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Perspektiventausch

von Vronal
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / Het
Draco Malfoy Harry Potter Hermine Granger Lucius Malfoy Narzissa Malfoy Pansy Parkinson
26.02.2023
22.07.2023
20
93.513
62
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Dieses Kapitel
3 Reviews
 
 
26.02.2023 5.934
 
Perspektiventausch


Vorwort

Kurzbeschreibung:
Fortsetzung zu Perspektivenwechsel. Vieles ist eine Frage der Perspektive und früher nicht immer besser. Jetzt wartet auf Hermione und Draco nur noch das Leben. Oder?

Hauptpairing:
Hermione Granger x Draco Malfoy

Raiting: P18

Anmerkung:
Ein herzliches Hallo zur Fortsetzung von Perspektivenwechsel. Perspektiventausch baut auf die Geschehnisse der Vorgeschichte auf, daher empfiehlt es sich, zunächst Perspektivenwechsel zu lesen. Ansonsten entgehen euch eventuell manche Hintergrundinfos oder Feinheiten in der Erzählung. Wen das nicht stört, ist selbstverständlich dazu eingeladen, nur Perspektiventausch zu lesen.
Vorsichtshalber noch folgender Hinweis: Falls ihr vorab Trigger-Warnungen erhalten wollt, weil ihr auf manche Themenbereiche sensibel reagiert, schreibt mir gerne eine Nachricht.

Die Idee:
Wie auch bei Perspektivenwechsel teilen sich die Kapitel in verschiedene Monate, wobei die Zeitabstände in Perspektiventausch deutlich größer ausfallen werden. Es ist eine Geschichte über Hermiones und Dracos Leben nach dem Perspektivenwechsel, also eigentlich keine "klassische" Geschichte mit einer runden Handlung, sondern eher eine Aneinanderreihung von Ausschnitten aus ihrem Leben. Im Gegensatz zu Perspektivenwechsel wird nicht alles aus Dracos Sicht erzählt - wir tauschen also mehrmals die Perspektive - und ich bin unglaublich gespannt, wie euch diese Art der Fortsetzung zusagen wird. Ich freu mich auf eure Reaktionen!

Vorgeschichte: Perspektivenwechsel

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September 1999

Monica und Wendell Wilkins waren 42 Jahre alt, davon 19 Jahre miteinander verheiratet, als sie plötzlich im Sommer 1997 – für ihre Freunde und Bekannte vollkommen überraschend – beschlossen, dass das nicht alles im Leben gewesen sein konnte und den Entschluss fassten nach Australien auszuwandern.

Sie verkauften ihre Zahnarztpraxis an einen fähigen Kollegen, bei dem sie ihre Patientinnen und Patienten in guten Händen wussten und saßen nur wenige Tage darauf in einer Boeing 747-400 von London nach Sydney. Sie wussten, dass die Menschen ihrem Umfeld das für überstürzt und wenig durchdacht hielten und vermutlich hatten sie Recht – aber sie waren kinderlos und hatten nicht zuletzt durch den Praxisverkauf genügend finanziellen Puffer, um sich das erste Mal in ihrem Leben spontan ins Ungewisse stürzen zu können – was sollte schon passieren?

Monica und Wendell Wilkins hatten zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, dass sie von den 19 Jahren, in denen sie miteinander verheiratet waren, 18 Jahre lang eine Tochter hatten. Und dass sie bis vor jenem Tag im Sommer 1997 Jean und Erich und ihre Tochter Hermione Granger hieß.

Als Monica und Wendell sich nach monatelanger Rundreise schlussendlich in Melbourne niederließen hatten sie angenommen, dass sich nun endlich ein Gefühl des Ankommens einstellen müsste. Die Stadt war modern, die Kunst- und Kulturszene groß, die Strände ein Traum und nicht zuletzt war Melbourne bekannt für den hervorragenden Kaffee, den Mr. Wilkins trotz der britischen Teekultur am Nachmittag nicht missen wollte.

Den Melburnians ist die Kaffeebohne fast so heilig wie den Engländern der Fußball, mehr als 30 Tonnen Kaffee kamen täglich im Hafen von Melbourne an (was im Vergleich zur Einwohnerzahl eine ganze Menge ist) und die Wilkins überlegten selbst ein Café zu eröffnen, um eine neue Aufgabe im Leben zu haben. Doch als Ausländer in Australien eine Arbeitserlaubnis zu erlangen war nicht einfach und so musste der Traum vom eigenen Café noch eine Weile warten.

Und nicht nur das war es, was bei Monica und Wendell den Eindruck erweckte, dass ihnen etwas fehlte. Es war… seltsam. Sie konnten das Gefühl nicht benennen. Es war subtil und es gelang ihnen nicht, es zu greifen. Ein Gefühl, dass sie beide nicht ruhen ließ. Als wären sie auf der Suche nach etwas, das sie erst benennen könnten, wenn sie es gefunden hätten.

Vielleicht verharrten sie auch deshalb in Melbourne. Denn irgendwie war es auch dieses Gefühl, das sie hier hielt und nicht nach Großbritannien zurückkehren ließ.

Daher war es eigentlich ein gewöhnlicher Dienstag – der erste Dienstag im September, der Monat daher schon fast eine Woche alt, da der 01. September auf einen Mittwoch gefallen war – an dem Monica und Wendell routinemäßig am frühen Morgen in ihrem Stammcafé frühstückten und zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, dass sie an diesem Tag die Vergangenheit einholen würde.

Das Café Bewitched hatten sie bereits in ihrer ersten Woche in Melbourne entdeckt und es verzauberte in der Tat. Mit außergewöhnlich gutem Kaffee, klassischem englischen Tee, unglaublich leckeren Kuchen und Torten (und laut Monica die besten Scones, die man außerhalb der britischen Inseln und neben ihren eigenen finden konnte) und dem warmherzigen Personal, dank dessen sie sich sofort willkommen gefühlt haben. Denn trotz der Großstadt, die Melbourne nun mal war, kamen werktags zu dieser Uhrzeit fast ausschließlich Stammgäste.

Doch an diesem Tag betraten zwei unbekannte Gesichter das Café. Zumindest hätte sich Monica daran erinnern können, wenn es sich um Stammgäste gehandelt hätte, da sie von ihrem Stammplatz jeden Morgen beobachtete, wer das Café betrat. Und diese beiden wären ihr gewiss in Erinnerung geblieben.

Ein großgewachsener junger Mann mit sehr hellem Haar betrat das überfüllte Lokal. An seiner Seite eine ebenso blonde, schlanke Frau, älter als der Mann und ein wenig kleiner, aber die Ähnlichkeit der Gesichtszüge war nicht abzustreiten. Die Frau trug Jeans und eine klassische weiße Bluse, die sie mit einer smaragdgrünen Wildlederjacke kombiniert hatte und alles in allem versprühten beide eine natürliche Eleganz, die Monica verblüfft innehalten ließ.

„Wendell, hast du die beiden schon einmal gesehen?“, fragte sie ihren Mann. Wendell kam schon immer leicht mit Leuten ins Gespräch und schon oft hatte es Monica verwundert, wenn er nach kurzer Zeit Geschichten über sämtliche Nachbarn erzählen konnte. Während ihr die seltsamsten Dinge auffielen und in Erinnerung blieben, konnte er in der Regel schnell die Erklärung dazu liefern.

Wendell setzte sich kurzerhand auf ihre Seite des Tisches, um die Neuankömmlinge besser mustern zu können. „Hm. Ziemlich fein für hier, oder?“

Offenbar auf der Suche nach einem freien Platz blieb der Blick der Beiden an Monicas und Wendells Tisch hängen.

„Aber vielleicht erfahren wir es gleich“, sagte daher Wendell, als die zwei blonden Personen den Weg durch das volle Lokal in ihre Richtung einschlugen.

„Guten Tag, ist hier zufällig noch frei?“, fragte die blonde Dame lächelnd, als sie an ihren Tisch trat. Monica konnte sehen, wie der junge Mann daneben sie neugierig musterte.

„Natürlich, setzen Sie sich doch“, sagte Monica und deutete auf die gegenüberliegenden Plätze. „Morgens ist es hier immer recht voll. Aber das Frühstück ist sehr zu empfehlen.“

„Vielen Dank, das ist sehr freundlich“, sagte die Frau und Monica meinte, einen feinen britischen Akzent zu hören.

„Mein Name ist Narcissa und das ist mein Sohn Draco“, stellte die Frau sich und den jungen Mann vor, nachdem sie Platz genommen hatten. Für seine Mutter sah sie erstaunlich jung aus, stellte Monica fest.

„Sehr erfreut, mein Name ist Monica und das ist mein Mann Wendell“, stellte Monica sich und ihren Ehemann vor, „Sie haben außergewöhnliche Vornamen.“

„Das stimmt wohl. Das liegt in der Familie, nicht wahr Draco“, sagte Narcissa und ihr Sohn nickte wortkarg.

„Entschuldigen Sie die Frage“, sagte Wendell, „aber Sie sind nicht von hier, oder? Verzeihen Sie meine Neugier, aber wir selbst sind erst vor gut zwei Jahren nach Australien ausgewandert und freuen uns immer britischen Akzent zu hören.“

Narcissa lachte auf. „Das haben Sie gut erkannt, Wendell. Wir sind aus England. Wiltshire, um genau zu sein.“

„Oh wie schön. Ein Ort mit Geschichte. Und bekannt für seine Architektur, nicht wahr? Viele Herrenhäuser und Schlösser“, sagte Wendell begeistert.

„Das ist richtig. Sie kennen sich mit englischer Geschichte aus?“

„Sie müssen wissen, mein Mann liebt es zu lesen und verschlingt alles, was ihm zwischen die Finger kommt“, sagte Monica und lächelte ihren Mann warm an. „Manchmal glaube ich, er ist nur mit mir nach Australien, um mehr Zeit zum Lesen zu haben, während ich Gelegenheit habe mir das Land anzuschauen. Jetzt sind wir schon zwei Jahre hier. Es scheint, als würde uns irgendetwas hier festhalten“, erklärte Monica und Narcissa nickte. „Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen.“

„Vielleicht können Sie es mir bei Gelegenheit erklären, ich verstehe es nämlich manchmal selbst nicht“, sagte Monica und lachte.

Monica freute sich über die nette Zufallsbegegnung. Sie frühstückten entspannt miteinander, waren schnell beim Du angekommen und Narcissa erzählte, dass sie eigentlich nur ihren Sohn und dessen Freundin für eine Etappe ihrer Australienreise begleite, bevor beide ihr Studium beginnen würden, da ihr Mann derzeit verhindert sei und sie ohnehin nicht die ganze Zeit allein zuhause verbringen wollte.  

Draco sagte, dass sie erst am Anfang ihrer Reise waren und keine feste Route geplant hatten. Doch als Wendell ihm anbot, dass er ihm einige Reiseführer geben könnte, die bei ihm nur noch im Regal verstaubten, sagte er erfreut zu.

„Wisst ihr was? Kommt doch heute Nachmittag alle gemeinsam zum Tee vorbei“, schlug Monica daher aus einem Impuls heraus vor und Narcissa und Draco nahmen das Angebot gerne an.

„Warum hast du sie eingeladen?“, fragte Wendell verwundert nachdem sie sich verabschiedet hatten, da normalerweise er derjenige war, der deutlich offener als seine Frau neue Kontakte schloss.

„Ich… weiß es nicht genau“, sagte Monica und war selbst von ihrer Spontanität überrascht. „Nur so ein Gefühl.“

***


Nervös strich Draco sein Hemd glatt, als er mit seiner Mutter vor dem Bewitched stand. Seit einer Woche war er nun mit Hermione und in Begleitung seiner Mutter in Australien und manchmal glaubte er, in einem Paralleluniversum gelandet zu sein.

Als er seine Mutter zum ersten Mal in Muggelklamotten sah, konnte er nicht anders, als sie anzustarren, weil der Anblick so ungewohnt war.

„Sag jetzt bloß nicht, dass es lächerlich aussieht, Draco“, hatte sie gesagt, aber Draco schüttelte den Kopf. „Du siehst sehr schön aus, Mum.“ Und sie lächelte und küsste ihn auf die Wange und selten hatte Draco sich ihr näher gefühlt als in dieser Woche.

Draco dachte daran, wie aufgeregt Hermione gewesen war, als er sie nach Schuljahresende zum ersten Mal offiziell seiner Mutter vorstellte und wie erleichtert Hermione war, dass es zu keinem Eklat kam. Sie trafen sich auf neutralem Boden, da Hermione so schnell das Manor nicht betreten würde und sie sprachen nicht darüber, was dort vorgefallen war, aber am Ende sagte Narcissa, dass es sie freuen würde, sie miteinander so glücklich zu sehen.

„Bereit?“, riss seine Mutter ihn aus den Gedanken und er nickte, obwohl er sich alles andere als bereit fühlte.

Vor zwei Tagen hatten sie Hermiones Eltern in Melbourne ausfindig gemacht. Mit ein wenig Magie war es tatsächlich recht einfach gewesen, die Reiseroute von Monica und Wendell Wilkins nachzuvollziehen und es hatte nur deswegen ein paar Tage gedauert, da die Wilkins bis nach Melbourne zuvor quer durch das ganze Land gereist waren.

Und dann haben sie sie tatsächlich gefunden. Draco dachte daran, wie entrückt Hermione ausgesehen hatte, als sie zum ersten Mal seit so langer Zeit ihre Eltern erblickte. Geistesgegenwärtig hatte sie nach seiner Hand gegriffen und so fest gedrückt, dass es wehtat, während sie gemeinsam beobachteten, wie Monica und Wendell das Bewitched betraten.

„Sie sind es wirklich“, hatte sie fassungslos gehaucht, „sie sind nicht tot. Sie sind es wirklich“, und Draco hatte befürchtet, sie würde gleich zu hyperventilieren beginnen, weil Hermione mit dem Wissen, ihre Eltern bald wieder bei sich haben zu können, kaum atmen konnte. Aber seine Mum war großartig, hatte einen Arm um Hermiones Schultern gelegt und sie aus der Situation geführt. „Es geht ihnen gut, Hermione“, hatte sie gesagt und es war das erste Mal, dass sie Hermione nicht Miss Granger genannt hatte, „und jetzt überlegen wir uns einen klugen Plan, wie wir ihnen ihr Gedächtnis zurückgeben können.“

Gemeinsam hatten sie beschlossen, dass zunächst nur Draco und Narcissa mit Hermiones Eltern Kontakt aufnehmen würden, da Hermione selbst nicht wusste, wie sie reagieren würde, wenn sie mit ihnen in einem Raum wäre. Und ein öffentliches Muggelcafé war für das, was sie vorhatten, nicht der passende Ort.

Und jetzt saßen sie Hermiones Eltern gegenüber und Draco war froh, dass seine Mutter das Gespräch führte, weil er kaum ein Wort herausbrachte. Es war erstaunlich, wie ähnlich Hermione ihren Eltern war. Er sah Hermione in dem warmen Lächeln ihrer Mutter als diese ihren Vater anlächelte, so wie Hermione oft ihn anlächelte und er erkannte sie in der Art ihres Vaters, wenn er genauso begeistert von Büchern sprach, wie Hermione es tat.

Bei Merlin, das waren sozusagen seine Schwiegereltern in spe – wenn auch in weit entfernter spe, denn vielleicht sollte er sich nach ein paar Monaten Beziehung nicht bereits darüber Gedanken machen – aber es waren die Eltern seiner Freundin und er sollte vielleicht nicht dasitzen wie ein stummer Fisch, wenn er einen guten Eindruck machen wollte.

Und am Ende war es gar nicht so schwer, die Wilkins zu einem Treffen in kleinerem Rahmen zu bewegen.

***


Als Hermione nur noch eine Tür zwischen ihren Eltern und ihr trennte, war sie unglaublich nervös.

Schon allein als sie gestern das erste Mal nach so langer Zeit von der anderen Straßenseite ihre Eltern beobachten konnte, hätte es ihr fast den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber sie hatte sie gefunden. Sie lebten. Und sie wirkten glücklich miteinander und sofort war Hermione sich unsicher gewesen, ob sie ihnen mit der Rückgabe ihrer Erinnerungen nicht ihr Glück nehmen würde. Aber es war Narcissa, die ihr den Gedanken ausgeredet hatte, da sie fest davon überzeugt war, dass Eltern sich immer für ihre Kinder entscheiden, wenn sie vor die Wahl gestellt werden würden.

Hermione hatte sich im Vorfeld kaum darum Gedanken gemacht, wie es sein würde so viel Zeit mit Narcissa Malfoy zu verbringen, da sie viel zu sehr mit den Gedanken an ihre Eltern beschäftigt war.

Erst am Tag vor ihrer Abreise – Harry hatte ihnen einen Portschlüssel vom Ministerium organisiert, da es leichter war, als Potter einen Portschlüssel ins Ausland zu bekommen, als als Malfoy – kam die Erkenntnis, dass sie tatsächlich mit Narcissa Malfoy um den halben Kontinent reisen würde. Hermione war bei Harry und Ginny am Grimmauldplatz zu Gast, den die Beiden für die aufwendigen Renovierungsarbeiten bezogen hatten (und außerdem hatte Harry sich unter den wachsamen Augen von Molly Weasley nicht einmal getraut, die Nächte in Ginnys Zimmer zu verbringen und das war nun wirklich auf Dauer keine Lösung, wenn man verliebt ist), als sie Panik überkam. „Ich muss vollkommen verrückt sein“, hatte sie gesagt und Harry und Ginny entgeistert angesehen.

„Das hab ich dir schon versucht zu erklären, als du mir erklären wolltest, dass Malfoy nett geworden sei“, sagte Harry und lachte, als er Hermiones angesäuerten Blick gesehen hat.

„Hermione, mach dir keine Sorgen. Dracos Mutter hat es doch selbst angeboten, hast du erzählt. Und euer Kennenlernen lief doch gar nicht schlecht. Es wäre ein wirklich aufwendiger Plan, wenn alles nur vorgetäuscht gewesen wäre, um dich hinterrücks zu verhexen“, sagte Ginny und beruhigte Hermione damit kein bisschen.

„Also wenn du meine kompetente Meinung als erfahrener Malfoy-Beobachter hören möchtest“, sagte Harry und setzte sich übertrieben aufrecht in seinem Stuhl auf, "schon damals vor dem Zaubergamot machte er auf mich einen ziemlich verstrahlten Eindruck, wenn er dich angesehen hat. Ich glaub, das ist ein gutes Zeichen.“

Hermione musste lachen und Harry grinste zufrieden, da sein Vorhaben, sie von der bevorstehenden Reise abzulenken, funktioniert hatte.

Und jetzt stand Hermione tatsächlich mit Draco und seiner Mutter hier vor der Tür ihrer Eltern und drückte mit angehaltenem Atem die Türklingel ihrer Eltern.

***


Monica öffnete die Tür, als es überpünktlich klingelte.

„Schön, dass ihre gekommen seid, kommt doch rein. Du musst-“ Monica erstarrte, als sie Dracos Freundin sah.

Da war es wieder. Dieses seltsame Gefühl. Subtil und nicht zu greifen.

Verblüfft betrachtete die junge, zierliche Frau mit lockigem Haar und braunen Augen, die exakt wie die Augen Wendells aussahen. Vielleicht war sie deswegen so überrascht, weil es selten war, dass zwei fremde Personen so ähnliche Augen hatten.

„Ich bin Hermione“, sagte sie und damit war der Moment vorbei und Monica schüttelte verwirrt den Kopf, als sie die drei in den Wohnbereich folgte.

Neugierige betrachteten ihre Gäste das Appartement und nahmen an dem Esstisch vor der großen Fensterfront Platz, an dem schon zum Tee eingedeckt war.

„Oder wollt ihr lieber Kaffee? Melbourne ist bekannt dafür“, fragte Wendell. Draco bejahte und beobachtete fasziniert, wie Wendell Kaffee an einer Siebträgermaschine zubereitete. „Die Maschine war ein Grund dieses Appartement zu mieten“, sagte Wendell und lachte.

„Draco trinkt nachmittags auch immer lieber Kaffee“, sagte Hermione und Monica betrachtete sie nachdenklich. Sie hatte ‚auch‘ gesagt, als wüsste sie, dass Wendell jeden Nachmittag eine Tasse Kaffee trank. Aber vermutlich war es naheliegend bei der Leidenschaft für Siebträgermaschinen.

Das Gespräch zwischen ihnen allen war entspannt bis Wendell ankündigte, die Reiseführer zu holen. Narcissa bat ihn zu bleiben.

„Um ehrlich zu sein, sind wir nicht wegen der Reiseführer hier“, sagte sie und Monica sah, wie Wendell die Stirn runzelte. „Ich versteh nicht ganz.“

„Wir wollten uns ungestört mit euch unterhalten, da das Folgende nichts ist, was man auf die Schnelle besprechen kann.“

Und dann riss es Monica und Wendell den Boden unter den Füßen, da das, was folgte, zu unglaublich war, als dass es ausgedacht sein könnte. Während Narcissa die Grundzüge ihres Kommens erklärte, sah Monica wie gebannt auf Hermione, sah diese vertrauten Augen – Wendells Augen –, die mit Tränen gefüllt waren, sah wie ihre schmale Hand verkrampft Dracos hielt und sah immer wieder zu Wendell, der ungläubig den Kopf schüttelte.

„Wenn sie dazu bereit wären, könnten Draco und ich ihre verlorenen Erinnerungen wieder verknüpfen“, endete Narcissa und sah sie abschätzend an.

„Ich denke, es wäre besser, wenn sie jetzt gehen würden“, sagte Wendell gepresst und stand auf. „Ich weiß nicht, wer sie wirklich sind und was das hier soll, aber sie müssen selbst einsehen, dass diese ganze Geschichte von Zauberei und Vergessenszaubern und einer Tochter, die wir vergessen haben sollten, ziemlich unglaubwürdig klingt.“

„Bitte Wendell,“, sagte Monica und zog ihn wieder auf seinen Platz, da es ihr das Herz brach, das Mädchen weinend vor sich sitzen zu sehen.

„Ich weiß, dass du… Wendell… nachmittags immer Kaffee trinkt, weil du Schwarztee nur morgens verträgt und alles andere für dich kein richtiger Tee ist“, begann Hermione zögerlich. „Und dass du es liebt zu lesen, egal welches Genre. Außer Groschenromane, weil die selbst für den Flohmarkt zu schäbig sind.“ Hermione lächelte und Monica spürte, wie ihr nun selbst Tränen in die Augen traten. „Am liebsten hast du zuhause immer auf der Couch gelesen, auch wenn du dabei oft eingeschlafen bist und dich dann beschwert hast, dass sie zu unbequem ist. Und dass du Mum damals in Paris gefragt hat, ob sie dich heiraten möchte. Am 24. Dezember 1976. Und bevor sie Ja gesagt hat, hat sie dich gefragt, ob du vollkommen verrückt seist, weil ihr noch nicht einmal mit dem Zahnmedizinstudium fertig wart. Ich hab’s geliebt, diese Geschichte zu hören.“ Hermione schniefte. „Bitte ich… ich weiß nicht, was ich sagen soll, damit ihr mir glaubt.“

„Wendell, überleg doch einen Moment“, sagte Monica und wischte sich die Tränenn aus den Augenwinkeln, „es würde alles endlich Sinn ergeben.“

„Sinn ergeben? Das ist doch… abstrus“, sagte Wendell und wusste sichtlich nicht, was er denken sollte.

„Natürlich. Aber wie oft haben wir uns darüber unterhalten, dass wir nicht wissen, was wir hier noch sollen. Haben uns gefragt, was in uns gefahren ist, dass wir auf einmal Hals über Kopf aus einem Impuls heraus das Land verlassen. Schau sie dir an, Wendell“, sagte Monica und richtete ihren Blick wieder auf Hermione. „Es sind deine Augen. Spürst du das nicht? Dieses Gefühl.“

***


Für Narcissa gab es in dieser Woche viele erste Male. Das erste Mal in Australien, das erste Mal in Muggelcafés und das erste Mal, dass sie ihren Sohn so offen verliebt sah.

Auch wenn sie es natürlich bereits vorher erkannt hatte – spätestens an dem Tag von Dracos Prozess vor dem Zaubergamot – war es etwas anderes, die Freundin ihres Sohnes vorgestellt zu bekommen, als die Gelegenheit zu bekommen, Zeit mit beiden zu verbringen.

Narcissa war nie der Typ, der Offensichtliches verdrängen wollte. Und sie konnte ihren Sohn verstehen.

Sie war klug und hübsch und äußerst schlagfertig, was sie manchmal an Lucius‘ und ihre besten Zeiten erinnerte, wenn sie sich gegenseitig kabbelten. Etwas, was sowohl Lucius, als nun auch Draco gut tun würde, da das Ego der Malfoy Männer sonst ungeahnte Größen annehmen, wenn man sie nicht hie und da bremsen würde. Narcissa mochte Hermione.

Und sie konnte sehen, wie Hermione Draco auf eine Art und Weise ansah, die keine Zweifel offen ließ und wie verbissen Draco die letzten beiden Monate seit seinem Abschluss an seiner Legilimentik gearbeitet hatte, um Hermione helfen zu können. Narcissa war sehr stolz auf Draco.

Es war nicht schwierig gewesen, Jean und Erich Granger anhand ihrer Decknamen zu finden. Schwieriger war es sie dazu zu bringen, freiwillig Legilimentik an sich anwenden zu lassen. Dann Erinnerungen zu verknüpfen, wenn sich der Geist des Gegenübers sträubte, war nahezu unmöglich und wenn dann nur auf äußerst schmerzhafte Weise.

Aber wie schon in der Vergangenheit des Öfteren festgestellt, durfte man nie die Liebe einer Mutter unterschätzen. Und neben Hermione war es schließlich Monica Wendell, die ihren Mann überzeugen konnte.

Narcissa hatte mit Draco zuvor besprochen, dass sie sich Mrs. Grangers Erinnerungen annehmen würde – von Mutter zu Mutter – und Draco sich um Mr. Granger kümmern sollte. Narcissa würde ihm gegebenfalls zur Hilfe eilen, da sie in Legilimentik geübter und vermutlich schneller mit der Aufhebung des Vergessenszaubers fertig sein würde.

Legilimentik konnte sehr kräftezehrend sein, insbesondere für ungeübte Legilimentiker und vermutlich hätte selbst Narcissa, die Legilimentik seit ihren Teenagerjahren praktizierte, ohne Dracos Hilfe die Erinnerungen zweier Personen auf zwei Tage verteilt herstellen müssen, um keine Fehler zu riskieren.

Hermione war zitternd aufgestanden und einen Schritt zur Seite getreten, sodass Draco und Narcissa nun ihren jeweiligen Legilimentikpartnern direkt gegenübersaßen. Sie zogen ihre Zauberstäbe und Narcissa bemerkte, wie Monicas und Wendells Blick sich unruhig darauf konzentrierten.

„Wir müssen Augenkontakt halten“, sagte Draco und räusperte sich. Wendell hob daraufhin seinen Blick und Draco kam es vor, als würde er geradewegs in Hermiones Augen sehen, die Ähnlichkeit war wirklich verblüffend.

„Es fühlt sich vielleicht im ersten Moment etwas komisch und kalt an, wenn ich in Ihren Geist eindringe, aber es ist wichtig, dass sie sich nicht zurückziehen und auf keinen Fall den Blickkontakt unterbrechen. Bereit?“

Monica und Wendell nickten.

„Legilimens.“

Draco fühlte augenblicklich, wie er in Wendells Geist gezogen wurde und versuchte, sich behutsam durch die wirren Gedanken zu bewegen. Man merkte ihm an, wie sehr ihn das vorherige Gespräch aufgewühlt haben musste. Draco fühlte die Verwirrung und den Unglauben, der von ihm ausging, aber zugleich auch die Hoffnung, die durch das Gesagte in ihm geweckt wurde.

Draco sah Erinnerungsfetzen der letzten zwei Jahre, aber schob sie vorsichtig beiseite, da er nach etwas anderem suchte. Etwas, das viel weiter verborgen war.

Und dann sah er sie.

Lose silberne und goldene Fäden, die zwischen all diesen Erinnerungen rum schwirrten. Fäden, die es zu verknüpfen galt.

Es war mühsam und anstrengend und Draco kam gut, wenn auch nur langsam voran.

Es waren nicht viele lose Fäden übrig, vielleicht vier oder fünf, als er merkte, wie ihm die Kraft schwand. Er spürte seine Hand um den Zauberstab zittern und fühlte kalten Schweiß auf seiner Stirn.

Und dann legte sich eine vertraute Hand auf seine, umfasste mit ihm den Zauberstab und er spürte die Präsenz seiner Mutter, die in seinem – oder in Wendells, so genau konnte er es nicht sagen – Kopf war.

„Du hast es gleich geschafft“, hörte Draco seine Mutter sagen und er wusste nicht, ob sie es nur gedacht oder tatsächlich laut gesagt hatte. Er konnte die kühle Magie seiner Mutter durch sich hindurchfließen fühlen und das war merkwürdig beflügelnd, sodass er auch die letzten Knoten knüpfen konnte, bevor er sich langsam aus Mr. Grangers Kopf zurückzog.

Draco war nassgeschwitzt.

Schwer atmend sah er zu Jean und Erich, die wie erstarrt auf ihren Stühlen saßen. Man konnte anhand ihrer Gesichter mitverfolgen, wie sich die Erinnerungen in ihrem Köpfen neu sortierten. Erkenntnis machte sich in ihrem Blick breit. Schmerz. Unglaube. Trauer. Liebe.

Fassungslos sahen sie Hermione an, die immer noch neben ihnen stand.

Und dann schienen alle Erinnerungen auf dem richtigen Platz zu sitzen, als die Grangers Hermione in ihre Arme zogen und man leises Schluchzen hörte. „Wie konnten wir dich nur vergessen“, hörte Draco Hermiones Vater murmeln. „Ist schon gut, Dad“, schniefte Hermione.

Draco lehnte sich erschöpft in seinem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen, als seine Mutter ihm über die verschwitzte Stirn strich. „Hervorragend, Draco“, flüsterte sie, um den Moment nicht zu stören. „Wir sollten ihnen vielleicht einen Moment lassen.“ Er nickte und wollte aufstehen, stellte aber fest, dass sich dabei alles drehte und ließ sich schwankend wieder auf seinen Stuhl sinken.

„Draco, geht es dir gut?“, hörte er Hermione fragen und spürte, wie sie an seine Seite trat und ihm zärtlich durch die Haare strich. Er nickte an sie gelehnt. „Nur ein wenig schwummrig.“

„Oh richtig, da fällt mir ein-“, sagte Hermione und kramte in ihrer Umhängetasche mit schier endlosem Inhalt. Kurzerhand schnappte sie sich daher Dracos Zauberstab vom Tisch. „Accio Stärkungstrank.“ Eine kleine Phiole kam aus der Tasche direkt in Hermiones Hand geflogen.

„Hier, trink das“, sagte sie und reichte die Phiole Draco. „Warum überrascht es mich nicht, dass du Tränke in dieser komischen Tasche rumträgst?“ Er beäugte kritisch das Fläschchen.

„Angewohnheit von früher“, sagte sie lächelnd. „Schau nicht so kritisch, den hab ich selbst gebraut.“

„Hm“, sagte Draco und hielt den Trank gegen das Licht, um zu sehen, ob er eine Trübung aufwies.

„Werd bloß nicht unverschämt, ich hab in Zaubertränke einen halben Punkt mehr als du bekommen, Malfoy“, sagte Hermione. Er grinste, entkorkte aber die Phiole und exte das Fläschchen. Sofort kehrten seine Lebensgeister kehrten zurück.

„Der halbe Punkt war eine Frechheit. Das war dein Slughorn-Club-Vorteil.“

„Natürlich“, sagte sie und nahm ihm das Fläschchen aus der Hand, um es zurück in ihre Tasche gleiten zu lassen, „kaum fällst du nicht mehr halb vom Stuhl, meinst du wieder Oberwasser zu haben, hm?“ Hermione lachte und sah glücklich zu ihren Eltern, die sie und Draco neugierig betrachteten.

„Ich weiß nicht, wie ich ihnen danken soll“, sagte Erich an Narcissa und Draco gerichtet. „Es tut mir Leid, dass ich so misstrauisch war.“

„Alles andere hätte mich gewundert, Mr. Granger“, entgegnete Naricissa.

„Oh bleiben wir doch beim Du. Ich heiße… Erich.“

„Gerne, Erich.“

„Malfoy war der Nachname, nicht wahr?“, sagte Jean und Draco sah, wie Jean dabei ihre Tochter belustigt musterte, die immer noch an Draco gelehnt stand

„Wie der Malfoy, der sich damals mit Arthur bei Flourish & Blotts geprügelt hat?“

„Ähm ja, das war mein Vater, Mrs. Granger.“

„Jean“, lächelte sie.

„Geprügelt?“, fragte Narcissa und man merkte ihr an, dass sie sich um einen beherrschten Tonfall bemühte. „Ich kenne nur einen Arthur. Draco, hat sich dein Vater mit Weasley senior… geprügelt?“

Draco wandte sich unter dem Blick seiner Mutter.

„Äh… möglicherweise gab es da mal einen kleinen Zwischenfall. Aber das ist schon sieben Jahre her.“

„Und warum hielt es keiner für notwendig, mir von diesem Zwischenfall zu erzählen?“

„Du warst ohnehin schon sauer, als du erfahren hast, dass Vater mich zu Borgin und Burkes-“

„Das war am gleichen Tag? Der Ärger war wohl berechtigt. Dieses Gesindel ist auch kein Umgang für einen zwölfjährigen Jungen. Und dann hatte er nicht mal den Mumm mir die ganze Geschichte zu erzählen.“ Narcissa schüttelte fassungslos den Kopf.

„Sie wurden recht schnell von Hagrid getrennt", versicherte ihr Hermione lachend.

Entgeistert sah Narcissa sie an. „Bei Merlin, wie zwei Schuljungen.“

***


Ein paar Tage später saß Hermione mit Narcissa und ihrer Mum beim Tee. Ihr Vater regelte die letzten Formalitäten für ihre Rückreise nach England („Natürlich kommen wir mit euch zurück, das ist doch wirklich keine Frage!“) und Draco wollte nochmals in das australische Pendant zur  gehen („Hier erkennt mich wenigstens nicht jeder als den Malfoy-Sohn.“)

Das Gespräch zwischen Hermione und ihren Eltern war lang und schmerzhaft gewesen, die Flut an Erinnerungen, die nach Verknüpfung der losen Gedankenstränge auf ihre Eltern eingeprasselt waren, reißend. Es war schwer für ihre Eltern zu ertragen, dass nun auf einmal ihre Tochter vor ihnen stand. Ihre Tochter, um die sie sich zuletzt so sehr gesorgt hatten, weil sie wussten, dass in der magischen Welt ein Krieg bevorstand, bevor sie sie einfach… vergessen hatten.

Und nun stand sie da und wirkte mit einem Mal so erwachsen, dass es unbestreitbar war, dass Hermione Schreckliches erlebt haben musste. Die ersten Stunden hatten ihre Eltern sie kaum loslassen wollen aus Angst, dass sie einfach wieder verschwinden würde.

Hermione sah das Entsetzen in ihren Augen, als sie zum ersten Mal die ungeschönte Wahrheit erzählte. Nicht nur von dem Jahr, in dem sie mit Harry und Ron unterwegs war, sondern auch von den Erlebnissen zuvor. Denn bislang hatte sie stets versucht, sämtliche Ereignisse der letzten Schuljahre, die auch nur entfernt mit dem Krieg und Voldemort zu tun hatten, zu beschönigen. Nicht zuletzt, weil ihre Eltern damals im zweiten Schuljahr sie schon fast von der Schule nehmen wollten, nachdem sie von der Versteinerung durch den Basilisken erfahren hatten und Professor McGonagall musste sie damals überzeugen Hermione auf Hogwarts zu lassen, da ihr ansonsten eine große Chance entgehen würde.

Aber es waren ihre Eltern und nach all der Zeit hatten sie die ganze Wahrheit verdient.

Und zwischen all dem Schmerz, da es Hermione nach wie vor nicht leicht fiel über den Krieg zu sprechen, auch wenn sie durch ihre Therapie, die sie in Hogwarts begonnen hatte, bereits einige Fortschritte verzeichnen konnte, bereitete es ihrer Mum - Hermiones Meinung nach - eindeutig zu viel Vergnügen sie zu Draco auszufragen.

Möglicherweise, weil Hermione früher in den Sommerferien ziemlich oft von Draco gesprochen hatte, meistens um zu erwähnen, dass er ein unverschämter, arroganter Snob war, der sich zu viel auf sein Aussehen und seine Herkunft einbildete und Jean hatte schon damals zu Hermione gesagt, dass man sich nur über jemanden ärgert, wenn es einem interessierte, was derjenige von einem denkt.

„Das ist Blödsinn, Mum“, hatte sie damals gesagt, „Malfoy interessiert mich absolut überhaupt gar nicht.“ Und jetzt war sie hier mit zwei Malfoys in Australien und ihre Mum hatte natürlich wieder einmal Recht behalten.

Wenn sie in der Vergangenheit die jetzige Situation zu sehen bekommen hätte, sich selbst mit ihrer Mum und Narcissa Tee trinkend, wäre sie felsenfest davon überzeugt gewesen, dass es sich um eine Fälschung der Zukunft handeln müsste. Aber nun war es ein erstaunlich schöner Moment.

Hermione sah auf, als sich die Tür zum Wohnraum öffnete und erschrak, als sie Draco mit bleichem Gesicht in der Tür stehen sah.

„Was ist passiert?“, fragte sie besorgt und auch Jean und Narcissa sahen zu Draco. Seine Hand umklammerte eine Zeitung.

„Kommst du mal bitte, Mutter?“, fragte Draco angespannt und ignorierte Hermiones Frage.

„Draco, Liebling, was ist pas-?“

„Kommst du bitte einfach mal?“, fragte er und schritt voran in die Küche. Besorgt folgte ihm Narcissa und schloss die Tür hinter sich.

Kein Ton war zu hören und Hermione war sich sicher, dass sie einen Muffliato verwendet haben mussten.

„Was meinst du, was passiert ist?“, fragte Jean, aber Hermione zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht“, sagte sie und konnte ihre Sorge nicht verbergen. „Ich hab ihn schon seit Ewigkeiten nicht mehr… so gesehen.“

Jean nickte. Hermione hatte ihr auch von der Familie Malfoy erzählt. Von Dracos Schwierigkeiten wegen seines Vaters und deren Rolle im Krieg. Sie wusste, dass Hermione wegen Teile seiner Familie schreckliches widerfahren war – wenn auch nicht die Einzelheiten – und dass sie und Draco trotzdem zueinander gefunden hatten. Hermione hatte ihnen erzählt, wie sehr sich Draco um sie im letzten Schuljahr gekümmert hatte und sowohl Jean als auch Erich waren so froh, ihre Tochter wieder zu haben, dass sie ihrem Glück nicht im Wege stehen wollten. Auch nicht wenn ihr Glück Draco Malfoy heißen sollte.

Unruhig klopfte Hermione mit ihren Fingern auf den Tisch. „Ich werd verrückt, wenn ich nicht weiß was da drin los ist“, sagte sie.

„Du wirst es mit Sicherheit erfahren“, sagte Jean und legte ihre Hand auf Hermiones. Doch Hermione war sich nicht so sicher.

In diesem Moment wurde die Küchentür aufgestoßen. Nicht die Tür zum Wohnraum zu Jean und Hermione, sondern die andere, die hinaus von der Küche in den Flur führte, und Hermione hörte Dracos aufgebrachte Stimme, während er offenbar auf dem Weg zur Haustür war.

„Wie kannst du ihn auch noch verteidigen? Nachdem, was er uns angetan hat?“

„Sprich nicht so über deinen Vater, Draco! Er wollte uns immer nur beschützen.“

„Beschützen nennst du das? Wegen ihm saßen wir in dieser Scheiße.“

„Achte auf deine Ausdruckswei-“

„Ich scheiß auf meine Ausdrucksweise. Wegen ihm saßen diese Irren in unserem Haus. Ich wurde in meinem eigenen Zuhause gefoltert. Ich musste es selbst tun. Ich hab gesehen wie diese verfickte Schlange eine Lehrerin verschlungen hat. Hast du das alles vergessen?“

„Wie könnte ich, Draco?“, sagte sie matt.

„Wie kannst du ihn dann verteidigen?“

„Draco, es gibt Dinge, die dich nichts angehen. Es ist nicht deine Angelegenheit.“

Draco schnaubte wütend. „Ach ja? Das seh ich anders! Potter hat sich dafür eingesetzt, dass er nicht in Askaban für den Rest seines Lebens verrotten muss und das ist sein Dank dafür?“ Ein Geräusch, als würden Papiere auf den Boden verteilt werden, war zu hören.

„Dein Vater hatte Gründe, warum-“

„Es gibt verdammt nochmal keine Gründe für einen verfluchten Mord!“

Die Wohnungstür knallte.

Und dann Stille.

Zögerlich betrat Hermione den Flur und sah Narcissa inmitten von Zeitungsblättern stehen. Draco musste irgendwoher eine Ausgabe des Tagespropheten ergattert haben.

Ihr Blick blieb an einer Schlagzeile hängen.

Todesser-Mord

Thorfinn Rowle in Askaban erdrosselt


Darunter war ein Bild abgebildet. Hermione kannte ihn. Rowle war der große blonde Todesser, der Harry, Ron und sie damals zusammen mit Dolohov in dem Café in London angegriffen hatte. Beide hatte sie anschließend obliviiert.

Narcissa stand regungslos im Gang und blickte Hermione stumm an.

„Komm wieder rein, Narcissa. Hermione wird Draco suchen gehen“, hörte Hermione ihre Mum hinter sich sagen und Narcissa nickte schweigend, während Hermione das Appartement verließ, um Draco nachzueilen.

***


Es war nicht schwierig Draco zu finden. Sie waren in den letzten Tagen öfters am Strand spazieren.

Es dauerte daher nicht lange, bis sie Draco am Strand sitzen sah und sich so nah neben ihn setzte, dass sich ihre Schultern berührten.

„Hey“, sagte Draco, während er den kühlen Sand durch seine Finger rieseln ließ. „Hi“, sagte Hermione und betrachte Draco. Seine Augen waren gerötet und seine Haare vom Wind zerzaust. „Wie geht’s dir?“

Draco zog eine Grimasse. „Hervorragend, Granger.“

Sie seufzte. „Dumme Frage, ich weiß.“

Draco winkte ab. „Tut mir Leid für das Geschrei. Ich wollte mich nicht so aufführen. Ich hoffe deine Mum denkt jetzt nicht, ich bin die schlechteste Wahl für dich.“

Hermione schüttelte den Kopf, griff Dracos sandige Hand und fing an sie zu massieren, wie sie es so oft in Hogwarts getan hatte. „Du musst dich nicht entschuldigen… Magst du erzählen, was passiert ist?“

Draco machte eine unbestimmte Kopfbewegung. „Hast du die Zeitung gesehen?“

„Nur die Schlagzeile. Rowle?“

Draco nickte. „Das war mein Vater.“

„Was macht dich da so sicher?“

„Er wurde mit einem Band aus Samt erdrosselt.“

Hermione stockte kurz in ihren Bewegungen. „Ich weiß, was du denkst. Aber das muss doch nichts heißen.“

Ein verbitterter Zug lag um Dracos Mund. „Es ist typisch für ihn, ein Statement zu setzen. Man verbindet es mit ihm, ohne dass man es ihm nachweisen könnte, da in Askaban alles, was zum Strangulieren taugt, in den Zellen nicht erlaubt ist. Er muss es irgendwie geschafft haben, ein Band zurückzuhalten, nachdem er bei dem Prozess eins getragen hatte.“

„Draco, du weißt nicht, ob es so war.“

„Mutter hat es nicht abgestritten.“

Er sah Hermione an und sein Blick war so gequält, dass Hermione nichts darauf zu sagen wusste.

„Sie hat es nicht abgestritten“, wiederholte er und ließ seinen Kopf gegen ihre Schulter sinken. Hermione schlang ihre Arme um ihn und spürte, wie er sich gegen sie lehnte. Zärtlich strich sie ihm durch die feinen Haare.

„Hört das denn nie auf?“, fragte Draco, ohne eine Antwort zu erwarten, die ihm Hermione ohnehin nicht geben konnte.
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