Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

7 Dinge

Kurzbeschreibung
SammlungAllgemein / P18 / Gen
27.11.2022
26.03.2023
5
9.525
1
Alle Kapitel
1 Review
Dieses Kapitel
1 Review
 
27.11.2022 1.291
 
Ziehung: November 2022 (gezogen von mir)

Genre: Romantik (P 6)

Begriffe: Eile, Antenne, Werbung, Meerjungfrau, Prinz/Prinzessin, Vampir, Tattoo

Das Pendant von AmayaMikealson: Kindheitsträume : https://www.fanfiktion.de/s/6383cbd1000df455116cdb6b/2/7-Dinge



Letztes Jahr um diese Zeit

In aller Eile rannte ich die Treppe zu meinem Büro hinauf.
Ich war eindeutig viel zu spät und hoffte inständig, dass mein Chef mein Fehlen noch nicht bemerkt hatte.
Völlig außer Atem stieß ich die Tür auf und hechtete an meinen Arbeitsplatz.
Meine Kollegin und mittlerweile gute Freundin Theresa, starrte mich erschrocken an und begrüßte mich mit einem:"Entspann dich. Der Chef ist heute nicht im Haus."
Erleichtert atmete ich auf und begann damit meinen Stuhl zurecht zu rücken und den Rechner hoch zu fahren.
"Entschuldigung", antwortete ich ihr,"aber nach seinem Ausraster letzte Woche, wäre heute vermutlich eine Abmahnung für mich dabei rum gekommen, wenn er gemerkt hätte, dass ich schon wieder zu spät bin."
Theresa hielt mir eine dampfende Tasse Kaffee vor die Nase, die sie gerade eingeschenkt hatte, tätschelte mir mit übertriebener Mitleidsmiene die Schulter und ging dann zu dem kleinen, pinken Radio, dass ich uns für die Arbeit besorgt hatte.
Es stand auf einem Tischchen, neben einem bonbonfarbenen Blumenstrauß.
Jeden Tag, wenn ich zur Arbeit kam war ich aufs neue dankbar dafür, dass wir uns gemeinsam ein Büro teilen konnten. Nur sie und ich. Dekoriert nach unserem Geschmack. Wie eine Miniversion des Barbietraumhauses, das wir beide uns wohl nie würden Leisten können.
"Mit etwas Musik, läuft die Arbeit gleich besser", sagte meine Kollegin und fingerte an der ausziehbaren Antenne herum um einen einigermaßen guten Klang empfangen zu können.
"20% auf alle Küchenmöbel. Nur heute in der Filiale ihres Vertrauens!" dröhnte die vertraute Werbestimme aus den kleinen Boxen.
Ich musste lachen.
"Ja ja... von wegen Musik. Werbung. Den ganzen Tag nichts als Werbung."
"Mensch, bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden oder was?", wollte Theresa wissen und warf mir einen missmutigen Blick zu.
Ich winkte ab und begann mit meiner Arbeit.
"In drei Tagen ist es wieder soweit. Unser alljährliches Halloweenspektakel in der TUI Hall, steht in den Startlöchern! Die Tickets sind bereits seit Wochen ausverkauft, doch noch haben Sie die Chance vier Tickets zu gewinnen. Rufen sie jetzt an und verpassen sie auf keinen Fall das Event des Jahres."
"Schon krass, dass das jetzt schon ein Jahr her ist", warf Theresa ein.
"Ja allerdings", antwortete ich.
Ich zog die Schublade meines Schreibtisches auf um nachzusehen, ob unsere Tickets noch an ihrem Platz lagen. Jeden Morgen kontrollierte ich, wie unter Zwang, dass sie nicht plötzlich wie von Zauberhand verschwunden waren.
"Ich freue mich schon richtig", grinste meine Kollegin über beide Ohren.
"Ich mich auch."
Letztes Jahr hatte ich bei diesem Event mit ihr gemeinsam so viel Spaß gehabt. Die Gäste hatten alle unfassbar kreative Kostüme gehabt und es war eine Bombenstimmung gewesen. Livemusik und kostenloser Alkohol, die ganze Nacht. Gut, wenn ich daran dachte, dass ich für eine Karte fast zweihundert Euro hinlegen musste, war der Alkohol doch nicht ganz so kostenlos gewesen, aber es hatte sich auf jeden Fall gelohnt.
Abgesehen aber von dem Spaß, den wir gehabt hatten, war an diesem Abend noch etwas passiert. Ich hatte einen Mann getroffen, der mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen war.
Als ich ihn vor einem Jahr an dieser Bar gesehen hatte, sein Blick, sein Lächeln... hatte ich gewusst: das ist diese Liebe auf den ersten Blick, von der man in schnulzigen Liebeskomödien immer hört.
Er ein Vampir, ich eine Meerjungfrau.
Bei der Erinnerung daran musste ich schmunzeln. Selbst in meinen eigenen Gedanken klang es absolut kitschig, kindisch, naiv, aber er hatte ausgesehen wie ein dunkler Prinz aus einer anderen Welt. Ich hatte kein einziges Wort mit ihm gesprochen. Wir hatten nur diesen kurzen Moment gehabt, indem wir uns über tanzende, trinkende und lachende Menschen hinweg in die Augen gesehen hatten.
Ich sah ihn, er sah mich.

Dann hatte Theresa mich weg gezerrt, weil ihr furchtbar schlecht geworden war und wir auf die Toilette rennen mussten, damit sie sich nicht vor aller Augen übergeben musste.
Nur dieser eine Moment und doch hatte ich seinen Blick bis heute nicht vergessen. Ich erinnerte mich ganz genau an das auffällige Tattoo an seinem Hals, seine dunklen Haare, seine Augen und dieses verschmitzte, Lausbubengrinsen auf seinen Lippen. Ich träumte oft von ihm und wenn ich jetzt an ihn dachte schlug mein Herz mir wieder bis zum Hals.
Ich hatte Theresa von ihm erzählt und hatte geglaubt, sie würde mich auslachen, doch stattdessen hatte sie uns diese zwei Tickets organisiert und gesagt:"dieses Jahr finden wir ihn wieder."

"Es gibt allerdings nicht nur diese vier Tickets zu gewinnen. Nein, ihr habt richtig gehört..." riss der Moderator der Radioshow mich aus meiner Erinnerung ,"wir haben heute einen Gast im Studio, der letztes Jahr mit uns Halloween gefeiert hat. Dieser junge Mann ist heute mit einer ganz besonderen Botschaft und einer Eintrittskarte im Schlepptau gekommen. Also Kev, du hast das Wort."
Man hörte ein nervöses Räuspern, ein tiefes Atmen, dann eine sehr männliche, warme Stimme:
"ich weiß gar nicht genau wie ich anfangen soll. Letztes Jahr auf dieser Feier habe ich eine Frau getroffen - Obwohl getroffen ist eigentlich zu viel gesagt. Ich habe sie gesehen. Sie war als Meerjungfrau verkleidet und trug ein unverwechselbares Diadem aus Perlen und Muscheln."
Ich stockte. Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus und ich hörte augenblicklich auf zu tippen aus Angst ich könnte etwas falsch verstehen oder überhören.
"Sie stand an der Bar und hatte sich einen Cocktail bestellt. Als sie sich umgedreht hat, haben sich unsere Blicke getroffen. Ich bin mir ganz sicher, dass sie mich gesehen hat. Seit diesem Tag ist sie mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Vielleicht mache ich mich zum absoluten Vollidioten, aber ich musste diese Chance hier jetzt einfach ergreifen."

Das konnte doch nicht wahr sein. Ich traute mich kaum zu atmen, hob vorsichtig meinen Blick über den Monitor um zu Theresa rüber zu schauen, die mich ebenfalls mit großen Augen anstarrte.
"Kev, also versteh ich das richtig, dass das Ticket, das du heute mitgebracht hast, für sie ist?", sprang der Moderator ein, da sein Gast offensichtlich nicht mehr weiter wusste.
"Ja ganz genau"
"Und erzähl doch unseren Hörerinnen vielleicht einmal, als was du verkleidet warst, damit die Meerjungfrau sich vielleicht an dich erinnern kann."
"Ich war als Vampir verkleidet. Ich hatte den typischen schwarzen Umhang an. Ich bin durchschnittlich groß und habe dunkle Haare, also nichts womit ich in einer Menschenmenge herausstechen würde, allerdings habe ich ein sehr individuelles Tattoo am Hals."
Theresa stieß einen spitzen Schrei aus und schlug sich sofort entschuldigend beide Hände vor den Mund, als ich ihr mit dem Finger auf den Lippen einen Todesblick zugeworfen hatte.
Ich betete, dass die Antenne an dem billigen Radio jetzt keine Zicken machen würde.
"Ok meine Damen und Herren, sie haben es gehört“, fuhr die Radiostimme fort, „Unser junger Vampir von durchschnittlicher Größe, dunklen Haaren und Tattoo am Hals, sucht seine Meerjungfrau mit Perlenkrone. Vielleicht können wir ganz unpassend für Halloween, heute Amor spielen. Wenn ihr diese Frau kennt, oder vielleicht selbst sogar diese Frau seid meldet euch unter der folgender Nummer. Kev, wenn diese Frau jetzt zuhören würde, was würdest du ihr jetzt sagen?"
Die Stimme des jungen Mannes räusperte sich erneut, bevor er sagte:"Es mag vielleicht albern klingen, aber bitte melde dich. Ich hab dich ein Jahr lang nicht vergessen. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick."

 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast