Grace Field House - Isabella
von KamiJordan
Kurzbeschreibung
Wie sah eigentlich Isabellas Kindheit in Grace Field House aus? Ich habe mir mal überlegt, wie ihr letzter Tag wohl aussah…
KurzgeschichteAllgemein / P12 / Gen
Isabella
19.10.2022
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1.043
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Heute ist der Tag. Ich bin aufgestanden, habe mich angezogen und auf den Weg zum Frühstück gemacht. Jetzt warte ich auf meinen besten Freund Raymond und bemühe mich, die Eindrücke um mich herum ganz bewusst wahrzunehmen. Schließlich ist das mein allerletzter Tag hier. Ich, Isabella, ab heute offiziell 12 Jahre alt, werde mein Zuhause, das Waisenhaus Grace Field House, verlassen, um mit einer noch fremden Familie in eine ungewisse Zukunft zu starten. Das klingt wie der Inhalt von einem der Abenteuerbücher, die ich so gerne lese. "Isabella!" Höre ich auch schon die laute Stimme meines besten Freundes. Nachdem Leslie adoptiert wurde, war ich unfassbar allein, er hat mich aufgefangen und aus dieser Einsamkeit gerettet. Es geht mir wieder deutlich besser, dennoch denke ich andauernd an Leslie und frage mich, wie es ihm in seiner neuen Familie geht. Ich werde fast von Rays für sein Alter höchstwahrscheinlich viel zu hohem Kampfgewicht umgeworfen. "Alles Gute zum Geburtstag! Ist alles in Ordnung? Du wirkst so nachdenklich." "Danke, es ist alles gut", lache ich. Grinsend nimmt er meine Hand und zieht mich hinter sich her zum Speisesaal. "Guten Morgen Mama", rufe ich, als ich an ihr vorbeirenne. Sie kichert leise. "Guten Morgen Isabella, guten Morgen Raymond. Helft ihr bitte den anderen Kindern beim Tischdecken?" "Klar", rufe ich und springe auf. Wir verteilen Teller und Nahrungsmittel weit verstreut über die Tische, während sich der Raum mit Kindern füllt. Die leckersten Sachen stellen wir allerdings auf einem Haufen vor unsere Plätze. Das Essen verläuft wie immer, es gibt zwar eine kleine Schlacht um die Schokoladencreme unter den Jüngeren, doch das ist auch schon fast normal. Danach beginnen die Tests. Zwar hat Mama gesagt, dass ich heute nicht mitmachen muss, weil es mein letzter Tag hier ist, trotzdem setze ich mich auf einen der Plätze. Ich habe viel gelernt, weil ich mir geschworen habe, wenn ich gehe, dann will ich, dass mein letztes Ergebnis der Full Score war. Zwar sind die Testfragen schwer, doch ich habe ja nicht umsonst einen Durchschnitt von 284 Punkten. "Sehr gut Isabella, du hast den Full Score", freut sich Mama für mich. Liebevoll streicht sie mir die Haare hinter die Ohren. Danach verlassen wir das dunkle Prüfungszimmer und betreten das weitläufige Gelände von Grace Field House. Die nächsten Stunden toben wir über das Gras und durch den Wald. Ich glaube, glücklicher als hier kann ich nirgendwo werden. Eine leichte Melancholie überfällt mich bei dem Gedanken, das Waisenhaus für immer verlassen zu müssen. Dennoch gebe ich mir Mühe, meine letzen Stunden hier in vollen Zügen zu genießen. Als sich der Himmel schon leicht Orangerosa färbt, gehen Raymond und ich tief in den Wald hinein. Unser Ziel ist der Zaun, den meines Wissens nach noch kein Waisenkind hier übertreten hat. "Na dann", murmelt mein bester Freund. Wir haben uns geschworen, bevor einer von uns geht, erkunden wir das Gebiet hinter dem Zaun. Nach wenigen Minuten erreichen wir eine riesige Mauer. "Verdammt. da kommen wir nicht drüber", flucht er. Ich nicke stumm. "Ich werde dich vermissen", flüstere ich. "Ich dich auch, Isabella." Ich spüre, wie sich eine Träne aus meinem Augenwinkel löst und falle meinem besten Freund in die Arme. "Danke, dass du für mich da warst. Ich werde dich nie vergessen." Raymond tätschelt unbeholfen meinen Rücken. "Hey… Alles gut." er schweigt für einen Moment, dann erhebt er erneut die Stimme. "Schreib mir bitte." "Versprochen. Und weißt du was? ich glaube ich werde mein erstes Kind nach dir benennen." Raymond grinst. "Und wenn es ein Mädchen wird?" Ich überlege kurz. "Dann hat es eben Pech gehabt." Wir lachen beide, doch es klingt melancholisch. Den Weg bis nach Hause bringen wir schweigend hinter uns. Abends, als Mama und ich auf dem Weg zum Tor sind, sage ich leise: "Ich hoffe, ich werde mal eine genau so gute Mutter wie du." "Ich bin mir sicher, du wirst eine tolle Mama." Wir gehen durch das Tor. Irre ich mich, oder hat sich hinter uns etwas bewegt? Plötzlich wird es hell und ich stehe einer Kreatur gegenüber, die man nur als Monster bezeichnen kann. Ich schreie. "Mama!" Doch sie bleibt ganz ruhig. "Das ist Isabella. Ich habe sie euch ja schon vorgeschlagen." Das Monster nickt mit seinem riesigen Kopf. "Isabella. Du bist in einer Zuchtanlage für Menschenfleisch aufgewachsen, doch wir würden dich nur ungerne töten. Deshalb wollen wir dir vorschlagen, eine Mama zu werden." Angstvoll blicke ich zu Mama, sie nickt mir mit einem beruhigenden Lächeln zu. "Du solltest dich geehrt fühlen. Das ist ein großzügiges Angebot." "Was…", bringe ich heraus, "Wird aus den Anderen?" Ich fürchte mich vor der Antwort. "Sie sind unsere Nahrung." Ich schreie erneut auf. "Was wurde aus Leslie? Und was macht ihr mit Raymond?" "Wir werden sie unmöglich zu Zuchtleitern machen können." Ich schluchze. "Isabella", sagt Mama in beruhigendem Tonfall, "Ich weiß, das klingt nach einem schrecklichen Leben. Aber hattest du nicht eine schöne Kindheit in Grace Field House? Willst du das nicht auch anderen Kindern ermöglichen?" Ich sehe sie an. Dann wandert mein Blick zu dem Monster und ganz langsam nicke ich. "Gut."
Ein paar Wochen später erreicht mich die Nachricht, dass sich ein Junge aus einem der Waisenhäuser umgebracht hat. Ich glaube es War Raymond. War auch er es, den ich erahnt habe? Es tut mir so unglaublich leid für ihn, dass er das alles mitansehen musste. Doch ich muss weitermachen, weiterleben. Für ihn. Für Leslie. Für die Kinder in den Waisenhäusern. Vielleicht werde ich dort auch einmal eine Mama und kann den Kindern dort eine schöne Kindheit ermöglichen, ihnen das bestmögliche Leben gaben, das sie haben können. Andauernd sehe ich welche abtransportiert werden. Ich hoffe, es wird ihnen gut gehen. Können Mamas die Namen der Kinder selbst bestimmen? Ich hoffe es. Denn eins steht fest: Ich breche meine Versprechen nie. Leslie, Raymond, ihr und all die anderen Kinder mit denen ich aufgewachsen bin, lebt in meinen Erinnerungen weiter. Ich liebe euch.
Ein paar Wochen später erreicht mich die Nachricht, dass sich ein Junge aus einem der Waisenhäuser umgebracht hat. Ich glaube es War Raymond. War auch er es, den ich erahnt habe? Es tut mir so unglaublich leid für ihn, dass er das alles mitansehen musste. Doch ich muss weitermachen, weiterleben. Für ihn. Für Leslie. Für die Kinder in den Waisenhäusern. Vielleicht werde ich dort auch einmal eine Mama und kann den Kindern dort eine schöne Kindheit ermöglichen, ihnen das bestmögliche Leben gaben, das sie haben können. Andauernd sehe ich welche abtransportiert werden. Ich hoffe, es wird ihnen gut gehen. Können Mamas die Namen der Kinder selbst bestimmen? Ich hoffe es. Denn eins steht fest: Ich breche meine Versprechen nie. Leslie, Raymond, ihr und all die anderen Kinder mit denen ich aufgewachsen bin, lebt in meinen Erinnerungen weiter. Ich liebe euch.
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