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Alone in the dark (OS-Sammlung)

von TEMK
Kurzbeschreibung
SammlungFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt Klaas Heufer-Umlauf
15.02.2023
22.09.2023
40
59.914
16
Alle Kapitel
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18.09.2023 1.015
 
Joko sah es wahrlich nicht kommen, denn es hatte ihn erwischt, als er wirklich am allerwenigsten damit gerechnet hatte. Er war schließlich glücklich. Er war glücklich in seiner Beziehung. Er war glücklich in seinem Job. Er war glücklich in seinem Leben. Er hatte schließlich endlich all das gefunden was ihn erfüllte und das in allen bis dahin vorstellbaren Bereichen.  Er stand mittlerweile sogar morgens gerne auf, küsste dann zufrieden seine Freundin. Er rief sie in ihrer beider Mittagspause an und freute sich über den Klang ihrer Stimme. Er küsste sie wieder Abends vorm Schlafen gehen, mit dem Wissen von ihr zu träumen. Er war das erste Mal seit immer regelmäßig auf der Arbeit pünktlich. Seine Kollegen waren nett, die Arbeit unterhaltsam und er selbst lebte dort seine Marotte für schräge Outfits aus. Er liebte das Alles. Er war doch angekommen, wie es schien, denn sein Leben war scheinbar perfekt und nur so sollte es seiner Vorstellung nach endlos weitergehen.

Seine Freundin wollte nicht mit zur Weihnachtsfeier bei ihm auf der Arbeit. Egal wie gern Joko sie dabei haben wollte, sie blieb hartnäckig stur. Film und Fernsehen war seins, nicht ihrs. Joko fühlte sich daher an diesem Abend etwas geknickt, war dann aber eben allein gegangen. Hatte sich dort dann letztlich mehr Biere bestellt und getrunken als gut waren, hatte mit einigem an Punsch nachgespühlt und Waffeln gemampft. Irgendwie fühlte er sich jetzt wieder wohlig und zufrieden. Auch daher hatte er es wohl immer noch nicht kommen sehen, obwohl irgendwo ein unbekannter Countdown gestartet worden war an diesem Abend. Aber er selbst wusste trotz des Alkohols bis zu dem Moment nicht, dass in seinem Leben irgendetwas beziehungsweise irgendwer fehlen sollte. Sein Leben war doch gut wie es war, er war wirklich glücklich und zufrieden. Wollte nichts missen oder ändern, aber dann passierte es!

Der fremde, unbekannte, junge Mann war auf einmal, wie aus dem Nichts, vor ihm, in seinem Gesichtsfeld aufgetaucht. Stand da und blickte ihn mit wunderschönen Augen an, in diesen Augen schien ein Inferno zu glühen. Sie zeugten von ebenfalls viel, vielleicht zu viel, Alkohol und einer großen Wahrheit die in seinem Inneren verborgen schien. Joko kam nicht umhin in diesen fremden fesselnden blauen Augen zu versinken. Er wusste, es waren nicht Lisa's Augen und doch wollte er plötzlich nie wieder in andere Augen blicken. Joko dachte nur mehr ein einziges Wort: "Süß!" Er schmeckte dem kurzen Wort nach und war von jetzt auf gleich hilflos gefangen in diesem Blick. Er schluckte tausende Worte. Keines ergab irgendeinen wirklichen Sinn oder passte zu einem anderen. Er hatte nicht kommen sehen, dass er ohne Lisa so schnell die Orientierung in seinem glücklichen Leben verlieren würde. Sein innere Kompass war wohl auf einmal außer Kraft gesetzt. Er spürte sich in gerade zu rasender Geschwindigkeit von seinen Gefühle für Lisa entfernen. Sein ganzes Leben, seine ganze Existenz vor diesem Moment in dem sich die Blicke trafen wurde einfach nur komplett unwichtig.

Sein Leben, seine Liebe war doch bis zu dem Blick in die, jetzt auf Sturm stehenden, blauen Augen perfekt gewesen. Warum wackelte dann auf einmal alles was ihm bisher gereicht und auch erfüllt hatte? Was bisher sein glückliches Leben gewesen war? Der Blickkontakt erschütterte ihn in seinen Grundfesten und auch dieses einzige Wort, das nachwievor Sinn ergab: Süß! zog sich wie ein inneres Beben duch Joko's Bewusstsein. Unbeholfen streckte er seine rechte Hand zum Peacezeichen empor ohne dabei den Blick von den Augen des Mannes nehmen zu können. Und auch der starrte ihn unverholen weiterhin einfach nur an. Joko schaffte es Worte zu finden und miteinander zu verbinden, so stellte er sich mit heißerer Stimme vor, die fast an den wenigen Worten brach. An Worten die eigentlich leere Hülsen waren, aber den Anderen bei ihm halten sollten.

Mit einem mal lachte sein Gegenüber auf und trotz des extrem jungen Gesichts, schlängelten sich dabei ein paar Fältchen um die Augen. Joko spürte jäh Wärme in sich, die er sonst eigentlich nur in seinem selbst geschaffenen zu Hause fühlte. Joko dachte sofort an Lisa, spürte sein Herz brechen, denn sie war doch sein zu Hause, sein Safe Space, der Ort an dem er geliebt wurde und irgendwie gedacht hatte, bis zu diesem Moment, auch selbst zu lieben. Aber Joko's Ohren hörten und seine Augen sahen den fremden Mann lachen und dieses Lachen schoss ihm nachhaltig durch die wenigen Synapsen welche der Blick dieser unfassbaren blauen Augen übrig gelassen hatte. In diesen Augen sah er mittlerweile etwas anderes, denn der Sturm in den Augen hatte sich gelegt. War für den Moment des Lachens einem Blick wie aus Samt gewichen. So bald das Lachen jedoch wieder stoppte und ihn sein Gegenüber nun wieder fest und nahezu ernst ansah schien der Blick wieder überraschend rau zu werden. Nicht wie ein Inferno oder ein Sturm, sondern rau wie Schmirgelpapier.

Joko verfluchte sich innerlich, wünschte sich panisch zu Lisa auf's Sofa vom Flohmarkt und nicht auf diese Weihnachtsfeier. Das Lachen des Fremden war das des Teufels, da war Joko sich sicher. Er fror mit einem mal fast ein wenig unter dem rauen Blick des Anderen, trotz Bier, Punsch und Waffeln im Bauch. Und dann spürte er es ohne jegliche Vorwarnung in seinem Innersten: Seine Seele zersprang für einige Sekunden und ab da wusste Joko, dass egal war was weiter geschehen würde. Es war egal was der Unbekannte jemals zu ihm sagen würde, es hätte immer mehr Gewicht als alles andere zuvor in seinem gesamten Leben. Die Scherben seiner Seele prasselten innerhalb der Sekunden durch sein gesammtes bisheriges Glück. Es tat weh, weil alles vorbei war, weil jetzt etwas Neues begann. Joko spürte, dass genau jetzt eine neue Zeitrechnung in seinem Leben begann. Er hatte für wenige Atemzüge die unvorstellbare Angst sich nun gänzlich an den Teufel verkauft zu haben. Aber dann wurde ihm plötzlich wieder unfassbar warm, fast schon heiß: Der fremde junge Mann hatte ihn an seiner Schulter gepackt und zu sich herunter gezogen. Leise und mit genauso rauer Stimme wie sein Blick flüssterte er ihm nur einen einzigen Satz ins Ohr: "Du hast die Beatles auseinander gebracht!"
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