Shit happens!
von SandroAla
Kurzbeschreibung
Eine Autofahrt kann ganz schön unterhaltsam oder auch nervig sein ... vor allem, Autofahrten mit der Familie! Das stelle ich auf der beschriebenen Fahrt erneut fest und vielleicht findet sich auch noch der eine oder andere in der Erzählung wieder!?
KurzgeschichteHumor, Familie / P6 / Gen
29.05.2023
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Ich schwitze, die Sonne brennt unbarmherzig durch die Windschutzscheibe unseres Vans. Die Klimaanlage darf ich nicht anmachen. Sagt meine Frau. Wegen der Kinder. Damit sie nicht krank werden.
Das nächste Auto hat nur vier Räder, Lenkrad und einen Radio. Mehr braucht ein Auto nicht. Von A nach B kommen. Komfort? Nicht so wichtig, für die kurzen Strecken. Alles nur unnötiger Luxus, den man in Zeiten wie diesen gar nicht bräuchte. Man könne das Geld besser investieren. Sagt meine Frau.
„Ein Auto braucht nur viele Ablagefächer“, damit sie alles verstauen kann: Taschentücher, Haarbürste und Haarklammer, Geldbörse, Taschenspiegel, Handyladekabel, Sonnenbrillen … fünf, für jedes Outfit eine. Die entwerteten Parkscheine, Münzen für die Einkaufswägen, Bonbons, Kaugummis haben auch ihren eigenen Platz. Zwei Sorten: Minze und Kirsche. Zuckerfrei natürlich! Wegen der Kinder sagt meine Frau.
„Freiheit für Krimskrams!“, könnte der Slogan für unser Auto sein. Wenn es mich stört, könne ich ja das Auto reinigen. Sagt meine Frau.
Möglichst unbemerkt öffne ich das Fenster einen Spalt und bereue es sofort, weil man es ja hört. Und meine Frau hört alles, sogar meine Gedanken hört sie. Weil sie immer weiß, was ich sagen will … was ich „eigentlich“ sagen will, damit sie zufrieden ist! Der Wind hebt die Geräuschkulisse im Inneren unseres Family-Vans abrupt an. Ich Idiot! Was habe ich mir nur gedacht? Bei 100 km/h auf der Autobahn! Schneller darf ich ohnehin nicht fahren. Sagt meine Frau. Wegen der Kinder. Wenn sie wüsste!
„Kannst du wieder schließen? Es zieht und wir wollen ja nicht krank werden, oder?“. Meine Frau blickt mich herausfordernd an.
„Hm?“, frage ich ganz unbeteiligt. In der Hoffnung es aussitzen zu können.
„Fenster!“ Sie schaut mich vorwurfsvoll an.
„Was ist damit?“
„Zumachen?“
Ich seufze. „Mir ist aber heiß. Ich schwitze schon, das Shirt ist schon ganz nass am Rücken“, versuche ich sie zu überreden.
Sie schaut mich an, belehrend. Oh! Frau „Klassenvorstand“ hat den Raum betreten. „Dann hast du einen weiteren Grund, es zu schließen.“ Sie war schon immer ein Klugscheißer.
Ich resigniere, schließe das Fenster. „Woapp“. Zu! Es wird wieder leiser im Auto. „Backe, backe Kuchen dröhnt es aus dem Hi-Tech-Soundsystem, Surround-Modus. War in einem Ausstattungspaket mit dabei. Schade um die Technik für diese Musik. Zu viel Hi-Tech-Schnickschnack sagt meine Frau.
„Ist noch weit?“ tönt es von der zweiten Sitzreihe. „Mama, sind wir schon bald da?“ Nils wird ungeduldig.
Meine Frau schaut mich vorwurfsvoll an. Fragend. Als würde sie sagen wollen: “Du bist schuld, dass wir so lange unterwegs sind!“, nur weil ich die Reiseroute nicht geplant hatte. Ich bin ein Cowboy, der in den Sonnenuntergang reiten möchte. Ohne bestimmtes Ziel. Ich bin ein Wassermann, nirgends zu Hause und immer on Tour.
Ich beantworte also die Frage: „Gleich Nils. Nicht mehr lange, okay?“
„Wie lange ist >nicht mehr lange< Papa?“ will Fabi, meine Tochter wissen. Zum Glück ist sie ein bisschen so wie ich. „Ich muss mal pipi machen!“.
„Papa fährt gleich rechts ran, Fabi!“, bestimmt meine Frau. „Das machst du doch, oder?“. Was wie eine Frage rüberkommt, ist eigentlich eine Aufforderung. Der Begriff „Befehl“ wäre falsch, weil … Cowboy … Sonnenuntergang … Abenteuer! Ich lasse mir nichts befehlen. Glaube ich zumindest, bis ich ihren Blick sehe. Man(n) soll sich die Frau erst fix nehmen, wenn man(n) ihre Mutter kennengelernt hat. Hört man(n) immer wieder, aber ich, der Wassermann … was brauche ich diese Ratschläge? Ich erfinde die Welt selbst neu! Auch wenn ich es nicht kann, wie meine Frau immer sagt.
Weil ich nett bin und Großherzigkeit und Güte besitze, antworte ich: „Natürlich mache ich das. Wollte ich gerade selbst vorschlagen“. Das unsichere „Oder?“, welches meiner Frau gegolten hätte, lass ich weg. Wie sieht das denn vor den Kindern aus? Als ob die Frau die Hosen anhätte. Pah!
„Papa, ich habe Durst!“ Nils. Klar!
Ich weiß was nun kommt. „Ich auch!“. Fabi. Logisch!
Moment … geht gleich weiter … „Papa, ich habe Hunger!“. Nils. Wer sonst?
Ihr habt es bestimmt schon erraten! „Mama, ich will auch was!“. Fabi. Hab’s gewusst!
Immer der gleiche Ablauf. Täglich grüßt das Murmeltier! Wäre mir lieber, wenn Nils schlafen würde. „Nils, komm schon …“. Er beginnt zu weinen. Na super, läuft ja wieder!
„… musst du Nils gleich anfliegen? Schau, jetzt weint er“, meckert meine Frau.
Und zu Nils: „Papa hat es nicht so gemeint, mein Schatz!“
„Was hat Nils?“, will Fabi wissen. Legt ihr Bilderbuch zu Seite. Legen? Sie lässt es einfach fallen.
„Nils ist müde“, antwortet ihr meine Frau.
Und zu mir: „Siehst du, was du angestellt hast?“.
Ich? Ich habe gar nichts gemacht! Ich verzichte aber auf lauten Protest, bringt eh nichts.
Obwohl ich das Gekreische höre und Fabis strampelnden Füße in meinem Rücken spüre, werfe ich einen neugierigen Blick in den Rückspiegel. Um Nils besser zu sehen. Dazu muss ich mich etwas aufrichten. Das wird sofort mit einem „Was machst du? Schau doch auf die Straße“, von dem Bösen neben mir … ähm … von meiner Frau gerügt. „Du bist immer so unvorsichtig! Ist meiner Mama übrigens letztens auch aufgefallen“.
Schwiegermutter? Die kann mich mal kreuzweise, dieser Drachen. Natürlich sage ich das nicht. Aber nicht, weil ich feig bin, sondern einfach, weil ich jetzt nicht will. „Oh, das tut mir leid. Das nächste Mal fahre ich vorsichtiger und langsamer“. Weil so kann ich sie kontrollierter aus dem fahrenden Auto werfen. Auch das sage ich nicht!
„Ja bitte, denn ich muss mir immer das Geläster und die Meckerei anhören. Das ist so mühsam. Du weißt nicht, wie das ist, wenn man nur bevormundet und kritisiert wird“. Genervt blickt sie mich an.
Ich denke mir bloß „Willkommen in meiner Welt!“, sage aber nichts. Erwidere den Blick kurz, quasi zur Bestätigung. Lieber würde ich ihren Blick nachäffen. Aber wir Cowboys machen das nicht. Wir bleiben cool, kauen am Kautabak und spucken den damit braungefärbten Speichel in einen Eimer.
In der Zwischenzeit wurde bereits vergessen, dass Nils Durst hat. Sogar er selbst scheinbar.
„Da!!“. Meine Frau kreischt hysterisch, krallt sich am Armaturenbrett fest. Werde sie wohl nach der Fahrt aus dem Auto schneiden müssen.
„Was?“. Ich bin irritiert. DA ist ja nichts. Drei Autos zweihundert Meter vor mir. Hinter mir niemand, was mich bei unserer Geschwindigkeit auch nicht wundert. Es fühlt sich übrigens scheiße an, der Vorderste in einem Stau zu sein! Nach vorne freie Sicht und von hinten geblendet, von den nervös auf- und abblendenten Fernlichtern. Wie in der Disco, in der Nacht noch intensiver.
Frau faucht mich an: „Na da!“. Sie zeigt auf die drei Autos vor mir. „Siehst du nicht, dass der eine überholt? Du fährst viel zu knapp auf!“. Ich mach das angeblich immer … sagt meine Frau.
„Ich fahr da rechts ran, okay? Passt das, der Parkplatz?“. Immer ganz der gute Ehemann.
Wie zur Bestätigung kommt von Fabi: „Mamaaaaa, ich muss pipi!“
„Papa, was hat Fabi?“ will Nils wissen. „Ich mag das auch!“. Tja, mein Sohnemann …
„Ja, fahr da ran“, gestattet … ähm… bestätigt meine Frau.
„Fabi muss pipi, Nils“, antworte ich ruhig, die Nerven aber kurz vom Zerreißen.
„Oh!“ kommt es von Nils zurück. „Ich muss auch!“. Nils beginnt wieder zu weinen.
Frau blickt böse. „Musstest du das sagen, dass Fabi pipi muss?“. Sie schüttelt genervt den Kopf, sieht beim Fenster auf ihrer Seite hinaus. Bockig. Ihr Dutt sieht aber sexy aus, stelle ich fest.
Ich versuche zu beruhigen. Kalmieren, sagt meine Frau dazu. Ich bin der Diplomat in unserer Familie … Berater, Psychologe, Laufbursche, Bob der Baumeister, Kummerkübel und für die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes, „the Motherfucker“. Aber zum Glück sind sie noch zu klein dafür, die Pubertät noch Lichtjahre entfernt. Hoffentlich! Und sie können ohnehin nicht Englisch. Das auch, zum Glück. „Hey, meine Mäuse. Wir sind gleich da, okay?“.
„Mamaaaa! Ich muuuuss!“. Fabi räkelt sich im Kindersitz. Nils brüllt mittlerweile! Frau ist angepisst!
Ich setze den Blinker, fahre auf den Pannenstreifen. Bremse. Schau auf die Uhr und fauche: „Wir sind gerade mal dreizehn Minuten unterwegs, vier Minuten auf der Autobahn! Wollt ihr mich verarschen? Ich lass euch alle aussteigen und Papa fährt alleine in den Freizeitpark!“.
Das hat gesessen. Nils verstummt. Fabis‘ Augen werden riesengroß. „Mama, macht das Papa wirklich?“, will sie wissen.
Frau schaut mich erschrocken an. Ich antworte: „Ja!“.
Nils brüllt wieder. Fabi beginnt zu weinen. Frau schnaubt wie eine feuerwerfender Drache. „Nein, das hat er nicht so gemeint, meine zwei Süßen. Papa hat nur schlecht geschlafen!“. Sie schaut mich durchdringend an. Ich spüre ihren Zorn förmlich, aber es ist mir jetzt egal.
Ich habe es so gemeint. „Doch, ich meine es ernst!“.
Nils brüllt weiter, Fabi brüllt, Frau zeigt mir den Scheibenwischer. Ich werde in diesem Moment ohne Waffen und wortlos getötet. „Du bist so ein Arsch!“. Frau steigt aus, knallt die Autotür zu.
Die Kinder verstummen, sind erschrocken. „Was hat Mama?“. fragt Fabi besorgt.
„Nichts … nur schlecht geschlafen, Fabi. Nur schlecht geschlafen“, … und ihre Tage, setze ich stumm fort. Ich steige auch aus und öffne die hintere Tür, hebe Fabi aus ihrem Sitz und sage: „Na komm, los … du musstest doch Pipi!“.
„Ich muss auch Papa“, meldet sich Nils.
„Moment, mein Kleiner. Mama nimmt dich gleich“, antworte ich und werfe meiner Frau einen unmissverständlichen und auffordernden Blick zu. Deute mit dem Kopf Richtung Nils.
Fabi umarmt mich ganz fest. „Ich muss doch nicht mehr, Papa“. Sie legt ihren Kopf in meine Halsbeuge. „Aber ich habe Kacka müssen!“ … und ich kann es zur Bestätigung auch riechen.
„Fabi, warum sagst du denn nichts?“, frage ich vorwurfsvoll. „Aber macht nichts, kann passieren“, beruhige ich sie.
Man kann nun eh nichts mehr machen, denke ich mir. Shit happens!
Das nächste Auto hat nur vier Räder, Lenkrad und einen Radio. Mehr braucht ein Auto nicht. Von A nach B kommen. Komfort? Nicht so wichtig, für die kurzen Strecken. Alles nur unnötiger Luxus, den man in Zeiten wie diesen gar nicht bräuchte. Man könne das Geld besser investieren. Sagt meine Frau.
„Ein Auto braucht nur viele Ablagefächer“, damit sie alles verstauen kann: Taschentücher, Haarbürste und Haarklammer, Geldbörse, Taschenspiegel, Handyladekabel, Sonnenbrillen … fünf, für jedes Outfit eine. Die entwerteten Parkscheine, Münzen für die Einkaufswägen, Bonbons, Kaugummis haben auch ihren eigenen Platz. Zwei Sorten: Minze und Kirsche. Zuckerfrei natürlich! Wegen der Kinder sagt meine Frau.
„Freiheit für Krimskrams!“, könnte der Slogan für unser Auto sein. Wenn es mich stört, könne ich ja das Auto reinigen. Sagt meine Frau.
Möglichst unbemerkt öffne ich das Fenster einen Spalt und bereue es sofort, weil man es ja hört. Und meine Frau hört alles, sogar meine Gedanken hört sie. Weil sie immer weiß, was ich sagen will … was ich „eigentlich“ sagen will, damit sie zufrieden ist! Der Wind hebt die Geräuschkulisse im Inneren unseres Family-Vans abrupt an. Ich Idiot! Was habe ich mir nur gedacht? Bei 100 km/h auf der Autobahn! Schneller darf ich ohnehin nicht fahren. Sagt meine Frau. Wegen der Kinder. Wenn sie wüsste!
„Kannst du wieder schließen? Es zieht und wir wollen ja nicht krank werden, oder?“. Meine Frau blickt mich herausfordernd an.
„Hm?“, frage ich ganz unbeteiligt. In der Hoffnung es aussitzen zu können.
„Fenster!“ Sie schaut mich vorwurfsvoll an.
„Was ist damit?“
„Zumachen?“
Ich seufze. „Mir ist aber heiß. Ich schwitze schon, das Shirt ist schon ganz nass am Rücken“, versuche ich sie zu überreden.
Sie schaut mich an, belehrend. Oh! Frau „Klassenvorstand“ hat den Raum betreten. „Dann hast du einen weiteren Grund, es zu schließen.“ Sie war schon immer ein Klugscheißer.
Ich resigniere, schließe das Fenster. „Woapp“. Zu! Es wird wieder leiser im Auto. „Backe, backe Kuchen dröhnt es aus dem Hi-Tech-Soundsystem, Surround-Modus. War in einem Ausstattungspaket mit dabei. Schade um die Technik für diese Musik. Zu viel Hi-Tech-Schnickschnack sagt meine Frau.
„Ist noch weit?“ tönt es von der zweiten Sitzreihe. „Mama, sind wir schon bald da?“ Nils wird ungeduldig.
Meine Frau schaut mich vorwurfsvoll an. Fragend. Als würde sie sagen wollen: “Du bist schuld, dass wir so lange unterwegs sind!“, nur weil ich die Reiseroute nicht geplant hatte. Ich bin ein Cowboy, der in den Sonnenuntergang reiten möchte. Ohne bestimmtes Ziel. Ich bin ein Wassermann, nirgends zu Hause und immer on Tour.
Ich beantworte also die Frage: „Gleich Nils. Nicht mehr lange, okay?“
„Wie lange ist >nicht mehr lange< Papa?“ will Fabi, meine Tochter wissen. Zum Glück ist sie ein bisschen so wie ich. „Ich muss mal pipi machen!“.
„Papa fährt gleich rechts ran, Fabi!“, bestimmt meine Frau. „Das machst du doch, oder?“. Was wie eine Frage rüberkommt, ist eigentlich eine Aufforderung. Der Begriff „Befehl“ wäre falsch, weil … Cowboy … Sonnenuntergang … Abenteuer! Ich lasse mir nichts befehlen. Glaube ich zumindest, bis ich ihren Blick sehe. Man(n) soll sich die Frau erst fix nehmen, wenn man(n) ihre Mutter kennengelernt hat. Hört man(n) immer wieder, aber ich, der Wassermann … was brauche ich diese Ratschläge? Ich erfinde die Welt selbst neu! Auch wenn ich es nicht kann, wie meine Frau immer sagt.
Weil ich nett bin und Großherzigkeit und Güte besitze, antworte ich: „Natürlich mache ich das. Wollte ich gerade selbst vorschlagen“. Das unsichere „Oder?“, welches meiner Frau gegolten hätte, lass ich weg. Wie sieht das denn vor den Kindern aus? Als ob die Frau die Hosen anhätte. Pah!
„Papa, ich habe Durst!“ Nils. Klar!
Ich weiß was nun kommt. „Ich auch!“. Fabi. Logisch!
Moment … geht gleich weiter … „Papa, ich habe Hunger!“. Nils. Wer sonst?
Ihr habt es bestimmt schon erraten! „Mama, ich will auch was!“. Fabi. Hab’s gewusst!
Immer der gleiche Ablauf. Täglich grüßt das Murmeltier! Wäre mir lieber, wenn Nils schlafen würde. „Nils, komm schon …“. Er beginnt zu weinen. Na super, läuft ja wieder!
„… musst du Nils gleich anfliegen? Schau, jetzt weint er“, meckert meine Frau.
Und zu Nils: „Papa hat es nicht so gemeint, mein Schatz!“
„Was hat Nils?“, will Fabi wissen. Legt ihr Bilderbuch zu Seite. Legen? Sie lässt es einfach fallen.
„Nils ist müde“, antwortet ihr meine Frau.
Und zu mir: „Siehst du, was du angestellt hast?“.
Ich? Ich habe gar nichts gemacht! Ich verzichte aber auf lauten Protest, bringt eh nichts.
Obwohl ich das Gekreische höre und Fabis strampelnden Füße in meinem Rücken spüre, werfe ich einen neugierigen Blick in den Rückspiegel. Um Nils besser zu sehen. Dazu muss ich mich etwas aufrichten. Das wird sofort mit einem „Was machst du? Schau doch auf die Straße“, von dem Bösen neben mir … ähm … von meiner Frau gerügt. „Du bist immer so unvorsichtig! Ist meiner Mama übrigens letztens auch aufgefallen“.
Schwiegermutter? Die kann mich mal kreuzweise, dieser Drachen. Natürlich sage ich das nicht. Aber nicht, weil ich feig bin, sondern einfach, weil ich jetzt nicht will. „Oh, das tut mir leid. Das nächste Mal fahre ich vorsichtiger und langsamer“. Weil so kann ich sie kontrollierter aus dem fahrenden Auto werfen. Auch das sage ich nicht!
„Ja bitte, denn ich muss mir immer das Geläster und die Meckerei anhören. Das ist so mühsam. Du weißt nicht, wie das ist, wenn man nur bevormundet und kritisiert wird“. Genervt blickt sie mich an.
Ich denke mir bloß „Willkommen in meiner Welt!“, sage aber nichts. Erwidere den Blick kurz, quasi zur Bestätigung. Lieber würde ich ihren Blick nachäffen. Aber wir Cowboys machen das nicht. Wir bleiben cool, kauen am Kautabak und spucken den damit braungefärbten Speichel in einen Eimer.
In der Zwischenzeit wurde bereits vergessen, dass Nils Durst hat. Sogar er selbst scheinbar.
„Da!!“. Meine Frau kreischt hysterisch, krallt sich am Armaturenbrett fest. Werde sie wohl nach der Fahrt aus dem Auto schneiden müssen.
„Was?“. Ich bin irritiert. DA ist ja nichts. Drei Autos zweihundert Meter vor mir. Hinter mir niemand, was mich bei unserer Geschwindigkeit auch nicht wundert. Es fühlt sich übrigens scheiße an, der Vorderste in einem Stau zu sein! Nach vorne freie Sicht und von hinten geblendet, von den nervös auf- und abblendenten Fernlichtern. Wie in der Disco, in der Nacht noch intensiver.
Frau faucht mich an: „Na da!“. Sie zeigt auf die drei Autos vor mir. „Siehst du nicht, dass der eine überholt? Du fährst viel zu knapp auf!“. Ich mach das angeblich immer … sagt meine Frau.
„Ich fahr da rechts ran, okay? Passt das, der Parkplatz?“. Immer ganz der gute Ehemann.
Wie zur Bestätigung kommt von Fabi: „Mamaaaaa, ich muss pipi!“
„Papa, was hat Fabi?“ will Nils wissen. „Ich mag das auch!“. Tja, mein Sohnemann …
„Ja, fahr da ran“, gestattet … ähm… bestätigt meine Frau.
„Fabi muss pipi, Nils“, antworte ich ruhig, die Nerven aber kurz vom Zerreißen.
„Oh!“ kommt es von Nils zurück. „Ich muss auch!“. Nils beginnt wieder zu weinen.
Frau blickt böse. „Musstest du das sagen, dass Fabi pipi muss?“. Sie schüttelt genervt den Kopf, sieht beim Fenster auf ihrer Seite hinaus. Bockig. Ihr Dutt sieht aber sexy aus, stelle ich fest.
Ich versuche zu beruhigen. Kalmieren, sagt meine Frau dazu. Ich bin der Diplomat in unserer Familie … Berater, Psychologe, Laufbursche, Bob der Baumeister, Kummerkübel und für die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes, „the Motherfucker“. Aber zum Glück sind sie noch zu klein dafür, die Pubertät noch Lichtjahre entfernt. Hoffentlich! Und sie können ohnehin nicht Englisch. Das auch, zum Glück. „Hey, meine Mäuse. Wir sind gleich da, okay?“.
„Mamaaaa! Ich muuuuss!“. Fabi räkelt sich im Kindersitz. Nils brüllt mittlerweile! Frau ist angepisst!
Ich setze den Blinker, fahre auf den Pannenstreifen. Bremse. Schau auf die Uhr und fauche: „Wir sind gerade mal dreizehn Minuten unterwegs, vier Minuten auf der Autobahn! Wollt ihr mich verarschen? Ich lass euch alle aussteigen und Papa fährt alleine in den Freizeitpark!“.
Das hat gesessen. Nils verstummt. Fabis‘ Augen werden riesengroß. „Mama, macht das Papa wirklich?“, will sie wissen.
Frau schaut mich erschrocken an. Ich antworte: „Ja!“.
Nils brüllt wieder. Fabi beginnt zu weinen. Frau schnaubt wie eine feuerwerfender Drache. „Nein, das hat er nicht so gemeint, meine zwei Süßen. Papa hat nur schlecht geschlafen!“. Sie schaut mich durchdringend an. Ich spüre ihren Zorn förmlich, aber es ist mir jetzt egal.
Ich habe es so gemeint. „Doch, ich meine es ernst!“.
Nils brüllt weiter, Fabi brüllt, Frau zeigt mir den Scheibenwischer. Ich werde in diesem Moment ohne Waffen und wortlos getötet. „Du bist so ein Arsch!“. Frau steigt aus, knallt die Autotür zu.
Die Kinder verstummen, sind erschrocken. „Was hat Mama?“. fragt Fabi besorgt.
„Nichts … nur schlecht geschlafen, Fabi. Nur schlecht geschlafen“, … und ihre Tage, setze ich stumm fort. Ich steige auch aus und öffne die hintere Tür, hebe Fabi aus ihrem Sitz und sage: „Na komm, los … du musstest doch Pipi!“.
„Ich muss auch Papa“, meldet sich Nils.
„Moment, mein Kleiner. Mama nimmt dich gleich“, antworte ich und werfe meiner Frau einen unmissverständlichen und auffordernden Blick zu. Deute mit dem Kopf Richtung Nils.
Fabi umarmt mich ganz fest. „Ich muss doch nicht mehr, Papa“. Sie legt ihren Kopf in meine Halsbeuge. „Aber ich habe Kacka müssen!“ … und ich kann es zur Bestätigung auch riechen.
„Fabi, warum sagst du denn nichts?“, frage ich vorwurfsvoll. „Aber macht nichts, kann passieren“, beruhige ich sie.
Man kann nun eh nichts mehr machen, denke ich mir. Shit happens!