Das Testament
von Nahila
Kurzbeschreibung
Joko und Klaas verfassen ihr Testament. Dabei wird klar: Sie sind sich beide unglaublich wichtig und können sich ein Leben ohne den anderen nicht vorstellen. Aber was bedeutet das für sie wirklich?
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P16 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt
Klaas Heufer-Umlauf
23.11.2022
21.12.2022
5
12.087
23
23.11.2022
2.580
Hallo ihr Lieben,
eigentlich habe ich schon seit Jahren nichts mehr geschrieben und war auch bis vor kurzem gar nicht in diesem Fandom unterwegs. Aber wie es dann immer so ist, man sieht zufällig ein Fan Edit und schon ist man in der Spirale gefangen. Und was muss ich sagen, seitdem krieg ich nicht genug von den beiden. Besonders nach den letzten Tagen und Wochen konnte ich mich dann doch nicht mehr zurück halten und musste mal wieder an einer Story versuchen.
Ich weiß noch nicht, was es wird, aber ich habe momentan so viele Ideen, die ich irgendwie loswerden muss :)
Ich freue mich immer über Feedback, gerade jetzt, wo ich ziemlich eingerostet bin.
Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch. Viel Spaß beim lesen :)
********
„Und? Was sagst du?“ Klaas stand mit dem Rücken zum Fenster, mit überkreuzten Beinen an der Küchenzeile gelehnt. Doris sah auf und musterte ihren Mann eindringlich. Die Sonne schien hell durch das Fenster. Sie konnte den Staub in der Luft tanzen sehen, der Klaas wie eine Aura umrahmte. Sein Blick lag erwartungsvoll auf ihrem Gesicht. Sie wusste genau, dass er gerade versuchte, ihre Gedanken zu erraten. Das war etwas, was er nach all den Jahren immer noch nicht gemeistert hatte. Sie kannten sich schon so lange, waren gefühlt schon ewig ein Paar, hatten eine Familie und trotzdem konnte er sie nicht lesen. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Sie seufzte leise und legte die gehefteten Blätter vor sich ab.
„Es ist… gut.“ Klaas lachte auf. „Du tust gerade so, als hättest du hier ein Drehbuch gelesen und nicht mein Testament!“ Er grinste frech. Doris liebte es, ihn so zu sehen. Um seine Augen bildeten sich immer süße, kleine Lachfältchen und seine Ohren schnellten immer ein wenig in die Höhe, je mehr er lachte. Sie kicherte ebenfalls und sah ihn liebevoll an. Sie liebte einfach alles an ihm. Er war ihr bester Freund, ihr Fels in der Brandung, er brachte sie zum Lachen und war ihr größter Fan. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen und das wichtigste für sie war, dass er genauso glücklich war wie sie. Und genau deswegen war ihr klar, dass sie es ansprechen musste. „Du weißt schon was ich meine!“, lachte sie. Dann wurde ihr Blick ernster. „Es macht mir nicht gerade Spaß dein Testament zu lesen. Es macht es so Real, dass du… dass du irgendwann nicht mehr hier sein könntest.“ Sie schluckte. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet. Klaas‘ Blick wurde weich. Er stieß sich von der Küchenzeile ab und umrundete mit ein paar kurzen Schritten die Kücheninsel, an der Doris saß. Sie drehte sich zu ihm und er schloss sie Augenblicklich fest in die Arme. Sie schloss die Augen und sog seinen Duft ein. Es war faszinierend, wie schnell er sie wieder beruhigen konnte.
„Du weißt, ich musste das irgendwann tun. Aber mach dir keine Sorgen, ich werde dir noch lange auf die Nerven gehen.“ Doris konnte spüren, wie Klaas wieder grinste. Sie lachte an seiner Schulter, dann seufzte sie. „Ich wünschte, es wäre so.“ Sie fühlte, wie Klaas die Umarmung löste, sie etwas von sich weg schob und verwirrt ansah. Doris sackte kurz das Herz in die Hose. Sie hatte das nicht so ausdrücken wollen, aber es war ihr so herausgerutscht. „Was meinst du mit ‚wünschte‘?“, fragte Klaas sie. Eine kleine Falte hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Doris atmete durch. Sie musste ihn fragen.
„Joko kriegt deinen Siegelring?“ Sie konnte an seinem Blick sehen, dass er mit dieser Frage überhaupt nicht gerechnet hatte. Er vergrößerte den Abstand zwischen ihnen. Kurz zögerte er. „Ja. Findest du das komisch?“ „Es hat mich überrascht.“, erwiderte sie, „Der Ring ist dir unglaublich wichtig. Wichtiger als alles andere, was du besitzt. Du hast ihn von deinem Vater und der von seinem. Seit Generationen ist er in deiner Familie.“ Klaas zuckte mit den Schultern. „Joko ist auch meine Familie.“, sagte er schlicht. Doris musterte ihn. Kurz herrschte Stille zwischen ihnen. Sie stritten selten, sie konnten meistens wirklich sehr vernünftig und offen miteinander sprechen, ohne gleich emotional zu werden. Auch das liebte sie an ihrer Beziehung. „Ich dachte nur, dass du ihn deinem Sohn vermachen würdest.“, stellte sie fest. Klaas wusste nicht was er sagen sollte. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Sie hatte Recht. Jeder würde annehmen, dass sein erstgeborener den Ring bekommen würde. Aber als er sein Testament aufsetze, war es ihm wichtig, dass Joko auch etwas Persönliches bekam. Etwas, was ihm selbst viel bedeutete und daher auch Joko viel bedeuten würde. Und dass er nicht nur das Selbstverständliche kriegen würde, wie etwa seine Anteile an der Florida. Nein, er wollte ihm damit zeigen, wie wichtig er ihm war. Und wie könnte er das besser ausdrücken als mit dem Ring, den er jeden Tag trug. Seit Jahren. Ohne Ausnahme. Und über den sich Joko nebenbei schon unzählige Male lustig gemacht hatte.
„Ich wollte ihm damit zeigen, was er mir bedeutet. Eine bessere Geste ist mir nicht eingefallen.“, erklärte er und hoffte, dass sie es verstehen würde. Doris nickte. „Ich weiß.“, gab sie zu. Sie zögerte, dann holte sie tief Luft. „Was genau bedeutet er dir denn, Schatz?“
Wieder war der braunhaarige verwundert. Was sollte diese Frage? „Er ist mein bester Freund, mein Bruder, das weißt du doch!“, sagte er leicht empört. Seine Frau schüttelte den Kopf und lächelte müde. „Bist du dir da sicher?“, hakte sie nach, „Ist er wirklich nur dein bester Freund?“ „Wie meinst du das?“, fragte Klaas irritiert. Doris stand auf und ging auf ihn zu, strich ihm kurz über die Wange und griff dann nach seinen Händen. „Klaas… ich seh euch doch. Ich kenne euch beide jetzt schon seit Jahren. Ihr seid unzertrennlich. Wie Pech und Schwefel. Ihr arbeitet zusammen, seit zusammen bekannt geworden, habt Erfolge und Misserfolge erlebt. Ihr habt schon etliches miteinander durchgestanden, wart auf der ganzen Welt unterwegs. Ich kenne niemanden, wirklich niemanden, der sich so fiese Dinge antun kann und trotzdem so aneinanderhängt, wie ihr beide. Ihr seid beruflich unzertrennlich, privat aber genauso. Es vergeht kein Tag, an dem ihr nicht miteinander redet. Und wenn ihr euch seht, könnt ihr die Finger nicht voneinander lassen! Wenn ich euch beim Dreh besuche, kuschelst du mit ihm mehr als mit mir.“ Sie lachte auf. „Herrgott Klaas! Ich bilde mir das doch nicht ein. Ihr habt nur Augen füreinander, alle anderen sind zweitrangig.“ Sie sah ihn auffordernd an. Aus irgendeinem Grund war es für sie erleichternd, all ihre Gedanken endlich laut auszusprechen. Sie war nicht blind. Sie wusste, dass die beiden etwas verband, was sie nie gänzlich verstehen würde. Sie hatte schon länger darüber nachgedacht. Das Testament hatte ihr nur wieder gezeigt, wie Tief diese Verbindung wirklich war. Klaas strahlte nirgends so viel, wie in Jokos Gegenwart. Nicht mal bei ihr. Und so sehr es sie schmerzte, sie wusste tief im Inneren schon länger, dass sie ihren Mann an den Großen, Blonden verloren hatte. Aber eines war sie sich sicher: Er wusste es selbst noch nicht.
Klaas stand der Mund offen. Je länger Doris sprach, desto überraschter und überforderter fühlte er ich. Sein Hals war trocken und er musste schlucken, ehe er sprach: „Es… ehm… Doris… ich….“ Er stotterte und musste sich sammeln. „Doris, es tut mir leid, wenn ich dir das Gefühl gegeben hab, du wärst mir nicht wichtig! Ich liebe dich! Wirklich!“ Es tat ihm weh, solche Worte aus ihrem Mund zu hören und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er ihr wohl auch weh getan hatte. Doris sah ihn liebevoll an und nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. „Das weiß ich. Wirklich.“, sagte sie leise, „Aber ich glaube…“, sie hielt inne und schluckte, „… ich glaube, ihn liebst du mehr.“
Eine Weile sagte niemand was. Klaas sah seine Frau nur in die braunen Augen, die im Sonnenlicht oft grün schimmerten. Die Wärme, die sie ausstrahlten, beruhigten ihn. Er war verwirrt. Und überfordert. Verdammt, er war unglaublich verwirrt und absolut überfordert! Er konnte nicht verarbeiten, was Doris da eben gesagt hatte.
Er sollte Joko lieben? Nicht nur wie einen Bruder, sondern richtig? Auf romantische weiße? Tat er das? Liebte er Joko?
Doris strich ihm behutsam mit dem Daumen über die Wangen. Ihr Blick war sanfter geworden. Er war sich sicher, sie konnte ihm Ansehen was in ihm vor ging. Umgekehrt hatte er sich immer schwergetan. Für sie war das ein Kinderspiel, aber er konnte sie selten durschauen. Anders als bei Joko. Ihn konnte er lesen wie ein Buch. Er schloss müde die Augen und atmete durch. Angestrengt versuchte er seine Gedanken zu sortieren.
Er wusste nicht, was genau es schließlich war. Ob es die Tatsache war, dass er Joko in seinem Testament aufgenommen hatte, dass Doris eben diese Worte ausgesprochen hatte oder ob es die liebevollen Gesten von ihr waren, die ihn unterstützen und beruhigen sollten. Vielleicht war es auch die Tatsache, dass ihm klar wurde, dass er Joko wirklich besser kannte als seine eigene Frau. Aber in diesem Moment, hier in der Küche seiner Familie, das Testament auf dem Tisch liegend, wusste er plötzlich: Sie hatte Recht.
Es war, als würde ihm ein Stein vom Herzen fallen. Als würde alles, was vorher unklar war plötzlich sonnenklar sein. Der Schleier, von dem er nicht wusste, dass er existiert hatte, löste sich auf. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte ihn. Das war es, was ihn schon so lange bedrückt hatte. Deswegen hatte er so Probleme gehabt sein Testament zu schreiben. Er wusste, seine Familie musste an oberste Stelle stehen. Aber er wollte eben Joko auch berücksichtigen. Er wollte auch nach seinem Tod wissen, dass der größere etwas von ihm haben würde, dass ihn an Klaas erinnern würde. Am liebsten hätte er ihm viel mehr vererbt, aber das hatte er sich nicht getraut. ‚Das wäre schließlich merkwürdig‘, hatte er sich gedacht. Also musste es etwas Kleines, aber etwas sehr Bedeutsames sein. Und wieso war ihm das so wichtig? Die Antwort hatte er nun: Weil er Joko liebte! Natürlich! Wie konnte er das selbst nicht gesehen haben. Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Er liebte Joko. Ihm wurde warm und fühlte, wie die Schmetterlinge in seinem Bauch zu tanzen begangen. Er dachte an die vielen Momente, die sie zu zweit erlebt hatten. Wie sehr er sich jedes Mal freute, wenn er seinen Winti nach der Sommerpause wieder sah. Die Umarmungen, die er mittlerweile so sehr genoss, ja sogar initiierte. Die vielen Lacher zusammen. Und wie gern er Joko beim Lachen zusah. Wie ihm selbst ganz warm ums Herz wurde, wenn Joko ihn so intensiv ansah. Bei keinem fühlte er sich so wohl, wie bei ihm. Es stimmte, sie konnten wirklich nicht die Finger voneinander lassen. Hier mal eine Hand auf dem Bein, dort mal eine sanfte Berührung am Arm, ein kurzes streifen über den Rücken. Es war ihm schon selbst aufgefallen, dass er die Nähe des anderen immer mehr genoss, hatte sich aber nichts dabei gedacht. Oder wollte sich vielleicht nichts dabei denken. Aber jetzt war es ihm wie Schuppen vor die Augen gefallen. „Ich liebe Joko.“, hörte er sich sagen.
Als Klaas die Augen endlich wieder öffnete, sah er, dass Tränen über Doris‘ Wangen liefen. So gut er sich eben noch gefühlt hatte, so sehr versetzte ihm das jetzt einen Stich. Er zog sie an sich, so fest er konnte und wiegte sie sanft hin und her. „Es tut mir so leid.“, flüsterte er entschuldigend und gab ihr einen Kuss auf den Kopf. „So unendlich leid.“ Man konnte den Schmerz in seiner Stimme hören. Doris schniefte. „Ich weiß“, schluchzte sie, „Ich weiß doch, du Idiot.“ Er wusste sie meinte das nicht böse. Sie hatte ihm gerade die Augen geöffnet. Und das, obwohl sie selbst damit so viel Schmerz erfahren musste. Womit hatte er das verdient? Einen Menschen, der ihn so sehr liebte, dass sie sein Glück und Wohlergehen über ihr eigenes stellte. Er zog sie noch fester an sich und streichelte ihr über den Rücken. „Du bist du zu gut für diese Welt.“, stellte er fest. Doris lachte bitter. „Das war schon immer mein Problem.“
Eine Weile standen sie schweigend da. Die Sonne stand mittlerweile tief und warf lange Schatten in die Küche. Als Doris sich allmählich wieder beruhigt hatte, löste sie die Umarmung. Verloren sah Klaas sie an. Er fühlte sich schrecklich. Sie schlurfte zur Küchenschublade und holte einen Taschentuchpackung heraus. Geräuschvoll putzte sie sich die Nase. Hilflos sah Klaas ihr zu. In seinem Kopf herrschte Chaos. Er liebte Joko, dessen war er sich nun sicher, aber er liebte auch immer noch Doris und es gefiel ihm nicht, sie leiden zu sehen.
„Und jetzt?“, fragte er ratlos. Doris setzte sich wieder an die Kücheninsel und schob das Testament zur Seite. „Du musst dir klar werden, was du willst Schatz.“, sagte sie aufmunternd. „Das hier,“, sie tippte auf das Stück Papier, „kann noch warten. Mach dir klar, wie es jetzt weiter gehen soll.“ „Das hier,“, setzte Klaas an und ging auf die Theke zu, „Das hier ist fertig und wird versiegelt. Ich werde es morgen dem Notar geben. Egal was auch passieren sollte, was sich verändern sollte...“, er stockte, „Ihr seid meine Familie. Und alles was ich euch hier zugestanden hab, soll auch so bleiben. Das ist doch klar.“ Er schaute sie ernst an. Doris legte ihre Hand auf seine. „Du bist auch zu gut für diese Welt.“, stellte sie fest. Sie sahen sich vertraut in die Augen. Klaas wollte den Moment nicht unterbrechen, aber es half alles nichts.
„Und nun?“, fragte Klaas. Doris zog die Hand zurück. „Du kannst nicht hierbleiben.“, stellte sie traurig fest. „Ich liebe dich und ich will, dass du glücklich wirst, aber ich kann dabei nicht zusehen, verstehst du?“ Klaas nickte verständnisvoll. „Ich werde vorübergehend in ein Hotel ziehen.“ Doris nickte ebenfalls. Erneut füllten sich ihre Augen mit Tränen. Schmerzvoll sah er sie an. „Was sagen wir den Kindern?“, frage er bedrückt. „Die Wahrheit.“ Doris zuckte mit den Schultern. „Irgendwann zumindest.“ Mehr brachte sie nicht heraus. Wieder standen sie sich eine Zeit lang schweigend gegenüber. „Dann geh ich mal packen“, murmelte Klaas schließlich und ließ Doris allein zurück.
Als er das nötigste in seinem Koffer verstaut hatte, kam er zurück in die Küche. Er steckte sein Handy in die Tasche und griff nach dem Testament. „Ich hab‘ das ernst gemeint, weißt du?“, sagte er an Doris gewandt, die immer noch auf ihrem Platz saß. Mittlerweile hatte sie sich ein Glas Rotwein eingeschenkt. Fragend sah sie ihn an. „Das mit dem Testament. Ihr seid meine Familie. Du bist mir nach wie vor unglaublich wichtig und ich will nicht, dass irgendwas das verändert. Du bist die Mutter meiner Söhne und meine erste große Liebe.“ Er sah sie aufrichtig an. „Bitte, ich wünsche mir, dass unser Verhältnis so gut bleibt, wie es ist. Ich wollte dir niemals weh tun.“ Trotz allem lächelte Doris ihn an. „Versprochen.“, sagte sie. Klaas nickte und wandte sich zum Gehen. Als er schon in der Tür war, hörte er Doris‘ Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sie fiel ihm ein letztes Mal in die Arme. Die Umarmung war kurz, aber ehrlich. „Ich liebe dich nach wie vor Klaas Heufer-Umlauf.“, murmelte sie wehmütig in sein T-Shirt, dann sah sie ihn ein letztes Mal tief in die Augen. „Und deswegen musste ich dich gehen lassen. Mach was draus, okay?“, sagte sie und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er lächelte sie an, gab ihr einen letzten, zärtlichen Kuss auf die Stirn. „Versprochen.“ Dann fiel die Tür ins Schloss.
eigentlich habe ich schon seit Jahren nichts mehr geschrieben und war auch bis vor kurzem gar nicht in diesem Fandom unterwegs. Aber wie es dann immer so ist, man sieht zufällig ein Fan Edit und schon ist man in der Spirale gefangen. Und was muss ich sagen, seitdem krieg ich nicht genug von den beiden. Besonders nach den letzten Tagen und Wochen konnte ich mich dann doch nicht mehr zurück halten und musste mal wieder an einer Story versuchen.
Ich weiß noch nicht, was es wird, aber ich habe momentan so viele Ideen, die ich irgendwie loswerden muss :)
Ich freue mich immer über Feedback, gerade jetzt, wo ich ziemlich eingerostet bin.
Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch. Viel Spaß beim lesen :)
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„Und? Was sagst du?“ Klaas stand mit dem Rücken zum Fenster, mit überkreuzten Beinen an der Küchenzeile gelehnt. Doris sah auf und musterte ihren Mann eindringlich. Die Sonne schien hell durch das Fenster. Sie konnte den Staub in der Luft tanzen sehen, der Klaas wie eine Aura umrahmte. Sein Blick lag erwartungsvoll auf ihrem Gesicht. Sie wusste genau, dass er gerade versuchte, ihre Gedanken zu erraten. Das war etwas, was er nach all den Jahren immer noch nicht gemeistert hatte. Sie kannten sich schon so lange, waren gefühlt schon ewig ein Paar, hatten eine Familie und trotzdem konnte er sie nicht lesen. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Sie seufzte leise und legte die gehefteten Blätter vor sich ab.
„Es ist… gut.“ Klaas lachte auf. „Du tust gerade so, als hättest du hier ein Drehbuch gelesen und nicht mein Testament!“ Er grinste frech. Doris liebte es, ihn so zu sehen. Um seine Augen bildeten sich immer süße, kleine Lachfältchen und seine Ohren schnellten immer ein wenig in die Höhe, je mehr er lachte. Sie kicherte ebenfalls und sah ihn liebevoll an. Sie liebte einfach alles an ihm. Er war ihr bester Freund, ihr Fels in der Brandung, er brachte sie zum Lachen und war ihr größter Fan. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen und das wichtigste für sie war, dass er genauso glücklich war wie sie. Und genau deswegen war ihr klar, dass sie es ansprechen musste. „Du weißt schon was ich meine!“, lachte sie. Dann wurde ihr Blick ernster. „Es macht mir nicht gerade Spaß dein Testament zu lesen. Es macht es so Real, dass du… dass du irgendwann nicht mehr hier sein könntest.“ Sie schluckte. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet. Klaas‘ Blick wurde weich. Er stieß sich von der Küchenzeile ab und umrundete mit ein paar kurzen Schritten die Kücheninsel, an der Doris saß. Sie drehte sich zu ihm und er schloss sie Augenblicklich fest in die Arme. Sie schloss die Augen und sog seinen Duft ein. Es war faszinierend, wie schnell er sie wieder beruhigen konnte.
„Du weißt, ich musste das irgendwann tun. Aber mach dir keine Sorgen, ich werde dir noch lange auf die Nerven gehen.“ Doris konnte spüren, wie Klaas wieder grinste. Sie lachte an seiner Schulter, dann seufzte sie. „Ich wünschte, es wäre so.“ Sie fühlte, wie Klaas die Umarmung löste, sie etwas von sich weg schob und verwirrt ansah. Doris sackte kurz das Herz in die Hose. Sie hatte das nicht so ausdrücken wollen, aber es war ihr so herausgerutscht. „Was meinst du mit ‚wünschte‘?“, fragte Klaas sie. Eine kleine Falte hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Doris atmete durch. Sie musste ihn fragen.
„Joko kriegt deinen Siegelring?“ Sie konnte an seinem Blick sehen, dass er mit dieser Frage überhaupt nicht gerechnet hatte. Er vergrößerte den Abstand zwischen ihnen. Kurz zögerte er. „Ja. Findest du das komisch?“ „Es hat mich überrascht.“, erwiderte sie, „Der Ring ist dir unglaublich wichtig. Wichtiger als alles andere, was du besitzt. Du hast ihn von deinem Vater und der von seinem. Seit Generationen ist er in deiner Familie.“ Klaas zuckte mit den Schultern. „Joko ist auch meine Familie.“, sagte er schlicht. Doris musterte ihn. Kurz herrschte Stille zwischen ihnen. Sie stritten selten, sie konnten meistens wirklich sehr vernünftig und offen miteinander sprechen, ohne gleich emotional zu werden. Auch das liebte sie an ihrer Beziehung. „Ich dachte nur, dass du ihn deinem Sohn vermachen würdest.“, stellte sie fest. Klaas wusste nicht was er sagen sollte. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Sie hatte Recht. Jeder würde annehmen, dass sein erstgeborener den Ring bekommen würde. Aber als er sein Testament aufsetze, war es ihm wichtig, dass Joko auch etwas Persönliches bekam. Etwas, was ihm selbst viel bedeutete und daher auch Joko viel bedeuten würde. Und dass er nicht nur das Selbstverständliche kriegen würde, wie etwa seine Anteile an der Florida. Nein, er wollte ihm damit zeigen, wie wichtig er ihm war. Und wie könnte er das besser ausdrücken als mit dem Ring, den er jeden Tag trug. Seit Jahren. Ohne Ausnahme. Und über den sich Joko nebenbei schon unzählige Male lustig gemacht hatte.
„Ich wollte ihm damit zeigen, was er mir bedeutet. Eine bessere Geste ist mir nicht eingefallen.“, erklärte er und hoffte, dass sie es verstehen würde. Doris nickte. „Ich weiß.“, gab sie zu. Sie zögerte, dann holte sie tief Luft. „Was genau bedeutet er dir denn, Schatz?“
Wieder war der braunhaarige verwundert. Was sollte diese Frage? „Er ist mein bester Freund, mein Bruder, das weißt du doch!“, sagte er leicht empört. Seine Frau schüttelte den Kopf und lächelte müde. „Bist du dir da sicher?“, hakte sie nach, „Ist er wirklich nur dein bester Freund?“ „Wie meinst du das?“, fragte Klaas irritiert. Doris stand auf und ging auf ihn zu, strich ihm kurz über die Wange und griff dann nach seinen Händen. „Klaas… ich seh euch doch. Ich kenne euch beide jetzt schon seit Jahren. Ihr seid unzertrennlich. Wie Pech und Schwefel. Ihr arbeitet zusammen, seit zusammen bekannt geworden, habt Erfolge und Misserfolge erlebt. Ihr habt schon etliches miteinander durchgestanden, wart auf der ganzen Welt unterwegs. Ich kenne niemanden, wirklich niemanden, der sich so fiese Dinge antun kann und trotzdem so aneinanderhängt, wie ihr beide. Ihr seid beruflich unzertrennlich, privat aber genauso. Es vergeht kein Tag, an dem ihr nicht miteinander redet. Und wenn ihr euch seht, könnt ihr die Finger nicht voneinander lassen! Wenn ich euch beim Dreh besuche, kuschelst du mit ihm mehr als mit mir.“ Sie lachte auf. „Herrgott Klaas! Ich bilde mir das doch nicht ein. Ihr habt nur Augen füreinander, alle anderen sind zweitrangig.“ Sie sah ihn auffordernd an. Aus irgendeinem Grund war es für sie erleichternd, all ihre Gedanken endlich laut auszusprechen. Sie war nicht blind. Sie wusste, dass die beiden etwas verband, was sie nie gänzlich verstehen würde. Sie hatte schon länger darüber nachgedacht. Das Testament hatte ihr nur wieder gezeigt, wie Tief diese Verbindung wirklich war. Klaas strahlte nirgends so viel, wie in Jokos Gegenwart. Nicht mal bei ihr. Und so sehr es sie schmerzte, sie wusste tief im Inneren schon länger, dass sie ihren Mann an den Großen, Blonden verloren hatte. Aber eines war sie sich sicher: Er wusste es selbst noch nicht.
Klaas stand der Mund offen. Je länger Doris sprach, desto überraschter und überforderter fühlte er ich. Sein Hals war trocken und er musste schlucken, ehe er sprach: „Es… ehm… Doris… ich….“ Er stotterte und musste sich sammeln. „Doris, es tut mir leid, wenn ich dir das Gefühl gegeben hab, du wärst mir nicht wichtig! Ich liebe dich! Wirklich!“ Es tat ihm weh, solche Worte aus ihrem Mund zu hören und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er ihr wohl auch weh getan hatte. Doris sah ihn liebevoll an und nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. „Das weiß ich. Wirklich.“, sagte sie leise, „Aber ich glaube…“, sie hielt inne und schluckte, „… ich glaube, ihn liebst du mehr.“
Eine Weile sagte niemand was. Klaas sah seine Frau nur in die braunen Augen, die im Sonnenlicht oft grün schimmerten. Die Wärme, die sie ausstrahlten, beruhigten ihn. Er war verwirrt. Und überfordert. Verdammt, er war unglaublich verwirrt und absolut überfordert! Er konnte nicht verarbeiten, was Doris da eben gesagt hatte.
Er sollte Joko lieben? Nicht nur wie einen Bruder, sondern richtig? Auf romantische weiße? Tat er das? Liebte er Joko?
Doris strich ihm behutsam mit dem Daumen über die Wangen. Ihr Blick war sanfter geworden. Er war sich sicher, sie konnte ihm Ansehen was in ihm vor ging. Umgekehrt hatte er sich immer schwergetan. Für sie war das ein Kinderspiel, aber er konnte sie selten durschauen. Anders als bei Joko. Ihn konnte er lesen wie ein Buch. Er schloss müde die Augen und atmete durch. Angestrengt versuchte er seine Gedanken zu sortieren.
Er wusste nicht, was genau es schließlich war. Ob es die Tatsache war, dass er Joko in seinem Testament aufgenommen hatte, dass Doris eben diese Worte ausgesprochen hatte oder ob es die liebevollen Gesten von ihr waren, die ihn unterstützen und beruhigen sollten. Vielleicht war es auch die Tatsache, dass ihm klar wurde, dass er Joko wirklich besser kannte als seine eigene Frau. Aber in diesem Moment, hier in der Küche seiner Familie, das Testament auf dem Tisch liegend, wusste er plötzlich: Sie hatte Recht.
Es war, als würde ihm ein Stein vom Herzen fallen. Als würde alles, was vorher unklar war plötzlich sonnenklar sein. Der Schleier, von dem er nicht wusste, dass er existiert hatte, löste sich auf. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte ihn. Das war es, was ihn schon so lange bedrückt hatte. Deswegen hatte er so Probleme gehabt sein Testament zu schreiben. Er wusste, seine Familie musste an oberste Stelle stehen. Aber er wollte eben Joko auch berücksichtigen. Er wollte auch nach seinem Tod wissen, dass der größere etwas von ihm haben würde, dass ihn an Klaas erinnern würde. Am liebsten hätte er ihm viel mehr vererbt, aber das hatte er sich nicht getraut. ‚Das wäre schließlich merkwürdig‘, hatte er sich gedacht. Also musste es etwas Kleines, aber etwas sehr Bedeutsames sein. Und wieso war ihm das so wichtig? Die Antwort hatte er nun: Weil er Joko liebte! Natürlich! Wie konnte er das selbst nicht gesehen haben. Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Er liebte Joko. Ihm wurde warm und fühlte, wie die Schmetterlinge in seinem Bauch zu tanzen begangen. Er dachte an die vielen Momente, die sie zu zweit erlebt hatten. Wie sehr er sich jedes Mal freute, wenn er seinen Winti nach der Sommerpause wieder sah. Die Umarmungen, die er mittlerweile so sehr genoss, ja sogar initiierte. Die vielen Lacher zusammen. Und wie gern er Joko beim Lachen zusah. Wie ihm selbst ganz warm ums Herz wurde, wenn Joko ihn so intensiv ansah. Bei keinem fühlte er sich so wohl, wie bei ihm. Es stimmte, sie konnten wirklich nicht die Finger voneinander lassen. Hier mal eine Hand auf dem Bein, dort mal eine sanfte Berührung am Arm, ein kurzes streifen über den Rücken. Es war ihm schon selbst aufgefallen, dass er die Nähe des anderen immer mehr genoss, hatte sich aber nichts dabei gedacht. Oder wollte sich vielleicht nichts dabei denken. Aber jetzt war es ihm wie Schuppen vor die Augen gefallen. „Ich liebe Joko.“, hörte er sich sagen.
Als Klaas die Augen endlich wieder öffnete, sah er, dass Tränen über Doris‘ Wangen liefen. So gut er sich eben noch gefühlt hatte, so sehr versetzte ihm das jetzt einen Stich. Er zog sie an sich, so fest er konnte und wiegte sie sanft hin und her. „Es tut mir so leid.“, flüsterte er entschuldigend und gab ihr einen Kuss auf den Kopf. „So unendlich leid.“ Man konnte den Schmerz in seiner Stimme hören. Doris schniefte. „Ich weiß“, schluchzte sie, „Ich weiß doch, du Idiot.“ Er wusste sie meinte das nicht böse. Sie hatte ihm gerade die Augen geöffnet. Und das, obwohl sie selbst damit so viel Schmerz erfahren musste. Womit hatte er das verdient? Einen Menschen, der ihn so sehr liebte, dass sie sein Glück und Wohlergehen über ihr eigenes stellte. Er zog sie noch fester an sich und streichelte ihr über den Rücken. „Du bist du zu gut für diese Welt.“, stellte er fest. Doris lachte bitter. „Das war schon immer mein Problem.“
Eine Weile standen sie schweigend da. Die Sonne stand mittlerweile tief und warf lange Schatten in die Küche. Als Doris sich allmählich wieder beruhigt hatte, löste sie die Umarmung. Verloren sah Klaas sie an. Er fühlte sich schrecklich. Sie schlurfte zur Küchenschublade und holte einen Taschentuchpackung heraus. Geräuschvoll putzte sie sich die Nase. Hilflos sah Klaas ihr zu. In seinem Kopf herrschte Chaos. Er liebte Joko, dessen war er sich nun sicher, aber er liebte auch immer noch Doris und es gefiel ihm nicht, sie leiden zu sehen.
„Und jetzt?“, fragte er ratlos. Doris setzte sich wieder an die Kücheninsel und schob das Testament zur Seite. „Du musst dir klar werden, was du willst Schatz.“, sagte sie aufmunternd. „Das hier,“, sie tippte auf das Stück Papier, „kann noch warten. Mach dir klar, wie es jetzt weiter gehen soll.“ „Das hier,“, setzte Klaas an und ging auf die Theke zu, „Das hier ist fertig und wird versiegelt. Ich werde es morgen dem Notar geben. Egal was auch passieren sollte, was sich verändern sollte...“, er stockte, „Ihr seid meine Familie. Und alles was ich euch hier zugestanden hab, soll auch so bleiben. Das ist doch klar.“ Er schaute sie ernst an. Doris legte ihre Hand auf seine. „Du bist auch zu gut für diese Welt.“, stellte sie fest. Sie sahen sich vertraut in die Augen. Klaas wollte den Moment nicht unterbrechen, aber es half alles nichts.
„Und nun?“, fragte Klaas. Doris zog die Hand zurück. „Du kannst nicht hierbleiben.“, stellte sie traurig fest. „Ich liebe dich und ich will, dass du glücklich wirst, aber ich kann dabei nicht zusehen, verstehst du?“ Klaas nickte verständnisvoll. „Ich werde vorübergehend in ein Hotel ziehen.“ Doris nickte ebenfalls. Erneut füllten sich ihre Augen mit Tränen. Schmerzvoll sah er sie an. „Was sagen wir den Kindern?“, frage er bedrückt. „Die Wahrheit.“ Doris zuckte mit den Schultern. „Irgendwann zumindest.“ Mehr brachte sie nicht heraus. Wieder standen sie sich eine Zeit lang schweigend gegenüber. „Dann geh ich mal packen“, murmelte Klaas schließlich und ließ Doris allein zurück.
Als er das nötigste in seinem Koffer verstaut hatte, kam er zurück in die Küche. Er steckte sein Handy in die Tasche und griff nach dem Testament. „Ich hab‘ das ernst gemeint, weißt du?“, sagte er an Doris gewandt, die immer noch auf ihrem Platz saß. Mittlerweile hatte sie sich ein Glas Rotwein eingeschenkt. Fragend sah sie ihn an. „Das mit dem Testament. Ihr seid meine Familie. Du bist mir nach wie vor unglaublich wichtig und ich will nicht, dass irgendwas das verändert. Du bist die Mutter meiner Söhne und meine erste große Liebe.“ Er sah sie aufrichtig an. „Bitte, ich wünsche mir, dass unser Verhältnis so gut bleibt, wie es ist. Ich wollte dir niemals weh tun.“ Trotz allem lächelte Doris ihn an. „Versprochen.“, sagte sie. Klaas nickte und wandte sich zum Gehen. Als er schon in der Tür war, hörte er Doris‘ Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sie fiel ihm ein letztes Mal in die Arme. Die Umarmung war kurz, aber ehrlich. „Ich liebe dich nach wie vor Klaas Heufer-Umlauf.“, murmelte sie wehmütig in sein T-Shirt, dann sah sie ihn ein letztes Mal tief in die Augen. „Und deswegen musste ich dich gehen lassen. Mach was draus, okay?“, sagte sie und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er lächelte sie an, gab ihr einen letzten, zärtlichen Kuss auf die Stirn. „Versprochen.“ Dann fiel die Tür ins Schloss.