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strands of fate

von Kaeya
Kurzbeschreibung
GeschichteRomance, Schmerz/Trost / P16 / MaleSlash
Alhaitham Diluc Ragnvindr Kaeya Alberich Kaveh
05.03.2023
18.03.2023
2
4.034
3
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18.03.2023 2.054
 
Kapitel 2: Alhaitham

Es war überraschend ruhig am Esstisch in Alhaithams Zuhause. Seit knapp einer Stunde hatten er und sein Chef Kaveh, sein Haus betreten und während Kaveh immer noch leise vor sich hinschniefte und kaum ein Ton von sich gegeben hatte, hatte er ihm trockene Kleidung und ein Handtuch gegeben. Es grenzte wohl nahezu an einem Wunder, dass der Blondschopf es hinbekommen hatte, sich umzuziehen, die nasse Kleidung aufzuhängen und dann, in Alhaithams Kleidung, die ein wenig zu weit für seinen doch recht zierlichen Körper war, am Esstisch zu sitzen, um vor sich hinzustarren.
Auf dem Kopf lag das graue Handtuch, das eigentlich dafür gedacht war, die Haare abzutrocknen, doch dieses blieb genauso unberührt, wie die warme Suppe, die vor ihm stand und vor sich hin dampfte.

“Kaveh.”
“Mhm…”, machte der Angesprochene, ohne sich zu rühren. Sein leerer Blick lag auf dem Tisch vor sich gerichtet, die Augen waren vom vielen Weinen glasig und rot, aber zumindest vergoss er gerade keine Tränen mehr. Wer wusste, wo seine Gedanken nun waren, aber ganz bestimmt nicht im Hier und Jetzt. Alhaitham kannte seinen Chef, er hätte ein riesiges Fass aufgemacht, dass er bei Alhaitham Zuhause war, so oft er sich schon versucht hatte selbst einzuladen, weil er so neugierig war, wie sein Lieblingsangestellter denn lebte.Aber wahrscheinlich hatte er es einfach nicht realisiert, nicht kapiert… und das war gruselig.
So oft hatte sich Alhaitham gewünscht, dass sein Vorgesetzter einfach mal ruhig war und nicht nervte. Ironisch, dass er sich gerade das Gegenteil wünschte.
Es war gruselig und besorgniserregend. Was auch kein Wunder war, Kaveh war nicht selten eine Dramaqueen und er drückte zu schnell auf die Tränendrüse, aber so schnell die Tränen kamen, so schnell verschwanden sie auch wieder und seine Trauermiene verwandelte sich in ein Strahlen, so hell wie die Sonne. Doch dieses Mal…

“Du solltest mal essen. Die Suppe wird kalt.”
“Mhm…”, ertönte es wieder geistesabwesend von dem anderen und Alhaitham legte den Löffel zur Seite und seufzte.
“Chef, der Abgabetermin unseres Projekts hat sich verkürzt. Auf Morgen.” Es war eine Lüge, aber ein Test, ob er ihm auch zuhörte.
“Mhm…”
“...” Alhaitham fasste sich an die Stirn. Das hatte doch echt keinen Sinn mit dem.
“Und ich habe gehört, dass Childe und Kaeya in die engere Auswahl gerutscht sind, die Medienabteilung zu übernehmen.” Auch eine Lüge.
Kurz glaubte Alhaitham eine Regung in den Augen des anderen gesehen zu haben, ehe dessen Mundwinkel sich zu einem falschen Lächeln hochzogen.
“Schön, schön…”

“Kaveh!” Jetzt reichte es. Ehrlich, im Grunde konnte ihm wirklich egal sein, was mit ihm war. Er war nur sein Vorgesetzter, ein Spinner, der viel zu leidenschaftlich war und gerne mal mit seinen Ideen und Kreationen übertrieb, aber  er gehörte zu den wenigen Menschen, die Alhaitham aus tiefstem Herzen respektierte und zu ihnen aufschaute.
Als wenn es ihm gefiel, ihn wie ein halbtoter Trauerkloß vor sich sitzen zu sehen.
“Um Archons Willen, werd endlich wieder vernünftig!” Gereizt erhob er sich von seinem Stuhl, umrundete den Tisch und zog etwas grob den freien Stuhl neben Kaveh unter dem Tisch hervor, um sich draufzusetzen.

Er nahm den unberührten Löffel in die Hand, tauchte ihn in die Suppe und mit der anderen Hand griff er nach Kavehs Kinn, um dessen Kopf in seine Richtung zu drehen.
“Eh…?” Er wurde angeblinzelt. Scheinbar hatte Alhaithams grobe Art ihn wieder aus seiner Trance befreit, aber ehe dieser noch irgendwas von sich geben konnte, hatte er ihm den Löffel in den Mund geschoben und zwang ihn, die Suppe runterzuschlucken.

“Ich weiß nicht, was passiert ist. Und du bist auch nicht verpflichtet, es mir zu erzählen. Du bist mein Chef, mehr nicht. Von mir aus kannst du morgen auch wieder verschwinden, wenn es dir hier nicht gefällt. Ich habe es dir nur einmal angeboten, was du daraus machst, ist deine Sache”, knurrte Alhaitham und schob ihm den nächsten Löffel in den Mund. “Aber solange du hier bist, hast du meinen Worten Folge zu leisten. Hier bin ich der Chef. Und wenn ich sage, du isst, hast du zu essen.”

“Bwah, Alhaitham, warte!” Kaveh hatte sich verschluckt, als der dritte Löffel in seinem Mund landete. Er drückte seine Hand weg, drehte den Kopf auf die Seite und hustete.
“Du bist alles, nur nicht süß. Ich leide und bin super traurig und du bist so grob zu mir!”, jaulte er, nachdem sich sein Husten gelegt hatte und er fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht, bis hoch zu seinem Pony, in dem er seine langen Finger vergrub und seine Augen mit den Händen verdeckte.
“Haha… in deinen Augen muss ich echt der größte Versager sein… kein Wunder hast du keinen Respekt vor mir. Hab ich ja auch nicht verd-au!”
Der Jammerlappen wurde in seinem Selbstmitleid unterbrochen, als Alhaitham ihm kommentarlos den Löffel gegen den Kopf haute.
“Halt die Klappe. Ich habe gesagt, du sollst essen.”
“Ui ui… ich kann wirklich froh sein, dass du nicht der Abteilungsleiter der Mediengestaltung bist. Da hätte keiner was zu lachen.”
“Iss.” Alhaithams Augen bohrten sich bedrohlich in die Augen des anderen und er lachte eingeschüchtert auf, griff nun nach dem Löffel, um diesen hastig in die Suppe zu tauchen.

“Sag, Alhaitham…” Da Kaveh nun selbstständig aß und auch ein wenig lebendiger wirkte als vor wenigen Minuten, war Alhaitham auch wieder milder gestimmt und überlegte gerade, wieder aufzustehen, um zu seinem Platz zurückzukehren, als er angesprochen wurde.
“Was?”
“Darf ich mir einbilden, dass du, Eisklotz, ein Herz für deinen armen blonden Vorgesetzten hast?”
Und Alhaitham bereute es, ihn nicht einfach ignoriert zu haben. Was hatte er auch erwartet? Sobald Kaveh wieder zu sich zurückfand, kam zu fast hundert Prozent Mist aus seinem Mund.
“Ich hatte die Wahl. Entweder ich lasse dich im Regen ertrinken und habe am nächsten Tag Childe und Kaeya als Vorgesetzte oder ich rette dich, damit ich mein ruhiges Arbeitsleben weitergenießen kann. Hat mit dir persönlich nichts zu tun”, blockte er ab und stand dann auf.
Aber ehe er sich gänzlich von ihm entfernen konnte, spürte er kühle Finger um sein Handgelenk und er hielt inne. Aus dem Augenwinkel blickte er zu Kaveh herunter und als er das typisch fröhliche Grinsen auf dem Gesicht seines Chefs bemerkte, machte sein Herz unwillkürlich einen kräftigen Hüpfer.
“Danke, Alhaitham.”
Es schien, als hätte das Grinsen ihn hypnotisiert. Für ein paar Sekunden starrte er ihn einfach nur an, ehe er sich besann, die Finger um sein Handgelenk löste, um sich dann endlich von ihm zu entfernen.
“Nerv mich nicht und trockne endlich deine Haare ab.”


Am nächsten Morgen:

Die Nacht war nicht so entspannend gewesen, wie sonst. Um ehrlich zu sein, hatte Alhaitham kaum ein Auge zubekommen und das lag nicht mal daran, dass Kaveh in der Nacht Unruhe gestiftet hatte. Im Gegenteil, er hatte friedlich auf der Couch geschlafen, auch wenn er vorher gemosert hatte, dass er bei Alhaitham im Zimmer schlafen wollte, weil er es nicht gewohnt war alleine zu sein.
Aber das wäre Alhaitham doch zu weit gegangen, wer wusste, wohin seine Finger sonst gewandert wären und wie sollte er sich dann erklären? Zumal Kaveh erstmal mit der Trennung mit seiner Freundin klarkommen musste - was für ein Arschloch wäre Alhaitham, wenn er ihn direkt am gleichen Abend noch bedrängt hätte?
Nein, getrennte Zimmer war seiner Meinung nach die beste Option und Kaveh hatte irgendwann aufgegeben und sich seinem [harten] Schicksal ergeben, auf der Couch nächtigen zu müssen.
Und dennoch war Alhaitham mehr wach gewesen, als dass er in den wohlverdienten Schlaf hatte abdriften können. Zu viele Gedanken waren ihm durch den Kopf geschossen. Allesamt drehten sie sich um seinen Chef, der nun vorerst sein Mitbewohner sein würde.

Das meiste, was sich Alhaitham fragte, war, was wohl gestern passiert war. Warum hatte seine Freundin… oder eher gesagt seine Exfreundin, nach einem Jahr mit ihm plötzlich Schluss gemacht? Sie schienen ja große Pläne gehabt zu haben, wenn sie sogar schon eine gemeinsame Wohnung gehabt hatten. Einen schlimmeren Tag hätte sie sich echt nicht aussuchen können und Alhaitham hasste es, dass man seinem Chef so sehr das Herz brach, dass er weinend auf der Straße hatte sitzen müssen. Wie herzlos konnte sie sein, dass sie ihn direkt rauskickte, ohne dass er die Möglichkeit hatte, sich eine neue Bleibe zu suchen? Was wäre passiert, wenn Alhaitham ihn nicht gefunden und aufgegabelt hätte?
Und je mehr er darüber nachdachte, umso wütender wurde er auf diese Frau, die er doch gar nicht kannte. Was auch besser dabei blieb, er konnte wirklich ungehalten sein, wenn jemand litt, der ihm so sehr am Herzen lag. Natürlich schlug er keine Frauen, Archon nein. Aber er würde ihr wohl Dinge an den Kopf knallen, die sie ihren Lebtag nicht mehr vergessen würde.
Ihr wünschen, dass sie nie wieder so einen herzensguten und tollen Menschen, wie Kaveh es war, an ihrer Seite haben durfte. Ja, das würde ihn befriedigen. Zwar würde es Kavehs Herz nicht heilen, aber vielleicht wäre er ihm irgendwann dankbar dafür, dass er sich so für ihn einsetzte.

Dann kam die nächste Frage. Wie sollte es mit ihnen weitergehen? Alhaitham würde Kaveh durch die schwere Zeit helfen, er würde für ihn da sein. Natürlich würde er das, er liebte ihn. Aber was, wenn der Tag kommen würde, an dem Kaveh wieder auf eigenen Füßen stand und gehen wollte? Würde Alhaitham ihn wirklich einfach ziehen lassen? Im Moment wäre er wohl so egoistisch, dass er ihn hier behalten wollen würde. Und, so gemein es klang, wünschte er sich insgeheim auch, dass Kaveh so schnell keine Lösung für sein Dilemma finden würde und es einfach mal so laufen ließ, wie es jetzt war.


So ging es die ganze Nacht weiter und ehe sich Alhaitham versah, war die Sonne aufgegangen. Von draußen hörte er Geräusche, die verrieten, dass Kaveh ins Bad gegangen war.
Ach verdammt… heute würde er wohl ein paar Kannen Kaffee brauchen, um den Tag zu überstehen.



***



“Und denk daran. Du hältst deinen Mund. Es soll niemand wissen, was passiert ist und dass ich zur Zeit bei dir wohne.”
Alhaitham hatte die Augen verdreht und seinen Blick abgewandt. Es war bestimmt jetzt das fünfte Mal, dass Kaveh ihn daran erinnerte, dicht zu halten. Dabei war nicht er derjenige, der zu viel plauderte, aber bitte… wenn er sich damit besser fühlte…

“Chef. Wir stehen gemeinsam vor dem Arbeitszimmer. Uns kann jeder zusammen sehen. Und du machst dir Gedanken darüber, dass ich etwas verraten könnte? Wenn jemand etwas durchscheinen lässt, dann bist du es selbst. Wenn du keine Probleme hast, machst du dir welche.” Damit ließ Alhaitham Kaveh stehen. Er hatte sich abgewandt, die Tür geöffnet und lief mit großen Schritten auf seinen Schreibtisch zu und nickte Diluc zu, der schon dort saß und auf seinen Bildschirm schaute.
“Alhai… du…!”, hörte er ihn fluchen, aber Alhaitham ignorierte ihn nun und ließ sich auf seinem Stuhl nieder, legte seine Aktentasche neben sich ab und kramte die Notizen für sein Projekt heraus.

“Dicke Luft?”, fragte Diluc, ehe er kurz danach leise schnaufte. “Was frag ich. Natürlich. Es wäre eher ungewöhnlich, wenn ihr euch verstehen würdet.”
Für einen Moment schwieg er und als er im Augenwinkel sah, dass Kaveh ihn ganz genau im Auge hatte, huschte ihm ein gehässiges Grinsen über die Lippen.
“Es ist gestern einiges passiert. Wusstest du, dass ich jetzt einen Mitbewohner habe?”
Es krachte laut, Kaveh hatte gerade Bücher wegräumen wollen, als diese ihm aus der Hand fielen.
“Alhaitham! Was hab ich…”
“Heh…” Amüsiert grinste Alhaitham vor sich hin und fuhr seinen Computer hoch, während Kaveh im Hintergrund ordentlich zeterte und die Bücher wieder aufsammelte, die er hatte fallen lassen.

Diluc hatte eine Augenbraue in die Höhe gezogen und sah Alhaitham an, dann glitten seine roten Augen zu ihrem gemeinsamen Chef, ehe er wohl zu verstehen schien.
“Das… musst du mir genauer erklären.”
“Später. Du arbeitest doch heute Abend wieder in der Taverne, oder? Ich komm auf einen Drink vorbei.”
Diluc nickte und damit war es beschlossene Sache. Hey, er hatte nichts verraten, er hatte nur erwähnt, dass er einen neuen Mitbewohner hatte. Dass Diluc nun selbst drauf gekommen war, wer es war, ging auf Kavehs Kappe. War schließlich nicht sein Wille gewesen, daraus ein Geheimnis zu machen, also musste Kaveh eben an seinen Schauspielkünsten üben, wenn es ihm so peinlich war.

Dass er den Rest des Tages von Kaveh ignoriert wurde, war das schönste Geschenk, das sein Boss ihm hatte machen können~
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