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Der letzte Sturm

von Mohrfell
Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Arianne Martell Arya Stark Daenerys "Dany" Targaryen Jon Schnee Margaery Tyrell Robb Stark
19.11.2022
22.05.2023
37
101.396
4
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22.11.2022 2.182
 
Das Rufhorn weckte Robb Stark aus seinem Albtraum. Der König des Nordens hatte die halbe Nacht wach gelegen und über die Weißen Wanderer gegrübelt. Erst beim Morgengrauen war er in einen unruhigen Schlaf gefallen. Doch als der Hornstoß ihn weckte, fühlte er sich noch müder. Zu sehr hatten ihn seine Sorgen beschäftigt. Die letzte Nachricht von der Mauer war Wochen her und von den Spähern, die Robb ausgesandt hatte, war keiner zurückgekommen. Er stand auf, rieb sich die dunkel unterlaufenen Augen und zog sich langsam an. Dann machte er sich auf den Weg in die Hohe Halle.
Der Winter hatte den Norden hart getroffen und Winterfell war eingebettet in Schnee. Und doch war die Burg und das Winterdorf voller Leben. Soldaten, Krieger, Diener. Alle liefen umher und versuchten, zwischen den Gängen nicht zu erfrieren. Maester Alyn rannte auf Robb zu. „Euer Gnaden. Es sind Männer von der Mauer eingetroffen.“, rief der junge Maester mit roten Wangen.
Erleichterung. Endlich gab es Neuigkeiten. „Wer ist es?“, fragte Robb.
„Männer der Nachtwache. Nordmänner und ein paar von der Bruderschaft.“, berichtete Maester Alyn. „Und einige wenige Wildlinge.“
„Wie viele sind es?“, fragte Robb.
„Etwa zweihundert Männer.“, sagte Alyn. „Vielleicht mehr.“
„Zweihundert? Entweder ist das die größte Abordnung bisher, oder die Toten haben...“, Robb stoppte abrupt. Ein schrecklicher Verdacht kam ihn. „Wo sind sie?“
„Im Hof, euer Gnaden.“
Robb drehte sich um und rannte los. Sein Atem sammelte sich in weißen Wolken vor ihm und er konnte die fragenden Blicke der Bediensteten spüren.
Im inneren Hof von Winterfell wimmelte es von Menschen. Robb erkannte die schwarzen Gewänder der Nachtwache, die Felle der Wildlinge und die Mäntel von den Soldaten des Nordens. Er ließ seinen Blick über die Menge wandern. Es waren knapp fünfhundert Mann. Viele auf den ersten Blick, doch wenn seine Befürchtungen stimmten, waren es viel zu wenige.
Rickon Stark rannte auf ihn zu. „Robb! Robb, was ist denn hier los?“, fragte sein älteren Bruder.
„Wenn ich das wüsste.“, antwortete Robb.
„RICKON STARK!“, brüllte plötzlich ein laute und tiefe Stimme. Ein großer Mann, mit einem rohen Gesicht und einem langen weißem Bart, rannte auf Rickon zu und umarmte ihn, mit Knochen brechender Gewalt.
„Mors Krähenfresser.“, lachte Rickon und schlug dem alten Umber auf die Schulter. „Es ist schön dich zu sehen. Warum seid ihr hier?“
Das breite Grinsen, verschwand aus dem Gesicht des alten Umbers. „Der Tot.“
„Haben die Wiedergänger die Mauer durchbrochen?“, fragte Robb entsetzt.
Mors Umber nickte grimmig. „Haben sie.“
Robb wurde von grauen erfasst, doch er rief sich zur Ordnung. Wenn er jetzt zusammenbrach, würde Chaos ausbrechen. „Wie?“, fragte er und bemühte sich, seine Stimme ruhig und beherrscht klingen zu lassen.
„Mit dem Horn des Winters, euer Gnaden.“, sagte eine andere, raue Stimme. Beric Dondarrion kam auf ihn zu.
„Lord Dondarrion.“, Robb nahm die Hand des Anführers der Bruderschaft. „Was ist passiert?“
„Sie kamen nach Ostwacht.“, erklärte Dondarrion. „Der Nachtkönig besitzt ein großes Horn, dessen Klang die Mauer einrissen hat. Wir sind die letzten überlebenden. Etwa fünfhundert Mann aus Ostwacht, der Schwarzen Festung und weiteren. Alle anderen Burgen an der Mauer, wurden vom Tot eingenommen.“
„Sie sind alle tot?“, fragte Robb bestürzt. „Es waren fast fünftausend Mann an der Mauer Stationiert. Und diese Fünfhundert sind die letzten Überlebenden?“ Ein Schwindel erfasste ihn und er musste sich nun doch an Rickons Schulter abstützen. „Ostwacht. Tormund, Theon und Tommen. Haben sie überlebt?“
„Ja. Sie passen vor Winterfell auf die Verwundeten auf. Aber wir mussten viele zurück lassen.“, sagte Lord Dondarrion.
„Wie besprechen das in der großen Halle. Mors Umber. Ihr seid auch willkommen. Tormund sollte sich uns auch anschließen. Und bringt den zu mir, der die Nachtwache anführt.“, befahl Robb. Das Erteilen von Befehlen beruhigte ihn.
Die große Halle war der wärmste Ort in Winterfell. Das Feuer prasselte im großen Kamin. Robb hatte Stühle vor das Feuer stellen lassen und Diener brachten heißen Wein, Bier und Essen. Neben Mors Umber waren auch Beric Dondarrion, Tormund Riesentod und der Lord Kommandant der Nachtwache, Eddison Tollett anwesend.
Die Männer waren ausgezehrt und hungrig. Alle schlangen ihr Essen hinunter, außer Lord Beric Dondarrion, der nur wenige Bisse aß.
„Berichtet mir, was ist passiert, nachdem der Nachtkönig die Mauer eingerissen hat?“, fragte Robb.
„Wir haben die Überlebenden gesucht.“, antwortete Lord Beric. „Es waren wenige. Tormund. Graufreud und Tommen und noch ein paar andere. Wir sind zur Schwarzen Festung und haben dort Alarm gegeben.“
Eddison Tollett übernahm die Erzählung. „Ich habe die Wache zusammengerufen. Zumindest das, was noch davon übrig war. Und unsere Verbündeten aus dem Norden. Mit viereinhalbtausend Mann, sind wir zum Letzten Herd gezogen. Lord Jon Umber hat uns aufgenommen. Doch die Toten sind uns gefolgt.“ Der schwermütige Edd umklammerte seinen Kelch mit zitternden Händen. „Es war schlimmer als auf der Faust der ersten Menschen. Die Toten kam in der Nacht. Die Luft wurde so kalt, das unser Atem gefror. Die Feuer wurden immer kleiner und drohten ganz zu verlöschen. Die Weißen Wanderer führten den Angriff an. Sie kamen aus den Wäldern und begannen, die Ränder der Lager zu überfallen.“
Der Lord Kommandant nahm noch einen Schluck Wein. „Am letzten Neumond, als die Nacht am dunkelsten war, haben sie uns überfallen. Zehntausende sind über die Notpalisaden gestürmt. Tausend Mann sind gestorben, ehe wir reagieren konnten. Der Rest war wilde Flucht. Nur wir sind noch übrig.“
„Einhundert Krähen. Zweihundert Nordmänner. Der Rest sind Männer vom Letzten Herd und der Schenkung.“ Tormund Riesentod, der große, bärenstarke Wildling, mit dem roten Haar und dem ungebändigtem Bart, sah mit leerem Blick in das Feuer. „Und ein paar Dutzend vom Freien Volk. Das Volk, jenseits der Mauer gibt es nicht mehr.“, er starrte die Versammelten an. „Wir waren nicht anders als ihr, Wolfskönig. Erste Menschen. Nachfahren von den Helden, die die Wanderer vor Generationen vertrieben. Wir beten zu den gleichen Götter. Warum habt ihr uns nicht geholfen? Warum habt ihr uns verraten?“ Er wartet auf keine Antwort. Stattdessen trank er seinen Wein in einem großen Zug aus. Dann stand er auf, warf seinen Kelch in die Flammen und zog sein Schwert.
Robb griff nach seinem Schwert. Für einen Moment hatte er Angst, der große Wildling würde ihn erschlagen. Mors Umber und Rickon, der bei der Tür stand, griffen ebenfalls nach ihren Waffen. Grauwind und Struppel hoben die Köpfe und knurrten leise.
Doch Tormund griff niemanden an. Er zog sich seine Klinge durch die Hand. Blut tropfte zu Boden. „Ich schwöre, bei den Göttern des Waldes, das ich nicht ruhen werde, bis die Weißen Wanderer vernichtet wurden! Das schwöre ich, als letzter des Freien Volkes!“, verkündeter mit tiefer und vor Wut und Trauer, bebender Stimme. Dann marschierte er aus der großen Halle.
„Was ein dramatischer Abgang.“, murmelte Rickon und setzte sich auf den freigewordenen Stuhl. „Mors. Was ist mit den anderen aus dem Letzten Herd passiert? Mit dem Kleinjon? Mit Hothar? Und was ist mit dem kleinen Ned?“, fragte er Mors Umber. Tiefe Sorge um die Familie, die ihn beschützt hatte, lag in seiner Stimme.
Der weißhaarige Umber verkniff das Gesicht. „Sie sind alle tot, kleiner Wolf. Alle. Hother gehörte zu den ersten, die gefallen sind. Er hat noch versucht, uns zu warnen. Doch es war zu spät. Die Wanderer haben die Toten in unserer Krypta, auferstehen lassen. Der kleine Ned, wurde von den Überresten seines eigenen Großvaters zerfetzt. Als mein Neffe seinen Körper sah, wurde er Wahnsinnig. Er hat den letzten Herd angezündet. Unsere Burg, meine Heimat, ist komplett niedergebrannt.“, Mors Umber ließ seine Knöchel knacken. „Ich bin der letzte der Umbers. Mein Haus wird aussterben. Meine Söhne starben am Trident und meine Tochter wurde von Wildlingen entführt. Ich bin zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Die Wanderer werden fallen. Und wenn ich dafür mit Wildlingen zusammenarbeiten muss, dann ist das so.“, er sah zu Robb. „Was immer ihr verlangt, ich werde es tun.“
Robb faltete die Hände. Der Bericht des Umbers hatte ihn tief erschüttert. „Ihr werdet euch ausruhen. Bis wir wissen, wann die Toten uns erreichen, bleibt uns nichts als zu warten.“ Robb sah zu Beric Dondarrion, „Was ist mit eurem Priester? Den, der euch zurück gebracht hat?“
Zum ersten Mal, sah er so etwas wie Trauer im letzten Auge des Lords. „Thoros von Myr ist bei Ostwacht gefallen. Dies ist mein letztes Leben.“
„Schade. So jemanden könnten wir gut gebrauchen.“, Robb stand auf. „Ruht euch aus. Wir werden heute Abend weiterreden.“ Mors Umber und Eddison Tollett standen auf und verließen die große Halle. Rickon wollte auch gehen, doch Robb hielt ihn zurück.
„Was ist? Ich wollte zu Sharin.“, sagte Rickon.
Robb musste lächeln. „Ich freue mich, das du und Sharin euch versteht. Das ist bei nicht allen Verlobungen so. Komm.“, er nahm Rickon an der Schulter. „Besuchen wir unseren Bruder.“
Brandon Stark, der für viele Jahre, hinter der Mauer verschollen war, saß im Götterhain. Maester Alyn hatte ihm einen Stuhl gebaut, den man auf zwei großen Rädern schieben konnte. Robb hatte den Maester für seine Konstruktion gelobt, bis dieser ihm gesagt hatte, dass die Pläne von Bran kamen. „Ich weiß nicht, woher er sie hat. Aber eines Morgens hat er mich gerufen und sie mir gegeben.“
Einhundert Raben, hockten auf den Ästen des Wehrholzbaumes. Robb hatte das Gefühl, die Vögel würden ihn und Rickon aus ihren schwarzen Perlenaugen beobachten.
Struppel, dessen Schwarzes Fell vor dem Teppich aus Schnee noch dunkler wirkte, bellte und sprang los.
Sommer, Brans hellbrauner Schattenwolf, hob den Kopf und erwiderte Struppels Jaulen, bewegte sich jedoch nicht von Brans Seite.
Grauwind trabte zu ihm und die Schattenwölfe beschnupperten sich.
Robb blieb vor Bran stehen. “Bran?“, fragte er leise.
Brans Augen, wurden weiß und dann kehrten seine braunen Augen zurück.
„Robb, Rickon.“, sagte er mit der gleichen kühlen Stimme, die Robb so fremd vorkam und ihn so wenig an den lebhaften Bran von früher erinnerte. „Die Wanderer haben die Mauer überwunden.“
„Du wusstest es? Warum hast du nichts gesagt?“, fragte Rickon hitzig. Robb konnte seine Wut verstehen. Die Umbers waren eine Familie für Rickon gewesen.
„Was hätte es gebracht?“, antwortete Bran. „Ihr hättet es nicht verhindern können. Es wären nur noch mehr Menschen gestorben.“, Bran wand den Blick von ihnen ab. „Ihr müsst die Lords des Nordens nach Winterfell rufen. Der Nachtkönig wird direkt hierher kommen.“
„Woher weißt du das?“, fragte Robb.
Bran zog langsam, den Ärmel seines rechten Armes hinauf. Auf seinem Unterarm war ein weißer Handabdruck zu sehen. „Er hat mich gezeichnet. Der Nachtkönig weiß immer wo ich bin. Und dieser Abdruck hat noch eine andere Wirkung. Er hat die Magie der Mauer so geschwächt, dass das Horn des Winters sie einreißen konnte.“, er sah zu Robb. „Es ist meine Schuld, das die Mauer durchbrochen wurde.“
Robbs Hände begannen leicht zu zittern. Er ballte sie zu Fäusten. „Was können wir tun?“
Bran sah ihn an. „Das weiß ich nicht. Ich kann nur dir nur eines sagen: Du brauchst Hilfe. Und im Süden findest du sie.“
„Was meinst du?“
Bran sah ihn aus unergründlichen Augen an. „Jon ist zurück in Westeros. Er hat Daenerys Targaryen gefunden und ist zurückgekehrt.“
„Jon ist wieder Zuhause?“, fragte Robb heiser, „wann wird er zu uns stoßen?“
„Das weiß ich nicht. Aber ich werde versuchen, es herauszufinden.“ Bran lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Geht jetzt. Ihr müsst viel erledigen.“
Robb hätte seinem Bruder gerne noch weitere Fragen gestellt, doch er erkannte, das es sinnlos war. Brans Augen wurden wieder weiß und die Raben flogen mit einem wilden Krähen nach Norden.

„Er hätte etwas sagen sollen!“, rief Rickon laut. „Die Umbers waren gute Menschen! Sie haben es nicht verdient, so zu sterben.“
„Du hast recht. Aber sie sind tot und wir können nur noch über sie trauern.“, Robb legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. „Doch für Trauer haben wir keine Zeit. Die Toten kommen. Und wir haben zu wenig Drachenglas und zu wenig Valyrischen Stahl, um sie zu bekämpfen.“ Er holte tief Luft. „Ich will, das du Sharin nach Süden bringst.“
Rickons Kopf fuhr herum. „Du willst mich wegschicken?“ er klang verletzt. „Ich bin dein bester Kämpfer!“
„Und du bist mein Bruder. Aber du hast gehört, was Mors Umber gesagt hat. Der Nachtkönig kann auch unsere bereits Verstorbenen wieder auferstehen lassen. Dieser Kampf wird anders sein als alle Kriege in den letzten tausend Jahren. Ich will nicht, das der Norden stirbt. Darum schicke ich alle, die nicht kämpfen können, nach Süden. Und ich will, das du sie beschützt. Und meine Frau ist im Süden. Ich will, dass du Margaerys und meine Kinder, Hazel und Eddard, weiter nach Süden bringst.“, er redete eindringlich auf Rickon ein. „Du wirst nach Süden gehen. Ich will, das meine Familie in Sicherheit ist. Und es muss immer ein Stark, auf Winterfell sein.“
Rickon presste die Lippen aufeinander. „Gut. Wenn du es befielst.“, er sah hinaus, wo es aufgehört hatte zu schneien. „Ich habe Mutter schon zu lange nicht mehr gesehen,“ er seufzte, „in Ordnung. Ich gehe nach Süden. Was wird dein nächster Schritt sein?“
Robb stellte sich neben Rickon und sah hinaus auf den Norden. Irgendwo dort warteten die Toten. „Ich werde zu den Fahnen rufen. Bolton, Manderly, Karstark. Wir werden die Toten hier erwarten. Winterfell ist nun die letzte Bastion der Lebenden.“
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