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Junge Liebe

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P12 / Het
Guy of Gisburne OC (Own Character) Robert de Rainault der Sheriff of Nottingham
24.11.2022
24.11.2022
6
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„Selbstverständlich werde ich Euch Männer zur Verfügung stellen, My Lord.“ Der Sheriff äußerte seine Worte mit einer derartigen Lautstärke, dass Sir Guy kein Problem damit hatte ihn zu verstehen, obwohl de Rainault sich am Ende der Großen Halle befand, während der Ritter noch nicht einmal die Treppe erreicht hatte, die in sie hinabführte und er somit weder ihn noch den Mann, mit dem er sprach, zu Gesicht bekommen hatte.
Sofort stellte Gisburne sich einige Fragen, deren Antworten er als wichtig für sein eigenes Vorgehen ansah. Wer war dieser Besucher – der entweder sehr wichtig oder aber schwerhörig war – wobei bot ihm der Sheriff seine Unterstützung an – was in dieser Situation wahrscheinlich die wichtigste Frage war – und was bedeutete dies für den Ritter selbst?
„Ich brauche aber auf jeden Fall einen Mann, der sich hier auskennt und dem ich zutrauen kann, alles zu meiner vollen Zufriedenheit zu erledigen“, entgegnete der Unbekannte. Seiner Stimme konnte Gisburne ohne Probleme entnehmen, dass er es gewohnt war seine Wünsche unverzüglich erfüllt zu bekommen.
Sir Guy war stehengeblieben, bevor er die Treppe erreicht hatte. Wenn er schon die Gelegenheit bekam, dieses Gespräch zu belauschen, ohne dass dem Sheriff dies auffallen würde, dann wollte er diesen Vorteil auch ausnutzen. In der Burg Nottingham durfte man eine solche Möglichkeit nicht verstreichen lassen und dies traf im Besonderen auf den Ritter zu. Je mehr er jetzt in Erfahrung bringen konnte, desto besser wäre er in der Lage sich auf das vorzubereiten, mit dem de Rainault ihn ansonsten ohne jede Vorankündigung überfallen würde.
„In meinen Diensten befindet sich genau der richtige Mann für diese Aufgabe, My Lord“, versicherte der Sheriff dem anderen in einem Tonfall, aus dem Gisburne schloss, der Fremde müsse ziemlich wichtig sein. „Mein Stellvertreter ist fast jeden Tag dort draußen unterwegs. Er kennt nicht nur die Gegend, sondern auch das Gesindel, das sich dort herumtreibt.“
„Aber seid Ihr Euch tatsächlich sicher, dass er der Richtige dafür ist?“ Es gab wenige Männer, die es wagen würden in einem derartigen Tonfall mit dem Sheriff zu sprechen, ohne ihn damit in einen seiner berüchtigten Wutanfälle zu treiben. Aber diesmal wartete der Ritter vergebens auf eine entsprechende Reaktion von de Rainault.
Gisburne seufzte. Nicht nur, dass er mal wieder eine Aufgabe übertragen bekommen würde, die dem Sheriff selbst zu unangenehm – oder zu heikel – war, nein, er würde mit Sicherheit später auch zu spüren bekommen, dass der Mann sich jetzt hatte zurückhalten müssen. Das waren ganz bestimmt keine angenehmen Aussichten.
Trotzdem setzte Sir Guy sich wieder in Bewegung, weil ihm klar war, dass er seinen Herrn nicht länger warten lassen durfte. Ansonsten liefe er Gefahr, dass sich dessen Stimmung noch weiter verschlechterte und dieses Risiko wollte er auf keinen Fall eingehen.
„Ah“, ertönte es aus Richtung des Sheriffs und zeigte dem Ritter damit, dass er von seinem Herrn bereits entdeckt worden war, „und da kommt der Mann ja auch.“ Das Wort ‚endlich‘ sprach er zwar nicht aus, aber Gisburne war trotzdem in der Lage, es klar und deutlich zu vernehmen. Dies lag aber ausschließlich daran, dass er de Rainaults Angewohnheiten, aber auch seine Art zu denken, sehr gut kannte, schließlich arbeitete er ja bereits seit Jahren für ihn. Seiner Meinung nach bereits seit viel zu vielen Jahren, woran er aber nichts ändern konnte. Sehr zu seinem Leidwesen.
„My Lord, darf ich Euch Sir Guy of Gisburne vorstellen, meinen Stellvertreter, der für die ganzen Dinge zuständig ist, für die man in der Grafschaft unterwegs sein muss. Ihm macht das aber nichts aus, denn er liebt es auf dem Pferd unterwegs zu sein und auch, sich mit dem Pack zu messen, welches der Meinung ist, die Gesetze des Königs würden für sie nicht gelten.“
„Gisburne“, wandte er sich nun an den Ritter, allerdings in einem unverkennbar unfreundlicheren Tonfall. „Dies ist der Baron de Grieu, einer von König Johns Kommandeuren in der Normandie.“
Dies machte dem Ritter schlagartig klar, aus welchem Grund der Sheriff sich diesem Mann gegenüber so zuvorkommend und hilfsbereit verhielt. Die Kommandeure des Königs hatten – in der Regel – auch dessen Ohr und de Rainault konnte es sich nicht erlauben, seinen Herrscher zu verärgern. Vor allem nicht, weil Hood sich nach wie vor unbehelligt in Sherwood aufhielt. Gisburne konnte nur von Glück sagen, dass der letzte fehlgeschlagene Versuch des Gesetzlosen habhaft zu werden nicht auf das Konto des Sheriffs und seines Stellvertreters ging. Was aber nichts daran änderte, dass sie hier in Nottingham vorsichtig im Umgang mit Johns Favoriten sein mussten. Äußerst vorsichtig.
„My Lord“, begrüßte er den Baron mit einer angemessenen Verbeugung. Danach blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten zu erfahren, was auf ihn zukommen würde.
„Der Baron ist aus der Normandie gekommen, um seine Schwiegertochter nach Kirklees zu begleiten, aber nun muss er zum König zurück und bittet mich dafür zu sorgen, dass die junge Lady unbehelligt ans Ziel ihrer Reise gelangt.“ Der Sheriff verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, von der Gisburne annahm, sie solle ein Lächeln darstellen, aber offenbar war de Rainault zu angespannt, damit es tatsächlich als ein solches zu erkennen war. Dies war ein weiteres Anzeichen dafür, wie wichtig dieser Gast war, aber auch ein Hinweis darauf, dass Gisburne es sich nicht erlauben durfte de Rainault in irgendeiner Weise zu verärgern, wenn er sich nicht dem Zorn des Sheriffs aussetzen wollte. Dabei zog er auch immer in Betracht, dass de Rainault in dieser Hinsicht sehr kreativ war, was dazu führen konnte, dass es für den Ritter schmerzhaft wurde, sollte er sich den Unmut seines Herrn zuziehen. Demütigend wurde es auf jeden Fall.
„Diese Aufgabe dürfte Euch doch sehr entgegenkommen“, konnte der Sheriff seine Meinung nicht für sich behalten.
Es war gut, dass der Baron diese Worte nicht auf die Weise verstand, in der de Rainault sie gemeint hatte, der sich mit dieser Aussage darauf bezog, dass Sir Guy als Frauenheld bekannt war. Glücklicherweise dachte de Grieu aber an etwas anderes. „Der Sheriff hat mir bereits mitgeteilt, dass Ihr gerne in der Grafschaft unterwegs seid“, wandte der Gast sich nun direkt an den Ritter.
„Ich bin ein Soldat, My Lord“, benutzte dieser die von ihm immer vorgebrachte Erklärung, mit der er auf ähnliche Fragen zu reagieren pflegte und die in diesem Zusammenhang den meisten Personen auch genügte.
„Ich hoffe aber, Ihr seid den Umgang mit adeligen Frauen gewohnt und verhaltet Euch nicht zu ungehobelt, Sir Guy!“ Diesmal schwang so etwas wie Besorgnis in der Stimme des Barons mit.
Bevor Gisburne etwas darauf erwidern konnte, war der Sheriff offenbar der Meinung, es wäre besser er würde sich selbst dazu äußern. „Da müsst Ihr Euch keine Sorgen machen, My Lord“, versicherte er ihm und setzte hinzu, dass auf jeden Fall alles zu seiner Zufriedenheit ausgeführt werden würde. Dies führte allerdings nicht dazu, dass Gisburne sich besser fühlte, denn nun war er sich ganz sicher, der Sheriff würde es ihn auf jeden Fall spüren lassen, sollte bei dieser Sache irgendetwas schiefgehen.
„Gut“, schien dem Baron als Antwort auszureichen, nur um dann doch noch etwas hinzuzusetzen. „Ich würde Lady Isabé ja lieber selbst nach Kirklees begleiten, aber leider haben wir auf der Reise schon zu viel Zeit verloren und der König erwartet mich in der Normandie zurück. Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich unseren Lehnsherrn auf keinen Fall warten lassen kann. Nur aus diesem Grund vertraue ich meine Schwiegertochter Eurer Obhut an.“ Seine Worte waren an den Sheriff gerichtet und sprachen nicht unbedingt davon, dass der Baron großes Vertrauen in de Rainault setzte. Oder in seinen Stellvertreter.
Wieder einmal war der Ritter nicht in der Lage, den Mund zu halten, vor allem, weil er dem Eindruck entgegenwirken wollte, er wäre nicht fähig diese Aufgabe auszuführen. „Ich werde Euch nicht enttäuschen!“, versprach er dem Baron daher und meinte dies durchaus ernst. Allerdings hatte dies nicht nur mit dem Mann vor ihm zu tun, sondern auch mit den – bittersüßen – Erinnerungen, die der Name ‚Isabé‘ bei ihm hervorgerufen hatte.
Der Baron hatte sich nur ganz kurz Gisburne zugewandt, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Sheriff richtete, daher war Sir Guy für einen Augenblick in der Lage in diesen Erinnerungen zu versinken. Ganz kurz kehrte er in eine Zeit zurück, als er noch nicht gezwungen war in Nottingham zu leben. Es war eine Zeit, in der sein Vater – sein Stiefvater, wie er sich selbst sofort korrigierte – noch lebte und er nicht umhinkam, immer mal wieder auf den Familiensitz nach Gisburne zurückzukehren. Im Großen und Ganzen waren dies Zeiten, an die er sich nicht gerne erinnerte, trotzdem hatte er nicht vergessen, dass es damals auch Schönes und Angenehmes gab. Dies traf auf jeden Fall auf die Tochter eines Nachbarn zu, die ebenfalls den Namen Isabé trug. Und in die sich der junge Guy hoffnungslos verliebt hatte. Die junge Lady hatte ihm auch nicht ablehnend gegenübergestanden, aber selbstverständlich besaß sie in Hinblick auf ihren zukünftigen Ehemann kein Mitspracherecht. Zu seinem Leidwesen hatte der junge Mann ihr – und vor allem ihrem Vater – nichts von Substanz bieten können.
Dies war einer der Gründe, wieso ihm schon recht früh klargeworden war, dass er sich keine Hoffnung machen konnte Isabé zu seiner Frau zu machen, auch wenn er sicher war, sie hätte Ja gesagt. Dies hatte allerdings ihrer Freundschaft keinen Abbruch getan, die aber ganz abrupt zu einem Ende kam. Bei seiner letzten Rückkehr nach Gisburne – um an der Beerdigung seiner Mutter Ehemann teilzunehmen – hatte er zu seinem großen Leidwesen erfahren müssen, dass die junge Lady nicht mehr bei ihrer Familie war. Ihr Vater hatte für sie eine Heirat in die Normandie arrangiert und Guy blieb danach nur übrig, an seinen Erinnerungen an sie festzuhalten.
Aus diesem Grund würde er tatsächlich alles daransetzen, die Schwiegertochter des Barons nach Kirklees zu geleiten, ohne dass sie in Gefahr geraten konnte. Dies machte er auch nicht davon abhängig, ob sich die Lady als eine angenehme Person herausstellen würde oder nicht. Soviel war er dem Angedenken seiner Jugendliebe schuldig.
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