Denial of reality
von Aleya
Kurzbeschreibung
"Denial of reality"-Serie: Teil 1: Verminaard war besiegt. Die Flüchtlinge waren sicher. Es gab eine Hochzeit und reichlich Grund zur Freude. Tanis' und Raistlins Gespräch bei der Hochzeit der Barbaren aus Raistlins Sicht. Teil 2: Laurana stellt die einzig wichtige Frage: Warum folgt ein Magier wie Raistlin einem Krieger wie Tanis? Kursive Dialoge sind aus meiner Buchausgabe übernommen.
KurzgeschichteAngst, Schmerz/Trost / P12 / MaleSlash
Raistlin Majere
Tanthalas "Tanis der Halbelf"
22.12.2022
11.02.2023
3
4.492
1
22.12.2022
1.335
ca. 1200 Worte, die nur existieren, weil ich beim Wohnung aufräumen stundenlang die Hörbücher zu Drachenlanze hörte und mir erst dort auffiel, wie wunderbar die Beziehung zwischen Tanis und Raistlin sein könnte. Kursive Dialogzeilen sind aus meiner Buchausgabe übernommen und nicht meine. Eventuell wird es weitere Teile geben. Irgendwann.
Stumm saß Raistlin vor seinem reich gefüllten Teller, neben ihm Caramon, der entschlossen schien, sein Gewicht in Fleisch zu sich zu nehmen. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen beobachtete er die ausgelassene Feierlichkeit, Goldmond und Flusswind endlich auch vor den Göttern in alle Ewigkeit vereint. Wahrlich ein Grund zu feiern. Für den Hauch eines Augenblicks versuchte er sich seine Umgebung ohne den Einfluss seiner Stundenglasaugen vorzustellen, doch jahrelange Übung unterdrückte diesen Gedanken sofort. Es lag nur Wahnsinn in dieser Richtung.
Wie so oft in letzter Zeit wanderte sein Blick zu Tanis. Der Halb-Elf beobachtete seinerseits Laurana, welche mit Gilthanas tanzte. Schlagartig wurde Raistlin von jeglichem Appetit verlassen. Lauranas makellose Schönheit blendete ihn, ließ das Essen wie Asche schmecken. Gilthanas, ebenso zeitlos und perfekt. Daneben Tanis, nicht alterslos, ein Erbe seines menschlichen Vaters. Aber doch soviel langsamer zerfallend als Menschen. Er fühlte sich dem Halb-Elfen verbunden auf einer Ebene, die er nicht einmal Caramon zugestand. Seine Brust brannte. Mechanisch nippte er an seinem Kräutertee, der Hustenreiz gelindert für den Moment. Die Schwäche würde später kommen.
Er legte die Gabel nieder und erhob sich. Heute würde er keinen Bissen mehr herunter bekommen. Der rote Mond leuchtete am Nachthimmel, ließ die Schatten in Solinaris Licht tiefer und dunkler wirken. Unauffällig und ungesehen glitt er mit einem letzten Blick auf Tanis fort von der ausgelassenen Versammlung und zog sich in die dunklen Bäume zurück.
Seine Augen gewöhnten sich schnell an das schwache Licht, zeigten ihm zerfallende Bäume und fallende Blätter. Schwer ließ er sich auf einen Baumstumpf nieder, halb auf seinen Stab gestützt.
Seine Gedanken kehrten zu dem finalen Kampf gegen Verminaard zurück. Er hatte Tanis und die anderen gewarnt. Er hatte ihnen gesagt, Verminaard war ein Kleriker der Dunklen Königin. Richtig bewusst war es ihnen wahrscheinlich erst geworden, als er, Raistlin, von zahllosen unsichtbaren Messern zerfleischt, zu Boden gesunken war. Unwillkürlich schauderte er. Die Nachtluft hatte sich so fernab der Feuer empfindlich abgekühlt, die Erinnerung an die unerträglichen Schmerzen ließ ihn frösteln. Er hatte die kalte Hand des Todes gespürt, viel schlimmer, er hatte Tanis sterben sehen.
Wieder und wieder und wieder.
Das braune Haar des Halb-Elfen war in Raistlins Augen stumpf geworden, zerfiel zu grauer Asche. Die braunen Augen fielen tief in ihre Höhlen zurück, bevor der sonst so lebendige Ausdruck in ihnen erstarb. Als Tanis von Verminaards Zauber zu Boden geworfen wurde, hatte ein ganz anderer Schmerz den Magier erfasst – die Gewissheit, jenen zu verlieren, der für ihn einem Gefährten am nächsten kam. Er kämpfte gegen den Zauber der unsichtbaren Klingen an, versuchte einen Weg durch den körperlichen Schmerz zu finden und sich zu konzentrieren, doch wann immer er Aussicht auf Erfolg sah, starb Tanis vor seinen Stundenglasaugen.
Und dann war es plötzlich vorbei. Die Zauber lösten sich, als die Dunkle Königin sich zurück zog. Tanis erhob sich, gemeinsam mit Sturm und Caramon beendete er den Kampf, noch bevor Raistlin die Schwäche abgeschüttelt hatte. Schwer stützte sich der Magier auf seinen Stab, als er sich schwankend erhob. Tanis, Caramon und Sturm standen keuchend um den gefallenen Drachenfürsten, unendlich erleichtert und auch ein wenig überrascht über den Ausgang des Kampfes.
Raistlin humpelte zu ihnen, die Krämpfe hatten seine Muskeln verhärtet und ihn ausgelaugt. Er hielt hinter Tanis, streckte unwillkürlich die Hand aus. Er beherrschte sich, bevor er etwas so Sentimentales wie eine Umarmung ausführte, nur um sich zu vergewissern, dass der Halb-Elf tatsächlich überlebt hatte.
Der Blick seiner Stundenglasaugen hatte sich wieder verändert. Tanis stand vor ihm, das Haar gewohnt braun mit einigen grauen Strähnen, der Ansatz von Falten im Gesicht, der rötliche Bart nahezu leuchtend. Raistlin schnappte nach Luft, unwillkürlich hatte er den Atem angehalten und klammerte sich an seinen Stab. Caramon erschien an seiner Seite, stützte ihn und sprach auf ihn ein. Raistlin konnte ihn kaum hören über das Rauschen in seinen Ohren. Er musste sich beherrschen. Er durfte die endlose Erleichterung nicht Herr seiner selbst werden lassen. Tanis zog besorgt die Brauen zusammen, er schien etwas sagen zu wollen...
„Bring mich zum Lager“, fauchte der Magier Caramon an und packte seinen Bruder am Arm. Caramon schien Raistlin für schwächer zu halten als er war und trug ihn halb. Nur fort von Tanis und der Frage, warum ihm erst jetzt wirklich bewusst geworden war, dass mehr als die Welt an sich auf dem Spiel stand. Tanis war seine Welt und heute hatte er ihn fast verloren. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Raistlin spürte das Flüstern der Dunklen Königin in sich und die Macht, die sie ihm versprach.
Eine Bewegung neben ihn riss ihn aus den Erinnerungen, holte ihn aus feurigem Drachenkampfplatz in die kühle Nachtluft des Tales zurück.
Tanis.
Der Halb-Elf hatte sich neben ihm auf dem Baumstamm nieder gelassen, fast berührten sie sich. Der Wind drehte, es wurde kühler. Eisige Böen bissen in Raistlins Haut, krochen unter seine Roben und ließen ihn zittern. Dennoch schien von Tanis eine Hitze auszugehen, die Raistlin von innen heraus wärmte. Ihn so nah zu sehen, seinen langsamen Zerfall zu beobachten... Raistlin weigerte sich, die Erleichterung zu fühlen, die es mit sich brachte, Tanis lebend zu sehen.
„Was siehst du im Süden?“, fragte Tanis plötzlich und fast hätte Raistlin aufgelacht. Was für ein Auftakt für ihr erstes Gespräch, nachdem sie alle beinahe gestorben wären...
Wie so oft wurde sein Blick von Tanis' Augen angezogen, bevor er sich zusammenriss und wieder in den Wald starrte. „Was soll ich schon sehen mit meinen Augen, Halb-Elf?“, erwiderte er. Bitterkeit stieg in ihm auf. Er musste seine törichte Schwärmerei in den Griff bekommen. Ich sehe Tod, Tod und Zerstörung. Ich sehe Krieg. Die Konstellationen haben sich nicht geändert. Die Königin der Finsternis ist nicht besiegt.“
Er konnte sie flüstern hören. Dieses Mal war es nicht Macht, die sie ihm versprach. Sie wisperte von Tod und Verlust, wie er alle verlor, die ihm etwas bedeuteten. Was sie tun konnte, um dies zu verhindern. Wie aus weiter Ferne hörte er das Ende von Tanis' Antwort.
„Wir haben vielleicht nicht den Krieg gewonnen, aber auf alle Fälle haben wir eine große Schlacht...“
Unwirsch schüttelte Raistlin den Kopf, er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Tanis missverstand seine Reaktion als Ablehnung und fragte: „Hast du keine Hoffnung?“
Er klang dabei so.. menschlich. Beinahe hätte Raistlin erneut gelacht. Hoffnung. Was war schon Hoffnung für jemanden, in dessen Augen alles starb? Wenn jemand um die Vergänglichkeit allen Seins wusste, dann der Magier.
„Hoffnung ist die Leugnung der Wirklichkeit“, erwiderte er bitter und bewunderte die Mehrdeutigkeit seiner Antwort. Was, wenn nicht Hoffnung hatte ihn dazu bewogen, Tanis so lange zu begleiten. Ihm wieder und wieder in die Gefahr zu folgen, weil er es nicht ertrug, ihn sterben zu sehen. Er fügte ein Gleichnis über ein Pferd und eine Möhre hinzu, damit Tanis ja nicht auf die Idee kam, ihn zu durchschauen. Die düsteren Gedanken überrollten Raistlin und Hoffnungslosigkeit breitete sich in ihm aus. „Wie willst du die Drachen bekämpfen, Tanis? Denn es werden noch mehr kommen! Mehr als du dir vorstellen kannst! Und wo ist jetzt Huma? Wo ist jetzt die Drachenlanze? Nein, Halb-Elf.“ Plötzlich ertrug er es nicht mehr, Tanis' Namen auszusprechen. Tanis, der menschliche Name, der ihn soviel nahbarer wirken ließ, als er es war. Ihm entging das leichte Zucken angesichts der unpersönlichen Benennung nicht. Bleierne Müdigkeit stieg in Raistlin auf und zum ersten Mal seit langem fürchtete er die Zukunft. Seine Brust brannte.
Raistlin hustete und hüllte sich enger in seinen Umhang. Die Wirkung des Tees ließ nach und der Wind hatte deutlich an Kraft zugelegt. Erschöpft schloss er die Augen. „Erzähl mir nichts von Hoffnung“, beendete er seinen emotionalen Ausbruch flüsternd.
Lange Zeit saßen sie schweigend nebeneinander, jeder in den eigenen Gedanken versunken.
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Stumm saß Raistlin vor seinem reich gefüllten Teller, neben ihm Caramon, der entschlossen schien, sein Gewicht in Fleisch zu sich zu nehmen. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen beobachtete er die ausgelassene Feierlichkeit, Goldmond und Flusswind endlich auch vor den Göttern in alle Ewigkeit vereint. Wahrlich ein Grund zu feiern. Für den Hauch eines Augenblicks versuchte er sich seine Umgebung ohne den Einfluss seiner Stundenglasaugen vorzustellen, doch jahrelange Übung unterdrückte diesen Gedanken sofort. Es lag nur Wahnsinn in dieser Richtung.
Wie so oft in letzter Zeit wanderte sein Blick zu Tanis. Der Halb-Elf beobachtete seinerseits Laurana, welche mit Gilthanas tanzte. Schlagartig wurde Raistlin von jeglichem Appetit verlassen. Lauranas makellose Schönheit blendete ihn, ließ das Essen wie Asche schmecken. Gilthanas, ebenso zeitlos und perfekt. Daneben Tanis, nicht alterslos, ein Erbe seines menschlichen Vaters. Aber doch soviel langsamer zerfallend als Menschen. Er fühlte sich dem Halb-Elfen verbunden auf einer Ebene, die er nicht einmal Caramon zugestand. Seine Brust brannte. Mechanisch nippte er an seinem Kräutertee, der Hustenreiz gelindert für den Moment. Die Schwäche würde später kommen.
Er legte die Gabel nieder und erhob sich. Heute würde er keinen Bissen mehr herunter bekommen. Der rote Mond leuchtete am Nachthimmel, ließ die Schatten in Solinaris Licht tiefer und dunkler wirken. Unauffällig und ungesehen glitt er mit einem letzten Blick auf Tanis fort von der ausgelassenen Versammlung und zog sich in die dunklen Bäume zurück.
Seine Augen gewöhnten sich schnell an das schwache Licht, zeigten ihm zerfallende Bäume und fallende Blätter. Schwer ließ er sich auf einen Baumstumpf nieder, halb auf seinen Stab gestützt.
Seine Gedanken kehrten zu dem finalen Kampf gegen Verminaard zurück. Er hatte Tanis und die anderen gewarnt. Er hatte ihnen gesagt, Verminaard war ein Kleriker der Dunklen Königin. Richtig bewusst war es ihnen wahrscheinlich erst geworden, als er, Raistlin, von zahllosen unsichtbaren Messern zerfleischt, zu Boden gesunken war. Unwillkürlich schauderte er. Die Nachtluft hatte sich so fernab der Feuer empfindlich abgekühlt, die Erinnerung an die unerträglichen Schmerzen ließ ihn frösteln. Er hatte die kalte Hand des Todes gespürt, viel schlimmer, er hatte Tanis sterben sehen.
Wieder und wieder und wieder.
Das braune Haar des Halb-Elfen war in Raistlins Augen stumpf geworden, zerfiel zu grauer Asche. Die braunen Augen fielen tief in ihre Höhlen zurück, bevor der sonst so lebendige Ausdruck in ihnen erstarb. Als Tanis von Verminaards Zauber zu Boden geworfen wurde, hatte ein ganz anderer Schmerz den Magier erfasst – die Gewissheit, jenen zu verlieren, der für ihn einem Gefährten am nächsten kam. Er kämpfte gegen den Zauber der unsichtbaren Klingen an, versuchte einen Weg durch den körperlichen Schmerz zu finden und sich zu konzentrieren, doch wann immer er Aussicht auf Erfolg sah, starb Tanis vor seinen Stundenglasaugen.
Und dann war es plötzlich vorbei. Die Zauber lösten sich, als die Dunkle Königin sich zurück zog. Tanis erhob sich, gemeinsam mit Sturm und Caramon beendete er den Kampf, noch bevor Raistlin die Schwäche abgeschüttelt hatte. Schwer stützte sich der Magier auf seinen Stab, als er sich schwankend erhob. Tanis, Caramon und Sturm standen keuchend um den gefallenen Drachenfürsten, unendlich erleichtert und auch ein wenig überrascht über den Ausgang des Kampfes.
Raistlin humpelte zu ihnen, die Krämpfe hatten seine Muskeln verhärtet und ihn ausgelaugt. Er hielt hinter Tanis, streckte unwillkürlich die Hand aus. Er beherrschte sich, bevor er etwas so Sentimentales wie eine Umarmung ausführte, nur um sich zu vergewissern, dass der Halb-Elf tatsächlich überlebt hatte.
Der Blick seiner Stundenglasaugen hatte sich wieder verändert. Tanis stand vor ihm, das Haar gewohnt braun mit einigen grauen Strähnen, der Ansatz von Falten im Gesicht, der rötliche Bart nahezu leuchtend. Raistlin schnappte nach Luft, unwillkürlich hatte er den Atem angehalten und klammerte sich an seinen Stab. Caramon erschien an seiner Seite, stützte ihn und sprach auf ihn ein. Raistlin konnte ihn kaum hören über das Rauschen in seinen Ohren. Er musste sich beherrschen. Er durfte die endlose Erleichterung nicht Herr seiner selbst werden lassen. Tanis zog besorgt die Brauen zusammen, er schien etwas sagen zu wollen...
„Bring mich zum Lager“, fauchte der Magier Caramon an und packte seinen Bruder am Arm. Caramon schien Raistlin für schwächer zu halten als er war und trug ihn halb. Nur fort von Tanis und der Frage, warum ihm erst jetzt wirklich bewusst geworden war, dass mehr als die Welt an sich auf dem Spiel stand. Tanis war seine Welt und heute hatte er ihn fast verloren. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Raistlin spürte das Flüstern der Dunklen Königin in sich und die Macht, die sie ihm versprach.
Eine Bewegung neben ihn riss ihn aus den Erinnerungen, holte ihn aus feurigem Drachenkampfplatz in die kühle Nachtluft des Tales zurück.
Tanis.
Der Halb-Elf hatte sich neben ihm auf dem Baumstamm nieder gelassen, fast berührten sie sich. Der Wind drehte, es wurde kühler. Eisige Böen bissen in Raistlins Haut, krochen unter seine Roben und ließen ihn zittern. Dennoch schien von Tanis eine Hitze auszugehen, die Raistlin von innen heraus wärmte. Ihn so nah zu sehen, seinen langsamen Zerfall zu beobachten... Raistlin weigerte sich, die Erleichterung zu fühlen, die es mit sich brachte, Tanis lebend zu sehen.
„Was siehst du im Süden?“, fragte Tanis plötzlich und fast hätte Raistlin aufgelacht. Was für ein Auftakt für ihr erstes Gespräch, nachdem sie alle beinahe gestorben wären...
Wie so oft wurde sein Blick von Tanis' Augen angezogen, bevor er sich zusammenriss und wieder in den Wald starrte. „Was soll ich schon sehen mit meinen Augen, Halb-Elf?“, erwiderte er. Bitterkeit stieg in ihm auf. Er musste seine törichte Schwärmerei in den Griff bekommen. Ich sehe Tod, Tod und Zerstörung. Ich sehe Krieg. Die Konstellationen haben sich nicht geändert. Die Königin der Finsternis ist nicht besiegt.“
Er konnte sie flüstern hören. Dieses Mal war es nicht Macht, die sie ihm versprach. Sie wisperte von Tod und Verlust, wie er alle verlor, die ihm etwas bedeuteten. Was sie tun konnte, um dies zu verhindern. Wie aus weiter Ferne hörte er das Ende von Tanis' Antwort.
„Wir haben vielleicht nicht den Krieg gewonnen, aber auf alle Fälle haben wir eine große Schlacht...“
Unwirsch schüttelte Raistlin den Kopf, er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Tanis missverstand seine Reaktion als Ablehnung und fragte: „Hast du keine Hoffnung?“
Er klang dabei so.. menschlich. Beinahe hätte Raistlin erneut gelacht. Hoffnung. Was war schon Hoffnung für jemanden, in dessen Augen alles starb? Wenn jemand um die Vergänglichkeit allen Seins wusste, dann der Magier.
„Hoffnung ist die Leugnung der Wirklichkeit“, erwiderte er bitter und bewunderte die Mehrdeutigkeit seiner Antwort. Was, wenn nicht Hoffnung hatte ihn dazu bewogen, Tanis so lange zu begleiten. Ihm wieder und wieder in die Gefahr zu folgen, weil er es nicht ertrug, ihn sterben zu sehen. Er fügte ein Gleichnis über ein Pferd und eine Möhre hinzu, damit Tanis ja nicht auf die Idee kam, ihn zu durchschauen. Die düsteren Gedanken überrollten Raistlin und Hoffnungslosigkeit breitete sich in ihm aus. „Wie willst du die Drachen bekämpfen, Tanis? Denn es werden noch mehr kommen! Mehr als du dir vorstellen kannst! Und wo ist jetzt Huma? Wo ist jetzt die Drachenlanze? Nein, Halb-Elf.“ Plötzlich ertrug er es nicht mehr, Tanis' Namen auszusprechen. Tanis, der menschliche Name, der ihn soviel nahbarer wirken ließ, als er es war. Ihm entging das leichte Zucken angesichts der unpersönlichen Benennung nicht. Bleierne Müdigkeit stieg in Raistlin auf und zum ersten Mal seit langem fürchtete er die Zukunft. Seine Brust brannte.
Raistlin hustete und hüllte sich enger in seinen Umhang. Die Wirkung des Tees ließ nach und der Wind hatte deutlich an Kraft zugelegt. Erschöpft schloss er die Augen. „Erzähl mir nichts von Hoffnung“, beendete er seinen emotionalen Ausbruch flüsternd.
Lange Zeit saßen sie schweigend nebeneinander, jeder in den eigenen Gedanken versunken.