Die falsche Entscheidung
von Black Owl
Kurzbeschreibung
Manchmal treffen wir Entscheidungen, die wir hinterfragen, bereuen oder rückgängig machen würden. Manchmal sind diese Entscheidungen die Richtigen, auch wenn man dies erst viel später erkennt. Und manche Entscheidungen sind so gravierend, dass man sie am liebsten ungeschehen machen würde, aber dann nicht mehr rückgängig machen kann.
GeschichteDrama, Romance / P18 / Het
Astoria Greengrass
Draco Malfoy
07.01.2023
18.03.2023
8
21.734
18
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18.03.2023
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Astoria hatte es gehasst. Sie war sich wie auf dem Silbertablett vorgekommen, als sie gestern Abend das Speisezimmer betreten hatte und alle Malfoys inklusive ihres Großvaters auf sie gewartet hatten. Es war anstrengend und ermüdend gewesen. Besonders, um weiterhin freundlich zubleiben und nicht einfach alles in eine Ecke zu schmeißen und endlich Klartext zu reden. Dass sie gar keine Lust hatte, hier zu sein. Dass sie sich nur um Lucius Pferd kümmerte, weil Hyperion sie darum gebeten hatte. Es war schwierig freundlich zu bleiben, während Narzissa dieses dämliche Frage-Antwort-Spiel mit ihr spielte, dass beinahe alle Mütter mit ihr spielten, wenn sie irgendwo privat zum Essen eingeladen war. Wie geht’s dir? Was hast du die letzten Jahre gemacht? Wie lief das Studium? Welche Ziele verfolgst du? Hobbys? Freizeit? Und sie alle dabei immer bedacht, eigentlich das zu umschiffen, was zu dem Bruch zwischen den beiden Familien geführt hatte. Die Auflösung des Verlobungsvertrages. Merlin nochmal.
Astoria verstand ja, dass Narzissa die nette Gastgeberin sein wollte und ja, vielleicht war ihr Interesse an Astoria echt. Aber sahen sie denn nicht alle endlich ein, wie bizarr dieser ganze Mist eigentlich war? Sie hatte gewusst, dass Draco Malfoy irgendwann wieder in England sein würde. Dass Draco Malfoy irgendwann wieder ihr über den Weg laufen würde. Aber nicht, dass sie mit ihm, in seinem Familiensitz, an einem Tisch zusammen zu Abend aß. Sie seufzte und sah dabei zu, wie George Zora mit einer Longe führte. Nur noch ein paar Tage und sie würde wieder zu Hause sein. Dann wäre dieses Theater vorbei. Sie legte den Kopf schief, während sie sich gegen die Koppel lehnte und weiter George und Zora zusah. Sie dachte eigentlich, das hinter sich gelassen zu haben, aber vielleicht war das nie wirklich möglich gewesen, weil es zwischen Draco und ihr nie einen Abschluss gab. Es gab ein Ende, ausgelöst und entschieden durch Anwälte der Familie. Es war irgendwie seltsam, ausgerechnet jetzt wieder damit konfrontiert zu sein.
„Wenn das nicht die Mini-Greengrass ist“, tönte eine Stimme und Astoria wandte den Kopf und stutzte.
„Theo.“
Theodore Nott kam grinsend auf sie zu. Himmel, er wirkte größer und männlicher, als sie ihn in Erinnerung hatte. Seine braunen Augen strahlten immer noch, wenn er lächelte. Er hob seine Hand und legte sie auf ihren Kopf.
„Immer noch so winzig.“
Er gluckste als sie seine Hand wegschlug, so wie sie es in Hogwarts getan hatte, als er sie immer damit aufgezogen hatte, dass sie scheinbar nicht wuchs. Sie boxte ihn sanft, bevor er sie freundschaftlich umarmte und sie die Umarmung erwiderte.
„Merlin, das ist ewig her“, sprach sie.
„Eine gigantische Ewigkeit“, ließ er sie wissen und sah sie an. Sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
„Was tust du hier?“ Er sah zu der Stute und Astoria folgte seinem Blick. „Zora?“
Er nickte.
„Ja. Lucius hat mich kontaktiert. Er sucht jemanden, der sie auf Dauer reitet, trainiert und mit ihr auf den Turnieren teilnimmt für seine Familie.“
Sie lehnten sich beide gegen den Zaun. Sein Blick war geschult.
„Sie ist wunderschön.“
„Sie ist eine kleine Gewinnerin. Sie hat definitiv Potenzial.“ Theo nickte und Astoria legte den Kopf schief. „Wie kam Lucius auf dich?“
Theo zuckte die Schultern.
„Er weiß, dass ich gerne reite. Nun, zumindest vor dem Ende meiner Schulzeit. Meine Familie hat nur noch wenige eigene Pferde.“ Sie senkte den Blick. Sagte nichts. Sie wusste, dass Theos Vater viel Eigentum, während des Krieges verloren hatte. Sein Vater, seine Mutter und Großmutter waren mit ihm auf der Flucht gewesen. „Aber er hat sofort an mich gedacht und ich nutze die Chance gerne. Ich mag das Reiten. Ich habe bei mir an der Uni im Polo-Team mitgespielt. Das Reiten ist ein gutes Hobby und ich liebe den Wettbewerb.“
„Tja, dann haben wir zumindest einen weiteren würdigen Konkurrenten.“
„Ich habe schon gehört, dass deine Familie viele Siege immer einfährt.“
Es war fast schon zu einem privaten Wettbewerb zwischen ihnen in der Familie ausgeartet.
Sie wandte den Kopf als sie den Blick von Theo spürte.
„Was ist?“
„Wie geht es dir, Tori?“
Sie lächelte milde, bevor sie sich ihm ganz zuwandte.
„Gut. Mir geht es gut. Wirklich“, fügte sie hinzu, als er nichts sagte. „Sag mir lieber, wie es dir ergangen ist. Man hört so wenig von dir.“
Er schnaubte etwas. „Ja und das, was man hört, ist vermutlich nicht gerade erfreulich.“ Nein, war es wahrlich nicht. Theo sah sich um. „Hast du Zeit? Wollen wir eine Runde gehen und uns ein wenig austauschen, so zwischen alten Freunden?“
Sie lächelte und er tat es ihr gleich, bevor sie nickte und sie gemeinsam nebeneinander hergingen. Weg von der Koppel. Weg von den Stallungen. Sie erzählte von ihrer Ausbildung bei ihrem Großvater, von dem Studium und den vielen Freiheiten, die sie jetzt hatte. Wie albern sie es fand, sich diesen alten Zwängen untergeordnet zu haben, ohne sie groß zu hinterfragen.
Theo erzählte von seinem Studium. Der Übernahme der Geschäfte der Familie. Und er erzählte von der Verhandlung gegen seinen Großvater. Dem Mann, vor dem sie geflohen waren während des Krieges, weil er versucht hatte, die Frau seines Sohnes zu ermorden. Ein Halbblut. Theos Großvater war nie einverstanden gewesen mit der Wahl seines Sohnes. Zu guter Letzt, hatte zwar Theos Vater seine Frau, seine Mutter und Theo selbst retten können, aber er selbst hatte mit dem Leben bezahlt. Ausgelöscht durch seinen eigenen Vater. Die Verhandlungen waren damals während Astorias Zeit in Hogwarts noch nicht abgeschlossen gewesen.
„Ich habe gehört“, sprach sie nach einer Weile. „Dass dein Großvater vor einigen Monaten in Askaban starb.“
Er nickte.
„Ja. Er wollte mich sehen, weißt du.“
Sie musterte ihn von der Seite. Sein braunes Haar glänzte wie dunkle Schokolade im Licht der Sonne.
„Bist du dem Wunsch nachgekommen?“
„Ja. Ich habe zwar gezögert. Doch zu guter Letzt, habe ich dem Wunsch, dieses alten verbitternden Kerls nachgegeben.“
Astoria verschränkte die Hände vor der Brust, während sie nebeneinander hergingen.
„Du hast dich für ihn starkgemacht. Gegen den Kuss des Dementors dich ausgesprochen.“
„Ich halte nicht viel davon. Ebenso nichts von der Todesstrafe. Denn es macht uns nicht zu besseren Menschen als die Täter selbst. Und ich sehe es nicht als Strafe, wenn man dem Gefängnis entgeht.“
Sie hatte darüber ehrlich gesagt noch nie wirklich nachgedacht.
„Hat er es bereut?“, fragte sie vorsichtig nach. „Ich meine, das mit deinem Vater?“
Er schüttelte mit ernstem Gesicht den Kopf.
„Nein. Er hat nur bedauert, dass die reine Blutlinie versiegen würde.“
Sie rollte mit den Augen und Theo lächelte gequält.
„Wie geht es deiner Mutter?“
„Besser. Aber ich glaube, sie kommt nie mehr über den Tod meines Vaters hinweg.“ Das konnte sie sich nur zu gut vorstellen. „Mach dir keine Sorgen, ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Sie macht viel mit meiner Großmutter. Sie sind aktuell in Belgien.“ Er stieß sie mit dem Ellbogen in die Seite. „Und bei dir?“
Sie atmete schwer ein und aus.
„Ich sehe meine Mutter nur an öffentlichen Veranstaltungen, aber wirklich traurig bin ich darüber nicht, das kannst du mir glauben.“
Er lachte wieder leise.
„Gibt sie die Hoffnung nicht auf, dich wie alle anderen guten Töchter vorteilhaft zu verheiraten?“
„Ich glaube, das wird sie niemals aufgeben.“
Nie in ihrem Leben.
„Man hört so Gerüchte“, sprach er geheimnisvoll und sie runzelte die Stirn. „Ich habe gehört, du angelst dir einen Earl.“ Sie verzog das Gesicht und Theo lachte. „Gut, der Blick sagt alles.“
„So ist es nicht. Er… nun, vor Aelfric Ferrers ist wirklich nett. Aber… ich habe kein Interesse an ihm.“
„Aber er offensichtlich an dir. Du wirst groß gehandelt, meine Liebe.“ Sie stöhnte und Theo legte ihr einen Arm um. „Mach dir nichts draus. Da mussten wir alle mal durch. Das große Gerede über irgendeine vorteilhafte Verbindung.“
„Ich habe die Schnauze gestrichen voll von vorteilhaften Verbindungen. Glaub mir. Mit dem Thema bin ich durch.“
Sie beide hielten im Park an, als jemand übertrieben Theos Namen rief und Astorias Brauen zogen sich nach oben, als sie auf der Terrasse nicht nur Draco stehen sah, sondern auch eine junge, bekannte Frau.
„Ist das…“, fing sie an und Theo nickte kaum sichtbar.
„Ja, Pansy.“
„Wunderbar, dann drehe ich um.“
Sie hatte Pansy Parkinson schon in Hogwarts nicht ausstehen können. Theo gluckste und wandte sich ihr komplett zu.
„Ich komme später zum Stall. Dann kannst du mir die Fortschritte zeigen, die du mit der Stute gemacht hast und wir können über einen Übergangsplan sprechen.“
„Hört sich gut an“, meinte sie lächelnd und sie erwiderte überrascht, die weitere Umarmung, bevor er sich umwandte und zu den beiden anderen jungen Leute eilte, während Astoria sich umwandte und zurück zum Stall ging.
Merlin, sie hatte ganz vergessen, wie angenehm Theo war.
„Ich verstehe einfach nicht, was dein Vater sich dabei gedacht hat“, sprach Pansy, während sie am Fenster stand und vermutlich in die Richtung der Ställe blickte, die man vom Salon hier gar nicht sehen konnte, während Draco Theo eine Tasse mit Tee reichte.
„Ich nehme an“, antwortete Theo gelassen. „Dass Lucius sich gedacht hat, dass Astoria gut mit Pferden umgehen kann und ihm bei dem Tier helfen kann.“
Pansy schnaubte und wandte sich von den Fenstern ab, nur um sich in einen der Sessel fallen zu lassen.
„Ist ihre Gegenwart nicht seltsam für dich, Draco?“, fragte sie nach und Draco zuckte gespielt die Schultern.
Ja, war es. Aber das würde er sich nicht Pansy auf die Nase binden.
„Für ihn?“, fragte Theo spöttisch. „Eher für sie. Nicht Astoria hat den Vertrag gelöst, sondern Draco.“
Pansy verzog das Gesicht.
„Diese ganze Sache war ohnehin zum Scheitern verurteilt.“
Theo gluckste falsch auf.
„Wie gut, dass du das beurteilen kannst, Pansy. Ist ja nicht gerade so, als wärst du eifersüchtig auf sie gewesen.“
Pansys Augen funkelten gefährlich auf.
„Ich war niemals auf dieses Kind eifersüchtig.“
Das sahen wohl alle anders als Pansy selbst. Pansy hatte es gehasst, als sie von dem Vertrag erfuhr. Ja, regelrecht Astoria verteufelt.
„Nun, ich denke nicht, dass Astoria ein Kind damals war, und sie ist es jetzt auch nicht.“ Theo nippte gelassen an seinem Tee. „Ich finde sie immer noch sehr hübsch.“
„Wenn man auf schlichtes und gewöhnliches steht“, entgegnete Pansy gelangweilt und Theo ging nicht weiter darauf ein.
Fixierte Draco, bevor er einwarf.
„Habt ihr von Blaise etwas gehört?“
„Kämpft mit seiner Mutter immer noch wegen Daphne“, sprach Pansy wissend und Draco ließ sich selbst auf einen der Sessel nieder.
Er war immer noch wütend auf Blaise. Blaise, der mit Astoria auf dem Empfang war und ihm keine Antwort auf seine Fragen gab. Der vor ihm Geheimnisse hatte.
Theos Stirn zog sich kraus.
„Was ist eigentlich das Problem?“
„Die Aussteuer“, meinte Pansy und grinste breit. „Daphnes Mutter ist nicht bereit, den Preis zu zahlen, denn Blaise Mutter verlangt.“
„Haben die beiden Familien nicht genug Gold?“
War das nicht immer das eigentliche Problem? Das keiner von diesen Familien genug bekam? Sie alle Angst hatten, dass sie zu wenig aus der Sache rausschlugen.
„Mrs. Greengrass verhandelt mit Bloet“, trällerte Pansy weiter und Draco hörte eindeutig den Spott heraus.
„Bloet?“, hakte Theo irritiert nach. „Wer wäre denn da in ihrem Alter?“
Draco seufzte.
„Charles.“
Theos Augen wurden groß.
„Der Kerl ist doch gut dreißig Jahre älter als Daphne.“
„Zweiunddreißig“, antwortete Pansy hämisch und Theos Blick war tödlich.
„Das amüsiert dich ja scheinbar wunderbar.“
„Nun, wer so eingebildet ist, hat es vielleicht auch nicht anders verdient.“
„Wie wäre es, das erst selbst zu beherzigen?“, sprach Theo und Pansys Wangen wurden rot, bevor sie ärgerlich aufstand und den Raum verließ.
„Musste das jetzt sein?“, fragte Draco.
„Musst du dich mit ihr wieder abgeben? Läuft da wieder etwas zwischen euch?“, hakte Theo gegen nach und Draco schüttelte den Kopf.
„Du weißt, dass ich mit Pansy nie etwas anfangen würde.“ Theos Brauen wanderten nach oben. „Nichts Ernsthaftes“, fügte Draco hinzu.
Er war bei Pansy nie weitergegangen als Küssen. Schon allein, weil Pansy es sicher darauf angelegt hätte, die nächste Mrs. Malfoy zu werden.
„Ich kann sie nicht leiden“, stellte Theo klar. „Konnte ich noch nie und ich bin jetzt kein verfluchtes Kind mehr, dass so ein Verhalten akzeptieren muss oder toleriert.“
„Du kennst doch Pansy.“
Theo nickte.
„Eben. Sie hat einen schlechten Charakter. Sie ist kein netter Mensch.“ War sie nie gewesen. Aber sie war loyal gegenüber ihren Freunden. „Du solltest dich nicht mit ihr mehr abgeben, Draco. Ganz ehrlich. Wir sind keine dummen, naiven Teenager mehr.“
Draco schwenkte sein Glas in seinen Händen. Er war schon lange kein Teenager mehr. Diese Zeiten hatte er hinter sich gelassen, als ihm das dunkle Mal aufgedrückt worden waren.
„Hast du mit Astoria geredet?“
Er zog die Brauen zusammen und sah seinen Freund irritiert an.
„Geredet? Worüber?“
Sie wollte ihn vermutlich am liebsten verfluchen.
„Darüber, dass du ein Idiot warst und bist.“ Draco legte seinen Kopf in den Nacken. „Und darüber, dass du sie immer noch liebst“, fügte Theo hinzu und Draco verriss sich den Nacken als er schnell hochsah, nur um Theo vielsagend grinsen zu sehen.
„Ich bin nicht …“, fing er an und Theo unterbrach ihn sofort.
„Draco, ich bin nicht Pansy und ich bin vor allem nicht blind. Das Einzige, was ich damals schon nicht verstanden habe, ist, warum du überhaupt den Vertrag gelöst hast.“
Theos Blick war forschend und Dracos Lippen wurden schmal.
„Ich hatte meine Gründe.“
„Gründe?“, wiederholte Theo und schüttelte den Kopf. „Welche dummen Gründe, können zu so einer Entscheidung führen? Du magst sie oder zumindest hast du sie damals eindeutig gemocht.“ Es war viel mehr als das. Viel mehr als er je von einer arrangierten Ehe erwartet hätte. „Ich verstehe es nicht. Keiner von deinen Freunden hat es damals verstanden.“
„Ich hatte meine Gründe“, wiederholte sich Draco kühl. „Es ist meine Sache, Theo.“
Theo und er fixierten sich eine Weile, bevor Theo langsam ein und ausatmete.
„Du musst es selbst wissen, Draco. Aber ich halte es für Schwachsinn.“ Es war die richtige Entscheidung gewesen, da war sich Draco immer noch sicher. Theo stellte die Tasse zur Seite und stand auf. „Du solltest das ganze abschließen und vor allem mit ihr offen reden. Für euch beide.“
Astoria verstand ja, dass Narzissa die nette Gastgeberin sein wollte und ja, vielleicht war ihr Interesse an Astoria echt. Aber sahen sie denn nicht alle endlich ein, wie bizarr dieser ganze Mist eigentlich war? Sie hatte gewusst, dass Draco Malfoy irgendwann wieder in England sein würde. Dass Draco Malfoy irgendwann wieder ihr über den Weg laufen würde. Aber nicht, dass sie mit ihm, in seinem Familiensitz, an einem Tisch zusammen zu Abend aß. Sie seufzte und sah dabei zu, wie George Zora mit einer Longe führte. Nur noch ein paar Tage und sie würde wieder zu Hause sein. Dann wäre dieses Theater vorbei. Sie legte den Kopf schief, während sie sich gegen die Koppel lehnte und weiter George und Zora zusah. Sie dachte eigentlich, das hinter sich gelassen zu haben, aber vielleicht war das nie wirklich möglich gewesen, weil es zwischen Draco und ihr nie einen Abschluss gab. Es gab ein Ende, ausgelöst und entschieden durch Anwälte der Familie. Es war irgendwie seltsam, ausgerechnet jetzt wieder damit konfrontiert zu sein.
„Wenn das nicht die Mini-Greengrass ist“, tönte eine Stimme und Astoria wandte den Kopf und stutzte.
„Theo.“
Theodore Nott kam grinsend auf sie zu. Himmel, er wirkte größer und männlicher, als sie ihn in Erinnerung hatte. Seine braunen Augen strahlten immer noch, wenn er lächelte. Er hob seine Hand und legte sie auf ihren Kopf.
„Immer noch so winzig.“
Er gluckste als sie seine Hand wegschlug, so wie sie es in Hogwarts getan hatte, als er sie immer damit aufgezogen hatte, dass sie scheinbar nicht wuchs. Sie boxte ihn sanft, bevor er sie freundschaftlich umarmte und sie die Umarmung erwiderte.
„Merlin, das ist ewig her“, sprach sie.
„Eine gigantische Ewigkeit“, ließ er sie wissen und sah sie an. Sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
„Was tust du hier?“ Er sah zu der Stute und Astoria folgte seinem Blick. „Zora?“
Er nickte.
„Ja. Lucius hat mich kontaktiert. Er sucht jemanden, der sie auf Dauer reitet, trainiert und mit ihr auf den Turnieren teilnimmt für seine Familie.“
Sie lehnten sich beide gegen den Zaun. Sein Blick war geschult.
„Sie ist wunderschön.“
„Sie ist eine kleine Gewinnerin. Sie hat definitiv Potenzial.“ Theo nickte und Astoria legte den Kopf schief. „Wie kam Lucius auf dich?“
Theo zuckte die Schultern.
„Er weiß, dass ich gerne reite. Nun, zumindest vor dem Ende meiner Schulzeit. Meine Familie hat nur noch wenige eigene Pferde.“ Sie senkte den Blick. Sagte nichts. Sie wusste, dass Theos Vater viel Eigentum, während des Krieges verloren hatte. Sein Vater, seine Mutter und Großmutter waren mit ihm auf der Flucht gewesen. „Aber er hat sofort an mich gedacht und ich nutze die Chance gerne. Ich mag das Reiten. Ich habe bei mir an der Uni im Polo-Team mitgespielt. Das Reiten ist ein gutes Hobby und ich liebe den Wettbewerb.“
„Tja, dann haben wir zumindest einen weiteren würdigen Konkurrenten.“
„Ich habe schon gehört, dass deine Familie viele Siege immer einfährt.“
Es war fast schon zu einem privaten Wettbewerb zwischen ihnen in der Familie ausgeartet.
Sie wandte den Kopf als sie den Blick von Theo spürte.
„Was ist?“
„Wie geht es dir, Tori?“
Sie lächelte milde, bevor sie sich ihm ganz zuwandte.
„Gut. Mir geht es gut. Wirklich“, fügte sie hinzu, als er nichts sagte. „Sag mir lieber, wie es dir ergangen ist. Man hört so wenig von dir.“
Er schnaubte etwas. „Ja und das, was man hört, ist vermutlich nicht gerade erfreulich.“ Nein, war es wahrlich nicht. Theo sah sich um. „Hast du Zeit? Wollen wir eine Runde gehen und uns ein wenig austauschen, so zwischen alten Freunden?“
Sie lächelte und er tat es ihr gleich, bevor sie nickte und sie gemeinsam nebeneinander hergingen. Weg von der Koppel. Weg von den Stallungen. Sie erzählte von ihrer Ausbildung bei ihrem Großvater, von dem Studium und den vielen Freiheiten, die sie jetzt hatte. Wie albern sie es fand, sich diesen alten Zwängen untergeordnet zu haben, ohne sie groß zu hinterfragen.
Theo erzählte von seinem Studium. Der Übernahme der Geschäfte der Familie. Und er erzählte von der Verhandlung gegen seinen Großvater. Dem Mann, vor dem sie geflohen waren während des Krieges, weil er versucht hatte, die Frau seines Sohnes zu ermorden. Ein Halbblut. Theos Großvater war nie einverstanden gewesen mit der Wahl seines Sohnes. Zu guter Letzt, hatte zwar Theos Vater seine Frau, seine Mutter und Theo selbst retten können, aber er selbst hatte mit dem Leben bezahlt. Ausgelöscht durch seinen eigenen Vater. Die Verhandlungen waren damals während Astorias Zeit in Hogwarts noch nicht abgeschlossen gewesen.
„Ich habe gehört“, sprach sie nach einer Weile. „Dass dein Großvater vor einigen Monaten in Askaban starb.“
Er nickte.
„Ja. Er wollte mich sehen, weißt du.“
Sie musterte ihn von der Seite. Sein braunes Haar glänzte wie dunkle Schokolade im Licht der Sonne.
„Bist du dem Wunsch nachgekommen?“
„Ja. Ich habe zwar gezögert. Doch zu guter Letzt, habe ich dem Wunsch, dieses alten verbitternden Kerls nachgegeben.“
Astoria verschränkte die Hände vor der Brust, während sie nebeneinander hergingen.
„Du hast dich für ihn starkgemacht. Gegen den Kuss des Dementors dich ausgesprochen.“
„Ich halte nicht viel davon. Ebenso nichts von der Todesstrafe. Denn es macht uns nicht zu besseren Menschen als die Täter selbst. Und ich sehe es nicht als Strafe, wenn man dem Gefängnis entgeht.“
Sie hatte darüber ehrlich gesagt noch nie wirklich nachgedacht.
„Hat er es bereut?“, fragte sie vorsichtig nach. „Ich meine, das mit deinem Vater?“
Er schüttelte mit ernstem Gesicht den Kopf.
„Nein. Er hat nur bedauert, dass die reine Blutlinie versiegen würde.“
Sie rollte mit den Augen und Theo lächelte gequält.
„Wie geht es deiner Mutter?“
„Besser. Aber ich glaube, sie kommt nie mehr über den Tod meines Vaters hinweg.“ Das konnte sie sich nur zu gut vorstellen. „Mach dir keine Sorgen, ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Sie macht viel mit meiner Großmutter. Sie sind aktuell in Belgien.“ Er stieß sie mit dem Ellbogen in die Seite. „Und bei dir?“
Sie atmete schwer ein und aus.
„Ich sehe meine Mutter nur an öffentlichen Veranstaltungen, aber wirklich traurig bin ich darüber nicht, das kannst du mir glauben.“
Er lachte wieder leise.
„Gibt sie die Hoffnung nicht auf, dich wie alle anderen guten Töchter vorteilhaft zu verheiraten?“
„Ich glaube, das wird sie niemals aufgeben.“
Nie in ihrem Leben.
„Man hört so Gerüchte“, sprach er geheimnisvoll und sie runzelte die Stirn. „Ich habe gehört, du angelst dir einen Earl.“ Sie verzog das Gesicht und Theo lachte. „Gut, der Blick sagt alles.“
„So ist es nicht. Er… nun, vor Aelfric Ferrers ist wirklich nett. Aber… ich habe kein Interesse an ihm.“
„Aber er offensichtlich an dir. Du wirst groß gehandelt, meine Liebe.“ Sie stöhnte und Theo legte ihr einen Arm um. „Mach dir nichts draus. Da mussten wir alle mal durch. Das große Gerede über irgendeine vorteilhafte Verbindung.“
„Ich habe die Schnauze gestrichen voll von vorteilhaften Verbindungen. Glaub mir. Mit dem Thema bin ich durch.“
Sie beide hielten im Park an, als jemand übertrieben Theos Namen rief und Astorias Brauen zogen sich nach oben, als sie auf der Terrasse nicht nur Draco stehen sah, sondern auch eine junge, bekannte Frau.
„Ist das…“, fing sie an und Theo nickte kaum sichtbar.
„Ja, Pansy.“
„Wunderbar, dann drehe ich um.“
Sie hatte Pansy Parkinson schon in Hogwarts nicht ausstehen können. Theo gluckste und wandte sich ihr komplett zu.
„Ich komme später zum Stall. Dann kannst du mir die Fortschritte zeigen, die du mit der Stute gemacht hast und wir können über einen Übergangsplan sprechen.“
„Hört sich gut an“, meinte sie lächelnd und sie erwiderte überrascht, die weitere Umarmung, bevor er sich umwandte und zu den beiden anderen jungen Leute eilte, während Astoria sich umwandte und zurück zum Stall ging.
Merlin, sie hatte ganz vergessen, wie angenehm Theo war.
„Ich verstehe einfach nicht, was dein Vater sich dabei gedacht hat“, sprach Pansy, während sie am Fenster stand und vermutlich in die Richtung der Ställe blickte, die man vom Salon hier gar nicht sehen konnte, während Draco Theo eine Tasse mit Tee reichte.
„Ich nehme an“, antwortete Theo gelassen. „Dass Lucius sich gedacht hat, dass Astoria gut mit Pferden umgehen kann und ihm bei dem Tier helfen kann.“
Pansy schnaubte und wandte sich von den Fenstern ab, nur um sich in einen der Sessel fallen zu lassen.
„Ist ihre Gegenwart nicht seltsam für dich, Draco?“, fragte sie nach und Draco zuckte gespielt die Schultern.
Ja, war es. Aber das würde er sich nicht Pansy auf die Nase binden.
„Für ihn?“, fragte Theo spöttisch. „Eher für sie. Nicht Astoria hat den Vertrag gelöst, sondern Draco.“
Pansy verzog das Gesicht.
„Diese ganze Sache war ohnehin zum Scheitern verurteilt.“
Theo gluckste falsch auf.
„Wie gut, dass du das beurteilen kannst, Pansy. Ist ja nicht gerade so, als wärst du eifersüchtig auf sie gewesen.“
Pansys Augen funkelten gefährlich auf.
„Ich war niemals auf dieses Kind eifersüchtig.“
Das sahen wohl alle anders als Pansy selbst. Pansy hatte es gehasst, als sie von dem Vertrag erfuhr. Ja, regelrecht Astoria verteufelt.
„Nun, ich denke nicht, dass Astoria ein Kind damals war, und sie ist es jetzt auch nicht.“ Theo nippte gelassen an seinem Tee. „Ich finde sie immer noch sehr hübsch.“
„Wenn man auf schlichtes und gewöhnliches steht“, entgegnete Pansy gelangweilt und Theo ging nicht weiter darauf ein.
Fixierte Draco, bevor er einwarf.
„Habt ihr von Blaise etwas gehört?“
„Kämpft mit seiner Mutter immer noch wegen Daphne“, sprach Pansy wissend und Draco ließ sich selbst auf einen der Sessel nieder.
Er war immer noch wütend auf Blaise. Blaise, der mit Astoria auf dem Empfang war und ihm keine Antwort auf seine Fragen gab. Der vor ihm Geheimnisse hatte.
Theos Stirn zog sich kraus.
„Was ist eigentlich das Problem?“
„Die Aussteuer“, meinte Pansy und grinste breit. „Daphnes Mutter ist nicht bereit, den Preis zu zahlen, denn Blaise Mutter verlangt.“
„Haben die beiden Familien nicht genug Gold?“
War das nicht immer das eigentliche Problem? Das keiner von diesen Familien genug bekam? Sie alle Angst hatten, dass sie zu wenig aus der Sache rausschlugen.
„Mrs. Greengrass verhandelt mit Bloet“, trällerte Pansy weiter und Draco hörte eindeutig den Spott heraus.
„Bloet?“, hakte Theo irritiert nach. „Wer wäre denn da in ihrem Alter?“
Draco seufzte.
„Charles.“
Theos Augen wurden groß.
„Der Kerl ist doch gut dreißig Jahre älter als Daphne.“
„Zweiunddreißig“, antwortete Pansy hämisch und Theos Blick war tödlich.
„Das amüsiert dich ja scheinbar wunderbar.“
„Nun, wer so eingebildet ist, hat es vielleicht auch nicht anders verdient.“
„Wie wäre es, das erst selbst zu beherzigen?“, sprach Theo und Pansys Wangen wurden rot, bevor sie ärgerlich aufstand und den Raum verließ.
„Musste das jetzt sein?“, fragte Draco.
„Musst du dich mit ihr wieder abgeben? Läuft da wieder etwas zwischen euch?“, hakte Theo gegen nach und Draco schüttelte den Kopf.
„Du weißt, dass ich mit Pansy nie etwas anfangen würde.“ Theos Brauen wanderten nach oben. „Nichts Ernsthaftes“, fügte Draco hinzu.
Er war bei Pansy nie weitergegangen als Küssen. Schon allein, weil Pansy es sicher darauf angelegt hätte, die nächste Mrs. Malfoy zu werden.
„Ich kann sie nicht leiden“, stellte Theo klar. „Konnte ich noch nie und ich bin jetzt kein verfluchtes Kind mehr, dass so ein Verhalten akzeptieren muss oder toleriert.“
„Du kennst doch Pansy.“
Theo nickte.
„Eben. Sie hat einen schlechten Charakter. Sie ist kein netter Mensch.“ War sie nie gewesen. Aber sie war loyal gegenüber ihren Freunden. „Du solltest dich nicht mit ihr mehr abgeben, Draco. Ganz ehrlich. Wir sind keine dummen, naiven Teenager mehr.“
Draco schwenkte sein Glas in seinen Händen. Er war schon lange kein Teenager mehr. Diese Zeiten hatte er hinter sich gelassen, als ihm das dunkle Mal aufgedrückt worden waren.
„Hast du mit Astoria geredet?“
Er zog die Brauen zusammen und sah seinen Freund irritiert an.
„Geredet? Worüber?“
Sie wollte ihn vermutlich am liebsten verfluchen.
„Darüber, dass du ein Idiot warst und bist.“ Draco legte seinen Kopf in den Nacken. „Und darüber, dass du sie immer noch liebst“, fügte Theo hinzu und Draco verriss sich den Nacken als er schnell hochsah, nur um Theo vielsagend grinsen zu sehen.
„Ich bin nicht …“, fing er an und Theo unterbrach ihn sofort.
„Draco, ich bin nicht Pansy und ich bin vor allem nicht blind. Das Einzige, was ich damals schon nicht verstanden habe, ist, warum du überhaupt den Vertrag gelöst hast.“
Theos Blick war forschend und Dracos Lippen wurden schmal.
„Ich hatte meine Gründe.“
„Gründe?“, wiederholte Theo und schüttelte den Kopf. „Welche dummen Gründe, können zu so einer Entscheidung führen? Du magst sie oder zumindest hast du sie damals eindeutig gemocht.“ Es war viel mehr als das. Viel mehr als er je von einer arrangierten Ehe erwartet hätte. „Ich verstehe es nicht. Keiner von deinen Freunden hat es damals verstanden.“
„Ich hatte meine Gründe“, wiederholte sich Draco kühl. „Es ist meine Sache, Theo.“
Theo und er fixierten sich eine Weile, bevor Theo langsam ein und ausatmete.
„Du musst es selbst wissen, Draco. Aber ich halte es für Schwachsinn.“ Es war die richtige Entscheidung gewesen, da war sich Draco immer noch sicher. Theo stellte die Tasse zur Seite und stand auf. „Du solltest das ganze abschließen und vor allem mit ihr offen reden. Für euch beide.“