Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Wi(e)dersehen

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Dr. Alicia Lipp Dr. Elias Bähr Florian Osterwald Prof. Dr. Karin Patzelt
18.03.2023
21.03.2023
9
14.628
5
Alle Kapitel
22 Reviews
Dieses Kapitel
3 Reviews
 
20.03.2023 1.519
 
Elias Bähr betrat den Behandlungsraum, in dem er neben Julia noch zwei weitere bekannte Gesichter sah. Er war angenehm überrascht und lächelte.
„Professor Weber!“
Die Chefärztin der Sachsenklinik lächelte auf ihre typische Art zurück und hielt ihm die Hand hin. „Guten Tag Doktor Bähr. Wie geht es ihrer Schwester!“
„Der geht es gut. Sie macht weiterhin ihre Ausbildung und hat sogar einen Freund.“
Sie hob die Brauen. „Ernsthaft!“
„Ja, sieht hat etwas mehr Glück!“
Sie schaute über die Schulter zu Doktor Kai Hoffmann und ließ das Lächeln bleiben. „Wem sagen sie das!“
„Können sie sich jetzt bitte um meinen Sohn kümmern? Oder sind sie nur zum Quatschen gekommen?“
Er schaute zu Kai Hoffmann, der über den Kommentar des Vorgängers von Professor Weber als Chefarzt nicht besonders erstaunt war. Es waren nur einige Wochen her, seit er hier war und mit seiner unfreundlichen Art ihn wütend gemacht hatte. Ausgerechnet Emma bekam das meiste von seiner Laune ab. Er war insgeheim froh darüber, dass Emma sich nicht mehr so einfach aus der Ruhe bringen ließ.
„Guten Tag Doktor Hoffmann!“
„Tag!“ sagte er schlicht und doch hörte er aus diesem Wort mit drei Buchstaben mehr heraus.
Julia wartete, bis er in ihre Richtung schaute. „Die Herztöne vom Kind sind nicht ganz normal. Mir ist es lieber, wenn Du auch mal nachhörst!“
„Klar!“ meinte er mit einem Blick zu Kai Hoffmann und zu Professor Weber. Dann schnappte er sich sein Stethoskop aus der Tasche.
„Wie heißt denn ihr Sohn Professor Weber?“
„Emil!“
„Hat sich Emil in der letzten Zeit irgendwie anders verhalten?“
„Er ist heute besonders ruhig!“ meinte Kai Hoffmann, bevor Emils Mutter was sagen konnte.
„Außerdem hat er in den letzten Tagen auffällig lange geschlafen!“
Elias Bähr hielt das Stethoskop auf den Brustkorb des Kindes und horchte genau nach. Er führte es an verschieden Stellen am Brustkorb, die jedoch sehr eng beieinander lagen.
„Was denkst Du?“ fragte Julia mit besorgter Stimme.
„Gespaltener zweiter Herzton!“ sagte er und setzte nochmal das Stethoskop neu an. „Außerdem Systolikum. Zusammen mit der Müdigkeit und Schlappheit…“ Er verzog seinen Mundwinkel, während er Julia anschaute.
„Pulmonalstenose?“ fragte sie mit brüchiger Stimme.
Elias nickte. „Ich nehme an ja!“
„Und warum ist das bislang noch nicht aufgefallen? Er ist immerhin älter als sechs Monate. So etwas kennen wir doch nur von Neugeborenen!“
„Da trifft es am häufigsten auf“ sagte Professor Weber vorsichtig, während sie mit dem Anhänger ihrer Ketter spielte, die um ihren Hals hing. „Es kann allerdings auch später festgestellt werden.“
„Ich habe ein Sono gemacht!“ meinte Julia.
„Kann ich die Bilder mal sehen?“ fragte er.
Sie reichte ihm ein Tablet und zeigte sie ihm. „Das Herz ist deutlich vergrößert.“
„Die Stenose ist doch bislang nur ein Verdacht von ihnen, oder Herr Bähr!“
Er war überrascht, dass Doktor Hoffmann als Arzt so ablehnend war. Immerhin ging es um sein Kind. „Ein begründeter…!“
„Darf ich?“ fragte Doktor Weber und Elias gab ihr das Tablet. Doktor Hoffmann kam zwar näher, schaute sich die Bilder allerdings nur flüchtig an. Professor Weber begann zu weinen.
„Ich denke sie könnten recht haben!“
„Das Problem ist allerdings, dass wenn ich Recht habe…!“
„Es eine sehr schwere Form der Pulmonalstenose ist. Ja, dass sehe ich auch so!“
„Wollen sie Emil einen Ballon in die Arterie schieben, um ihn zu behandeln?“ fragte Kai Hoffmann abwertend.
Er schaute zu Professor Weber, der nun deutlich die Tränen die Wange herunterliefen, ihm allerdings noch zunickte.
„Eventuell müssen wir noch operieren!“
Er stellte sich gerade hin. „Ich will Professor Patzelt hier haben!“
„Natürlich!“ sagte er und holte sein Handy heraus.

Professor Patzelt schaute sich im Oberärztezimmer die bisherigen Untersuchungsergebnisse an. Inzwischen kannte Elias Bähr sie gut genug, um zu wissen, was in ihrem Kopf vorging. Er war sich sicher, dass sie zum gleichen Ergebnis gekommen war wie er selbst.
Es war inzwischen Abend geworden und langsam, aber sicher näherte sich das Klinikum dem Nachtmodus. Viele der Pflegekräfte waren bereits gegangen, einige seiner Kollegen – der Ärzte – auch, allerdings war er sich sicher, dass ein harter Kern trotzdem noch da war.
„Sie vermuten eine Pulmonalstenose?“
Er nickte. „Leider eine ziemlich ausgeprägte, wenn ich es richtig vermute. Das Geräusch ist klar zu hören, die Bilder sind auffällig und…“ Er wischte über den Bildschirm seines Tablets, um die nächsten Daten auf den Bildschirm zu bringen.
„Was ist das?“ hörte er Doktor Hoffmann.
„Das ist das EKG ihres Sohnes!“ sagte Elias wie selbstverständlich.
„Wer hat das veranlasst?“
„Kai!“ fuhr ihn Professor Weber mit einer Mischung aus Traurigkeit und Wut an. Dann funkelte sie ihn an, dass Doktor Hoffmann Elias fast leid tat.
„Sie wissen so gut wie ich, dass bei einer Pulmonalstenose ein EKG als Nachweis unbedingt erforderlich ist.“
„Ich wollte keine Zeit verlieren, Doktor Hoffmann!“ sagte er und suchte Rückhalt bei seiner Kollegin Professor Weber, die ihm mit einem kurzen Mundwinkelzucken, was als Lächeln zu interpretieren war, ihm zunickte.
„Schön. Was kommt als nächstes?“
„Wir werden eine Herzkatheter-Untersuchen machen müssen, um zu sehen, wie schwer der defekt an der Herzklappe ist.“
Doktor Hoffmann schaute an Elias Bähr vorbei zu der Chefärztin des JTK. „Machen sie das?“
Sie hob ihre rechte Hand hoch, die mit einer Bandage fixiert war. „Mit einer Distorsion des Handgelenks…?“ Sie schaute zu ihrem Kollegen. „Nein, nein. Die Untersuchung macht mein Kollege.“
„Sind sie sicher, dass er das machen sollte?“
„Ich bin ausgebildeter Kinderherzchirurg… glauben sie mir, ich bin ausreichend qualifiziert!“
„Haben sie denn auch die Erfahrung?“ Er schaute ihn an. „Was ich da eben von ihrem Kollegen Herrn Osterwald gehört habe, lässt mich daran zweifeln… Herr Bähr!“

Doktor Emma Jahn schaute zusammen mit Doktor Julia Berger auf die Daten, die sie in den letzten Stunden gesammelt hatte.
„Er ist also nicht allergisch gegen Hausstaubmilben, Pollen, Nickel oder andere gängige Stoffe und Materialien?“
Die Assistenzärztin ließ ihren buschigen Pferdeschwanz hin und her fliegen, als sie den Kopf schüttelte. „Die Untersuchungen zu den Narkosemitteln brachte auch keine Ergebnisse. Ich werde allerdings gleich noch eine Probe auf verschiedene Reinigungsmittel machen, die im OP-Bereich verwendet werden.“
„Gut“ sagte Julia. „Erweitern sie es auch noch auf die Latexhandschuhe und…“
Emma begann zu lächeln. „Habe ich auch schon vorbereitet. Ich werde die Untersuchung gleich noch machen.“
Julia nickte zufrieden. „Machen wir zusammen. Ist besser wenn man zu zweit ist und die Pflegekräfte haben nun einmal sinnvolleres zu tun, als…“
Sie hörten ein Klopfen und sofort schauten sie zur Tür.
„Guten Tag!“ sagte eine Frau im höheren Teenager-Alter zu den beiden Frauen.
„Können wir ihnen helfen?“
„Ja. Können sie mir sagen, wo Herr Brügge ist? Hier am Empfang ist keiner!“
„Er ist auf der Station drei, aber er hat jetzt gleich eine Untersuchung!“
Die Frau schaute beide Frauen an. Das schlechte Gewissen war ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. „Darf ich fragen, was er hat?“ fragte sie die beiden.
„Sind sie mit Herrn Brügge verwand?“
„Nein!“
„Dann dürfen wir ihnen keine Auskunft geben. Tut uns leid!“
Sie nickte und wollte schon gehen, als sie noch einmal stehen blieb. „Sagen sie ihm bitte, dass es uns… also mir und meiner Mitbewohnerin sehr leid tut!“ meinte sie und war aus ihrem Blickfeld verschwunden. Die beiden Frauen schauten sich an. Sie lachten einmal kurz, um sich dann wieder dem Bildschirm zuzuwenden.
„Was hat ihr den leidgetan?“ fragte Julia Berger mehr sich als Doktor Jahn. „Ein Name wäre hilfreich gewesen.“
„Könnte die Frau gewesen sein, die ihn geohrfeigt hatte,…“ Julia Berger schaute sie fragend an. „na ja… die Frau, mit der sich ihre Zungenpiercings… verhakt!“
Nun verstand die Fachärztin, denn die Gesichtszüge hellten sich auf. „Ach so… klar!“
Ihr Blick ging wieder zum Bildschirm. Eine Sekunde später rissen beide die Augen auf und schauten sich an. „Der Kuss!“ kam es wie aus einem Mund.
Beide liefen aus dem Ärztezimmer und durch den Haupteingang nach draußen. Als sie vor dem Klinikum standen schauten sie sich um. Dann sah Emma sie. „Da vorne ist sie!“
Beide Ärztinnen liefen in die Richtung. „Frau Neuhaus?“
Die Angesprochene drehte sich herum. Ihr schlechtes Gewissen war noch ausgeprägter als vor einer Minute, das war zu sehen. „Frau Neuhaus…“ sagte Julia Berger zu ihr und atmete zweimal tief durch.
„Ich bin nicht Frau Neuhaus. Ich bin Paulas Mitbewohnerin, Vanessa!“
Julia stutzte merklich. „Aha!“
„ich habe ihn dazu überredet, dass er sich ein Zungenpiercing machen lässt und sie einfach küssen soll. Ich konnte ja nicht ahnen, dass… Mensch, es tut mir leid!“
„Sie haben ihn einfach überredet?“
„Ich wusste, dass Claas auf Paula steht… dabei find ich ihn so toll. Ich wollte nicht, dass…“
„Sie wollten nicht, dass die beiden ein Paar werden und haben ihm irgendwas erzählt?“
Sie nickte und bestätigte damit Emmas Vermutung. „Kommt wohl dabei raus, wenn man kifft!“
Julia musste kurz lachen, kaschierte es aber so gut und schluckte es herunter. „Es hat nichts mit dem Piercing zu tun und auch nicht mit dem Kuss“ sagte Emma um sie zu beruhigen, was auch nicht im Widerspruch zu ihrer Schweigepflicht stand.
„Moment, Doktor Jahn!“ unterbrach Julia Berger sie. „Sie haben gekifft?“
„Ja. Paula hatte mich überredet!“
„Und die macht das regelmäßig? Auch heute?“
Vanessa nickte mit dem Kopf und Doktor Berger schaute lächelnd zu Emma, die langsam verstand, was die Frage zu bedeuten hatte.
Review schreiben
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast