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Das Leben

von melodream
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / Het
OC (Own Character)
11.11.2022
11.03.2023
19
40.026
8
Alle Kapitel
50 Reviews
Dieses Kapitel
5 Reviews
 
01.03.2023 2.356
 
>>Wenn man das Gefühl hat, dass alles auseinander fällt, sollte man ganz ruhig bleiben. Möglicherweise sortiert sich gerade dein Leben und die Menschen darin neu.<<
-Unbekannt-


September 2022

Heute war so ein Tag an dem Vetle so gar keine Lust auf das Training hatte und das lag nicht nur an diesem düsteren Nebel der sich über dem Holmenkollen breit gemacht hatte.
Letzte Woche war er mit der Mannschaft im Trainingslager gewesen und es war jetzt definitiv nicht übertrieben wenn er jetzt sagte, dass sein Körper diese Tage noch spürte. Siegfried hatte ihnen so einiges abverlangt und die Höhe hatte ihm den Rest gegeben. Dennoch wusste Vetle das es gerade jetzt wichtig war am Ball zu bleiben. Die neue Saison war nicht mehr weit entfernt und es war jetzt die Zeit den Grundstein für eine erfolgreiche Saison zu legen. Deswegen riss er sich jetzt zusammen und machte weiter in seinem Trainingsplan. Schließlich wusste er das es vollkommen normal war solche Tage zu haben und genauso wusste er wie er sich zu verhalten hatte.

Vetle verstaute gerade seine Gewehrtasche in seinem Auto, als sein Handy sich in der Tasche seiner Regenjacke meldete. Far stand auf dem Display.

„Hallo Pappa, was gibt’s?“

„Hallo Vetle, hier ist Sigrid“, Sigrid? Er war verwirrt. Warum rief die Nachbarin seiner Eltern ihn mit dem Handy seines Fars an?

„Ich habe eine Bitte an dich und ich weiß auch, dass ich mit dieser Bitte sicherlich zu viel von dir verlange“, Vetle wurde von Sekunde zu Sekunde neugieriger.

„Was hast du denn für eine Bitte?“

„Mads hat mich gerade angerufen. Er war ziemlich aufgelöst und hat auch geweint. Ich habe nicht viel aus ihm herausbekommen, außer dass irgendetwas mit Thea ist. Du wohnst am nächsten an den Beiden dran. Könntest du mal nach den Beiden sehen?“, Thea! Ihm wurde schlagartig warm und kalt zugleich. Seit ihrem letzten Aufeinandertreffen Anfang Juli in Geilo hatte er sie nicht mehr gesehen und auch Mads nicht mehr. Und er war ehrlich, je länger dieser Abend im Juli hinter ihm lag, desto weniger musste er an sie denken und nun war sie wieder schlagartig da. Ohne Vorankündigung. Vetle seufzte auf.

„Vetle ich bitte dich. Ich mache mir sehr große Sorgen und bis ich von Geilo nach Oslo gefahren bin sind über 3 Stunden vergangen“, jede Faser seines Körpers wiederstrebte sich zu Thea zu fahren.

„Kann nicht jemand anderes nachschauen?“

„Nein, da gibt es niemanden“, wie da gab es niemanden? Das konnte er gar nicht glauben.

„Vetle ich kann dich verstehen, dass du keinen Kontakt mehr zu Thea möchtest. Glaube mir, ich verstehe dich in dieser Sache wahrscheinlich besser als du selbst. Aber ich weiß auch, dass du es dir niemals verzeihen könntest wenn du jetzt nicht nach den rechten schaust und dann passiert etwas. Du bist doch ein guter Junge“, Sigrid kannte ihn gut. Sie wusste wo seine Achillisferse war. Doch was meinte die alte Nachbarin seiner Eltern damit, dass sie ihn mit der Sache mit Thea besser versteht als er selbst? Was wusste sie? Ein wenig neugierig war er schon, was sie wusste.

„Tu es für Mads“, noch einmal seufzte Vetle auf. Der kleine Junge hatte sich schon viel zu tief in seinem Herzen einen großen Platz gesichert und das wusste Sigrid. Spätestens jetzt wusste er selber, dass er fahren würde.

„Na gut, ich fahre.“

„Ich danke dir. Bitte melde dich, wenn du da bist“, Sigrid schien sehr erleichtert zu sein, als er sich jetzt dazu bereit erklärt hatte. Mit einem mehr als mulmigen Gefühl stieg er nun in sein Auto, stellte Theas Adresse in sein Navi ein und fuhr schließlich los. Vetle war fast eine halbe Stunde unterwegs, als er nun sein Auto unweit von Theas Wohnung parkte. Er war noch nie hier gewesen. Es war nicht die beste Wohngegend hier im Osten von Oslo und auch nicht die schönste. Vetle atmete noch einmal tief durch, bevor er die Klingel an der vorderen Haustür tätigte. Doch es rührte sich nichts. Deswegen klingelte er bei allen Nachbarn. Irgendeiner würde ihm schon aufmachen und so war es auch. Der Summer ertönte und Vetle konnte die Haustür ohne Probleme aufstoßen. Mit schnellen Schritten erklomm er die Stufen in den 3. Stock und klingelte erneut. Doch erneut machte ihm weder Mads noch Thea die Tür auf. Er konnte es nicht verleugnen, dass ihm diese Tatsache Angst einjagte. Was ist da hinter dieser verschlossenen Tür bloß los?

„Mads? Thea?“, er klopfte an die schwere Tür.

„Ich bins Vetle. Sigrid schickt mich“, sein Klopfen wurde energischer, als sich nach seinem vorherigen Klopfen noch immer keiner gemeldet hatte. Plötzlich tat sich etwas. Vorsichtig wurde von innen die Tür aufgemacht.

„Vetle?“, Mads hatte die Tür nur einen klitzekleinen Spalt aufgemacht. Dennoch konnte er den kleinen Jungen sehen und er sah auch das Mads weinte.

„Ja, ich bins. Lässt du mich rein?“, vorsichtig sprach Vetle auf den blonden Jungen ein, der schlussendlich auf ihn hörte und die Tür nun komplett öffnete. Vetle schaffte es noch nicht einmal komplett einzutreten, als Mads sich schon in seine Arme warf und bitterlich schlurzte. Er war vollkommen aufgelöst.

„Was ist denn los?“, Vetle versuchte Mads, welcher sich regelrecht an ihn klammerte, zu trösten. Der kleine Junge hatte sein Gesicht an seine Brust vergraben und schaffte es vor lauter weinen ihm nicht zu antworten. Vetle wurde zunehmend nervöser. So hatte er Mads noch nie erlebt. Er schaffte es kaum ihn zu beruhigen. Wo war eigentlich Thea? Thea ließ Mads sicherlich nicht einfach so alleine. Suchend scannte er die Umgebung ab, doch mehr als den kleinen Flur und die Küche links neben ihnen konnte er nicht ausmachen. Der Anblick der Küche ließ ihn jedoch stutzen. Es war unaufgeräumt, überall lagen Dinge herum. Diese Unordnung passte nicht zur Thea, die er in Geilo kennengelernt hatte und die bei ihrer Tante den Haushalt so penibel geführt hatte.

„Mads, wo ist deine Mamma?“, er zog Mads etwas von sich weg um ihn ansehen zu können. Er weinte immer noch und zog sich geräuschvoll die Nase hoch, bevor er mit dem Finger auf eine angelehnte Tür auf der rechten Seite zeigte.

„Bleib bitte kurz hier stehen. Ich will nur schnell nach deiner Mamma schauen und dann komm ich wieder zu dir, okay?“, Mads nickte und wischte sich die Tränen mit seinem Ärmel weg. Beruhigend strich Vetle dem kleinen Jungen noch einmal durch die Haare, bevor er nun aus der Hocke aufstand und sich auf den Weg machte. Sein Pulsschlag verdoppelte sich, nicht vor Anstrengung, sondern aus Nervosität was ihn hinter der Tür erwarten würde. Das es nichts gutes sein würde, war ihm spätestens nach Mads seinem Zustand endgültig klar.

„Oh Gott, Thea!“, Thea saß halb sitzend, halb liegend vor dem Sofa. Ihre Augen waren geschlossen. Schnell überbrückte Vetle den knappen Meter zwischen sich und der dort liegenden Frau und sprach sie weiter an. Doch es kam keine Regung von ihr. Sofort überprüfte er ihre Atmung und atmete hörbar aus, als er diese vernahm. Vorsichtig rüttelte er an ihr, was sie endlich die Augen öffnen ließ.

„Vetle?“, ihre Stimme war ganz leise und brüchig. Doch er war erst einmal erleichtert, dass sie ansprechbar war. Ihre Augen wirkten glasig auf ihn und ihre Gesichtsfarbe war alles andere als rosig. Sie wirkte total orientierungslos auf ihn, so wie sie sich gerade im Raum umschaute und dann wieder zu ihm blickte.

„Kannst du aufstehen?“, fragte er sie und es dauerte bis seine Frage bei ihr anzukommen schien und Bewegung in sie kam. Sie stützte sich mit beiden Händen ab, als sie nun schwerfällig aufstand. Vetle behielt seine Arme die ganze Zeit in Griffweite zu ihr, so sehr befürchtete er, dass sie es nicht schaffen würde. Doch sie schaffte es aufzustehen, jedoch sackten ihr sofort die Kniee weg, als sie freihändig stand.

„Ich hab dich“, reflexartig griff er nach ihr, bevor sie hinfallen konnte. Thea hatte scheinbar überhaupt keine Kraft sich auf den Beinen zu halten, so sehr hing sie in seinen Armen. Vorsichtig dirigierte er Thea zum Sofa und half ihr sich hinzulegen. Er strich ihr eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und bemerkte sofort die heiße Stirn. Thea hatte Fieber da war er sich sicher.
Thea war so erschöpft, dass sie ihre Augen schon wieder geschlossen hatte. Deswegen ging Vetle erst einmal wieder zu Mads zurück, welcher noch genauso im Flur stand, wie er ihn dort stehen hatte lassen.

„Mads? Seid wann ist deine Mamma krank?“, Mads zuckte zuerst mit den Schultern, bevor er ihm doch eine Antwort geben konnte.

„Ihr geht es schon eine Weile nicht mehr gut. Seit heute Mittag schläft sie nur noch“, auf Mads´ Wangen waren schon wieder die feuchten Tränen sichtbar, die sich eine Spur hinab bahnten.

„Weißt du wo deine Mamma die Medikamente stehen hat?“, Vetle wusste, dass er zuerst das Fieber senken musste. Vielleicht war sie dann wieder soweit ansprechbar, dass sie ihm genug Informationen geben konnte ob sie nicht doch in ein Krankenhaus gehörte. Mads führte ihn in die Küche und zeigte auf den oberen Hängeschrank. Sofort öffnete Vetle den Schrank und stutzte. Er und auch seine Mutter hatten zuhause ja auch jeder einen Medikamentenschrank, aber nicht in diesem Ausmaß. Fein säuberlich sortiert standen dort Medikament an Medikament. Teilweise 10x das gleiche Medikament hintereinander und vorallem Medikamente von denen er noch nie etwas gehört hatte und keines welches ihm gerade weiter helfen würde.

„Im anderen Schrank sind noch mehr“, kam es unerwartet von Mads, welcher hinter ihm stand. Vetle öffnete nun auch den anderen Hängeschrank und Mads hatte Recht. Noch mehr Medikamente kamen zum Vorschein. Auch dieser Schrank war voll. Warum um Gottes Willen hatten Thea und Mads so viele Medikamente? Im hintersten Eck fand Vetle dann zum Glück einen Fiebersenker. Er ließ sich von Mads dann noch eine Wasserflasche geben und ging zu Thea zurück.
Es dauerte eine Weile bis er es schaffte, dass Thea ihre Augen wieder öffnete.

„Hier, nimm dies bitte. Dann geht’s dir bald besser“, ohne nachzufragen, was für Tabletten er ihr dort in die Hand drückte nahm sie diese und spülte sie mit Wasser runter. Thea sah ihn an. Sie sah verdammt fertig aus, doch sie schien etwas wacher wie eben zu sein. Plötzlich spürte er ihre Hand an der Wange.

„Deine Augen sind so wunderschön“, sein Herz kam kurz aus dem Takt, bevor ihm ganz warm ums Herz wurde. Doch gleichzeitig fühlte er auch eine gewisse Skeptik in sich. Nicht nur, weil sie hier wahrscheinlich aufgrund des Fiebers nicht wirklich wusste was sie gerade von sich gab. Nein, es war auch wegen ihrem Verhalten ihm gegenüber der letzten Wochen. Sie hatte ihn eindeutig abgelehnt und jetzt sagte sie so etwas? Es passte nicht zusammen.

„Schlaf ein bisschen. Ich pass auf Mads auf“, er löste ihre Hand von seinem Gesicht und verließ den Raum. Er war gerade etwas überfordert. Von Thea und auch von seinen Gefühlen, welche sich gerade wieder an die Oberfläche gekämpft hatten. Deswegen atmete er noch ein paar Mal durch, bevor er wieder zu Mads in die Küche ging. Dieser hatte sich an den Küchentisch gesetzt und musterte seine Hände, welche er in seinem Schoß liegen hatte.

„Deine Mamma schläft sich jetzt gesund und ich rufe mal kurz Sigrid an, okay?“, behutsam sprach er den kleinen Jungen vor sich an. Mads nickte teilnahmslos. Vetle fischte sein Handy aus der Tasche und wählte die Handynummer seines Far. Schließlich hatte er Sigrids Nummer nicht und sie hatte ihn ja von dieser Nummer angerufen. Sie war sicherlich noch bei seinen Eltern.

„Hallo Vetle“, er hörte die tiefe Stimme seines Vaters.

„Hallo Pappa, ist Sigrid noch bei dir?“

„Ja, warte kurz. Ich gebe dich weiter“, es raschelte am anderen Ende der Leitung, bis er Sigrid dran hatte.

„Wie geht es Thea?“, ihre Stimme überschlug sich förmlich.

„Nicht gut. Sie hat Fieber“, kurz klärte er Theas Tante weiter über alles auf was hier passiert war, jedoch ohne in alle Details einzugehen. Schließlich saß Mads hier und hörte mit. Er wollte ihm keine Angst machen.

„Ich mache mich gleich morgenfrüh auf den Weg nach Oslo. Könntest du dich bis dahin um die Zwei kümmern?“, Vetle fuhr sich durch seine Haare. Er hatte Verständnis dafür, dass Sigrid jetzt am späten Nachmittag nicht mehr ins Auto steigen wollte. Aber konnte er es? Er seufzte auf, weil er wusste das er jetzt nicht so einfach gehen konnte. Dafür war er einfach nicht der Typ, aber es machte auch etwas mit ihm hier zu sein. Bei der Frau, die er so unbedingt wollte und die ihn so einfach abserviert hatte.

„Ja, mach ich“, Sigrid bedankte sich mehrmals bei ihm, bevor sie ihn bat das Handy an Mads weiterzureichen.

„Hier Mads, Sigrid möchte noch kurz mit dir sprechen“, Vetle hielt ihm sein Handy hin, welches er entgegen nahm.

„Ja?“, er ließ den kleinen blonden Jungen nicht aus den Augen. Jedoch konnte er nicht hören, was Sigrid zu ihm sprach. Doch er wusste sofort, dass es etwas mit ihm zu tun hatte. Mads riss den Kopf hoch und sah ihn ängstlich an. Das Nein kam ziemlich engergisch aus seinem Mund und er schüttelte vehement mit dem Kopf. Hatte er Angst vor ihm? Mads reichte ihm sein Handy wieder zurück.

„Vetle, stell das Handy bitte auf laut“, Vetle tat was Sigrid von ihm verlangte.

„Du bist jetzt auf laut.“

„Vetle, Mads hat dir etwas zu sagen“, Mads sah ihn nicht an. Sein Blick war auf seine Hände gerichtet. War es so schlimm, was Mads ihm sagen sollte. Doch der kleine Junge sagte nichts.

„Mads sag es ihm. Ansonsten muss ich es tun“, doch Mads rührte sich weiterhin nicht. Behutsam umfasste er mit seiner großen Hand Mads seine kleine Finger. Er wollte ihm etwas Mut machen. Innerlich musste er etwas über den kleinen Jungen schmunzeln. Was sollte er ihm wohl schlimmes sagen? Er konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es etwas schlimmes sein könnte. Mads hob nun seinen Kopf und sah ihn mehr als ängstlich an. Sofort verwarf er seinen Gedankengang. Es war etwas Schlimmes, das sagte ihm alleine schon sein Blick.

„Ich bin schwer krank“, die Welt hörte für ihn für einen kurzen Moment auf sich weiter zu drehen. Stattdessen hatte Vetle das Gefühl er würde ins bodenlose fallen.
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