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Do They Know It’s Christmas?

von Caralia
Kurzbeschreibung
OneshotFamilie, Schmerz/Trost / P16 / MaleSlash
Danny "Danno" Williams Grace Williams Lou Grover Steve McGarrett
18.12.2022
18.12.2022
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Hallo, ihr Lieben!

Auch in diesem Jahr bin ich wieder beim Serienadventskalender von Nessa mit dabei. Dieses Mal wurde uns ein Weihnachtssong zugelost, den wir in unserem Beitrag in irgendeiner Form verewigen sollten. Ich hatte das Glück und habe "Do They Know It's Christmas" von Band Aid erwischt - ein Song, der so wundervoll zeitlos ist und immer eine wichtige Botschaft haben wird.

Deshalb gibt's von mir heute von allem etwas: Herzschmerz, eine Prise Drama und ein großes Bisschen Weihnachtskitsch. <3


Viel Spaß beim Lesen!



***



Do They Know It’s Christmas?






Oktober 2010



Danno quetschte sich mit mir auf die Tribüne, auf der so viele Menschen jubelten und klatschten. Ich war aufgeregt, denn Danno wollte mir endlich seine Arbeitskollegen vorstellen. Er hatte mir erklärt, dass es andere Menschen waren als vorher. Danno war immer noch ein Polizist, aber ein ganz besonderer. Er und seine Kollegen beschützten Hawaii vor den richtig bösen Menschen.

Ich mochte Dannos Kollegen sofort.

Chin und Kono waren Cousin und Cousine, obwohl Chin viel älter aussah. Er lachte viel und erzählte mir einen Witz über Delfine, bevor das Spiel begann. Kono begrüßte mich mit einem breiten Lächeln. Irgendwie wirkte sie überhaupt nicht wie eine Polizistin – aber Danno hatte mir vorher schon erzählt, dass Kono zwar jung, aber echt gut war.

Und dann war da noch Steve. Danno schimpfte immer über ihn, und ich hatte ihn einmal gefragt, warum er dann mit Steve zusammen arbeitete. Daraufhin hatte Danno nur gelacht und gemeint, wenn ich Steve kennenlernte, würde ich es wissen. Ich hatte das nicht wirklich verstanden – bis ich Steve traf. Er war groß, viel größer als Danno, und ich könnte mich hinter ihm bestimmt gut verstecken.

Aber das war es nicht.

Steve grinste mich an, zwinkerte mir zu und gab mir die Hand. Ich brachte kein Wort heraus, konnte ihn einfach nur mit großen Augen angucken. Als ich den leichten Druck seiner Hand an meiner eigenen spürte, kam es mir vor, als würde ein heißer Strahl aus Licht und Wärme direkt in mein Herz schießen. Ich fragte mich, ob ich dasselbe fühlte wie Nala, als sie Simba nach all den Jahren endlich wieder sieht.

Aber ich konnte mich doch nicht in Dannos Kollegen verliebt haben, oder?



Später begriff ich, dass meine Gefühle für Steve denen für Danno ähnelten.



Und noch später wurde mir klar, dass Danno Nala und Steve Simba war.







Heute – Dezember 2019



Eine leichte Berührung an meiner Schulter reichte, um mich aus dem Halbschlaf zu reißen. Kurz blinzelte ich aufgrund der Helligkeit, doch meine Augen gewöhnten sich schnell an das grelle, vertraute Weiß der Krankenhausbeleuchtung. Woran ich mich wohl nie gewöhnen würde, waren diese unbequemen Positionen, in denen ich mit erstaunlicher Regelmäßigkeit einzuschlafen pflegte.

„Wozu hast du hier eigentlich ein Bett, wenn du es nicht benutzt?“, fragte Lou mich seufzend und half mir, mich aufzurichten. Irgendwie hatte ich es geschafft, meinen Oberkörper so zu drehen, dass ich halb auf beiden Krankenhausbetten lag. Na ja, wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die sowieso durch ein breiteres Bett ersetzt. Immerhin hatte mir die Oberschwester erlaubt, die beiden Betten näher zusammenzuschieben – jedenfalls so nah, wie es diese verfluchten piepsenden Geräte erlaubten.

„Ich wollte dort schlafen, ehrlich“, entgegnete ich und ließ mich von Lou, der mir die Hand reichte, vollends auf die Beine ziehen. „Ich habe ihnen gestern Abend noch vorgelesen, muss wohl eingeschlafen sein.“

Lou schaute mich mit durchdringendem Blick an.

„Grace, du kennst unseren Deal“, sagte er bestimmt. „Du kannst hier so viel Zeit verbringen, wie du willst, aber du darfst dein Leben – vor allem die Schule – nicht vernachlässigen. Deine Mom bringt mich um, wenn du an Weihnachten wie ein blasses Gespenst vor ihr stehst, weil du kein Tageslicht mehr siehst.“

Ich konnte Lous Sorge verstehen – schließlich hatte ich vor einigen Monaten so lange gebettelt, bis Mom zugestimmt hatte, dass ich auf O’ahu bleiben durfte. Sie selbst war mit meinem kleinen Bruder Charlie zu Stan nach Los Angeles gezogen, der dort in ein erfolgreiches Immobilienunternehmen eingestiegen war. Ich wusste nicht genau, wie das abgelaufen war, aber Lou hatte für mich vorübergehend die Vormundschaft übernommen, so lange ich noch nicht volljährig war – und so lange meine Elternteile dazu nicht in der Lage waren.

Und obwohl ich das alles wusste und ich Lou verdammt dankbar für alles war, was er und Renee in den letzten Monaten für mich getan hatten, brannten bei mir bei dem Wort Weihnachten alle Sicherungen durch.

„WEIHNACHTEN IST MIR SO WAS VON SCHEISSEGAL!“, brüllte ich und stürmte an Lou vorbei auf die andere Seite des Krankenzimmers.

Lou wollte etwas erwidern, doch ich ließ ihn nicht.

„Und wenn ich Mom weiß wie eine Wand unter die Augen trete, das kümmert mich nicht!“, setzte ich nach, mäßigte allerdings meine Lautstärke – schließlich befanden wir uns in einem Krankenhaus. „Weihnachten ist das Fest der Liebe, oder? Was soll ich damit, wenn die beiden Menschen, die aus Liebe zu mir fast gestorben wären, hier sind, die an diesen dicken Schläuchen hängen? Ich weiß nicht mal, ob sie spüren, dass ich hier bin. Wissen sie überhaupt, dass bald Weihnachten ist?“

Völlig erschöpft, obwohl ich gerade erst aufgewacht war, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Es stand an der gegenüberliegenden Wand, neben meinem Schreibtisch – okay, er gehörte dem Krankenhaus – und einer Kommode, die mir als Kleiderschrank diente. Ich hatte zwar mithilfe von Fotos, Dekoartikeln und Postern alles dafür getan, es hier ein bisschen wohnlich aussehen zu lassen, aber das alles konnte die Realität nicht verstecken.

Als ich neben mir auf der Matratze ein Gewicht spürte, bemerkte ich, dass ich unbewusst die Augen geschlossen hatte.

„Es ist unfair, Gracie“, sagte Lou leise. „Du bist siebzehn Jahre alt. Du solltest dein Abschlussjahr genießen, auf Partys gehen, deinen Dad mit deinen Zickereien zur Weißglut treiben. Danny und Steve sollten mit dir nach Colleges suchen, nicht ich. Und ihr solltet auch gemeinsam Weihnachten feiern können, da hast du recht.“

Er tastete nach meiner Hand und drückte sie.

„Soll ich die Schwestern fragen, ob wir hier ein bisschen schmücken dürfen?“, fragte er.

Endlich öffnete ich die Augen und konnte Lous Lächeln sehen. Prompt tat es mir leid, dass ich laut geworden war.

„Ja, gerne“, sagte ich und schaffte es sogar, zurückzulächeln. Vielleicht würde ich Lou eines Tages erzählen, was mir Weihnachten wirklich bedeutete.





Dezember 2016, Heiligabend



„Ihr seid super komisch, wisst ihr das?“, sagte ich und zog eine Augenbraue hoch. „Wollt ihr mir vielleicht irgendetwas sagen?“

Schon eine ganze Weile stand ich in der Küche und sah dabei zu, wie Danno und Steve das Essen vorbereiteten. Als wäre es nicht sowieso schon merkwürdig genug, dass sie darauf bestanden hatten, Heiligabend zu dritt zu verbringen. Aber meinen Dad und Onkel Steve beim Kochen zu beobachten, ohne dass die zwei sich kabbelten, passte irgendwie so gar nicht in mein Weltbild.

„Ich hab dir gesagt, sie merkt was“, meinte Steve lachend, während er die Steaks aus der Pfanne holte und auf einen großen Teller lud.

Danno grinste.

„Dabei hab ich mich so angestrengt, nett zu dir zu sein. Vielleicht war das der Fehler.“

Er stellte die Fritteuse aus und drückte mir die Salatschüssel in die Hand.

„Alles zu seiner Zeit, Gracie“, sagte er, wobei er schon wieder diesen verklärten Gesichtsausdruck bekam, mit dem er seit einigen Monaten herumlief. „Bringst du das schon mal rüber?“

Ich nahm die Schüssel und wollte gerade fragen, ob bei ihm eine Schraube locker war, als er sich schon wieder umdrehte, um die Pommes aus der Fritteuse zu holen. Schulterzuckend brachte ich die Schüssel zum Esstisch, den Steve im Garten aufgebaut hatte. Das war wirklich das Coolste daran, auf O’ahu zu leben – auch an Weihnachten war Sommer. Ich wusste, dass Danno New Jersey vermisste, aber ich liebte meine neue Heimat einfach.

Als Steve und Danno auch endlich nach draußen kamen, kicherten die beiden wie Teenager.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

„Also echt jetzt, ihr habt doch was. Erzählt mir nicht, euch fällt es so schwer, mir nicht zu verraten, was ihr mir zu Weihnachten schenkt.“

Prüfend sah ich die beiden an und versuchte dabei, ein bisschen wie Onkel Steve zu gucken, wenn er unbedingt etwas wissen wollte.

Danno und Steve, die mir gegenüber saßen, sahen sich an.

„Gib’s zu, sie ist doch von mir, Babe“, sagte Steve grinsend.

Danno zuckte mit den Schultern.

„Muss wohl, von mir hat sie diese penetrante Neugier jedenfalls nicht.“

Bevor ich auch nur ansatzweise realisieren konnte, was das Geplänkel der beiden bedeuten könnte, bekam ich die Antwort auf meine Frage auf dem Silbertablett serviert: Danno und Steve küssten sich vor meinen Augen.

Viele Trennungskinder wären an meiner Stelle vermutlich wütend abgerauscht, wenn ihr Dad plötzlich eine andere Person als ihre Mutter – noch dazu einen Mann – küsste. Aber alles, was ich denken konnte, als ich sah, wie Steve Danno sanft im Nacken kraulte, während sie sich küssten, war: ‚Na endlich!‘

Und plötzlich begriff ich, dass es das war, was ich vor über sechs Jahren gespürt hatte, als ich Danno und Steve das erste Mal zusammen erlebt hatte: echte Liebe. Die beiden liebten sich wahrhaftig.

„Hey, Gracie, alles in Ordnung?“

„Du weinst ja, Grace! Oh, Mist, wir hätten es dir schonend sagen sollen, oder?“

Ich hatte weder bemerkt, dass mir Tränen übers Gesicht liefen, noch, dass Danno und Steve mit dem Küssen aufgehört hatten. Stattdessen sahen sie mich so besorgt an, wie es wohl nur Väter konnten.

„Das sind Freudentränen, Danno, keine Sorge“, erwiderte ich lachend. „Wie lange geht das denn schon?“

„Ähm“, kam es unisono.

„Ein paar Jahre?“, half ich ihnen.

Steve grinste.

„Du warst immer schon so vorlaut, wie du klug bist, Gracielein. Dann weißt du wahrscheinlich auch, dass du jetzt nicht mehr aus der Zwei-Dads-Nummer herauskommst, oder?“

Ich antwortete absichtlich nicht sofort, sondern pickte mir mit der Gabel ein Steak von dem großen Teller. Dann nahm ich die extrascharfe Barbecuesoße – Steves Lieblingssoße –, ließ einen großen Klecks auf mein Steak laufen und verstrich diesen gründlich mit dem Messer. Zuletzt drapierte ich noch ein paar Chiliflocken auf dem Steak, schnitt mir ein mundgroßes Stück zurecht und aß dieses genüsslich auf.

Danno und Steve hatten währenddessen keinen Finger gerührt, sondern meine Bewegungen mit den Augen verfolgt.

„Steve, sie isst ihr Steak genau wie du!“, sagte Danno etwas perplex. „Und es schmeckt ihr auch noch.“

Ich grinste.

„Noch irgendwelche Fragen, Danno und Nicht-mehr-Onkel-sondern-Daddy-Steve?“

Während Steve anscheinend noch eine Weile brauchte, um zu verdauen, von mir ‚Daddy‘ genannt zu werden (zumindest seinem etwas verblüfften Gesichtsausdruck nach zu urteilen), beschloss ich insgeheim, dass Heiligabend unser Familien-Jahrestag werden würde.



*




Heute – Dezember 2019



Das Erste, was er bewusst wahrnahm, war diese verdammte Helligkeit. Er konnte nichts sehen – vermutlich hatte er die Augen noch geschlossen –, doch es war so hell, dass es fast schon schmerzte. Instinktiv beeilte er sich, seine Gedanken auf etwas anderes, weniger Schmerzhaftes zu fokussieren. Er lag anscheinend in einem Bett, das sich relativ weich anfühlte. Also konnte er schon mal nicht in Steves Bett liegen, denn das war so hart, dass er dort regelmäßig mit Rückenschmerzen aufwachte. Lag er vielleicht in seinem eigenen Bett? Nein, Moment, er war doch vor einer Weile bei Steve eingezogen, oder? Verflucht, sein Zeitgefühl ließ ihn auch gerade im Stich. Wie lange hatte er geschlafen? Und weshalb brauchte er eigentlich so lange zum Aufwachen?

Irgendetwas stimmte nicht. So langsam konnte er zwar seinen ganzen Körper spüren, aber so richtig wach war er nicht. Oh je, das konnte nur bedeuten, dass er wieder mal im Krankenhaus lag und die Narkosemittel noch nicht ganz aus seinem Körper raus waren. Was war passiert? Verflucht, die Erinnerung war vielleicht neblig! Okay, der Reihe nach. Was war das Erste, woran er sich erinnerte?

Steve. Natürlich. Er war neben Steve aufgewacht – was eine Seltenheit war, obwohl sie inzwischen seit ein paar Jahren zusammen waren. Doch sein Freund war – im Gegensatz zu ihm – ein absoluter Morgenmensch; normalerweise hatte Steve bereits sein ganzes Fitnessprogramm durchgezogen, bevor der Wecker klingelte. Steve hatte also noch geschlafen und er konnte ihm dabei zugucken, wie er langsam wach geworden war.

Und dann? Er hatte Steve gerade davon überzeugt, Schwimmen und Joggen gegen eine viel schönere Sportart einzutauschen, als der Anruf gekommen war.

Es war ein Amoklauf gemeldet worden.

An der Kalani High School.

Grace High School.

GRACE!

Panik ergriff ihn, als er an seine Tochter dachte, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben. Er war im Krankenhaus, das hieß, es war bereits vorbei. Sie hatten Grace gerettet, oder? Natürlich, es musste so sein, schließlich war er mit Steve sofort zur Kalani High gerast. Steve, sein Freund, sein Super-Neandertaler-SEAL, hatte Grace gerettet, ganz bestimmt. Sie war wie eine Tochter für ihn, er würde alles für sie tun, sogar sein Leben geben.

Nein.

Er lebte doch noch, oder?

Scheiße, wenn er sich nur erinnern könnte!

Als er mit Steve an der Kalani High angekommen war, hatte das halbe HPD das Gebäude bereits umstellt. Noch während der rasanten Fahrt – über die er sich ausnahmsweise mal nicht beschwert hatte – hatte Jerry sie bereits auf den aktuellsten Stand gebracht. Offenbar hatte sich eine der Lehrerinnen in einem Lüftungsschacht versteckt, von wo aus sie den Notruf gewählt hatte. Der Täter war ein 19-jähriger Teenager namens Evan O’Riley, ein Schulabbrecher der Kalani High. Aufgrund seiner Recherche vermutete Jerry, dass Evan mit dem Amoklauf Gerechtigkeit für seine Mutter erreichen wollte. Diese war Lehrerin an der Kalani High gewesen und wurde verdächtigt, sich an ihren Schülern vergangen zu haben. Am Tag zuvor hatte sie sich in ihrer Zelle erhängt.

Alles, was nach ihrer Ankunft an der Kalani High passiert war, war weg.

So eine verfluchte Scheiße, er musste wissen, was mit Grace und Steve war! Warum dauerte es nur so lange, bis die Narkosemittel ihre Wirkung verloren? Er musste irgendwie auf sich aufmerksam machen. Vielleicht konnte er doch schon die Augen öffnen? Ups, nein, ganz schlechte Idee. Wenn er das noch mal versuchte, würde er garantiert blind werden.

War überhaupt jemand in seiner Nähe? Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich noch gar nicht auf die Geräusche um sich herum konzentriert hatte. Da war das typische Piepen des Überwachungsmonitors – in zweifacher Ausführung. Gott, er hatte nicht einmal ein Einzelzimmer?!

Dann war da eine Stimme. Er musste sich anstrengen, um sie zu verstehen, um das Gesagte zu verarbeiten.

„Oh, Daddy, ich bin so froh, dass du wach bist! Das ist wirklich ein Weihnachtswunder.“

Daddy.

Neben ihm lag offenbar ein Elternteil, das endlich –

Moment!

Die Stimme!

Das war doch Grace’ Stimme, oder nicht? Hatte sie bemerkt, dass er langsam wach wurde? Aber Grace hatte ihn noch nie Daddy genannt.

STEVE.

Grace nannte Steve Daddy!

Steve lebte!

Aber … Was hatte Grace gesagt? Steve war auch gerade erst wach geworden? Und hatte sie es als Weihnachtswunder bezeichnet? Das war doch unmöglich, sie hatten doch erst Juni. Grace hatte ihn und Steve doch in den letzten Wochen andauernd mit ihren Plänen für die Party am vierten Juli genervt, die sie ausrichten wollte. Steve hatte die große Befürchtung gehabt, danach das Haus renovieren zu müssen.

Jetzt hörte er ein tiefes Gemurmel. Ob Steve Grace gerade antwortete?

Vielleicht sollte er so langsam mal auf sich aufmerksam machen. Räuspern wäre doch gut.

… oder auch nicht.

Verdammt, was steckte da in seinem Hals?

Konnte Grace ihn nicht hören?

„Danno?“

Plötzlich war sie viel näher, er konnte fühlen, wie sich eine Hand an seine Wange legte. Ja, so roch nur seine Grace.

„Gott, ich glaub’s nicht, du bist auch wach?“

Natürlich, schon eine ganze Weile. Wieder versuchte er, zu husten, doch es klappte nicht. Blinzeln war auch immer noch keine gute Idee. Konnte Grace nicht sehen, dass er Schwierigkeiten hatte?

„Beruhig dich, Danno, ich habe den Knopf gedrückt. Es kommt gleich jemand.“

Grace’ Stimme zitterte, als ob sie geweint hätte. Das hatte sie vermutlich auch – kein Wunder, wenn sie um Steve und ihn hatte bangen müssen. Schlimm genug, dass sie einen Amoklauf hatte miterleben müssen, aber stundenlang auf irgendwelchen Krankenhausfluren zu sitzen, während ihre Väter operiert wurden, musste furchtbar für sie gewesen sein.

„Mr. Williams?“

Die Stimme kannte er nicht.

„Mr. Williams, mein Name ist Dr. Danielle Gibbs, ich bin Ihre behandelnde Ärztin. Wenn Sie mich hören können, drücken Sie bitte meine Hand.“

Er tat Dr. Gibbs den Gefallen. Diese verschwendete anschließend keine Zeit, denn im nächsten Moment war das Ding in seinem Hals verschwunden und er hustete sich fast die Seele aus dem Leib. Irgendjemand hatte außerdem die Beleuchtung gedimmt, sodass er endlich die Augen öffnen konnte. Es dauerte ein bisschen, doch dann nahmen die beiden verschwommenen Gestalten, die neben seinem Bett standen, Form an.

Sobald er Grace erkannte, streckte er seine Hand nach ihr aus. Sie ließ sich nicht zweimal bitten und setzte sich auf die Bettkante.

„Oh, Danno, ich bin so glücklich!“, flüsterte sie, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen.

„Gr-ace!“, presste er hervor und hustete schon wieder. Verdammt!

„Ruhig, Mr. Williams“, mischte sich die andere Person – die dann wohl Dr. Gibbs sein musste – ein. „Das Sprechen wird Ihnen in den nächsten Stunden noch schwerfallen. Ihre Tochter erkennen Sie schon mal, das ist ein gutes Zeichen. Was ist das Letzte, woran Sie sich erinnern können?“

„A-mokl-auf. Sch-ule. St-eve. STEVE!“

Steves Namen brüllte er fast, da es ihn aufregte, nicht normal sprechen zu können.

„Bin hier, Babe“, kam es von rechts. „Alles gut.“

Mit aller Kraft drehte er den Kopf nach rechts und blickte geradewegs in die haselnussbraunen Augen, die er so sehr liebte. Steves Bett stand ganz nah an seinem, sodass er seine freie Hand – die andere wurde immer noch von Grace umklammert – nach seinem Freund ausstreckte. Als sie die Hände ineinander verschränkten, wurde er ruhiger. Jetzt, wo er seine Familie spüren konnte, war alles in Ordnung.

„Mr. Williams?“

Nur widerwillig lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Ärztin.

„Ich möchte Sie nicht zu sehr überfordern, aber Sie sollten wissen, dass Sie gerade aus dem Koma erwacht sind“, erklärte Dr. Gibbs. „Genauer gesagt, sind Sie und Ihr Partner gerade erwacht, was – da muss ich Ihrer Tochter zustimmen – absolut ein Weihnachtswunder ist. Aus medizinischer Sicht hat hierfür jedenfalls keine große Chance bestanden.“

Schon wieder dieses Wort.

Weihnachtswunder.

„Weihnachten?“

Das war Steve, der ihm die Frage aus dem Mund genommen hatte.

Dr. Gibbs räusperte sich.

„Nun ja, wissen Sie, Mr. Williams, Mr. McGarrett … Heute ist der 18. Dezember. Sie lagen beide ein gutes halbes Jahr im Koma.“



*




Heute – Dezember 2019, Heiligabend



„Die Decke ist viel zu weiß“, stellte ich fest. „Ich würde jetzt lieber den Sternenhimmel bei uns im Garten sehen.“

„Stell’s dir doch einfach vor, Gracie“, schlug Steve vor.

„Ha, ha“, machte Danno, was mich zum Kichern brachte.

Dass wir Weihnachten im Krankenhaus verbringen mussten, war zwar blöd – aber es war nachvollziehbar, da die beiden immerhin erst vor knapp einer Woche aus dem Koma erwacht waren. Also hatten wir beschlossen, das Beste aus der Situation zu machen und Five-0 für morgen in die Krankenhaus-Cafeteria eingeladen. Heute, am Heiligabend, allerdings, gab es nur uns drei.

Als Danno und Steve heute Morgen endlich von den Überwachungsmonitoren erlöst worden waren, hatte ich die Gelegenheit ergriffen und die Betten richtig zusammengeschoben. Nun lag ich zwischen meinen Vätern in der Ritze, aber das störte mich überhaupt nicht. Ich war so froh, die beiden lebend bei mir zu wissen.

Auf Dannos Drängen hin hatte ich ihnen vor einigen Tagen von dem Amoklauf erzählt, vor allem davon, wie die zwei mich und meine Freundinnen gerettet hatten. Vielleicht war es ein Segen, dass sie sich nicht daran erinnern konnten. Es reichte schließlich, wenn ich Albträume davon hatte, wie Steve sich vor mich warf und die Kugel abfing, die ihn eine Niere gekostet hatte. Oder davon, wie Danno mit dem Amokläufer kämpfte und schließlich mit ihm durch ein Fenster aus dem zweiten Stock auf den Schulhof stürzte.

„Sagt mal, habt ihr im Koma eigentlich irgendetwas mitbekommen?“, fragte ich unvermittelt, um mich von den düsteren Gedanken abzulenken.

„Ich hab gespürt, dass ihr beide da wart“, sagte Steve und ich musste lächeln.

„Ja, so war’s bei mir auch“, stimmte Danno zu. „Und ich glaube, dich schreien gehört zu haben, Gracie. Oder habe ich das geträumt?“

Ich überlegte.

„Ach, das war ein paar Tage, bevor ihr aufgewacht seid. Lou hatte Weihnachten erwähnt und ich habe mich gefragt, ob ihr wisst, dass Weihnachten ist. Für mich … für uns ist das doch viel mehr als für andere.“

Noch bevor ich geendet hatte, fühlte ich, wie Danno und Steve jeweils nach meiner Hand tasteten. Mir wurde warm ums Herz, weil dies mal wieder bewies, wie perfekt sie zueinander – und zu mir – passten. Ich nahm ihre Hände und führte sie auf meinem Bauch zusammen, legte meine darüber.

„Ihr habt es gewusst“, sagte ich überzeugt. „Schließlich seid ihr aufgewacht.“

„Na klar“, erwiderte Steve. „Niemals hätten wir unseren Jahrestag versäumt. Ich liebe euch – mehr als alles andere auf der Welt.“

Dannos und mein Liebesschwur war ebenso kitschig wie Steves, aber das war okay.

Weihnachten war das Fest der Liebe, und in dieser war doch bekanntlich alles erlaubt.
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