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Ius primae noctis

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P16 / Mix
Guy of Gisburne OC (Own Character) Robert de Rainault der Sheriff of Nottingham
16.02.2023
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Das erste Mal war der Ritter Suzoun Burke auf einem der örtlichen Märkte in York begegnet, wo er deshalb auf sie aufmerksam wurde, weil sie lautstark mit einem Tuchhändler über die Qualität seiner Stoffe stritt. Nachdem Gisburne der Auseinandersetzung für eine kurze Zeit gefolgt war, empfand er – ziemlich unerwartet – Mitleid mit dem Mann, der dem Wortschwall seiner Kundin offensichtlich nichts entgegenzusetzen hatte. Während der Ritter darüber nachdachte, wohin er sich denn nun zu wenden hatte, gab der Händler dem Druck nach, dem er gerade ausgesetzt war und so gelangte die Frau ziemlich günstig in den Besitz eines Ballens Stoff, der in einem wunderbaren blauen Ton eingefärbt war. Dies war selbst Gisburne nicht entgangen, der jetzt auch ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte, als ihm bewusst wurde, wie schnell dieser Kampf entschieden worden und wie absolut der Sieg ausgefallen war. Aber dann wandte er sich ab und machte sich wieder auf den Weg und erst später fiel ihm auf, dass er noch nicht einmal sagen konnte, wie die junge Frau aussah, weil er sich einzig auf die Auseinandersetzung konzentriert hatte.
Nur einen Tag später wurde ihm aber bewusst, dass er sich zumindest noch an ihre Stimme erinnern konnte, denn er begegnete er ein weiteres Mal. Diesmal ereignete sich dies bei einem Fest, an dem er gezwungen war in Vertretung seines Herrn Robert de Rainault, des Sheriffs von Nottingham, teilzunehmen. Dieser versprach sich von der Bekanntschaft mit dem Gastgeber die Möglichkeit ein Anwesen vor den Toren von York zu erwerben, an dem er interessiert war. Allerdings war er zu seinem Leidwesen nicht in der Lage den Mann persönlich aufzusuchen, daher war ihm notgedrungen nichts anderes übriggeblieben als seinen Steward zu senden. Dabei hoffte er, dass der Mann ihm das angestrebte Geschäft nicht verderben würde.
Die Befürchtungen des Sheriffs waren nicht ganz unbegründet, denn der Ritter fühlte sich in der Gesellschaft des reichen Kaufmanns nicht wirklich wohl. Dies lag allerdings weniger daran, dass sich unter den Anwesenden wenige Adelige befanden, wie er selbst einer war, sondern hatte mehr damit zu tun, was sein Herr ihm mitgeteilt hatte, bevor er ihn auf die Reise schickte. „Solltet Ihr das vermasseln, dann werdet Ihr Euch wünschen niemals aus der Normandie zurückgekehrt zu sein!“ Gisburne schauderte, als er an den Blick zurückdachte, mit dem der Sheriff ihn bei diesen Worten bedachte und er war sich sofort sicher, dass der Mann seine Aussage völlig ernst gemeint hatte. Er konnte nur nicht verstehen, wieso ein Anwesen in Yorkshire einen solchen Wert für de Rainault darstellen konnte.
Er war noch ganz in diese Erinnerungen versunken, als er auf einmal zusammenschrak, denn er vernahm die gleiche Stimme, die ihm am Tag zuvor auf dem Markt aufgefallen war. Diesmal ging es allerdings um irgendwelche Speisen und das Ziel der Vorhaltungen war nun ein unglückseliger Diener, der wohl etwas verwechselt hatte. Der Ritter konnte sich seiner Neugier nicht völlig enthalten und drehte sich um, damit er einen Blick auf die junge Frau werfen konnte, die ein derartiges Temperament an den Tag legte. Sobald er sie zu Gesicht bekam, verspürte er große Verwunderung, denn er hatte nicht erwartet, dass sie so klein sein würde. Er war nämlich wegen der Vehemenz, mit der sie sich auf dem Markt in die Auseinandersetzung gestürzt hatte, zu der Überzeugung gelangt, sie müsse eine große kräftige Blondine sein, so wie die Walküren aus den alten Geschichten, die er als Kind zu hören bekommen hatte. Aber die Frau, auf die er nun blickte, war nicht nur zierlich, sondern ihr Haar, welches sie nicht bedeckt hatte, war auch von einem sehr dunklem Braun.
Als ihr auffiel, dass sie beobachtet wurde, richtete sie ihre vor Ärger blitzenden Augen unverzüglich auf den jungen Mann, der auf der Stelle rot anlief, als ihm aufging, dass er die Frau anstarrte. Und auch sie war offenbar der Meinung, dass dies ziemlich unhöflich war. Trotzdem war der Ritter nicht in der Lage seine Augen von ihr zu lösen und er bewunderte ihre Schönheit, die – seiner Meinung nach – noch von dem grünen Kleid hervorgehoben wurde, das sie trug.
„Und Ihr“, sprach die junge Frau Sir Guy an, „was ist Euer Problem?“ Dabei machte sie einen ziemlich streitsüchtigen Eindruck.
„Das Blau war wirklich sehr schön, aber dieses Kleid in der Farbe Eurer Augen steht Euch sehr viel besser, My Lady“, kam selbst für ihn völlig überraschend als Antwort über seine Lippen. Dies waren gewiss nicht die Worte, die er hatte sagen wollen, dies waren noch nicht einmal Worte, die ihm schon jemals in seinem Leben in den Sinn gekommen wären.
Allerdings hatten diese einen völlig unerwarteten Effekt auf die junge Frau, denn mit einem Mal verschwand der Ärger aus ihren Augen und stattdessen erschien ein liebliches Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Dafür passt dieses Blau hervorragend zu Euren Augen, My Lord“, erwiderte sie und bewies ihm damit nicht nur, dass sie sofort verstanden hatte, wovon er sprach, sondern auch, dass ihre Stimme nicht weniger angenehm sein konnte als der Rest von ihr.
„Ich sehe, Ihr habt meine Tochter Suzoun bereits kennengelernt, Sir Guy“, ertönte auf einmal die Stimme des Gastgebers von hinter seinem Rücken, der schon fortfuhr zu reden, bevor der Ritter in der Lage war zu antworten. „Meine Liebe“, wandte er sich nun an die junge Frau, „dies ist Sir Guy of Gisburne, der in Angelegenheiten des Sheriffs von Nottinghamshire zu mir gekommen ist.“
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Was sich in der folgenden Zeit zutrug, war aller Wahrscheinlichkeit nach unvermeidlich, auch wenn die Geschwindigkeit, in der sich alles ereignete den Ritter auch Monate später immer noch erstaunen sollte, obwohl er sich über das Ergebnis nicht beschweren wollte.
Er hatte nie gewusst, ob er jemals heiraten würde, aber wenn, dann war er davon ausgegangen seine zukünftige Ehefrau wäre die Tochter eines Ritters, denn das entsprach den Gepflogenheiten, weshalb er sich wohl auch nichts anderes hatte vorstellen können. Aber im Falle der einzigen Tochter des reichsten Kaufmanns von York war alles, über das er zuvor jemals nachgedacht hatte, völlig nebensächlich. Und nicht nur für ihn selbst, sondern auch für Suzoun Burke und infolgedessen auch für ihren Vater. Dieser war nämlich hocherfreut darüber, dass seine Tochter einen Mann gefunden hatte, dem sie ihr Herz schenken wollte, denn bei diesem Thema hatte es öfter Streit mit ihr gegeben. Aber noch mehr freute ihn, dass es sich bei seinem zukünftigen Schwiegersohn um einen Ritter handelte. Dagegen störte es ihn überhaupt nicht, dass der Mann bettelarm war, denn Geld besaß er selbst in ausreichendem Maß. Daher sah er kein Problem darin, dafür zu sorgen, dass es dem jungen Paar nach der Hochzeit an nichts fehlen würde.
Damit auch der Sheriff dem Glück seiner Tochter nicht im Weg stand, war er sogar bereit diesem das von ihm begehrte Anwesen zu einem günstigen Preis zu überlassen, wenn er es natürlich auch niemals umsonst abgegeben hätte. Schließlich hatte er sein Vermögen nicht dadurch gemacht, dass er seinem Herz die Entscheidungen überließ. Selbst wenn es sich in diesem Fall um das Herz seiner Tochter handelte. Trotzdem hatte seine Entscheidung ausgereicht de Rainaults Vorbehalte verschwinden zu lassen und so konnte dann alles für eine üppige Hochzeitfeier auf Burg Nottingham vorbereitet werden.
Es gab nur eine einzige Sache, die der jungen Braut zu diesem Zeitpunkt noch Kopfschmerzen bereitete und dies war der Tatbestand, dass der Sheriff immer noch der Herr ihres Bräutigams war und ihm damit gewisse Rechte zustanden. Vor allem über ein ganz bestimmtes Recht musste sie unbedingt mit ihrem Verlobten sprechen.
„Wie wohlwollend ist Dir der Sheriff zugetan, Liebster?“, fing sie mit einer vorsichtigen Frage an, denn sie wollte die Gefühle des Ritters nicht verletzen. Ihr war nicht entgangen, dass er ziemlich empfindlich sein konnte.
„Er war nicht immer mit mir zufrieden“, musste dieser zugeben.
„Glaubst Du, er hat sich damit abgefunden, dass Du heiraten wirst?“, wollte sie als nächstes wissen.
„Er hat doch seine Erlaubnis erteilt“, erwiderte Gisburne mit einem etwas verwirrten Gesichtsausdruck.
Die junge Frau unterdrückte einen Seufzer. Sie liebte Guy von vollem Herzen, aber manchmal wünschte sie sich, er wäre nicht so begriffsstutzig, wenn es um Themen ging die nichts mit Waffen und Pferden zu tun hatten.
„Glaubst Du auch, er hat sich damit abgefunden, dass Du seine Dienste nach unserer Hochzeit verlassen wirst?“, hakte sie nach, denn sie selbst hatte nicht den Eindruck gewonnen, als wenn der Sheriff damit einverstanden war, obwohl Suzouns Vater ihm eine stattliche Summe gezahlt hatte, um seinen zukünftigen Schwiegersohn aus de Rainaults Klauen zu befreien. Gisburne hatte es nicht gefallen, als er davon erfuhr, aber dann hatte ihn seine Liebe schnell vergessen lassen, dass ihm dies das Gefühl vermittelt hatte, der Kaufmann habe seiner Tochter einen Ehemann gekauft. Er hatte auch verstanden, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Der andere Mann wollte seiner Tochter nur Glück kaufen.
„Was will er denn dagegen unternehmen? Wir haben doch mit eigenen Augen gesehen, dass er meine Entlassung bereits schriftlich niedergelegt hat und dein Vater hat das Schreiben an sich genommen. Morgen ist unsere Hochzeit und übermorgen endet meine Zeit hier in Nottingham.“
Erneut musste die junge Frau sich zusammenreißen, um nicht zu seufzen. Für einen Mann, der seit Jahren eng mit de Rainault zusammenarbeitete, hatte Guy offenbar nicht wirklich verstanden, dass der Sheriff nicht nur gerissen war, sondern auch ziemlich nachtragend sein konnte. Und dies obwohl ihn die Menschen, mit denen der Ritter selbst zu tun gehabt hatte, ähnlich charakterisierten.
„Es gibt da noch etwas, was mir Sorgen bereitet, Liebster“, fing sie noch einmal an.
Sir Guy hob eine Augenbraue, denn er wusste nicht auf was seine Verlobte hinauswollte.
„Droit du signeur“, brachte sie mit großen Widerwillen hervor.
Die Worte ließen den Ritter erröten, aber ansonsten schienen sie ihn nicht weiter zu stören. „In der Hinsicht musst du nichts befürchten, mein Schatz“, versuchte er sie zu beruhigen. „De Rainault hat kein Interesse an Frauen. Wir müssen ihm nur die entsprechende Entschädigung aushändigen und dann ist auch diese Angelegenheit für uns erledigt.“
Suzoun, die bereits entsprechende Gerüchte über den Sheriff gehört hatte, unterdrückte ihren Seufzer diesmal nicht, denn die Erklärung ihres zukünftigen Ehemanns hatte sie immens erleichtert.
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Die frisch Angetrauten waren zwar von den Ereignissen dieses Tages ziemlich erschöpft, aber trotzdem hatten sie nicht vor diese Nacht schlafend zu verbringen. Sie hatten nicht lange gebraucht, um sich der festlichen Roben zu entledigen, die sie für die Feier angelegt hatten, um stattdessen in bequeme Kleidung zu schlüpfen, die besser fürs Bett geeignet war, obwohl keiner der beiden davon ausging, sie würden diese lange tragen.
Gerade wollten sie sich zu Bett begeben, als es lautstark an der Tür klopfte. Sie blickten sich gegenseitig an, blieben aber stumm und bewegten sich auch nicht, denn sie hofften beide, wer immer auch dort draußen stand, würde schnell die Geduld verlieren und sich wieder entfernen. Aber sie hatten sich getäuscht, denn das Klopfen wiederholte sich und diesmal klang es irgendwie ungeduldig.
Und dann war vom Gang die Stimme des Sheriffs zu vernehmen. „Gisburne, ich weiß, dass Ihr noch nicht schlaft. Macht die Tür auf!“, forderte er und der Ritter setzte sich – aus reiner Gewohnheit – in Bewegung, um dem Befehl Folge zu leisten, obwohl seine Ehefrau noch kurz versuchte ihn zurückzuhalten, bis ihr einfiel, dass de Rainault immer noch Guys Herr war und er daher nicht anders konnte, als ihm die Tür zu öffnen, so wenig wie ihr das auch gefiel.
„Was wünscht Ihr, My Lord?“, erkundigte sich der Ritter, nachdem er den Älteren hatte eintreten lassen.
„Droit du signeur“, brachte der Sheriff mit einem hässlichen Grinsen hervor, welches dafür sorgte, dass Suzoun der kalte Schweiß ausbrach.
Sir Guy gefiel es ebenfalls nicht von seinem Herrn in dieser Nacht noch gestört zu werden und er hatte ehrlicherweise auch nicht damit gerechnet, dass dieser seine Entschädigung noch an diesem Tag abholen wollte, aber er war vorbereitet und daher dauerte es nicht lange, bis er das Säckchen mit den Münzen in der Hand hielt. Aber als er es dem Sheriff übergeben wollte, schüttelte dieser den Kopf.
„Ausnahmsweise will ich Euer Geld einmal nicht“, erklärte er dann.
„Aber … My Lord“, stammelte Gisburne, „Ihr seid doch überhaupt nicht an Frauen interessiert.“ In seinem verwirrten Zustand fiel dem Jüngeren noch nicht einmal auf, dass er dies – obwohl es allgemein bekannt war – noch niemals in Gegenwart des Sheriffs ausgesprochen hatte.
De Rainault schien ihm seine Worte aber nicht übelzunehmen. Stattdessen zeigte er ihm auf einmal ein wohlwollendes Lächeln, was aber nur dafür sorgte, dass nun auch dem Ritter der kalte Schweiß ausbrach.
„Ausnahmsweise habt Ihr einmal Recht, Gisburne. Aber damit auch Ihr versteht, wieso ich hier bin, erkläre ich Euch hiermit, dass ich nicht an Lady Gisburne interessiert bin.“ Er machte eine Pause und starrte dem Ritter mit einem hungrigen Blick ins Gesicht, bevor er sich an dessen Ehefrau wandte.
„Ihr werdet das Bett noch für den Rest Eures Lebens mit Eurem Ehemann teilen können, My Lady, aber diese Nacht gehört er mir. Das ist mein Recht.“
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