Happy New Year
von Huelk
Kurzbeschreibung
⊱ Es könnte alles so leicht sein. Wenn es eben nicht anders wäre. Wenn nicht immer alles schwer und kompliziert wäre. Wenn das Leben nicht voller Zweifel und Versuchungen wäre. Wenn es nicht so schwierig wäre, Gefühle in Worte zu fassen und man den Kopf einfach ausschalten und dem Herzen alles überlassen könnte. ⊰ || Marcus Ericsson x Kevin Magnussen Ⓕ 2023 || 8/? ✘
GeschichteFamilie / P18 / MaleSlash
Kevin Magnussen
Marcus Ericsson
01.01.2023
18.03.2023
8
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Dieses Kapitel
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18.03.2023
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Die Freundin | Part 8
Kumla, Schweden
Am selben Tag
Am selben Tag
Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so beschissen Gefühl hatte, ohne Alkohol getrunken zu haben oder krankgeworden zu sein.
Was genau los war, konnte er sich gar nicht erklären. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Immer wieder drehte er sich von einer Seite auf die andere und fand keine richtige Position, in der er zur Ruhe fand.
Die kreisenden Gedanken hatten dabei auch nicht geholfen. Wieso dachte er überhaupt so viel nach? Vor allem über seine ehemalige Beziehung…
Das ergab aus seiner Sicht gar keinen Sinn. Kevin und er waren lange getrennt, das Kapitel seit Jahren abgehakt und sie führten beide ihr eigenes Leben. Es gab keinen Grund mehr, an seinen Ex-Freund zu denken. Zumal er ja selbst den Schlussstrich gezogen hatte.
Heute war auch kein Jahrestag, kein Geburtstag, kein Tag, an dem ein besonderes Rennen stattgefunden hatte.
Rational betrachtet gab es absolut keinen Grund, dass sich sein Kopf mit dieser alten Sache beschäftigte. Er blickte nicht gerne zurück und im Grunde war alles in Ordnung, denn in Amerika war er so erfolgreich wie lange nicht mehr.
Und doch schaffte er es emotional nicht, sich von Kevin zu lösen, wie es schien.
In dieser Sekunde trennten sie gute sechs Autostunden von einander.
Das war unglaublich präsent in seinem Kopf. Er wusste sogar, wo Kevin in seiner Heimat lebte, er könnte jeder Zeit einfach zu ihm fahren und mit ihm reden, nur irgendwie bezweifelte er, dass das gewünscht war.
Er hatte Kevin mit der Trennung schließlich ziemlich wehgetan. Er glaubte nicht, dass er ihn noch mal sehen wollte.
Wobei er das nur erahnen konnte. Kevin hatte ihre Trennung damals sehr gefasst aufgenommen, wenn er so daran zurückdachte. Keine bösen Worte, keine Beleidigungen. Von seinem sonstigen Temperament, wenn ihm etwas gegen den Strich ging, war nichts zu sehen gewesen.
Aber gerade das legte seinen Verdacht so nahe, dass er Kevin damit sehr getroffen hatte. Zu sehr, als dass er sich hinter seinen üblichen vulgären Äußerungen verstecken konnte, zu denen er oftmals im Streit gegriffen hatte.
Wenn er so an diesen Moment dachte, hatte Kevin im Grunde genommen gar keine Reaktion gezeigt. Viel mehr hatte er es mit einem Schulterzucken abgetan.
Das hatte ihn damals selbst wütend gemacht, weil er glaubte, Kevin hätte demnach nicht viel an ihrer Beziehung gelegen. Mittlerweile hatte er einen etwas anderen Blick darauf.
Lag es daran, dass man mit der Zeit gewisse Dinge in einem anderen Licht sah?
Immerhin gab es dieses Phänomen, dass die Vergangenheit immer besser in der Erinnerung wurde, je länger etwas zurücklag. Passierte ihm das auch oder erkannte er nur mit ein wenig Abstand die verborgenen Details besser?
Er wusste es nicht und es war dämlich, die ganze Zeit darüber zu grübeln. Er würde das nicht mehr in Erfahrung bringen. Er hatte seine Chance mit Kevin gehabt und sie komplett verspielt. Damit musste er jetzt klarkommen. Schließlich konnte er nicht einfach in dessen Familienleben reingrätschen. Das wäre mies.
Seinem Ex war es offensichtlich endlich gelungen, glücklich zu werden. Er sollte sich einfach für ihn freuen, dieses Kapitel abschließen und selbst endlich nach vorne blicken.
Doch jedes Mal, wenn er das versuchte, dann spürte er, wie sehr er Kevin eigentlich vermisste. Sie hatten perfekt harmoniert.
Sah man von Kevins aufbrausendem Temperament ab, dann waren sie beide eher ruhige und gelassene Menschen, die nicht immer Action brauchten oder einen Adrenalinkick. Sie konnten beide in den ruhigen Momenten sehr viel Kraft tanken, waren eher Natur- als Stadtmenschen und verbrachten ihre freie Zeit lieber in der Heimat, als irgendwo im Urlaub.
Das fehlte ihm alles sehr.
Mit Kevin hatte er so manches tiefsinniges Gespräch führen können.
Schade, dass er ihm damals so wenige Einblicke in seine Gedanken gewährt hatte. Er hätte anfangs nicht erwartet, dass Kevin so zurückhaltend war, aber von seinem Privatleben konnte er gut ablenken. Kein Wunder…
Er selbst hatte dessen Vater ja von der unangenehmen Seite kennenlernen müssen. Falls dieser Mann überhaupt eine andere besaß. Er bezweifelte es irgendwie.
Natürlich gab es Eltern, die mit der Orientierung ihrer Kinder unzufrieden waren. Das mochte alles andere als richtig sein, war aber gewiss keine Seltenheit. Aber Kevins Vater war da eine andere Hausnummer.
Wenn er alleine an den Wahnsinn in dessen Augen zurückdachte, wurde ihm ganz anders.
Einem solchen Menschen war er zuvor noch nie begegnet. Er war sicher auch niemand, der sich leicht erschrecken ließ, aber die Drohung hatte es in sich gehabt und ihn dazu bewogen, lieber die Beziehung zu beenden, bevor einem von ihnen wirklich etwas passierte.
Unter normalen Umständen hätte er einen solchen Schritt niemals gemacht. Er ließ sich doch nicht vorschreiben, mit wem er zusammen sein wollte.
Dennoch war es damals so eindringlich gewesen, dass er sich nicht anders zu helfen wusste und es jetzt schwer bereute.
Ob er es heute anders machen würde?
Was wäre wohl, wenn sie eine zweite Chance bekämen? Würde er sie dann endlich nutzen und zu Kevin stehen? Oder würde er wieder feige alles beenden?
Zu schade, dass er das jetzt nicht mehr rausfinden konnte. Wie sollte er nur die quälenden Gedanken daran loswerden? Das nagte so sehr an ihm, dass er seine Umgebung schon wieder ganz vergessen hatte.
Das erklärte auch, warum sich irgendjemand von hinten hatte anschleichen und ihm die Hände über die Augen legen konnte. Wer auch immer ihn aus seinen Gedanken riss, aber er war für ein „Wer bin ich?“ gerade echt nicht zu haben.
Er seufzte, denn natürlich hatte er die glockenhelle Stimme längst erkannt, die ihn das gefragt hatte. Was machte sie denn hier? Wollte sie nicht zu ihren Eltern fliegen über die Feiertage? Sie hatte da zumindest was angedeutet. Womöglich hatte er aber nicht richtig hingehört.
„Iris.“
Mehr sagte er nicht. Nur ihren Namen, was sie mit einer enttäuschten Schmolllippe in sein Blickfeld treten ließ.
„Du könntest wenigstens so tun, als würdest du überlegen müssen“, entgegnete sie ihm, auch wenn man ihr ansah, dass sie nur beleidigt tat, es aber auf gar keinen Fall war.
„Tut mir leid. Bin nicht in Stimmung.“
Er kam sich gemein vor, aber zum Glück wusste er, dass sie es ihm nicht übelnahm.
„Das merke ich schon. Dann war es ja gut, dass ich gekommen bin.“
Sollte er raten, wer ihr gesteckt hatte, dass er an Weihnachten nur miese Laune verbreitete?
Es konnte nur seine Mutter oder sein kleiner Bruder gewesen sein. Traurigerweise hatten beide mehr Kontakt zu seiner weiblichen Begleiterin für öffentliche Auftritte, als er selbst. Noch etwas, wobei er sich mies vorkam. Schließlich war sie ihm eine wunderbare Freundin.
„Hat meine Mutter mich verraten?“, erkundigte er sich, während Iris sich zu ihm an den Steg setzte. Sie fror entsetzlich. Vielleicht sollte er ihr anbieten, dass sie lieber reingehen sollten.
„Nein, diesmal kannst du dich bei Hampus bedanken. Aber ich nehme mal an, dass das nur eine Sache von Stunden gewesen wäre, bis sie mich kontaktiert hätte. Er war nur schneller“, antwortete Iris ihm mit einem Zwinkern.
Normalerweise steckte ihre unbeschwerte, fröhliche Art ihn an. Leider klappte das gerade überhaupt nicht, was bewies, dass er wohl wirklich sehr schlecht drauf war.
Selbst nahm er das gar nicht mehr so richtig wahr. Er hatte sich wohl zu sehr daran gewöhnt, in einer melancholischen Stimmung festzustecken, wenn er zurück in die Heimat kam.
„Na dann…“ Er wusste nichts zu sagen und kassierte direkt einen spitzen Stoß von Iris‘ Ellenbogen zwischen seine Rippen.
„Komm schon, Marcus! Ich bin’s. Deine beste Freundin. Kotz dich schon aus!“, forderte sie ihn direkt auf. Sie durchschaute ihn dahingehend wirklich perfekt. Normalerweise freute es ihn auch, dass er sich bei ihr aussprechen durfte, nur diesmal war es irgendwie anders.
Es war halt kein Rennen, welches beschissen gelaufen war. Es war eine beendete Beziehung, die ihn seit Jahren nicht losließ.
Das war so absurd und so blöd.
Er schnaubte wütend, aber natürlich weckte das bei Iris nur noch mehr Interesse. Vielleicht sollte er es ihr tatsächlich einfach sagen. Was konnte schon passieren? Meistens hatte Iris sogar den einen oder anderen guten Einfall, wie sie ihm helfen konnte.
„Keine Ahnung… Ich dachte, ich wäre endlich drüber hinweg“, eröffnete er also und sah, wie Iris direkt das Gesicht verzog.
„Oh, oh… Schon wieder Kevin“, stellte sie fest.
„Sehr hilfreich“, kommentierte er, worauf sie eine Geste machte, die signalisieren sollte, dass sie die Klappe halten würde.
Aber eigentlich hatte sie ja recht. Es ging schon wieder um Kevin. Wie all die hundertsiebenundzwanzig Male davor auch.
„Ich weiß, es ist total bescheuert, aber es lässt mich einfach nicht los. Ich dachte, wenn ich drüben fahre und Abstand kriege, dann würde es sich ändern, aber ich muss immer noch ständig darüber nachdenken, was gewesen wäre, wenn alles eben anders gelaufen wäre“, versuchte er irgendwie verständlich zu machen, wo sein Problem lag.
„Jaaa…“, machte Iris gedehnt. „Das ist wirklich total bescheuert und wahnsinnig süß.“
Er verdrehte die Augen.
„Was soll bitte süß daran sein? Es ist lästig und nervig!“
Manchmal begriff er ihre Logik einfach nicht. Doch Iris kicherte nur und klopfte ihm mit einer Hand auf die Schulter.
„Ach, nimm’s nicht so schwer. Es ist einfach niedlich, dass er dir nicht aus dem Kopf will. Es hat dich eben total erwischt. Das ist selten“, begründete sie, aber das machte es in seinen Ohren auch nicht besser.
In seinem Unmut sprang er auf, lief wütend umher und wusste nicht wohin damit.
„Das ist mir egal ob das selten ist oder ob du sowas niedlich findest. Es ist absolut lästig und nervt. Ich will daran nicht mehr denken, aber ich kann keinen Fuß auf heimischen Boden setzen ohne daran zu denken, dass Kevin nur sechs Stunden von mir entfernt ist und ich ihn vermisse und das alles am liebsten klären würde“, platzte es aus ihm heraus.
Iris sah nicht so aus, als würden diese Worte sie beeindrucken. Viel mehr schien sie nichts anderes von ihm erwartet zu haben.
„Dann mach das doch“, entgegnete sie, als wäre es das Normalste der Welt, nach über vier Jahren einfach zu seinem Ex-Freund zu fahren und ihm endlich zu erklären, warum man damals Schluss gemacht hatte.
„Sehr witzig“, grummelte er, denn er konnte das nur für einen Scherz halten. Im Grunde sollte er Iris wohl besser kennen.
„Marcus, jetzt sei nicht so feige! Du hast gesagt, dass du das am liebsten tun würdest. Dann mach es auch. Sonst wird sich dein verquerer Kopf für immer und ewig mit damit beschäftigen, was passiert wäre“, entgegnete sie ihm und hatte gewiss recht, nur fand er nach wie vor nicht, dass das eine gute Idee wäre.
„Das hat nichts mit Feigheit zu tun, aber es bringt doch eh nichts. Kevin ist glücklich mit seiner Louise und sie haben eine Tochter. Da kann ich nicht einfach reinplatzen“, entschied er, nur konnte er seine liebe Freundin nach wie vor nicht überzeugen, denn die zuckte nur mit den Schultern.
„Na und? Das muss nichts heißen. Wir tun doch auch nur so, als wären wir zusammen.“
Er verdrehte ein weiteres Mal die Augen.
„Wir haben kein Kind zusammen.“
„Was nicht ist, kann ja noch werden.“
Kurz sah er sie entsetzt an, bekam dann aber einen Faustschlag gegen die Schulter, nachdem sie ebenfalls aufgestanden und zu ihm herübergekommen war.
„Das war ein Scherz, Marcus. Also wirklich. Kennst du mich so schlecht?“, entgegnete sie nun und wurde tatsächlich ein weniger ernster, als in ihrem bisherigen Gespräch.
„Tut mir leid“, nuschelte er und rieb sich etwas abwesend die Schulter. Iris konnte echt zuschlagen. Er hatte sicher einen blauen Fleck. Nicht, dass er ihr das übelnehmen würde.
„Schon gut. Aber ganz im Ernst, du wirst diese Gedanken nicht los, wenn du nicht darauf hörst, was dein Herz will. Das wird dein Verstand nicht regeln können. Da kannst du dich auch noch zehn Jahre in Amerika verstecken, es wird dich immer einholen. Wenn du wirklich damit abschließen willst, dann wirst du um ein Gespräch mit Kevin eh nicht rumkommen. Also bring es lieber hinter dich, bevor du dir deine Silvesterparty auch noch versaust.“
Auch da konnte er wohl wenig gegen sagen. Iris hatte schon recht damit. Er saß ja nur hier herum und stellte sich unsinnige Fragen. Das würde nicht aufhören und nächste Woche saß er dann wieder im Flieger nach irgendwo und grübelte weiter und ärgerte sich über sich selbst. Das konnte er nicht brauchen. Und trotzdem…
„Na schön, da ist durchaus was dran. Aber ich setz mich doch jetzt nicht hinters Steuer und fahre mal eben nach Dänemark.“
„Gut, dann fahr ich“, entschied Iris kurzum und er ahnte, dass sie ihm keine andere Wahl lassen würde.
Als er keine Anstalten machte, sich zum Auto zu bewegen, griff sie nach seinem Arm und zerrte ihn einfach mit.
Jetzt ließ Iris nicht mehr locker. Sie öffnete die Beifahrertür, drückte ihn einfach auf den Sitz, weil er zu perplex für Gegenwehr war und reichte ihm sogar den Gurt, den er einfach in der Hand hielt und in die Gegend starrte.
Kaum war Iris auf der Fahrerseite eingestiegen und sah, dass er den Gurt noch in der Hand hielt, war sie es, die die Augen verdrehte und kurzer Hand übernahm.
„Meine Güte, Marcus, echt… Und da heißt es immer, dass Frauen kompliziert wären“, kommentierte sie noch, bevor sie sich selbst anschnallte, den Zündschlüssel drehte und lieber schleunigst losfuhr, bevor er wieder aussteigen konnte.
Er hatte keine Zeit mehr, um darüber nachzudenken, was seine Familie dazu sagen würde, wenn er einfach ohne ein Wort verschwand. Allerdings konnte er wohl davon ausgehen, dass Iris auch das in Nullkommanichts klären würde.
Wenn sie das Heft erst in die Hand nahm, gab sie es auch nicht mehr her und zog ihren Plan konsequent durch.
In dieser Hinsicht könnte er sich wohl wirklich mal eine Scheibe von ihr abschneiden.
⊱☆⊰
Meinungen, Anregungen oder Verbesserungsvorschläge? Lasst mich sehr gerne wissen, ob es Euch gefallen hat und falls nicht, was ich anders machen könnte. ◠‿◠