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365 Tage Challenge

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P16 / Gen
01.01.2023
21.09.2023
264
124.081
8
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
1 Review
 
24.05.2023 530
 
Unsicher stand Valerian hoch oben vor der Aussichtsplattform. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben und zwar mit aufeinander gebissenen Lippen am Turm empor.
"Vergiss es ", begann er und wandte seinem Blick nach rechts, wo sein bester Freund unmittelbar neben ihm stand.
"Du hast es mir versprochen ", antwortete Marian, auf ihn Valerian seufzte.
"Du hast davon gesprochen, dass wir wandern gehen. Davon, dass ich auf diesen Turm steigen soll, war nicht die Rede ", gab er zurück und sah erneut an der Plattform empor.
"Was spricht denn dagegen?" Fragend sah Marian seinem besten Freund an und verstand nicht, warum dieser sich gerade so zierte.
Als er dessen Antwort vernahm, sanken seine Schultern automatisch nach unten.
"Meine Höhenangst", hörte er Valerian murmeln und sofort bekam er ein schlechtes Gewissen.
"Es tut mir leid. Ich habe gar nicht mehr daran gedacht, ich wollte dir einfach nur diesen Ausblick zeigen, durch den du über die ganze Stadt blicken kannst."
Valerian und er waren seit Kindertagen befreundet und waren oft zusammen unterwegs. Wie hatte er da nur vergessen können, dass  Valerian sich nur der Höhe aussetzte?
"Komm,lass uns gehen", forderte er Valerian auf und lief bereits wieder den Weg hinunter, den sie gekommen waren.
Valerian zögerte, drehte sich aber schließlich doch um. "Nein, warte!"
Überrascht hielt Marian inne und sah Valerian über die Schulter hinweg an.
"Lass uns hochgehen!", bat Valerian den Jüngeren, aber diesmal war es Marian, der den Kopf schüttelte.
"Wir müssen da nicht hoch, Val", widersprach er seinem besten Freund und folgte dessen Blick, als Valerian erneut am Turm empor sah.
"Doch", entgegnete der Ältere knapp und lief auch direkt auf die Treppe zu, die nach oben führte. Er wusste, dass er es nicht musste, aber er wollte Marian zeigen, dass er auch über seinen Schatten springen konnte.
Und vor allem auch wollte.
Anhand des Geräusches, dass Marians Schritte erzeugten, wusste er, dass der Jüngere ihm folgte.
"Du musst das wirklich nicht tun, Val", versuchte Marian ihn erneut davon abzuhalten, etwas zu tun, was dieser vielleicht gar nicht wollte und nur ihm zuliebe tat.
Über die Schulter hinweg sah Valerian ihn ein weiteres Mal an, schwieg aber diesmal.
Er wandte sich wieder der Treppe zu und setzte einen Fuß vor den anderen. Sein Herzschlag schoss in die Höhe und seine Hände waren schweißnass.
Dennoch überwand er sich selbst und trat weiterhin Stück für Stück nach oben. Marian folgte ihm und beobachtete ihn mit Argusaugen.
"Val? Ist alles okay?", sprach er seinen Freund an, als dieser schließlich stehen blieb. Mitten auf der Plattform stand er regungslos da und rührte sich nicht mehr vom Fleck.
"Val?" Erneut sprach Marian seinen Freund an und trat einen Schritt nach vorne, um den Älteren anzusehen.
"Warum hast du mir nie gesagt, wie schon dieser Anblick ist?", hörte er Valerians geflüsterte Worte, während der Ältere über die Stadt hinweg blickte.
"Das habe ich", entgegnete Marian und stupste seinen besten Freund kurz mit der Schulter an.
Und auch, wenn Valerian sich vielleicht niemals an den Rand der Plattform trauen würde, um in die Tiefe zu sehen, war Marian stolz darauf, das sich der Ältere überhaupt hier hoch getraut hatte.
Und über seinen eigenen Schatten gesprungen war.
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