Taking a Risk
von Morwen Eledhwen
Kurzbeschreibung
Sui Zhou trifft eine Entscheidung, von der er gehofft hat, sie nie treffen zu müssen. (Sui Zhou x Wang Zhi x Tang Fan | OT3/Polyamory, Slash, Hurt/Comfort)
OneshotDrama, Schmerz/Trost / P16 / MaleSlash
Sui Zhou
Tang Fan
Wang Zhi
11.03.2023
11.03.2023
1
2.183
1
11.03.2023
2.183
Kommentar
New OT3 just dropped! *-*
Es ist ein Verbrechen an allen Serienfans, dass The Sleuth of the Ming Dynasty noch auf keinem der üblichen Streaming-Anbieter zu sehen ist. û_u
Es ist eine exzellente historische Krimiserie mit drei großartigen Hauptcharakteren:
Tang Fan, einem unheimlich smarten, jungen Beamten mit einer Schwäche für gutes Essen, der von höheren Stellen oft hinzugezogen wird, um Kriminalfälle zu lösen, Sui Zhou, einem erfahrenen Schwertkämpfer und Mitglied der kaiserlichen Geheimpolizei/Palastwache, der Kochen liebt und Tang Fan im wahrsten Sinne des Wortes durchfüttert, und Wang Zhi, einem 17-jährigen Eunuchen, der das persönliche Vertrauen des Kaisers genießt und über Leichen gehen würde, um die Nation und seinen Herrscher zu beschützen (und später auch seine Freunde).
Für die Anlegung einer eigenen Serienkategorie muss ich wohl drei Geschichten schreiben, aber wisst ihr was: Challenge accepted. ;)
Die Geschichte ist im Präsens geschrieben, weil mir mal wieder danach war. <3
Es ist Sui Zhous größter Alptraum.
Nicht die Tatsache, dass er in diesem Moment unbewaffnet und mit einer Schwertklinge an der Kehle im Staub kniet. Das gewiss nicht. Er war oft genug in einer solchen Situation, um die nötigen Handgriffe zu kennen, mit denen er sich binnen weniger Sekunden aus seiner misslichen Lage befreien und den Spieß umdrehen kann.
Es ist auch nicht das knappe Dutzend Männer, die sie eingekreist haben und denen deutlich anzusehen ist, dass sie Erfahrung mit Raubüberfällen haben und vor nichts zurückschrecken werden. Sui Zhou ist ein exzellenter Kämpfer; alles, was er braucht, ist ein Schwert, und diese Männer werden nicht mehr viel zu lachen haben.
Nein, was ihm wirklich Angst macht, ist der Fakt, dass er in den nächsten dreißig Sekunden eine Entscheidung treffen muss.
Eine Entscheidung zwischen Tang Fan, der bäuchlings im Dreck liegt und ihn aus weiten, angsterfüllten Augen anstarrt, während einer der Angreifer auf seinem Rücken kniet, und Wang Zhi, der nur wenige Meter von Sui Zhou entfernt mit einer Messerklinge am Hals ins Leere starrt.
Sui Zhou kann nur einen von beiden retten, und es ist eine Wahl, von der er gehofft hatte, sie nie treffen zu müssen.
Sein Herz sagt Tang Fan, aber Wang Zhi ist derjenige mit dem Messer am Hals und er ist auch näher. Außerdem kann Sui Zhou bei Wang Zhi darauf vertrauen, dass er sich für ein paar kostbare Momente selbst verteidigen kann, nachdem er ihn gerettet hat, jedenfalls lange genug, bis Sui Zhou die meisten Männer ausgeschaltet und auch Tang Fan befreit hat.
Der Anführer der Räuberbande ahnt derweil nichts von den Dingen, die ihn beschäftigen. Stattdessen schenkt er ihm nur einen abschätzigen Blick.
„Tötet ihn“, sagt er zu seinen Leuten und nickt dabei knapp in Sui Zhous Richtung. Wenigstens ist er erfahren genug, um in ihm den gefährlichsten Gegner zu sehen – auch wenn ihn das nicht retten wird. „Brecht den anderen beiden die Beine, damit sie nicht weglaufen können. Mit ihnen können wir noch eine Weile Spaß haben...“
Seine Worte drehen Sui Zhou den Magen um, und auch Tang Fan entweicht ein entsetzter Laut.
Nur Wang Zhis Miene bleibt weiterhin ausdruckslos.
Seine Augen hingegen... seine Augen versprechen Mord.
Sui Zhou ist nicht überrascht. Der Jugendliche mit den weichen, femininen Zügen ist einer der gefährlichsten Männer im ganzen Kaiserreich. Dass jemand es wagt, ihm ein derartiges Schicksal anzudrohen, muss ihn schlichtweg rasend machen vor Wut. Aber er ist am Kaiserhof aufgewachsen und hat früh gelernt, seine Emotionen zu verbergen, und würde Sui Zhou ihn nicht so gut kennen, dann würde er das kurze, angewiderte Zucken seiner Mundwinkel gänzlich anders interpretieren.
Die Zeit ist um, und Sui Zhou wirft Tang Fan einen letzten, verzweifelten Blick zu.
Verzeih mir, versucht er ihm auf diesem Weg zu sagen. Ich wünschte, es müsste nicht so enden.
Doch Tang Fan erwidert seinen Blick nur aus großen, braunen Augen, die so voller Verständnis sind, so voller Vertrauen. Er nickt unmerklich und es bricht Sui Zhou fast das Herz. Sein Freund weiß, welche Entscheidung er getroffen hat. Und er versucht ihm Mut zu machen, obwohl ihm klar sein muss, dass er die nächsten Minuten vermutlich nicht überleben wird.
Sui Zhou wünschte, er hätte Tang Fan wenigstens ein einziges Mal gesagt, wie viel er ihm bedeutet. Sicher hat er es ihm in den letzten Wochen und Monaten in tausend kleineren und größeren Gesten gezeigt, aber er hat nie den Mut gefunden, es tatsächlich auch in Worte zu fassen. Und jetzt würde er vielleicht nie wieder die Gelegenheit dafür bekommen.
Die Erkenntnis schmerzt so sehr, dass sie ihm für einen Moment fast den Atem raubt.
Doch dann holt ihn die Realität wieder ein, als der Mann, der ihm das Schwert an den Hals hält, den Druck erhöht, um ihm die Kehle durchzuschneiden.
Sui Zhou greift blitzschnell über die Schulter nach seinem Arm und zieht einmal kräftig daran, bevor er ihm geschickt das Schwert entwendet.
Und im nächsten Moment bricht die Hölle los.
Wang Zhi kommt mit einem – wortwörtlich – blauen Auge davon.
Sui Zhou erleidet mehrere Schnittwunden am Rücken und an den Armen, aber keine davon ist tief genug, um ihm Anlass zur Sorge zu geben.
Tang Fan hingegen... nun. Tang Fan ist eine gänzlich andere Geschichte.
Er lebt noch, das ist das wichtigste.
Sie haben großes Glück, dass ihre Mission sie an einen Ort geführt hat, der nur wenige Stunden von der Hauptstadt entfernt liegt, und dass Wang Zhi überall seine Leute hat, die sie wiederum mit den nötigen Ressourcen versorgen können, wie etwa einem sicheren Unterschlupf und einem schnellen Pferd.
Sie haben enorm großes Glück, dass Pei Huai gerade keine Hausbesuche macht, sondern nur wortlos nach seinem Arztkoffer greift, als Sui Zhou in seine Praxis stürmt, und sich umgehend hinter ihm in den Sattel schwingt, bevor sie zu dem abgelegenen Hof reiten, in dem Sui Zhou seine beiden Freunde zurückgelassen hat.
Die Klinge hat zum Glück keine lebenswichtigen Organe erwischt, doch die Wunde hört nicht auf zu bluten. Wang Zhis Gesicht ist blass vor Erschöpfung und seine Hände sind rot und klebrig vor Blut, als Sui Zhou ihn sanft von Tang Fan wegzieht, damit Pei Huai seinen Job machen und ihn verarzten kann.
Er braucht fast zwei Stunden, um Tang Fans Wunde zu versorgen, und seine Miene ist ernst, als er schließlich zu den beiden Männern in den Nebenraum tritt.
„Ich habe getan, was ich konnte“, sagt er und Sui Zhou weiß, dass er die Wahrheit spricht. „Wenn er diese Nacht überlebt und die Wunde sich nicht entzündet, hat er das Gröbste überstanden.“
Sui Zhou nickt nur wortlos, während Wang Zhi noch immer auf seine blutbesudelten Hände hinabstarrt, mit denen er über Stunden hinweg Druck auf die Wunde ausgeübt hat.
Es braucht kein Genie um zu erkennen, was in ihm vorgeht. Während Pei Huai an Tang Fans Krankenbett zurückkehrt, nimmt Sui Zhou Wang Zhi vorsichtig am Arm und führt ihn in den Hof, wo ein großer Kübel voller Regenwasser steht. Er hebt einen leeren Eimer auf und taucht ihn in den Kübel, um ihn mit Wasser zu füllen. Dann nimmt er sanft Wang Zhis rechte Hand und wäscht sie gründlich mit dem kalten, klaren Wasser. Nachdem er auch seine linke Hand gesäubert hat, ist das Wasser im Eimer trüb vor Blut, und Sui Zhou kippt es hinter dem Haus aufs Feld.
Wang Zhi kann seinen Blick noch immer nicht von seinen Händen lösen.
„Er wusste, dass du mich retten würdest und nicht ihn“, stößt er plötzlich mit tonloser Stimme hervor. „Warum hat er sein Schicksal so bereitwillig akzeptiert?“
Weil er dich liebt, denkt Sui Zhou und sagt:
„Weil er das Leben anderer mehr schätzt, als sein eigenes.“
So wie auch Sui Zhou es in seiner Position getan hätte – und wie auch Wang Zhi es tun würde, davon ist Sui Zhou überzeugt. Vielleicht nicht damals, nicht ganz am Anfang, als sie noch eine Zweckgemeinschaft waren und sich lediglich gegenseitig ausgeholfen haben, um Verbrechen aufzuklären. Doch seitdem ist viel Zeit vergangen und mittlerweile betrachtet Sui Zhou den scharfsinnigen, anfangs noch so unterkühlten Eunuchen als Freund. Und vielleicht...
Vielleicht auch als mehr als nur das.
Sui Zhou ist sich noch nicht ganz sicher. Jedenfalls nicht so sicher wie Tang Fan, der mit seinen Gefühlen mehr im Einklang ist, als sie beide, und der genau weiß, was er will.
Tang Fan, der nun im einzigen Bett des Hauses liegt und um sein Leben kämpft, während sie dazu verdammt sind zu warten, bis er den Kampf entweder gewonnen hat oder...
Nein. Sui Zhou weigert sich, an die Alternative zu denken.
Stattdessen legt er eine Hand auf Wang Zhis Schulter und wartet, bis der junge Mann den Blick hebt und ihm in die Augen sieht.
„Hast du Hunger?“, fragt er dann.
Sui Zhous Anspannung lässt augenblicklich nach, sobald er sich eine Schürze umgelegt hat und mit dem Kochen beginnt.
Das strukturierte Vorgehen bei der Zubereitung von Nahrung war für ihn schon immer therapeutisch, und heute ist es das mehr als je zuvor.
Es dauert nicht lange, bis Wang Zhi sich zu ihm gesellt. In Ermangelung von Sitzmöglichkeiten setzt er sich auf die Ecke vom Küchentisch, um ihm dabei zuzusehen, wie er das Wasser zum Kochen bringt und das Gemüse, das er in einem der Schränke entdeckt hat, sorgsam mit dem Messer zerkleinert.
Sui Zhou lässt ihn gewähren; sie brauchen beide die Ablenkung, und wenn der ranghöchste Eunuch des Kaiserreichs mit baumelnden Beinen auf seinem Arbeitstisch sitzen will – nun, warum nicht.
„Lass mich dir helfen“, sagt Wang Zhi nach ein paar Minuten mit leiser Stimme und Sui Zhou wirft ihm einen überraschten Blick zu. So weit er weiß, hat der andere Mann noch nie in seinem Leben eigenhändig Essen zubereitet.
Er will sein Angebot gerade höflich, aber bestimmt ablehnen, als er das leichte Zittern von Wang Zhis Händen bemerkt und die Art, wie er sich ruhelos auf die Unterlippe beißt.
Und er versteht plötzlich.
„Wie du wünschst“, erwidert er darum nur und erklärt ihm dann geduldig die nötigen Schritte, um einen einfachen Nudelteig anzufertigen.
Wang Zhi befolgt sie mit demselben rasiermesserscharfen Fokus, mit dem er auch den Mord seiner politischen Feinde plottet, und während der Teig allmählich Form annimmt, hören seine Finger langsam wieder auf zu zittern. Bald hat er Mehlstaub auf der Stirn und einzelne Strähnen lösen sich aus seinem Haarknoten und fallen ihm ins Gesicht. Ohne seine offiziellen Roben und die übliche Aura von Arroganz und Überlegenheit wirkt er furchtbar jung und verletzlich, und Sui Zhou versteht plötzlich, wieso Tang Fan sich für ihn geopfert hat.
Der Zufall mochte sie damals zusammengeführt haben, doch Sui Zhou kann und will sich kein Leben mehr ohne ihn und Tang Fan vorstellen – mit all den Gefahren, die es mit sich bringt.
Als das Gemüse und die Nudeln im Topf sind, um zu kochen, tritt er an Wang Zhi heran und hebt eine Hand, um ihm sacht mit dem Ärmel das Mehl aus dem Gesicht zu wischen.
Wang Zhi scheint den Atem anzuhalten und sein Blick ist unverwandt auf Sui Zhous Gesicht gerichtet. In seinen Augen spiegeln sich Überraschung, Misstrauen und eine Unsicherheit wider, die Sui Zhou noch nie an ihm gesehen hat, und er begreift mit einem Mal, dass die nächsten Momente ihre weitere Beziehung definieren werden.
Langsam und so vorsichtig, als hätte er es mit einem scheuen Tier zu tun, nimmt Sui Zhou das Gesicht von Wang Zhi in die Hände und streicht sanft mit dem Daumen über seine volle Unterlippe.
Wang Zhis Mund öffnet sich einen Spalt breit und seine Zunge befeuchtet nervös seine Lippen. Sein Blick springt für einen Moment unentschlossen zwischen Sui Zhous Augen hin und her, als würde er nach etwas suchen. Und was es auch ist, er scheint es zu finden, denn plötzlich tritt ein entschiedener Ausdruck auf sein Gesicht, und er stellt sich auf die Zehenspitzen und presst die Lippen auf die von Sui Zhou.
Und zum ersten Mal in den langen Stunden seit dem Überfall fühlt sich die Welt wieder richtig an.
Als Tang Fan am nächsten Morgen die Augen aufschlägt, ist er noch immer geschwächt vom Blutverlust und schrecklich blass.
Doch das Feuer in seinen Augen sagt Sui Zhou alles, was er über seinen Zustand wissen muss, und Wang Zhi, der neben ihm an der Wand lehnt, scheint zu dem gleichen Schluss zu kommen, dem kleinen Lächeln auf seinen Lippen nach zu schließen.
„Ist das Frühstück schon fertig?“, fragt Tang Fan mit sichtlicher Anstrengung. Seine Stimme ist rau und er nimmt dankbar das Wasser entgegen, das Wang Zhi ihm in einer Trinkschale reicht.
Sui Zhou weiß, dass es ihm mit seiner Frage nicht ums Essen geht; Tang Fan wird eine Weile brauchen, bis er wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann.
Stattdessen erkennt er die wahre Aussage dahinter.
Sie haben sich damals alle beim Essen zum ersten Mal getroffen, und ihre Beziehung dreht sich auch jetzt noch um die gemeinsamen Mahlzeiten und die kurzen, friedlichen Momente, die diese mit sich bringen.
Sui Zhou weiß es, Tang Fan weiß es und Wang Zhi weiß es ebenfalls.
Und darum gibt es nur eine richtige Antwort auf diese Frage.
„Um ehrlich zu sein“, entgegnet er und tauscht einen Blick mit Wang Zhi, der zustimmend nickt, „haben wir damit nur auf dich gewartet.“
New OT3 just dropped! *-*
Es ist ein Verbrechen an allen Serienfans, dass The Sleuth of the Ming Dynasty noch auf keinem der üblichen Streaming-Anbieter zu sehen ist. û_u
Es ist eine exzellente historische Krimiserie mit drei großartigen Hauptcharakteren:
Tang Fan, einem unheimlich smarten, jungen Beamten mit einer Schwäche für gutes Essen, der von höheren Stellen oft hinzugezogen wird, um Kriminalfälle zu lösen, Sui Zhou, einem erfahrenen Schwertkämpfer und Mitglied der kaiserlichen Geheimpolizei/Palastwache, der Kochen liebt und Tang Fan im wahrsten Sinne des Wortes durchfüttert, und Wang Zhi, einem 17-jährigen Eunuchen, der das persönliche Vertrauen des Kaisers genießt und über Leichen gehen würde, um die Nation und seinen Herrscher zu beschützen (und später auch seine Freunde).
Für die Anlegung einer eigenen Serienkategorie muss ich wohl drei Geschichten schreiben, aber wisst ihr was: Challenge accepted. ;)
Die Geschichte ist im Präsens geschrieben, weil mir mal wieder danach war. <3
Taking a Risk
Es ist Sui Zhous größter Alptraum.
Nicht die Tatsache, dass er in diesem Moment unbewaffnet und mit einer Schwertklinge an der Kehle im Staub kniet. Das gewiss nicht. Er war oft genug in einer solchen Situation, um die nötigen Handgriffe zu kennen, mit denen er sich binnen weniger Sekunden aus seiner misslichen Lage befreien und den Spieß umdrehen kann.
Es ist auch nicht das knappe Dutzend Männer, die sie eingekreist haben und denen deutlich anzusehen ist, dass sie Erfahrung mit Raubüberfällen haben und vor nichts zurückschrecken werden. Sui Zhou ist ein exzellenter Kämpfer; alles, was er braucht, ist ein Schwert, und diese Männer werden nicht mehr viel zu lachen haben.
Nein, was ihm wirklich Angst macht, ist der Fakt, dass er in den nächsten dreißig Sekunden eine Entscheidung treffen muss.
Eine Entscheidung zwischen Tang Fan, der bäuchlings im Dreck liegt und ihn aus weiten, angsterfüllten Augen anstarrt, während einer der Angreifer auf seinem Rücken kniet, und Wang Zhi, der nur wenige Meter von Sui Zhou entfernt mit einer Messerklinge am Hals ins Leere starrt.
Sui Zhou kann nur einen von beiden retten, und es ist eine Wahl, von der er gehofft hatte, sie nie treffen zu müssen.
Sein Herz sagt Tang Fan, aber Wang Zhi ist derjenige mit dem Messer am Hals und er ist auch näher. Außerdem kann Sui Zhou bei Wang Zhi darauf vertrauen, dass er sich für ein paar kostbare Momente selbst verteidigen kann, nachdem er ihn gerettet hat, jedenfalls lange genug, bis Sui Zhou die meisten Männer ausgeschaltet und auch Tang Fan befreit hat.
Der Anführer der Räuberbande ahnt derweil nichts von den Dingen, die ihn beschäftigen. Stattdessen schenkt er ihm nur einen abschätzigen Blick.
„Tötet ihn“, sagt er zu seinen Leuten und nickt dabei knapp in Sui Zhous Richtung. Wenigstens ist er erfahren genug, um in ihm den gefährlichsten Gegner zu sehen – auch wenn ihn das nicht retten wird. „Brecht den anderen beiden die Beine, damit sie nicht weglaufen können. Mit ihnen können wir noch eine Weile Spaß haben...“
Seine Worte drehen Sui Zhou den Magen um, und auch Tang Fan entweicht ein entsetzter Laut.
Nur Wang Zhis Miene bleibt weiterhin ausdruckslos.
Seine Augen hingegen... seine Augen versprechen Mord.
Sui Zhou ist nicht überrascht. Der Jugendliche mit den weichen, femininen Zügen ist einer der gefährlichsten Männer im ganzen Kaiserreich. Dass jemand es wagt, ihm ein derartiges Schicksal anzudrohen, muss ihn schlichtweg rasend machen vor Wut. Aber er ist am Kaiserhof aufgewachsen und hat früh gelernt, seine Emotionen zu verbergen, und würde Sui Zhou ihn nicht so gut kennen, dann würde er das kurze, angewiderte Zucken seiner Mundwinkel gänzlich anders interpretieren.
Die Zeit ist um, und Sui Zhou wirft Tang Fan einen letzten, verzweifelten Blick zu.
Verzeih mir, versucht er ihm auf diesem Weg zu sagen. Ich wünschte, es müsste nicht so enden.
Doch Tang Fan erwidert seinen Blick nur aus großen, braunen Augen, die so voller Verständnis sind, so voller Vertrauen. Er nickt unmerklich und es bricht Sui Zhou fast das Herz. Sein Freund weiß, welche Entscheidung er getroffen hat. Und er versucht ihm Mut zu machen, obwohl ihm klar sein muss, dass er die nächsten Minuten vermutlich nicht überleben wird.
Sui Zhou wünschte, er hätte Tang Fan wenigstens ein einziges Mal gesagt, wie viel er ihm bedeutet. Sicher hat er es ihm in den letzten Wochen und Monaten in tausend kleineren und größeren Gesten gezeigt, aber er hat nie den Mut gefunden, es tatsächlich auch in Worte zu fassen. Und jetzt würde er vielleicht nie wieder die Gelegenheit dafür bekommen.
Die Erkenntnis schmerzt so sehr, dass sie ihm für einen Moment fast den Atem raubt.
Doch dann holt ihn die Realität wieder ein, als der Mann, der ihm das Schwert an den Hals hält, den Druck erhöht, um ihm die Kehle durchzuschneiden.
Sui Zhou greift blitzschnell über die Schulter nach seinem Arm und zieht einmal kräftig daran, bevor er ihm geschickt das Schwert entwendet.
Und im nächsten Moment bricht die Hölle los.
Wang Zhi kommt mit einem – wortwörtlich – blauen Auge davon.
Sui Zhou erleidet mehrere Schnittwunden am Rücken und an den Armen, aber keine davon ist tief genug, um ihm Anlass zur Sorge zu geben.
Tang Fan hingegen... nun. Tang Fan ist eine gänzlich andere Geschichte.
Er lebt noch, das ist das wichtigste.
Sie haben großes Glück, dass ihre Mission sie an einen Ort geführt hat, der nur wenige Stunden von der Hauptstadt entfernt liegt, und dass Wang Zhi überall seine Leute hat, die sie wiederum mit den nötigen Ressourcen versorgen können, wie etwa einem sicheren Unterschlupf und einem schnellen Pferd.
Sie haben enorm großes Glück, dass Pei Huai gerade keine Hausbesuche macht, sondern nur wortlos nach seinem Arztkoffer greift, als Sui Zhou in seine Praxis stürmt, und sich umgehend hinter ihm in den Sattel schwingt, bevor sie zu dem abgelegenen Hof reiten, in dem Sui Zhou seine beiden Freunde zurückgelassen hat.
Die Klinge hat zum Glück keine lebenswichtigen Organe erwischt, doch die Wunde hört nicht auf zu bluten. Wang Zhis Gesicht ist blass vor Erschöpfung und seine Hände sind rot und klebrig vor Blut, als Sui Zhou ihn sanft von Tang Fan wegzieht, damit Pei Huai seinen Job machen und ihn verarzten kann.
Er braucht fast zwei Stunden, um Tang Fans Wunde zu versorgen, und seine Miene ist ernst, als er schließlich zu den beiden Männern in den Nebenraum tritt.
„Ich habe getan, was ich konnte“, sagt er und Sui Zhou weiß, dass er die Wahrheit spricht. „Wenn er diese Nacht überlebt und die Wunde sich nicht entzündet, hat er das Gröbste überstanden.“
Sui Zhou nickt nur wortlos, während Wang Zhi noch immer auf seine blutbesudelten Hände hinabstarrt, mit denen er über Stunden hinweg Druck auf die Wunde ausgeübt hat.
Es braucht kein Genie um zu erkennen, was in ihm vorgeht. Während Pei Huai an Tang Fans Krankenbett zurückkehrt, nimmt Sui Zhou Wang Zhi vorsichtig am Arm und führt ihn in den Hof, wo ein großer Kübel voller Regenwasser steht. Er hebt einen leeren Eimer auf und taucht ihn in den Kübel, um ihn mit Wasser zu füllen. Dann nimmt er sanft Wang Zhis rechte Hand und wäscht sie gründlich mit dem kalten, klaren Wasser. Nachdem er auch seine linke Hand gesäubert hat, ist das Wasser im Eimer trüb vor Blut, und Sui Zhou kippt es hinter dem Haus aufs Feld.
Wang Zhi kann seinen Blick noch immer nicht von seinen Händen lösen.
„Er wusste, dass du mich retten würdest und nicht ihn“, stößt er plötzlich mit tonloser Stimme hervor. „Warum hat er sein Schicksal so bereitwillig akzeptiert?“
Weil er dich liebt, denkt Sui Zhou und sagt:
„Weil er das Leben anderer mehr schätzt, als sein eigenes.“
So wie auch Sui Zhou es in seiner Position getan hätte – und wie auch Wang Zhi es tun würde, davon ist Sui Zhou überzeugt. Vielleicht nicht damals, nicht ganz am Anfang, als sie noch eine Zweckgemeinschaft waren und sich lediglich gegenseitig ausgeholfen haben, um Verbrechen aufzuklären. Doch seitdem ist viel Zeit vergangen und mittlerweile betrachtet Sui Zhou den scharfsinnigen, anfangs noch so unterkühlten Eunuchen als Freund. Und vielleicht...
Vielleicht auch als mehr als nur das.
Sui Zhou ist sich noch nicht ganz sicher. Jedenfalls nicht so sicher wie Tang Fan, der mit seinen Gefühlen mehr im Einklang ist, als sie beide, und der genau weiß, was er will.
Tang Fan, der nun im einzigen Bett des Hauses liegt und um sein Leben kämpft, während sie dazu verdammt sind zu warten, bis er den Kampf entweder gewonnen hat oder...
Nein. Sui Zhou weigert sich, an die Alternative zu denken.
Stattdessen legt er eine Hand auf Wang Zhis Schulter und wartet, bis der junge Mann den Blick hebt und ihm in die Augen sieht.
„Hast du Hunger?“, fragt er dann.
Sui Zhous Anspannung lässt augenblicklich nach, sobald er sich eine Schürze umgelegt hat und mit dem Kochen beginnt.
Das strukturierte Vorgehen bei der Zubereitung von Nahrung war für ihn schon immer therapeutisch, und heute ist es das mehr als je zuvor.
Es dauert nicht lange, bis Wang Zhi sich zu ihm gesellt. In Ermangelung von Sitzmöglichkeiten setzt er sich auf die Ecke vom Küchentisch, um ihm dabei zuzusehen, wie er das Wasser zum Kochen bringt und das Gemüse, das er in einem der Schränke entdeckt hat, sorgsam mit dem Messer zerkleinert.
Sui Zhou lässt ihn gewähren; sie brauchen beide die Ablenkung, und wenn der ranghöchste Eunuch des Kaiserreichs mit baumelnden Beinen auf seinem Arbeitstisch sitzen will – nun, warum nicht.
„Lass mich dir helfen“, sagt Wang Zhi nach ein paar Minuten mit leiser Stimme und Sui Zhou wirft ihm einen überraschten Blick zu. So weit er weiß, hat der andere Mann noch nie in seinem Leben eigenhändig Essen zubereitet.
Er will sein Angebot gerade höflich, aber bestimmt ablehnen, als er das leichte Zittern von Wang Zhis Händen bemerkt und die Art, wie er sich ruhelos auf die Unterlippe beißt.
Und er versteht plötzlich.
„Wie du wünschst“, erwidert er darum nur und erklärt ihm dann geduldig die nötigen Schritte, um einen einfachen Nudelteig anzufertigen.
Wang Zhi befolgt sie mit demselben rasiermesserscharfen Fokus, mit dem er auch den Mord seiner politischen Feinde plottet, und während der Teig allmählich Form annimmt, hören seine Finger langsam wieder auf zu zittern. Bald hat er Mehlstaub auf der Stirn und einzelne Strähnen lösen sich aus seinem Haarknoten und fallen ihm ins Gesicht. Ohne seine offiziellen Roben und die übliche Aura von Arroganz und Überlegenheit wirkt er furchtbar jung und verletzlich, und Sui Zhou versteht plötzlich, wieso Tang Fan sich für ihn geopfert hat.
Der Zufall mochte sie damals zusammengeführt haben, doch Sui Zhou kann und will sich kein Leben mehr ohne ihn und Tang Fan vorstellen – mit all den Gefahren, die es mit sich bringt.
Als das Gemüse und die Nudeln im Topf sind, um zu kochen, tritt er an Wang Zhi heran und hebt eine Hand, um ihm sacht mit dem Ärmel das Mehl aus dem Gesicht zu wischen.
Wang Zhi scheint den Atem anzuhalten und sein Blick ist unverwandt auf Sui Zhous Gesicht gerichtet. In seinen Augen spiegeln sich Überraschung, Misstrauen und eine Unsicherheit wider, die Sui Zhou noch nie an ihm gesehen hat, und er begreift mit einem Mal, dass die nächsten Momente ihre weitere Beziehung definieren werden.
Langsam und so vorsichtig, als hätte er es mit einem scheuen Tier zu tun, nimmt Sui Zhou das Gesicht von Wang Zhi in die Hände und streicht sanft mit dem Daumen über seine volle Unterlippe.
Wang Zhis Mund öffnet sich einen Spalt breit und seine Zunge befeuchtet nervös seine Lippen. Sein Blick springt für einen Moment unentschlossen zwischen Sui Zhous Augen hin und her, als würde er nach etwas suchen. Und was es auch ist, er scheint es zu finden, denn plötzlich tritt ein entschiedener Ausdruck auf sein Gesicht, und er stellt sich auf die Zehenspitzen und presst die Lippen auf die von Sui Zhou.
Und zum ersten Mal in den langen Stunden seit dem Überfall fühlt sich die Welt wieder richtig an.
Als Tang Fan am nächsten Morgen die Augen aufschlägt, ist er noch immer geschwächt vom Blutverlust und schrecklich blass.
Doch das Feuer in seinen Augen sagt Sui Zhou alles, was er über seinen Zustand wissen muss, und Wang Zhi, der neben ihm an der Wand lehnt, scheint zu dem gleichen Schluss zu kommen, dem kleinen Lächeln auf seinen Lippen nach zu schließen.
„Ist das Frühstück schon fertig?“, fragt Tang Fan mit sichtlicher Anstrengung. Seine Stimme ist rau und er nimmt dankbar das Wasser entgegen, das Wang Zhi ihm in einer Trinkschale reicht.
Sui Zhou weiß, dass es ihm mit seiner Frage nicht ums Essen geht; Tang Fan wird eine Weile brauchen, bis er wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann.
Stattdessen erkennt er die wahre Aussage dahinter.
Sie haben sich damals alle beim Essen zum ersten Mal getroffen, und ihre Beziehung dreht sich auch jetzt noch um die gemeinsamen Mahlzeiten und die kurzen, friedlichen Momente, die diese mit sich bringen.
Sui Zhou weiß es, Tang Fan weiß es und Wang Zhi weiß es ebenfalls.
Und darum gibt es nur eine richtige Antwort auf diese Frage.
„Um ehrlich zu sein“, entgegnet er und tauscht einen Blick mit Wang Zhi, der zustimmend nickt, „haben wir damit nur auf dich gewartet.“
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