You gave me something to miss
von LadyOfSorrows
Kurzbeschreibung
Gefühlt schon immer kümmerte sich Skylar Johnson um sich selbst. Verständlich, wenn der eigene Vater ein abgestürzter Nichtsnutz war und die kleine Schwester viel zu jung. Das Resultat: Kilometerdicke Schutzmauern. Und dann ist da plötzlich Johnny Brooks. Der hübsche Typ von der kleinen Farm will diese akribisch errichteten Mauern einfach einreißen. Wenn es denn so einfach wäre...
GeschichteRomance / P18 / MaleSlash
18.01.2023
26.03.2023
18
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18.03.2023
8.616
Der Kies knirschte unter meinen dicken Sohlen, während ich über den aufgeschütteten Parkplatz lief. Der Hof der Familie Brooks war bis auf die üblichen Tiergeräusche still, der kleine Laden hatte schon seit ein paar Stunden geschlossen und die meisten Bewohner trieben sich anscheinend im Wohnhaus herum.
Der Rucksack auf meiner Schulter rutschte ein Stück nach unten und ich schob das blöde Ding mit einem Zucken wieder nach oben. Ich war mir nicht sicher, was ich von der Idee halten sollte, aber Johnny klang so aufgeregt als er mich gefragt hatte.
Also war ich auf dem Weg Johnnys Familie bei einem offiziellen Abendessen kennen zulernen. Das ich nervös war, war noch die nette Umschreibung. Noch nie war ich den Eltern meiner Ex-Partner offiziell vorgestellt worden. Jedenfalls nicht auf diese Weise.
Bis auf Erika hatte ich jeden schon mehr oder weniger kennengelernt, aber gerade die Mutter meines Freundes war wohl die wichtigste Person, die es von mir zu überzeugen galt. Mich gut zu verkaufen, war noch nie meine Stärke gewesen.
Ich schlurfte langsam über den großen Innenhof und versuchte das Treffen so lange hinauszuzögern, wie es nur möglich war.
Es gelang mir nicht, da sich in diesem Moment die große Doppeltür des Stalls öffnete und Johnny herauskam, gekleidet in simplen Jeans und T-Shirt. Als er mich sah, grinste er breit und winkte enthusiastisch. Mir blieb nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben und ich wartete, bis er zu mir aufgeschlossen hatte.
»Hey. Ich wusste doch, dass ich den Mustang gehört habe.« Er küsste mich fest auf den Mund und strahlte aufgeregt.
»Hi.« Ich schmiegte mich fest an ihn und vergrub meine Nase für einen Moment in seiner Halsbeuge.
»Aufgeregt?«, fragte er sanft an meinem Ohr und strich mir über den Rücken. Nickend schob ich ihn wieder ein Stück von mir und lächelte schief.
»Lass uns rein gehen, je eher wir drin sind, desto schneller kann ich dich blamieren.«
»Du bist ein Idiot.« Er drückte mir einen weiteren Kuss auf die Stirn und zog mich an der Hand zur Haustür. »Sie kennen dich doch schon, was soll da großartig passieren?«
»Genug.« Dass seine Mom mich hasste, zum Beispiel.
»Hör auf dir solche Gedanken zu machen. Du sagst doch sonst immer, dir geht die Meinung anderer am Arsch vorbei.«
»Und wenn du dich erinnerst, sollte dir einfallen, dass du mir nicht am Arsch vorbei gehst. Also auch deine Familie nicht, oder was sie von mir hält.«
» Keith bekommst du um den Finger gewickelt, wenn du ihm anbietest irgendwas an unseren Autos zu reparieren. Bei Mom musst du nur das Essen loben.« Er lächelte für meinen Geschmack eine Spur zu unbekümmert, aber ich sagte nichts weiter dazu. Stumm folgte ich ihm ins Haus, wo er sich die abgetretenen Sneaker von den Füßen zog und zu den zwei Dutzend Schuhen stellte, die sich unter der Garderobe tummelten.
»Zieh deine Stiefel am besten aus, eigentlich ist uns das im Untergeschoss egal, aber wir wollen ja sowieso nicht mehr raus.«
Ich stellte meine Stiefel ordentlich dazu, legte meinen Rucksack auf Johnnys Anweisung hin auf der dunklen Treppe ab und sah mich in dem riesigen Flur um.
Die Wände waren mit einer altmodischen, hellen Blümchentapete versehen, die absolut nicht mein Geschmack war. Der große Bogen rechts neben uns war weiß verkleidet und gab den Blick auf die große Essküche frei. Johnny zwinkerte mir zu, wirkte jetzt auch etwas nervös und schlüpfte dann durch den Bogen.
»Sky ist da.«, kündigte er uns an, während ich mich ein Stück hinter ihn stellte und auf die kleine Runde am Esstisch sah.
Sofort stand Johnnys Mom auf, kam auf uns zu und lächelte mich warm an.
»Freut mich, dass du hier bist. Fühl dich wie zuhause.« Sie machte eine ausladende Handbewegung, während sie vor mir stehen blieb und ich wusste nicht, ob es jetzt angebracht wäre, ihr die Hand zu schütteln. Sie ließ mich gar nicht weiter nachdenken, sondern schlang die Arme um mich und zog mich in eine herzliche Umarmung.
Ein wenig überfordert drückte ich sie kurz und lächelte angespannt, dann löste sie sich schon von mir und sah mich prüfend an. »Johnny sagte du magst Nudeln, also gibt es Auflauf zum Essen, ich hoffe das ist okay?«
»Natürlich.«, murmelte ich, warf dabei einen, wie ich hoffte, unauffälligen Blick zu meinem Freund, der aber nur breit grinste und mir versteckt vor den Blicken anderer einen Daumen hoch zeigte.
»Wunderbar, es dauert noch was, also setzt euch ruhig.« Sie schob mich sanft zum Esstisch und ich begrüßte alle anderen Anwesenden, stockte aber, als ich unseren Sheriff sah. Ich hatte vergessen, dass Johnny mit Sheriff Thompson verwandt war.
»Ehm. Hallo.«, grüßte ich ungelenk, während ich mich neben Johnny setzte und meinen Blick unsicher durch den Raum gleiten ließ.
»Hallo zurück.« Sheriff Thompson grinste verschlagen und Johnny seufzte neben mir.
»Sei kein Arsch, Jesse.«
»Ich mach doch gar nichts.« Er hob abwehrend die Hände, lehnte sich lässig zurück und schmunzelte immer noch.
»Doch, du machst es komisch.«
»Gar nicht wahr.«
»Wie alt bist du noch gleich?«, seufzte Keith und schüttelte den Kopf. Dann sah er mich an. »Egal was vorher gelaufen ist, das ist Jesse. In unseren vier Wänden gibt es keinen Sheriff Thompson, okay?«
»Den gibt es schon, der hat nur Feierabend.« Jesse griff nach seiner Bierflasche, prostete mir zu und trank einen großen Schluck.
»Gut.«, brummte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
»Onkel Jesse macht es Leuten gerne schwer.«, Johnny hatte zwar leise gesprochen, aber gerade so laut, dass jeder andere ihn ebenfalls hören konnte. Jesse warf ihm einen Blick zu, dann schien das Thema beendet.
Ich nutzte die losgewordene Aufmerksamkeit und schaute mir den großen Raum genauer an. Auch hier zierte diese schreckliche Blümchentapete den Raum, diesmal in einem blassgrün. Die Hälfte der Wand wurde ringsherum allerdings von einer weiß lackierten Holzvertäfelung verdeckt. Der Esstisch, an dem wir saßen, war aus einem schweren, dunklen Holz gefertigt und füllte wuchtig den Raum. Die Küche, die ich von meinem Platz aus gut einsehen konnte, war in einem hellen creme Ton und die Technik deutlich moderner als die kitschigen Holzfronten. Überall fanden sich kleine Töpfchen mit Pflanzen und etlicher Dekokram zierte die meisten Oberfläche. Generell sah man, dass die Räume täglich genutzt wurden, und die Atmosphäre strahle heimelige Wärme aus.
»Ist ein bisschen was andere als deine Gruft, was Dracula?« Dallas hatte sich etwas vorgelehnt, um mich ansehen zu können und ich erwiderte seinen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich vermisse die Spinnweben und den Sarg.«, ging ich mit neutraler Stimme auf den Witz ein und bemerkte, wie Johnny neben mir die Augen genervt verdrehte. »Wobei ich mich frage, woher du weißt, wie ich wohne.«
»Hat mir ein Vögelchen gezwitschert.« Dallas feixte breit und mein Mundwinkel hob sich amüsiert.
»Das Vögelchen zwitschert dir gleich was ganz anderes.« Johnny schüttelte den Kopf und seufzte langezogen.
»Ach komm, ist doch nur ein kleiner Scherz. Den verstehst du doch, was Johnson?«
»Ja. Ich lach später drüber.«
»Arschloch.« Dallas grinste breit, nachdem Ally ihn unsanft in die Seite geknufft hatte.
Das Essen selbst verlief zu meinem Glück wirklich gut. Es schmeckte fantastisch und ich überfraß mich maßlos sowohl an dem leckeren Nudelauflauf als auch an der schokoladigen Nachspeise, die auch auf Johnnys Tipp hin extra für mich aufgetischt worden war.
Die Gespräche blieben locker und oberflächlich, sodass ich mich tatsächlich etwas entspannte. Befremdlich war es trotzdem, mitten in dieser Familienidylle. Ich kannte gemeinsame, friedliche Abendessen nicht mehr. Die hatten mit Moms Tod aufgehört. Ein wenig schmerzte es, zu wissen, was ich in den letzten Jahren alles verpasst hatte, und dennoch freute ich mich ein wenig, jetzt Teil davon sein zu dürfen. Erika stellte mir immer mal wieder neugierige Fragen zu meiner Arbeit oder was ich so in meiner Freizeit machte und obwohl alles was ich ihr erzählte normal oder fast schon langweilig war, hörte sie mir interessiert und aufmerksam zu.
Ich merkte gar nicht, wie schnell die Zeit wirklich verging und war überrascht, als Jesse verkündete, nach Hause zu fahren und somit alle anderen auch in eine Art Aufbruchsstimmung verfielen.
»Wenn irgendetwas ist, dann ruft an, ja?« Erika stand am Fuß der dunklen Treppe, auf die mich Johnny gelotst hatte.
»Klar, wie immer. Wird schon gut gehen. Fahrt ihr bloß vorsichtig.«
»Immer. Es war schön, dich endlich kennenzulernen, Skylar. Wir sind morgen früh bestimmt schon weg, wenn du aufstehst.« Sie lächelte zu mir rauf. »Ich hoffe wir sehen uns ab jetzt öfter.«
»Sehr gerne.« Es überraschte mich, wie ernst ich das meinte. Ich mochte Erika, sie gab mir ein gutes Gefühl und erinnerte mich ein wenig an meine eigene Mom.
Wir stiegen die knarzende Treppe weiter nach oben und hinter uns folgten auch Ally und Dallas.
»Links mein Zimmer, rechts das von Dallas. Da hinten ist das Bad.« Erklärte Johnny mir, als wir im Dachgeschoss ankamen. Ich nickte bestätigen und drehte mich überrascht um, als eine schwere Hand auf meine Schulter fiel.
»Die Wände sind nicht sehr dick.« Dallas hatte sich an mein Ohr gelehnt und flüsterte leise. »Und Johnnys Bett quietscht fürchterlich.« Er lachte laut, als er meinen irritierten Blick sah und ich schubste ihn ein Stück von mir, flüchtete dann Johnny hinterher in sein Schlafzimmer. Dallas konnte ich auch hier noch gackern hören.
»Was wollte er?« Johnny drehte sich zu mir um und lehnte sich lässig an seinen kleinen Schreibtisch.
»Mich warnen, dass dein Bett quietscht.«, sagte ich langsam.
»Dieser Idiot.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Aber er hat recht, es knarzt fürchterlich. Probier’s aus.«
Ich folgte seiner auffordernden Handbewegung mit meinem Blick. Das alte, rustikale Holzbett war frisch bezogen und stand direkt an der Wand neben der Tür. Skeptisch setzte ich mich langsam auf die Kante und das Gestell gab ein lautes, penetrantes Knarzen von sich.
»Oh.« Ich nickte und grinste, während ich mich nach hinten fallen ließ. Wieder ächzte das alte Holz und ich schnaubte leise.
»Wie gut, dass ich viel zu voll gefressen für Sex bin.«
»Ist das so, ja?« Johnny gesellte sich zu mir und setzte sich rittlings auf meine Hüfte. Dabei sah er grinsend zu mir runter.
»Hilfe, ja. Geh runter.« Ich schob ihn beiseite, sodass er neben mir auf dem Bett landete und rieb mir den Bauch.
»Willst du damit sagen, dass ich zu schwer bin?«
»Nein, ich will damit sagen, dass deine Mom zu gut kocht.«
»Gut gerettet.« Er drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf in der Hand ab. »War es denn so schlimm, wie du befürchtet hast?«
»Nein, es war ehrlich gesagt ziemlich…nett.«
»Nett?« Er zog die Augenbrauen hoch und wartete anscheinend auf eine ausführlichere Erklärung.
»Naja, niemand hat mich rausgeworfen oder angeschrien, also lief es wohl gut.« Ich zuckte mit den Schultern und strich mir ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
»Das wäre auch mit neunundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit nicht passiert.«
»War bei uns früher ein normaler Dienstagabend.« Ich versuchte mich an einem Lachen, aber konnte Johnny ansehen, dass er es nicht sonderlich witzig fand.
»Keith scheint sich jedenfalls gut gefangen zu haben.«, versuchte ich das Thema wieder umzulenken, was wohl auch funktionierte. Johnny nickte bedächtig und hob seine freie Hand, um mir sanft über den Arm zu streichen. Ich erschauerte unter der zärtlichen Berührung und auf Johnnys Lippen schlich sich ein zaghaftes Lächeln.
»Ja, er hat es mir erklärt. So ganz verstehe ich sein Problem nicht, aber er hat sich entschuldigt und seitdem ist es fast wie vorher.«
»Solange er dich anständig behandelt und ihr klar kommt, ist und bleibt es sein Problem.«
»Schätze schon. Immerhin reden wir wieder miteinander.« Johnny lächelte glücklich und ich nickte langsam. Was auch immer Keiths Problem sein mochte, es schien ihn nicht davon abzuhalten, zu seiner Familie zu stehen.
Den restlichen Abend lagen wir faul rum, genossen das friedliche Beisammensein und unterhielten uns über eine neue Serie, die Johnny angefangen hatte. Eher gesagt, er redete und ich hörte aufmerksam zu. Erst als mir die Augen schon fast zu fielen, scheuchte er mich ins Bad und wir machten uns fertig für die Nacht. Johnny schnitt kindische Grimassen im Spiegel und ich spuckte mich beinahe selbst voll, weil mir die Zahnpasta vom Grinsen aus dem Mund lief. Es war so einfach mit ihm. Ich genoss jede Sekunde, die wir zusammen waren. Mir fiel es leicht ich zu sein, wenn wir allein waren. Ich hatte nicht mehr das Gefühl mich in irgendeiner Art zurück halten zu müssen oder mich für meine komische Art zu schämen. Wenn ich nicht viel zu sagen hatte, war es in Ordnung für ihn und wenn ich einmal ein Thema gefunden hatte, über das ich gerne sprach, hörte er mir zu.
Ich saugte seine Zärtlichkeiten und die Aufmerksamkeit, die er mir schenkte, auf wie ein Schwamm und genoss es, einfach still neben ihm zu liegen.
Ich schlief besser als die letzten Nächte. Vielleicht lag es daran, dass ich hier auf der Farm das Gefühl hatte, ein anderer zu sein. Entspannt und ausgeglichen, weit ab von jeglicher Verantwortung und den Ansprüchen, die an mich gestellt wurden. Wahrscheinlich fühlte es sich so an, Urlaub zu machen. Es fehlte nur noch der weiße Sandstrand und das türkisblaue, kühle Meer.
Was mich ein wenig aus meiner gelassenen Stimmung riss, war mein Erwachen am nächsten Morgen. Durch das geöffnete Dachfenster drang das laute, penetrante Geschrei des hofeigenen Hahns. Ich verfluchte Johnny für die Idee, das Fenster wegen der stickig heißen Sommerluft die Nacht über offen stehen zu lassen.
Grummelnd drückte ich mir das Kissen auf die Ohren und versuchte das Gezeter auszublenden. Es konnte noch nicht sehr spät sein, da die Sonne es gerade so schaffte das Zimmer zu erleuchten und ihre warmen Strahlen an die Wand mir gegenüber zu werfen. Als mir klar wurde, wann Johnnys normalerweise aufstand – was definitiv zu früh war – drückte ich mein Gesicht noch tiefer ins Kissen. Der Hahn ließ sich von meinen innerlichen Verwünschungen aber nicht irritieren und krähte fröhlich weiter. Mit größter Anstrengung überzeugte ich meinen Körper davon, sich im Bett aufzusetzen. Meine Haare hingen mir wirr im Gesicht und das Haargummi hatte sich in der Nacht irgendwo zwischen die Laken verabschiedet. Mit noch immer zugekniffenen Augen stand ich auf, wankte auf das Fenster zu und schloss es ruckartig, dann stolperte ich zurück und ließ mich auf die Matratze plumpsen.
Ein Morgenmensch war ich absolut nicht. Während ich mir das Kissen wieder zurecht drückte, überlegte ich, ob es nicht sinnvoller wäre einfach aufzustehen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Ein paar Stunden Schlaf waren sicher noch drin.
Als ich das nächste Mal wach wurde, war es sowohl heller als auch deutlich heißer in dem kleinen Zimmer. Mein lockeres T-Shirt klebte mir am Rücken und die Haare im Nacken war nass. Glücklicherweise hatte der Hahn aufgehört Randale zu machen und ich gähnte laut, während ich mich zur Bettkante rollte. Mit müden, verquollenen Augen zog ich mich notdürftig an, fischte ruppig eine Shorts aus meinem Rucksack und griff nach dem Shirt, dass ich gestern Abend über Johnnys Schreibtischstuhl geschmissen hatte.
Wankend tapste ich die Treppe nach unten, versuchte dabei nicht zu stolpern und steckte meinen Kopf dann vorsichtig durch den breiten Bogen in die Küche. Es war keiner zu sehen und der Blick auf die Uhr verriet mir auch weshalb. Sie zeigte kurz nach halb elf an und Erika hatte am Vorabend schon gesagt, dass sie heute früh losfuhren. Wo Johnny steckte, konnte ich mir ebenfalls denken. Der würde die Futterrunde für die Tiere erledigen. Heute Abend sollte ich ihm dabei helfen, aber er hatte umsichtigerweise darauf verzichtet, mich für den Morgen ebenfalls einzuplanen. Ich hätte ihm wohl mehr Arbeit gemacht als er ohnehin schon zu erledigen hatte, also war das keine schlechte Entscheidung gewesen.
Hinter mir öffnete sich die Haustür und Johnny kam rumpelnd hindurch, in der einen Hand einen kleinen, geflochtenen Korb, in der anderen einen alten Eimer. Er stellte den dreckigen Behälter neben die Tür, trat sich die gelben Gummistiefel von den Hacken und kam auf mich zu.
»Guten Morgen, Langschläfer.«
»Mhmmorgen.«, brummte ich leise und mit rauer Stimme, reckte mich ihm ein Stück entgegen und drückte einen schnellen Kuss auf seine Lippen.
»Du siehst richtig ausgeschlafen aus.« Er grinste fies und schob mich dann an der Hüfte zur Theke.
»Ich will euren Hahn erschießen.«
»Mach das bitte nicht, dann legen die Mädels keine Eier mehr. Und dann könnte ich dir jetzt kein leckeres Frühstück machen.«
»Hab doch gesagt, ich frühstücke nicht.«, murrte ich, setzte mich aber auf einen der hohen Stühle und rieb mir müde über die Augen.
»Ich habe aber viel vor mit dir, da solltest du bis zum Mittagessen nicht nüchtern bleiben.«
»Viel vor?«
»Klar, ich zeig dir den Hof, wir müssen ein paar Sachen erledigen und ich habe noch eine kleine Überraschung.«
»Ich hasse Überraschungen.«
»Ich glaube du wirst sie weniger hassen, wenn ich dir jetzt einen leckeren Kaffee mache. Dazu lieber Omelett oder Rührei?« Er grinste mir über die Schulter zu und ich schüttelte augenverdrehend den Kopf.
»Rührei.«
Eins musste ich ihm lassen, obwohl ich wirklich nicht gerne frühstückte, verschlang ich zwei Portion von dem verdammt leckeren Rührei und ließ mir auch noch ein paar Streifen knusprigen Speck aufschwatzen. Wenn ich in Zukunft öfter hier wäre, musste ich echt aufpassen, dass sich meine verkorksten Geschmacksnerven nicht zu sehr an das gute Essen gewöhnten. Aber es schmeckte einfach alles hundertmal besser als das abgepackte Fertigessen.
Ich half Johnny beim Einräumen der Spülmaschine, verschwand noch einmal im Bad, um mir die Zähne zu putzen und die Haare wieder in einen ordentlichen Zopf zu binden. Ich hatte zwar bemerkt, dass Johnny ziemlich Gefallen an meinen offenen Haaren gefunden hatte, aber sie waren mir im Alltag oft zu unpraktisch. Trotzdem fand ich es schön, dass er bei jeder möglichen Gelegenheit an dem Gummi zog und mir mit den Fingerspitzen durch die Haare fuhr. Vielleicht würde ich sie ab jetzt öfter offen tragen, aber gerade heute wo wir so viel zu tun hatten, würden sie mich nur nerven.
Kaum unten schlüpfte ich in meine Stiefel und ließ mich von Johnny aus der Haustür lotsen.
»Wir machen erstmal einen kleinen Rundgang, später dann meine Überraschung.«
»Sagtest du nicht wir müssen auch noch was erledigen?«
»Ja aber das machen wir während der Führung.« Er nahm meine Hand und zog mich sachte auf das erste Gebäude rechts von uns zu. Ich erkannte die alte Scheune von der Grillparty wieder, die Erika vor einigen Wochen veranstaltet hatte. Jetzt war sie nicht dekoriert, zeigte nur das gestrichene, dunkle Holz. Auch im Inneren war es weitaus weniger gemütlich als an diesem Abend. Die Sofas, auf denen wir zusammen gesessen hatten, standen zwar noch immer hier, waren aber zur Lagerung mit großen Planen bespannt und an die Seite geschoben worden. Es hingen keine Girlanden und Lampions von den Decken, was der Halle ein ziemliches Downgrade verpasste. Sie sah aus wie eine absolut langweilige Lagerhalle.
»Normalerweise stand hier immer viel Ramsch, wenn es nichts zu Feiern gab. Aber Keith hat letztes Jahr kurzen Prozess gemacht und einiges an wohltätige Organisationen gegeben, hier stand noch einiges an wirklich alten Möbeln von den Vorbesitzern rum.«
»Und jetzt steht sie leer, bis ihr was zum Feiern findet?«, fragte ich skeptisch und drehte mich einmal um die eigene Achse, um die wirklich große Halle zu betrachten.
»Bis jetzt schon. Mom und Keith überlegen sie in einen Bungalow umzubauen, damit hier jemand wohnen kann.«
»Wäre auf jeden Fall besser als den Platz zu verschwenden.«
»Ist nur sehr teuer.« Er zuckte mit den Schultern, dann führte er mich wieder nach draußen. Anstatt wie ich dachte, weiter zum Stall zu gehen, gingen wir wieder am Wohnhaus vorbei, auf die andere Scheune zu. Hier standen unsere Autos auf dem Schotter und das Schild zu Erikas Laden zeigte um die Ecke.
»Das ist Moms Schatz. Sie liebt ihren kleinen Laden, obwohl der gar nicht so rentabel ist, wie man vielleicht denkt. Es ist mehr ein kleines Herzensprojekt von ihr.«
Ich ließ Johnny die Tür aufschließen und schlüpfte hinter ihm hindurch. Der Raum war nicht sehr groß. Eine durchsichtige Auslage stand in der Mitte, daneben die Kasse und einige Regale. Zurzeit war alles leer, aber trotzdem hatte das Ganze eine ziemlich schnuckelige Ausstrahlung. An den Wänden hingen ein paar alte Zeichnungen, dazwischen kleine Lampen.
»Ist nicht so eindrucksvoll, wenn alles leer ist. Aber wie füllen die Auslage nur auf, wenn der Laden auch geöffnet ist.« Er zuckte mit den Schultern und deutete dann auf eine weitere, eher unscheinbare Tür hinter der Theke. »Dahinter ist nur noch der Lagerraum, den zeig ich dir jetzt nicht.«
»Ist wahrscheinlich nicht sonderlich spannend.«
»Absolut nicht, es sei denn du willst den Kartoffeln beim rumliegen zugucken.« Lächeln schüttelte ich den Kopf und schob mich wieder an ihm vorbei nach draußen. Mit meiner Hand strich ich ihm dabei sachte über den Rücken.
Der Rest der Anlage beherbergte nur die kleine Hütte mit allem möglichen an Geräten, Behältnissen und Ausrüstung, die Johnny aber recht schnell abfrühstückte. Die kleinste Scheune kannte ich ebenfalls, darin befand sich der Traktor, der für meinen Geschmack immer noch nicht zu hundert Prozent in Ordnung war. Ich wollte Keith eigentlich noch einmal darauf ansprechen, aber der schien bei meiner letzten Reparatur schon so zufrieden, dass ich es gelassen hatte. Mehr Arbeit wollte ich mir auch nicht extra aufhalsen, wenn sie sich vermeiden ließ.
Den ganzen Vormittag schleppte Johnny mich von einer Ecke in die nächste. Er zeigte mir alle verwinkelten und versteckten Ecken, entführte mich ins Heulager, wo er mir von seinen Erinnerungen aus der Kindheit erzählte. Er war mit Dallas oft im Heu herum geklettert, bis Keith sie brüllend nach unten gescheucht hatte, weil es viel zu gefährlich war. Ich grinste, während er mir davon erzählte, wie die beiden alles Mögliche an Blödsinn angestellt hatten und wie Dallas dann doch eines Tages von einem wackeligen Heuballen gefallen war und sich den Arm gebrochen hat.
»Er hat so laut geschrien, ich dachte echt er muss sterben.« Johnny schüttelte lächelnd den Kopf. »Aber Dallas war schon immer derjenige von uns beiden gewesen, der den meisten Mist angestellt hat.«
»Ich will es mir, glaube ich, gar nicht vorstellen«
»So schlimm war es nicht. Aber danach hatten wir striktes Verbot noch einmal hier rumzuhampeln.«
»Lass mich raten, ihr habt es trotzdem gemacht?« Johnnys verschmitztes Grinsen war Antwort genug. Er schlang einen Arm um mich und schob mich wieder unter freien Himmel, wo er weiter schlenderte, bis wir an der Veranda des Wohnhauses ankamen. Dort drückte er mir einen Kuss auf die Lippen und blinzelte gegen die helle Sonne an.
»Wie wäre es erstmal mit Mittagessen? Danach gibt es die Überraschung.« Er hatte sein Smartphone aus der Tasche gezogen und die Uhrzeit kontrolliert, schob es jetzt aber wieder zurück und sah mich abwartend an.
»Gerne. Du hattest recht, das ist doch anstrengender als gedacht.«
Wir waren nicht nur rumgelaufen und hatten uns den Hof angesehen, ich hatte ihm auch geholfen die Hühner mit Wasser zu versorgen und deren weitläufiges Gehege ein wenig aufzuräumen. Es war nicht so, dass ich körperliche Anstrengung nicht schon von meiner Arbeit in der Werkstatt kannte, aber das ständige Rumlaufen war doch eine andere Nummer.
Johnny holte alles Mögliche an Zutaten für Sandwiches heraus, schob mich resolut von sich, jedes Mal, wenn ich ihm helfen wollte und streckte mir die Zunge raus.
»Setz dich auf deinen schönen Hintern und geb Ruhe.«, murrte er bei meinem dritten Versuch wenigstens irgendwie zu helfen.
»Du findest meinen Hintern schön?«, fragte ich grinsend, setzte mich dann aber doch wieder auf einen der Barhocker und stützte mein Kinn in der Handfläche ab. Ich beobachtete, wie er die Brotscheiben fachmännisch belegte und sich dabei konzentriert auf die Unterlippe bis. Bei meiner Bemerkung hob er aber kurz den Kopf und sah mich vielsagend an.
»Was denkst du denn?«
»Keine Ahnung. Woher soll ich wissen, wie du meinen Arsch findest?«, murmelte ich amüsiert.
Johnnys Ohren waren ganz rot geworden und er nuschelte irgendwas Unverständliches, ehe er den Teller mit unserem Essen nahm und mich zur Terrasse scheuchte.
Ungläubig blieb ich draußen vor dem dekadenten Pool stehen blieb, der zum Schutz mit einer großen, dicken Plane versehen war. Johnny stellte den Teller auf dem hölzernen Esstisch ab und schlang von hinten seine Arme um mich, dann drückte er mir einen Kuss in den Nacken.
»Keiths Idee, aber wirklich praktisch bei den Temperaturen im Moment.« Er lehnte seinen Kopf an meinen. »Wir können schwimmen gehen, wenn du willst?« Der Tonfall, den er anschlug, ließ keinen Raum für Spekulationen und seine warmen Hände, die tief auf meinem Bauch lagen, sagten ihr übriges. Ich drehte meinen Kopf ein Stück zur Seite, zog eine Augenbraue hoch und schürzte skeptisch die Lippen.
»Schwimmen, ja?«
»Wenn du willst?« Er verteilte kleine Küsse auf meiner Wange und meinem Hals, dass sich ein Kribbeln in meinem ganzen Körper ausbreitete.
»Ich kann nicht schwimmen.«, sagte ich dann und wartete seine Reaktion ab, die auch prompt kam. Er unterbrach seine Küsserei und sah mich mit aufgerissenen Augen an.
»Verarsch mich nicht.«, murmelte er.
Ich lachte auf und schüttelte den Kopf. »Ich verarsch dich nicht. Was meinst du, warum ich am See nicht schwimmen gegangen bin?«
»Du hast gesagt du magst es einfach nicht.« Johnny löste sich von mir und ich nutzte das, um mich aus seiner Umarmung zu ziehen und an den Esstisch zu setzen. Mein Magen knurrte verlangend und diese Sandwiches sahen viel zu lecker aus.
»Ja weil die Wahrheit verdammt peinlich ist.« Ich biss herzhaft in das leckere Brot und genoss denselben würzigen Geschmack wie damals am See.
»Ist es nicht, wenn man es halt nie gelernt hat.« Johnny zuckte mit den Schultern und setzte sich zu mir, fing ebenfalls an zu Essen. Ich wischte mir einen Klecks Soße von der Wange und wählte meine nächsten Worte mit Bedacht.
»Mir hat es nie jemand beigebracht und Sarah hatte eine AG in der Grundschule, da hat sie es gelernt.«
»Wenn du willst, bring ich es dir bei. Ich lach dich auch nicht aus, versprochen.« Johnny hatte sich entspannt zurückgelehnt und sah mich mit einem warmen und aufrichtigen Lächeln an.
»Vielleicht, aber nicht heute. Ich bin jetzt schon kaputt und ich habe keine Ahnung, was deine Überraschung beinhaltet.«
Er schmunzelte verschwörerisch, sagte aber nichts weiter dazu. Ein wenig fürchtete ich mich schon davor.
Eigentlich hätte ich es mir schon denken können, als Johnny den Stall aus seiner Rundführung ausgelassen hatte. Er ging vor, trat durch die riesige geöffnete Doppeltür und lief auf die Boxen, die links und rechts lagen, zu. Er streichelte einem der Tiere, dass jetzt den Kopf über die Tür streckte, über die Schnauze.
»Wir haben elf Pferde, zwei davon Rentner. Der Rest wird entweder für den Unterricht genutzt oder gehört uns einfach zum Vergnügen.«, erzählte er, während er weiter durch den Gang lief, die Tiere einem nach dem anderen begrüßte. Ich blieb am Anfang der Gasse stehen und sah unsicher zu dem großen, dunkelbraunen Tier neben mir. Ich hatte keine Ahnung wie man mit diesen riesigen, ungeheuer starrenden Tieren umging.
»Ich brauche Hilfe sie auf die Weide zu bringen, wo sie den Tag über stehen. Glaubst du, du schaffst das?« Johnny war stehen geblieben und nahm ein Geschirr von dem Haken an der hintersten Box. Er winkte mich zu sich und ich ging vorsichtig zwischen den neugierigen Tieren, die jetzt allesamt den Kopf in den Gang hielten, hindurch.
»Ich kanns probieren.«, sagte ich langsam und blieb vor ihm stehen, lehnte mich aber ein Stück zu Seite, um der schnuppernden Schnute des dunklen Pferdes neben uns zu entgehen. Johnny gluckste und ich sah schnell zu ihm. Er hielt sich eine Hand vor den Mund, um sein Lächeln zu verbergen, was aber absolut nicht gelang. Sanft boxte ich ihm gegen den Arm.
»Hör auf zu Lachen. Ist das deine Überraschung?«, fragte ich ein wenig eingeschnappt und zuckte ein zusammen als das Vieh neben uns wieherte.
»Sorry, aber das ist verdammt süß. Hast du Angst?«
»Nein, aber Respekt.«
»Das ist gut, aber Angst brauchst du auch nicht zu haben. Ich lass dich nur die braven führen und übernehme unsere etwas aufgeregteren Kandidaten.« Er sortierte das Geschirr in seiner Hand und fuhr fort, ohne den Kopf zu heben. »Nein, das ist nicht die Überraschung. Ich brauche wirklich einfach nur Hilfe, alleine müsste ich viel öfter gehen.« Er hielt mir das Gewusel in seiner Hand hin und erklärte mir, was es genau war.
»Das Halfter benutzen wir zum Führen, da unten wird mit dem Karabinerhaken der Strick befestigt und du kannst sie wie einen Hund an der Leine spazieren führen.«
»Einen sehr großen Hund.«, murmelte ich und Johnny drückte mir einen Kuss auf die Wange.
»Du kriegst das hin. Ich zieh allen ihr Halfter an und du musste sie nur nehmen und hinter mir herlaufen.«
Johnny ging von Box zu Box, sprach leise mit den Tieren und legte ihnen das Halfter wie besprochen an. Er nannte mir die Namen der Tiere, wobei diese auch auf Messingschildern an den Boxentüren geschrieben standen und holte dann das erste Tier auf die Stallgasse. Es war, wie er mir erklärte, ein Wallach namens Colorado und wenn ich seinen Worten Glauben schenkte eins der zuverlässigsten Pferde, die für den Reitunterricht zuständig waren. Er überreichte mir das raue Seil und schnappte sich dann selbst direkt zwei der Tiere und ging mit ihnen voraus. Unbeholfen ging ich los, warf einen Seitenblick auf das hellbraune Ungetüm, dass mir aber ohne zu zögern folgte. Erst nach der Hälfte des Weges stieß ich tief den Atem aus und lockerte meine Schulter, die ich zuvor angespannt hochgezogen hatte. Colorado war wirklich nicht schwer zu halten und lief Johnny und den zwei anderen Pferden fast schon kopflos hinterher.
Die nächsten Trips liefen ähnlich, Johnny ging voraus und ich folgte mit meinem zugewiesenen Tier. Ein wenig stolz war ich schon, dass es so gut klappte, aber aussprechen würde ich das nicht. Es war peinlich, dass ich wegen solch einer Kleinigkeit, die Johnny jeden Tag ausübte, so ein gutes Gefühl bekam. Aber irgendwie war es mehr als nur das stumpfe Führen eines Pferdes, ich war zu etwas zu gebrauchen und konnte helfen. Ich fiel ihm nicht zur Last und konnte beweisen das ich ihn unterstützte, wenn er mich brauchte.
Zuletzt führte er seine Stute Stella auf die Weide, der das kleine hellbraune Fohlen aufgeregt hinterher hüpfte. Das kleine Ding war schon echt niedlich, wie es immer noch etwas unbeholfen durch die Gegend stakste und laut quietschte. Ich wartete am Stall auf Johnnys Rückkehr und lächelte ihm zu, als er wieder auftauchte. Er fuhr sich durch die schwitzigen Haare, stieß angestrengt die Luft aus den Lungen.
»Also bei dem Wetter macht das echt keinen Spaß.« Er blieb vor mir im Schatten stehen und blies die Wangen auf.
»Müssen wir die Pferde später wieder reinholen?«, fragte ich und hoffte, dass er meinen unwilligen Tonfall nicht bemerkte. Schlimm war es nicht gewesen, aber sonderlich Lust, die Prozedur zu wiederholen, hatte ich nicht.
»Nein, wir lassen sie draußen stehen, bis morgen früh. Ist schon in Ordnung, sie haben genug Wasser und Unterstände.«
Ich nickte erleichtert und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Stallwand. Meine Lunge schrie nach einer Zigarette, aber die lagen noch im Haus und jetzt gerade wollte ich nicht rüber laufen. Vielleicht war es besser so.
»Jetzt zur Überraschung.« Johnny drehte sich zu mir und nickte ins Innere des Stalls »Eigentlich hatte ich überlegt dich auf ein Pferd zu setzen, aber ich habe mir schon gedacht, dass das nichts für dich ist.«
Ich riss die Augen auf und sah ihn entgeistert an, was ihn zum Lachen brachte.
»Du hättest mich auf keinen der Gäule bekommen.«
»Dachte ich mir. Deswegen die Planänderung.« Er nahm meine Hand und zog mich hinter sich her in die kühle Stallgasse.
»Und dir ist auf die Schnelle eine neue Überraschung eingefallen, ja?«, fragte ich und schob mir einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Durch das hin und her mit den Pferden hatten sie sich aus dem Zopf gelöst.
»Mehr oder weniger, aber die hier wird dir sogar noch besser gefallen.«
»Also besser ist nicht schwer, wenn mir die andere null gefällt.«
Johnny drehte den Kopf und streckte mir kindisch die Zunge raus, dann öffnete er die nur angelehnte Tür am Ende der Gasse und zerrte mich hindurch.
»Und was willst du jetzt mit mir in dieser Besenkammer?«, fragte ich und quetschte mich neben ihn in den kleinen Raum. Es drang nur spärlich Licht durch die kleinen Fenster, sodass alles in schummrigem Halbdunkel lag.
»Fast richtig, dass ist die Sattelkammer. Sei leise und geh vorsichtig da hinten hin.« Er deutete auf das Ende der kleinen, schmalen Kammer und ich warf ihm einen letzten misstrauischen Blick zu. So leise wie möglich quetschte ich mich an abgedeckten Sätteln und schiefen Holzschränkchen vorbei, versuchte keine Spinnweben ins Gesicht zu bekommen und lugte in die Ecke.
Dort stand eine große Holztruhe, staubig und abgenutzt. Eine der vier Seiten war herausgebrochen und der Deckel stand weit offen, was mir den Blick auf Johnnys Überraschung freigab. Eingerollt in eine dicke, rosafarbene Decke lag eine getigerte Katze, die mich schläfrig musterte. Neben ihr wuselten fünf kleine Kitten über die Decke und winselten leise, zwei von ihnen tranken die Milch ihrer Mama, die anderen drei krabbelten ziellos umher. Ich hockte mich vor die Kiste und schaute mir die superniedlichen Kätzchen eine Weile lang an, dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und Johnny, der sich hinter mich kniete und über meine Schulter linste.
»Die sind letzte Woche zur Welt gekommen und noch ganz klein. Lady hat sie hier zur Welt gebracht, wir haben es erst gar nicht mitbekommen.« Er flüsterte sanft und grinste auf die Kätzchen herunter.
»Lady?«, fragte ich ebenso leise und die Katzendame zuckte mit dem Schwanz, als sie ihren Namen hörte.
»Ja, Lady Whiskers of Meowntain.« Er gluckste leise und ich schüttelte ungläubig den Kopf.
»Was ein bescheuerter Name.«
»Absolut. Dallas und ich fanden den Namen damals allerdings genial.«
»Was macht ihr mit den Kätzchen?«
»Du meinst, wenn sie größer sind?«
Ich nickte als Antwort.
»Erstmal bleiben sie hier, bis sie selbstständig sind. Dann geben wir sie meistens an Kunden von uns ab oder auch schonmal an andere Höfe aus der weiteren Umgebung, wenn die noch einen Mäusefänger brauchen.«
»Ihr behaltet sie nicht?«
»Nein, die meisten nicht. Lady war die erste, sie ist irgendwann einfach hier aufgetaucht und den Hof zu ihrem Eigentum erklärt. Wir haben noch zwei Kater herumstreunen, aber die haben hier nichts zu sagen. Lady ist der Boss.«
»Und ihr habt andauernd Kitten?« Ich schaute das einzige Schwarze an und riss mich ein wenig zusammen, um nichts Peinliches zu sagen. Sie war schon extrem süß und mir fiel Johnnys blöde Idee ein, die er vor ein paar Wochen im Auto hatte. So ein kleines Kätzchen zuhause wäre schon süß.
»Noch ja, aber wir wollen Lady nach diesem Wurf endlich kastrieren lassen. Es ist nicht gut so viele Katzen zuzulassen, die vermehren sich viel zu schnell. Es gibt genug Streuner, da müssen wir nicht weiter zu beitragen«
»Sehr vernünftig«
Lady mauzte leise und sah uns jetzt aufmerksamer an, als würde sie uns hiermit sagen, dass es genug war. Johnny schien das ebenfalls so zu interpretieren und zupfte leicht an meiner Schulter, um den Rückzug anzutreten. Ein letztes Mal sah ich mir das süße Gewusel an, dann ging ich leise zurück und ließ die frischgebackene Mama mit ihren Babys allein.
»Überraschung gelungen, du hast den Klumpen in meiner Brust zum Schlagen animiert.«, grummelte ich als wir wieder durch den Stall gingen und seufzte theatralisch.
»Ha! Wusste ich‘s doch, damit kriegt man jeden weich.« Johnny lächelte süß, dann streckte er sich ausgiebig und deutete zum Haus. Der Streifen gebräunter Haut, der durch das Hochrutschen seines Shirts frei wurde, lenkte mich dabei nur minimal ab.
»Wollen wir für heute Schluss machen? Wir müssten heute Abend noch die letzte Futterrunde machen, aber das sollte schnell gehen, wo die Pferde draußen stehen. Ansonsten können wir noch entspannen.«
»Das klingt verdammt gut.«
Wir vertrieben uns die Zeit mit einer Serie die Johnny mir dringend zeigen wollte und unweigerlichem knutschen, bis wir uns am Abend eine sehr willkommene Fertigpizza in den Ofen schoben und wie ausgemacht die Hühner fütterten.
Johnny wollte noch einmal zur Weide gehen und nach den großen Vierbeinern sehen, aber schickte mich schonmal vor ins Haus. Ich nutzte die Zeit, suchte meine Hygieneartikel raus und verschwand in das große Badezimmer im Dachgeschoss. Es war geräumig und hatte als einziges Zimmer hier oben keine Dachschräge, was es leichter machte sich zu bewegen.
Ein wenig schlich sich Nervosität in meine Gedanken und mein Magen kribbelte aufgeregt. Die Stimmung war schon den ganzen Tag wie aufgeladen und eine elektrisierende Anspannung knisterte zwischen uns. Johnny hatte heute öfter als sonst meine Nähe gesucht und es war klar, was wir beide im Sinn hatten. Also duschte ich ausgiebig, nahm mir Zeit meine Haare ordentlich zu waschen und rasierte mich im Anschluss vor dem großen Spiegel über dem Waschbecken. Viel Bartwuchs hatte ich nicht, aber die Stoppeln auf meiner Oberlippe hatte ich noch nie leiden können.
Ich stieg in frische Boxershorts und warf mir ein neues Shirt über, dann ging ich barfuß rüber in Johnnys Zimmer. Er war noch nicht wieder zurück und ich überlegte kurz, was ich tun könnte, um meinen nervösen Fingern was zu tun zu geben. Erst jetzt fiel mir auf, dass mein Smartphone den ganzen Tag über auf Johnnys Nachttisch gelegen hatte und ich nicht einmal auf die Idee gekommen war, danach zu suchen. Nicht einen Gedanken hatte ich an das blöde Ding verschwendet, nahm es jetzt aber trotzdem in die Hand und ließ mich rückwärts in die Kissen fallen. Das alte Holz knarzte beherzt, aber ich ignorierte es, entsperrte mein Handy und scrollte durch die Meldungen. Dad hatte versucht mich anzurufen und es nach vier Versuchen anscheinend aufgegeben, dafür aber drei Nachrichten geschickt. Ich überlegte einen Moment, ob ich sie mir jetzt überhaupt ansehen wollte, aber eine kleine Stimme in meinem Kopf flüsterte mir fiese Szenarien zu, weshalb er sich gemeldet haben könnte.
Ich hörte Johnny die Treppe raufkommen und sah von dem Gerät in meiner Hand auf, als er durch die Tür kam und mir ein kurzes Lächeln zu warf.
»Ist alles in Ordnung da draußen. Ich spring dann jetzt auch schnell unter die Dusche.« Er klaubte ein paar frische Klamotten aus der Kommode neben dem Bett und rauschte aus dem Raum. Ich grinste leicht, weil ich in seinem fahrigen Verhalten dieselbe Aufregung las, die ich selbst verspürte.
Trotzdem richtete ich meinen Fokus wieder auf Dads Nachrichten und las sie durch.
‚Gehst du Nichtsnutz auch mal an dein Telefon? ’
‚Hast du übernächsten Mittwoch frei? ’
‚Ich will, dass du mich zum Friedhof fährst. ’
Die Nachrichten waren knapp und kalt wie immer, trotzdem löste sie eine unterschwellige Unruhe in mir aus. Hastig wechselte ich in die Kalender App und suchte das genannte Datum raus. Der 14. August. Moms Todestag, wie jedes Jahr. Nur das sich Dad die letzten Jahre kein bisschen darum geschert hatte, im Gegenteil. Meist hatte er stockbesoffen wie immer im Trailer gehangen, während ich oft allein, in manchen Jahren auch mit Sarah zum Friedhof gefahren war und einen Strauß Blumen auf Moms simplen Grabstein gelegt hatte. Wieso er gerade dieses Jahr wollte, dass ich ihn hinfuhr, war mir ein Rätsel und mir schmerzte der Magen, bei dem Gedanken daran, wie er drauf sein würde. Das würde kein netter, melancholischer Familienausflug werden.
Zumal ich mich schämte, bis gerade eben nicht einmal mehr daran gedacht zu haben, welches Datum immer näher rückte. Die letzten Wochen kamen mir vor wie ein viel zu schöner Traum, da hatte nichts anderes mehr Platz gefunden. Ich sperrte mein Smartphone wieder und schob es zurück auf den Nachttisch, dann fuhr ich mir durch die noch feuchten Haare. Ich würde Dad morgen anrufen und mit ihm klären, was es mit seinem plötzlichen Interesse auf sich hatte. Aber für heute Abend wollte ich mich nicht weiter damit beschäftigen. Am liebsten hätte ich gar nicht erst nachgesehen, sondern bis zum nächsten Tag gewartet.
»Alles in Ordnung?« Ich war wohl so in Gedanken gewesen, dass ich Johnny gar nicht gehört hatte, der jetzt im Türrahmen stand und mich besorgt musterte. Er trug kein Oberteil, nur eine lockere, karierte Schlafhose.
»Ja alles okay.« Ich versuchte mich an einem Lächeln, sah aber in Johnnys Miene, dass es mir wohl nicht gelang. Er kam auf mich zu, setzte sich auf die Bettkante und lehnte sich ein Stück zurück. Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont und tauchte das Zimmer in schummriges Licht, welches durch die Lamellen der Jalousie fiel und breite Streifen auf Johnnys Oberkörper warf. Als ich ihm wieder ins Gesicht sah, bemerkte ich wie er mich immer noch musterte und meine Wangen wurden heiß. Nicht, dass ich ihn nicht anstarren durfte, trotzdem war es mir unangenehm dabei erwischt zu werden.
»Ich weiß, du hast mir mehrfach gesagt du redest nicht gerne über deine Gefühle und sowas. Aber du kannst mir trotzdem erzählen, wenn dir was durch den Kopf geht.« Seine Stimme war sanft und er sah mich offen und versichernd an, dass sich meine Brust schmerzhaft zusammenzog.
»Ich weiß, aber darüber kann ich nicht sprechen.«
»Darf ich fragen, wieso nicht?« Er hob eine Hand und legte sie auf mein angewinkeltes Bein, strich mit dem Daumen sanft darüber und machte es mir schwer auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Ich kann einfach nicht.« Ich senkte den Blick und zupfte abwesend an meinem Shirt herum. Hoffentlich verstand er, dass es nicht an ihm lag.
Die Matratze senkte sich ein Stück, während er sich zu mir beugte und eine Hand an meine Wange legte. Sanft strich er mit dem Daumen darüber und hob mein Kinn ein wenig an.
»Okay.« Er küsste mich zärtlich und langsam, strich mit seiner anderen Hand weiter über mein Bein, welches ich jetzt locker ausstreckte. Sofort nutzt er den weiteren Spielraum, schob sich ganz aufs Bett und kniete sich zwischen meine Beine, ohne den Kuss zu unterbrechen. Seine Lippen öffneten sich noch ein Stück weiter und die vorwitzige Zunge, die sich träge gegen meine drückte, löste ein tiefes Kribbeln in meinem Bauch aus.
Meine Hände schoben sich wie automatisch in seinen Nacken und kraulten durch die kurzen, duschfeuchten Haare. Er seufzte leise, löste den Kuss, um weitere kleine Küsse über meine Wange und meinen Kiefer bis hinunter auf meinen Hals zu drücken. Die Hand, die schwer und warm auf meinem Bein lag, schob sich über meine Hüfte weiter unter das lockere Shirt und streichelte federleicht über meinen Bauch.
»Weißt du eigentlich, wie verdammt hübsch du bist?«, nuschelte er gedämpft in meine Halsbeuge und ich lachte atemlos auf.
»Durchschnitt, höchstens.«
Johnny hob den Blick und sah mich kritisch an, dann zog er mich ruckartig an der Hüfte nach unten, sodass ich flach auf dem Rücken lag und überrascht zu ihm aufsah.
»Wenn du das so siehst, habe ich wohl eine ganze Menge Arbeit vor mir, um dir das Gegenteil zu beweisen, hm?«
»Würde ich dir von abraten, verschwendete Mühe.«
»Idiot.« Er schüttelte lächelnd den Kopf und küsste mich wieder, unterbrach unser heißes Zungenspiel nur um mir das Shirt über den Kopf zu ziehen und achtlos neben das Bett zu schmeißen. Dann waren seine Lippen sofort wieder auf meinen und seine Hände fuhren immer noch behutsam über meine Haut und fühlten sich so ganz anders an als die Berührungen, die ich sonst gewohnt war. Zärtlicher Sex gehörte normalerweise nicht in mein Liebesleben, umso mehr genoss ich ihn.
Um nicht untätig herum zu liegen, ließ ich meine Hände ebenfalls wandern, über die breiten Schulter, die starken Oberarme und nach vorne auf seine Brust. Er atmete zittrig aus und küsste sich wieder an meinem Hals herunter, biss immer wieder sanft in die empfindliche Haut und ich stöhnte leise, als ich zusätzlich seine Hand an meiner Brust fühlte, wo sie mit einer der harten Knospen spielte.
Ich drückte mein Becken provokant nach oben, schlang meine Beine um seine Hüfte, zog ihn so noch näher an mich. Hart und heiß drückten sich unsere Erektionen aneinander und es beruhigte mich zu wissen, dass ich nicht der Einzige war, der dieses Spiel genoss. Rhythmisch bewegte er sich in langsamem Tempo gegen mich, keuchte selbst und atmete schwer, während er sich neben meinem Kopf auf den Unterarmen abstützte und ich seine Lippen wieder zu einem ruhigen, intensiven Kuss einfing.
Er strich mir behutsam durch die Haare und kratzte leicht über die Kopfhaut, wodurch sich eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitete. Das hier fühlte sich bedeutender an, als all die Male zuvor. Es fühlte sich echt und intensiv an. Als würde ich ertrinken und im letzten Moment nach Luft schnappen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich dachte Johnny würde es hören können.
»Willst du?«, fragte ich leise und atemlos, nachdem ich den Kopf ein Stück zurückgezogen hatte und ihm in die Augen sah. Ich hoffte er verstand, was ich wollte. Auch in solch intimen Moment fiel es mir schwer die richtigen Worte zu finden und ein ‚Willst du ficken?‘, passte definitiv nicht hierher.
»Ich…ja.« Plötzlich wirkte er sehr viel nervöser als noch vor ein paar Sekunden und kräuselte leicht die Nase, was unglaublich niedlich aussah. »Ich habe aber nichts wirklich da. Außer Kondome.«, murmelte er und lächelte verlegen.
»Hab was in meinem Rucksack. Vorne, in der kleinen Tasche.«, hauchte ich, weil ich mit einem Mal selbst ein wenig verlegen war. Verdammt, das war nicht mein erstes Mal, ich sollte mich ein wenig zusammenreißen. Aber noch nie hatte mir Sex so viel bedeutet wie heute. Noch nie hatte ich so starke Gefühle für den Mann, mit dem ich schlief.
Johnny drückte mir einen Kuss auf die Wange, dann stand er auf und tapste die wenigen Schritte auf seinen Schreibtisch zu, öffnete das Fach an meinem Rucksack und holte die unscheinbare Tube heraus. Aus seinem Nachttisch kramte er nach einer etwas zerknautschen Packung Kondome und schmiss beides neben mir auf das Bett. Dann blieb er einen Moment unschlüssig daneben stehen und öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schloss ihn aber wieder. Letztendlich griff er sich selbst in den Hosenbund, zog die Schlafhose und Boxershorts nach unten und kletterte dann nackt zu mir aufs Bett. Ich schluckte schwer, während ich seinen schönen Körper betrachtete und bemerkte erst, dass er mich ebenfalls musterte als er leise gluckste.
»Meine Augen sind hier oben.« Amüsiert funkelten mich seine lustverhangenen Augen an, ehe er sich wieder über mich lehnte. Ich grinste frech und spürte, wie er auch mir zwei Finger in den Hosenbund hakte, dann aber mit fragendem Blick innehielt. Als Antwort hob ich die Hüften leicht an, um es ihm einfach zu machen und strampelte die überflüssigen Klamotten von den Beinen.
Kaum war der störende Stoff auf den Boden gesegelt, legte Johnny sich über mich und wir stöhnten beide auf, als sich unsere heißen Körper berührten.
»Ich will das hier ungern komisch machen, aber wie…wie machen wir das?«, fragte er und schluckte sichtbar, was sein Adamsapfel leicht hüpfen ließ. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, was genau er meinte, dann grinste ich und hob amüsiert die Augenbrauen.
»Dachte das wäre klar. Ich will dich in mir.« Unvorbereitet rieb über seinen harten Schwanz, freute mich über das erstickte Keuchen und leckte mir über die Lippen.
»Wenn das für dich okay ist.« Er legte den Kopf auf meiner Brust ab, küsste sich zu einer Brustwarze und biss leicht hinein, spielte mit dem Stab, der hindurch lief und brachte mich zum Stöhnen. Dann griff er nach der Tube Gleitgel, richtete sich wieder etwas auf und hielt sie mir hin.
»Willst du das machen?«
Ich nickte schnell, nahm sie entgegen und drückte einen großen Klecks auf meine Finger. Ein wenig unangenehm war es mir schon, mich unter seinem erregten Blick vorzubereiten, aber er ließ mir kaum Zeit, darüber nachzudenken. Seine Hände waren überall auf meinem Körper unterwegs, halfen mir mich weiter zu entspannen und er küsste mich so behutsam, dass mir selbst mein lautes Stöhnen nicht mehr unangenehm war.
Ich nahm mir Zeit, führte einen Finger nach dem anderen ein und dehnte mich langsam und gründlich, um später nicht unnötig stoppen zu müssen. Erst als ich der Meinung war, so weit zu sein, wischte ich meine klebrigen Finger an der Bettdecke unter mir ab und griff nach dem in Plastik verpackten Kondom, riss es auf und rollte es Johnny über. Er drückte weiteres Gel darauf und warf die Tube dann beiseite. Fahrig rutschten wir in bequemere Positionen, er stützte sich wieder neben meiner Schulter ab, mit der anderen führte er seine Härte an meinen Eingang und schob sich langsam vor.
Nach so langer Abstinenz war es ein ungewohntes Gefühl, aber er ließ sich Zeit, fragte mehrmals atemlos und leise ob alles in Ordnung wäre, und jedes Mal antwortete ich mit einem Nicken und einem süßen Kuss. Es fühlte sich unglaublich an, als er endlich komplett in mir war und ich stöhnte langgezogen, während Johnny ein kleiner Schauer überlief.
»Du fühlst dich verdammt gut an.«, flüsterte er, suchte nach mehr Halt und zog dann langsam seine Hüfte zurück.
»Du auch.« Ich legte meine Hände um seinen Rücken, schlang die Beine um ihn und kam ihm bei jedem tiefen Stoß entgegen. Mit der Zeit wurde er sicherer, merkte wie viel er mir zumuten konnte und seine Stöße nahmen an Intensität zu. Wir versuchten uns immer wieder zu küssen, rutschten aber wegen der Bewegung von den Lippen des anderen und irgendwann vergrub Johnny sein Gesicht an meiner Halsbeuge und stöhnte immer wieder leise meinen Namen. Normalerweise wäre mir so etwas unangenehm, aber jetzt sandte es elektrisierende Impulse in meinen Schritt und vernebelte mir das Hirn.
Das Bett knarzte mit jedem Stoß und ich war wirklich froh, dass wir allein waren und ich mir keine weiteren Gedanken darum machen musste. Atemlos drückte ich feuchte Küsse auf Johnnys Schulter, nahm einen Arm von seinem Rücken und versuchte ihn zwischen uns zu schieben, was aber wegen des wenigen Platzes nicht wirklich gut funktionierte.
Johnny hob den Kopf, richtete sich etwas auf und strich mit der Hand auf meinen Schritt zu, umfasste meinen harten Schwanz und pumpte ihm im Takt seiner festen Stöße. Stöhnend krallte ich mich in seinen Oberarm, fühlte seinen Schweiß und die erhitzte Haut auf mir und genoss das Gefühl so mit ihm verbunden zu sein.
Sein Rhythmus geriet etwas aus dem Takt, seine Stöße wurden ungleichmäßiger und mit leisem, gepresstem Stöhnen kam er zum Höhepunkt, drückte sich ein letztes Mal tief in mich und blieb keuchend über mir. Ich drückte mehrere kleine Küsse auf seine geschwollenen Lippen und zuckte sanft mit der Hüfte in seine lockere Faust. Er hob lächelnd den Kopf, intensivierte den Kuss und brachte mich in kurzer Zeit ebenfalls zum Orgasmus, der mich schwer atmend und leise stöhnend zurückließ.
Ich bekam wegen meiner geschlossenen Augen kaum mit, wie er sich zurückzog, das Kondom verknotete und auf den Boden fallen ließ. Dann rollte er sich neben mich, schlang die Arme um meine Taille und zog meinen trägen Körper an seine breite Brust. Ich lächelte zufrieden, hob müde einen Arm und strich ihm über das markante Kinn. Der Kuss war süß und schmeckte nach Zufriedenheit.
»Ich liebe dich.« Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern, aber in der abendlichen Stille hörte ich ihn klar und deutlich.
Zögernd küsste ich ihn als Antwort erneut. Ich wollte nicht zugeben, dass mir dieser Satz Angst machte. Zu meinem Glück reagierte er nicht weiter darauf, sondern legte seinen Kopf mit einem kleinen Lächeln neben meinem auf dem Kissen ab.
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Ach du meine Güte, schon wieder so ein Monster-Kapitel. Hilfe.
Hier hat die Überarbeitung echt lange gedauert. Das war auch von Anfang an das Kapitel, dass mir am schwersten gefallen ist. Es passiert so viel, aber ein Perspektivenwechsel hätte nicht gepasst...
Ich hoffe es hat euch gefallen, wenn ja, lasst doch gerne ein Review da (✿◠‿◠) Mich würde echt Interessieren, wie euch meine beiden Chaoten gefallen!
Bis zum nächsten Kapitel!
Der Rucksack auf meiner Schulter rutschte ein Stück nach unten und ich schob das blöde Ding mit einem Zucken wieder nach oben. Ich war mir nicht sicher, was ich von der Idee halten sollte, aber Johnny klang so aufgeregt als er mich gefragt hatte.
Also war ich auf dem Weg Johnnys Familie bei einem offiziellen Abendessen kennen zulernen. Das ich nervös war, war noch die nette Umschreibung. Noch nie war ich den Eltern meiner Ex-Partner offiziell vorgestellt worden. Jedenfalls nicht auf diese Weise.
Bis auf Erika hatte ich jeden schon mehr oder weniger kennengelernt, aber gerade die Mutter meines Freundes war wohl die wichtigste Person, die es von mir zu überzeugen galt. Mich gut zu verkaufen, war noch nie meine Stärke gewesen.
Ich schlurfte langsam über den großen Innenhof und versuchte das Treffen so lange hinauszuzögern, wie es nur möglich war.
Es gelang mir nicht, da sich in diesem Moment die große Doppeltür des Stalls öffnete und Johnny herauskam, gekleidet in simplen Jeans und T-Shirt. Als er mich sah, grinste er breit und winkte enthusiastisch. Mir blieb nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben und ich wartete, bis er zu mir aufgeschlossen hatte.
»Hey. Ich wusste doch, dass ich den Mustang gehört habe.« Er küsste mich fest auf den Mund und strahlte aufgeregt.
»Hi.« Ich schmiegte mich fest an ihn und vergrub meine Nase für einen Moment in seiner Halsbeuge.
»Aufgeregt?«, fragte er sanft an meinem Ohr und strich mir über den Rücken. Nickend schob ich ihn wieder ein Stück von mir und lächelte schief.
»Lass uns rein gehen, je eher wir drin sind, desto schneller kann ich dich blamieren.«
»Du bist ein Idiot.« Er drückte mir einen weiteren Kuss auf die Stirn und zog mich an der Hand zur Haustür. »Sie kennen dich doch schon, was soll da großartig passieren?«
»Genug.« Dass seine Mom mich hasste, zum Beispiel.
»Hör auf dir solche Gedanken zu machen. Du sagst doch sonst immer, dir geht die Meinung anderer am Arsch vorbei.«
»Und wenn du dich erinnerst, sollte dir einfallen, dass du mir nicht am Arsch vorbei gehst. Also auch deine Familie nicht, oder was sie von mir hält.«
» Keith bekommst du um den Finger gewickelt, wenn du ihm anbietest irgendwas an unseren Autos zu reparieren. Bei Mom musst du nur das Essen loben.« Er lächelte für meinen Geschmack eine Spur zu unbekümmert, aber ich sagte nichts weiter dazu. Stumm folgte ich ihm ins Haus, wo er sich die abgetretenen Sneaker von den Füßen zog und zu den zwei Dutzend Schuhen stellte, die sich unter der Garderobe tummelten.
»Zieh deine Stiefel am besten aus, eigentlich ist uns das im Untergeschoss egal, aber wir wollen ja sowieso nicht mehr raus.«
Ich stellte meine Stiefel ordentlich dazu, legte meinen Rucksack auf Johnnys Anweisung hin auf der dunklen Treppe ab und sah mich in dem riesigen Flur um.
Die Wände waren mit einer altmodischen, hellen Blümchentapete versehen, die absolut nicht mein Geschmack war. Der große Bogen rechts neben uns war weiß verkleidet und gab den Blick auf die große Essküche frei. Johnny zwinkerte mir zu, wirkte jetzt auch etwas nervös und schlüpfte dann durch den Bogen.
»Sky ist da.«, kündigte er uns an, während ich mich ein Stück hinter ihn stellte und auf die kleine Runde am Esstisch sah.
Sofort stand Johnnys Mom auf, kam auf uns zu und lächelte mich warm an.
»Freut mich, dass du hier bist. Fühl dich wie zuhause.« Sie machte eine ausladende Handbewegung, während sie vor mir stehen blieb und ich wusste nicht, ob es jetzt angebracht wäre, ihr die Hand zu schütteln. Sie ließ mich gar nicht weiter nachdenken, sondern schlang die Arme um mich und zog mich in eine herzliche Umarmung.
Ein wenig überfordert drückte ich sie kurz und lächelte angespannt, dann löste sie sich schon von mir und sah mich prüfend an. »Johnny sagte du magst Nudeln, also gibt es Auflauf zum Essen, ich hoffe das ist okay?«
»Natürlich.«, murmelte ich, warf dabei einen, wie ich hoffte, unauffälligen Blick zu meinem Freund, der aber nur breit grinste und mir versteckt vor den Blicken anderer einen Daumen hoch zeigte.
»Wunderbar, es dauert noch was, also setzt euch ruhig.« Sie schob mich sanft zum Esstisch und ich begrüßte alle anderen Anwesenden, stockte aber, als ich unseren Sheriff sah. Ich hatte vergessen, dass Johnny mit Sheriff Thompson verwandt war.
»Ehm. Hallo.«, grüßte ich ungelenk, während ich mich neben Johnny setzte und meinen Blick unsicher durch den Raum gleiten ließ.
»Hallo zurück.« Sheriff Thompson grinste verschlagen und Johnny seufzte neben mir.
»Sei kein Arsch, Jesse.«
»Ich mach doch gar nichts.« Er hob abwehrend die Hände, lehnte sich lässig zurück und schmunzelte immer noch.
»Doch, du machst es komisch.«
»Gar nicht wahr.«
»Wie alt bist du noch gleich?«, seufzte Keith und schüttelte den Kopf. Dann sah er mich an. »Egal was vorher gelaufen ist, das ist Jesse. In unseren vier Wänden gibt es keinen Sheriff Thompson, okay?«
»Den gibt es schon, der hat nur Feierabend.« Jesse griff nach seiner Bierflasche, prostete mir zu und trank einen großen Schluck.
»Gut.«, brummte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
»Onkel Jesse macht es Leuten gerne schwer.«, Johnny hatte zwar leise gesprochen, aber gerade so laut, dass jeder andere ihn ebenfalls hören konnte. Jesse warf ihm einen Blick zu, dann schien das Thema beendet.
Ich nutzte die losgewordene Aufmerksamkeit und schaute mir den großen Raum genauer an. Auch hier zierte diese schreckliche Blümchentapete den Raum, diesmal in einem blassgrün. Die Hälfte der Wand wurde ringsherum allerdings von einer weiß lackierten Holzvertäfelung verdeckt. Der Esstisch, an dem wir saßen, war aus einem schweren, dunklen Holz gefertigt und füllte wuchtig den Raum. Die Küche, die ich von meinem Platz aus gut einsehen konnte, war in einem hellen creme Ton und die Technik deutlich moderner als die kitschigen Holzfronten. Überall fanden sich kleine Töpfchen mit Pflanzen und etlicher Dekokram zierte die meisten Oberfläche. Generell sah man, dass die Räume täglich genutzt wurden, und die Atmosphäre strahle heimelige Wärme aus.
»Ist ein bisschen was andere als deine Gruft, was Dracula?« Dallas hatte sich etwas vorgelehnt, um mich ansehen zu können und ich erwiderte seinen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich vermisse die Spinnweben und den Sarg.«, ging ich mit neutraler Stimme auf den Witz ein und bemerkte, wie Johnny neben mir die Augen genervt verdrehte. »Wobei ich mich frage, woher du weißt, wie ich wohne.«
»Hat mir ein Vögelchen gezwitschert.« Dallas feixte breit und mein Mundwinkel hob sich amüsiert.
»Das Vögelchen zwitschert dir gleich was ganz anderes.« Johnny schüttelte den Kopf und seufzte langezogen.
»Ach komm, ist doch nur ein kleiner Scherz. Den verstehst du doch, was Johnson?«
»Ja. Ich lach später drüber.«
»Arschloch.« Dallas grinste breit, nachdem Ally ihn unsanft in die Seite geknufft hatte.
Das Essen selbst verlief zu meinem Glück wirklich gut. Es schmeckte fantastisch und ich überfraß mich maßlos sowohl an dem leckeren Nudelauflauf als auch an der schokoladigen Nachspeise, die auch auf Johnnys Tipp hin extra für mich aufgetischt worden war.
Die Gespräche blieben locker und oberflächlich, sodass ich mich tatsächlich etwas entspannte. Befremdlich war es trotzdem, mitten in dieser Familienidylle. Ich kannte gemeinsame, friedliche Abendessen nicht mehr. Die hatten mit Moms Tod aufgehört. Ein wenig schmerzte es, zu wissen, was ich in den letzten Jahren alles verpasst hatte, und dennoch freute ich mich ein wenig, jetzt Teil davon sein zu dürfen. Erika stellte mir immer mal wieder neugierige Fragen zu meiner Arbeit oder was ich so in meiner Freizeit machte und obwohl alles was ich ihr erzählte normal oder fast schon langweilig war, hörte sie mir interessiert und aufmerksam zu.
Ich merkte gar nicht, wie schnell die Zeit wirklich verging und war überrascht, als Jesse verkündete, nach Hause zu fahren und somit alle anderen auch in eine Art Aufbruchsstimmung verfielen.
»Wenn irgendetwas ist, dann ruft an, ja?« Erika stand am Fuß der dunklen Treppe, auf die mich Johnny gelotst hatte.
»Klar, wie immer. Wird schon gut gehen. Fahrt ihr bloß vorsichtig.«
»Immer. Es war schön, dich endlich kennenzulernen, Skylar. Wir sind morgen früh bestimmt schon weg, wenn du aufstehst.« Sie lächelte zu mir rauf. »Ich hoffe wir sehen uns ab jetzt öfter.«
»Sehr gerne.« Es überraschte mich, wie ernst ich das meinte. Ich mochte Erika, sie gab mir ein gutes Gefühl und erinnerte mich ein wenig an meine eigene Mom.
Wir stiegen die knarzende Treppe weiter nach oben und hinter uns folgten auch Ally und Dallas.
»Links mein Zimmer, rechts das von Dallas. Da hinten ist das Bad.« Erklärte Johnny mir, als wir im Dachgeschoss ankamen. Ich nickte bestätigen und drehte mich überrascht um, als eine schwere Hand auf meine Schulter fiel.
»Die Wände sind nicht sehr dick.« Dallas hatte sich an mein Ohr gelehnt und flüsterte leise. »Und Johnnys Bett quietscht fürchterlich.« Er lachte laut, als er meinen irritierten Blick sah und ich schubste ihn ein Stück von mir, flüchtete dann Johnny hinterher in sein Schlafzimmer. Dallas konnte ich auch hier noch gackern hören.
»Was wollte er?« Johnny drehte sich zu mir um und lehnte sich lässig an seinen kleinen Schreibtisch.
»Mich warnen, dass dein Bett quietscht.«, sagte ich langsam.
»Dieser Idiot.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Aber er hat recht, es knarzt fürchterlich. Probier’s aus.«
Ich folgte seiner auffordernden Handbewegung mit meinem Blick. Das alte, rustikale Holzbett war frisch bezogen und stand direkt an der Wand neben der Tür. Skeptisch setzte ich mich langsam auf die Kante und das Gestell gab ein lautes, penetrantes Knarzen von sich.
»Oh.« Ich nickte und grinste, während ich mich nach hinten fallen ließ. Wieder ächzte das alte Holz und ich schnaubte leise.
»Wie gut, dass ich viel zu voll gefressen für Sex bin.«
»Ist das so, ja?« Johnny gesellte sich zu mir und setzte sich rittlings auf meine Hüfte. Dabei sah er grinsend zu mir runter.
»Hilfe, ja. Geh runter.« Ich schob ihn beiseite, sodass er neben mir auf dem Bett landete und rieb mir den Bauch.
»Willst du damit sagen, dass ich zu schwer bin?«
»Nein, ich will damit sagen, dass deine Mom zu gut kocht.«
»Gut gerettet.« Er drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf in der Hand ab. »War es denn so schlimm, wie du befürchtet hast?«
»Nein, es war ehrlich gesagt ziemlich…nett.«
»Nett?« Er zog die Augenbrauen hoch und wartete anscheinend auf eine ausführlichere Erklärung.
»Naja, niemand hat mich rausgeworfen oder angeschrien, also lief es wohl gut.« Ich zuckte mit den Schultern und strich mir ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
»Das wäre auch mit neunundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit nicht passiert.«
»War bei uns früher ein normaler Dienstagabend.« Ich versuchte mich an einem Lachen, aber konnte Johnny ansehen, dass er es nicht sonderlich witzig fand.
»Keith scheint sich jedenfalls gut gefangen zu haben.«, versuchte ich das Thema wieder umzulenken, was wohl auch funktionierte. Johnny nickte bedächtig und hob seine freie Hand, um mir sanft über den Arm zu streichen. Ich erschauerte unter der zärtlichen Berührung und auf Johnnys Lippen schlich sich ein zaghaftes Lächeln.
»Ja, er hat es mir erklärt. So ganz verstehe ich sein Problem nicht, aber er hat sich entschuldigt und seitdem ist es fast wie vorher.«
»Solange er dich anständig behandelt und ihr klar kommt, ist und bleibt es sein Problem.«
»Schätze schon. Immerhin reden wir wieder miteinander.« Johnny lächelte glücklich und ich nickte langsam. Was auch immer Keiths Problem sein mochte, es schien ihn nicht davon abzuhalten, zu seiner Familie zu stehen.
Den restlichen Abend lagen wir faul rum, genossen das friedliche Beisammensein und unterhielten uns über eine neue Serie, die Johnny angefangen hatte. Eher gesagt, er redete und ich hörte aufmerksam zu. Erst als mir die Augen schon fast zu fielen, scheuchte er mich ins Bad und wir machten uns fertig für die Nacht. Johnny schnitt kindische Grimassen im Spiegel und ich spuckte mich beinahe selbst voll, weil mir die Zahnpasta vom Grinsen aus dem Mund lief. Es war so einfach mit ihm. Ich genoss jede Sekunde, die wir zusammen waren. Mir fiel es leicht ich zu sein, wenn wir allein waren. Ich hatte nicht mehr das Gefühl mich in irgendeiner Art zurück halten zu müssen oder mich für meine komische Art zu schämen. Wenn ich nicht viel zu sagen hatte, war es in Ordnung für ihn und wenn ich einmal ein Thema gefunden hatte, über das ich gerne sprach, hörte er mir zu.
Ich saugte seine Zärtlichkeiten und die Aufmerksamkeit, die er mir schenkte, auf wie ein Schwamm und genoss es, einfach still neben ihm zu liegen.
Ich schlief besser als die letzten Nächte. Vielleicht lag es daran, dass ich hier auf der Farm das Gefühl hatte, ein anderer zu sein. Entspannt und ausgeglichen, weit ab von jeglicher Verantwortung und den Ansprüchen, die an mich gestellt wurden. Wahrscheinlich fühlte es sich so an, Urlaub zu machen. Es fehlte nur noch der weiße Sandstrand und das türkisblaue, kühle Meer.
Was mich ein wenig aus meiner gelassenen Stimmung riss, war mein Erwachen am nächsten Morgen. Durch das geöffnete Dachfenster drang das laute, penetrante Geschrei des hofeigenen Hahns. Ich verfluchte Johnny für die Idee, das Fenster wegen der stickig heißen Sommerluft die Nacht über offen stehen zu lassen.
Grummelnd drückte ich mir das Kissen auf die Ohren und versuchte das Gezeter auszublenden. Es konnte noch nicht sehr spät sein, da die Sonne es gerade so schaffte das Zimmer zu erleuchten und ihre warmen Strahlen an die Wand mir gegenüber zu werfen. Als mir klar wurde, wann Johnnys normalerweise aufstand – was definitiv zu früh war – drückte ich mein Gesicht noch tiefer ins Kissen. Der Hahn ließ sich von meinen innerlichen Verwünschungen aber nicht irritieren und krähte fröhlich weiter. Mit größter Anstrengung überzeugte ich meinen Körper davon, sich im Bett aufzusetzen. Meine Haare hingen mir wirr im Gesicht und das Haargummi hatte sich in der Nacht irgendwo zwischen die Laken verabschiedet. Mit noch immer zugekniffenen Augen stand ich auf, wankte auf das Fenster zu und schloss es ruckartig, dann stolperte ich zurück und ließ mich auf die Matratze plumpsen.
Ein Morgenmensch war ich absolut nicht. Während ich mir das Kissen wieder zurecht drückte, überlegte ich, ob es nicht sinnvoller wäre einfach aufzustehen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Ein paar Stunden Schlaf waren sicher noch drin.
Als ich das nächste Mal wach wurde, war es sowohl heller als auch deutlich heißer in dem kleinen Zimmer. Mein lockeres T-Shirt klebte mir am Rücken und die Haare im Nacken war nass. Glücklicherweise hatte der Hahn aufgehört Randale zu machen und ich gähnte laut, während ich mich zur Bettkante rollte. Mit müden, verquollenen Augen zog ich mich notdürftig an, fischte ruppig eine Shorts aus meinem Rucksack und griff nach dem Shirt, dass ich gestern Abend über Johnnys Schreibtischstuhl geschmissen hatte.
Wankend tapste ich die Treppe nach unten, versuchte dabei nicht zu stolpern und steckte meinen Kopf dann vorsichtig durch den breiten Bogen in die Küche. Es war keiner zu sehen und der Blick auf die Uhr verriet mir auch weshalb. Sie zeigte kurz nach halb elf an und Erika hatte am Vorabend schon gesagt, dass sie heute früh losfuhren. Wo Johnny steckte, konnte ich mir ebenfalls denken. Der würde die Futterrunde für die Tiere erledigen. Heute Abend sollte ich ihm dabei helfen, aber er hatte umsichtigerweise darauf verzichtet, mich für den Morgen ebenfalls einzuplanen. Ich hätte ihm wohl mehr Arbeit gemacht als er ohnehin schon zu erledigen hatte, also war das keine schlechte Entscheidung gewesen.
Hinter mir öffnete sich die Haustür und Johnny kam rumpelnd hindurch, in der einen Hand einen kleinen, geflochtenen Korb, in der anderen einen alten Eimer. Er stellte den dreckigen Behälter neben die Tür, trat sich die gelben Gummistiefel von den Hacken und kam auf mich zu.
»Guten Morgen, Langschläfer.«
»Mhmmorgen.«, brummte ich leise und mit rauer Stimme, reckte mich ihm ein Stück entgegen und drückte einen schnellen Kuss auf seine Lippen.
»Du siehst richtig ausgeschlafen aus.« Er grinste fies und schob mich dann an der Hüfte zur Theke.
»Ich will euren Hahn erschießen.«
»Mach das bitte nicht, dann legen die Mädels keine Eier mehr. Und dann könnte ich dir jetzt kein leckeres Frühstück machen.«
»Hab doch gesagt, ich frühstücke nicht.«, murrte ich, setzte mich aber auf einen der hohen Stühle und rieb mir müde über die Augen.
»Ich habe aber viel vor mit dir, da solltest du bis zum Mittagessen nicht nüchtern bleiben.«
»Viel vor?«
»Klar, ich zeig dir den Hof, wir müssen ein paar Sachen erledigen und ich habe noch eine kleine Überraschung.«
»Ich hasse Überraschungen.«
»Ich glaube du wirst sie weniger hassen, wenn ich dir jetzt einen leckeren Kaffee mache. Dazu lieber Omelett oder Rührei?« Er grinste mir über die Schulter zu und ich schüttelte augenverdrehend den Kopf.
»Rührei.«
Eins musste ich ihm lassen, obwohl ich wirklich nicht gerne frühstückte, verschlang ich zwei Portion von dem verdammt leckeren Rührei und ließ mir auch noch ein paar Streifen knusprigen Speck aufschwatzen. Wenn ich in Zukunft öfter hier wäre, musste ich echt aufpassen, dass sich meine verkorksten Geschmacksnerven nicht zu sehr an das gute Essen gewöhnten. Aber es schmeckte einfach alles hundertmal besser als das abgepackte Fertigessen.
Ich half Johnny beim Einräumen der Spülmaschine, verschwand noch einmal im Bad, um mir die Zähne zu putzen und die Haare wieder in einen ordentlichen Zopf zu binden. Ich hatte zwar bemerkt, dass Johnny ziemlich Gefallen an meinen offenen Haaren gefunden hatte, aber sie waren mir im Alltag oft zu unpraktisch. Trotzdem fand ich es schön, dass er bei jeder möglichen Gelegenheit an dem Gummi zog und mir mit den Fingerspitzen durch die Haare fuhr. Vielleicht würde ich sie ab jetzt öfter offen tragen, aber gerade heute wo wir so viel zu tun hatten, würden sie mich nur nerven.
Kaum unten schlüpfte ich in meine Stiefel und ließ mich von Johnny aus der Haustür lotsen.
»Wir machen erstmal einen kleinen Rundgang, später dann meine Überraschung.«
»Sagtest du nicht wir müssen auch noch was erledigen?«
»Ja aber das machen wir während der Führung.« Er nahm meine Hand und zog mich sachte auf das erste Gebäude rechts von uns zu. Ich erkannte die alte Scheune von der Grillparty wieder, die Erika vor einigen Wochen veranstaltet hatte. Jetzt war sie nicht dekoriert, zeigte nur das gestrichene, dunkle Holz. Auch im Inneren war es weitaus weniger gemütlich als an diesem Abend. Die Sofas, auf denen wir zusammen gesessen hatten, standen zwar noch immer hier, waren aber zur Lagerung mit großen Planen bespannt und an die Seite geschoben worden. Es hingen keine Girlanden und Lampions von den Decken, was der Halle ein ziemliches Downgrade verpasste. Sie sah aus wie eine absolut langweilige Lagerhalle.
»Normalerweise stand hier immer viel Ramsch, wenn es nichts zu Feiern gab. Aber Keith hat letztes Jahr kurzen Prozess gemacht und einiges an wohltätige Organisationen gegeben, hier stand noch einiges an wirklich alten Möbeln von den Vorbesitzern rum.«
»Und jetzt steht sie leer, bis ihr was zum Feiern findet?«, fragte ich skeptisch und drehte mich einmal um die eigene Achse, um die wirklich große Halle zu betrachten.
»Bis jetzt schon. Mom und Keith überlegen sie in einen Bungalow umzubauen, damit hier jemand wohnen kann.«
»Wäre auf jeden Fall besser als den Platz zu verschwenden.«
»Ist nur sehr teuer.« Er zuckte mit den Schultern, dann führte er mich wieder nach draußen. Anstatt wie ich dachte, weiter zum Stall zu gehen, gingen wir wieder am Wohnhaus vorbei, auf die andere Scheune zu. Hier standen unsere Autos auf dem Schotter und das Schild zu Erikas Laden zeigte um die Ecke.
»Das ist Moms Schatz. Sie liebt ihren kleinen Laden, obwohl der gar nicht so rentabel ist, wie man vielleicht denkt. Es ist mehr ein kleines Herzensprojekt von ihr.«
Ich ließ Johnny die Tür aufschließen und schlüpfte hinter ihm hindurch. Der Raum war nicht sehr groß. Eine durchsichtige Auslage stand in der Mitte, daneben die Kasse und einige Regale. Zurzeit war alles leer, aber trotzdem hatte das Ganze eine ziemlich schnuckelige Ausstrahlung. An den Wänden hingen ein paar alte Zeichnungen, dazwischen kleine Lampen.
»Ist nicht so eindrucksvoll, wenn alles leer ist. Aber wie füllen die Auslage nur auf, wenn der Laden auch geöffnet ist.« Er zuckte mit den Schultern und deutete dann auf eine weitere, eher unscheinbare Tür hinter der Theke. »Dahinter ist nur noch der Lagerraum, den zeig ich dir jetzt nicht.«
»Ist wahrscheinlich nicht sonderlich spannend.«
»Absolut nicht, es sei denn du willst den Kartoffeln beim rumliegen zugucken.« Lächeln schüttelte ich den Kopf und schob mich wieder an ihm vorbei nach draußen. Mit meiner Hand strich ich ihm dabei sachte über den Rücken.
Der Rest der Anlage beherbergte nur die kleine Hütte mit allem möglichen an Geräten, Behältnissen und Ausrüstung, die Johnny aber recht schnell abfrühstückte. Die kleinste Scheune kannte ich ebenfalls, darin befand sich der Traktor, der für meinen Geschmack immer noch nicht zu hundert Prozent in Ordnung war. Ich wollte Keith eigentlich noch einmal darauf ansprechen, aber der schien bei meiner letzten Reparatur schon so zufrieden, dass ich es gelassen hatte. Mehr Arbeit wollte ich mir auch nicht extra aufhalsen, wenn sie sich vermeiden ließ.
Den ganzen Vormittag schleppte Johnny mich von einer Ecke in die nächste. Er zeigte mir alle verwinkelten und versteckten Ecken, entführte mich ins Heulager, wo er mir von seinen Erinnerungen aus der Kindheit erzählte. Er war mit Dallas oft im Heu herum geklettert, bis Keith sie brüllend nach unten gescheucht hatte, weil es viel zu gefährlich war. Ich grinste, während er mir davon erzählte, wie die beiden alles Mögliche an Blödsinn angestellt hatten und wie Dallas dann doch eines Tages von einem wackeligen Heuballen gefallen war und sich den Arm gebrochen hat.
»Er hat so laut geschrien, ich dachte echt er muss sterben.« Johnny schüttelte lächelnd den Kopf. »Aber Dallas war schon immer derjenige von uns beiden gewesen, der den meisten Mist angestellt hat.«
»Ich will es mir, glaube ich, gar nicht vorstellen«
»So schlimm war es nicht. Aber danach hatten wir striktes Verbot noch einmal hier rumzuhampeln.«
»Lass mich raten, ihr habt es trotzdem gemacht?« Johnnys verschmitztes Grinsen war Antwort genug. Er schlang einen Arm um mich und schob mich wieder unter freien Himmel, wo er weiter schlenderte, bis wir an der Veranda des Wohnhauses ankamen. Dort drückte er mir einen Kuss auf die Lippen und blinzelte gegen die helle Sonne an.
»Wie wäre es erstmal mit Mittagessen? Danach gibt es die Überraschung.« Er hatte sein Smartphone aus der Tasche gezogen und die Uhrzeit kontrolliert, schob es jetzt aber wieder zurück und sah mich abwartend an.
»Gerne. Du hattest recht, das ist doch anstrengender als gedacht.«
Wir waren nicht nur rumgelaufen und hatten uns den Hof angesehen, ich hatte ihm auch geholfen die Hühner mit Wasser zu versorgen und deren weitläufiges Gehege ein wenig aufzuräumen. Es war nicht so, dass ich körperliche Anstrengung nicht schon von meiner Arbeit in der Werkstatt kannte, aber das ständige Rumlaufen war doch eine andere Nummer.
Johnny holte alles Mögliche an Zutaten für Sandwiches heraus, schob mich resolut von sich, jedes Mal, wenn ich ihm helfen wollte und streckte mir die Zunge raus.
»Setz dich auf deinen schönen Hintern und geb Ruhe.«, murrte er bei meinem dritten Versuch wenigstens irgendwie zu helfen.
»Du findest meinen Hintern schön?«, fragte ich grinsend, setzte mich dann aber doch wieder auf einen der Barhocker und stützte mein Kinn in der Handfläche ab. Ich beobachtete, wie er die Brotscheiben fachmännisch belegte und sich dabei konzentriert auf die Unterlippe bis. Bei meiner Bemerkung hob er aber kurz den Kopf und sah mich vielsagend an.
»Was denkst du denn?«
»Keine Ahnung. Woher soll ich wissen, wie du meinen Arsch findest?«, murmelte ich amüsiert.
Johnnys Ohren waren ganz rot geworden und er nuschelte irgendwas Unverständliches, ehe er den Teller mit unserem Essen nahm und mich zur Terrasse scheuchte.
Ungläubig blieb ich draußen vor dem dekadenten Pool stehen blieb, der zum Schutz mit einer großen, dicken Plane versehen war. Johnny stellte den Teller auf dem hölzernen Esstisch ab und schlang von hinten seine Arme um mich, dann drückte er mir einen Kuss in den Nacken.
»Keiths Idee, aber wirklich praktisch bei den Temperaturen im Moment.« Er lehnte seinen Kopf an meinen. »Wir können schwimmen gehen, wenn du willst?« Der Tonfall, den er anschlug, ließ keinen Raum für Spekulationen und seine warmen Hände, die tief auf meinem Bauch lagen, sagten ihr übriges. Ich drehte meinen Kopf ein Stück zur Seite, zog eine Augenbraue hoch und schürzte skeptisch die Lippen.
»Schwimmen, ja?«
»Wenn du willst?« Er verteilte kleine Küsse auf meiner Wange und meinem Hals, dass sich ein Kribbeln in meinem ganzen Körper ausbreitete.
»Ich kann nicht schwimmen.«, sagte ich dann und wartete seine Reaktion ab, die auch prompt kam. Er unterbrach seine Küsserei und sah mich mit aufgerissenen Augen an.
»Verarsch mich nicht.«, murmelte er.
Ich lachte auf und schüttelte den Kopf. »Ich verarsch dich nicht. Was meinst du, warum ich am See nicht schwimmen gegangen bin?«
»Du hast gesagt du magst es einfach nicht.« Johnny löste sich von mir und ich nutzte das, um mich aus seiner Umarmung zu ziehen und an den Esstisch zu setzen. Mein Magen knurrte verlangend und diese Sandwiches sahen viel zu lecker aus.
»Ja weil die Wahrheit verdammt peinlich ist.« Ich biss herzhaft in das leckere Brot und genoss denselben würzigen Geschmack wie damals am See.
»Ist es nicht, wenn man es halt nie gelernt hat.« Johnny zuckte mit den Schultern und setzte sich zu mir, fing ebenfalls an zu Essen. Ich wischte mir einen Klecks Soße von der Wange und wählte meine nächsten Worte mit Bedacht.
»Mir hat es nie jemand beigebracht und Sarah hatte eine AG in der Grundschule, da hat sie es gelernt.«
»Wenn du willst, bring ich es dir bei. Ich lach dich auch nicht aus, versprochen.« Johnny hatte sich entspannt zurückgelehnt und sah mich mit einem warmen und aufrichtigen Lächeln an.
»Vielleicht, aber nicht heute. Ich bin jetzt schon kaputt und ich habe keine Ahnung, was deine Überraschung beinhaltet.«
Er schmunzelte verschwörerisch, sagte aber nichts weiter dazu. Ein wenig fürchtete ich mich schon davor.
Eigentlich hätte ich es mir schon denken können, als Johnny den Stall aus seiner Rundführung ausgelassen hatte. Er ging vor, trat durch die riesige geöffnete Doppeltür und lief auf die Boxen, die links und rechts lagen, zu. Er streichelte einem der Tiere, dass jetzt den Kopf über die Tür streckte, über die Schnauze.
»Wir haben elf Pferde, zwei davon Rentner. Der Rest wird entweder für den Unterricht genutzt oder gehört uns einfach zum Vergnügen.«, erzählte er, während er weiter durch den Gang lief, die Tiere einem nach dem anderen begrüßte. Ich blieb am Anfang der Gasse stehen und sah unsicher zu dem großen, dunkelbraunen Tier neben mir. Ich hatte keine Ahnung wie man mit diesen riesigen, ungeheuer starrenden Tieren umging.
»Ich brauche Hilfe sie auf die Weide zu bringen, wo sie den Tag über stehen. Glaubst du, du schaffst das?« Johnny war stehen geblieben und nahm ein Geschirr von dem Haken an der hintersten Box. Er winkte mich zu sich und ich ging vorsichtig zwischen den neugierigen Tieren, die jetzt allesamt den Kopf in den Gang hielten, hindurch.
»Ich kanns probieren.«, sagte ich langsam und blieb vor ihm stehen, lehnte mich aber ein Stück zu Seite, um der schnuppernden Schnute des dunklen Pferdes neben uns zu entgehen. Johnny gluckste und ich sah schnell zu ihm. Er hielt sich eine Hand vor den Mund, um sein Lächeln zu verbergen, was aber absolut nicht gelang. Sanft boxte ich ihm gegen den Arm.
»Hör auf zu Lachen. Ist das deine Überraschung?«, fragte ich ein wenig eingeschnappt und zuckte ein zusammen als das Vieh neben uns wieherte.
»Sorry, aber das ist verdammt süß. Hast du Angst?«
»Nein, aber Respekt.«
»Das ist gut, aber Angst brauchst du auch nicht zu haben. Ich lass dich nur die braven führen und übernehme unsere etwas aufgeregteren Kandidaten.« Er sortierte das Geschirr in seiner Hand und fuhr fort, ohne den Kopf zu heben. »Nein, das ist nicht die Überraschung. Ich brauche wirklich einfach nur Hilfe, alleine müsste ich viel öfter gehen.« Er hielt mir das Gewusel in seiner Hand hin und erklärte mir, was es genau war.
»Das Halfter benutzen wir zum Führen, da unten wird mit dem Karabinerhaken der Strick befestigt und du kannst sie wie einen Hund an der Leine spazieren führen.«
»Einen sehr großen Hund.«, murmelte ich und Johnny drückte mir einen Kuss auf die Wange.
»Du kriegst das hin. Ich zieh allen ihr Halfter an und du musste sie nur nehmen und hinter mir herlaufen.«
Johnny ging von Box zu Box, sprach leise mit den Tieren und legte ihnen das Halfter wie besprochen an. Er nannte mir die Namen der Tiere, wobei diese auch auf Messingschildern an den Boxentüren geschrieben standen und holte dann das erste Tier auf die Stallgasse. Es war, wie er mir erklärte, ein Wallach namens Colorado und wenn ich seinen Worten Glauben schenkte eins der zuverlässigsten Pferde, die für den Reitunterricht zuständig waren. Er überreichte mir das raue Seil und schnappte sich dann selbst direkt zwei der Tiere und ging mit ihnen voraus. Unbeholfen ging ich los, warf einen Seitenblick auf das hellbraune Ungetüm, dass mir aber ohne zu zögern folgte. Erst nach der Hälfte des Weges stieß ich tief den Atem aus und lockerte meine Schulter, die ich zuvor angespannt hochgezogen hatte. Colorado war wirklich nicht schwer zu halten und lief Johnny und den zwei anderen Pferden fast schon kopflos hinterher.
Die nächsten Trips liefen ähnlich, Johnny ging voraus und ich folgte mit meinem zugewiesenen Tier. Ein wenig stolz war ich schon, dass es so gut klappte, aber aussprechen würde ich das nicht. Es war peinlich, dass ich wegen solch einer Kleinigkeit, die Johnny jeden Tag ausübte, so ein gutes Gefühl bekam. Aber irgendwie war es mehr als nur das stumpfe Führen eines Pferdes, ich war zu etwas zu gebrauchen und konnte helfen. Ich fiel ihm nicht zur Last und konnte beweisen das ich ihn unterstützte, wenn er mich brauchte.
Zuletzt führte er seine Stute Stella auf die Weide, der das kleine hellbraune Fohlen aufgeregt hinterher hüpfte. Das kleine Ding war schon echt niedlich, wie es immer noch etwas unbeholfen durch die Gegend stakste und laut quietschte. Ich wartete am Stall auf Johnnys Rückkehr und lächelte ihm zu, als er wieder auftauchte. Er fuhr sich durch die schwitzigen Haare, stieß angestrengt die Luft aus den Lungen.
»Also bei dem Wetter macht das echt keinen Spaß.« Er blieb vor mir im Schatten stehen und blies die Wangen auf.
»Müssen wir die Pferde später wieder reinholen?«, fragte ich und hoffte, dass er meinen unwilligen Tonfall nicht bemerkte. Schlimm war es nicht gewesen, aber sonderlich Lust, die Prozedur zu wiederholen, hatte ich nicht.
»Nein, wir lassen sie draußen stehen, bis morgen früh. Ist schon in Ordnung, sie haben genug Wasser und Unterstände.«
Ich nickte erleichtert und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Stallwand. Meine Lunge schrie nach einer Zigarette, aber die lagen noch im Haus und jetzt gerade wollte ich nicht rüber laufen. Vielleicht war es besser so.
»Jetzt zur Überraschung.« Johnny drehte sich zu mir und nickte ins Innere des Stalls »Eigentlich hatte ich überlegt dich auf ein Pferd zu setzen, aber ich habe mir schon gedacht, dass das nichts für dich ist.«
Ich riss die Augen auf und sah ihn entgeistert an, was ihn zum Lachen brachte.
»Du hättest mich auf keinen der Gäule bekommen.«
»Dachte ich mir. Deswegen die Planänderung.« Er nahm meine Hand und zog mich hinter sich her in die kühle Stallgasse.
»Und dir ist auf die Schnelle eine neue Überraschung eingefallen, ja?«, fragte ich und schob mir einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Durch das hin und her mit den Pferden hatten sie sich aus dem Zopf gelöst.
»Mehr oder weniger, aber die hier wird dir sogar noch besser gefallen.«
»Also besser ist nicht schwer, wenn mir die andere null gefällt.«
Johnny drehte den Kopf und streckte mir kindisch die Zunge raus, dann öffnete er die nur angelehnte Tür am Ende der Gasse und zerrte mich hindurch.
»Und was willst du jetzt mit mir in dieser Besenkammer?«, fragte ich und quetschte mich neben ihn in den kleinen Raum. Es drang nur spärlich Licht durch die kleinen Fenster, sodass alles in schummrigem Halbdunkel lag.
»Fast richtig, dass ist die Sattelkammer. Sei leise und geh vorsichtig da hinten hin.« Er deutete auf das Ende der kleinen, schmalen Kammer und ich warf ihm einen letzten misstrauischen Blick zu. So leise wie möglich quetschte ich mich an abgedeckten Sätteln und schiefen Holzschränkchen vorbei, versuchte keine Spinnweben ins Gesicht zu bekommen und lugte in die Ecke.
Dort stand eine große Holztruhe, staubig und abgenutzt. Eine der vier Seiten war herausgebrochen und der Deckel stand weit offen, was mir den Blick auf Johnnys Überraschung freigab. Eingerollt in eine dicke, rosafarbene Decke lag eine getigerte Katze, die mich schläfrig musterte. Neben ihr wuselten fünf kleine Kitten über die Decke und winselten leise, zwei von ihnen tranken die Milch ihrer Mama, die anderen drei krabbelten ziellos umher. Ich hockte mich vor die Kiste und schaute mir die superniedlichen Kätzchen eine Weile lang an, dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und Johnny, der sich hinter mich kniete und über meine Schulter linste.
»Die sind letzte Woche zur Welt gekommen und noch ganz klein. Lady hat sie hier zur Welt gebracht, wir haben es erst gar nicht mitbekommen.« Er flüsterte sanft und grinste auf die Kätzchen herunter.
»Lady?«, fragte ich ebenso leise und die Katzendame zuckte mit dem Schwanz, als sie ihren Namen hörte.
»Ja, Lady Whiskers of Meowntain.« Er gluckste leise und ich schüttelte ungläubig den Kopf.
»Was ein bescheuerter Name.«
»Absolut. Dallas und ich fanden den Namen damals allerdings genial.«
»Was macht ihr mit den Kätzchen?«
»Du meinst, wenn sie größer sind?«
Ich nickte als Antwort.
»Erstmal bleiben sie hier, bis sie selbstständig sind. Dann geben wir sie meistens an Kunden von uns ab oder auch schonmal an andere Höfe aus der weiteren Umgebung, wenn die noch einen Mäusefänger brauchen.«
»Ihr behaltet sie nicht?«
»Nein, die meisten nicht. Lady war die erste, sie ist irgendwann einfach hier aufgetaucht und den Hof zu ihrem Eigentum erklärt. Wir haben noch zwei Kater herumstreunen, aber die haben hier nichts zu sagen. Lady ist der Boss.«
»Und ihr habt andauernd Kitten?« Ich schaute das einzige Schwarze an und riss mich ein wenig zusammen, um nichts Peinliches zu sagen. Sie war schon extrem süß und mir fiel Johnnys blöde Idee ein, die er vor ein paar Wochen im Auto hatte. So ein kleines Kätzchen zuhause wäre schon süß.
»Noch ja, aber wir wollen Lady nach diesem Wurf endlich kastrieren lassen. Es ist nicht gut so viele Katzen zuzulassen, die vermehren sich viel zu schnell. Es gibt genug Streuner, da müssen wir nicht weiter zu beitragen«
»Sehr vernünftig«
Lady mauzte leise und sah uns jetzt aufmerksamer an, als würde sie uns hiermit sagen, dass es genug war. Johnny schien das ebenfalls so zu interpretieren und zupfte leicht an meiner Schulter, um den Rückzug anzutreten. Ein letztes Mal sah ich mir das süße Gewusel an, dann ging ich leise zurück und ließ die frischgebackene Mama mit ihren Babys allein.
»Überraschung gelungen, du hast den Klumpen in meiner Brust zum Schlagen animiert.«, grummelte ich als wir wieder durch den Stall gingen und seufzte theatralisch.
»Ha! Wusste ich‘s doch, damit kriegt man jeden weich.« Johnny lächelte süß, dann streckte er sich ausgiebig und deutete zum Haus. Der Streifen gebräunter Haut, der durch das Hochrutschen seines Shirts frei wurde, lenkte mich dabei nur minimal ab.
»Wollen wir für heute Schluss machen? Wir müssten heute Abend noch die letzte Futterrunde machen, aber das sollte schnell gehen, wo die Pferde draußen stehen. Ansonsten können wir noch entspannen.«
»Das klingt verdammt gut.«
Wir vertrieben uns die Zeit mit einer Serie die Johnny mir dringend zeigen wollte und unweigerlichem knutschen, bis wir uns am Abend eine sehr willkommene Fertigpizza in den Ofen schoben und wie ausgemacht die Hühner fütterten.
Johnny wollte noch einmal zur Weide gehen und nach den großen Vierbeinern sehen, aber schickte mich schonmal vor ins Haus. Ich nutzte die Zeit, suchte meine Hygieneartikel raus und verschwand in das große Badezimmer im Dachgeschoss. Es war geräumig und hatte als einziges Zimmer hier oben keine Dachschräge, was es leichter machte sich zu bewegen.
Ein wenig schlich sich Nervosität in meine Gedanken und mein Magen kribbelte aufgeregt. Die Stimmung war schon den ganzen Tag wie aufgeladen und eine elektrisierende Anspannung knisterte zwischen uns. Johnny hatte heute öfter als sonst meine Nähe gesucht und es war klar, was wir beide im Sinn hatten. Also duschte ich ausgiebig, nahm mir Zeit meine Haare ordentlich zu waschen und rasierte mich im Anschluss vor dem großen Spiegel über dem Waschbecken. Viel Bartwuchs hatte ich nicht, aber die Stoppeln auf meiner Oberlippe hatte ich noch nie leiden können.
Ich stieg in frische Boxershorts und warf mir ein neues Shirt über, dann ging ich barfuß rüber in Johnnys Zimmer. Er war noch nicht wieder zurück und ich überlegte kurz, was ich tun könnte, um meinen nervösen Fingern was zu tun zu geben. Erst jetzt fiel mir auf, dass mein Smartphone den ganzen Tag über auf Johnnys Nachttisch gelegen hatte und ich nicht einmal auf die Idee gekommen war, danach zu suchen. Nicht einen Gedanken hatte ich an das blöde Ding verschwendet, nahm es jetzt aber trotzdem in die Hand und ließ mich rückwärts in die Kissen fallen. Das alte Holz knarzte beherzt, aber ich ignorierte es, entsperrte mein Handy und scrollte durch die Meldungen. Dad hatte versucht mich anzurufen und es nach vier Versuchen anscheinend aufgegeben, dafür aber drei Nachrichten geschickt. Ich überlegte einen Moment, ob ich sie mir jetzt überhaupt ansehen wollte, aber eine kleine Stimme in meinem Kopf flüsterte mir fiese Szenarien zu, weshalb er sich gemeldet haben könnte.
Ich hörte Johnny die Treppe raufkommen und sah von dem Gerät in meiner Hand auf, als er durch die Tür kam und mir ein kurzes Lächeln zu warf.
»Ist alles in Ordnung da draußen. Ich spring dann jetzt auch schnell unter die Dusche.« Er klaubte ein paar frische Klamotten aus der Kommode neben dem Bett und rauschte aus dem Raum. Ich grinste leicht, weil ich in seinem fahrigen Verhalten dieselbe Aufregung las, die ich selbst verspürte.
Trotzdem richtete ich meinen Fokus wieder auf Dads Nachrichten und las sie durch.
‚Gehst du Nichtsnutz auch mal an dein Telefon? ’
‚Hast du übernächsten Mittwoch frei? ’
‚Ich will, dass du mich zum Friedhof fährst. ’
Die Nachrichten waren knapp und kalt wie immer, trotzdem löste sie eine unterschwellige Unruhe in mir aus. Hastig wechselte ich in die Kalender App und suchte das genannte Datum raus. Der 14. August. Moms Todestag, wie jedes Jahr. Nur das sich Dad die letzten Jahre kein bisschen darum geschert hatte, im Gegenteil. Meist hatte er stockbesoffen wie immer im Trailer gehangen, während ich oft allein, in manchen Jahren auch mit Sarah zum Friedhof gefahren war und einen Strauß Blumen auf Moms simplen Grabstein gelegt hatte. Wieso er gerade dieses Jahr wollte, dass ich ihn hinfuhr, war mir ein Rätsel und mir schmerzte der Magen, bei dem Gedanken daran, wie er drauf sein würde. Das würde kein netter, melancholischer Familienausflug werden.
Zumal ich mich schämte, bis gerade eben nicht einmal mehr daran gedacht zu haben, welches Datum immer näher rückte. Die letzten Wochen kamen mir vor wie ein viel zu schöner Traum, da hatte nichts anderes mehr Platz gefunden. Ich sperrte mein Smartphone wieder und schob es zurück auf den Nachttisch, dann fuhr ich mir durch die noch feuchten Haare. Ich würde Dad morgen anrufen und mit ihm klären, was es mit seinem plötzlichen Interesse auf sich hatte. Aber für heute Abend wollte ich mich nicht weiter damit beschäftigen. Am liebsten hätte ich gar nicht erst nachgesehen, sondern bis zum nächsten Tag gewartet.
»Alles in Ordnung?« Ich war wohl so in Gedanken gewesen, dass ich Johnny gar nicht gehört hatte, der jetzt im Türrahmen stand und mich besorgt musterte. Er trug kein Oberteil, nur eine lockere, karierte Schlafhose.
»Ja alles okay.« Ich versuchte mich an einem Lächeln, sah aber in Johnnys Miene, dass es mir wohl nicht gelang. Er kam auf mich zu, setzte sich auf die Bettkante und lehnte sich ein Stück zurück. Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont und tauchte das Zimmer in schummriges Licht, welches durch die Lamellen der Jalousie fiel und breite Streifen auf Johnnys Oberkörper warf. Als ich ihm wieder ins Gesicht sah, bemerkte ich wie er mich immer noch musterte und meine Wangen wurden heiß. Nicht, dass ich ihn nicht anstarren durfte, trotzdem war es mir unangenehm dabei erwischt zu werden.
»Ich weiß, du hast mir mehrfach gesagt du redest nicht gerne über deine Gefühle und sowas. Aber du kannst mir trotzdem erzählen, wenn dir was durch den Kopf geht.« Seine Stimme war sanft und er sah mich offen und versichernd an, dass sich meine Brust schmerzhaft zusammenzog.
»Ich weiß, aber darüber kann ich nicht sprechen.«
»Darf ich fragen, wieso nicht?« Er hob eine Hand und legte sie auf mein angewinkeltes Bein, strich mit dem Daumen sanft darüber und machte es mir schwer auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Ich kann einfach nicht.« Ich senkte den Blick und zupfte abwesend an meinem Shirt herum. Hoffentlich verstand er, dass es nicht an ihm lag.
Die Matratze senkte sich ein Stück, während er sich zu mir beugte und eine Hand an meine Wange legte. Sanft strich er mit dem Daumen darüber und hob mein Kinn ein wenig an.
»Okay.« Er küsste mich zärtlich und langsam, strich mit seiner anderen Hand weiter über mein Bein, welches ich jetzt locker ausstreckte. Sofort nutzt er den weiteren Spielraum, schob sich ganz aufs Bett und kniete sich zwischen meine Beine, ohne den Kuss zu unterbrechen. Seine Lippen öffneten sich noch ein Stück weiter und die vorwitzige Zunge, die sich träge gegen meine drückte, löste ein tiefes Kribbeln in meinem Bauch aus.
Meine Hände schoben sich wie automatisch in seinen Nacken und kraulten durch die kurzen, duschfeuchten Haare. Er seufzte leise, löste den Kuss, um weitere kleine Küsse über meine Wange und meinen Kiefer bis hinunter auf meinen Hals zu drücken. Die Hand, die schwer und warm auf meinem Bein lag, schob sich über meine Hüfte weiter unter das lockere Shirt und streichelte federleicht über meinen Bauch.
»Weißt du eigentlich, wie verdammt hübsch du bist?«, nuschelte er gedämpft in meine Halsbeuge und ich lachte atemlos auf.
»Durchschnitt, höchstens.«
Johnny hob den Blick und sah mich kritisch an, dann zog er mich ruckartig an der Hüfte nach unten, sodass ich flach auf dem Rücken lag und überrascht zu ihm aufsah.
»Wenn du das so siehst, habe ich wohl eine ganze Menge Arbeit vor mir, um dir das Gegenteil zu beweisen, hm?«
»Würde ich dir von abraten, verschwendete Mühe.«
»Idiot.« Er schüttelte lächelnd den Kopf und küsste mich wieder, unterbrach unser heißes Zungenspiel nur um mir das Shirt über den Kopf zu ziehen und achtlos neben das Bett zu schmeißen. Dann waren seine Lippen sofort wieder auf meinen und seine Hände fuhren immer noch behutsam über meine Haut und fühlten sich so ganz anders an als die Berührungen, die ich sonst gewohnt war. Zärtlicher Sex gehörte normalerweise nicht in mein Liebesleben, umso mehr genoss ich ihn.
Um nicht untätig herum zu liegen, ließ ich meine Hände ebenfalls wandern, über die breiten Schulter, die starken Oberarme und nach vorne auf seine Brust. Er atmete zittrig aus und küsste sich wieder an meinem Hals herunter, biss immer wieder sanft in die empfindliche Haut und ich stöhnte leise, als ich zusätzlich seine Hand an meiner Brust fühlte, wo sie mit einer der harten Knospen spielte.
Ich drückte mein Becken provokant nach oben, schlang meine Beine um seine Hüfte, zog ihn so noch näher an mich. Hart und heiß drückten sich unsere Erektionen aneinander und es beruhigte mich zu wissen, dass ich nicht der Einzige war, der dieses Spiel genoss. Rhythmisch bewegte er sich in langsamem Tempo gegen mich, keuchte selbst und atmete schwer, während er sich neben meinem Kopf auf den Unterarmen abstützte und ich seine Lippen wieder zu einem ruhigen, intensiven Kuss einfing.
Er strich mir behutsam durch die Haare und kratzte leicht über die Kopfhaut, wodurch sich eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitete. Das hier fühlte sich bedeutender an, als all die Male zuvor. Es fühlte sich echt und intensiv an. Als würde ich ertrinken und im letzten Moment nach Luft schnappen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich dachte Johnny würde es hören können.
»Willst du?«, fragte ich leise und atemlos, nachdem ich den Kopf ein Stück zurückgezogen hatte und ihm in die Augen sah. Ich hoffte er verstand, was ich wollte. Auch in solch intimen Moment fiel es mir schwer die richtigen Worte zu finden und ein ‚Willst du ficken?‘, passte definitiv nicht hierher.
»Ich…ja.« Plötzlich wirkte er sehr viel nervöser als noch vor ein paar Sekunden und kräuselte leicht die Nase, was unglaublich niedlich aussah. »Ich habe aber nichts wirklich da. Außer Kondome.«, murmelte er und lächelte verlegen.
»Hab was in meinem Rucksack. Vorne, in der kleinen Tasche.«, hauchte ich, weil ich mit einem Mal selbst ein wenig verlegen war. Verdammt, das war nicht mein erstes Mal, ich sollte mich ein wenig zusammenreißen. Aber noch nie hatte mir Sex so viel bedeutet wie heute. Noch nie hatte ich so starke Gefühle für den Mann, mit dem ich schlief.
Johnny drückte mir einen Kuss auf die Wange, dann stand er auf und tapste die wenigen Schritte auf seinen Schreibtisch zu, öffnete das Fach an meinem Rucksack und holte die unscheinbare Tube heraus. Aus seinem Nachttisch kramte er nach einer etwas zerknautschen Packung Kondome und schmiss beides neben mir auf das Bett. Dann blieb er einen Moment unschlüssig daneben stehen und öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schloss ihn aber wieder. Letztendlich griff er sich selbst in den Hosenbund, zog die Schlafhose und Boxershorts nach unten und kletterte dann nackt zu mir aufs Bett. Ich schluckte schwer, während ich seinen schönen Körper betrachtete und bemerkte erst, dass er mich ebenfalls musterte als er leise gluckste.
»Meine Augen sind hier oben.« Amüsiert funkelten mich seine lustverhangenen Augen an, ehe er sich wieder über mich lehnte. Ich grinste frech und spürte, wie er auch mir zwei Finger in den Hosenbund hakte, dann aber mit fragendem Blick innehielt. Als Antwort hob ich die Hüften leicht an, um es ihm einfach zu machen und strampelte die überflüssigen Klamotten von den Beinen.
Kaum war der störende Stoff auf den Boden gesegelt, legte Johnny sich über mich und wir stöhnten beide auf, als sich unsere heißen Körper berührten.
»Ich will das hier ungern komisch machen, aber wie…wie machen wir das?«, fragte er und schluckte sichtbar, was sein Adamsapfel leicht hüpfen ließ. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, was genau er meinte, dann grinste ich und hob amüsiert die Augenbrauen.
»Dachte das wäre klar. Ich will dich in mir.« Unvorbereitet rieb über seinen harten Schwanz, freute mich über das erstickte Keuchen und leckte mir über die Lippen.
»Wenn das für dich okay ist.« Er legte den Kopf auf meiner Brust ab, küsste sich zu einer Brustwarze und biss leicht hinein, spielte mit dem Stab, der hindurch lief und brachte mich zum Stöhnen. Dann griff er nach der Tube Gleitgel, richtete sich wieder etwas auf und hielt sie mir hin.
»Willst du das machen?«
Ich nickte schnell, nahm sie entgegen und drückte einen großen Klecks auf meine Finger. Ein wenig unangenehm war es mir schon, mich unter seinem erregten Blick vorzubereiten, aber er ließ mir kaum Zeit, darüber nachzudenken. Seine Hände waren überall auf meinem Körper unterwegs, halfen mir mich weiter zu entspannen und er küsste mich so behutsam, dass mir selbst mein lautes Stöhnen nicht mehr unangenehm war.
Ich nahm mir Zeit, führte einen Finger nach dem anderen ein und dehnte mich langsam und gründlich, um später nicht unnötig stoppen zu müssen. Erst als ich der Meinung war, so weit zu sein, wischte ich meine klebrigen Finger an der Bettdecke unter mir ab und griff nach dem in Plastik verpackten Kondom, riss es auf und rollte es Johnny über. Er drückte weiteres Gel darauf und warf die Tube dann beiseite. Fahrig rutschten wir in bequemere Positionen, er stützte sich wieder neben meiner Schulter ab, mit der anderen führte er seine Härte an meinen Eingang und schob sich langsam vor.
Nach so langer Abstinenz war es ein ungewohntes Gefühl, aber er ließ sich Zeit, fragte mehrmals atemlos und leise ob alles in Ordnung wäre, und jedes Mal antwortete ich mit einem Nicken und einem süßen Kuss. Es fühlte sich unglaublich an, als er endlich komplett in mir war und ich stöhnte langgezogen, während Johnny ein kleiner Schauer überlief.
»Du fühlst dich verdammt gut an.«, flüsterte er, suchte nach mehr Halt und zog dann langsam seine Hüfte zurück.
»Du auch.« Ich legte meine Hände um seinen Rücken, schlang die Beine um ihn und kam ihm bei jedem tiefen Stoß entgegen. Mit der Zeit wurde er sicherer, merkte wie viel er mir zumuten konnte und seine Stöße nahmen an Intensität zu. Wir versuchten uns immer wieder zu küssen, rutschten aber wegen der Bewegung von den Lippen des anderen und irgendwann vergrub Johnny sein Gesicht an meiner Halsbeuge und stöhnte immer wieder leise meinen Namen. Normalerweise wäre mir so etwas unangenehm, aber jetzt sandte es elektrisierende Impulse in meinen Schritt und vernebelte mir das Hirn.
Das Bett knarzte mit jedem Stoß und ich war wirklich froh, dass wir allein waren und ich mir keine weiteren Gedanken darum machen musste. Atemlos drückte ich feuchte Küsse auf Johnnys Schulter, nahm einen Arm von seinem Rücken und versuchte ihn zwischen uns zu schieben, was aber wegen des wenigen Platzes nicht wirklich gut funktionierte.
Johnny hob den Kopf, richtete sich etwas auf und strich mit der Hand auf meinen Schritt zu, umfasste meinen harten Schwanz und pumpte ihm im Takt seiner festen Stöße. Stöhnend krallte ich mich in seinen Oberarm, fühlte seinen Schweiß und die erhitzte Haut auf mir und genoss das Gefühl so mit ihm verbunden zu sein.
Sein Rhythmus geriet etwas aus dem Takt, seine Stöße wurden ungleichmäßiger und mit leisem, gepresstem Stöhnen kam er zum Höhepunkt, drückte sich ein letztes Mal tief in mich und blieb keuchend über mir. Ich drückte mehrere kleine Küsse auf seine geschwollenen Lippen und zuckte sanft mit der Hüfte in seine lockere Faust. Er hob lächelnd den Kopf, intensivierte den Kuss und brachte mich in kurzer Zeit ebenfalls zum Orgasmus, der mich schwer atmend und leise stöhnend zurückließ.
Ich bekam wegen meiner geschlossenen Augen kaum mit, wie er sich zurückzog, das Kondom verknotete und auf den Boden fallen ließ. Dann rollte er sich neben mich, schlang die Arme um meine Taille und zog meinen trägen Körper an seine breite Brust. Ich lächelte zufrieden, hob müde einen Arm und strich ihm über das markante Kinn. Der Kuss war süß und schmeckte nach Zufriedenheit.
»Ich liebe dich.« Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern, aber in der abendlichen Stille hörte ich ihn klar und deutlich.
Zögernd küsste ich ihn als Antwort erneut. Ich wollte nicht zugeben, dass mir dieser Satz Angst machte. Zu meinem Glück reagierte er nicht weiter darauf, sondern legte seinen Kopf mit einem kleinen Lächeln neben meinem auf dem Kissen ab.
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Ach du meine Güte, schon wieder so ein Monster-Kapitel. Hilfe.
Hier hat die Überarbeitung echt lange gedauert. Das war auch von Anfang an das Kapitel, dass mir am schwersten gefallen ist. Es passiert so viel, aber ein Perspektivenwechsel hätte nicht gepasst...
Ich hoffe es hat euch gefallen, wenn ja, lasst doch gerne ein Review da (✿◠‿◠) Mich würde echt Interessieren, wie euch meine beiden Chaoten gefallen!
Bis zum nächsten Kapitel!