Bloom into you: Unerledigte Familienangelegenheiten
von ThatGrumpyGerman
Kurzbeschreibung
Eine Coming Out - Geschichte im "Bloom into You" - Universum von Nakatani Nio, die direkt an das Ende der Mangareihe rund um Touko Nanami und Yuu Koito anknüpft. Die beiden sind mittlerweile ein Paar und planen eine gemeinsame Zukunft, allerdings gibt es noch eine entscheidende Hürde zu nehmen: Wie wollen sie es ihren Eltern erzählen und wie werden diese darauf reagieren? Die Altersfreigabe folgt der Empfehlung der ursprünglichen Autorin für ihr Werk (FSK 14), in Abgrenzung zum Anime (FSK 0). Achtung: Beinhaltet für diejenigen, die nur den Anime kennen, jede Menge Spoiler.
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P16 / FemSlash
Touko Nanami
Yuu Koito
07.11.2022
07.11.2022
4
20.111
2
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07.11.2022
1.890
Rückblende
Die Hände im Schoß zu Fäusten geballt, die Knie fest zusammen gepresst saß Yuu Koito auf der Couch und schaute verlegen, mit leicht geröteten Wangen, beiseite. Das ist irgendwie ganz schön unangenehm., dachte sie bei sich, während sie dem strengen Blick von Touko Nanamis Vater auswich. So recht schlau wurde sie aus seiner ausdruckslosen Miene gerade nicht und auch ohne das zunehmend laute Pochen ihres Herzschlags in ihren Ohren war ihr nur zu bewusst, dass seine Art sie zunehmend nervös machte. Im Nachhinein war das hier vielleicht doch keine so gute Idee gewesen. War ich Touko gegenüber zu fordernd gewesen? Hätten wir es langsamer angehen sollen? Die Stille im Wohnzimmer stand im völligen Widerspruch zu den lauten Zweifeln in ihrem Kopf, die ihr Brust und Kehle zuschnürten. Sie hob die rechte Faust langsam an und drückte diese gegen ihr Brustbein. Warum musste das so schwer sein? Warum konnten andere sich nicht einfach nur für sie beide freuen ohne alles zu bewerten?
Sie dachte zurück an die Zeit vor nicht mal zweieinhalb Jahren, als Touko das erste mal bei ihr zuhause war, um ihr beim Lernen für die damals anstehende Mathearbeit zu helfen. Touko war an dem Tag auch sehr aufgeregt und nervös gewesen. Yuu selbst hatte sich nicht allzu viel dabei gedacht, nur eine Senpai, die die Familie ihrer Kouhai kennen lernte, doch Touko war schon damals in sie verliebt gewesen. Auch wenn das seinerzeit noch völlig einseitig war, so war Touko doch diejenige gewesen, die ihr ihren ersten Kuss gestohlen hatte und gleichwohl Yuu ihre Gefühle nicht hatte erwidern können, so hatte sie ihr doch erlaubt, heimlich mit ihr zusammen zu sein, irgendwie. So recht wusste sie immer noch nicht, wie sie ihre Beziehung damals nennen sollte. Nicht, dass es heute noch einen Unterschied machen würde. Sie waren keine festen Freundinnen gewesen, aber dass eine Kouhai ihrer Senpai erlaubte, sie zu küssen, so zu tun, als wären beide ein Paar, war dann doch, nun, ungewöhnlich. Vielleicht hatte Touko recht und man musste nicht auf alles ein Label drauf patschen, insbesondere dann, wenn keines davon so richtig zu passen schien. Dennoch hatten viele das Bedürfnis auf alles und jeden ein ebensolches per copy&paste zu kleben, als wären sie alle Waren in der Auslage eines Convenient Stores, normiert, uniformiert, abgepackt und etikettiert zum zwanglosen Shoppen und Konsumieren. Vielen Dank für ihren Einkauf, bitte beehren sie uns bald wieder.
Jedenfalls war Touko die Nervosität an dem Tag, als sie sie das erste mal zuhause besucht hatte, wohl ebenso so deutlich anzumerken gewesen, wie ihr selbst gerade. Darauf angesprochen hatte Touko gesagt, dass es sich anfühlte, als schulde sie Yuus Eltern eine Entschuldigung dafür ihre Tochter verführt zu haben. An dem Tag und noch Monate später hatte das in Yuu vor allem Unverständnis und offene Fragen hinterlassen, hatte Touko sie doch gar nicht verführt gehabt. Wir hatten uns umarmt und wiederholt geküsst, aber etwas zu tun, das sich so gut anfühlte war doch nicht so ungewöhnlich, oder? Warme Lippen, lange Wimpern, ein süßer Duft und weiche Haut, was gab es daran nicht zu mögen? Doch genau so seltsam, wie sie damals Toukos Reaktion darauf ihre Eltern kennen zu lernen und mit ihr zusammen in ihrem Zimmer zu sein vorgekommen war, so sehr konnte sie diese Reaktion nun nachempfinden. Immerhin hatten sie beide, wenn auch vor allem auf ihr Drängen hin, heute um das Gespräch mit Toukos Eltern gebeten, um beide wissen zu lassen, dass sie mehr als nur befreundet waren. "Entschuldigung, dass ich ihre Tochter verführt habe. Wiederholt.", traf es eigentlich ziemlich gut, auch wenn sie das niemals so offen sagen würde und das nicht, weil es ihr überhaupt nicht leid tat. Sie liebten sich und sie waren beide keine kleinen Mädchen mehr, die sich nicht vorstellen konnten, dass es noch etwas gab, das über Händchenhalten hinaus ging, doch gerade darum wusste Yuu nur zu gut, dass Touko immer das kleine Mädchen ihrer Eltern bleiben würde. Und ihr kleines Mädchen liebte diese nahezu Fremde. Toukos Eltern kannten Yuu vor allem aus Erzählungen von der Kouhai, die dem Schülerrat erst aushalf und dann beitrat, als die Krankenschwester in dem Theaterstück, das der Rat beim jährlichen Kulturfest der Schule auf die sie beide gingen aufgeführt hatte und nicht zuletzt als diejenige, die bei ihnen übernachtet hatte, als Toukos Eltern für zwei Tage verreist waren. Damals waren sie noch erfreut gewesen, dass jemand ihrer Tochter an diesen Tagen Gesellschaft leistete. Das war jetzt etwas über ein Jahr her und es war auch das erste der wenigen male, dass sie drei sich begegnet waren und miteinander gesprochen hatten, auch wenn es nur ein paar warme Worte zwischen Tür und Angel gewesen waren. Ob sie auch so begeistert gewesen wären, wenn sie gewusst hätten, dass sie beide in dieser Nacht zum ersten mal miteinander...
Yuus rechte Faust wanderte noch etwas höher, als sie begann ihre Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger leicht zu kneten. Die Hitze, die sie in ihren Wangen noch weiter ansteigen ließ, war ein klares Zeichen dafür, dass sie noch röter geworden war. Sie hatten es beide gewollt, aber hier und jetzt vor Toukos Vater zu sitzen, während die Mutter in der Küche schwarzen Tee und Kaffee aufsetzte, die wohl beide ziemlich stark ausfallen würden, fühlte sich beklemmend an. Touko ging ihr dabei zur Hand und dass Yuu hier im Wohnzimmer nicht mithören konnte, was die beiden dort besprachen, war zugleich beruhigend und beängstigend. Immerhin war Yuu es gewesen, die auf dieses Gespräch bestanden hatte. Für Touko war es gut so gewesen, wie es war. Es mag seltsam klingen, aber auch wenn sie jetzt am College war, ihre eigene Wohnung in einem Studentinnenwohnheim hatte und durch Studium und Schauspielerei so ausgelastet war, dass sie kaum noch Zeit hatte, so war ihr Verhältnis zu ihren Eltern dennoch besser und inniger, als noch vor etwa zwei Jahren, als sie noch zur Schule gegangen war und als Schülerin natürlich bei ihren Eltern wohnte. Damals hatte Touko unter enormem Druck gestanden, den Erwartungen ihrer Eltern an sie und ihre ältere Schwester gerecht werden zu müssen, auch wenn man der Fairness halber sagen muss, dass Touko sich diesen Druck selbst gemacht hatte. Natürlich waren ihre Eltern um sie besorgt gewesen, insbesondere nach dem tragischen Verkehrsunfall, bei dem sie ihre ältere Tochter und Touko die ältere Schwester verloren hatten, aber letztendlich war es Touko gewesen, die sich die Messlatten für ihre Erfolge derart hoch angesetzt hatte, alles erreichen zu müssen, was ihre Schwester erreicht hatte oder nicht mehr erreichen würde. Schülerratspräsidentin, Musterschülerin und Rollenmodell, das Theaterstück, das alles hatte Touko sich in den Kopf gesetzt und hart daran gearbeitet, es wahr werden zu lassen, wo ihre Eltern nur wollten, dass sie nach dem Unfall ihr eigenes Leben lebte, dass sie trotzdem glücklich wurde, statt einem Ideal ihrer Schwester nachzueifern, das lediglich in Toukos Vorstellung existierte. Es hatte etwas gedauert, bis Yuu begriffen hatte, dass sie und die heimliche Beziehung zu ihr für Touko eine Flucht vor sich selbst war, dass der Teil von ihr, der glücklich sein wollte, sich gegen ihr eigenes, bestimmendes Wesen wandte und mit Yuu in eine Welt flüchtete, in der sie nichts von alldem sein musste. Sie war ihr Zuflucht und sicherer Hafen gewesen und Yuu musste sich eingestehen, dass es ihr geschmeichelt hatte, dass diese Rolle ausgerechnet ihr zugefallen war, gerade weil sie Touko's Liebe nicht erwidern konnte. Im Nachhinein war auch das wohl vor allem eine Flucht vor Verantwortung gewesen. Hätte Yuu ihre Liebe erwidert, dann wären mit der Liebe Ansprüche entstanden und sei es nur der Anspruch sie glücklich zu machen. So jedoch hatte sie sich in eine Beziehung flüchten können, die ihr nichts abverlangte, in der sie keine Erwartungen zu erfüllen hatte, nicht erkennend, dass ihre eigenen Eltern ihr eben dies boten. Entsprechend hatten sie sie unterstützt, ihr Studium, die Schauspielerei, ihren Wunsch nach einer eigenen Wohnung. Waren ich und die Beziehung mit mir nicht im Grunde dasselbe? Mit mir zusammen zu sein, mich zu lieben und von mir geliebt zu werden machte sie glücklich. Das hatte sie immer wieder gesagt, geradezu betont, wie glücklich und froh sie mit mir war und wie sehr sie sich eine gemeinsame Zukunft wünschte. Nicht einfach nur eine geheime Liebschaft, sondern eine gemeinsame Wohnung, ein gemeinsames Leben, eine gemeinsame Familie. Sollten ihre Eltern uns also nicht genauso unterstützen, wie sie ihre Schauspielkunst unterstützten? In der Theorie klang das sehr überzeugend und im Grunde war genau das der Punkt gewesen, an dem Touko Yuus Drängen letztendlich nachgegeben und einer Aussprache mit ihren Eltern zugestimmt hatte, aber den beiden wirklich gegenüber zu treten war dann doch noch einmal ein anderes Kaliber. Sie waren beide furchtbar nervös gewesen und kurz davor einen Rückzieher in letzter Minute zu machen, aber dann war es doch aus Touko heraus geplatzt, als ihre Mutter sich artig für die Gelegenheit bedankte, Yuu endlich ein bisschen besser kennen lernen zu dürfen, die sie als eine Kouhai, auch wenn Yuu zu dem Zeitpunkt faktisch keine mehr war, als eine Freundin und Stütze ihrer Tochter immer nur flüchtig gekannt hatten.
"Sie ist nicht nur eine Freundin, sie ist meine feste Freundin. Die Frau, die ich liebe und die einzige, mit der ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann!"
In der Stille, die dem Ausbruch folgte, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Toukos Eltern hatten erst die beiden, dann einander ratlos angesehen, zumindest interpretierte Yuu dies so. Toukos Mutter sah mit dem leicht geöffneten Mund vor allem überrascht aus, während die unverändert ausdruckslose Miene ihres Vaters keinerlei Rückschluss erlaubte, ob er das Gesagte überhaupt gehört, geschweige denn verstanden und verarbeitet hatte oder ob sein Verstand einfach nur ausgesetzt war. Yuu ergriff Toukos Hand und drückte diese zu fest, mit einem mal nicht mehr so sicher, ob das Ganze nicht doch ein Riesenfehler war.
Toukos Mutter stand schwungvoll vom Sofa auf. "Ich glaube... Ich mache uns erstmal einen schwarzen Tee. Und Kaffee. Ja, genau." Damit schritt sie auch schon schwungvoll in Richtung Küche.
"Ich helfe Dir!", rief Touko, ihr auch schon hinterhereilend. Yuu wollte sie noch zurück halten, den Griff ihrer Hand nicht lockernd. Bitte lass mich nicht allein!, stand ihr überdeutlich in die von aufkeimender Panik gezeichneten Augen geschrieben, aber Touko schenkte ihr eines ihrer breiten "Alles wird gut"-Lächeln, das sie sich schon immer für sie allein aufgehoben hatte und das so eine eigenwillige, beruhigende Wirkung auf Yuu hatte, dass sich der verzweifelte Griff wie von selbst weit genug öffnete, dass Touko sich mühelos aus diesem lösen konnte. Eine kleine Weile lang hing Yuus Hand noch in der Luft, so als hätte diese einen ganz eigenen Willen, dann sackte die Hand in ihren Schoß, wo sie diese zur Faust ballte, ein Stück des dunkelblauen Rocks wie einen Talisman umklammernd.
Da saßen sie nun also zu zweit im Wohnzimmer. Toukos Vater, dessen Blicke sie gefühlt durchbohrten und sie, Yuu, die seit gut anderthalb Jahren jetzt feste Freundin seiner Tochter. Yuu selbst wusste nicht was sie sagen sollte und entweder ging es ihm ähnlich oder er hatte ihr nichts zu sagen. So wirklich sicher war sie da bei seiner nach wie vor versteinerten Miene nicht wirklich, aber sie wünschte sich, dass er als Hausherr die unangenehm drückende Stille durchbrach. Als er es dann schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit tat, war sie so tief in ihren eigenen Gedanken versunken, dass sie es nicht sofort bemerkte.
"Koito-san?"
Die Hände im Schoß zu Fäusten geballt, die Knie fest zusammen gepresst saß Yuu Koito auf der Couch und schaute verlegen, mit leicht geröteten Wangen, beiseite. Das ist irgendwie ganz schön unangenehm., dachte sie bei sich, während sie dem strengen Blick von Touko Nanamis Vater auswich. So recht schlau wurde sie aus seiner ausdruckslosen Miene gerade nicht und auch ohne das zunehmend laute Pochen ihres Herzschlags in ihren Ohren war ihr nur zu bewusst, dass seine Art sie zunehmend nervös machte. Im Nachhinein war das hier vielleicht doch keine so gute Idee gewesen. War ich Touko gegenüber zu fordernd gewesen? Hätten wir es langsamer angehen sollen? Die Stille im Wohnzimmer stand im völligen Widerspruch zu den lauten Zweifeln in ihrem Kopf, die ihr Brust und Kehle zuschnürten. Sie hob die rechte Faust langsam an und drückte diese gegen ihr Brustbein. Warum musste das so schwer sein? Warum konnten andere sich nicht einfach nur für sie beide freuen ohne alles zu bewerten?
Sie dachte zurück an die Zeit vor nicht mal zweieinhalb Jahren, als Touko das erste mal bei ihr zuhause war, um ihr beim Lernen für die damals anstehende Mathearbeit zu helfen. Touko war an dem Tag auch sehr aufgeregt und nervös gewesen. Yuu selbst hatte sich nicht allzu viel dabei gedacht, nur eine Senpai, die die Familie ihrer Kouhai kennen lernte, doch Touko war schon damals in sie verliebt gewesen. Auch wenn das seinerzeit noch völlig einseitig war, so war Touko doch diejenige gewesen, die ihr ihren ersten Kuss gestohlen hatte und gleichwohl Yuu ihre Gefühle nicht hatte erwidern können, so hatte sie ihr doch erlaubt, heimlich mit ihr zusammen zu sein, irgendwie. So recht wusste sie immer noch nicht, wie sie ihre Beziehung damals nennen sollte. Nicht, dass es heute noch einen Unterschied machen würde. Sie waren keine festen Freundinnen gewesen, aber dass eine Kouhai ihrer Senpai erlaubte, sie zu küssen, so zu tun, als wären beide ein Paar, war dann doch, nun, ungewöhnlich. Vielleicht hatte Touko recht und man musste nicht auf alles ein Label drauf patschen, insbesondere dann, wenn keines davon so richtig zu passen schien. Dennoch hatten viele das Bedürfnis auf alles und jeden ein ebensolches per copy&paste zu kleben, als wären sie alle Waren in der Auslage eines Convenient Stores, normiert, uniformiert, abgepackt und etikettiert zum zwanglosen Shoppen und Konsumieren. Vielen Dank für ihren Einkauf, bitte beehren sie uns bald wieder.
Jedenfalls war Touko die Nervosität an dem Tag, als sie sie das erste mal zuhause besucht hatte, wohl ebenso so deutlich anzumerken gewesen, wie ihr selbst gerade. Darauf angesprochen hatte Touko gesagt, dass es sich anfühlte, als schulde sie Yuus Eltern eine Entschuldigung dafür ihre Tochter verführt zu haben. An dem Tag und noch Monate später hatte das in Yuu vor allem Unverständnis und offene Fragen hinterlassen, hatte Touko sie doch gar nicht verführt gehabt. Wir hatten uns umarmt und wiederholt geküsst, aber etwas zu tun, das sich so gut anfühlte war doch nicht so ungewöhnlich, oder? Warme Lippen, lange Wimpern, ein süßer Duft und weiche Haut, was gab es daran nicht zu mögen? Doch genau so seltsam, wie sie damals Toukos Reaktion darauf ihre Eltern kennen zu lernen und mit ihr zusammen in ihrem Zimmer zu sein vorgekommen war, so sehr konnte sie diese Reaktion nun nachempfinden. Immerhin hatten sie beide, wenn auch vor allem auf ihr Drängen hin, heute um das Gespräch mit Toukos Eltern gebeten, um beide wissen zu lassen, dass sie mehr als nur befreundet waren. "Entschuldigung, dass ich ihre Tochter verführt habe. Wiederholt.", traf es eigentlich ziemlich gut, auch wenn sie das niemals so offen sagen würde und das nicht, weil es ihr überhaupt nicht leid tat. Sie liebten sich und sie waren beide keine kleinen Mädchen mehr, die sich nicht vorstellen konnten, dass es noch etwas gab, das über Händchenhalten hinaus ging, doch gerade darum wusste Yuu nur zu gut, dass Touko immer das kleine Mädchen ihrer Eltern bleiben würde. Und ihr kleines Mädchen liebte diese nahezu Fremde. Toukos Eltern kannten Yuu vor allem aus Erzählungen von der Kouhai, die dem Schülerrat erst aushalf und dann beitrat, als die Krankenschwester in dem Theaterstück, das der Rat beim jährlichen Kulturfest der Schule auf die sie beide gingen aufgeführt hatte und nicht zuletzt als diejenige, die bei ihnen übernachtet hatte, als Toukos Eltern für zwei Tage verreist waren. Damals waren sie noch erfreut gewesen, dass jemand ihrer Tochter an diesen Tagen Gesellschaft leistete. Das war jetzt etwas über ein Jahr her und es war auch das erste der wenigen male, dass sie drei sich begegnet waren und miteinander gesprochen hatten, auch wenn es nur ein paar warme Worte zwischen Tür und Angel gewesen waren. Ob sie auch so begeistert gewesen wären, wenn sie gewusst hätten, dass sie beide in dieser Nacht zum ersten mal miteinander...
Yuus rechte Faust wanderte noch etwas höher, als sie begann ihre Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger leicht zu kneten. Die Hitze, die sie in ihren Wangen noch weiter ansteigen ließ, war ein klares Zeichen dafür, dass sie noch röter geworden war. Sie hatten es beide gewollt, aber hier und jetzt vor Toukos Vater zu sitzen, während die Mutter in der Küche schwarzen Tee und Kaffee aufsetzte, die wohl beide ziemlich stark ausfallen würden, fühlte sich beklemmend an. Touko ging ihr dabei zur Hand und dass Yuu hier im Wohnzimmer nicht mithören konnte, was die beiden dort besprachen, war zugleich beruhigend und beängstigend. Immerhin war Yuu es gewesen, die auf dieses Gespräch bestanden hatte. Für Touko war es gut so gewesen, wie es war. Es mag seltsam klingen, aber auch wenn sie jetzt am College war, ihre eigene Wohnung in einem Studentinnenwohnheim hatte und durch Studium und Schauspielerei so ausgelastet war, dass sie kaum noch Zeit hatte, so war ihr Verhältnis zu ihren Eltern dennoch besser und inniger, als noch vor etwa zwei Jahren, als sie noch zur Schule gegangen war und als Schülerin natürlich bei ihren Eltern wohnte. Damals hatte Touko unter enormem Druck gestanden, den Erwartungen ihrer Eltern an sie und ihre ältere Schwester gerecht werden zu müssen, auch wenn man der Fairness halber sagen muss, dass Touko sich diesen Druck selbst gemacht hatte. Natürlich waren ihre Eltern um sie besorgt gewesen, insbesondere nach dem tragischen Verkehrsunfall, bei dem sie ihre ältere Tochter und Touko die ältere Schwester verloren hatten, aber letztendlich war es Touko gewesen, die sich die Messlatten für ihre Erfolge derart hoch angesetzt hatte, alles erreichen zu müssen, was ihre Schwester erreicht hatte oder nicht mehr erreichen würde. Schülerratspräsidentin, Musterschülerin und Rollenmodell, das Theaterstück, das alles hatte Touko sich in den Kopf gesetzt und hart daran gearbeitet, es wahr werden zu lassen, wo ihre Eltern nur wollten, dass sie nach dem Unfall ihr eigenes Leben lebte, dass sie trotzdem glücklich wurde, statt einem Ideal ihrer Schwester nachzueifern, das lediglich in Toukos Vorstellung existierte. Es hatte etwas gedauert, bis Yuu begriffen hatte, dass sie und die heimliche Beziehung zu ihr für Touko eine Flucht vor sich selbst war, dass der Teil von ihr, der glücklich sein wollte, sich gegen ihr eigenes, bestimmendes Wesen wandte und mit Yuu in eine Welt flüchtete, in der sie nichts von alldem sein musste. Sie war ihr Zuflucht und sicherer Hafen gewesen und Yuu musste sich eingestehen, dass es ihr geschmeichelt hatte, dass diese Rolle ausgerechnet ihr zugefallen war, gerade weil sie Touko's Liebe nicht erwidern konnte. Im Nachhinein war auch das wohl vor allem eine Flucht vor Verantwortung gewesen. Hätte Yuu ihre Liebe erwidert, dann wären mit der Liebe Ansprüche entstanden und sei es nur der Anspruch sie glücklich zu machen. So jedoch hatte sie sich in eine Beziehung flüchten können, die ihr nichts abverlangte, in der sie keine Erwartungen zu erfüllen hatte, nicht erkennend, dass ihre eigenen Eltern ihr eben dies boten. Entsprechend hatten sie sie unterstützt, ihr Studium, die Schauspielerei, ihren Wunsch nach einer eigenen Wohnung. Waren ich und die Beziehung mit mir nicht im Grunde dasselbe? Mit mir zusammen zu sein, mich zu lieben und von mir geliebt zu werden machte sie glücklich. Das hatte sie immer wieder gesagt, geradezu betont, wie glücklich und froh sie mit mir war und wie sehr sie sich eine gemeinsame Zukunft wünschte. Nicht einfach nur eine geheime Liebschaft, sondern eine gemeinsame Wohnung, ein gemeinsames Leben, eine gemeinsame Familie. Sollten ihre Eltern uns also nicht genauso unterstützen, wie sie ihre Schauspielkunst unterstützten? In der Theorie klang das sehr überzeugend und im Grunde war genau das der Punkt gewesen, an dem Touko Yuus Drängen letztendlich nachgegeben und einer Aussprache mit ihren Eltern zugestimmt hatte, aber den beiden wirklich gegenüber zu treten war dann doch noch einmal ein anderes Kaliber. Sie waren beide furchtbar nervös gewesen und kurz davor einen Rückzieher in letzter Minute zu machen, aber dann war es doch aus Touko heraus geplatzt, als ihre Mutter sich artig für die Gelegenheit bedankte, Yuu endlich ein bisschen besser kennen lernen zu dürfen, die sie als eine Kouhai, auch wenn Yuu zu dem Zeitpunkt faktisch keine mehr war, als eine Freundin und Stütze ihrer Tochter immer nur flüchtig gekannt hatten.
"Sie ist nicht nur eine Freundin, sie ist meine feste Freundin. Die Frau, die ich liebe und die einzige, mit der ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann!"
In der Stille, die dem Ausbruch folgte, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Toukos Eltern hatten erst die beiden, dann einander ratlos angesehen, zumindest interpretierte Yuu dies so. Toukos Mutter sah mit dem leicht geöffneten Mund vor allem überrascht aus, während die unverändert ausdruckslose Miene ihres Vaters keinerlei Rückschluss erlaubte, ob er das Gesagte überhaupt gehört, geschweige denn verstanden und verarbeitet hatte oder ob sein Verstand einfach nur ausgesetzt war. Yuu ergriff Toukos Hand und drückte diese zu fest, mit einem mal nicht mehr so sicher, ob das Ganze nicht doch ein Riesenfehler war.
Toukos Mutter stand schwungvoll vom Sofa auf. "Ich glaube... Ich mache uns erstmal einen schwarzen Tee. Und Kaffee. Ja, genau." Damit schritt sie auch schon schwungvoll in Richtung Küche.
"Ich helfe Dir!", rief Touko, ihr auch schon hinterhereilend. Yuu wollte sie noch zurück halten, den Griff ihrer Hand nicht lockernd. Bitte lass mich nicht allein!, stand ihr überdeutlich in die von aufkeimender Panik gezeichneten Augen geschrieben, aber Touko schenkte ihr eines ihrer breiten "Alles wird gut"-Lächeln, das sie sich schon immer für sie allein aufgehoben hatte und das so eine eigenwillige, beruhigende Wirkung auf Yuu hatte, dass sich der verzweifelte Griff wie von selbst weit genug öffnete, dass Touko sich mühelos aus diesem lösen konnte. Eine kleine Weile lang hing Yuus Hand noch in der Luft, so als hätte diese einen ganz eigenen Willen, dann sackte die Hand in ihren Schoß, wo sie diese zur Faust ballte, ein Stück des dunkelblauen Rocks wie einen Talisman umklammernd.
Da saßen sie nun also zu zweit im Wohnzimmer. Toukos Vater, dessen Blicke sie gefühlt durchbohrten und sie, Yuu, die seit gut anderthalb Jahren jetzt feste Freundin seiner Tochter. Yuu selbst wusste nicht was sie sagen sollte und entweder ging es ihm ähnlich oder er hatte ihr nichts zu sagen. So wirklich sicher war sie da bei seiner nach wie vor versteinerten Miene nicht wirklich, aber sie wünschte sich, dass er als Hausherr die unangenehm drückende Stille durchbrach. Als er es dann schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit tat, war sie so tief in ihren eigenen Gedanken versunken, dass sie es nicht sofort bemerkte.
"Koito-san?"