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the sea hates a coward

von eigengrau
Kurzbeschreibung
MitmachgeschichteAbenteuer, Freundschaft / P16 / Gen
OC (Own Character)
07.09.2022
23.03.2023
11
45.621
8
Alle Kapitel
27 Reviews
Dieses Kapitel
3 Reviews
 
13.10.2022 3.764
 
chapter o3.


Das Zwitschern der Vögel war noch immer laut, doch im Vergleich dazu, wie sie es noch vor wenigen Stunden wahrgenommen habe, war Nobu mittlerweile in der Lage, es beinahe zu genießen. Auch, wenn sie sich nicht daran erinnern konnte, jemals auf einer Insel gewesen zu sein, auf der das Federvieh so unfassbar viel Stimmgewalt an den Tag brachte.
Tatsächlich hatte sie aktuell jedoch auch ganz andere Probleme als die Vögel Meadows.
Seit beinahe drei Stunden lief sie über die kleine Insel, auf der Suche nach Moxley und dem kleinen Scheißer. Auch, wenn Nobu keineswegs mit Geldproblemen zu kämpfen hatte, so waren fünfzigtausend Berry doch mehr als nur ein bisschen zu viel um es einfach darauf beruhen zu lassen. Vor allem, weil Moxley, der Arsch, ihr mehrfach versichert hatte, dass der kleine Scheißer die Rechnung schon übernehmen würde. Von wegen.

Gemessen daran, wie auffällig Moxley und Emory sein mussten – ein beinahe zwei Meter großer, schwankender Typ, der aussah, als würde er den Müttern die Töchter aus den Armen reißen und ein kleiner, blonder Angsthase, der sich vermutlich dreitausend Mal für das Verhalten seines Kameraden entschuldigen würde – war es unerwartet schwierig, irgendwelche Informationen zu den beiden zu erhalten.
Zwar hatte Nobu bereits einige Männer getroffen, die sich daran erinnerten, die beiden trostlosen Gestalten gesehen zu haben, wenn Nobu weiter nachhakte, stellte sich jedoch jedes Mal heraus, dass die Männer vom gestrigen Abend in der Schwanhilde sprachen.

Wäre es nicht das Geld, dass sie durch die unbefestigten Straßen des Ortes treiben würde, hätte Nobu ihre Suche vermutlich längst gegen ein kühles Bier ausgetauscht – sie war sich sicher, dass es schon wieder schmeckte – doch es wurmte sie viel zu sehr, dass ihr Lohn der letzten Wochen für Moxleys Alkoholkonsum draufgegangen war. Bei keinem ihrer ehemaligen Crewmitglieder hätte es sie mehr gestört, als bei dem alten Suffkopf. Weil sie ebenso gut wie jeder andere wusste, dass Moxley sich immer wieder volllaufen ließ, ohne jemals zu bezahlen.

Nobu erinnerte sich noch gut daran, wie die Männer sie damals, als sie gerade neu aufs Schiff gekommen war, vor ihm gewarnt hatten. Pass auf, Kleine. Du machst alles, was wir dir sagen. Das ist dein Job. Außer, wenn der Vize sagt, dass du ihm was zu trinken kaufen sollst. Bezahlst du ihm einmal sein Bier, wirst du ihn nie wieder los. Und wir wissen alle, dass das eine Strafe ist, die niemand verdient hat.

So, wie das Lächeln Nobus Mundwinkel, umspielte auch die leichte Brise, die vom Meer heranwehte, ihre losen Strähnen.
Der Geruch des salzigen Blues stieg ihr in die Nase und ehe sie wirklich wusste, wie ihr geschah, hatten ihre Beine bereits selbstständig entschieden, dass sie ihre Suche in Hafennähe fortsetzen würde.

Während sie anfangs noch gegangen war, jagte Nobu den Abhang bald schon hinab. Ihre Haare tanzten im Gegenwind, ihr Kichern wurde hinfort getragen.
Meadow war vielleicht keine besonders große, oder spannende Insel, anders, als so viele andere Inseln im West Blue, vermittelte sie einem jedoch ein ganz besonderes Gefühl. Etwas, wonach so viele Menschen ihr Leben lang vergeblich suchten. Das Gefühl der Freiheit.
Auch, wenn Nobu wusste, dass die Bewohner der Insel ihr schräge Blicke zuwarfen, fühlte sie sich doch keinesfalls gehemmt, dem nachzugehen, was ihr gerade in den Sinn kam. Die meisten Anwohner hatte sie bereits in der Schwanhilde getroffen und auch sonst schienen die Bewohner Meadows zwar skeptisch, aber nicht feindlich gesinnt.
Dies hatte die Oni nicht zuletzt auch in den zahlreichen Gesprächen gemerkt, die sie bisher mit den Inselbewohnern geführt hatte.

Nobu stoppte ihren Laufschritt erst, als hinter einigen großen Eichen einen kleinen Weg zum Vorschein kam. Auf schweren Steinen hatten sich einige Arbeiter, die allem Anschein nach bereits seit Stunden damit beschäftigt waren, Holz zu haken, zur gemeinsamen Mittagspause zusammengesetzt.

»Hey!«

Ein freundliches Lächeln zierte Nobus Gesicht, welches bis vor einigen Stunden noch einen sehr zerknirschten Eindruck gemacht hatte. Die frische Seeluft und die ausgiebige Bewegung hatten die Nachwirkungen des Alkohols jedoch schnell verfliegen lassen.
Etwas, was vor allem einen der jüngeren Männer innerhalb der Runde recht überraschend zu treffen schien.

»Ey«, grüßend hob er die Hand. »Warst du nicht gestern Abend auch in der Bar? Hab gesehen, was du getrunken hast. Ich glaub da könnt ich noch nicht wieder stehen.«
»Du fängst ja auch schon nach einem Bier an, mit der alten Gundel zu tanzen.«

Einer seiner Begleiter schlug sich lachend auf die breiten Oberschenkel, woraufhin die anderen Männer grölend mit einstimmten. Der Jüngling schien mit diesem Verhalten bereits vertraut, zumindest ließ er sich nicht anmerken, dass es ihn in irgendeiner Weise störte. Seine Aufmerksamkeit war auf etwas anderes gerichtet und auch, wenn er dabei nicht einmal ansatzweise so aufdringlich vorging, wie Moxley, erwischte Nobu ihn doch immer wieder dabei, wie seine Augen den Kontakt zu ihren brachen und ein paar Zentimeter herabrutschten.
Innerlich verdrehte sie die Augen und ermahnte sich selbst, demnächst wieder etwas weniger tief ausgeschnittene Kleidung zu kaufen. Etwas, was ihr jedoch nur möglich war, wenn sie demnächst mal wieder nach Ka no Kuni kam.

»Wenn du gestern auch da warst«, sie lenkte das Thema um, um seine Aufmerksamkeit von sich selbst abzulenken, »hast du die beiden Typen gesehen, die bei mir saßen?«
»Den Blonden und den Alten mit den roten Haaren?«, der Jüngling nickte leicht. »Hab ich.«
»Und hast du sie danach zufällig nochmal gesehen?«

Der junge Mann schien für einen Moment in sich zu gehen, doch gerade, als Nobu glaubte, ihn ein Nicken ansetzen zu sehen, begann er, mit dem Kopf zu schütteln. Sein entschuldigendes ‚Sorry‘half nicht dabei, ihre Enttäuschung und die innere Wut auf Emory, die sich mit jeder Minute weiter entfachte, zu zügeln.

»Alter Sack mit roten Haaren und Blondschopf, sagst du?«, einer der anderen Männer hatte sich ein Stückchen zurückgelehnt, sodass sein kräftiger Rücken gegen einen Baumstamm drückte. »Die hab ich heut‘ Nacht gesehen. Kannte den Alten nicht, daher hab ich’s mir gemerkt. War unten am Hafen. Wenn ich mich richtig erinnere, waren die aber nicht allein. Der Rothaarige hat irgendwas gegrölt, aber der Blonde schien nicht mehr ganz bei Sinnen. Hing wie ein nasser Sack bei wem über der Schulter. Bin fast ins Hafenbecken gefallen, als ich gehört hab, wie sein Kopf gegen die Reling von dem riesigen Kahn geknallt ist. Der Typ, der ihn getragen hat, scheint auf jeden Fall nicht gut auf ihn zu sprechen zu sein.«

Er kratze sich am langsam kahl werdenden Hinterkopf, überlegte, ob er wichtige Details ausgelassen hatte. Doch sein Grübeln schien zu keinen neuen Ergebnissen zu kommen und so richtete er den Blick schulterzuckend wieder zu Nobu.

»Das klingt sehr nach den beiden.« Nobus Grinsen war eine Spur zu breit. »Ich schau mich mal am Hafen um. Danke euch!«

☠️


Emorys Glieder schmerzten wie nach einer Woche harter Arbeit auf den Kartoffelfeldern von Mademoiselle Lemaires Nachbarn.
Viel schlimmer als die Tatsache, dass ihm alles wehtat, war jedoch, dass seine Nase seit geraumer Zeit nicht nur unfassbar verstopft war, sondern auch immer stärker zu jucken begann. Immer wieder zuckte Emorys rechte Hand impulsiv, getrieben von dem Wunsch, sich nur ein einziges Mal schnell durchs Gesicht zu fahren. Jedes Mal aufs Neue wurde er von den rauen Fesseln daran erinnert, dass ihm eben dies nicht möglich war. Und vielleicht nie wieder möglich sein würde.

»Moxley?«, kam es zögerlich von Emory, ehe er sich lautstark die triefende Nase hochzog. »Da ich ohnehin sterben werde, könntest du mir vielleicht noch etwas über meinen Vater erzählen?«

Ob es an dem weinerlichen Tonfall lag, den er angeschlagen, oder daran, dass er überhaupt etwas gesagt und damit die kurze Stille, die Moxley allem Anschein nach zu genießen gewusst hatte, durchbrochen hatte, wusste Emory nicht zu benennen. Doch Moxley wirkte keinesfalls begeistern davon, schon wieder etwas aus seinem Mund zu hören
Emory biss sich auf die Zunge, um nicht erneut zu schluchzen. »Bitte?«

Moxley schien mit sich zu hadern. Seine buschigen Augenbrauen zuckten, die in Schatten getauchten Falten auf seiner Stirn schienen für einen Moment viel tiefer als zuvor. Nach endlosen Minuten seufzte er resignierend.

»Schön.« Moxley knurrte mehr, als dass er sprach. »Aber danach hältst du die verdammte Schnauze.«

Emory nickte energisch. Während Moxley sich etwas ungelenk in seine Richtung drehte, es dabei jedoch vermied, ihm auch nur ein einziges Mal in seine verheulte Visage zu blicken, versuchte auch Emory, es sich bequemer zu machen, was sich jedoch als ein Ding der Unmöglichkeit herausstellte.
Um Moxley nicht mit dem pfeifenden Geräusch seiner verstopften Nase zu nerven, schluckte Emory den schweren Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, geräuschvoll herunter und versuchte, durch den viel zu verklebten Mund zu atmen. Er war sich sicher, dass der mürrische Trunkenbold die Geschichtsstunde abbrechen würde, sobald er auch nur einen unbedachten Mucks von sich gab.

»Also« Moxley leckte sich nachdenklich über die rauen Lippen. »Was willst du hören? Die Geschichte, wie eine vorlaute Hure versucht hat, deinen Dad zu bescheißen und es anschließend sehr bereut hat, da sie danach nicht mehr allzu hübsch anzusehen war? Oder lieber die Story, in der er eine ganze Bar abgefackelt hat, weil deren Bier so verdammt scheiße geschmeckt hat, dass nicht mal ich es getrunken habe? – Den Gestank vom verbrannten Fleisch riech ich immer noch. Zum Teufel.«

Verhalten kaute Emory auf seiner Unterlippe herum. Das freudlose Lachen, welches über Moxleys Gesicht kroch, ließ ihn zögern, seine Erkenntnis auszusprechen: »Das ist doch alles nicht wahr.«

Zweifel haftete an seinen Worten, doch ebenso war ihm bewusst, dass Aussagen von einer Person wie Moxley mit Vorsicht zu genießen waren. Das Schwierige an der Situation, in der er sich befand, war, dass Moxley ihm das Blaue vom Himmel erzählen konnte und Emory sich niemals sicher sein konnte, wie viele Fünkchen Wahrheit wirklich darin vorborgen lagen. Schließlich kannte er seinen Vater, anders als Moxley, nicht.
Gleichzeitig sah Emory jedoch auch keine Motivation dahinter, dass Moxley ihn anlügen sollte. Er würde sterben. Vermutlich nicht sofort, doch sicherlich noch ehe er seinen zwanzigsten Geburtstag feiern konnte. Es war vollkommen gleich, ob Moxley ihm nun die Wahrheit erzählte, oder nicht.
Emory seufzte leise. Ganz egal, wie er es betrachtete, aus Moxley wurde er einfach nicht schlau.

»Natürlich nicht. Das weißt du, weil du ihn besser kennst, als ich«, spöttisch nickte Moxley ihm zu. »Ich hab dir schon mal gesagt, dass dein Vater ein kranker Bastard ist. Was hast du erwartet?«

Unsicher, wie er darauf reagieren sollte, zuckte Emory mit den Schultern. Er war sich selbst nicht wirklich sicher, was er erwartet hatte. Natürlich, sein Vater war vielleicht kein Held, sondern ein Pirat, aber auch die konnten heroisch sein. Und wenigstens eine positive Sache über ihn zu hören, wäre schon mal ein Anfang.
Wobei Moxley wohl auch nicht gerade die Person war, von der man auch nur ein gutes Wort gegenüber irgendeiner anderen Person erwarten konnte. Vermutlich noch nicht einmal für seine eigene Großmutter.

»Hast du denn nichts Gutes über ihn zu sagen?« Emory schluckte schwer. »Irgendetwas Nettes?«

Moxley lachte, als hätte Emory einen überraschend guten Witz gemacht.
In seinen Augen regte sich derweil nichts.

»Etwas Nettes? Verasch mich nicht, Junge.« Er hielt inne. »Ich überleg ja schon. Fang bloß nicht wieder an zu flennen.«

Für einen winzigen, viel zu selbstsicheren Moment, kam Emory der Gedanke, dass ihm das Wissen darüber, dass Moxley es allem Anschein nach nicht ausstehen konnte, wenn er zu weinen begann, noch hilfreich werden könnte. So lange, bis er sich wieder daran zurückerinnerte, dass es nicht mehr viele Momente geben würde, in denen er davon Gebrauch machen konnte. Emorys Augen begannen erneut, zu brennen.

☠️


Der Hafen der kleinen Insel Meadow war ebenso winzig, wie man es erwarten würde. Nicht mehr als drei Stege boten den Schiffen, die sich nur selten so tief hinein in den West Blue begaben, Platz, um anzulegen. Die meisten von ihnen hölzerne Kajütboote, gerade groß genug, um einige Säcke Mehl, Gemüse und Obst aufzuladen und an die umliegenden Inseln zu liefern.
Nobu ließ den Blick schweifen. Sie konnte vier dieser Boot zählen. Nein, fünf. Eines von ihnen war kaum zu erkennen, wurde es doch nahezu gänzlich von einem deutlich größeren Schiff verdeckt. Das musste der Kahn sein, von dem der Alte gesprochen hatte.

Ein weiteres Mal ließ Nobu die Augen über die Stege wandern, um sich zu vergewissern, dass sie nicht doch noch etwas übersehen hatte. Glücklicherweise fiel ein Schiff dieses Kaliebers innerhalb des kleinen Hafens jedoch auf und so war sie sich schnell sicher, dass nicht mehr als das eine Monstrum angelegt hatte.
Ein Grinsen umspielte ihre trockenen Lippen. Sie hatte nicht erwartet, diese verdammten, grünen Segel allzu bald wiederzusehen.

Die Mantis war ein recht hübsches Schiff. Zwar war sie recht klein – vor allem, wenn Nobu sie mit dem Schiff ihrer alten Crew verglich – doch bedeute das auch, dass sie sich schon von einer kleinen Crew händeln ließ.
Durch das helle Holz, welches für den Mast verwendet und innerhalb des Rumpfes mit eingearbeitet worden war, vermittelte die Mantis einen recht gehobenen Eindruck. Ganz anders, als die Crew, die den Zweimaster zu ihrem Heim erklärt hatten.
Nobu schauderte bei dem Gedanken an ihr erstes Treffen mit den Artisan Pirates.
Ihr Käpt’n, ein etwas schwerfälliger Mann, den Nobu grob auf Mitte dreißig geschätzt hatte, hatte einige Wochen zuvor ein neues Kopfgeld erhalten, nachdem er, im Zuge eines Brandanschlags auf ein Etablissement, welches seinen Ansprüchen, laut eigener Aussage, nicht gerecht geworden war, ein halbes Dorf abgefackelt hatte.
Ein Typ Mensch, vor dem Nobu sich von Anfang an geekelt hatte. Auch, weil bei dem Brandanschlag mehrere Kinder ums Leben gekommen waren. Und so hatte sie es sich nicht nehmen lassen, die Person zu werden, die den Fettsack bei der Marine auslieferte. Auch, wenn sein Kopfgeld zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht die Grenze überschritten hatte, die Nobu normalerweise erst neugierig werden ließ. Nicht, weil sie geldgierig war. Das auch, doch der Grund, weshalb sie nur noch nach den großen Fischen suchte, war ein anderer. Die Männer, die heutzutage ein Kopfgeld erhielten, waren überwiegend einfach zu schwach, als dass ihr der Kampf gegen sie auch nur ansatzweise Spaß machte. So auch der Käpt’n der Artisan Pirates.

Dass seine Crew sich so schnell zusammengerauft hatte und es allem Anschein nach sogar geschafft zu haben schien, ihren Spuren zu folgen, um sie auf Meadow erneut zu konfrontieren, überraschte Nobu. Wobei auch weiterhin die Möglichkeit bestand, dass die Männer einfach nur verdammtes Pech hatten und dabei waren, ihr ungewollt ein weiteres Mal entgegenzutreten.
Angesichts dessen, dass sie jedoch mit dem Verschwinden von Moxley und Emory zusammenzuhängen schienen, eine recht gewagte These.

Breit grinsend leckte Nobu sich über die Lippen und entblößte dabei ihre unnatürlich spitzen Fangzähne. Spielerisch leicht ließ sie ihre Fingerknöchel knacken. Auch, wenn die Piraten einzeln wohl kaum in der Lage waren, sie zu beschäftigen, je nach dem, wie viele von ihnen in der Crew verblieben waren, würde es vielleicht doch ein wenig spannend werden.

Die salzige Meeresluft im Rücken, kam sie in Bewegung.
Showtime.


☠️


Moxley konnte spüren, wie der Kleine ihn erwartungsvoll von der Seite anstarrte. Wie er darauf wartete, dass er etwas Positives über Lazarus ausspie. Er verabscheute es.
In einem Augenblick wie diesem – der nicht oft, aber im Laufe der Jahre doch immer mal wieder vorkam – würde er seine Seele für eine Zigarette verpfänden. Oder eher die des Jungen, wobei er verzweifelte, dass diese mehr Wert sein würde, als einen verdammten Zigarettenstummel.
In der Hoffnung darauf, dass Emory das Interesse verlieren würde, wenn er nur lange genug zögerte – und, weil ihm wirklich nichts einfiel – begann Moxley, laut zu denken.

»Mhm. Nein. Das ist ein schlechtes Beispiel.«

Obwohl er nur murmelte, konnte Moxley den leicht erheiterten Unterton nicht aus seiner Stimme verbannen. Dafür war die Erinnerung, die ihm soeben in den Sinn gekommen war, eine Spur zu gut.

»Das auch nicht… Ist nicht sonderlich kindgerecht.« Spöttisch musterte er Emory. »Da kriegst du mir noch Albträume von und du heulst gleich wieder los.«

Er konnte sehen, wie der Knirps an ihm zweifelte. Wie er ihn mit diesen verdammten Augen musterte, als würde er auf den Kern seiner pechschwarzen Seele blicken und ihn in demselben, abfälligen Tonfall wie sonst auch fragen: ‚Nimmst du überhaupt irgendetwas ernst, Moxley?‘

Energisch schüttelte Moxley den Kopf, bemüht, weiterhin zu lächeln um dem Zwerg das Gefühl zu geben, dass er sich wieder mit einer alten Erinnerung herumschlug und nicht damit, dass er gerade für einen Moment nicht Emory, sondern den jungen Lazarus vor sich gesehen hatte.
Ein Schauer wanderte seinen Rücken hinunter. Es war kalt geworden. Viel zu kalt.
Moxley hasste die Kälte. Er hasste sie so sehr, wie kaum etwas anderes. Beinahe so sehr wie den verdammten Lazarus.

Minuten vergingen und Emory bereitete sich bereits darauf vor, dass Moxley ihm eine Antwort schuldig bleiben würde, als der Ältere schließlich ergeben den Kopf in den Nacken kippen ließ.

»Vor einer halben Ewigkeit hat der Wichser mal so eine verweichlichte, kleine Rotznase vorm Erfrieren gerettet. War aber nicht mal halb so schlimm, wie du, das Balg. Und trotzdem war’s das im Nachhinein betrachtet absolut nicht wert.« Moxley spuckte auf die Dielen, als müsste er den Geschmack der Erinnerung aus seinem Körper verbannen. »Beruhigt das dein dämliches Gewissen, eh?«

Für Moxley war die Sache damit erledigt. So beiläufig, wie er darüber berichtet hatte, erhoffte er sich, dass Emory nicht auf die beschissene Idee kommen würde, nachzuhaken. Wenn er das doch tun würde, konnte er nicht garantieren, dass er nicht seine Fesseln lösen und dem kleinen Scheißer den Hals umdrehen würde.

»Und jetzt will ich von deiner jämmerlichen Existenz absolut nichts mehr mitbekommen.«

☠️


Das morsche Holz des Kajütbootes knarzte unter ihren Schritten.
Problemlos sprang sie auf das Dach der kleinen Kajüte. Die Kanten ihrer Geta gruben sich in die Dielen, ließen die rote Farbe, in der das Dach Jahre zuvor gestrichen worden war, blättern.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie hatte gerade genug Platz, um drei Schritte zurückzulegen. Genug.
Ein letztes Mal sog sie die salzige Meeresluft in ihre Lunge. So tief, dass es brannte. Dann holte sie Anlauf. Und sprang.

Krachend landete Nobu auf dem Deck der Mantis. Holz splitterte. Hinter sich vernahm sie einen erstickten Schrei.
Sie musste sich nicht umsehen, um zu wissen, wo der Mann stand, der geschrien hatte. Auch ohne einen Laut hätte es ihr spätestens sein Atem verraten.

Nobus Augen blitzten.
Im Bruchteil einer Sekunde wirbelte sie herum.
Wie aus dem Nichts tauchte sie vor dem Piraten auf. Ihre Faust traf seine Magengrube, ehe er erneut einen Mucks von sich geben konnte. Ein Röcheln. Er kippte.
Schwungvoll riss Nobu ihr Bein in die Höhe. Wie Butter bohrte sich ihr Knie in seinen Bauch. Ließ ihn abheben.
Er riss den Kopf in die Höhe, die Augen voller Panik. Für einen Augenblick spürte er nicht mehr als einen leichten Windhauch in seinem Gesicht. Dann ließ ihre Faust seine Nase bersten.

Das laute Platschen verriet Nobu, dass er über die Reling getorkelt war. Sie hatte gewusst, dass das passieren würde, weshalb sie sich ihrem nächsten Gegner zugewandt hatte, ohne einen weiteren Blick nach hinten zu riskieren.
Aufgescheucht durch die Kampfgeräusche, waren weitere Piraten aus ihren Kojen gekommen. Mit gebleckten Zähnen und zitternden Fäuste stürmten sie der Oni entgegen.

Spielerisch leicht duckte Nobu sich unter einem Schlag hinweg. Rammte ihre Schulter in seinen Solar Plexus.
Der Pirat wurde von den Füßen gerissen. Hart bremste der Mast seinen Flug.
Nobu fuhr herum. Haarscharf glitt eine Faust an ihrer Wange vorbei. Sie quittierte den Versuch mit einem Schlag, der traf.
Finger bohrten sich in ihr Gewand, rissen an dem feinen Stoff. Ihr fliegender Fuß traf den Piraten an der Schläfe, schleuderte ihn gegen seinen Kameraden.

Ein wahnsinniges Grinsen zierte ihre Lippen, als sie die Ärmel hochschob. Gut waren sie nicht. Aber immerhin besser, als erwartet.

Nobus Blick rauschte über ihre Gegner. Vier Piraten standen noch. Zwei waren dabei, sich aufzurichten. Immerhin.
Sie ließ sich zur Seite fallen. Entkam so einem Schlag, der auf ihre Nase abgezielt hatte. Mit dem Schwung des Falls drehte sie sich um die eigene Achse. Ihr ausgestrecktes Bein riss den Piraten von den Füßen.
Fließend richtete sie sich auf. Ihr Standbein bohrte sich in die Eingeweide des Gefallenen, als sie sich vorlehnte, um die Fäuste erneut fliegen zu lassen.
Den Fuß noch immer im Magen des stöhnenden Piraten, drehte Nobu sich um die eigene Achse. Ihre Fäuste öffneten sich für einen Moment.
Ihre Finger bohrten sich in die Köpfe zweier Piraten. Rissen an ihren Haaren. Hart knallten ihre Köpfe zusammen.
Nobus rechte Hand löste sich aus dem Schopf. Schwungvoll ließ sie den Arm zurückschnellen. Ihr gespitzter Ellbogen traf den Gegner mitten im Gesicht. Wimmernd ging er zu Boden.

Nobu drehte sich um. Doch anstatt in weitere, kampfeslustige Gesichter zu blicken, war es reine Angst, die ihr entgegenblinzelte. Deprimiert ließ sie die Fäuste sinken.

»Sorry, Kiddies.« Ungeniert wischte sie sich die blutverschmierten Hände an ihrer eingerissenen Kleidung ab. »Den Kampf könnt ihr nur verlieren.«

Auf ihre Worte folgte nervöses Schweigen. Die Männer wussten, dass sie im Recht war. Auch, wenn die Akzeptanz dessen fast noch mehr schmerzte, als die Wunden, die Nobu ihnen innerhalb des kurzen Schlagabtausches zugefügt hatte.

»Du hast unseren Käpt’n verraten!«

Nobu sah auf. Der Pirat, der sich aufgerichtet hatte, schien jünger zu sein, als seine Kameraden. Blut floss aus einer Wunde an seiner Stirn.

»Das hab ich wohl.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn ihr nicht immer wieder vermöbelt werden wollt, dann sucht euch nen Neuen. Wer weiß, vielleicht wird dann sogar noch was aus euch. Aber erstmal verratet ihr mir, wo ich den blonden Pisser finde, der mich ausgenommen hat. Und dann verpisst euch von meinem Schiff.«
»Das ist unser-«

Das gefährliche Glitzern in ihren Augen ließ den Piraten verstummen. Sein leises Fluchen war dennoch nicht zu überhören. Nobu überging es, ohne mit der Wimper zu zucken. Viel mehr interessierte sie sich für die Worte eines älteren Piraten, der ihr unwillig verriet, wo sie die Gefangenen untergebracht hatten.
Nobu nickte.

»Brav gemacht. Und jetzt schwingt die Hufe und vergesst meine Worte nicht. So wenig Rückgrat wie ihr habt, solltet ihr euch nen Job als Leibeigene suchen und nicht über die Blues schippern. Für euch ist ja schon ne Badewanne zu groß.« Sie lachte über ihren eigenen Witz. »Ach ja. Zieht euren Kumpel noch aus dem Wasser. Ich bin nicht nach Meadow gekommen, um ne Landratte umzubringen.«


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nachwort




Hallo ihr Lieben,

hier das dritte Kapitel! :3 Ich hoffe es gefällt euch und ich würde mich freuen, wenn ihr eure Meinung dalasst!

Wie immer ein herzliches Dankeschön an die lieben Reviewschreiber Grauschwinge und Kiraya!

Einigen von euch bin ich noch Mails bzw. kleine Rückmeldungen zu euren bereits eingegangenen OCs schuldig, wozu ich hoffentlich am Wochenende kommen werde! Ich hab euch nicht vergessen keine Sorge! :D

eigengrau ❤️
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