Hände von den Ohren, streckte die Arme beschwichtigend vor und versuchte die Kinder mit “Pst” und “Schschsch” zu beruhigen. Doch es half alles nichts, im Gegenteil, die Panik der Kinder schwoll immer weiter an und plötzlich hörte Arenja über all das Geschrei, wie sich eilige Schritte die Treppe herauf näherten.
Im ersten Moment war sie erleichtert, doch als die vermeintliche Mutter der Kinder am Treppenabsatz auftauchte und Arenja erblickte, da brach auch sie in spitze Schrei aus und rief mit sich überschlagender Stimme nach Alfred und Mathilde und das Friedrich seine Pistole mitbringen sollte.
Um Gottes Willen, was stimmte denn nicht mit dieser Frau, hatte sie noch alle Tassen im Schrank? Ja, okay, dass sie die Kinder ertappt oder besser erschreckt haben könnte, das konnte sich Arenja ja gerade noch vorstellen und ja, okay, sie war eine Fremde in diesem Haus, doch musste die Mutter so dermaßen ausflippen? Gleich nach einer Pistole rufen und war das wirklich ihr Ernst?
In dem Moment erschütterte ein gewaltiger Donner das Haus, man spürte ihn förmlich unter den Füßen und das Licht flackerte für einen winzigen Augenblick.
Arenja erstarb jegliches Wort auf den Lippen, automatisch blickte sie zum Fenster und schloss geblendet die Augen, als ein gleißender Blitz knisternd über den Himmel fuhr.
Sie blinzelte, spürte wie sich die Härchen auf ihren Armen und im Nacken aufstellten und das lag nicht nur an der Elektrizität des Blitzes die sich gerade entladen hatte, denn als sie nun langsam den Kopf drehte, standen jetzt vier Personen oben am Treppenabsatz.
Zwei Frauen, eine mit kunstvoll aufgesteckten Haaren in einem blassgelben, bodenlangen Kleid, einen zusammengeklappten Fächer an ihre Brust drückte und sehr wahrscheinlich die Mutter der Kinder. Die Andere sah aus wie ein Zimmermädchen, schwarzes Kleid, weiße Schürze und Häubchen, die von einem jungen Mann in Hemd und Weste fast schützend verdeckt wurde.
Die drei starrten Arenja an, das blanke Entsetzen in den weit aufgerissenen Augen und unterbewusst registrierte Arenja, dass der junge Mann wie zur Verteidigung die Fäuste geballt hatte.
Was aber Arenja eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagte, war der zweite Mann. Kerzengerade stand er da, groß und breit, mit grauen Schläfen und einem beeindruckenden Backenbart. Trotz der Wärme trug er ein dunkles Sakko, Krawatte und einen steifen Kragen.
Er war mit sicherheit der herbeigerufen Friedrich und Vater der Kinder.
Seinen rechten Arm hatte er ausgestreckt und zielte mit einer Pistole direkt auf Arenja.
Sie keuchte leise auf, streckte abwehrend die Hände vor und ohne mit der Wimper zu zucken umd mit eiskaltem Blick, spannte der Mann den Hahn der Waffe.
“Keine Bewegung”, schnarrte er und rief dann mit gebieterischer Stimme: “Carl-Ferdinand, schließe die Tür!”
Im ersten Moment war Arenja irritiert, hielt er sie für Carl-Ferdinand?
Doch dann schlug die Kinderzimmertür hinter ihr laut ins Schloss, Arenja zuckte erschrocken zusammen und der Mutter entrang sich ein spitzer Schrei.
Der Vater verzog unwillig die Augenbrauen, zischte seiner Gattin ein tadelndes “Contenance, Edeltraut” zu und korrigierte leicht seine Zielerfassung.
“Und jetzt zu Dir, Du Spuk, oder Dämon oder was immer Du sein magst, auf die Knie und ergebe Dich! Ich bin Oberst a.D., Graf Carl-Friedrich von Münkelberg, Reservist im Deutschen Heer unseres geliebten Kaisers Wilhelm II und ein ausgezeichneter Schütze”, seine Stimme war hart und ohne Furcht.
Arenja rauschte das Blut in den Ohren, ihr Herz raste und sie befürchtete, dass es gleich platzen würde. Es wurde ja immer absurder hier, sie konnte dem Ganzen überhaupt nicht mehr folgen und war nur noch darauf konzentriert, einen Aus- oder Fluchtweg aus diesem Horrorszenario zu finden.
Sie musste hier weg, ihr war absolut klar, das sie hier mit Worten nicht weiter kommen würde, diese Leute waren doch komplett durchgeknallt, was hieß hier Dämon oder Spuk, sie war schließlich eindeutig eine junge Frau. Waren denn hier alle bescheuert?
Wieder krachte ein Donner, das Licht flackerte und mit dem Mut der Verzweiflung rannte Arenja los, nach links und dort die Treppe hinauf, da dies der einzige Weg war, der ihr blieb.
Es blitzte, ein Schuß krachte, Edeltraut schrie erneut auf, Friedrich wies sie streng zurecht, spannte den Hahn erneut und nahm Arenjas Verfolgung auf, die mit Schreck geweiteten Augen und eingezogenem Kopf die Stufen empor hastete.
Oben angekommen sah sie sich hektisch um, da waren die bekannten Türen, doch hinter keiner würde sie einen ihrer Freunde finden, das wusste sie mit Sicherheit und sie hätte alles dafür gegeben, wenn sie LastDragonofoldtimes zu Hilfe hätte holen können.
LastDragonofoldtimes hätte dem Typen Feuer unterm Arsch gemacht, HA!
Doch hier gab es keinen silbernen Drachen und die Türen waren verschlossen, an denen Arenja nun rüttelte und so blieb ihr nur die Flucht über die schmale Stiege, hinauf auf den Dachboden.
Sie hörte Friedrich die Stufen hoch poltern, er brüllte sie solle stehen bleiben, doch Arenja dachte gar nicht daran, flink huschte sie die Stufen zum Dachboden empor und betete dabei inbrünstig, die Tür oben möge nicht verschlossen sein.
Außer Atem stand sie schließlich vor der Tür, ihr Herz schlug bang, wenn sie da jetzt nicht rein könnte, dann säße sie in der Falle.
Fast ängstlich drückte sie die Klinke runter und hätte um ein Haar erleichtert aufgeschluchzt, als die Tür sich mit leisem Quietschen öffnete.
Arenja quetschte sich durch den Spalt, schloß so leise wie möglich die Tür und schob mit zitternden Fingern den kleinen Riegel vor. Er würde sicherlich nicht lange Stand halten, aber jede Sekunde zählte auf der Flucht.
Schwer atmend lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, bitte nur einen Moment verschnaufen, dachte sie erschöpft und mit weichen Knien.
Sie drehte den Kopf hin und her, es war stockdunkel hier, die Luft war heiß und stickig und es roch nach Staub und alten Möbeln. Arenja versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen, irgendetwas zu erkennen, doch sie hatte keine Chance, wie blind stand sie da.
Scheiße! Der Dachboden war doch keine gute Idee gewesen, aber wo hätte sie sonst hin sollen? Sie war sich absolut sicher, dass dieser Friedrich nicht mit sich reden lassen, ihre keine Chance für den Versuch einer Erklärung geben würde.
Sie saß also in der Falle, so oder so und wenn ihr jetzt nicht auf der Stelle ein Fluchtweg oder wenigstens ein Versteck einfiele, dann hatte es sich definitiv für sie erledigt.
Arenja brach der Schweiß aus, nicht nur die Hitze hier oben, auch ihre Angst, die sich langsam aber sicher einer Panik näherte, ließen sie absurd schwitzen.
Sie lehnte immer noch an der Tür, hörte wieder Friedrichs schwere Schritte und wie er Alfred zurief, die Kreatur wäre auf den Dachboden geflüchtet, er solle sich beeilen und das Gewehr mitbringen.
Oh Gott, oh Gott, Arenja presste ihre Hand auf den Mund, hatte Angst, sich durch ihren keuchenden Atem zu verraten.
Vollkommen unlogisch, sicher, aber sie konnte es nicht unterdrücken und fuhr erschrocken zusammen, als wieder ein Donner das Haus erschütterte.
Sie duckte sich reflexartig und dann blitzte es auch schon und endlich konnte Arenja etwas erkennen, wurde der Boden durch die Dachfenster für einen Moment taghell erleuchtet.
Es dauerte nur einige Sekunden bis es wieder donnerte, mittlerweile schien das Gewitter gefühlt genau über dem Haus zu stehen, denn fast im selben Moment zuckte auch schon ein heller Blitz.
Arenja hatte nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, sich halbwegs zu orientieren, denn natürlich sah es auch hier ganz anders aus, als sie es gewohnt war.
Rechts von ihr war eine große, freie Fläche, sie erkannte gespannte Wäscheleinen beim zweiten Blitz, links standen Möbel dicht an dicht, Kisten und Koffer, teilweise geöffnet und der Inhalt stapelte sich davor auf dem Boden.
Da wäre kein wirkliches Durchkommen, vermutete sie und wartete auf einen weiteren Blitz und richtete ihre Aufmerksamkeit nach vorne. Auch da standen Möbel, ein altes Sofa, zwei Sessel, Tische, jede Menge Kisten und hinter all dem konnte sie das große, runde Bleiglasfenster im Giebel des Hauses erkennen.
Arenja wusste, da war der große Schornstein, der zum Kamin in der Bibliothek gehörte und dort gab es eine Nische, groß genug um sich darin zu verstecken.
Sie hoffte, das es ihr ein klein wenig Zeit verschaffen würde, sich dort zu verbergen und nach einer besseren Lösung zu suchen.
Es blitzte, Arenja rannte los, wollte so viel vom grellen Sekundenlicht nutzen, wie es ging und schlängelte sich eilig durch die Hindernisse.
Stieß sich den nackten Fuß an einer der Kisten, doch tapfer unterdrückte sie den Schmerz und auch den leisen Fluch, denn hinter ihr flog die Dachbodentür mit Karacho gegen die Wand.
Sie duckte sich geistesgegenwärtig zur Seite weg, lauschte kurz, hörte wie Friedrich herein stürmte und krabbelte auf allen Vieren weiter, jedes Geräusch vermeidend.
Sie fand die Nische und atmete erleichtert auf, kroch hinein und kauerte sich zusammen. Mit angehaltenem Atem lauschte sie, wo war er? Knarrte nicht hier und da der Boden oder wurde leise ein beschuhter Fuß aufgesetzt?
Arenja war sich nicht sicher, denn ihr Herz schlug viel zu laut und mittlerweile blitzte es nahezu ununterbrochen und auch die Donner rollten fast nahtlos über das Haus hinweg.
Wenn er doch bloß keine Waffe hätte, vielleicht könnte man dann mit ihm reden und Arenja überlegte fieberhaft, wie sie ihn von seiner Pistole trennen könnte.
Und plötzlich schlich er im Blitzlicht an ihrer Nische vorbei, den Arm mit der Pistole weit ausgestreckt, den Blick konzentriert nach vorne gerichtet und Arenja spürte instinktiv, dies wäre die einzige Gelegenheit ihn auch nur Ansatzweise zu überrumpeln.
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, spannte sich an, schoss aus der Nische hervor und sprang ihn an.
Friedrich taumelte kurz, sie hatte ihn tatsächlich überrascht und bevor er sich fangen konnte, hängte sie sich schwer an seinen Waffenarm.
Wütend und auch überrascht schrie er auf, versuchte sie abzuschütteln, doch Arenja krallte sich förmlich an ihm fest, biss in seinen Arm und kämpfte im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben.
Doch auch Friedrich fürchtete um sein Leben und obwohl er schon hoch in den Sechzigern war, war er kräftig und geschickt und auch seine militärischen Erfahrungen kamen ihm wohl zugute, denn er schaffte es schließlich, Arenja abzuschütteln.
Unsanft landete sie auf ihrem Hintern und starrte zu Friedrich empor, der sichtlich außer Atem seine Hände auf den Knien abstützte und nach Luft rang.
"Jetzt! Du hast eine zweite Chance, er ist abgelenkt, atemlos! Los, hopp, mach schon!" Arenja feuerte sich selber an, flüsternd, mit dem Mut der Verzweiflung und just in dem Moment, als Friedrich sich aufrichtete, stürzte sie sich wieder auf ihn.
Sie prallten aufeinander, knurrend, keuchend und während über ihnen Donner und Blitz wüteten, der Regen endlich einsetzte und in Sturzbächen vom HImmel prasselte, rangen die beiden verbissen miteinander.
Mal schien es, als könnte Friedrich Arenja abschütteln, dann wieder, dass sie ihm die Pistole entwinden könnte.
Der Kampf wogte endlos hin und her, so schien es jedenfalls den beiden und keiner von ihnen war bereit aufzugeben, als wie aus dem Nichts Alfred erschien, das doppelläufige Gewehr im Anschlag und brüllte, sie sollten aufhören.
Friedrich und Arenja verharrten für einen winzigen Augenblick, bevor sie wieder aneinander zerrten.
Und dann krachte ein Schuß, die beiden erstarrten, Alfred brüllte: “Zurück” und “Weg da” und schließlich “Oh Gott, Herr Graf, nein”, als dieser langsam in die Knie brach und nach vorne kippte.
Schwer fiel er gegen Arenja, die sich eh kaum noch auf den Beinen halten konnte und rückwärts taumelte.
Die Hände weit vorgestreckt und mit entsetzt aufgerissenen Augen starrte sie auf die von Blitzen erleuchtete Szene vor sich.
Der Graf am Boden, erschossen vom fassungslosen Alfred, der noch immer auf sie zielte und dann stolperte sie über irgendetwas, was hinter ihr am Boden lag.
Sie verlor jeglichen Halt, prallte gegen das Bleiglasfenster, es zerbrach und mit einem verzweifelten Aufschrei stürzte Arenja in die Tiefe.
So viel Regen, war das Letzte, was sie dachte…
Wasser spritzte ihr ins Gesicht, es fühlte sich an, als würde man nach ihr greifen, sie rütteln und langsam aber sicher drangen Stimmen in ihr Unterbewußtsein, die sie beim Namen riefen.
Was war das, was wollten die?
Sie wollte doch einfach nur ihre Ruhe haben. Doch das Rütteln und Rufen hörte nicht auf, rissen sie immer wieder aus der wohltuenden Dunkelheit, durch die sie trieb.
Mit einem unwilligen Knurrend öffnete sie schließlich die Augen, nur um sie gleich wieder geblendet zu schließen.
Sie hatte das Gefühl, in gleißendes Licht getaucht zu sein, in ihrem Kopf hämmerte es, ihr Rücken schmerzte.
Wieder rief man sie beim Namen, war das Sleipniras Stimme?
Arenja krauste unwillkürlich die Stirn, Sleipnira, aber wie konnte das sein, sie war doch…?
Und dann brach die Erinnerung über sie herein, sie riss die Augen auf, schnellte dann so unvermittelt hoch, saß kerzengerade mitten in ihrem Bett, das Sleipnira und LastDragonofoldtimes erschrocken aufschrieen und ein Stück vor ihr zurück wichen.
Die Drei starrten sich für einen Moment sprachlos an und während Arenja vollkommen verwirrt war, lachte LastDragonofoldtimes erleichtert los und Sleipnira schnaubte ein wenig mürrisch, wenn auch erleichtert: “Na hab ich doch gesagt, sie schläft nur tief und fest.”
Arenjas Gedanken überschlugen sich schmerzhaft in ihrem Kopf, hatte sie wirklich nur geschlafen? Das alles nur geträumt? Konnte das wirklich sein? Es hatte sich alles so real angefühlt, die Reise in der Zeit, die Kinder und dann, oh Gott, der Schuss….und Friedrich!
"Scheiße!"
Sie stieß heftig die Luft aus und Sleipnira und LastDragonofoldtimes, die in eine intensive Diskussion darüber vertieft waren, ob Arenja wirklich nur geschlafen hätte, sahen sie erstaunt an.
"Wie bitte?", fragte sie fast gleichzeitig und "Wer, bitte?", als Arenja atemlos nach Friedrich fragte.
"Na Friedrich, ich habe doch mit ihm…auf dem Dachboden…und dann das Fenster… ", ihre Worte überschlugen sich förmlich, sie konnte gar nicht so schnell sprechen, wie es aus hier hervor sprudeln wollte und hektisch fing sie an, mit den Händen durch die Luft zu wedeln.
Dann fiel ihr Blick auf ihre Hände und Arme und Arenja fing an zu schreien, das es Sleipnira und LastDragonofoldtimes durch Mark und Bein fuhr.
Was war denn jetzt los? Wovon redete Arenja denn da nur und als ihre Freundin mit entsetzten Schreien an das Kopfende ihres Bettes zurück wich, war es Sleipnira die sie beherzt an den Schultern packte und energisch schüttelte.
"Arenja, komm zu Dir! Es ist ja gut, alles ist gut, verstanden? Es ist alles in Ordnung, hörst Du?"
Arenja war fassungslos, war Sleipnira denn blind?
Und statt sich zu beruhigen reckte sie der Hexe ihre Hände entgegen, schrie sie mit sich überschlagender Stimme an: "Wie kannst Du das nur sagen? Wie kannst Du sagen, es ist alles in Ordnung, wenn meine Hände…meine Klamotten voller Blut sind. Wie?"
LastDragonofoldtimes gab ein hohes Quietschen von sich: "Das ist doch Blut? Aber Du hast gesagt es kommt von der Salbe. Seid ihr beide komplett verrückt, oder was?"
Arenja stutzte, war bei aller Panik dann so erleichtert, LastDragonofoldtimes sah es also auch, sie war nicht verrückt.
"Da hörst Du es, LastDragonofoldtimes sieht es auch" und zeigte auf LastDragonofoldtimes die nachdrücklich mit den Kopf nickte.
Die beiden bestürmten nun gleichzeitig die arme Sleipnira, die sich trotz aller Mühe kein Gehör verschaffen konnte und die schließlich zum äußersten Mittel griff und einen ihrer berüchtigten Knallfrösche zündete.
Es knallte und zischte und bunte Funken stoben umher und LastDragonofoldtimes und Arenja verstummten erschrocken.
"Jetzt haltet doch einfach mal Eure Klappe, verflixt nochmal", wetterte sie und fuhr, sich jeden Mucks verbittend, mit den Händen durch die Luft.
Mit schmalen Augen sah sie die beiden an, schnalzte leise warnend mit der Zunge und Arenja schloss wieder den Mund.
Es herrschte nun endlich Stille, wenn auch eine angespannte und Sleipnira atmete einmal tief durch.
"Okay, hört mir jetzt einfach bitte zu, wir reden danach, versprochen."
Als erstes entschuldigte sie sich bei Arenja, denn sie hatte ihr am Morgen die falsche Salbe in die Hand gedrückt.
Die war eigentlich für LastDragonofoldtimes bestimmt, die damit ihre silbernen Drachenschuppen pflegte und somit völlig ungeeignet für zarte Menschenhaut war.
Sie hatte es erst bemerkt, als LastDragonofoldtimes am Abend zu ihr kam und ebenfalls nach ihrer Salbe fragte.
Zuerst dachte Sleipnira sie hätte das Töpfchen verlegt, doch dann fiel ihr siedend heiß ein, was passiert sein musste und sie hatte LastDragonofoldtimes beim Arm gepackt und sie mit in Arenjas Zimmer geschleppt.
Unterwegs erklärte sie ihr in kurzen Worten was sie vermutete und dann standen sie auch schon vor Arenjas Bett und LastDragonofoldtimes hatte erschrocken auf die befleckte Tunika und Arenjas verschmierten Hände gezeigt.
Doch Sleipnira hatte abgewunken und ihr erklärt, was das zu bedeuten hätte.
Hier stoppte Sleipnira ihre Erzählungen und lächelte Arenja um Verzeihung bittend an: "Es tut mir wirklich furchtbar leid, was Du heute alles durchmachen musstest. Das "Blut" überall ist die Salbe die mit der schwülen Hitze, dem Schweiß auf deiner Haut und mit deinem Duschgel reagiert hat, da sind Rosmarin drin, ich habe nachgeschaut.
Du warst heute auch mega empfindlich und furchtbar schlecht gelaunt, hab ich Recht? Das kommt auch von der Salbe, die ist eben für Drachen und nicht für Menschen. Am heftigsten, wie es scheint, hat wohl deine Fähigkeiten zur Schlafteleportion auf die Salbe reagiert, eure Magie verträgt sich nicht und wir haben dich kaum wach bekommen Auch dein Albtraum hat damit zu tun.
Wie gesagt Menschen sind keine Drachen und Hexen sollten nur konzentriert ihre Salben und Tränke verteilen."
Sie holte tief Luft und nahm Arenja bei den befleckten Händen: "Allerliebste Arenja, kannst du mir noch einmal verzeihen? Es kommt auch nie wieder vor, ich schwöre es! Bitte", fügte sie mit einem lieben Lächeln hinzu und Arenja, deren Augen immer größer geworden waren bei Sleipniras Erklärung und in deren Kopf sich alles, wenn auch nur zögerlich, zu einem großen, logischen Ganzen zusammen setzte, nickte langsam mit dem Kopf.
Du meine Güte, sollte es sich so einfach auflösen, war das alles gar nicht passiert und nur eine doofe…Allergie?
Oh Gott, es klang so logisch und sie wollte es auch so unbedingt glauben, fühlte es sich so befreiend an, das sie nun entschlossen nickte.
Natürlich verzieh sie Sleipnira, Hauptsache der Spuk war vorbei und sie lachte erleichtert auf: "Ja, Ja, Ja! Ja klar verzeih ich Dir. Mein Gott, ich bin so erleichtert, ich dachte wirklich meine letzte Stunde hätte geschlagen. Komm her Du…"
Lachend zog sie die ebenfalls erleichterte Sleipnira in ihre Arme, sie drückten sich innig und zogen zum Schluss auch die gerührte LastDragonofoldtimes mit in ihre Umarmung.
Arenja fühlte sich erlöst und hatte jetzt nur noch den Wunsch sich zu duschen und frische Klamotten anzuziehen und sie wollte, sie MUSSTE unbedingt ihren Albtraum erzählen, er musste einfach laut ausgesprochen werden, um seinen düsteren Bann zu brechen.
Sie bat also die beiden zu warten, sie versprachen es nur zu gerne und Arenja verschwand im Bad.
Sie riß sich förmlich die Kleider vom Leib und drehte die Dusche voll auf, spülte Schweiß und Angst und die verflixte Salbe von ihrem Körper und ihren Händen und es fühlte sich einfach nur gut an.
Erfrischt und im bequemen Schlafshirt gestellte sie sich zu ihren Freundinnen und sie hockten sich dicht beieinander auf Arenjas Bett und dann redete sie sich das Erlebte gründlich von der Seele.
Sie beschrieb alles so genau wie möglich, wollte nichts davon in ihrem Kopf behalten und LastDragonofoldtimes und Sleipnira hörten ihr aufmerksam und atemlos zu und LastDragonofoldtimes ergriff sogar tröstend ihre Hand und versicherte ihr, sie hätte diesem Friedrich die Hölle heiß gemacht.
Es herrschte langes Schweigen, als Arenja endlich fertig war und erst jetzt bemerkten die Drei, das ein neuer Tag vor den mittlerweile weit geöffneten Fenstern heraufzog.
Schließlich umarmte Sleipnira Arenja erneut und flüsterte ihr bewegt ins Ohr: "Es tut mir von Herzen leid, verzeih."
"Es ist ja alles gut gegangen, ich bin hier, es geht mir gut und ich hab auch meine Möbel wieder", flüsterte Arenja zurück und ein kleiner Scherz musste jetzt einfach sein, denn sonst würde sicher einer weinen.
Sleipnira nickte dankbar, dann sah sie LastDragonofoldtimes an: "Komm, wir sollten gehen, ich glaube wir müssen das alle ersteinmal sacken lassen, bevor wir weiter darüber reden und ich denke, wir können außerdem alle eine Mütze voll Schlaf gebrauchen."
LastDragonofoldtimes nickte zustimmend und erhob sich, Sleipnira und sie wünschten Arenja eine gute Nacht und verließen ihr Zimmer.
Arenja streckte sich auf ihrem Bett aus, sie horchte in sich hinein, so ganz war sie natürlich noch nicht durch damit, aber sie hatte Sleipnira und Lastdragonofoldtimes, sie konnte jederzeit mit ihnen reden und dieser Gedanke beruhigte sie sehr.
Sie rollte sich auf die Seite und es dauerte keine zwei Atemzüge und sie schlief ein, tief und fest und traumlos.
Sie erwachte erst gegen Mittag, dieser Tag war genauso heiß und schwül wie der Vergangene, doch heute konnte sie ihr erfrischendes Fußbad mit Cylis genießen, freute sich am blühenden Garten und auch das neue Töpfchen mit Salbe war nun das richtige und verschaffte ihr rasch Linderung.
Ohne rote Flecken, wie sie zufrieden feststellte und Sleipnira hatte sogar eine logische Erklärung parat, warum sich gestern erst am Abend die Flecken gezeigt hatten, obwohl sie die Salbe mehrmals tagsüber aufgetragen hatte.
"Ich habe gesehen, du hast zwei Duschgel, eins mit Lavendel und eines mit Rosmarin. Du musst am Morgen mit Lavendel geduscht haben, ich hab's gerochen, als Du bei mir am Hexenkessel gestanden hast. Lavendel verträgt sich mit allem, aber Rosmarin…das ist ein zickiges Kraut."
Sleipnira hatte Arenja zugezwinkert: "...und wahrscheinlich hast Du dann vor dem Schlafen gehen reichlich von der Salbe genommen, was soll ich sagen, es war alles eine Verkettung unglückseliger Ereignisse."
Arenja hatte bedächtig genickt, das machte durchaus Sinn und je länger sie mit den beiden darüber sprach, desto mehr befreite sie es und als am Samstag die Grillparty statt fand und LastDragonofoldtimes die herrlichsten Dinge mit ihrem Drachenfeuer brutzelte, da war das ganze zu einer unangenehmen Erinnerung zusammengeschrumpft.
Sie hatten es den anderen nicht erzählt und so konnte Arenja ganz entspannt unter ihnen sitzen und sich amüsieren.
Irgendwann ging sie ins Haus, nach der mega Hitze der letzten Tage war es heute Abend sehr angenehm, seidige Luft und ein sternenklarer Himmel machten den Abend perfekt, es fehlte lediglich ein wenig leise Musik.
Sie stand im Wohnzimmer, die Terrassentüren standen weit offen und man konnte im Garten die Lampions und Fackeln brennen sehen. Arenja hörte ihre Mitbewohner leise lachen, während sie nach einer geeigneten Playlist auf ihrem Laptop suchte.
Fuyukko zischte herein und verschwand mit einem Kichern durch das Regal an der Wand in den nächsten Raum.
Sie hatte soviel Schwung, das eines der alten Bücher aus dem Regal zu Boden fiel. Arenja ging hinüber um es aufzuheben, eher beiläufig las sie den goldenen, verschnörkelten Aufdruck:
"Familienbibel derer von Münkelberg"
Münkelberg? Arenja spürte wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Echt jetzt?
Münkelberg?
Sie zögerte einen Augenblick, vielleicht hatte sie irgendwann schon einmal diese Bibel in der Hand gehalten, den Namen gelesen und hatte es unterbewusst in ihrem Traum verknüpft?
Doch sie glaubte das nicht wirklich und blätterte schließlich hastig die dünnen Seiten um, bis sie auf die Familieneintragungen stieß. Geburten, Taufen, Hochzeiten, Todesfälle, alles hatte man sorgfältig eingetragen.
Sie hatte mit Lastdragonofoldtimes überlegt, zu welcher Zeit sie wohl meinte aufgewacht zu sein, sie hatten ein bisschen recherchiert und sich schließlich auf Anfang 1900 festgelegt, einfach nur so, anhand der Möbel und der Kleidung.
Okay, 1900, Arenja blätterte nun langsamer, fand Einträge aus dieser Zeit, die Geburt eines Carl-Ferdinand, 1904, sein Bruder ein Jahr später und im Jahr darauf, Zwillingsschwestern.
Arenja stockte der Atem, glasklar standen ihr wieder die vier Kindern vor Augen, zwei Jungs, zwei Mädchen, Zwillinge und ihr lief ein Schauer über den Rücken.
Sollte es tatsächlich…?
Mit zitternden Fingern fuhr sie die nächste Zeile entlang, als Eltern waren dort Edeltraud und Carl-Friedrich von Münkelberg eingetragen.
"F***", entfuhr es Arenja leise, jetzt wollte sie es wissen, blätterte um und …doch da war Nichts. Kein Eintrag mehr. Nichts über Friedrich, wann oder wie er gestorben, oder was aus seiner Familie geworden war.
Auch die nächsten Seiten waren leer, erst nach Ende des 1. Weltkrieges hatte man wieder mit Eintragungen begonnen.
Ihr war eiskalt und obwohl sie sich geschworen hatte, das niemals zu tun, nahm sie ihren Laptop und gab mit steifen Fingern Friedrichs Namen in der Suchmaschine ein.
1066 Einträge, die meisten natürlich Namensvettern und der gleichen, doch dann entdeckte sie sein Porträt, sie klickte es wie unter Zwang an, fand seine Familienchronik, las, das er in diesem Haus gelebt hatte, das er auf tragische Weise ums Leben gekommen war und das seine Frau und auch die Kinder dem Wahnsinn verfallen waren.
Sie fand einen Zeitungsartikel mit der reißerischer Überschrift:
"Graf v. Münkelberg von Dämon getötet?!"
Es folgte ein Abriss über die Ereignisse des Abends, man hatte Musik auf dem neuen Grammophon gehört, sich gut unterhalten und amüsiert, bis die Kinder im ersten Stock zu schreien anfingen.
Die Mutter war als erste hinauf gestürmt und hatte sich Auge in Auge mit einer schrecklichen Kreatur gefunden.
Einer Kreatur mit leuchtend grünen Augen, blauen, wirren Haaren, in einem weißen Gewand voller blutiger Flecken, die krallenartigen Hände blutverschmiert, barfuß und völlig von Sinnen…
Arenja rauschte das Blut in den Ohren, sie wagte kaum den Blick weiter zu senken, auf die Zeichnung, die nach Aussagen der Ehefrau und der beiden Hausangestellten gefertigt worden war…
Es war nur eine Kohlezeichnung, natürlich, doch sie war so detailliert angefertigt, dass es sich anfühlte, als würde sich Arenja tatsächlich selbst in die weit aufgerissenen Augen starren, als sie schließlich doch hinab sah.
Sie glaubte in der Zeichnung die Augen eines verängstigten Mädchens zu erkennen, hatte es denn sonst niemand bemerkt, oder waren es tatsächlich die Augen eines bösartigen Dämons…
Ihr Lieben,
Ich hoffe es kommt genügend Sommersonnenschein vor und ich habe mich nicht dazu hinreißen lassen, komplett am Thema vorbei zu schreiben.
Ich hoffe es gefällt euch ein bisschen und sollte ich tatsächlich die große Ehre haben einen Platz zu belegen, dann wünsche ich mir, nach langer schwerer Wahl, den Buchrücken mit den hübschen Fischen. Bitte ^^
LG, Miss Muffin
Nicht nur, das es ihr viel zu heiß und schwül war und das sie ihre Sonnenallergie heftig plagte, nein, ihre ach so netten Mitbewohner hatten ihr auch noch mehr oder weniger freundlich zu verstehen gegeben, das sie keine Lust auf Arenjas Klagen über das heiße Wetter, oder über ihre Pusteln und den Juckreiz hätten.
"Wer solche Freunde hat....", grollte Arenja leise und riss sich unbeherrscht den breitkrempigen Hut vom Kopf, mit dem sie sich vor der direkten Sonne zu schützen suchte.
Ungeduldig pustete sie sich ein paar störende Ponyfransen aus der Stirn, strich sich die verschwitzten, blauen Haare hinter die Ohren und wand sich dann aus einer der langärmeligen, weißen, weiten Tuniken die sie im Sommer meistens trug. Sie reichten ihr bis übers Knie und hatten ihr den neckenden Spitznamen Sommergespenst beschert.
Sie war verschwitzt, alles klebte an ihr und als sie schließlich unter der Dusche stand, war sie direkt außer Atem.
“Uff”, Arenja schnaufte kurz durch und schloss dann genießerisch die Augen, als das kühle Wasser über ihre Haut perlte.
Das tat gut, das kühlte sie runter und auch ihre Wut, die sie so eigentlich gar nicht an sich kannte, wandelte sich in eine einigermaßen erträgliche schlechte Laune.
Denn eigentlich verstanden sie sich alle hier in der alten Villa sehr gut und man fand in der Regel immer jemanden zum Plaudern oder um seine Probleme zu besprechen.
Und wenn sie ehrlich war, war sie schon ein klein wenig unerträglich bei diesem Wetter, vielleicht sogar ein bisschen mehr als sonst, aber andererseits, die Anderen wussten doch auch wie empfindlich sie war und nur weil sie nicht schon wieder W4rriorc4ts Klagen über das Nudelembargo, oder von Sleipniras Katzenhaarproblem hören wollte, so hätte man doch wenigstens ihr zu hören können.
Ein bisschen Mitleid und Zuspruch, mehr verlangte sie doch gar nicht.
Arenja verdrehte ihre Augen, jetzt regte sie sich schon wieder auf. Dieses hin und her in ihrem Kopf ging ihr selber auf die Nerven, am besten sie verzog sich auf ihr gemütliches Bett und nutzte ihre Fähigkeit, sich an einen kühlen, angenehmen Ort zu schlafteleportieren. Sie musste es ja nicht gleich wieder für mehrere Monate tun, denn fürs kommend Wochenende hatte sich LastDragonofoldtimes dazu bereit erklärt, mit ihrem Drachenfeuer einen Grillabend zu befeuern und daran würde Arenja dann doch gerne teilnehmen.
Sie nickte entschlossen, drehte das Wasser ab und trocknete sich rasch ab, das war doch ein guter Plan.
Jetzt noch schnell in frische Unterwäsche und eine neue Tunika geschlüpft und dann würde sie sich ein kleines, teleportierendes Schläfchen gönnen.
Sie zog sich an und geriet selbst dabei wieder ins Schwitzen, dieser Sommer, speziell dieser Tag, waren wirklich furchtbar heiß und schwül und obwohl es auf 20 Uhr ging, ließ sie die Fenster geschlossen, als sie in ihr Zimmer kam, denn es hatte sich draußen noch keinen Deut abgekühlt.
Heute, am frühen Morgen, als es noch relativ kühl war, hatte sie kräftig gelüftet, dann die Fenster verschlossen und die Rollos runter gezogen, so dass jetzt eine dämmerige Kühle im Raum herrschte, was sicher auch an den dicken Mauern der alten Villa lag.
Arenja war dankbar dafür und auch, dass sie den Tag nicht im Zimmer verbracht und die Kühle somit nicht schon verschwendet hatte.
Sie war gleich nach dem Frühstück umher gestreift, konnte sich bei dem Wetter eh auf nichts konzentrieren und hatte sich schließlich im Garten zu Cylis Tristik gesellt. Sie teilten sich ein erfrischendes Fußbad unter dem Sonnenschirm und nachdem sich Cylis Tristik in kein Gespräch verwickeln ließ, das Zeichnen war gerade wichtiger, hatte Arenja versucht, sich auf das Vogelgezwitscher, den Duft der Sommerblumen und das Summen der fleißigen Bienen zu konzentrieren.
Doch schnell gab sie auf, brach noch vor dem Mittag den Besuch ab, denn die Sonne brannte förmlich vom blitzblauen Himmel und trotz Sonnenschirm, Sonnenhut und langärmeliger Tunika, blühte ihre verflixte Allergie und nervte sie so sehr, dass sie sich zu Sleipnira in deren Hexenkeller aufgemacht hatte, um sie um ein neues Töpfchen ihrer Wundersalbe zu bitten.
Schwitzend hatte sie dann neben Sleipniras Kessel gestanden, aus dem sich wabernd feuchte Dampfwolken verteilt hatten und hatte darauf gewartet, das die Hexe ihren Zauber beendete. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch endlich hatte es gezischt und ein heller Blitz war aus den Dunstwolken in den brodelnden Kessel gefahren und Sleipnira hatte zufrieden die Fäuste in die Seiten gestemmt.
Doch leider hatte sie überhaupt keine Zeit für einen kleinen Plausch gehabt und auch Arenjas detaillierten Bericht über ihren Ausschlag erstickte sie mit einem eiligen “Ich muss mich konzentrieren” und einer Beschwerde über ihre haarenden Katzen direkt im Keim und hatte ihr stattdessen nur das Gewünschte in die Hand gedrückt
“Na dann eben nicht”, hatte Arenja gedacht und sich ein wenig verschnupft in die große Bibliothek zurückgezogen und vorsichtig Gesicht und Arme mit der Salbe betupft.
Das war schnell erledigt gewesen, aber was sollte sie jetzt machen? Ihr war furchtbar langweilig gewesen und sie hatte schlechte Laune aufsteigen gespürt, keiner hatte Zeit für sie. Pöh.
Missmutig war sie durch die Bibliothek gewandert, hatte hier und da in den Büchern geblättert und war dann am frühen Nachmittag in die gemütliche Küche gegangen, um etwas zu Essen.
Ein Joghurt und frische Melone, danach hatte ihr der Sinn gestanden und sie hatte sich zu W4rriorc4t und LastDragonofoldtimes gesellt, die ebenfalls einen kleinen Imbiss zu sich nahmen.
Doch die beiden waren so in ihr Gespräch über verbotene Nudeln und Grillwürstchen vertieft gewesen, dass sie gar nicht auf Arenja geachtet hatten, die sich schließlich mit ihrem Joghurt zurück in die Bibliothek verzog.
Das vermeintliche Desinteresse ihrer Mitbewohner und Freunde, ärgerte sie mehr als es eigentlich nötig war und sie fühlte sich einsam und verlassen und überhaupt…
Arenja hatte also gründlich vor sich hin geschmollt. sich weiter gelangweilt und sich selber furchtbar leid getan.
Später war zwar noch Fuyukko in der Bibliothek aufgetaucht, da sie nicht nach draußen konnte bei dem Sonnenschein, doch auch sie hatte keine Lust auf ein Gespräch gehabt und war lieber in ihrer Geisterform durch die kühlen Wände gehuscht.
Arenja knipste die hübsche Schmetterlingeslichterkette am Kopfende ihres Bettes an und ließ sich dann auf ihr Bett plumpsen, uff, was für ein besch…eidener Tag, dachte sie nun irgendwie erschöpft und ertappte sich selber dabei, wie sie mit den Fingerspitzen über die juckenden Stellen an ihrem rechten Arm rubbelte.
Seltsam war das, denn obwohl sie heute schon ein paarmal von Sleipniras Salbe genommen hatte, war ihre Allergie nicht besser geworden.
Sonst wurde das Jucken und auch der Ausschlag schnell gelindert.
Vielleicht hatte sie heute zu sehr geschwitzt oder es lag an der Hitze allgemein, das es nicht so gut wirkte und sie beschloss vor dem Einschlafen noch einmal alles ordentlich einzureiben.
Sie erhob sich mit einem leisen Ächzer, holte das Töpfchen aus dem Bad und betupfte und bestrich alle betreffenden Stellen gewissenhaft und reichlich.
Es kühlte angenehm, wenn es auch weiterhin juckte, aber es war auszuhalten und Arenja schlüpfte wieder in ihre Tunika und legte sich auf ihrem Bett bequem zurecht.
Noch ein kurzes Gähnen und ein ausgiebiges Recken und Arenja schlummerte mit dem Gedanken an eine herrlich gelegene Insel in der gemäßigten Zone, inklusive erfrischender Meeresbrise, ein.
Und wie immer beim Schlafteleportieren trudelte sie wie durch einen langen Tunnel voller leuchtender Farbe und sphärischen Klängen und sie freute sich schon darauf am Ende mit bloßen Füßen durch den weichen Sand zu laufen, den sanften Wind auf ihrem Gesicht zu spüren und der Hitze entflohen zu sein.
Sie war so auf das Ende des Tunnels fixiert, das sie nicht bemerkte wie sich die Farben veränderten, dunkler, düsterer wurden, die sphärischen Klängen disharmonisch zirpten und erst als sich ein Flackern auszubreiten schien, hatte Arenja das dumpfe Gefühl, etwas könnte nicht stimmen.
Dann schlug sie auf…..
Blinzelnd öffnete Arenja die Augen, ihr Körper schmerzte, ihre Zunge klebte am Gaumen und sie hatte das Gefühl, eine zentnerschwere Last würde auf ihrer Brust liegen.
Langsam kam sie zu sich, ihr Blick klärte sich und sie stellte fest, dass sie von Dunkelheit umgeben war. Okay, aber wo war sie überhaupt?
Denn weder hörte sie das erträumte Meer rauschen, noch fühlte sie den weichen Sand unter sich.
Ein schwülwarmer Windhauch streifte ihr erhitztes Gesicht, der weit von der erhofften Meeresbrise entfernt war.
Mit schier unmenschlicher Kraft rollte sie sich auf die Seite, es knarrte leise unter ihr. Lag sie tatsächlich noch auf ihrem Bett? Hatte das teleportieren diesmal nicht funktioniert?
Na was für ein F*** dachte Arenja gequält und setzte sich langsam auf, ihr war schwindelig, aber wenigstens war dieser Druck auf ihrer Brust verschwunden.
Sie sah sich um, es schien tatsächlich so, als wäre sie noch in ihrem Zimmer, aber irgendwie stimmte da auch was nicht und sie kniff ihre Augen ein wenig zusammen. Es brannte kein Licht und doch konnte sie schemenhaft die Möbel erkennen und die Tür, unter der ein Lichtstreifen zu sehen war.
Eigentlich hätte die Lichterkette brennen müssen, die Batterien waren doch neu gewesen, wie lange hatte sie denn hier so gelegen?
Außerdem hätte es dann stockdunkel im Raum sein müssen, denn sie wusste genau, die Rollos waren runtergezogen und automatisch sah sie zu den beiden Fenstern hinüber und zuckte erschrocken zusammen.
Lange, weiße Gardinen blähten sich wie Geister weit in der nächtlichen Brise ins Zimmer hinein, die Fensterflügel standen weit offen und plötzlich roch es nach Gras und sie meinte leise Musik zu hören.
Arenja schüttelte den Kopf. Was waren das für Gardinen und wer hatte die Fenster geöffnet?
Woher kam diese blecherne Musik und überhaupt, was stimmte mit ihrem Zimmer nicht?
Sie krabbelte vom Bett und tappte auf bloßen Füßen zur Tür und tastete dort nach dem Lichtschalter.
Sie fand ihn an gewohnter Stelle, doch er fühlte sich anders an als sonst und sie musste ihn drehen statt drücken und als schließlich die Deckenlampe aufflammte, blieb Arenja der Mund offen stehen und sie gab ein leises Ächzen von sich.
Das war zweifelsohne ihr Zimmer, da war sie sich sicher, doch anstatt ihrer Möbel und Deko und Pflanzen, standen dunkle, schwere Möbel da, ein alter Sekretär mit Aufsatz, vor den Fenstern zwei mit Seide bezogene Sessel mit passenden Beistelltischen.
Den Vogel schoss jedoch das wuchtige Bett mit Baldachin ab, voller Spitzenkissen und einer Brokatüberdecke.
Ähm …ja?
Was?
Wie jetzt?
Arenja konnte nicht glauben was sie sah, rieb sich die Augen bis sie tränten und zwickte sich immer wieder in die Nasenspitze.
Doch es half alles nichts, entweder war sie tatsächlich wach und starrte auf dieses Szenario oder sie war unfähig aufzuwachen und träumte das alles… oder ich bin total bekloppt, dachte sie, nicht ohne einen leichten Anflug von Sarkasmus..
Ihr Herz schlug schnell, sie konnte nicht begreifen, was hier vorging, sie musste einfach träumen!
Ich lege mich jetzt wieder auf mein…dieses Bett und mach die Augen zu und wenn ich sie wieder aufmache, dann ist dieser Spuk vorbei, dachte Arenja und nickte entschlossen.
Jawohl, genauso würde sie es machen, sie löschte das Licht wieder und tat den ersten Schritt in Richtung Bett, als sie plötzlich helles Kinderlachen hörte. Es schien vonj draußen durch die offenen Fenster zu kommen und erstaunt blieb sie stehen. Sie lauschte in die Dunkelheit, da, wieder hörte sie die Kinder lachen, sie kicherten und schienen zu flüstern und es klang so, als würden sie über die Terrasse im Haus verschwinden.
Wie konnte das sein? Hier wohnten doch keine Kinder im Haus und auch in der Nachbarschaft nicht soweit Arenja wusste und wie sollten die auch mitten in der Nacht in den Garten, geschweige denn ins Haus kommen?
Oder hatte einer von den Mitbewohner Besuch bekommen? Aber so spät noch? Sie war ja gegen 20 Uhr auf ihr Zimmer gegangen und da war noch niemand da gewesen.
Oder war es jetzt schon Samstag und der Grillabend mit Gästen vorbei? Das wäre aber wirklich ärgerlich, dachte Arenja und hob schnuppernd die Nase.
Hm, also riechen konnte sie nichts und so huschte sie zu einem der Fenster hinüber und spähte hinunter in den Garten.
Draußen war es immer noch warm und schwül, viel zu drückend für eine Sommernacht, ein leiser Donner grollte in der Ferne und Arenja seufzte leise auf, uff, auch das noch, sie war kein Fan von Gewitter. Doch dann stutzte sie, es brannten Fackeln an den Wegen und gepflegten Rabatten, Grillen zirpten leise und es hingen Lampions in den Bäumen, in denen Kerzen flackerten.
Arenja verlor sich für einen Moment in diesem hübschen, fast romantischen Anblick, bis ihr bewusst wurde, dass es eigentlich weder die Wege noch die gepflegten Rabatten gab und schon gar nicht den kleinen Pavillon, den sie nun weiter hinten entdeckte, als der Garten kurz von einem Blitz, fast taghell erleuchtet wurde.
Sie blinzelte, was zum Teufel war hier los? Was stimmte hier nicht, oder nicht mit ihr und sie bekam eine Gänsehaut, als sie die kichernden Kinder an ihrer Zimmertür vorbei trappeln hörte.
Dann klappte nebenan die Tür ins Schloss, eine Tür, die eigentlich in einen großen, leerstehenden Raum führte und nur einen Augenblick später waren die Kinderstimmen wieder zu hören, es polterte leise, dann zerbrach etwas leise klirrend.
“What the f****”, zischte Arenja, das war jetzt wirklich zu viel des Guten und entschlossen ging sie zu ihrer Tür und öffnete sie beherzt.
Sie hatte es fast schon erwartet, in einen Flur hinauszutreten, den sie zwar kannte, aber so noch nie gesehen hatte.
So war sie nur einen Augenblick irritiert und registrierte die schweren Läufer auf dem Boden, die kleinen Wandlampen mit den plissierten Lampenschirmchen und die vielen Gemälde und Porträts an den Wänden eher unterschwellig.
Sie hörte jetzt auch die seltsam blecherne, rauschende Musik wieder, die aus dem Untergeschoß erklang und in diesem Moment mit einem Knacken jäh verstummten und man hörte dafür leise Stimmen.
Da waren also Leute und Arenja überlegte kurz, ob sie runtergehen sollte, als es plötzlich wieder in dem Zimmer polterte, diesmal viel lauter und in das ausgelassene Lachen der Kinder mischte sich das erneute Zerbersten von Porzellan oder Glas.
Na jetzt gehts aber los, egal was hier vor sich ging, das ging ja wohl überhaupt nicht und Arenja riss mit Schwung die Tür auf.
Wow!
Statt des leeren Raumes fand sie ein komplett eingerichtetes Kinderzimmer vor, im gleichen altmodischen Stil wie jetzt ihr eigenes Zimmer nebenan.
Die vier kleinen Betten waren aus dunklem Holz, das teilweise herausgerissene Bettzeug war weiß und mit Spitzen verziert, es gab zwei weißlackierte Kleiderschränke und zwei dazu passende Kommoden mit Schubladen. Auf der einen stand eine Tischlampe mit Messingfuß und kleinen, bunten Glasperlen am gläsernen Lampenschirm, daneben standen und lagen einige Bücher, genau wie auf der anderen Kommode, wo sich außerdem zwei Teddybären und ein Schäfchen den Platz teilten.
Es gab ein reich verschnörkeltes Metallregal, in dem wohl sonst die Porzellanpuppen, Bücher, Kreisel und allerlei anderes Spielzeug, das jetzt davor am Boden lag, ordentlich verstaut waren.
Ein bunter Hampelmann hing an der Wand und auf einem großen, hölzernen Schaukelpferd mit Zaumzeug und Sattel, hockte stocksteif ein vielleicht sechsjähriger Junge im weißen, bodenlangen Nachthemd, das Holzschwert noch immer keck in die Luft gereckt. Seine weizenblonden Haare standen ihm verschwitzt um den Kopf, seine Wangen glühten und er starrte Arenja entsetzt an.
Genau wie sein jüngerer Bruder und seine kleinen Zwillingsschwestern, die um die Scherben von Saftglas und Waschkrug standen, die auf dem Parkettboden zersprungen waren. Auch sie waren im Nachthemd und verschwitzt und nicht minder starr und entsetzt, wie ihr großer Bruder.
Keiner rührte sich, weder Arenja noch die Kinder und erst als man von unten eine Frau nach den Kindern rufen hörte, sie mögen doch bitte zu Bett gehen, da löste sich bei allen die Starre und gefühlt brach die Hölle los.
Die vier Kinder schrien wie am Spieß um Hilfe und nach ihren Eltern und wichen weinend vor Arenja zurück, die sich im ersten Moment erschrocken die Ohren zuhielt.
Der Reiter fiel samt Schwert vom Pferd, eines der Mädchen trat in eine der Scherben, was ihre schrillen Schrei noch eine Oktave höher schnellen ließ und die kleine Blutspur, die sie hinterließ, stachelte ihre Geschwister zusätzlich an. Verängstigt reckten sie die Hände vor und heulten.
Das alles geschah nur in Sekundenbruchteilen, doch Arenja schien es, als würde es Stunden dauern, gefühlt in Zeitlupe nahm sie die Hände von den Ohren, streckte die Arme beschwichtigend vor und versuchte die Kinder mit “Pst” und “Schschsch” zu beruhigen. Doch es half alles nichts, im Gegenteil, die Panik der Kinder schwoll immer weiter an und plötzlich hörte Arenja über all das Geschrei, wie sich eilige Schritte die Treppe herauf näherten.
Im ersten Moment war sie erleichtert, doch als die vermeintliche Mutter der Kinder am Treppenabsatz auftauchte und Arenja erblickte, da brach auch sie in spitze Schrei aus und rief mit sich überschlagender Stimme nach Alfred und Mathilde und das Friedrich seine Pistole mitbringen sollte.
Um Gottes Willen, was stimmte denn nicht mit dieser Frau, hatte sie noch alle Tassen im Schrank? Ja, okay, dass sie die Kinder ertappt oder besser erschreckt haben könnte, das konnte sich Arenja ja gerade noch vorstellen und ja, okay, sie war eine Fremde in diesem Haus, doch musste die Mutter so dermaßen ausflippen? Gleich nach einer Pistole rufen und war das wirklich ihr Ernst?
In dem Moment erschütterte ein gewaltiger Donner das Haus, man spürte ihn förmlich unter den Füßen und das Licht flackerte für einen winzigen Augenblick.
Arenja erstarb jegliches Wort auf den Lippen, automatisch blickte sie zum Fenster und schloss geblendet die Augen, als ein gleißender Blitz knisternd über den Himmel fuhr.
Sie blinzelte, spürte wie sich die Härchen auf ihren Armen und im Nacken aufstellten und das lag nicht nur an der Elektrizität des Blitzes die sich gerade entladen hatte, denn als sie nun langsam den Kopf drehte, standen jetzt vier Personen oben am Treppenabsatz.
Zwei Frauen, eine mit kunstvoll aufgesteckten Haaren in einem blassgelben, bodenlangen Kleid, einen zusammengeklappten Fächer an ihre Brust drückte und sehr wahrscheinlich die Mutter der Kinder. Die Andere sah aus wie ein Zimmermädchen, schwarzes Kleid, weiße Schürze und Häubchen, die von einem jungen Mann in Hemd und Weste fast schützend verdeckt wurde.
Die drei starrten Arenja an, das blanke Entsetzen in den weit aufgerissenen Augen und unterbewusst registrierte Arenja, dass der junge Mann wie zur Verteidigung die Fäuste geballt hatte.
Was aber Arenja eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagte, war der zweite Mann. Kerzengerade stand er da, groß und breit, mit grauen Schläfen und einem beeindruckenden Backenbart. Trotz der Wärme trug er ein dunkles Sakko, Krawatte und einen steifen Kragen.
Er war mit sicherheit der herbeigerufen Friedrich und Vater der Kinder.
Seinen rechten Arm hatte er ausgestreckt und zielte mit einer Pistole direkt auf Arenja.
Sie keuchte leise auf, streckte abwehrend die Hände vor und ohne mit der Wimper zu zucken umd mit eiskaltem Blick, spannte der Mann den Hahn der Waffe.
“Keine Bewegung”, schnarrte er und rief dann mit gebieterischer Stimme: “Carl-Ferdinand, schließe die Tür!”
Im ersten Moment war Arenja irritiert, hielt er sie für Carl-Ferdinand?
Doch dann schlug die Kinderzimmertür hinter ihr laut ins Schloss, Arenja zuckte erschrocken zusammen und der Mutter entrang sich ein spitzer Schrei.
Der Vater verzog unwillig die Augenbrauen, zischte seiner Gattin ein tadelndes “Contenance, Edeltraut” zu und korrigierte leicht seine Zielerfassung.
“Und jetzt zu Dir, Du Spuk, oder Dämon oder was immer Du sein magst, auf die Knie und ergebe Dich! Ich bin Oberst a.D., Graf Carl-Friedrich von Münkelberg, Reservist im Deutschen Heer unseres geliebten Kaisers Wilhelm II und ein ausgezeichneter Schütze”, seine Stimme war hart und ohne Furcht.
Arenja rauschte das Blut in den Ohren, ihr Herz raste und sie befürchtete, dass es gleich platzen würde. Es wurde ja immer absurder hier, sie konnte dem Ganzen überhaupt nicht mehr folgen und war nur noch darauf konzentriert, einen Aus- oder Fluchtweg aus diesem Horrorszenario zu finden.
Sie musste hier weg, ihr war absolut klar, das sie hier mit Worten nicht weiter kommen würde, diese Leute waren doch komplett durchgeknallt, was hieß hier Dämon oder Spuk, sie war schließlich eindeutig eine junge Frau. Waren denn hier alle bescheuert?
Wieder krachte ein Donner, das Licht flackerte und mit dem Mut der Verzweiflung rannte Arenja los, nach links und dort die Treppe hinauf, da dies der einzige Weg war, der ihr blieb.
Es blitzte, ein Schuß krachte, Edeltraut schrie erneut auf, Friedrich wies sie streng zurecht, spannte den Hahn erneut und nahm Arenjas Verfolgung auf, die mit Schreck geweiteten Augen und eingezogenem Kopf die Stufen empor hastete.
Oben angekommen sah sie sich hektisch um, da waren die bekannten Türen, doch hinter keiner würde sie einen ihrer Freunde finden, das wusste sie mit Sicherheit und sie hätte alles dafür gegeben, wenn sie LastDragonofoldtimes zu Hilfe hätte holen können.
LastDragonofoldtimes hätte dem Typen Feuer unterm Arsch gemacht, HA!
Doch hier gab es keinen silbernen Drachen und die Türen waren verschlossen, an denen Arenja nun rüttelte und so blieb ihr nur die Flucht über die schmale Stiege, hinauf auf den Dachboden.
Sie hörte Friedrich die Stufen hoch poltern, er brüllte sie solle stehen bleiben, doch Arenja dachte gar nicht daran, flink huschte sie die Stufen zum Dachboden empor und betete dabei inbrünstig, die Tür oben möge nicht verschlossen sein.
Außer Atem stand sie schließlich vor der Tür, ihr Herz schlug bang, wenn sie da jetzt nicht rein könnte, dann säße sie in der Falle.
Fast ängstlich drückte sie die Klinke runter und hätte um ein Haar erleichtert aufgeschluchzt, als die Tür sich mit leisem Quietschen öffnete.
Arenja quetschte sich durch den Spalt, schloß so leise wie möglich die Tür und schob mit zitternden Fingern den kleinen Riegel vor. Er würde sicherlich nicht lange Stand halten, aber jede Sekunde zählte auf der Flucht.
Schwer atmend lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, bitte nur einen Moment verschnaufen, dachte sie erschöpft und mit weichen Knien.
Sie drehte den Kopf hin und her, es war stockdunkel hier, die Luft war heiß und stickig und es roch nach Staub und alten Möbeln. Arenja versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen, irgendetwas zu erkennen, doch sie hatte keine Chance, wie blind stand sie da.
Scheiße! Der Dachboden war doch keine gute Idee gewesen, aber wo hätte sie sonst hin sollen? Sie war sich absolut sicher, dass dieser Friedrich nicht mit sich reden lassen, ihre keine Chance für den Versuch einer Erklärung geben würde.
Sie saß also in der Falle, so oder so und wenn ihr jetzt nicht auf der Stelle ein Fluchtweg oder wenigstens ein Versteck einfiele, dann hatte es sich definitiv für sie erledigt.
Arenja brach der Schweiß aus, nicht nur die Hitze hier oben, auch ihre Angst, die sich langsam aber sicher einer Panik näherte, ließen sie absurd schwitzen.
Sie lehnte immer noch an der Tür, hörte wieder Friedrichs schwere Schritte und wie er Alfred zurief, die Kreatur wäre auf den Dachboden geflüchtet, er solle sich beeilen und das Gewehr mitbringen.
Oh Gott, oh Gott, Arenja presste ihre Hand auf den Mund, hatte Angst, sich durch ihren keuchenden Atem zu verraten.
Vollkommen unlogisch, sicher, aber sie konnte es nicht unterdrücken und fuhr erschrocken zusammen, als wieder ein Donner das Haus erschütterte.
Sie duckte sich reflexartig und dann blitzte es auch schon und endlich konnte Arenja etwas erkennen, wurde der Boden durch die Dachfenster für einen Moment taghell erleuchtet.
Es dauerte nur einige Sekunden bis es wieder donnerte, mittlerweile schien das Gewitter gefühlt genau über dem Haus zu stehen, denn fast im selben Moment zuckte auch schon ein heller Blitz.
Arenja hatte nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, sich halbwegs zu orientieren, denn natürlich sah es auch hier ganz anders aus, als sie es gewohnt war.
Rechts von ihr war eine große, freie Fläche, sie erkannte gespannte Wäscheleinen beim zweiten Blitz, links standen Möbel dicht an dicht, Kisten und Koffer, teilweise geöffnet und der Inhalt stapelte sich davor auf dem Boden.
Da wäre kein wirkliches Durchkommen, vermutete sie und wartete auf einen weiteren Blitz und richtete ihre Aufmerksamkeit nach vorne. Auch da standen Möbel, ein altes Sofa, zwei Sessel, Tische, jede Menge Kisten und hinter all dem konnte sie das große, runde Bleiglasfenster im Giebel des Hauses erkennen.
Arenja wusste, da war der große Schornstein, der zum Kamin in der Bibliothek gehörte und dort gab es eine Nische, groß genug um sich darin zu verstecken.
Sie hoffte, das es ihr ein klein wenig Zeit verschaffen würde, sich dort zu verbergen und nach einer besseren Lösung zu suchen.
Es blitzte, Arenja rannte los, wollte so viel vom grellen Sekundenlicht nutzen, wie es ging und schlängelte sich eilig durch die Hindernisse.
Stieß sich den nackten Fuß an einer der Kisten, doch tapfer unterdrückte sie den Schmerz und auch den leisen Fluch, denn hinter ihr flog die Dachbodentür mit Karacho gegen die Wand.
Sie duckte sich geistesgegenwärtig zur Seite weg, lauschte kurz, hörte wie Friedrich herein stürmte und krabbelte auf allen Vieren weiter, jedes Geräusch vermeidend.
Sie fand die Nische und atmete erleichtert auf, kroch hinein und kauerte sich zusammen. Mit angehaltenem Atem lauschte sie, wo war er? Knarrte nicht hier und da der Boden oder wurde leise ein beschuhter Fuß aufgesetzt?
Arenja war sich nicht sicher, denn ihr Herz schlug viel zu laut und mittlerweile blitzte es nahezu ununterbrochen und auch die Donner rollten fast nahtlos über das Haus hinweg.
Wenn er doch bloß keine Waffe hätte, vielleicht könnte man dann mit ihm reden und Arenja überlegte fieberhaft, wie sie ihn von seiner Pistole trennen könnte.
Und plötzlich schlich er im Blitzlicht an ihrer Nische vorbei, den Arm mit der Pistole weit ausgestreckt, den Blick konzentriert nach vorne gerichtet und Arenja spürte instinktiv, dies wäre die einzige Gelegenheit ihn auch nur Ansatzweise zu überrumpeln.
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, spannte sich an, schoss aus der Nische hervor und sprang ihn an.
Friedrich taumelte kurz, sie hatte ihn tatsächlich überrascht und bevor er sich fangen konnte, hängte sie sich schwer an seinen Waffenarm.
Wütend und auch überrascht schrie er auf, versuchte sie abzuschütteln, doch Arenja krallte sich förmlich an ihm fest, biss in seinen Arm und kämpfte im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben.
Doch auch Friedrich fürchtete um sein Leben und obwohl er schon hoch in den Sechzigern war, war er kräftig und geschickt und auch seine militärischen Erfahrungen kamen ihm wohl zugute, denn er schaffte es schließlich, Arenja abzuschütteln.
Unsanft landete sie auf ihrem Hintern und starrte zu Friedrich empor, der sichtlich außer Atem seine Hände auf den Knien abstützte und nach Luft rang.
"Jetzt! Du hast eine zweite Chance, er ist abgelenkt, atemlos! Los, hopp, mach schon!" Arenja feuerte sich selber an, flüsternd, mit dem Mut der Verzweiflung und just in dem Moment, als Friedrich sich aufrichtete, stürzte sie sich wieder auf ihn.
Sie prallten aufeinander, knurrend, keuchend und während über ihnen Donner und Blitz wüteten, der Regen endlich einsetzte und in Sturzbächen vom HImmel prasselte, rangen die beiden verbissen miteinander.
Mal schien es, als könnte Friedrich Arenja abschütteln, dann wieder, dass sie ihm die Pistole entwinden könnte.
Der Kampf wogte endlos hin und her, so schien es jedenfalls den beiden und keiner von ihnen war bereit aufzugeben, als wie aus dem Nichts Alfred erschien, das doppelläufige Gewehr im Anschlag und brüllte, sie sollten aufhören.
Friedrich und Arenja verharrten für einen winzigen Augenblick, bevor sie wieder aneinander zerrten.
Und dann krachte ein Schuß, die beiden erstarrten, Alfred brüllte: “Zurück” und “Weg da” und schließlich “Oh Gott, Herr Graf, nein”, als dieser langsam in die Knie brach und nach vorne kippte.
Schwer fiel er gegen Arenja, die sich eh kaum noch auf den Beinen halten konnte und rückwärts taumelte.
Die Hände weit vorgestreckt und mit entsetzt aufgerissenen Augen starrte sie auf die von Blitzen erleuchtete Szene vor sich.
Der Graf am Boden, erschossen vom fassungslosen Alfred, der noch immer auf sie zielte und dann stolperte sie über irgendetwas, was hinter ihr am Boden lag.
Sie verlor jeglichen Halt, prallte gegen das Bleiglasfenster, es zerbrach und mit einem verzweifelten Aufschrei stürzte Arenja in die Tiefe.
So viel Regen, war das Letzte, was sie dachte…
Wasser spritzte ihr ins Gesicht, es fühlte sich an, als würde man nach ihr greifen, sie rütteln und langsam aber sicher drangen Stimmen in ihr Unterbewußtsein, die sie beim Namen riefen.
Was war das, was wollten die?
Sie wollte doch einfach nur ihre Ruhe haben. Doch das Rütteln und Rufen hörte nicht auf, rissen sie immer wieder aus der wohltuenden Dunkelheit, durch die sie trieb.
Mit einem unwilligen Knurrend öffnete sie schließlich die Augen, nur um sie gleich wieder geblendet zu schließen.
Sie hatte das Gefühl, in gleißendes Licht getaucht zu sein, in ihrem Kopf hämmerte es, ihr Rücken schmerzte.
Wieder rief man sie beim Namen, war das Sleipniras Stimme?
Arenja krauste unwillkürlich die Stirn, Sleipnira, aber wie konnte das sein, sie war doch…?
Und dann brach die Erinnerung über sie herein, sie riss die Augen auf, schnellte dann so unvermittelt hoch, saß kerzengerade mitten in ihrem Bett, das Sleipnira und LastDragonofoldtimes erschrocken aufschrieen und ein Stück vor ihr zurück wichen.
Die Drei starrten sich für einen Moment sprachlos an und während Arenja vollkommen verwirrt war, lachte LastDragonofoldtimes erleichtert los und Sleipnira schnaubte ein wenig mürrisch, wenn auch erleichtert: “Na hab ich doch gesagt, sie schläft nur tief und fest.”
Arenjas Gedanken überschlugen sich schmerzhaft in ihrem Kopf, hatte sie wirklich nur geschlafen? Das alles nur geträumt? Konnte das wirklich sein? Es hatte sich alles so real angefühlt, die Reise in der Zeit, die Kinder und dann, oh Gott, der Schuss….und Friedrich!
"Scheiße!"
Sie stieß heftig die Luft aus und Sleipnira und LastDragonofoldtimes, die in eine intensive Diskussion darüber vertieft waren, ob Arenja wirklich nur geschlafen hätte, sahen sie erstaunt an.
"Wie bitte?", fragte sie fast gleichzeitig und "Wer, bitte?", als Arenja atemlos nach Friedrich fragte.
"Na Friedrich, ich habe doch mit ihm…auf dem Dachboden…und dann das Fenster… ", ihre Worte überschlugen sich förmlich, sie konnte gar nicht so schnell sprechen, wie es aus hier hervor sprudeln wollte und hektisch fing sie an, mit den Händen durch die Luft zu wedeln.
Dann fiel ihr Blick auf ihre Hände und Arme und Arenja fing an zu schreien, das es Sleipnira und LastDragonofoldtimes durch Mark und Bein fuhr.
Was war denn jetzt los? Wovon redete Arenja denn da nur und als ihre Freundin mit entsetzten Schreien an das Kopfende ihres Bettes zurück wich, war es Sleipnira die sie beherzt an den Schultern packte und energisch schüttelte.
"Arenja, komm zu Dir! Es ist ja gut, alles ist gut, verstanden? Es ist alles in Ordnung, hörst Du?"
Arenja war fassungslos, war Sleipnira denn blind?
Und statt sich zu beruhigen reckte sie der Hexe ihre Hände entgegen, schrie sie mit sich überschlagender Stimme an: "Wie kannst Du das nur sagen? Wie kannst Du sagen, es ist alles in Ordnung, wenn meine Hände…meine Klamotten voller Blut sind. Wie?"
LastDragonofoldtimes gab ein hohes Quietschen von sich: "Das ist doch Blut? Aber Du hast gesagt es kommt von der Salbe. Seid ihr beide komplett verrückt, oder was?"
Arenja stutzte, war bei aller Panik dann so erleichtert, LastDragonofoldtimes sah es also auch, sie war nicht verrückt.
"Da hörst Du es, LastDragonofoldtimes sieht es auch" und zeigte auf LastDragonofoldtimes die nachdrücklich mit den Kopf nickte.
Die beiden bestürmten nun gleichzeitig die arme Sleipnira, die sich trotz aller Mühe kein Gehör verschaffen konnte und die schließlich zum äußersten Mittel griff und einen ihrer berüchtigten Knallfrösche zündete.
Es knallte und zischte und bunte Funken stoben umher und LastDragonofoldtimes und Arenja verstummten erschrocken.
"Jetzt haltet doch einfach mal Eure Klappe, verflixt nochmal", wetterte sie und fuhr, sich jeden Mucks verbittend, mit den Händen durch die Luft.
Mit schmalen Augen sah sie die beiden an, schnalzte leise warnend mit der Zunge und Arenja schloss wieder den Mund.
Es herrschte nun endlich Stille, wenn auch eine angespannte und Sleipnira atmete einmal tief durch.
"Okay, hört mir jetzt einfach bitte zu, wir reden danach, versprochen."
Als erstes entschuldigte sie sich bei Arenja, denn sie hatte ihr am Morgen die falsche Salbe in die Hand gedrückt.
Die war eigentlich für LastDragonofoldtimes bestimmt, die damit ihre silbernen Drachenschuppen pflegte und somit völlig ungeeignet für zarte Menschenhaut war.
Sie hatte es erst bemerkt, als LastDragonofoldtimes am Abend zu ihr kam und ebenfalls nach ihrer Salbe fragte.
Zuerst dachte Sleipnira sie hätte das Töpfchen verlegt, doch dann fiel ihr siedend heiß ein, was passiert sein musste und sie hatte LastDragonofoldtimes beim Arm gepackt und sie mit in Arenjas Zimmer geschleppt.
Unterwegs erklärte sie ihr in kurzen Worten was sie vermutete und dann standen sie auch schon vor Arenjas Bett und LastDragonofoldtimes hatte erschrocken auf die befleckte Tunika und Arenjas verschmierten Hände gezeigt.
Doch Sleipnira hatte abgewunken und ihr erklärt, was das zu bedeuten hätte.
Hier stoppte Sleipnira ihre Erzählungen und lächelte Arenja um Verzeihung bittend an: "Es tut mir wirklich furchtbar leid, was Du heute alles durchmachen musstest. Das "Blut" überall ist die Salbe die mit der schwülen Hitze, dem Schweiß auf deiner Haut und mit deinem Duschgel reagiert hat, da sind Rosmarin drin, ich habe nachgeschaut.
Du warst heute auch mega empfindlich und furchtbar schlecht gelaunt, hab ich Recht? Das kommt auch von der Salbe, die ist eben für Drachen und nicht für Menschen. Am heftigsten, wie es scheint, hat wohl deine Fähigkeiten zur Schlafteleportion auf die Salbe reagiert, eure Magie verträgt sich nicht und wir haben dich kaum wach bekommen Auch dein Albtraum hat damit zu tun.
Wie gesagt Menschen sind keine Drachen und Hexen sollten nur konzentriert ihre Salben und Tränke verteilen."
Sie holte tief Luft und nahm Arenja bei den befleckten Händen: "Allerliebste Arenja, kannst du mir noch einmal verzeihen? Es kommt auch nie wieder vor, ich schwöre es! Bitte", fügte sie mit einem lieben Lächeln hinzu und Arenja, deren Augen immer größer geworden waren bei Sleipniras Erklärung und in deren Kopf sich alles, wenn auch nur zögerlich, zu einem großen, logischen Ganzen zusammen setzte, nickte langsam mit dem Kopf.
Du meine Güte, sollte es sich so einfach auflösen, war das alles gar nicht passiert und nur eine doofe…Allergie?
Oh Gott, es klang so logisch und sie wollte es auch so unbedingt glauben, fühlte es sich so befreiend an, das sie nun entschlossen nickte.
Natürlich verzieh sie Sleipnira, Hauptsache der Spuk war vorbei und sie lachte erleichtert auf: "Ja, Ja, Ja! Ja klar verzeih ich Dir. Mein Gott, ich bin so erleichtert, ich dachte wirklich meine letzte Stunde hätte geschlagen. Komm her Du…"
Lachend zog sie die ebenfalls erleichterte Sleipnira in ihre Arme, sie drückten sich innig und zogen zum Schluss auch die gerührte LastDragonofoldtimes mit in ihre Umarmung.
Arenja fühlte sich erlöst und hatte jetzt nur noch den Wunsch sich zu duschen und frische Klamotten anzuziehen und sie wollte, sie MUSSTE unbedingt ihren Albtraum erzählen, er musste einfach laut ausgesprochen werden, um seinen düsteren Bann zu brechen.
Sie bat also die beiden zu warten, sie versprachen es nur zu gerne und Arenja verschwand im Bad.
Sie riß sich förmlich die Kleider vom Leib und drehte die Dusche voll auf, spülte Schweiß und Angst und die verflixte Salbe von ihrem Körper und ihren Händen und es fühlte sich einfach nur gut an.
Erfrischt und im bequemen Schlafshirt gestellte sie sich zu ihren Freundinnen und sie hockten sich dicht beieinander auf Arenjas Bett und dann redete sie sich das Erlebte gründlich von der Seele.
Sie beschrieb alles so genau wie möglich, wollte nichts davon in ihrem Kopf behalten und LastDragonofoldtimes und Sleipnira hörten ihr aufmerksam und atemlos zu und LastDragonofoldtimes ergriff sogar tröstend ihre Hand und versicherte ihr, sie hätte diesem Friedrich die Hölle heiß gemacht.
Es herrschte langes Schweigen, als Arenja endlich fertig war und erst jetzt bemerkten die Drei, das ein neuer Tag vor den mittlerweile weit geöffneten Fenstern heraufzog.
Schließlich umarmte Sleipnira Arenja erneut und flüsterte ihr bewegt ins Ohr: "Es tut mir von Herzen leid, verzeih."
"Es ist ja alles gut gegangen, ich bin hier, es geht mir gut und ich hab auch meine Möbel wieder", flüsterte Arenja zurück und ein kleiner Scherz musste jetzt einfach sein, denn sonst würde sicher einer weinen.
Sleipnira nickte dankbar, dann sah sie LastDragonofoldtimes an: "Komm, wir sollten gehen, ich glaube wir müssen das alle ersteinmal sacken lassen, bevor wir weiter darüber reden und ich denke, wir können außerdem alle eine Mütze voll Schlaf gebrauchen."
LastDragonofoldtimes nickte zustimmend und erhob sich, Sleipnira und sie wünschten Arenja eine gute Nacht und verließen ihr Zimmer.
Arenja streckte sich auf ihrem Bett aus, sie horchte in sich hinein, so ganz war sie natürlich noch nicht durch damit, aber sie hatte Sleipnira und Lastdragonofoldtimes, sie konnte jederzeit mit ihnen reden und dieser Gedanke beruhigte sie sehr.
Sie rollte sich auf die Seite und es dauerte keine zwei Atemzüge und sie schlief ein, tief und fest und traumlos.
Sie erwachte erst gegen Mittag, dieser Tag war genauso heiß und schwül wie der Vergangene, doch heute konnte sie ihr erfrischendes Fußbad mit Cylis genießen, freute sich am blühenden Garten und auch das neue Töpfchen mit Salbe war nun das richtige und verschaffte ihr rasch Linderung.
Ohne rote Flecken, wie sie zufrieden feststellte und Sleipnira hatte sogar eine logische Erklärung parat, warum sich gestern erst am Abend die Flecken gezeigt hatten, obwohl sie die Salbe mehrmals tagsüber aufgetragen hatte.
"Ich habe gesehen, du hast zwei Duschgel, eins mit Lavendel und eines mit Rosmarin. Du musst am Morgen mit Lavendel geduscht haben, ich hab's gerochen, als Du bei mir am Hexenkessel gestanden hast. Lavendel verträgt sich mit allem, aber Rosmarin…das ist ein zickiges Kraut."
Sleipnira hatte Arenja zugezwinkert: "...und wahrscheinlich hast Du dann vor dem Schlafen gehen reichlich von der Salbe genommen, was soll ich sagen, es war alles eine Verkettung unglückseliger Ereignisse."
Arenja hatte bedächtig genickt, das machte durchaus Sinn und je länger sie mit den beiden darüber sprach, desto mehr befreite sie es und als am Samstag die Grillparty statt fand und LastDragonofoldtimes die herrlichsten Dinge mit ihrem Drachenfeuer brutzelte, da war das ganze zu einer unangenehmen Erinnerung zusammengeschrumpft.
Sie hatten es den anderen nicht erzählt und so konnte Arenja ganz entspannt unter ihnen sitzen und sich amüsieren.
Irgendwann ging sie ins Haus, nach der mega Hitze der letzten Tage war es heute Abend sehr angenehm, seidige Luft und ein sternenklarer Himmel machten den Abend perfekt, es fehlte lediglich ein wenig leise Musik.
Sie stand im Wohnzimmer, die Terrassentüren standen weit offen und man konnte im Garten die Lampions und Fackeln brennen sehen. Arenja hörte ihre Mitbewohner leise lachen, während sie nach einer geeigneten Playlist auf ihrem Laptop suchte.
Fuyukko zischte herein und verschwand mit einem Kichern durch das Regal an der Wand in den nächsten Raum.
Sie hatte soviel Schwung, das eines der alten Bücher aus dem Regal zu Boden fiel. Arenja ging hinüber um es aufzuheben, eher beiläufig las sie den goldenen, verschnörkelten Aufdruck:
"Familienbibel derer von Münkelberg"
Münkelberg? Arenja spürte wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Echt jetzt?
Münkelberg?
Sie zögerte einen Augenblick, vielleicht hatte sie irgendwann schon einmal diese Bibel in der Hand gehalten, den Namen gelesen und hatte es unterbewusst in ihrem Traum verknüpft?
Doch sie glaubte das nicht wirklich und blätterte schließlich hastig die dünnen Seiten um, bis sie auf die Familieneintragungen stieß. Geburten, Taufen, Hochzeiten, Todesfälle, alles hatte man sorgfältig eingetragen.
Sie hatte mit Lastdragonofoldtimes überlegt, zu welcher Zeit sie wohl meinte aufgewacht zu sein, sie hatten ein bisschen recherchiert und sich schließlich auf Anfang 1900 festgelegt, einfach nur so, anhand der Möbel und der Kleidung.
Okay, 1900, Arenja blätterte nun langsamer, fand Einträge aus dieser Zeit, die Geburt eines Carl-Ferdinand, 1904, sein Bruder ein Jahr später und im Jahr darauf, Zwillingsschwestern.
Arenja stockte der Atem, glasklar standen ihr wieder die vier Kindern vor Augen, zwei Jungs, zwei Mädchen, Zwillinge und ihr lief ein Schauer über den Rücken.
Sollte es tatsächlich…?
Mit zitternden Fingern fuhr sie die nächste Zeile entlang, als Eltern waren dort Edeltraud und Carl-Friedrich von Münkelberg eingetragen.
"F***", entfuhr es Arenja leise, jetzt wollte sie es wissen, blätterte um und …doch da war Nichts. Kein Eintrag mehr. Nichts über Friedrich, wann oder wie er gestorben, oder was aus seiner Familie geworden war.
Auch die nächsten Seiten waren leer, erst nach Ende des 1. Weltkrieges hatte man wieder mit Eintragungen begonnen.
Ihr war eiskalt und obwohl sie sich geschworen hatte, das niemals zu tun, nahm sie ihren Laptop und gab mit steifen Fingern Friedrichs Namen in der Suchmaschine ein.
1066 Einträge, die meisten natürlich Namensvettern und der gleichen, doch dann entdeckte sie sein Porträt, sie klickte es wie unter Zwang an, fand seine Familienchronik, las, das er in diesem Haus gelebt hatte, das er auf tragische Weise ums Leben gekommen war und das seine Frau und auch die Kinder dem Wahnsinn verfallen waren.
Sie fand einen Zeitungsartikel mit der reißerischer Überschrift:
"Graf v. Münkelberg von Dämon getötet?!"
Es folgte ein Abriss über die Ereignisse des Abends, man hatte Musik auf dem neuen Grammophon gehört, sich gut unterhalten und amüsiert, bis die Kinder im ersten Stock zu schreien anfingen.
Die Mutter war als erste hinauf gestürmt und hatte sich Auge in Auge mit einer schrecklichen Kreatur gefunden.
Einer Kreatur mit leuchtend grünen Augen, blauen, wirren Haaren, in einem weißen Gewand voller blutiger Flecken, die krallenartigen Hände blutverschmiert, barfuß und völlig von Sinnen…
Arenja rauschte das Blut in den Ohren, sie wagte kaum den Blick weiter zu senken, auf die Zeichnung, die nach Aussagen der Ehefrau und der beiden Hausangestellten gefertigt worden war…
Es war nur eine Kohlezeichnung, natürlich, doch sie war so detailliert angefertigt, dass es sich anfühlte, als würde sich Arenja tatsächlich selbst in die weit aufgerissenen Augen starren, als sie schließlich doch hinab sah.
Sie glaubte in der Zeichnung die Augen eines verängstigten Mädchens zu erkennen, hatte es denn sonst niemand bemerkt, oder waren es tatsächlich die Augen eines bösartigen Dämons…
Ihr Lieben,
Ich hoffe es kommt genügend Sommersonnenschein vor und ich habe mich nicht dazu hinreißen lassen, komplett am Thema vorbei zu schreiben.
Ich hoffe es gefällt euch ein bisschen und sollte ich tatsächlich die große Ehre haben einen Platz zu belegen, dann wünsche ich mir, nach langer schwerer Wahl, den Buchrücken mit den hübschen Fischen. Bitte ^^
LG, Miss Muffin
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