Bis ans Ende unseres Lebens
Kurzbeschreibung
Für die Meerjungfrau Ilaria hat sich vieles in den letzten 50 Jahren ihres Lebens verändert. Sie bereiste die Kontinente, erkundete die Weltmeere und wohnte in den verschiedensten Städten und Ländern. Die größte Veränderung machte jedoch ihr menschlicher Gefährte durch. In der gemeinsamen Zeit verlor er seine Jugend und auch seinen Elan. Killians Haare wurden heller und seine Haut faltiger. Er wurde sichtlich älter, sie jedoch nicht. Die Beziehung hatte ihre Höhen und Tiefen, doch die Liebe des ungleichen Paares bleibt bis heute unverändert.
KurzgeschichteRomance, Fantasy / P16 / Het
Fabeltiere & mythologische Geschöpfe
27.11.2022
25.12.2022
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8
04.12.2022
3.335
Kapitel 1
Ein Spaziergang im Park
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Ein Spaziergang im Park
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In meinem Leben hat sich so vieles verändert. Ich wusste immer, dass Killian irgendwann alt sein würde. Schon vor Jahren hat er mir erzählt, dass seine Haare grau, wenn nicht sogar weiß werden. Er hat mir erzählt, dass er Falten bekommen wird und dass er langsamer und müder werden würde. Schon vor 50 Jahren habe ich ihm gesagt, dass ich ihn trotzdem für immer lieben würde. Ich habe mein Versprechen gehalten und das wird sich bis ans Ende unseres Lebens nicht mehr ändern.
Da Killian nach seinem Sturz noch nicht wieder fit ist, helfe ich ihm von der Couch aufzustehen. In seinem fortgeschrittenen Alter dauert es immer länger, sich von Verletzungen zu erholen. Mein Liebster hält sich an meinem Arm fest, als wir den Schritt zu seinem Rollstuhl überbrücken. Sobald er bequem sitzt, beuge ich mich zu ihm und küsse seine Wange. Heute ist das Wetter perfekt für einen Spaziergang. Es ist warm, allerdings nicht zu warm, der Himmel ist klar, was sich allerdings schnell wieder ändern kann. San Francisco ist für sein wechselhaftes Wetter bekannt. Wenn sich die Chance gibt, das schöne Wetter zu nutzen, sollte man es so schnell wie möglich tun.
„Möchtest du eine Decke mitnehmen?“, frage ich meinen Liebsten, worauf er nickt.
„Danke, Prinzessin.“ Ich beuge mich zum Couchtisch, um seine Kaffeetasse hochzunehmen. Bevor wir gehen, möchte ich noch den Geschirrspüler einschalten. Killian nutzt die Gelegenheit und gibt mir einen Klaps auf den Hintern. Als ich mich zu ihm umdrehe, grinst er mich frech an. Sein Gesicht ist zwar faltiger als früher, sein Grinsen ist jedoch dasselbe geblieben. Es ist immer noch genauso frech wie damals. Auch nach all den Jahren bilden sich diese niedlichen Grübchen an seinen Wangen. Ich gehe in die Knie und sehe zu ihm auf.
„Wenn du nicht so süß wärst, dann würde ich dir jetzt auf deine Finger klopfen, du alter Mann“, ermahne ich ihn gespielt. Er weiß ganz genau, dass es mich nicht stört und dass ich nur einen Witz mache. Auf eine gewisse Weise ist es sogar schmeichelhaft, wenn dein Liebster auch noch nach so vielen Jahren Interesse an deinem Hintern zeigt. „Einem anderen Kerl würde ich dafür einen Tritt zwischen die Beine verpassen.“ Killian lacht.
„Das will ich auch hoffen, Prinzessin“, antwortet er amüsiert.
Ich drücke ihm die Tasse in die Hand und gebe ihm einen sanften Kuss. Nachdem ich mich aufgerichtet habe, schiebe ich den Rollstuhl Richtung Küche.
Ich öffne die Spülmaschine und er stellt seine Tasse hinein. Ich finde sogar noch Platz für meine eigene Tasse, lege einen Tab in die dafür vorgesehene Öffnung und schalte den Geschirrspüler im Anschluss ein. „Willst du noch ins Badezimmer, bevor wir unseren Spaziergang machen?“, erkundige ich mich, als ich ihn in das Vorzimmer schiebe.
„Ja, das wäre eine gute Idee“, antwortet er mir.
„Sehr schön, dann lass mich dir helfen.“ Ich öffne die Tür zum Badezimmer und fixiere dann den Rollstuhl, damit er uns nicht wegrutscht, sobald Killian versucht, aufzustehen. Mit einem sanften Ruck helfe ich meinem Liebsten aus dem Rollstuhl. Ich stütze ihn auf dem Weg ins Badezimmer. Den Rest schafft er alleine. Durch die Haltegriffe, die überall angeschraubt wurden, kommt er gut zurecht. Er hat genug Möglichkeiten, sich festzuhalten.
„Ruf mich, wenn du mich brauchst, ja?“
„Mache ich.“ Ich lehne die Tür an und gehe zurück in die Küche, um meine Tasche zu holen. Bevor ich sie schließe, kontrolliere ich, ob alles da ist. Snacks und Getränke, Taschentücher und eine Mütze, falls Killian frieren sollte. Alles da. Im Vorzimmer hänge ich die Tasche an den Rollstuhl und ziehe meine Schuhe an. Ich schlüpfe außerdem in einen Cardigan.
Killian kommt aus dem Badezimmer. Er hält sich an dem Türstock fest und sieht mich an. „Es ist unglaublich, wie schön du bist.“
„Ach, du bist immer so süß zu mir. Danke.“ Mit einem Lächeln trete ich auf Killian zu, gebe ihm einen Kuss und frage dann: „Willst du eine Jacke anziehen?“
„Ist es kalt draußen?“, antwortet er mit einer Gegenfrage.
„Für mich ist es warm genug. Könnte aber sein, dass dir zu kalt ist. Am besten du ziehst eine Jacke an und wenn dir warm wird, dann ziehst du sie wieder aus. Was hältst du davon?“
„Du bist ein schlaues Mädchen.“
Liebevoll helfe ich meinem Liebsten in seine Jacke. Erst ein Arm, dann der zweite. Ich richte seinen Kragen und helfe ihm zurück in den Rollstuhl. Nach einer kurzen Kontrolle, ob er es bequem hat, streiche ich durch sein ergrautes Haar. Ich ziehe ihm noch seine Schuhe an und überprüfe, ob seine Füße auch gut auf den Pedalen ruhen. Killian wirkt zufrieden, also bin ich es auch. Ich schnappe mir meinen Schlüssel und löse die Bremsen des Rollstuhls. Wir können los.
„Brauchst du noch irgendetwas?“, frage ich, doch Killian schüttelt den Kopf. „Oh, die Decke. Erst frage ich, ob du eine haben willst und dann vergesse ich es selbst. Du musst mich schon daran erinnern, ich bin auch nicht mehr die Jüngste.“
Killian schnaubt. „Man ist so jung, wie man sich fühlt.“
Ich kichere. „Wie jung fühlst du dich heute?“
„Wenn ich dich ansehe, um 30 Jahre jünger“, antwortet er mit einem Grinsen.
„Du Charmeur.“ Aus dem Schrank nehme ich Killians Decke und lege sie auf seinen Schoß. „Wenn dir kalt ist, dann musst du mir nur Bescheid sagen, dann decke ich deine Beine gut zu.“
„Ach, Prinzessin, mach dir darüber keine Sorgen, das schaffe ich noch alleine. So gebrechlich bin ich noch lange nicht.“
Ich schließe die Tür auf, schiebe Killian auf die Veranda hinaus und schließe hinter uns wieder ab. Mein Liebster bekommt noch einen Kuss auf die Wange, dann fahren wir zur Rampe neben der Treppe.
Wir haben die Rampe bauen lassen, nachdem Killian gestürzt ist. Es ist einfacher, ihn zu schieben, als ihm aus dem Rollstuhl und die Treppen hinauf oder hinunter zu helfen. Das war jedoch nicht die einzige Änderung. Killian und ich haben unser Schlafzimmer in das Erdgeschoß verlegt, um uns das Leben einfacher zu machen. Im oberen Stockwerk befindet sich mein Atelier, in dem ich male, außerdem mein begehbarer Kleiderschrank und ein geräumiges Büro. Unser altes Schlafzimmer ist nun ein Gästezimmer, das wir eigentlich viel zu selten nutzen. Wir haben nicht mehr besonders oft Besuch.
„Schön heute, findest du nicht?“, frage ich Killian, als ich ihn durch den Vorgarten schiebe. Die Blumen blühen bereits. Ich bin zufrieden mit der Arbeit unserer Gärtner.
„Naja.“
„Naja?“, frage ich und lasse ihn stehen, um das Tor zu öffnen. „Ist das alles? Das klingt aber nicht besonders motiviert. Lass mich nicht mit dir schimpfen.“
„Ich würde lieber deine Hand halten und mit dir spazieren gehen, anstatt unbeteiligt herumzusitzen und dich einen Rollstuhl schieben zu lassen.“
Gerührt fasse ich mir an die Brust. „Im Park suchen wir uns eine bequeme Bank und dann kannst du meine Hand halten, hm?“ Killian lächelt über meinen Vorschlag. „Ich liebe dich.“ Ich beuge mich zu ihm und küsse seine Lippen. Er erwidert den Kuss sanft.
„Ich dich auch, Prinzessin.“
Ich richte mich auf, streiche durch sein Haar und schiebe ihn durch das Tor, hinaus auf die Straße. Nachdem ich auch das Tor geschlossen habe, machen wir uns auf den Weg zum Golden Gate Park. Ich liebe unser Haus und unser Grundstück, aber ich halte es für wichtig, dass wir beide regelmäßig das Haus verlassen, auch wenn es nicht mehr so einfach ist, wie es früher einmal war.
Ich begrüße die Nachbarin mit einem Lächeln. Killian mag sie nicht besonders. Als wir hierhergezogen sind, dachte sie, dass ich seine Pflegerin bin, dann dachte sie, dass ich seine Enkelin bin und als sie erfahren hat, dass er mein Mann ist, dachte sie, dass ich Killian seines Geldes wegen geheiratet habe. Als wir uns dann endlich richtig unterhalten haben und ich ihr erzählt habe, dass ich kein junges Mädchen, sondern eine Meerjungfrau bin, hat sich ihre Meinung von mir geändert. Ich bin froh, dass sie ihre Vorurteile abgelegt hat, mir eine Chance gegeben hat und sich die Zeit genommen hat, mich kennenzulernen.
Killian und ich haben immer öfter mit Vorurteilen zu kämpfen. Durch den vermeintlichen Altersunterschied wirken wir wie ein ungleiches Paar. Ein junges Mädchen wie ich muss den armen alten Mann doch etwas vorspielen und ihn ausnutzen, damit sie sich viele hübsche Kleider und Schuhe kaufen kann. Menschen reden viel, wenn der Tag lang und ihnen langweilig ist. Ich habe gelernt, damit umzugehen und die Gerüchte auszublenden. Ich muss niemandem meine Liebe beweisen. Ich weiß, was ich für Killian empfinde und was andere sagen, interessiert mich schon lange nicht mehr. Die Hauptsache ist, dass Killian weiß, dass ich bis zu seinem letzten Atemzug bei ihm sein werde. Das Wissen, dass mein Herz aufhört zu schlagen, wenn auch Killian von mir geht, schwebt allerdings jeden Tag wie eine dunkle Wolke über mir. Für mein Volk ist es üblich, sein Leben zu lassen, wenn man seinen Liebsten verliert. In der Regel dauert unser Leben allerdings viel länger, als das Leben eines Menschen. An den Gedanken werde ich mich wahrscheinlich nie gewöhnen.
Es kommt immer mal wieder vor, dass man als Wesen die Vorurteile der Menschen zu spüren bekommt. Einige vorurteilbehaftete Menschen wollen uns im Restaurant nicht bedienen. Wir werden abgewiesen, wenn wir eine Wohnung suchen oder werden nicht eingestellt, wenn wir uns um einen Job bewerben. In den letzten Jahren gab es immer wieder Fortschritte bei unserer Integration, vollkommen gleichberechtigt sind wir allerdings noch lange nicht. Auf dem Papier trifft es vielleicht zu, in der Realität sieht es leider anders aus.
Manchmal hat Killian wegen diesen Vorurteilen miese Laune. Er hasst es, wenn die Menschen schlecht über mich oder andere Wesen sprechen. Er hat sich immer wieder für unsere Gleichberechtigung eingesetzt und mit einigen anderen bekannten Persönlichkeiten eine Organisation gegründet, die uns Wesen bei Problemen helfen soll. Wenn ein Wesen durch Diskriminierung in Schwierigkeiten gerät, kann es sich beraten lassen und bekommt die Hilfe, die es braucht. Auch wenn Killian sich gerne für uns einsetzt, macht es ihn dennoch wütend, dass das nach all den Jahren immer noch notwendig ist.
Immer wenn mein Liebster schlecht gelaunt ist, versuche ich, ihn aufzuheitern. Je älter er wird, desto schwieriger wird es jedoch, ihn umzustimmen. All diese kleinen Probleme mindern mein Glück jedoch nicht. Ich liebe Killian und ich bin über jeden einzelnen Tag mit ihm dankbar. Ich bin zufrieden mit meinem Leben.
„Hast du Lust, später eine kleine Jamsession einzulegen?“, frage ich nach.
„Ich weiß nicht. Vielleicht brauche ich nach dem Spaziergang ein Nickerchen.“
„Gut, dann helfe ich dir ins Bett, wir kuscheln und dann koche ich uns etwas Leckeres, während du dein Nickerchen hältst. Die Gitarren laufen uns ja nicht weg.“ Killian seufzt. „Alles in Ordnung, mein Liebster?“
„Ach, es ist nichts. Ich fühle mich nur so nutzlos.“
„Unsinn, du bist doch nicht nutzlos.“
„Doch, das bin ich. Seit ich gestürzt bin, bin ich nur noch eine Last, die an deinen Beinen hängt. Du hast so viel Arbeit mit mir und ich sitze herum und lasse mich bedienen. Du könntest es besser haben.“
Ich bleibe stehen und stelle mich vor Killian, um ihn ansehen zu können. Er senkt seinen Blick, also gehe ich in die Knie. Er kann mir nicht entkommen.
„Du weißt, dass du Unsinn redest, ja?“ Ich streiche über seinen Schenkel und nehme dann seine Hand.
Es stimmt, dass der Unfall die Situation komplizierter macht. Und es stimmt auch, dass Killian sich verändert hat. Er ist nicht mehr so kräftig, wie er es einmal war. Er kann mich nicht mehr spontan hochheben und ins Bett tragen oder mir den Einkauf abnehmen, auch kleine Reparaturen im Haushalt schafft er nicht mehr, doch ich wusste, dass es irgendwann soweit kommen wird. Ich war darauf vorbereitet, die Initiative zu ergreifen und mich um ihn zu kümmern. Und ich mache es gerne, sehr gerne sogar.
Besorgt mustere ich Killians faltiges Gesicht. Wenn er so geknickt aussieht, wirkt er sogar noch zerbrechlicher. „Sei bitte nicht traurig. Ich bin froh, dass ich dich habe und ich verbringe gerne Zeit mit dir. Würdest du dich vielleicht nützlicher fühlen, wenn wir heute zusammen kochen? Ich finde bestimmt eine Aufgabe für dich, die du auch im Sitzen erledigen kannst.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. Er hat immer schon gerne und vor allem gut gekocht. „Das würde mir helfen.“ Zaghaft hebt er unsere Hände an und küsst meinen Handrücken, dann streicht er über meine Haut. „Womit habe ich dich nur verdient? Du bist so wundervoll.“
Killian bringt mich zum Lächeln. „Du hast wohl einiges richtig gemacht, hm?“ Ich löse meine Hand aus seiner, als ich mich wieder aufrichte. Nachdem ich über seine Schulter gestreichelt habe, setzen wir unseren Spaziergang fort. Wir finden uns an einem seiner Lieblingsplätze ein.
Vorsichtig helfe ich ihm aus dem Rollstuhl. Wir machen einige Schritte zusammen. Als die Bank in Reichweite ist, hält er sich an der Rückenlehne fest. Ich lege ihm ein Kissen auf die Bank, sodass er es bequem hat. Aus meiner Tasche nehme ich eine Flasche Wasser und öffne sie. Ich reiche sie meinem Liebsten, der einen Schluck trinkt.
„Vielen Dank, Prinzessin.“
„Ach, nichts zu danken.“
Nachdem auch ich einen Schluck getrunken habe, stelle ich die Flasche weg und küsse Killians Wange. Er legt einen Arm um meine Schulter und greift mit seiner freien Hand nach meiner. Unser Blick ist auf den See gerichtet, in dem einige Schwäne ihre Runden ziehen. Auch Enten tauchen ihre Köpfchen ins Wasser. Zu gerne würde ich in den See springen und einige Runden schwimmen. Killian würde das bestimmt auch gefallen, meine Flosse hat er immer schon mit strahlenden Augen bewundert. Dass seine Laune sich bessert, ist deutlich zu spüren. Mein Blick wandert auf seine Hand. Seine Haut hat einige Flecken, die Adern stehen deutlich sichtbar hervor. Seine einst so kräftigen Hände wirken nach all den Jahren zerbrechlich und schwach. Gitarre spielen kann er allerdings immer noch, auch wenn er das seit seinem Sturz nicht mehr gemacht hat. Es belastet ihn sehr, dass es so lange dauert, bis er sich wieder richtig erholt hat.
Ich atme tief durch und lehne mich an seine Schulter. Für einen Moment schließe ich meine Augen, um unsere gemeinsame Zeit vollkommen auszukosten. Killian streicht über meine Hand. Er küsst liebevoll meine Schläfe. Ich fühle mich wohl. Sehr wohl sogar. Ich kann all die Vorurteile, die Umstände, Schuldgefühle und Sorgen vergessen.
„Vielleicht will ich nachher doch kuscheln“, raunt Killian gegen mein Ohr. Kichernd drücke ich ihn von mir. Sein Bart kitzelt mich.
„Vor oder nach dem Kochen?“
„Ja.“
Wieder kichere ich. „Vielleicht kann ich mir auch etwas Hübsches anziehen, um dir eine Freude zu machen.“
„Pass nur auf, dass es nicht zu aufreizend ist. Nicht, dass ich noch einen Herzinfarkt bekomme.“ Sein Grinsen zeigt, dass er es nicht besonders ernst meint.
„Heute bist du ja besonders frech. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass du wieder richtig gesund wirst.“
„Was soll ich sagen? Du inspirierst mich zu frechen Komplimenten.“ Killian legt seine Hand an meine Wange. Ich beuge mich zu ihm und wir küssen uns. Ich umarme ihn fest und drücke ihm noch einen weiteren Kuss auf die Lippen.
„Weißt du. Irgendwie bekomme ich Lust, heute etwas zu backen. Wonach steht dir der Sinn? Cupcakes? Brownies?“
Killian überlegt. Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht und hinter mein Ohr. „Apple Pie.“
„Hm, ganz schön viel Aufwand.“
„Gut, dann Brownies. Die gehen immer sehr schnell.“
Ich schüttle amüsiert den Kopf und antworte: „Unsinn. Du willst Apple Pie, also bekommst du Apple Pie. Du kannst mir ja beim Schneiden und Schälen der Äpfel helfen. Dabei kannst du ganz bequem sitzen bleiben.“
„Das ist eine fantastische Idee. Wenn du unter deiner pinken Schürze sexy Unterwäsche trägst, dann könnte ich mir das gut vorstellen“, meint Killian überzeugt.
Mein Liebster bringt mich zum Lachen. „Wegen Aussagen wie dieser halten dich alle für einen alten Lustmolch.“
Killian schnaubt. „Was soll ich sagen? Manche Gerüchte sind wohl doch wahr.“ Ich gebe meinen Liebsten einen sanften Klaps gegen die Schulter.
„Du bist furchtbar.“ Er grinst schon wieder so frech. „Gut, furchtbar süß.“ Ich tätschle seine Wange. „Manchmal könnte ich dich auffressen.“
„Wie der Zufall es so will, geht es mir mit dir ähnlich.“ Killian drückt mich an sich und streicht über meine Schulter. „Danke, dass du mich hierhergebracht hast. Die frische Luft tut gut. Zuhause herumzusitzen ist doch ziemlich deprimierend.“
„Das mache ich doch öfter. So vergesslich bist du noch nicht, das weiß ich ganz genau.“
Er schnaubt. „Nein, zum Glück nicht. Es tut aber gut, aus dem Haus zu kommen. Heute ganz besonders. Ich war heute Morgen schon schlecht drauf. Nicht mehr richtig mobil zu sein, ist das, was mich am meisten nervt. Es war schon vor dem Sturz anstrengend, aber mit Schmerzen wird das alles nicht leichter.“ Er streicht durch mein Haar. „Gut, ich war immer gerne auf der Couch, aber alleine aufstehen zu können, ist ein unterschätzter Luxus. Man weiß die einfachen Dinge des Lebens erst zu schätzen, wenn man sie nicht mehr hat.“
„Ich weiß, mein Liebster.“ Mit geschlossenen Augen lehne ich mich wieder an seine Schulter. „Vielleicht solltest du wieder öfter deine Gehhilfe nutzen? Ich weiß, dass du sie nicht magst, aber manchmal ist es besser, weniger stur zu sein, meinst du nicht? Damit könntest du etwas Selbstständigkeit zurückbekommen. Das ist gut für deine Psyche und deinen Muskeln wird es auch guttun, wenn du dich mehr bewegst. Der Arzt hat auch gesagt, dass du dich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde bewegen solltest.“
Als ich aufsehe, wirkt Killian grummelig. Er brummt, doch als ich seinen Nacken kraule, wird seine Mimik wieder weicher. „Ja, kann sein“, stimmt er mir schließlich zu. „Vielleicht habe ich mich seit dem Krankenhausaufenthalt gehen lassen. Aber ich werde so schnell müde und das frustriert mich und wenn mir alles wehtut, dann sitze ich erst recht auf der Couch und jammere.“
„Das macht nichts, du darfst faul sein und du darfst auch müde sein und dich ausruhen. Wenn du vom Laufen müde wirst, dann helfe ich dir auf die Couch oder in deinen Sessel und du kannst dich erholen. Aber es ist wichtig, dass du dich bewegst, gut isst und wieder zu Kräften kommst. Es ist wichtig für uns beide. Das verstehst du doch, oder?“
Killian nickt. „Würdest du noch ein paar Schritte mit mir gehen? Du bist mir lieber als jede Gehhilfe.“
Ich lächle breit. „Natürlich, aber überanstrenge dich jetzt nicht, nur um mich zu beeindrucken.“
Ich helfe Killian auf und lege das Kissen zurück auf den Rollstuhl. Wir spazieren recht langsam den Gehweg entlang. Ich schiebe den Rollstuhl vor mir her, Killian hat sich bei mir eingehakt. Es tut gut zu sehen wie er die frische Luft und den sanften Sonnenschein genießt. Ihn zufrieden zu sehen, lässt mein Herz höherschlagen. Die Bewegung scheint ihm wirklich gutzutun. Es macht mich glücklich, wenn Killian glücklich ist. Wir machen eine kurze Pause, in der Killian sich umsieht, dann trotten wir weiter.
„Alles in Ordnung?“, frage ich nach.
„Ich wollte nur sehen, wie weit wir schon gekommen sind“, entgegnet er, dabei tätschelt er beruhigend meinen Unterarm.
„Ein Stückchen schaffst du bestimmt noch.“
„Selbstredend. Ich will auf die hübsche Frau an meinem Arm Eindruck schinden.“
Ich kichere. „Du alter Schmeichler.“ Langsam gehen wir weiter. Das Tempo ist zwar etwas langweilig, doch es gibt mir die Möglichkeit, meine Umgebung zu betrachten. Wenn man die Hektik des Lebens vergisst, dann entdeckt man viele Kleinigkeiten, für die man im Alltag blind geworden ist. Schmetterlinge, die über Blumen tanzen, Vögel, auf der Suche nach Futter über den Boden hopsen und Enten, die quakend im Wasser des Sees landen. „Jetzt musst du aber zugeben, dass es ein schöner Tag ist.“
„Jeder Tag mit dir ist schön, Prinzessin.“
Leise kichere ich. „Wenn du so weiter machst, bekomme ich heute noch eine Komplimente-Überdosis.“ Killian lacht, was mich zum Schmunzeln bringt. „Ich muss mir eine Belohnung für deine süßen Worte einfallen lassen.“
Mein Liebster schnaubt. „Falls dir nichts Gutes einfällt, habe ich noch einige Ideen für dich.“
„Wie in Unterwäsche Kuchen zu backen?“
„Ja, das auch“, antwortet er grinsend.