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Auge um Auge

von S-Mimi
Kurzbeschreibung
GeschichteKrimi / P16 / MaleSlash
Martin Fuchs Paul Richter Stephan Sindera Tom Mayer
19.09.2022
03.06.2023
22
20.891
10
Alle Kapitel
35 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
18.03.2023 961
 
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende.


Teil 13


Nach ein paar Tagen lag Stephan wieder auf Normalstation.
„Du hast dein Essen schon wieder nicht angerührt“, sorgte sich Paul.
„Ich habe einfach keinen Hunger“, Stephan machte zurzeit einen Lustlosen Eindruck. Zu nichts ließ er sich Motivieren, er versank in seinem Schicksaal. Was eigentlich gar nicht seine Art war. Paul hatte noch nie erlebt, dass Stephan sich aufgab und das beunruhigte ihn. Natürlich war sein Freund noch nie in so einer Situation, trotzdem passte es nicht zu ihm.
„Wie willst du dann wieder zu Kräften kommen?“
„Wozu wieder zu Kräften kommen? Guck mich an“.
„Das tue ich, jeden Tag. Nur sehe ich einen Mann, denn ich nicht mehr kenne“, Paul erwartete ja nicht, dass Stephan Luftsprünge vor Begeisterung machte. Im Gegenteil, sein Freund durfte ja ruhig Trübsal blasen, aber sich doch nicht aufgeben.
„Dann solltest du gehen. Ich brauche keinen Babysitter“.
„Und wer tritt dich dann in den Hintern? Ich kann nicht zulassen, dass du dich aufgibst“.
„Ich will so ein Leben nicht. Das bin nicht ich“, fluchte Stephan und versuchte die Tränen zurückzuhalten.
Paul setzte sich vom Stuhl auf die Bettkante. „Ich kann nicht mitreden, ich weiß nicht, wie es ist, ein Bein zu verlieren. Aber weißt du noch was du einmal gesagt hast, zu dem Mädchen, was sich vom Schuldach stürzen wollte? Jeder ist für das Verantwortlich, was man zulässt, was andere einen antun. Oder so ähnlich. Das Arschloch will dein Leben zerstören, Stück für Stück. Vielleicht ist es nicht einmal sein Ziel dich umzubringen, er will dich auf jeden Fall leiden sehen, sehen wie du dein Leben wegschmeißt. Soll er sein Ziel erreichen?“ Paul stand auf. „Entscheide dich. Ich muss jetzt zum Dienst“, ohne einen Abschiedskuss verließ Paul das Zimmer. Er hoffte, dass seine Botschaft angekommen war und Stephan anfing zu kämpfen. Der Arzt hatte ihnen gesagt, dass es zur heutigen Zeit so gute Prothesen gab, dass man ein fast normales Leben führen konnte. Ob es für den Polizeiberuf reichen würde, konnte er nicht sagen, aber Stephan sah da keine Hoffnung. Er war nicht mehr 100% belastbar und das war fakt.

Am Nachmittag kam die Therapeutin und staunte, dass Stephan auf der Bettkannte saß. „Wollen sie mich überraschen?“
„Mein Freund hat mir den Kopf gewaschen“, brummte Stephan.
„Tut er das nicht jeden Tag?“
Stephan funkelte die Therapeutin an.
„OK, dann hat er heute wohl die Richtigen Worte gefunden. Dann hole ich Mal den Rollstuhl“.
Allein das Wort ließ Stephans Magen umdrehen. Allein da rein zu kommen, kostete eine Menge kraft. Man sagte ihm zwar, dass läge daran, dass sich sein Gleichgewichtssinn erst anpassen müsste, aber das reichte ihm nicht. Ihm ging alles zu langsam. Auch wenn er bis jetzt die Mithilfe so gut wie verweigert hatte. Aber das würde sich ab heute ändern, er musste wieder auf die Beine… auf das Bein kommen. Er musste den Typen finden, der ihn das angetan hatte und das konnte er nicht vom Krankenbett, zudem musste er die Menschen schützen die er liebte. Paul hatte ihn zwar versichert, dass alles in die Wege geleitet wurde und seine Familie unter Polizeischutz stand. Es reichte ihm nicht.
Mit Hilfe der Therapeutin setzte sich Stephan in den Rollstuhl und dann ging es in den KG-Raum.
„Was soll ich hier?“
„Gleichgewichtsförderung. Ihr Bein wird in Zukunft mehr Gewicht tragen als die Prothese. Wenn sich ihr Körper daran gewöhnt hat, merken sie das gar nicht. Und bis die Prothese angepasst ist, kräftigen wir ihr Bein und fangen schon Mal an, dass Gleichgewicht zu verlagern“, sie schob den Rollstuhl zwischen einen Barren. „Jetzt stehen sie bitte auf“.
Stephan griff um die Holzstangen und drückte sich hoch. „Früher hatte ich nie Probleme auf einem Bein zu stehen“, beschwerte er sich, als er wankte.
„Früher war ihr Körper komplett. Sie werden ein neues Körpergefühl entwickeln“.
„Für den Job reicht es trotzdem nicht“.
„Geben sie nicht auf. Ich habe allerdings keine Ahnung vom Polizeidienst, aber ich kann mir vorstellen, dass es da schon irgendetwas für sie geben wird. Aber einen Schritt nach dem anderen“.
„Soll das jetzt heißen, dass ich mich vorwärtsbewegen soll?“
„Nein, dass kommt erst, wenn die Prothese kommt, in etwa 2 Tagen“.
„Kann ich den Stumpf dann schon belasten? Die Wunde ist doch noch nicht verheilt“.
„Belasten noch nicht, aber tragen, damit sie sich an das Gefühl gewöhnen“.
Stephan schüttelte den Kopf. „Das bin ich nicht“.

Paul kam auf die Wache.
„So früh? Hat Stephan dich rausgeschmissen?“ wunderte sich Tom, normal kam Paul immer total abgehetzt.
„Ich liebe ihn, aber zu sehen, wie er sich aufgibt… Ich konnte es nicht sehen“.
„So schlimm heute?“
„So schlimm wie jeden Tag. Er isst kaum etwas, spricht kaum und heute habe ich das Gefühl bekommen, als hätte er sich komplett aufgegeben, dass er keine Lust mehr hat zu leben“.
Tom guckte Paul alarmiert an. „Du glaubst, dass er sich etwas antun könnte? Suizid?“
„Ich weiß es nicht“, Paul fuhr sich über das Gesicht. „Vielleicht ist es meine eigene Angst, etwas zu übersehen“.
Tom seufzte. „Vor dem Unfall hätte ich schwören können, dass Stephan nicht der Typ dafür ist. Aber so ein Schicksal verändert einen. Aber er liebt dich doch auch, auch wenn er dir das vielleicht nicht so zeigt. Glaubst du, er würde dich alleine lassen? Dich? Seine Familie?“
„Ich weiß es nicht. Er ist unberechenbar“.
„Sprich Mal mit seinem Arzt, der sollte das wissen.“
„Morgen“.
„Wie? Du fährst heute nicht mehr hin?“
Paul schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe ihn eine Ansage gemacht. Eigentlich habe ich ihm nur seine eigenen Worte an den Kopf geknallt, dann habe ich ihn alleine gelassen, damit er drüber nachdenken kann.“
„Vielleicht hat das ja etwas bewirkt“.
Paul lachte auf. „Schön wäre es. Bis jetzt ist alles an ihm abgeprallt, was ich ihm gesagt habe“.
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