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Bloom into you: Frühlingsgefühle

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P16 / FemSlash
Haru Edamoto Sayaka Saeki
13.01.2023
08.05.2023
7
76.063
 
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13.01.2023 1.982
 
Die letzten Wochen waren hektisch gewesen. Mochten die anderen auch die Sommersemesterferien genießen, für die Studentenvertretung fing die Arbeit dann aber meist erst richtig an. Das neue Semester wollte vorbereitet werden. Einführungskurse für die verschiedenen Studiengänge, kleine Stadtführungen für diejenigen, die neu zugezogen waren, das Lehrmaterial musste auf den aktuellen Stand gebracht werden, in Papierform und online, insbesondere die Klausuren des letzten Semesters samt Lösungen. Dann galt noch gebrauchte Lehrbücher als günstige Alternative zum Neukauf zusammen zu tragen, sich mit den Wohnheimen ab zu stimmen wo wie viele Apartments für wen und zu welchem Preis verfügbar waren, ein paar Ehemalige zusammenzutrommeln und nicht zuletzt auch die Erstsemesterparty zu organisieren. Zumindest den Teil hatte Sayaka dankend den anderen überlassen, solche Events waren einfach nicht ihr Ding, auch wenn Mei Tanaka-senpai, Kenji Yamada-senpai und Ryota Sato, der wie sie im zweiten Jahr und damit dritten Semester war, mit Budgetfragen oder wenn es darum ging mit den Lieferanten günstige Konditionen aus zu handeln immer wieder zu ihr kamen, aber das war etwas anderes. Auf dem Gebiet fühlte sie sich sicher, im Gegensatz zu Fragen wie welche Halle wohl das passende Ambiente bieten mochte.
So gesehen hatte sie in den letzten Wochen wohl wirklich alle Hände voll zu tun gehabt, nicht dass sie sich beklagen würde. Sie war der Studentenvertretung freiwillig beigetreten, auch wenn es schon ein wenig dreist gewesen war, wie diese sich förmlich auf jeden gestürzt hatte, von dem sie wussten, dass er zuvor im Schülerrat gewesen war. Sicher, die Arbeit war durchaus vergleichbar und Erfahrung von unschätzbarem Wert, aber sollte das College nicht auch so etwas wie ein Neubeginn sein, ohne die Altlasten aus der Schulzeit?  Sozialer Stand, Noten, Kontakte, es war als würde die Uhr zurück auf Null gedreht werden. Eigentlich. Uneigentlich waren da immer welche aus der eigenen Schule. So ganz ließ einen diese Zeit wohl nie los, was für manche gut, für andere wohl weniger gut war. Für sie selbst bedeutete das, dass sie als Vize-Schülerratspräsidentin und Musterschülerin noch vor der ersten Vorlesung bereits einen gewissen Ruf und Erwartungsdruck hatte, auf die sie gerne hätte verzichten können. In ihren Augen hätte ein frischer Neustart durchaus seinen Reiz gehabt, die Gegenwart für sich sprechen zu lassen, statt die Vergangenheit, das klang doch gar nicht so verkehrt? Andererseits, wem versuchte sie hier etwas vor zu machen, war nicht gerade sie jemand, die noch an dieser Zeit zu knabbern hatte?
Touko und Koito-san waren nun schon etwas über ein Jahr ein Paar und Sayaka gab sich keiner Illusion hin, dass die Beziehung der beiden noch auf dem kindlich-unschuldigen Level verharrte, so wie es damals zwischen ihr und Chie in der Mittelschule gewesen war, als die Hand der anderen zu halten oder ein verstohlener Kuss, dann wenn es niemand sah, bereits das höchste der Gefühle waren. Nein, die beiden waren erwachsen und führten zweifellos eine erwachsene Beziehung und sie war die letzte, die sich zwischen die beiden drängen wollte oder konnte, dennoch konnte sie nicht verleugnen, dass sie sich nicht nur für die beiden freute, sondern auch jedes mal ein wenig neidisch war, wann immer sie sie zusammen sah. Was dennoch weitaus seltener vorkam, als ihr lieb war, da Touko durch Studium und Schauspielerei kaum noch Zeit blieb und die wollte sie verständlicherweise vor allem Koito-san widmen. Die beiden waren schon süß, aber sie zusammen zu sehen versetzte ihr dennoch jedes mal einen kleinen Stich, der sie daran erinnerte, dass sie dasselbe auch in ihrem Leben wollte. War das denn zu viel verlangt?
Irgendwie seltsam, etwas zu vermissen, von dem man nicht mal wusste, wie es sich anfühlte, aber sie wusste noch zu gut, wie es sich angefühlt hatte, Chie Yuzuki und später Touko Nanami an zu himmeln und ja, in Momenten wie diesem, in denen sie die Zeit hatte in sich zu gehen, da musste sie sich eingestehen, dass ihr dies in ihrem Leben fehlte. Sicher, sie hatte einige neue Bekanntschaften schließen können, innerhalb der Vertretung wie auch in ihrem Studiengang, aber da war keine, die Touko das Wasser hätte reichen können. Sie alle waren, nun, auf ihre Art wohl interessant oder zumindest nicht langweilig, aber wirklich heraus stach niemand und nicht zuletzt hielt sie da auch noch etwas anderes zurück. Von den Studenten hatten sich ihr einige genähert, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Absichten. Manche hatten es ganz offen nur auf ihren Körper abgesehen. Ja, das sind Brüste, ja, die sind echt, ja, die sind etwas größer, als der Durchschnitt, na und? Dann waren da die, die gehört hatten, dass sie noch nie einen Freund hatte, die waren kaum besser. Als hätte sie ihr Leben lang nur auf diesen einen gewartet, also bitte, jetzt bleibt doch mal realistisch. Wenn ich einen festen Freund hätte haben wollen, dann hätte ich auch einen haben können. Wie viele davon lediglich einen Jungfrauen-Fetisch hatten wollte sie besser gar nicht so genau wissen. Dann waren da noch jene, denen es ums Prestige ging. Meist mit guten Noten, sportlich, aus gutem Haus oder eine Kombination daraus, die sie als gute Partie, angemessen oder wie auch immer man das nennen mochte betrachteten. Widerlich fand sie sie alle, war letztendlich doch keiner davon wirklich an ihr als Person oder Frau interessiert, sondern lediglich an dem, was sie in ihr sahen: Ein Schmuckstück an ihrer Seite oder auch nur eine Kerbe im Bettpfosten. Nein, danke. Ryota mal ausgenommen, er war der einzige, der sie tatsächlich besser kennenlernen wollte, aber auch wenn sie ihn als angenehmen Umgang und interessanten Gesprächspartner kennen und schätzen gelernt hatte, so hatte sie ihm doch eine Abfuhr erteilen müssen, denn da war noch etwas, das sie all die Anträge, die man ihr gemacht hatte, zurückweisen ließ: Sie liebte Frauen. Nicht auch, sondern ausschließlich.
Zu behaupten, dass sie sich nie gewünscht hatte, dass es anders sein mochte, wäre gelogen, aber nüchtern betrachtet waren das alles Momente der Schwäche gewesen, in denen sie sich besonders einsam oder verletzlich gefühlt hatte. Der Reiz des Verbotenen, den sie mit Yuzuki-senpai, ihrer ersten Freundin an der Mittelschule, nun, zumindest hatte sie sie damals für ihre Freundin gehalten, erlebt hatte, war schon lange verflogen und einer tiefen Resignation gewichen. Zu gerne hätte sie, allein um die ganzen Bewerber auf Abstand zu halten, offen in die Welt hinaus geschrien, dass sie keinen Mann, sondern eine Frau an ihrer Seite wollte. Aber sie wusste nur zu gut, wie die Gesellschaft auf Yuris reagierte, nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen. Wie Frauen ihre Ängste und Vorbehalte gegenüber den schlimmsten Männern, denen sie je begegnet waren, auf sie projizierten und wie manche Männer eine geradezu ungesunde Obsession darüber entwickelten, sie "bekehren" zu wollen, was auch immer das heißen mochte. Als wäre sie irgendeiner obskuren Sekte beigetreten, von denen es in Japan ja nicht gerade wenige gab, statt dass es ein Teil ihrer selbst war, ein Teil, den sie nicht zuletzt dank Touko und ja, auch dank Koito-san, auch wenn es ihr aus irgendeinem Grund schwerer fiel, ihren Anteil daran anzuerkennen, zu akzeptieren gelernt hatte. Womit sie der Gesellschaft als solche aber um einiges voraus war. Sie machte sich keine falschen Vorstellungen, dass sie das den Rest ihres Lebens würde geheim halten können. Mal ganz davon abgesehen, dass sie das auch gar nicht wollte, aber ob sie jetzt schon bereit dafür war? Zumindest war es eine nicht zu unterschätzende Hürde, die es zu nehmen galt. Es war nicht so, dass sie keiner begegnet wäre, die nicht zumindest ihr Interesse geweckt hätte, aber nüchtern betrachtet war es ihr keine davon wert gewesen, diesen Schritt zu wagen und zu riskieren, dass sie durch Indiskretion die Sorte von Aufmerksamkeit auf sich zog, auf die sie nur allzu gerne verzichten konnte. Auch vor dem Hintergrund beneidete sie Touko und Yuu, aber auch Riko und Miyako. Jemanden zu haben, die man lieben durfte und die diese Liebe erwiderte, ohne dafür verurteilt zu werden, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen, das klang mehr als nur angenehm. Zwischen ihr und Touko war es eine ganze Weile so gewesen, zumindest war Touko auch schon vor ihrer Liebeserklärung bewusst gewesen, dass sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle Touko gegenüber empfunden hatte und auch wenn ihr Geständnis sie nie so erreicht hatte, wie Sayaka es sich erhofft hatte, so hatte sie sich nie von ihr entfernt oder entfremdet. Schwierig, über etwas hinweg zu kommen, das man immer noch vermisste, dachte sie seufzend.
Immerhin, die Arbeit für die Studentenvertretung half ebenso sehr, wie es seinerzeit die Arbeit für den Schülerrat getan hatte. Sie lenkte ab und nicht zuletzt gab ihr jedes Stückchen Arbeit, an das sie einen Haken machen konnte, auch ein gutes Gefühl. Dass sich die anderen hier so sehr auf sie verließen war zwar etwas überraschend, aber letztendlich war das wohl auch ein Teil ihrer Natur. Nicht unbedingt hilfsbereit, zumindest hatte sie sich immer dagegen gewehrt, sich von anderen ausnutzen zu lassen. Sie dachte an den Schülerratspräsidenten vor Touko zurück, der nie da war, wenn es Arbeit zu erledigen galt, aber immer wie aus dem Nichts auftauchte, sobald es die Lorbeeren dafür einzustreichen galt. Das befreiende Gefühl, ihm in die Parade zu fahren oder ihm wenigstens ab und an einen Seitenhieb mitgeben zu können, hatte sie immer überaus genossen. Nein, als hilfsbereit verstand sie sich selbst nicht, aber als verlässlich. Egal womit man sie betraute, sie erledigte ihre Aufgaben gewissenhaft. Nun, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, zaubern konnte sie schließlich nicht, auch wenn sie gelegentlich den einen oder anderen Kompromiss oder ein über den Erwartungen liegendes Ergebnis aus dem Hut zu ziehen vermochte, aber da war immer noch ihr persönlicher Mount Fuji, den sie immer mal erklimmen wollte und es dann doch bleiben gelassen hatte und das war alles Gesellschaftliche. Nicht dass sie kontaktscheu war, das weniger, ihre Prioritäten lagen lediglich woanders. Sie war es gewöhnt geschäftlich oder auch professionell mit anderen um zu gehen, aber auf einer rein privaten Ebene, das ging nur mit jenen gut, die sie auch in ihrem Privatleben haben wollte. Wie Touko. Alle anderen hielt sie lieber auf Abstand. Entsprechend hatte sie mit den sozialen Medien auch nie viel anfangen können, sie betrachtete sie als nützlich für Organisationsarbeiten, aber warum sie mit Leuten, die sie nicht kannte über andere Leute lästern sollte, die ihr egal waren, war ebenso jenseits ihres Verständnisses wie so mancher Student, der nur für das Wochenende und dessen Feiern zu leben schien. Sie zog nun einmal ein gutes Buch in einer gemütlichen Leseecke jederzeit einer Diskothek oder einem Volksfest vor. Bin ich introvertiert? Vermutlich nicht mehr, als jeder andere Katzenmensch auch. Es machte ihr nichts aus, im Rampenlicht zu stehen, auch wenn sie selbst sich besser in der Rolle als die Person hinter der im Rampenlicht gefiel. Auf andere zuzugehen war ihr nie schwer gefallen, solange es um die Schule oder den Schülerrat ging, aber diese an sich heran zu lassen, das war etwas anderes, aber war das nicht auch völlig normal so? Wer wollte schon alles und jeden nah an sich heran lassen und überhaupt, was sollte das bringen?
Entsprechend hielt sich ihre Begeisterung auch in Grenzen, als die anderen sie mit zur Erstsemesterfeier einluden. Sie wollten dort geschlossen auftreten und sich den Neuen vorstellen, schön und gut, aber war es denn wirklich so wichtig, dass diese jetzt jeden einzelnen von ihnen kannten? Eine Handvoll, um die Studentenvertretung zu repräsentieren hätten doch genügt oder nicht? Doch insbesondere Mei Tanaka-senpai und Yuma Kawaguchi-senpai blieben da hartnäckig und nicht zuletzt war dort noch der Präsident Hideki Ishikawa, der es für eine gute Idee hielt, nicht nur ein paar ins Feld zu führen, damit die Erstsemestler nicht nur diese mit ihren Anfragen überrannten, sondern sich vorzugsweise an jemandem aus ihrem eigenen Studienfach wandten. Nun ja, dem konnte man nur schwer widersprechen. Dennoch, hätte sie vorher gewusst, wie dieser Abend enden sollte, ob sie dann immer noch den Mut aufgebracht hätte, trotzdem dort zu erscheinen?
 
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