The German Helper
von SchokoAvenue
Kurzbeschreibung
Mila war mit ihrer deutschen Schulklasse auf Abschlussfahrt in Amerika, als die Welt plötzlich aus ihren Fugen geriet. Schon bald zeigt sich die neue Welt von ihrer hässlichen Seite, doch kann die Rettung einer unbekannten Gruppe Milas Zukunft für immer verändern?
GeschichteRomance, Schmerz/Trost / P16 / Gen
Daryl Dixon
OC (Own Character)
09.11.2022
23.03.2023
78
203.723
19
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Dieses Kapitel
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22.11.2022
1.971
Knapp drei Stunden später stand ich wieder so durchgeschwitzt auf dem Vorplatz Alexandrias, dass ich mich fragte, warum ich überhaupt vor dem Frühstück geduscht hatte. Gemeinsam mit Rick, Glenn und Michonne hatte ich mich an das Aufräumen des Hauses, aus dem ich am gestrigen Tag Carl und Judith gerettet hatte, gemacht. Nach und nach waren uns einige Bewohner Alexandrias zur Hilfe gekommen, sodass wir zusammen schnell die übrig gebliebenen Schut- und Aschereste beseitigt hatten. Die größeren, morschen Holzbalken, die den Brand jedoch überstanden hatten, gestalteten sich schwieriger. Gemeinsam mit Aaron, dem Mann, der bei Maggies und meiner Rettung auch im Wohnmobil gesessen hatte, sowie Spencer, dem Sohn von Deanna, der sich gestern bei der Versammlung auch mehrmals zu Wort gemeldet hatte, versuchte ich so gerade einen besonders großen Balken zu verfrachten. Zu dritt trugen wir den Balken auf unseren Schultern und suchten uns langsam unseren Weg über den Vorplatz. Wir hatten uns dazu entschlossen alle größeren Holzreste in einem Anhänger zu sammeln und sie dann später mit einem Auto aus dem Lager zu einer Wiese, die Alexandria seit geraumer Zeit als Müllablageort nutzte, zu fahren.
"Sei vorsichtig!"
Laut warnend wandte sich Aaron an Spencer, der mit seinen heiklen Wendemanöver beinah eine vorbeigehende Frau am Kopf getroffen hatte.
"Ich hab alles im Griff."
Winkte Angesprochener lässig ab und führte uns weiter in Richtung des geöffneten Anhängers. Es war ein anstrengender Tag und Spencer mit seiner abgehobenen und selbstsicheren Art, machte das sicher nicht gerade besser. Mit zusammengekniffenen Lippen schluckte ich eine fiese Bemerkung aber hinunter und tat stumm meine Arbeit. Wir wollten schließlich alle fertig werden.
"Und wie kommt man als Deutsch während dieser ganzen Scheiße nach Amerika?"
Als wir den Balken endlich auf dem immer voller werdenden Anhänger abgelassen hatten und uns gerade eine Minute Pause gönnten, sprach Spencer mich an. Er hatte anscheinend von irgendjemanden mitbekommen, dass ich aus Deutschland stammte. Dass er meinen Akzent nämlich richtig zuordnen könnte, traute ich ihm nun wirklich nicht zu.
"Ich war mit meiner Schulklasse hier, bevor das anfing."
Erklärte ich schwer schnaufend und bemerkte überrascht seine hochgezogenen Augenbrauen.
"Schulklasse? Wie alt bist du denn?"
"Vermutlich inzwischen 20."
Ich zuckte kurz die Schultern und beobachtete, wie Spencers Augen kurz von meinem Gesicht hinab zu meinen Füßen und wieder zu meinem Gesicht hinauf wanderten.
"Nicht einmal volljährig?"
Er wirkte etwas perplex, doch bevor ich überhaupt etwas erwidern konnte, kam Aaron mir schon zur Hilfe.
"Liegt im Auge des Betrachters. Ich glaube in Europa bist du mit 18 schon volljährig."
Nickend triftete ich dem Mann bei, während Spencer mich weiterhin voller Unglauben beschaute. Er war mir irgendwie etwas suspekt, wobei ich nicht glaubte, dass ich die Einzige war, die so fühlte. Als er zu uns an das zerstörte Haus gekommen war, um uns zu helfen, war mir Michonnes unbegeisterter Blick jedenfalls nicht entgangen.
"Das wären alle."
Schwer schnaufend und anscheinend den letzten Holzbalken geschultert, kam Besagte dann gemeinsam mit Rick und Glenn an den Anhänger getreten. Viel mehr hätte auch nicht mehr darauf gepasst.
"Möchte sich jemand freiwillig zum Rausfahren melden?"
Geschafft und wenig hoffnungsvoll blickte Rick in die Runde, als sich natürlich niemand anderes als Spencer zu Wort meldete. Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus und Hähme, dass ich schon die Augen verdrehte, bevor er überhaupt zu Ende gesprochen hatte.
"Aber Autofahren kannst du schon, auch wenn du minderjährig bist, oder?"
"Kriege ich hin, danke."
Mit beißenden Ton zischte ich dem Mann, der bestimmt nicht viel älter war als ich, entgegen und angelte mir schon den Autoschlüssel, der klimpernd in Ricks Hand baumelte. So als müsste er sich von meinen Worten erstmal selber überzeugen, eilte Spencer daraufhin direkt um das Auto herum und schwang sich ungefragt auf den Beifahrersitz. Ich hatte zwar inzwischen von Rick erfahren, dass man sich immer mindestens zu zweit aus dem Lager entfernen müsste, doch hätte ich jeden anderen als Spencer eindeutig vorgezogen. Seufzend schmiss ich den Wagen also an und fuhr, mit einem sarkastischen klatschenden Spencer neben mir, aus dem Tor, das Carol, die Wache hielt, extra für uns öffnete.
"Wo genau hin?"
Fragend wandte ich mich zu dem Mann, da ich natürlich keine Ahnung hatte, wo Alexandria seinen Müll lagerte.
"Da vorne links und dann nur noch geradeaus, bis eine große Wiese kommt."
Ich nickte zufrieden, als Spencer mir einfach antwortete, ohne einen dummen Spruch oder Kommentar zu bringen und folgte stumm der angegebenen Strecke.
"Und deine Klassenkameraden hast du alle verloren?"
Mit einem wortlosen Nicken bestätigte ich die Vermutung von Spencer. Jedenfalls die, mit denen ich unterwegs gewesen war, hatte ich verloren. Doch so wie es um die Welt stand, war mir sehr genau bewusst, dass der Rest meiner Klassenkameraden schon sehr viel Glück gehabt haben musste, um weiterhin am Leben zu sein. Die weiteren rund drei Minuten unserer Fahrt versuchte Spencer nicht weiter ein Gespräch mit mir aufzubauen, was ich nur zu gerne entgegennahm. Ich fuhr zwar relativ sicher Auto, doch sich dabei auch noch auf Englisch über meine traurige Vergangenheit zu unterhalten, war nun wirklich nicht das Leichteste.
"Fahr so nah wie möglich an den Müllhaufen heran."
Er meldete sich erst wieder mit befehlendem Ton zu Wort, als wir auf der besagten Wiese, auf deren hinteren Teil sich bereits ein beachtlicher Müllhaufen angesammelt hatte, ankamen. Beim näheren Heranfahren erkannte ich, dass Daryl dort bereits an einem Auto stand und gerade die letzten Reste aus dessen Kofferraum räumte. Ricks Regel, Alexandria nur zu zweit zu verlassen, galt wohl nicht für den robusten Armbrustschützen. Mit einem Nicken begrüßte er uns, als wir ausstiegen, woraufhin Spencer natürlich erstmal einen Kommentar ablassen musste.
"Die Deutsche ist nicht mal volljährig für amerikanische Standards."
Daryl, der mein Alter natürlich schon längst wusste, zuckte nur uninteressiert mit den Schultern und trat dann an unseren Anhänger heran, um diesen an der Hinterseite zu öffnen. Offenbar war er so nett und leistete mir neben Spencers Arroganz noch ein wenig Gesellschaft und half uns dabei, auch unseren Müll loszuwerden.
"Ich verschwinde mal kurz für kleine Mädchen."
Spencer kicherte leise und rannte dann quer über die Wiese, hinter den nächsten Baum. Fassungslos ob der vielen Balken, die noch aus dem Anhänger getragen werden müssten, blickte ich ihm hinterher, doch Daryls brummende Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
"Das ist meistens mit ihm so, wenn es an die Arbeit geht."
Ohne sich länger mit Spencer zu beschäftigten, griff Daryl dann nach dem ersten verkohlten Balken und warf ihn leichtfertig hinter sich auf den großen Müllhaufen. Auch wenn ich abgesehen von den wenigen Beißern, die direkt vor Alexandrias Toren lauerten, bisher noch keine Zombies gesehen hatte, so wünschte ich mir fast, dass einer der Untoten jetzt seinen Weg hinter den Baum zu Spencer finden würde. Genervt begann auch ich kleinere Holzreste, die ich alleine tragen könnte, aus dem Anhänger zu hieven, bis letztlich nur noch große Holzstücke, die mich sowohl in Gewicht als auch Größe um einiges übertrafen, im Anhänger warteten. Da von Spencer aber immer noch keine Spur zu sehen war und Daryl immer weiter unbeirrt das Holz auf den Müll verfrachtete, versuchte auch ich mich an einem der größeren Balken. Mit voller Kraft stemmte ich mich in den Boden, um das Holzstück also vom Anhänger zu ziehen, versagte jedoch kläglich. Ich spürte Daryls Blick in meinem Rücken, der mich noch einmal versuchen ließ, jedoch schließlich mit hochgezogenen Augenbrauen neben mich trat.
"Brauchst du Hilfe?"
Kurz zögerte ich, nickte dann jedoch geknickt. Der Armbrustschütze hatte genau gesehen, dass ich den Balken kein Stückchen bewegen könnte, wieso also lügen? So als wäre es nur ein Blatt Papier, nahm Daryl mir den Balken ab und beförderte ihn lässig mit einer Hand auf den Müllhaufen. Mit Überraschung stellte ich fest, dass er weder auf ein Dankeschön von mir behaarte, noch mit seiner Kraft angeben wollte. Anscheinend war er mir tatsächlich einfach nur gutmütig zur Hilfe gekommen.
"So, da bin ich wieder."
Mit hochgeschobenen Ärmel erschien Spencer wieder in meinem Sichtfeld und grinste breit. Daryl schenkte ihm nicht einmal einen kurzen Blick, sondern brummte nur mit seiner tiefen Stimme.
"Sehr gut, dann kannst du Milas Posten übernehmen und mir helfen."
"Brauchst du etwa schon eine Pause?"
Gespielt bemitleidend wackelte Spencer seine Augenbrauen in meine Richtung, was mir für einen Moment die Sprache verschlug. Er war es doch gewesen, der sich direkt verzogen hatte, als es an die Arbeit ging.
"Mila ist drei Köpfe kleiner als du und hat bereits über die Hälfte des Anhängers ausgeräumt, also ja, sie braucht eine Pause."
Daryl ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr den jungen Mann direkt wütend an. So wie die beiden miteinander sprachen, vermutete ich, dass sie schon öfter aneinandergeraten waren.
"Lass gut sein, ich mache schon."
Genau sehend, dass Spencer gerade zur Gegenoffensive ansetzen wollte, sprang ich eilig dazwischen. Wir waren hier im ungeschützten Gebiet rund fünf Autominuten von Alexandria entfernt, ich könnte es echt nicht gebrauchen, dass die Männer hier in einen Streit geraten würden. Zwar bemerkte ich Daryls zusammengekniffenen Augen auf mir, doch Spencer trat mit vor der Brust verschränkten Armen einen Schritt zurück und nickte abwartend.
"Dann zeige mal, was du kannst."
Seine eklige Selbstsicherheit gab mir den letzten Kick und mutig trat ich an den Anhänger heran. Ich wusste, dass es niemals schlau war, sich von einem vorlauten Typen wie Spencer herausfordern zu lassen, doch jetzt wollte ich ihm auch zeigen, was ich konnte. Bestimmt griff ich also nach einem der verbliebenen Balken und mobilisierte meine letzten Kräfte, um ihn von dem Anhänger zu heben. Aus dem Augenwinkel konnte ich Daryl erkennen, der nicht weit von mir entfernt stand und absichernd seine Hände ausgefahren hatte. Anscheinend glaubte er, ich könnte jeden Moment unter dem Gewicht des Balkens zusammenklappen. Vorsichtig ging ich in die Knie, um das Holzstück auf meiner Schulter zu platzieren, spürte jedoch schon, als ich mich wieder gerade hinstellen wollte, wie meine Beine zitterten.
"Etwa doch zu schwer?"
Angespannt biss ich auf meine Unterlippe, als die herausfordernde Stimme von Spencer an meine Ohren klang. Normalerweise hätte jetzt der Moment sein sollen, wo ich die Grenzen meines Körpers erkannte und den Balken einfach wieder auf den Anhänger zurücksinken ließ, doch irgendwas an Spencer machte mich so rasend, dass ich einfach nicht aufhören wollte. Mit voller Kraft hob ich den Balken also auf meine Schulter und ging wankend zwei unsichere Schritte, bevor ich ächzend unter dem Gewicht zusammenbrach. Während ich mit der Nase voran auf den staubigen Boden fiel, hörte ich Spencer im Hintergrund schon gehässig lachen. Ich verfluchte in diesem Moment mich, meine Schwäche sowie mein Gefühl, mich immer beweisen zu müssen. Ehe ich mich versehen konnte, war das Gewicht des Balkens jedoch schon von meinem Körper verschwunden und Daryl zog mich mit einer Hand an meiner Schulter wieder auf die Beine.
"Hör auf zu lachen, du Clown."
Nachdem er einen prüfenden Blick auf mich geworfen hatte, wandte er sich wütend zu Spencer um, der zwar verstummte, aber immer noch belustigt zu mir schaute. Wenn meine Nase von dem Sturz nicht so höllisch wehtun würde, dann wäre mir in diesem Moment vor Scham vermutlich das Blut in die Wangen gewandert.
"Den Rest kannst du alleine machen."
Ohne Spencer noch etwas sagen zu lassen, hatte Daryl schon wieder nach mir gegriffen und zog mich nun zügig aber vorsichtig mit sich zu dem Auto, mit dem er hier hergekommen war. Bestimmt drückte er mich auf den Beifahrersitz, legte mir den Sicherheitsgurt um, so als würde er gar nichts mehr von mir erwarten können, und stieg dann selber ein, um mit einem rasenden Tempo nach Alexandria zu düsen.
"Sei vorsichtig!"
Laut warnend wandte sich Aaron an Spencer, der mit seinen heiklen Wendemanöver beinah eine vorbeigehende Frau am Kopf getroffen hatte.
"Ich hab alles im Griff."
Winkte Angesprochener lässig ab und führte uns weiter in Richtung des geöffneten Anhängers. Es war ein anstrengender Tag und Spencer mit seiner abgehobenen und selbstsicheren Art, machte das sicher nicht gerade besser. Mit zusammengekniffenen Lippen schluckte ich eine fiese Bemerkung aber hinunter und tat stumm meine Arbeit. Wir wollten schließlich alle fertig werden.
"Und wie kommt man als Deutsch während dieser ganzen Scheiße nach Amerika?"
Als wir den Balken endlich auf dem immer voller werdenden Anhänger abgelassen hatten und uns gerade eine Minute Pause gönnten, sprach Spencer mich an. Er hatte anscheinend von irgendjemanden mitbekommen, dass ich aus Deutschland stammte. Dass er meinen Akzent nämlich richtig zuordnen könnte, traute ich ihm nun wirklich nicht zu.
"Ich war mit meiner Schulklasse hier, bevor das anfing."
Erklärte ich schwer schnaufend und bemerkte überrascht seine hochgezogenen Augenbrauen.
"Schulklasse? Wie alt bist du denn?"
"Vermutlich inzwischen 20."
Ich zuckte kurz die Schultern und beobachtete, wie Spencers Augen kurz von meinem Gesicht hinab zu meinen Füßen und wieder zu meinem Gesicht hinauf wanderten.
"Nicht einmal volljährig?"
Er wirkte etwas perplex, doch bevor ich überhaupt etwas erwidern konnte, kam Aaron mir schon zur Hilfe.
"Liegt im Auge des Betrachters. Ich glaube in Europa bist du mit 18 schon volljährig."
Nickend triftete ich dem Mann bei, während Spencer mich weiterhin voller Unglauben beschaute. Er war mir irgendwie etwas suspekt, wobei ich nicht glaubte, dass ich die Einzige war, die so fühlte. Als er zu uns an das zerstörte Haus gekommen war, um uns zu helfen, war mir Michonnes unbegeisterter Blick jedenfalls nicht entgangen.
"Das wären alle."
Schwer schnaufend und anscheinend den letzten Holzbalken geschultert, kam Besagte dann gemeinsam mit Rick und Glenn an den Anhänger getreten. Viel mehr hätte auch nicht mehr darauf gepasst.
"Möchte sich jemand freiwillig zum Rausfahren melden?"
Geschafft und wenig hoffnungsvoll blickte Rick in die Runde, als sich natürlich niemand anderes als Spencer zu Wort meldete. Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus und Hähme, dass ich schon die Augen verdrehte, bevor er überhaupt zu Ende gesprochen hatte.
"Aber Autofahren kannst du schon, auch wenn du minderjährig bist, oder?"
"Kriege ich hin, danke."
Mit beißenden Ton zischte ich dem Mann, der bestimmt nicht viel älter war als ich, entgegen und angelte mir schon den Autoschlüssel, der klimpernd in Ricks Hand baumelte. So als müsste er sich von meinen Worten erstmal selber überzeugen, eilte Spencer daraufhin direkt um das Auto herum und schwang sich ungefragt auf den Beifahrersitz. Ich hatte zwar inzwischen von Rick erfahren, dass man sich immer mindestens zu zweit aus dem Lager entfernen müsste, doch hätte ich jeden anderen als Spencer eindeutig vorgezogen. Seufzend schmiss ich den Wagen also an und fuhr, mit einem sarkastischen klatschenden Spencer neben mir, aus dem Tor, das Carol, die Wache hielt, extra für uns öffnete.
"Wo genau hin?"
Fragend wandte ich mich zu dem Mann, da ich natürlich keine Ahnung hatte, wo Alexandria seinen Müll lagerte.
"Da vorne links und dann nur noch geradeaus, bis eine große Wiese kommt."
Ich nickte zufrieden, als Spencer mir einfach antwortete, ohne einen dummen Spruch oder Kommentar zu bringen und folgte stumm der angegebenen Strecke.
"Und deine Klassenkameraden hast du alle verloren?"
Mit einem wortlosen Nicken bestätigte ich die Vermutung von Spencer. Jedenfalls die, mit denen ich unterwegs gewesen war, hatte ich verloren. Doch so wie es um die Welt stand, war mir sehr genau bewusst, dass der Rest meiner Klassenkameraden schon sehr viel Glück gehabt haben musste, um weiterhin am Leben zu sein. Die weiteren rund drei Minuten unserer Fahrt versuchte Spencer nicht weiter ein Gespräch mit mir aufzubauen, was ich nur zu gerne entgegennahm. Ich fuhr zwar relativ sicher Auto, doch sich dabei auch noch auf Englisch über meine traurige Vergangenheit zu unterhalten, war nun wirklich nicht das Leichteste.
"Fahr so nah wie möglich an den Müllhaufen heran."
Er meldete sich erst wieder mit befehlendem Ton zu Wort, als wir auf der besagten Wiese, auf deren hinteren Teil sich bereits ein beachtlicher Müllhaufen angesammelt hatte, ankamen. Beim näheren Heranfahren erkannte ich, dass Daryl dort bereits an einem Auto stand und gerade die letzten Reste aus dessen Kofferraum räumte. Ricks Regel, Alexandria nur zu zweit zu verlassen, galt wohl nicht für den robusten Armbrustschützen. Mit einem Nicken begrüßte er uns, als wir ausstiegen, woraufhin Spencer natürlich erstmal einen Kommentar ablassen musste.
"Die Deutsche ist nicht mal volljährig für amerikanische Standards."
Daryl, der mein Alter natürlich schon längst wusste, zuckte nur uninteressiert mit den Schultern und trat dann an unseren Anhänger heran, um diesen an der Hinterseite zu öffnen. Offenbar war er so nett und leistete mir neben Spencers Arroganz noch ein wenig Gesellschaft und half uns dabei, auch unseren Müll loszuwerden.
"Ich verschwinde mal kurz für kleine Mädchen."
Spencer kicherte leise und rannte dann quer über die Wiese, hinter den nächsten Baum. Fassungslos ob der vielen Balken, die noch aus dem Anhänger getragen werden müssten, blickte ich ihm hinterher, doch Daryls brummende Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
"Das ist meistens mit ihm so, wenn es an die Arbeit geht."
Ohne sich länger mit Spencer zu beschäftigten, griff Daryl dann nach dem ersten verkohlten Balken und warf ihn leichtfertig hinter sich auf den großen Müllhaufen. Auch wenn ich abgesehen von den wenigen Beißern, die direkt vor Alexandrias Toren lauerten, bisher noch keine Zombies gesehen hatte, so wünschte ich mir fast, dass einer der Untoten jetzt seinen Weg hinter den Baum zu Spencer finden würde. Genervt begann auch ich kleinere Holzreste, die ich alleine tragen könnte, aus dem Anhänger zu hieven, bis letztlich nur noch große Holzstücke, die mich sowohl in Gewicht als auch Größe um einiges übertrafen, im Anhänger warteten. Da von Spencer aber immer noch keine Spur zu sehen war und Daryl immer weiter unbeirrt das Holz auf den Müll verfrachtete, versuchte auch ich mich an einem der größeren Balken. Mit voller Kraft stemmte ich mich in den Boden, um das Holzstück also vom Anhänger zu ziehen, versagte jedoch kläglich. Ich spürte Daryls Blick in meinem Rücken, der mich noch einmal versuchen ließ, jedoch schließlich mit hochgezogenen Augenbrauen neben mich trat.
"Brauchst du Hilfe?"
Kurz zögerte ich, nickte dann jedoch geknickt. Der Armbrustschütze hatte genau gesehen, dass ich den Balken kein Stückchen bewegen könnte, wieso also lügen? So als wäre es nur ein Blatt Papier, nahm Daryl mir den Balken ab und beförderte ihn lässig mit einer Hand auf den Müllhaufen. Mit Überraschung stellte ich fest, dass er weder auf ein Dankeschön von mir behaarte, noch mit seiner Kraft angeben wollte. Anscheinend war er mir tatsächlich einfach nur gutmütig zur Hilfe gekommen.
"So, da bin ich wieder."
Mit hochgeschobenen Ärmel erschien Spencer wieder in meinem Sichtfeld und grinste breit. Daryl schenkte ihm nicht einmal einen kurzen Blick, sondern brummte nur mit seiner tiefen Stimme.
"Sehr gut, dann kannst du Milas Posten übernehmen und mir helfen."
"Brauchst du etwa schon eine Pause?"
Gespielt bemitleidend wackelte Spencer seine Augenbrauen in meine Richtung, was mir für einen Moment die Sprache verschlug. Er war es doch gewesen, der sich direkt verzogen hatte, als es an die Arbeit ging.
"Mila ist drei Köpfe kleiner als du und hat bereits über die Hälfte des Anhängers ausgeräumt, also ja, sie braucht eine Pause."
Daryl ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr den jungen Mann direkt wütend an. So wie die beiden miteinander sprachen, vermutete ich, dass sie schon öfter aneinandergeraten waren.
"Lass gut sein, ich mache schon."
Genau sehend, dass Spencer gerade zur Gegenoffensive ansetzen wollte, sprang ich eilig dazwischen. Wir waren hier im ungeschützten Gebiet rund fünf Autominuten von Alexandria entfernt, ich könnte es echt nicht gebrauchen, dass die Männer hier in einen Streit geraten würden. Zwar bemerkte ich Daryls zusammengekniffenen Augen auf mir, doch Spencer trat mit vor der Brust verschränkten Armen einen Schritt zurück und nickte abwartend.
"Dann zeige mal, was du kannst."
Seine eklige Selbstsicherheit gab mir den letzten Kick und mutig trat ich an den Anhänger heran. Ich wusste, dass es niemals schlau war, sich von einem vorlauten Typen wie Spencer herausfordern zu lassen, doch jetzt wollte ich ihm auch zeigen, was ich konnte. Bestimmt griff ich also nach einem der verbliebenen Balken und mobilisierte meine letzten Kräfte, um ihn von dem Anhänger zu heben. Aus dem Augenwinkel konnte ich Daryl erkennen, der nicht weit von mir entfernt stand und absichernd seine Hände ausgefahren hatte. Anscheinend glaubte er, ich könnte jeden Moment unter dem Gewicht des Balkens zusammenklappen. Vorsichtig ging ich in die Knie, um das Holzstück auf meiner Schulter zu platzieren, spürte jedoch schon, als ich mich wieder gerade hinstellen wollte, wie meine Beine zitterten.
"Etwa doch zu schwer?"
Angespannt biss ich auf meine Unterlippe, als die herausfordernde Stimme von Spencer an meine Ohren klang. Normalerweise hätte jetzt der Moment sein sollen, wo ich die Grenzen meines Körpers erkannte und den Balken einfach wieder auf den Anhänger zurücksinken ließ, doch irgendwas an Spencer machte mich so rasend, dass ich einfach nicht aufhören wollte. Mit voller Kraft hob ich den Balken also auf meine Schulter und ging wankend zwei unsichere Schritte, bevor ich ächzend unter dem Gewicht zusammenbrach. Während ich mit der Nase voran auf den staubigen Boden fiel, hörte ich Spencer im Hintergrund schon gehässig lachen. Ich verfluchte in diesem Moment mich, meine Schwäche sowie mein Gefühl, mich immer beweisen zu müssen. Ehe ich mich versehen konnte, war das Gewicht des Balkens jedoch schon von meinem Körper verschwunden und Daryl zog mich mit einer Hand an meiner Schulter wieder auf die Beine.
"Hör auf zu lachen, du Clown."
Nachdem er einen prüfenden Blick auf mich geworfen hatte, wandte er sich wütend zu Spencer um, der zwar verstummte, aber immer noch belustigt zu mir schaute. Wenn meine Nase von dem Sturz nicht so höllisch wehtun würde, dann wäre mir in diesem Moment vor Scham vermutlich das Blut in die Wangen gewandert.
"Den Rest kannst du alleine machen."
Ohne Spencer noch etwas sagen zu lassen, hatte Daryl schon wieder nach mir gegriffen und zog mich nun zügig aber vorsichtig mit sich zu dem Auto, mit dem er hier hergekommen war. Bestimmt drückte er mich auf den Beifahrersitz, legte mir den Sicherheitsgurt um, so als würde er gar nichts mehr von mir erwarten können, und stieg dann selber ein, um mit einem rasenden Tempo nach Alexandria zu düsen.