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2 Kurzgeschichten

Kurzbeschreibung
SammlungFreundschaft / P12 / Gen
Alexander "Alec" Gideon Lightwood Jonathan Christopher "Jace" Herondale Magnus Bane OC (Own Character)
15.10.2022
15.10.2022
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15.10.2022 6.537
 
Ich lief weg. Vor meiner Mutter, die nie etwas mitbekam, und meinem Bruder, der mich in den 14 Jahren meines Lebens nur verletzte, wie all die anderen. Wie sie alle, und dies nur, weil ich anders war. Und das konnten sie nicht ertragen. Mein Haar war pink. Ich meine nicht gefärbt pink, sondern naturpink. Ich habe nicht versucht, die Leute, meine Familie eingeschlossen, über diesen Irrtum aufzuklären. Aber das war nicht alles. Ich konnte zaubern. Ich wusste nicht, wie ich es sonst nennen sollte. Ich konnte es nicht kontrollieren, manchmal schoss einfach blaue Magie aus meinen Händen. Bisher hatte ich zwar noch niemanden verletzt, aber ehrlich, ich glaubte, das war nur eine Frage der Zeit. Und als mein Bruder mich heute wieder anfauchte, wurde es mir einfach zu viel. Ich lief aus der Wohnung und blind durch die Straßen. Irgendwann stolperte ich in eine kleine Nebengasse, wo keine Menschenseele zu sehen war. Ich sah ein Mülltonne nicht und fiel geradewegs auf den Bauch. Als ich mich wieder aufrichten wollte, schoss durch meinen linken Knöchel ein scharfer Schmerz. Ich wollte mich an der Wand abstützen, konnte aber nicht mal stehen. Ich lehnte mich an die Hauswand hinter mir und wollte gerade nach meinem Handy kramen, als ich ein monströses Schnauben hörte. Ich erstarrte und hob langsam den Kopf. Vor mir stand ein… Etwas… mit langen Tentakeln und einem total komischen Körper. Ich starrte es an und schrie, schrie mir die Seele aus dem Leib. Dieses Ding kam auf mich zu, und ich sah aus dem Augenwinkel, wie ein etwa 19-jähriger Mann in die Gasse stürmte. Er hatte schwarze Haare und hohe Wangenknochen mit blauen Augen, soweit ich das erkennen konnte. Er war komplett in Schwarz gekleidet und hatte Pfeil und Bogen gezückt. Wo zum Teufel kriegt man heutzutage mitten in New York Pfeil und Bogen her? Er war auch tätowiert, mit so komischen Zeichen. Er sah konzentriert aus. Zielte auf dieses Monster vor mir. Ich rutschte an der Wand herunter, weil mich meine Beine nicht mehr tragen wollten. Und in diesem Moment schlug meine Panik in rasende Angst um. Ich kauerte mich zusammen, und behielt diesen Mann genau im Auge. Er schoss einen Pfeil ab und dieses Monster verschwand, löste sich auf. Ich sah mit großen Augen dem Geschehen zu. Aber wenn dieser Typ mit auch nur einen Meter näher kommen würde… Als er dann doch auf mich zutrat, offenbar um mich zu beruhigen, loderten Flammen in meinen Händen auf. Mist, wo kamen die denn jetzt her?! Der Typ würde mich garantiert wie dieses Monster eben abschießen. Ich wimmerte: „Bitte tu mir nichts. Ich… Ich bin kein Monster…“ Aber ich hegte keine großen Hoffnungen, schließlich hatte er gesehen, was ich konnte, auch wenn diese Flammen jetzt wieder erloschen waren. Er würde mir eh nur das Herz brechen und mir wehtun, wie all die anderen. Aber was er tat, überraschte mich. Er kniete sich vor mich, sodass wir auf Augenhöhe waren, und sagte: „Hey, Kleine, ganz ruhig. Ich will dir nichts tun, im Gegenteil, ich will dir helfen. Du kannst zaubern, oder?“ Jahrelange Übung wollte mich panisch verneinen lassen, aber da er es gesehen hatte, war lügen wohl sinnlos. „Ja, kann ich.“ Ich schaute zu Boden, weil ich es noch nie, noch nie, jemandem gesagt hatte. Er würde mich doch für verrückt erklären. Er fuhr beruhigend fort: „Okay, weißt du auch, was du bist?“ Ich schüttelte nur stumm den Kopf. Ich war ein Mensch, was sonst? Er sagte mehr zu sich selbst als zu mir: „Also weiß sie es nicht.“ Und an mich gewandt: „Hör zu. Du bist hier in Gefahr. Solche Dinger wie eben, Dämonen, können jederzeit wieder auftauchen und du kannst nicht mit deinen Kräften umgehen. Ich kenne jemanden, der so ist wie du und dich unterrichten kann. Hab keine Angst, ich werde dich beschützen. Kommst du mit mir? Ich bin Alec.“ „Ich heiße Shay, eigentlich Sharrilyn“, stellte ich mich leise vor. Er nickte. „Kannst du gehen?“ Ich meinte: „Ich habe mir höchstwahrscheinlich den linken Knöchel gebrochen, also nein. Aber wieso sollte ich mit dir kommen und dir vertrauen?“ Ich hörte mich zwar bockig an, aber es war die Wahrheit. Wieso sollte ich Alec vertrauen? Abgesehen davon, er war bewaffnet. Ich konnte nicht anders, aber mein Blick huschte immer wieder zu Pfeil und Bogen, die inzwischen wieder über seinem Rücken hingen. Er beantwortete ruhig meine Frage. „Du kannst mir vertrauen, weil ich eben dein Leben gerettet habe, und nebenbei deine einzige Chance bin, deine Kräfte kontrollieren zu lernen.“ Er sah mich erwartungsvoll an. Meine Gedanken rasten. Er hatte ja Recht, aber er war mir vollkommen fremd. Und jeder lernt schon im Kindergarten: Geh nicht mit Fremden mit. Also, wieso sollte ich das ausgerechnet jetzt tun? Aber andererseits, offenbar wusste er, wieso ich so komisch war, und das wusste bisher niemand. Fest stand, Alec war anders. Genau wie ich. Und da war ich wieder. Geh nicht mit Fremden mit. Aber mein Bruder würde mich nicht wirklich vermissen und meine Mutter arbeitete eh noch bis abends. Und in den Ferien musste ich auch nicht zur Schule. Also, sollte ich oder sollte ich nicht? Und Alec sagte noch etwas: „Hör zu, Shay, ich weiß, du vertraust mir nicht, aber wenn du alleine hierbleibst, werden dich weitere Dämonen finden und dann bist du tot. Und mit dem Knöchel kommst du nicht mal zehn Meter weit. Du bist jetzt Teil meiner Welt, und alleine bist du tot. Du kannst mir vertrauen, okay? Ich werde dir niemals wehtun, das schwöre ich.“ Und da wurde ein Schalter umgelegt in mir. Wie ein „Klick“. Ich wusste nicht wieso, aber ich vertraute ihm jetzt. Irgendwas in seiner Stimme musste mich wohl davon überzeugt haben, dass er es ernst meinte. Ich sagte: „Okay. Aber ich kann nicht gehen…“ Er sagte: „Kein Problem, ich trage dich einfach.“ Daraufhin sagte ich nichts mehr, und er hob mich hoch, als ob ich nichts wiegen würde. Aber wahrscheinlich war hatte er schon schwerere Lasten getragen als mich. Wir gingen aus der Gasse heraus, hinein in eine etwas belebtere Straße. Dort warteten drei andere Personen auf ihn. Alle im etwa selben Alter. Ein Junge mit blonden Haare, der aussah wie ein Hollywood-Star, ein echt winziges Mädchen mit roten Haaren, sie hielt die Hand des Blonden, und ein Mädchen, dass ebenso schwarze Haare hatte wie Alec. Ich vermutete, dass sie seine Schwester war. Sie hatten alle dieselben schwarzen Sachen an und auch diese komischen Zeichen auf der Haut. Vermutlich waren sie vom selben Schlag wie Alec. Unnötig zu erwähnen, dass ich ihnen nicht traute. Und auch sie hatten Waffen. Jeder mehrere Schwerter und Dolche, die Schwarzhaarige außerdem noch eine Peitsche. Der Blonde fragte: „Wer ist das, Alec? Hast du den Dämon erledigt? Ich glaube, hier sind noch mehr.“ Alec antwortete: „Der Dämon ist tot. Das hier ist Shay, eine Hexenmeisterin, die bis eben nichts von der Schattenwelt wusste. Ich will sie ins Institut bringen, damit ihr Knöchel heilen kann und sie alles erfährt. Hier draußen ist sie in Gefahr.“ Er warf mit Begriffen um sich, die ich nicht kannte. Aber er sprach mit einer Abgeklärtheit, die mich erschreckte. Die Rothaarige meinte: „Ich kann sie ins Institut bringen, du wirst hier gebraucht, Alec.“ Bisher hatte ich ihre Diskussion schweigend verfolgt, aber ich konnte einfach nicht zu einem fremden Was-auch-immer, den ich nicht kannte und rein garnicht vertraute. Der mich einfach in der nächsten Gasse beseitigen könnte. Nein, ich muss bei Alec bleiben. Und das sagte ich auch. „Nichts gegen euch, aber ich kenne euch nicht, und würde lieber bei Alec bleiben, wenn das okay ist.“ Ich war peinlich genau darauf bedacht, sie ja nicht wütend zu machen, denn dann würden sie mich ja vielleicht doch fallen lassen. Sie sprachen noch etwas ab, aber die ganzen fremden Begriffe, die sie verwendeten, ließen mich weniger als die Hälfte verstehen. Alles was ich kapierte, war, dass ein gewisser Magnus kommen sollte, um mein Bein zu heilen.

Und dann trennten sich die Wege von uns, aber sie hatten sich noch vorgestellt. Die Schwarzhaarige hieß Isabelle und war, wie ich vermutet hatte, die Schwester von Alec. Die Rothaarige hieß Clary und der Blonde war Jace. Alec schlug einen Weg ein, und ich fragte ihn: „Diese Welt, zu der ihr gehört und ich anscheinend auch, was ist das?“ Er sagte: „Wir haben Zeit, also beginne ich einfach. Also, es gibt drei Überkategorien, könnte man sie wohl nennen. Aber am wichtigsten: All die Legenden sind wahr. Die Dämonen, so welche, wie der, der dich angreifen wollte, dringen immer wieder in diese Welt ein. Sie zerstören alles, töten alle, haben kein Gewissen. Sie sind die Bösen, sozusagen. Dann gibt es die Schattenjäger. Das sind auch Jace, Izzy, Clary und ich. Wir beschützen die Mundies, die ganz normalen Menschen, und bekämpfen die Dämonen. Dafür haben wir viele Waffen, aber am wichtigsten sind die Runen, diese Zeichen, die du auf unserer Haut siehst, sie verstärken unsere Kräfte und erlauben uns sogar, kurzzeitig ganz neue Fähigkeiten anzunehmen. Und dann gibt es noch Adamant, ein Metall, das wir für die meisten unserer Waffen verwenden. Es tötet Dämonen. Und dann gibt es da noch die Schattenweltler. Vampire, Werwölfe, Hexenmeister und das Lichte Volk. Vampire trinken Blut und werden verwandelt, sind unsterblich. Werwölfe können sich jederzeit in Wölfe verwandeln, sie werden auch verwandelt, können aber auch als solche geboren werden. Das Lichte Volk besteht aus vielen Unterarten, wie Elben oder Feen. Sie können nur als solche geboren werden. Und Hexenmeister. Sie haben zum Teil enorme Kräfte, und sind unsterblich, hören irgendwann einfach auf zu altern, können zaubern. Sie sind Kinder von Menschen und Dämonen, können nur als solche geboren werden. Du bist eine Hexenmeisterin. Das war soweit das wichtigste. Hast du alles verstanden?“ Mir schwirrte zwar der Kopf, aber ich hatte soweit alles verstanden, glaube ich. Also: „Glaub schon. Aber ich kann ja sonst immer noch nachfragen.“ „Stimmt. Aber wir sind jetzt auch am Institut, da leben wir Schattenjäger. Es gibt in jeder großen Stadt eines. Und dann gibt es da noch Idris mit Alicante, der Heimat der Schattenjäger. Aber das ist im Moment unwichtig. Ich bringe dich erstmal auf die Krankenstation, und sage Magnus Bescheid, er ist auch ein Hexenmeister, einer der mächtigsten, um genau zu sein.“ Ich nickte nur überfordert, da wir gerade dieses Institut betreten hatten, dass von außen, wie eine Kathedrale aussah, und von innen auch mega-beeindruckend war.

Die Krankenstation war in hellen Tönen gehalten und mit jeder Menge Betten bestückt. In eines davon legte mich Alec. Er sagte: „Bevor ich Magnus herhole, sollte ich dich vorwarnen. Er ist etwas… extravagant, könnte man sagen. Und sein Lilithmal, das ist ein Zeichen, das zeigt, dass das ein Hexenmeister ist, könnte dich etwas nervös machen, aber keine Sorge, er ist einer besten Personen, die ich kenne.“ Sein Lächeln sagte alles, und wie er von Magnus sprach. Also sprach ich es aus: „Du bist mit ihm zusammen, oder?“ Alec sah mich erschrocken an: „Woher weißt du das?!“ Ich zuckte kurz zusammen und stammelte eine hastige Erklärung: „Ich… dein Lächeln… und wie du von ihm gesprochen hast… sagte alles. Tut mir leid, sei mir bitte nicht böse!“ Ich verfluchte mich innerlich. So nett er auch sein mochte, er würde garantiert wütend auf mich sein und mich doch noch wegstoßen… Wie all die anderen… Und ich konnte nicht verhindern, dass eine einzelne Träne sich aus meinem Augenwinkel stahl. Ich wischte sie wütend ab und lehnte mich ins Kissen zurück und starrte auf die Decke. Ich konnte Alec nicht ins Gesicht sehen vor Scham. Ich fühlte mich elend. Er beteuerte mir: „Ich bin dir überhaupt nicht böse, ich war nur überrascht. So schnell hat es noch nie jemand rausgekriegt. Du hast wirklich nichts zu befürchten.“ Ich sah vorsichtig auf, und sah, dass er es ernst meinte. Ich war so erleichtert, dass er mir nicht böse war. Wenn doch, hätte ich das nicht ertragen können. Er sagte: „Ich sage kurz Magnus Bescheid, und ziehe mich um. Ich bin gleich wieder da. Versprochen.“ Als ich nickte, verließ er den Raum.

Er kam ein paar Minuten später wieder, in Pulli und Jeans und ohne sichtbare Waffen. „Magnus Bane ist in ein paar Minuten da, dann wird er deinen Knöchel heilen.“ Dann schwiegen wir, bis ich fragte: „Du, Alec, Magnus ist ja auch ein Hexenmeister. Wird er mir auch beibringen, wie ich meine Kräfte benutze?“ „Ja, das ist so geplant.“ Und wir schwiegen wieder, bis es von irgendwoher läutete. Alec sprang auf. „Das ist Magnus. Wir sind gleich wieder da.“

Alec

Ich machte mir Sorgen um Shay. Sie war noch so jung, so unerfahren. Und sie schien sehr, wie soll ich es nennen, sehr empfindlich oder vielleicht sogar sehr ängstlich. Sie will niemanden verärgern, dass war spätestens bei ihrer Reaktion klargeworden, wo sie gesagt hatte, dass ich mit Magnus zusammen bin. Was hat sie erleben müssen, um so zu werden, um sich so sorgen machen zu müssen, niemanden zu verletzen? Was hat ihr angetan? So in Gedanken versunken erreichte ich das Portal und ließ Magnus herein. Ich küsste ihn kurz und kam dann sofort zur Sache: „Danke, dass du so schnell kommen konntest. Soweit ich weiß, ist nur ihr linker Knöchel gebrochen. Aber bevor du zu ihr gehst, solltest du wissen, dass sie sehr schreckhaft ist. Ich weiß nicht, was sie durchmachen musste, aber es muss schlimm gewesen sein. Sie hat offenbar Angst, wieder verletzt zu werden, und kann deswegen nur sehr schwer Leuten vertrauen. Mir vertraut sie zwar, aber es scheint noch nicht so gefestigt zu sein, wenn du verstehst, was ich meine. Sei bitte vorsichtig.“ Magnus grinste: „Bin ich immer. Aber im Ernst: Ich werde aufpassen, keine Sorge. Liegt sie auf der Krankenstation?“

Shay

Alec kam mit einem Mann herein, der etwa so alt sein musste wie er und der ziemlich viel Glitzer hatte. In den zu Stacheln gegelten Haaren, im Make-up, besonders bei dem üppigen Augen-Make-up. Und Klamotten vom selben Schlag. Das war also Magnus Bane. Er wurde offenbar von Alec ermahnt ernst zu bleiben, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er sonst überschwänglicher gewesen wäre. Jetzt aber kamen sie auf mich zu und Magnus stellte sich vor: „Ich bin Magnus Bane, Oberster Hexenmeister von Brooklyn, und dich erstmal heilen.“ „Okay“, sagte ich kurz. Magnus setzte sich links auf meine Bettkante, Alec rechts. Ich sah Magnus an. „Entschuldige, dass ich frage, aber wo ist dein Lilithmal? Meins ist ja ziemlich offensichtlich“, sagte ich und deutete auf mein pinkes Haar. Magnus grinste. „Sicher, dass du es jetzt schon sehen willst?“ Ich nickte heftig, und so schnippte er mit den Fingern und ließ dramatisch Nebel aufsteigen. Als dieser sich wieder lichtete, war auf den ersten Blick keine Änderung zu sehen. Dann aber sah ich, dass Magnus Katzenaugen hatten! Mit schmalen, schlitzartigen Pupillen und allem. Alec hatte Recht gehabt, die ließen mich nervös werden. Sowas wie bunte Haut oder Hörner hätte, man meiner Meinung nach leichter ignorieren können als Katzenaugen! Ich fühlte mich irgendwie beobachtet dadurch… Aber Alec holte mich zurück in die Gegenwart. „Magnus, würdest du dann bitte anfangen?“ Der erwiderte: „Klar. Aber vorher schaue ich noch kurz, ob noch andere Verletzungen da sind.“ Ich räusperte mich leise: „Äääh, Magnus, ich hätte da eine Frage.“ „Ja?“ Ich schluckte, irgendwie war die Frage peinlich. „Wird die Behandlung… äh… wehtun?“ Jetzt war es raus. Magnus schüttelte den Kopf. „Nein, garnicht. Keine Sorge, es zieht maximal ein bisschen. Kann ich anfangen?“ Als ich nickte, ließ er diese blaue Magie über meinen Körper wandern, und sagte daraufhin kurz, dass außer dem Knöchel alles heil war. Dann begann die echte Behandlung. Er ließ diese blaue Magie zu dem Knöchel fließen, und fing an etwas zu murmeln, was ich nicht verstand. Und dann begann exakt dort, wo der Bruch war, ein leichtes Ziehen, wie Magnus sagte. Nach kurzer Zeit war er fertig und sagte: „Jetzt sollte er wieder komplett heil sein. Probiere es mal aus.“ Und ich stand auf. Ich rechnete zwar damit, jeden Moment wieder umzufallen, aber ich stand wieder stabil. „Danke, Magnus, wirklich. Du hast was gut bei mir.“ Das meinte ich auch so.

Magnus verabschiedete sich bald und dann zeigte mir Alec ein Gästezimmer, wo ich erstmal wohnen würde, mit eigenem Bad. Er würde mich spätestens zum Abendbrot abholen, und so hatte ich erstmal meine Ruhe. Ich ließ meine Gedanken kreisen. Magnus war mir sympathisch, ich glaubte, dass ich ihm mit etwas Zeit vertrauen können würde. Isabelle, Clary und Jace vielleicht, das musste die Zeit sehen. Aber sie alle trugen ständig Waffen. Alec würde mich zwar nicht verletzen, aber bei allen anderen war das ein anderes Thema. Wer sagt denn, dass sie mir nicht das Gleiche antun würden wie mein Bruder? Ich hatte höllische Angst vor ihm, wenn ich ehrlich zu mir selbst war. Seit meine Kräfte erwacht waren, seit ich anders geworden war, seit damals haben er und alle anderen mich verletzt. Er hatte mir mehrmals Wunden zugefügt, echte, die bluteten, und dann meiner Mutter erzählt, es sei irgendein Unfall gewesen. Und wenn ich ihr die Wahrheit sagen wollte, glaubte sie mir natürlich nicht. In der Schule werde ich schikaniert und gemobbt. Herumgestoßen, verprügelt. Mein Bruder ist zwar der Drahtzieher, aber alle machen mit. Sie nennen mich ein Monster, eine Hexe. Und ganz unrecht haben sie ja auch nicht, dachte ich, denn als ich einmal meinen Hamster färben wollte, habe ich ihn stattdessen getötet. Sie würden das rausbekommen, garantiert, und dann würden sich alle gegen mich wenden, alle würden mich verletzen, wie sie alle. Alle, einschließlich Alec und Magnus, dachte ich deprimiert. Ich musste hier weg, sofort. Also stand ich auf und rannte auf den Gang. Rannte den Weg längs, der wie ich glaubte, zum Ausgang führte. Ich stieß eine Tür auf und dachte, dort gehe es weiter, aber ich stand in einem Trainingsraum. An den Wänden hingen alle Arten von Waffen, die man sich nur vorstellen konnte. In diesem Raum trainierte gerade Alec, mit einem Schwert. Kämpfte mit Jace, anscheinend waren die anderen wieder zurück. Sie wirbelten herum, schlugen zu, parierten, hier eine Finte, da ein Schlag. Sie selbst standen nie still und ich konnte ihnen kaum folgen. Ich keuchte auf, einerseits vor Überraschung, aber hauptsächlich, weil ich wütend auf mich selbst war. Wie konnte ich nur so blöd sein? Sie sind Schattenjäger, Kämpfer. Diese Erkenntnis und der ganze blitzende Stahl, oder woraus diese Waffen auch immer waren, gaben mir den Rest. Ich brach in Tränen aus und stürmte aus der Halle. Wieso hatte ich Alec nur vertraut? Ich war so eine Idiotin!!! Durch den Tränenschleier nur verschwommen sehend, stürmte ich weg. Ich hörte, wie sie aufhörten zu kämpfen. Ich meinte zu hören, wie Alec fluchte und mir hinterherlief, war mir aber nicht sicher. Ich achtete nicht länger auf die Richtung, ich wollte einfach nurnoch fort. Aber irgendwann war ich gezwungen zu stoppen, weil ich in eine Sackgasse gelaufen war. Ich wollte mich umdrehen und woanders weiterlaufen, aber es war schon zu spät. Alec hatte mich eingeholt. Ich presste mich an die Wand. Er stand nur zwei Meter vor mir. Vor meinem inneren Auge sah ich meine Bruder anstatt Alec, und mein Bruder würde mich verprügeln bis zum Geht-nicht-mehr. Ich wimmerte: „Bitte tu mir nichts, ich tu auch alles was du willst…“ Alec hob beschwichtigend die Hände. „Hey, hey, ich bin´s. Ich tu dir nichts, schon vergessen? Mir kannst du vertrauen!“ Ich blinzelte, sodass ich wieder scharf sehen konnte. Ich sagte leise: „Tut mir leid, ich habe dich mit meinem Bruder verwechselt. Ich habe dich eben beim Training gesehen und bin ausgerastet…“ „Schon gut. Du kannst doch nichts…“ Ich bekam nicht mehr mit, was er sagte, weil ich bemerkte, dass er immer noch eines der Schwerter in der Hand hatte. Und da verschwamm meine Sicht wieder.

Mein Bruder kam psychopathisch grinsend auf mich zu. In der Hand ein großes Küchenmesser, das brutal funkelte. Ich schluchzte und schrie, aber das interessierte ihn nicht. In der anderen Hand den toten Hamster. Er sagte beängstigend ruhig: „Du bist ein Monster, und nicht meine Schwester. Du wirst für deine Verbrechen bezahlen!“  

Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, als ich von dieser Erinnerung übermannt wurde. Ich bemerkte kaum, wie Alec erschrocken das Schwert fallen ließ. Ich rutschte an der Wand hinunter und heulte und schrie. Mein Bruder war die Hölle meines Lebens. Das tat ich solange, bis Alec sich ebenfalls hinkniete und mich in den Arm nahm. Ich nahm zwar den Geruch von Schweiß und Waffen war, aber da Alec mich hielt und tröstete, verband ich es automatisch mit etwas Gutem. Das war bisher noch nie vorgekommen. Ich ließ mich von einem eingefleischten Krieger trösten. Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte, schniefte ich: „Alec, es tut mir leid. Aber wie du da eben trainiert hast… Ich habe sehr schlechte Erfahrungen gemacht mit Waffen und Menschen und dem Vertrauen. Der Mensch, dem ich einst am meisten vertraute, mein Bruder, hat mich verraten, als ich anders wurde. Hat alle, denen ich vertraute, gegen mich aufgestachelt. Sie haben mich immer fertiggemacht. In der Schule die ganze Meute, zu Hause mein Bruder. Ich habe schmerzlich gelernt, dass man niemandem vertrauen kann, wenn man anders ist, wie ich.“ Und dann sprudelte alles aus mir raus. Alles was sich über all die Jahre angesammelt hatte. Der Vorfall mit dem toten Hamster, die ganzen Schikanen, wie oft ich verprügelt wurde, und alles andere. Die ganze Zeit saß Alec neben mir und hörte mir zu. Sagte nichts, hörte einfach nur zu. Als ich fertig war, fühlte ich mich so leicht wie zuletzt als ich noch normal war. Es war, als wäre die gesamten Rocky Mountains von mir genommen worden. Ich kuschelte mich an Alecs Schulter und hörte zu, was er sagte: „Diese A**********! Wenn ich deinen Bruder erwische, kann er was erleben! Keine Sorge, ab jetzt werde ich persönlich dafür sorgen, dass niemand jemals wieder so mit dir redet!“ Diesmal aber machte mir seine Wut keine Angst, weil ich sicher wusste, dass er auf meiner Seite war. Wirklich.

Da kam Jace um die Ecke gerauscht. „Hier bist du! Ich habe mir Sorgen gemacht, als du ihr so überstürzt gefolgt bist. Kommst du? Es ist Zeit zum Essen. Clary hat gekocht.“ Alec schüttelte den Kopf: „Jace, du bist gerade unsensibel. Sie hat mir gerade alles über ihre Vergangenheit erzählt, die ist echt schlimm. Aber wir kommen gleich.“ Jace war offenbar beruhigt und verschwand wieder. Ich hatte mich währenddessen hinter Alec versteckt, weil Jace, immer noch mit Waffen, mir zugegebenermaßen irgendwie unheimlich gewesen war. „Na komm. Wir gehen essen“, schlug er vor und so gingen wir zum Essen.

Es war jetzt schon einige Zeit vergangen, und Magnus hatte angefangen, mich auszubilden. Ich machte laut ihm gute Fortschritte. Ich beherrschte jetzt alle gängigen Sachen, von Zauberglanz bis Portal. Ich wohnte jetzt auch erstmal bei Magnus, weil Unterweltler im Institut ein schwieriges Thema waren. Aber ich verbrachte dennoch den größten Teil meiner Freizeit im Institut. Inzwischen war ich so weit, dass ich Magnus genau wie Alec vertraute, Magnus hatte einfach etwas an sich, dass das bewirkte. Bei Isabelle, Jace und Clary… Sagen wir so: Ich hatte mich mit ihnen arrangiert. Sie waren alle nett, auf ihre Art, aber komplett vertrauen tat ich ihnen noch nicht. Ich war gerade mit in der Stadt unterwegs, die anderen waren in einiger Entfernung mit irgendwas beschäftigt, Alec war im Institut geblieben, und ich schaute mir gerade ein Schaufenster an, als ich IHN sah. Meinen Bruder. Er sah mich von der anderen Straßenseite durchdringend an, und ich erstarrte. Gefangen in den ganzen schlimmen Erinnerungen. Er setzte sich in Bewegung, und kam über die Straße direkt auf mich zu. Scherte sich nicht um die Autos. Ich wollte weglaufen, konnte mich aber nicht bewegen. Schließlich stand er vor mir und zischte mich giftig an: „Da ist die kleine Missgeburt ja. Mutter macht sich Sorgen, und ich musste ihr erzählen, dass du auf unbestimmte Zeit bei einer Freundin übernachtest, weil ihre Schwester gestorben ist. Aber du kannst nicht ewig wegbleiben, irgendwann musst du wieder zurückkommen, spätestens wenn die Ferien vorbei sind.“ Jedes Wort troff nur so vor Verachtung. „Und dann werde ich dir zeigen, was ich von dir halte. Das wollte ich schon lange machen. Aber wenn ich mir es recht überlege, warum sollte ich warten?“ In dem Moment löste ich mich aus meiner Starre, drehte mich um und rannte weg. Meine Magie hatte ich komplett vergessen. Aber schon nach ein paar Metern holte er mich ein und stieß mich grob in eine Nebengasse, wo lauter Mülltonnen standen. In seinen Augen stand die reine Verachtung: „Du wolltest dich aus dem Staub machen, und wirst das jetzt bereuen. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du bereuen, auch nur zu existieren.“ In seinen Augen funkelte purer Hass. Ich wich zurück, stieß aber viel zu schnell an eine Mauer. Er kam mir hinterher, und war schon fast bei mir, als hinter ihm eine Stimme ertönte: „Lass sie in Ruhe.“ Und eine andere Stimme: „Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, bist du tot.“ Er drehte sich erstaunt um, und ich sah Jace und Isabelle am Eingang der Gasse stehen. Ich war noch nie so froh, sie zu sehen. Isabelle hatte ihre Peitsche in der Hand und Jace eine Seraphklinge gezückt. Ich rief ihnen zu: „Ich bin so froh, euch zu sehen. Das da ist mein Bruder, er ist ein Mundie.“ Sie verstanden und Jace antwortete: „Aber er ist von einem Dämon besessen, der ihn dich hassen lässt. Das heißt, dass wahrscheinlich der Dämon dich von Anfang an so behandelt hat, nicht dein Bruder. Und wenn wir den Dämon im Körper deines Bruders töten, ist er wieder er selbst. Vielleicht erinnert er sich, vielleicht nicht. Aber du musst aus der Gefahrenzone. Komm rüber.“ Ich nickte und wollte zu ihnen gehen. Aber der Dämon verstellte mir den Weg. Es erleichterte mich überraschenderweise, dass der Dämon all das gemacht hatte, und mein Bruder. Aber selbst, wenn er wieder er selbst sein würde, ich weiß nicht, ob ich ihm jemals wieder würde vertrauen oder vergeben können. Meine Wunden waren einfach zu tief, als das ich sie einfach wegwischen kann. Isabelle zischte wütend: „Lass sie vorbei, oder ich trenne dir dein bestes Stück vom Körper!“ Die Drohung wirkte hervorragend, und er trat beiseite, um mich vorbeizulassen. Ich ging vorbei, und er warf mir einen giftigen Blick zu. Ich stellte mich schnell hinter sie, und fragte: „Wo ist Clary?“ „Holt Alec. Sie müssten jeden Moment auftauchen.“ Und wie auf Befehl tauchten in diesem Moment auf. Als sie bei uns waren, erklärte Jace kurz die Situation, und dass sie beabsichtigten, den Dämon zu töten. Er erklärte, er plane, meinem Bruder eine leichte Wunde mit der Seraphklinge zuzufügen, damit der Dämon ihn verließ, und ihn dann zu töten. Ich segnete den Plan ab, und schon gings los. Isabelle ließ ihre Peitsche knallen, und mein Bruder hatte einen langen, oberflächlichen Schnitt am Arm. Er zischte wütend auf, wegen des Elektrums, und dann sah es so aus, als ob ein Schatten aus allen Öffnungen kamen. Er verdichtete sich zu einer unbeschreiblichen Monstrosität. Alec feuerte einen Pfeil ab, und der traf perfekt. Der Dämon kehrte sofort in seine eigene Dimension zurück. Ich hatte nicht mehr auf meinen Bruder geachtet, blickte ihn jetzt aber aufmerksam an. Er hatte die Augen aufgerissen, und blickte zwischen uns allen hin und her. Er sagte schließlich: „Shay, es tut mir so unbeschreiblich leid. Ich habe zwar keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin, aber ich weiß, was ich dir in den letzten Jahren alles angetan habe. Ich weiß nicht, wieso ich das getan habe. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen.“ Ich achtete nicht auf die anderen, weil ich nicht mit der Situation umgehen konnte. Mein Bruder, der Tyrann, entschuldigte sich. Ich sagte ehrlich: „Ich weiß, dass du das eigentlich nicht gewollt hast. Aber ich kann über all die Jahre der Tyrannei nicht einfach hinwegsehen. Ich weiß nicht, ob ich dir das vergeben kann, aber ich will es versuchen. Ich möchte einen Neuanfang, Marcus. Vielleicht werde ich dir dann auch wieder irgendwann vertrauen können.“ „Mehr kann ich nicht erwarten. Ich danke dir für diese Chance.“ Ich nickte. „Geh jetzt. Ich werde dich kontaktieren.“ Er nickte nur und verschwand. Ich wandte mich an die anderen: „Erstmal, Jace und Isabelle, danke, dass ihr mir zur Hilfe geeilt seid. Ich habe euch allen so viel zu verdanken. Ich möchte mich auch dafür entschuldigen, dass ich euch, Clary, Isabelle und Jace, nicht sofort vertraut habe. Das tue ich jetzt nämlich.“ Clary warf ein: „Das macht doch nichts. Wir verstehen das.“ Ich fuhr fort. „Ich habe noch viel zu lernen, freue mich aber, das mit euch und Magnus gemeinsam zu tun. Wegen meinem Bruder: Ich werde ihm eine faire Chance geben, die er, hoffe ich, nicht verwirkt. Er hat mir sehr schlimme Dinge angetan, die ihr erfahren solltet. Ich werde sie euch in den nächsten Tagen erzählen. Aber jetzt möchte ich mich erstmal im Institut frischmachen. Kommt ihr?“ Sie lachten, nickten, und dann gingen wir zum Institut. Ich in der Mitte, auf den Schultern von Jace und Alec, was uns einige komische Blicke einbrachte. Clary und Isabelle, Izzy, machten wie für eine hochrangige Person den Weg frei, was noch mehr komische Blicke einbrachte. Aber wir hatten Spaß, und nur das zählt.

Der Beginn einer tiefen Freundschaft

Ich bin Alice Nightwolf, eine vollständig ausgebildete Nephilim. Bevor ich meine Geschichte in der Gegenwart fortsetzte, solltet ihr ein bisschen über mich erfahren. Ich bin 16 und relativ klein und zart, habe lila gefärbte Haare und grüne Augen. Ich bin zwar schon fertig mit der Ausbildung, aber da ich noch minderjährig bin, noch nicht im Rat. Ich lebte bis ich 14 war mit meinen Eltern in einem Institut in Schottland, Edinburgh, um genau zu sein. Dann schickten sie mich weg, wie eine Ware, die man nicht mehr haben will. Es hat mich echt verletzt, dass sie das taten. Erst ein Jahr nach Rom, und jetzt bin ich hier, in New York. Ich lebe im örtlichen Institut. Ich bin vor einem Monat hierhergekommen, zu meinem 16. Geburtstag. Meine Eltern haben mir nicht einmal eine Karte geschickt, als würde ich nicht mehr existieren. Aber zurück ins Jetzt.

Der Rat hatte eine Versammlung, deswegen war ich eigentlich allein im Institut. Die Lightwoods samt Jace durften deswegen nach Idris, und da sonst nur ich hier lebte, war ich mit Hodge allein, aber nicht oft im Institut, weil es dort so still war. Ich zog mal wieder in voller Kampfmontur durch die Straßen, in der Hoffnung auf Ablenkung. Als ich in eine Bar kam, hörte ich wie sich ein Werwolf und ein Vampir in die Haare kriegten. Ich ging dazwischen und versuchte zu schlichten, was eigentlich nicht wirklich, also garnicht, gelang. Schließlich musste ich zu meinen Waffen greifen, weil die Situation eskalierte und auch noch Irdische hier waren. Als sich beide Parteien wutschnaubend aus der Bar verzogen, seufzte ich erleichtert. Das hatte ganz schön an meinen Nerven gezerrt. Ich ging auf danach raus und durch eine kleine, enge, schmutzige, stinkende Nebengasse, die kein Mensch jemals freiwillig betrat. Da wurde ich zu allem Überfluss auch noch von zwei schleimigen Dämonen angegriffen. Ich blieb zum Wunder aller sauber und konnte die beiden auch zurück in ihre Heimat befördern. Danach war ich echt erledigt und wollte dringend zurück ins Institut. Ich war auch nur noch zwei Blöcke entfernt, als mich schon wieder zwei Dämonen angriffen. Das war unnatürlich! So weit ich wusste galt diese Dämonenart als ausgestorben, und ganz nebenbei tötete ihr Gift einen in einer Stunde. Ich schlug mich ganz gut, und besiegte auch beide, aber einer der beiden schaffte es noch sich in meinem Rücken zu verbeißen, bis nurnoch Staub übrig war. Und die Wirkung des tödlichen Gifts setzte sofort ein. Ich spürte, wie mein Körper steifer wurde und mein Bewusstsein schwand. Ich muss sofort ins Institut! Das war meine einzige Chance, da ich sonst niemanden kannte, der helfen könnte. Ich stolperte vorwärts, einfach weiter! Aber an der nächsten Ecke sackte ich einfach zusammen und fiel ins Schwarze.
Das nächste was ich wahrnahm, als ich die Augen öffnete, war ein junger Mann, der ziemlich außergewöhnlich gestylt war. Und der Pupillen wie eine Katze hatte. Also ein Hexenmeister… Ich versuchte mich aufzusetzen, konnte mich aber nicht bewegen. Zumindest konnte ich sprechen. „Also erstens: Wer sind sie? Zweitens: Wo bin ich? Und drittens: Was mache ich hier und wieso kann ich mich nicht bewegen?“, beschwerte ich mich sauer. Der Mann erklärte mir geduldig: „Ich bin Magnus Bane, Oberster Hexenmeister von Brooklyn. Du bist in meiner Wohnung. Und du bist hier, weil du von Dämonengift fast getötet worden wärst. Bewegen kannst du dich nicht, weil als du bewusstlos warst, habe ich dir das Leben gerettet und so konnte ich dich besser behandeln. Noch Fragen?“ „Ja. Kann ich wieder ins Institut?“ Magnus Bane schüttelte den Kopf. „Nein, du musst von jetzt an gerechnet noch mindestens vier Wochen hierbleiben, wenn nicht sogar länger. Der Heilungsprozess benötigt meine dauerhafte Anwesenheit. Außerdem hast du strikte Bettruhe. Verstanden?“ Ich nickte schicksalsergeben. Magnus fuhr fort: „Sehr gut. Du kannst lesen, fernsehen, oder was auch immer machen, solange du im Bett bleibst. Das Bad ist hinter der Tür da und Ersatzklamotten liegen auch dort. Falls du was brauchst, sag mir einfach Bescheid, ja?“ Wieder nickte ich. „Gut, du wirst auch noch regelmäßige Behandlungen bekommen, Alice“, sagte er noch im Hinausgehen. Die Tür schlug zu, aber ich fragte garnicht erst, woher der Hexenmeister meinen Namen kannte. Ich trank ein bisschen von Wasser, das auf dem Nachttisch stand und schaute dann ein paar Stunden fern. Dann, es musste später Nachmittag sein, kam Magnus wieder herein. Er erklärte mir, dass er noch ein paar Kontrollen durchführen muss. Er setzte sich neben mich auf den Bettrand und begann womit auch immer. Er fuhr konzentriert mit den Händen über meinen Körper und murmelte dabei irgendwas vor sich hin. Als er schließlich fertig war, sagte er: „Du bist auf dem Weg der Besserung, aber ich habe auch eine tiefe emotionale Last gespürt. Willst du mir davon erzählen?“ Am Ende klang er sanft. Es war ein Angebot, um mir zu helfen. In mir ratterte es. Konnte ich ihm davon erzählen? Ich kannte ihn kaum, aber andererseits war er ein sehr mächtiger Hexenmeister und half mir trotzdem. Und er klang so ehrlich interessiert… Also dachte ich: Egal, ich tu es jetzt einfach. Also begann ich zögerlich: „Ich… ich bin in Schottland aufgewachsen. Meine Eltern waren die besten der Welt, aber als ich 14 wurde, schickten sie mich einfach weg. Ich verstehe nicht, warum sie das taten, und es verletzt mich bis heute, wenn ich daran denke.“ Ich endete leise, zerbrechlich. Ich sah zu ihm auf, und er blickte mir direkt in die Augen. Darin stand ehrlicher Dank, dass ich ihm das anvertraut hatte. Da ging mir durch den Kopf, dass er wie der große Bruder ist, den ich nie hatte. Da grinste er schelmisch: „Danke. Aber du ist für mich auch wie eine kleine Schwester.“ Ich sah ihn misstrauisch an: „Hast du etwa gerade meine Gedanken gelesen?“ Er nickte ohne jede Reue. „Ja. Aber ich werde mich bemühen, das in Zukunft nur mit deinem Erlaubnis zu tun.“ Ich nickte, dagegen hätte ich eh nichts tun können.
Die Tage vergingen und nach einer Woche war Magnus Bane für mich eine Mischung aus bestem Freund und großem Bruder. Und ich glaube, ihm ging es genauso. Als er dann an späten Vormittag zur nächsten Behandlung hereinkam, verkündete er mir die Horror-Nachricht. „Ich werde dich heute hypnotisieren. Damit kann ich viel besser die Fortschritte sehen.“ Ich setzte mich auf und sah in entsetzt an. Ich hatte eine grässliche Angst vor jeden Arten von Hypnose. Da dachte ich immer an diese Filme, in denen diese schwarz-weißen Spiralen sind und wo der, meistens böse, Hypnotiseur dann volle Kontrolle über die Menschen hat. Also nein, danke, ich nicht. Magnus hatte sich inzwischen aufs Bett gesetzt und mich, wohl wegen des verängstigten Gesichts, aufmerksam angesehen. Ich erklärte ihm mit zitternder, verängstigter Stimme: „Magnus, das geht nicht. Kannst du nicht was anderes machen? Bitte?“ Er las mir wohl meine Stimmung vom Gesicht ab, denn er sagte sanft: „Alice, ich habe keine andere Wahl, wenn du genesen willst. Aber ich kann dir versichern, du brauchst keine Angst zu haben. Weder tut es weh, noch ist es irgendwie wie in den ganzen Filmen. Ich habe danach auch keine Kontrolle über dich. Bitte beruhige dich.“ Mein rationaler Verstand sagte mir, dass er Recht hat, und dass ich ihm vertrauen kann, aber die Angst war nicht rational. „Ich… ich weiß, dass du Recht hast, aber… ich habe einfach eine höllische Angst davor…“ Magnus nahm vorsichtig mein Kinn in seine Hände, und zwang mich so, ihm in die Augen zu sehen. Ich wusste, dass er meine Gedanken las, aber es störte mich nicht. „Alice, ich werde dich nicht verletzten, und auch nicht beeinflussen. Es ist zur Heilung nötig, dass ich dich hypnotisiere, aber du entscheidest selbst. Und,“, er sah mich durchdringend an, „ich könnte deinen Schmerz bei den Erinnerungen an deine Eltern auslöschen. Du würdest dich an alles erinnern, aber würdest nurnoch gutes empfinden. Möchtest du das?“ Ich nickte nur stumm. „Vertraust du mir?“ Es war die alles entscheidende Frage, denn es verborg sich auch die Frage darin, ob ich bereit dazu bin. Ich nickte, aber gleichzeitig las Magnus die Antwort in meinem Kopf und meinen Augen. Ja, ich vertraue ihm, von ganzem Herzen und ich war bereit.
Er warf die Decke und das Kissen vom Bett und setzte sich im Schneidersitz ans Fußende des Bettes. Er bedeutete mir, mich mit dem Kopf in seinen Schoß zu legen. Das tat ich auch. Als ich so ausgestreckt dalag, beruhigte sich mein Atem und mein Puls. Ich sah nach oben, direkt in Magnus´ Katzenpupillen. Ich nickte, zum Zeichen, dass er beginnen konnte. Er legte beide Hände an meine Schläfen und schloss die Augen, ich tat es ihm gleich. Einen Moment lang fragte ich mich, was zum Teufel ich hier eigentlich tat, ich ließ mich von einem Hexenmeister hypnotisieren! Aber der Gedanke wurde schnell verdrängt, weil sich eine Art träge Gelassenheit in mir ausbreitete, die zwar Bewegungen meinerseits verhinderte, aber meine Gedanken schärfte. Ich spürte, wie sich eine Art imaginäre, eiskalte Hand in mein Gehirn eindrang. Es tat zwar nicht weh, aber es war so anders, dass ich unwillkürlich zusammenzuckte. Als erstes tastete die Hand meinen Gesundheitszustand ab. Dann wandte sie sich davon ab und wanderte zu den Erinnerungen an meine Eltern. Sie nahm das Knäuel, das alle Erinnerungen an meine Eltern enthielt, und ging nur zu den Emotionen, die ich mit ihnen verband. Die Hand sortierte sie vorsichtig und trennte nur die negativen, wie Wut oder Missgunst, ab. Die positiven Gefühle blieben, wo sie waren. Dann zog sich die eiskalte Hand vorsichtig zurück. Als ich spürte, dass auch die Trägheit verschwunden war, öffnete ich die Augen und sah Magnus an. „Danke. Für alles“, war alles was ich rausbrachte. Aber er verstand auch so. Ich setzte mich auf und er nahm mich in den Arm. Die freundschaftliche Umarmung tat gut.

Auch nach meiner Genesung blieben wir sehr eng in Kontakt, und ich zog schließlich zu ihm, weil ich das Leben im Institut leid war. Er blieb Zeit meines Lebens mein bester Freund, und das alles ging auf diese eine Woche zurück. Das war der Beginn einer sehr tiefen Freunschaft.
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