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Prolog zur Apokalypse

von JuSto88
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Romance / P18 / Het
Daryl Dixon Merle Dixon OC (Own Character)
31.10.2022
23.05.2023
38
59.905
12
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
1 Review
 
02.02.2023 1.726
 
Als Liz sich von Jamie und Sally gelöst hatte kam auch Tessa, über und über mit Tapetenstaub bedeckt, die Treppe herunter. Liz hielt für einen Moment gespannt die Luft an, wie würde dieses Wiedersehen ablaufen? Jamie hatte bisher konsequent jede Form von Kontakt abgelehnt, auch wenn sein Kommen ein deutliches Signal war. Liz spürte ihren Mund trocken und ihre Hände feucht werden.

Tessa hatte ihren Bruder das letzte mal vor neun Jahren bei ihrem Abschied am Flughafen gesehen. Anders als Liz hatte Jamie sich enorm verändert. Aus dem schmächtigen 13 Jährigen mit Akne und Zahnspange war ein Mann geworden. Ihre Mutter musste völlig schockiert sein.

Sie blieb auf halber Treppe stehen und lächelte ihnen etwas unsicher zu.

„Na da seit ihr endlich! Ich dachte schon....“

„Das ich es mir anders überlegt hätte?“

Tessa nickte und Liz verstand nur Bahnhof.

„Hättet ihr die Güte mich aufzuklären bitte?“

*

Am Abend zuvor.

Tessa saß mit dem Rücken an das Kopfteil ihres Bettes gelehnt und beantwortete die Email eines Kollegen. Oder vielmehr versuchte sie es, allerdings fiel es ihr sehr schwer sich konzentrieren. Sie  nahm die schwarz gerahmte Lesebrille ab und rieb sich die müden Augen. Sie sollte Schluss machen, die letzten Tage waren anstrengend gewesen, hatten Nerven und Kraft gekostet. Sie lehnte sich noch weiter zurück, schloss kurz ihre Augen und ließ alles nochmal Revue passieren.

Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. Sie fand' das sie zufrieden und dankbar sein sollte. Die Katze war aus dem Sack, die Kinder wussten Bescheid. Liz hatte sich nicht wie befürchtet von ihr ab- sondern sich weiter zu ihr gewandt. Wollte jetzt sogar bei ihr wohnen, selbst wenn Tessa klar war das das nicht ewig so bleiben würde.

Das Telefon klingelte. Tessa sah auf die Uhr, es war 23:13. Ein mulmiges Gefühl überkam sie, Telefonate zu dieser Tageszeit bedeuteten selten etwas Gutes. Noch dazu war es nicht, wie anfangs angenommen das Festnetz, sondern ihr Diensthandy das klingelte. Sie seufzte schwer, eines ihrer Kids schien sich wieder einmal in Schwierigkeiten gebracht zu haben. Sie hatte aufgehört zu zählen wie oft sie ihre Schützlinge bereits aus dem Arrest geholt hatte. Die Polizeibeamten vor Ort witzelten bereits das sie demnächst einen eigenen Kaffeebecher als Prämie erhalten würde. Sie seufzte schwer und nahm das Gespräch an.

„Dr. Theresa Miller. Mit wem spreche ich?“

„Mom?“

Tessa setzte sich kerzengerade auf, war wie vom Donner gerührt. Sie umklammerte das Handy noch fester, drückte es krampfhaft an ihr Ohr.

„Jamie, bist du das?“

„Liz ist bei dir, wer sonst nennt dich Mom? Warte, ich will es eigentlich gar nicht wissen.“

Tessa war überfordert. Wollte zuerst erwidern das Liz sie selten Mom nannte, bis ihr klar wurde wie lächerlich das klingen würde. Sie wollte so viel sagen, aber ihr Kopf schien gähnend leer und es wollte sich so recht nichts formulieren lassen.

„Bist du noch dran?“

„Ja! Ja natürlich.“

Antwortete sie hastig, beherrscht von der  Angst er könne einfach wieder auflegen.

„Mom, ich hab hingeschmissen. College, Seattle,.... Ich hab mein Zeug gepackt und bin da weg. Ich weiß es ist spät, aber können wir uns vielleicht treffen? Jetzt gleich?“

Tessa schwang sich ohne zu zögern von ihrem Bett, riss ihren Mantel von ihrer Garderobe und stieg in ihrer Stiefel.

„Wo soll ich hin kommen?“

*

Jamie saß zwischen Liz und Sally auf Großmutter Millers alteingesessenem Sofa, nippte gelegentlich an seiner Teetasse und erzählte mit fester Stimme. Liz ahnte dennoch wie aufgewühlt er noch immer sein musste. Wie könnte er auch nicht?

Die Situation im Flur hatte sich für Liz irgendwie völlig unwirklich angefühlt. Da hatten ihre Mutter und ihr Bruder, der behauptete nichts auf die Frau zu geben, sich verschwörerisch angegrinst und sich dann innig, wenn auch anfangs zögerlich umarmt. Tessa hatte dann alle wie eine kleine Herde Schafe ins Wohnzimmer getrieben und Tee gekocht. Irgendwann hatte Jamie sich dann doch erbarmt und angefangen zu erklären was genau jetzt eigentlich Sache war.

„Wir haben uns dann in irgendeinem Imbiss getroffen, nah bei der Bruchbude von Hostel in der ich abgestiegen war. Wir haben die halbe Nacht geredet. Über alles mögliche. Über uns, wie das damals gelaufen ist, über wichtige Sachen, aber auch über völlig banales Zeug. Am Ende fühlte es sich an als wären wir bereit den Reset-Knopf zu drücken, könnten bei Null anfangen.“

Liz war hin und her gerissen.

„Du hast das College geschmissen? Ohne Abschluss? Und jetzt wollt ihr das wir hier zu dritt wohnen? Einfach so, ganz spontan? Eine glückliche, familiäre WG?! Das ist doch alles total strange!“

Jamie hob die Augenbrauen, schnaubte belustigt und wollte etwas antworten, aber Sally, die bisher sehr ruhig gewesen war kam ihm zuvor.

„Süße, ich liebe dich, ehrlich, das tu' ich von ganzem Herzen. Aber komm' mal von deinem hohen Ross runter und sei weniger selbstherrlich. Das dahinten in der Ecke, was ich vor etwa einer Stunde mit viel Anstrengung in meinen Kofferraum gehievt habe, das sind doch deine Sachen, oder seh' ich das falsch? Die werten Herren und Damen Professoren in den hochwürdigen Vorlesungssälen von Havard werden auch noch etwas auf deine Anwesenheit warten müssen, oder? Vielleicht für immer? Du hast doch auch sehr spontan und ohne das Ganze lange zu analysieren entschieden das du hier einziehen willst! Wo genau ist jetzt da der Unterschied zwischen dir und Jamie?“

Jamie schenkte Sally einen anerkennenden Blick, hob seine Teetasse und prostete ihr stumm zu. Sally lächelte ihn zufrieden an und quittierte alles mit einem kurzen Nicken.
Liz seufzte und raufte sich die Haare.

„Ich weiß, ich weiß. Hast ja recht. Ach! Kommt schon als hätte einer von euch vor drei Wochen an so was gedacht!“

Tessa saß Liz gegenüber in einem alten, etwas muffigen Ohrensessel. Jetzt suchte sie ihren Blick.

„Ich hatte darauf gehofft das wir irgendwann Freunde sein können. Aber das hier? Wer rechnet denn mit so was? Aber weißt du Bienchen: Warum? Wieso? Ist mir alles völlig egal. Wir sind hier und ich habe bereits die letzten 9 Jahre eures Lebens verpasst. So wie ich die Sache sehe habe ich keine Zeit zu verschenken! Also, machen wir das Beste  daraus! Und jetzt wo das geklärt ist, wolltet ihr nicht noch irgendwo hin?“

(…)

Das „Hunting Ground“ war eine typische Kneipe in der die Menschen nach Feierabend ein oder vielleicht auch zwei Bierchen genossen und den Tag ausklingen ließen. Kein Chichi, kein Schnickschnack, einfach ein kühles Blondes und eine gute Unterhaltung, wenn man sie denn wünschte. Eine Jukebox in der Ecke spielte irgendwelche uralt Songs und das abgenutzte, von Kanten, Furchen, Macken und Dellen gezeichnete Holz des Tresens zeugte von den vielen Geschichten die es zu erzählen gäbe könnten diese stummen Zeitzeugen sie berichten. Der Barkeeper, ein Bär von einem Mann der auf den klangvollen Namen „Freddy“ hörte, war allerdings mindestens genauso lange da und gab die ein oder andere Anekdote zum besten wenn der Abend lang genug wurde.

Jaime, Sally und Liz ließen sich an einen kleinen runden Tisch fallen und Sally wuselte, quirlig und wie immer blendend gelaunt zu Fred um die erste Runde zu holen.
Liz sah ihren Bruder lächelnd an. Jaime hatte den Blick durch den Raum gleiten lassen und bemerkte ihre Musterung erst einen Moment später.

„Was?“

„Verrückt oder? Das wir wieder hier sind. Da hinten hatte ich mein erstes Date. Kevin Smith.“

Ihre Lippen umspielte ein angeekelter Zug.

„Dad wollte das ich mit ihm ausgehe weil sein Vater ein, wie er es nannte vielversprechender Kollege sei. Hat beim küssen gesabbert wie ein Bernhardiner, widerlich!“

Sie schüttelte sich, Jaime lachte spöttisch und Liz deutete nur eine Sekunde später auf einen Tisch ziemlich im Zentrum des Geschehens.

„Genau da vorne hast du an unserem letzten Tag auf der Highschool blank gezogen weil du eine Wette gegen Thomas Fields verloren hattest. Der Deputy hat dich über Nach wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ in die Arrestzelle gesperrt soweit ich mich erinnere. Dad hat geschäumt vor Wut und sich geweigert dich früher raus zu holen. Um was ging es da gleich nochmal?“

Liz fing an schadenfroh zu kichern und Jaime rieb sich genervt über die Nasenwurzel, musste aber ebenfalls belustigt grinsen.

„Ich hatte gewettet das ich es schaffe die Spanischlehrerin vor Ende des Schuljahres in die Kiste zu kriegen.“

Er schloss genießerisch die Augen.

„Señorita Martínez. Gottes Geschenk an die männlichen Jungfrauen der Northview Highschool. Bloß das ich keine mehr war. Diese Frau,...“

Er ließ ihren Namen wie geschmolzene Butter über seine Lippen tropfen und schien einen Moment lang seinen wertvollen Erinnerungen nachzuhängen.

„Schade nur das sie Gottes Geschenk an die weiblichen Jungfrauen der Northview Highschool einen Korb gegeben hat. Aber mach' dir nichts draus Brüderchen. Der Striptease hat sich für dich gelohnt soweit ich mich erinnere. Haben die Ladys danach nicht noch enger bei dir Schlange gestanden?“

Jaime sah Liz verschmitzt an.

„Stimmt schon. Aber das Beste hab ich dir ja nie erzählt.  Ich hab Señorita Martínez etwa eine Woche vor Collegebeginn zufällig getroffen als ich letzte Besorgungen gemacht habe. Was soll ich dir sagen? Wir hatten eine höchst befriedigende Unterhaltung an diesem Nachmittag...“

Liz sah ihn völlig perplex an, wollte zu einer Erwiderung ansetzten als Sally mit ihrem Bier zurück kam.

„Na über was redet ihr?“

Jaime schien einen Mordsspaß zu haben.

„Unsere schönsten Highschool Erinnerungen.“

„Oh ja, davon gibt es hier echt ne' Menge. Da vorne hab' ich das erste Mal geknutscht, mit.... Ach ist auch egal jetzt. Freddy sucht Aushilfen, wenn ihr nicht ganz blöd seit gebt ihr ihm Einen aus!“





(***)


Stellt euch vor, einen Tag bevor die Isolationspflicht aufgehoben wurde, nach knapp drei Jahren und X Kontakten zu erkrankten Patienten, ich bin Krankenschwester an der Stelle, mit zwei kleinen Kindern die eigentlich jeden Scheiß mit nach Hause bringen, blinkte mir dann so zum Ende der Pandemie, doch noch eine zweiter Streifen auf meinem Schnelltest entgegen.
Gab tatsächlich, von privatem Standpunkt aus, keinen schlechteren Zeitpunkt, aber, steckste eben nicht drin.

Auf jeden Fall hat sich da durch alles etwas gezogen. Ich hoffe trotzdem euch hats gefallen.

Mir ist übrigens ein Missgeschick passiert. Nachdem ich das letzte Kapitel online gestellt hatte, fiel mir auf das meine Entscheidung Jamie das College abbrechen zu lassen nicht direkt mit dem konform ging was ich im Prolog geschrieben hatte. Ich hab das also zu Anfang jetzt entsprechend angepasst. Wer bei Zeiten nochmal durch guckt, ich mach so was manchmal, wer weiß ihr ja vielleicht auch, muss sich also nicht wundern wenn er das minimal anders in Erinnerung hat.

Lieben Gruß

Julia
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