Die B-Seite, Einblicke in [ein Leben mit] BID
von ChristofFuenf
Kurzbeschreibung
Eine seltene und seltsame Erkrankung bestimmt mein Leben – BID (body integrity dysphoria, Körper-Integritäts-Störung). Kaum jemand kann nachvollziehen, was das bedeutet: Scham, Geheimniskrämerei, Einsamkeit. Wie lässt sich erklären, dass jemand eine körperliche Behinderung (z.B. Amputation, Lähmung) besser findet als seinen gesunden Körper? Es gibt kaum Hilfe, wenig Forschung, dafür Stigmatisierung und Vorurteile. In diesem episodischen Essay kombiniere ich Autobiographisches mit Hintergrundinformationen zur Erkrankung. Ein Einblick in mein Leben und ein Einblick in BID. Vielleicht ein kleiner Beitrag zum Verständnis.
GeschichteAllgemein / P16 / Gen
16.01.2023
31.01.2023
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26.01.2023
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BID geheim zu halten und sich trotzdem gelegentlich in einen Amputierten „verwandeln“ zu können, erfordert besondere Sorgfalt, vor allem – wie in meinem Fall - wenn man mit einem Partner unter dem gleichen Dach wohnt. Das benötigte Equipment wie Bandagen, Gurte etc. dürfen nicht auffallen und stammen gänzlich aus dem normalen Hausstand (der bei mir durch Haus mit Garten und Werkstatt zum Glück recht vielfältig ist). Die Utensilien sind deshalb im Haus verteilt und müssen bei Bedarf zusammengetragen und nachher wieder sorgsam verstaut werden. Für professionellere Hilfen wie ein Rollstuhl ist da leider kein Raum.
Ich bin Experte geworden, gewöhnliche Gebrauchsgegenstände auf ihren (zweckentfremdeten) Nutzen als Hilfen für meine Verwandlung zu scannen. Baumärkte oder Sportgeschäfte sind Quellen einschlägiger Inspiration. Ein Brustgurt, ein Kofferband oder Knieschützer erhalten da rasch eine aus Herstellersicht völlig unerwartete Nutzung.
Besonders wichtig, um unnötigen Erklärungsbedarf hintanzuhalten, ist auch, dass der Körper durch die ungewohnten, kräfteraubenden Bewegungen und das Abbinden keine Verletzungen, nicht einmal länger anhaltende, auffällige Hautrötungen, abbekommt. Der meist am nächsten Tag einsetzende Muskelkater und diverse Verspannungen sind sowieso nicht verhinderbar und müssen überspielt werden. Ein, trotz aller Sorgfalt, gebrochener Zeh benötigte im Nachhinein eine andere Erklärung, als den wahren Grund: mit Beinstümpfen eine Stufe nicht geschafft zu haben. Der Super-Gau wäre ein Unfall, bei dem ich mich mehr nicht selbst „rückverwandeln“ könnte. Deshalb bin ich z.B. beim Erklimmen der Stiege in den oberen Stock immer besonders konzentriert. Wenn schon ein Unfall, dann ein richtiger.
Ich bin Experte geworden, gewöhnliche Gebrauchsgegenstände auf ihren (zweckentfremdeten) Nutzen als Hilfen für meine Verwandlung zu scannen. Baumärkte oder Sportgeschäfte sind Quellen einschlägiger Inspiration. Ein Brustgurt, ein Kofferband oder Knieschützer erhalten da rasch eine aus Herstellersicht völlig unerwartete Nutzung.
Besonders wichtig, um unnötigen Erklärungsbedarf hintanzuhalten, ist auch, dass der Körper durch die ungewohnten, kräfteraubenden Bewegungen und das Abbinden keine Verletzungen, nicht einmal länger anhaltende, auffällige Hautrötungen, abbekommt. Der meist am nächsten Tag einsetzende Muskelkater und diverse Verspannungen sind sowieso nicht verhinderbar und müssen überspielt werden. Ein, trotz aller Sorgfalt, gebrochener Zeh benötigte im Nachhinein eine andere Erklärung, als den wahren Grund: mit Beinstümpfen eine Stufe nicht geschafft zu haben. Der Super-Gau wäre ein Unfall, bei dem ich mich mehr nicht selbst „rückverwandeln“ könnte. Deshalb bin ich z.B. beim Erklimmen der Stiege in den oberen Stock immer besonders konzentriert. Wenn schon ein Unfall, dann ein richtiger.