the sea hates a coward
von eigengrau
Kurzbeschreibung
❝ pathetic. ❞ [Anmeldung geschlossen]
MitmachgeschichteAbenteuer, Freundschaft / P16 / Gen
OC (Own Character)
07.09.2022
23.03.2023
11
45.621
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29.09.2022
3.280
chapter o2.
Das Zwitschern der Vögel, welches jeden neuen Tag, der auf Meadow anbrach, begleitete, glich an diesem Morgen viel mehr einem Geschrei. Krähen riefen nach ihren Kameraden, die der Sturm ans andere Ende der Insel getragen hatten, Spatzen versuchten mit ihren jämmerlich leisen Rufen, nicht unter all dem anderen Federvieh unterzugehen. Mit mäßigem Erfolg.
Obwohl die Spatzen und auch viele der anderen Vögel kaum laut genug waren, als dass man ihre Stimmen noch zwanzig Meter weiter hören konnte, nahm Nobunaga vor allem die kleinen Piepmätze mit ihren unsäglich hohen Stimmen als viel zu laut wahr. So laut, so nah, dass sie sich mehrmals fragte, ob Emory, als er plötzlich aus dem Barraum gestürmt war, nicht doch die falsche Tür genutzt und den einzigen Ausgang der Kneipe offenstehen gelassen hatte.
Ihr Kopf dröhnte, als sie sich bemühte ihn anzuheben. Das spitze Horn, welches aus ihrer Stirn wuchs, schien plötzlich tonnenschwer und ganz egal, wie sehr sie sich anstrengte, sie war noch nicht wieder Herr genug über ihre Kräfte, um sich gegen die Naturgewalt, die sich Schwerkraft nannte, zu wehren und sich aufzurichten.
Da Emory auch nach über einer Stunde nicht zurückgekehrt war, hatten Nobunaga und Moxley mehr als genug Zeit gehabt, um sich, um der guten alten Zeiten willen, gegenseitig abzufüllen. Mit Erfolg, wie ihr gerade schmerzhaft bewusst wurde.
Nobu stöhnte leise, während sie ihren Kopf auf die andere Seite drehte, in der Hoffnung, einen Moxley vor sich zu sehen, der einen noch zerstörteren Eindruck machte, als sie selbst. Vergeblich.
Nobunagas Augen zuckten. Mit einem Mal war sie zwar nicht hellwach, doch immerhin wacher.
Ihr Blick wanderte zum dunklen Dielenfußboden, doch auch auf diesem hatte der ehemalige Vize es sich nicht gemütlich gemacht.
Nachdenklich zog Nobu die Stirn in Falten und bereute es sogleich, als ihr Kopf sie schmerzhaft daran erinnerte, dass jede noch so kleine Muskelbewegung gerade etwas zu viel des Guten war.
Dennoch, sie hatte das Gefühl, sich dunkel daran erinnern zu können, dass Moxley irgendwann den Raum verlassen hatte. Weil er das Bad aufsuchen musste. Weil sie ihn dazu angewiesen hatte, nach Emory zu schauen. Weil ihr kleiner Scherz mit dem Schnaps vielleicht doch etwas über die Stränge geschlagen war.
Nobu stöhnte erneut, dieses Mal lauter. Allem Anschein nach waren weder Moxley, noch die halbe Portion, zurückgekehrt.
»Los Papi, sag es ihr!«
Irritiert drehte Nobu den Kopf erneut. Dieses Mal ein wenig schneller. Das leichte Gefühl der Übelkeit, welches sich in ihrer Magengegend ausbreitete, konnte sie nur mit Mühe herunterschlucken.
Die Stimme, die in ihrem Rücken ertönt war, erinnerte sie an die von Emory. Zumindest hätte sie ihm gegenüber genau das behauptet, auch, wenn es eigentlich doch nicht ganz der Wahrheit entsprach. Schließlich gehörte die viel zu hohe, viel zu piepsige Stimme einem Mädchen, welches vermutlich keine sechs Jahre alt war.
Da sie die Neugierde nicht länger im Zaum halten konnte, sog Nobu noch einmal tief die Luft ein, ehe sie sich genug aufrichtete, um sich auf dem Barhocker drehen zu können.
Nobu blinzelte. Einmal. Zweimal. Doch der großgewachsene Mann, der sich nur wenige Meter von ihr entfernt aufgebaut hatte, verwandelte sich auch nach mehreren Sekunden nicht in ein kleines Mädchen, zu dem die piepsige Stimme nur ansatzweise passte.
Erst Sekunden später bemerkte Nobu, dass sie die Information, wer sich da vor ihr positioniert hatte, bereits bekommen hatte. Dann war das also ‚Papi‘.
Ihr Blick sank an ihm herab. Über das breite Kreuz, die einfache Kleidung, die strammen Oberschenkel. Hin zu den beiden langen, roten Zöpfen, die auf Höhe seiner Knie hinter seinen Beinen hervorlugten.
Ein leichtes Grinsen umspielte Nobus Lippen. Daher also die Stimme.
»Gut, dass du wach bist. Wir müssen dich leider bitten, zu gehen. Du kannst aber natürlich gerne heute Abend wiederkommen.«
Der blonde Mann lächelte Nobunaga auf eine Art an, wie es nur jemand konnte, der bereits seit Jahren mit Menschen zu tun hatten, die ihn Lächeln sehen wollten. Auch, wenn er absolut keine Lust auf dieses Volk hatte.
Nobu konnte seinen Hintergrund jedoch nur allzu gut verstehen. Wenngleich sie an diesem Morgen die einzige zu sein schien, die, zwar nicht vom Boden, sehr wohl aber von einem der Hocker der Schwanhilde aufgelesen und nach draußen bugsiert werden musste, hätte sie auch keine Lust mehr, sich mit den unwirschen Trunkenbolden, die die letzte Nacht viel zu stark in ihren alten Knochen spürten, herumzuschlagen.
»Klar.«, möglichst freundlich lächelnd, ließ Nobu sich von ihrem Hocker gleiten. »Bin schon weg.«
Fixiert darauf, ihre Knie anzuschreien, nicht unter ihr nachzugeben, registrierte Nobu kaum, wie das kleine Mädchen, deren grüne Augen immer wieder zwischen den Beinen ihres Papis, hervorgelugt hatten, energisch an der Hose des Mannes zog.
Anders, als Nobu, schien dieser mit der Geste jedoch etwas anfangen zu können. Ein Anflug der Erkenntnis huschte über sein kantiges Gesicht.
»Ach ja, bevor ich’s vergesse, du warst mit dem kleinen Blonden, Emory, da, oder?«
Zurückhaltend nickte Nobu. So, wie der Fremde den Satz formuliert hatte, könnte er ihr im nächsten entweder davon berichten, dass er seinen Kumpel lange nicht mehr gesehen hatte und sie ihn bitte grüßen sollte, oder davon, dass Emory in der letzten Nacht, mit dem Kopf in der Toilette, abgeschmiert war.
Ganz egal, was es war, Nobu wollte auf keinen Fall in irgendeine Scheiße des Drei-Käse-Hochs gezogen werden.
»Der Junge ist gestern einfach verschwunden, ohne zu bezahlen.«
»Mhm.«
»Ich bekomme 32.400 Berry von dir.«
Für einen Moment glaubte Nobu, dem Mann bereits eine verpasst zu haben. Doch ihre zur Faust geballte Hand zuckte nur unruhig.
Nobu hatte sich selten so sehr zusammenreißen müssen, nicht augenblicklich die gesamte Bar in Schutt und Asche zu legen. Doch der Barbesitzer, zumindest vermutete sie, dass er diese Position besetzte, und vor allem seine kleine Tochter konnten am wenigsten dafür, dass nun sie die Person war, die auf den Schulen, vornehmlich Moxleys Schulden, sitzen geblieben war.
Ein leises Knurren entwich ihr, ehe sie sich auch dieses verkneifen konnte.
Die rothaarige Tochter des Mannes zuckte zusammen. Ihre Finger bohrten sich tiefer in seine Hosenbeine. Die Miene des Mannes versteinerte sich augenblicklich.
»Klar.«
Zerknirscht ließ Nobu ihre Hand in ihren Ausschnitt wandern. Im Augenwinkel konnte sie beobachten, wie der Barbesitzer sich merklich anspannte. Doch auch ihm sollte klar sein, dass es kaum einen besseren Ort gab, um sein Bares aufzubewahren, als den, an dem es niemand erwartete und an dem sie jeden feindlichen Angriff sofort sehen und spüren würde.
Stumm ließ Nobu die Finger über den Rand des Bündels gleiten, welches sie soeben aus den tiefen ihres Gewands ans Tageslicht befördert hatte. Ihre Finger stoppten, als sie den gewünschten Betrag abgezählt hatte.
»Wie heißt du, Kleine?«
»Ich bin nicht klein!« Grüne Augen blitzen wild zwischen den Beinen des Fremden hervor. »Allyson.«
»Gut, Allyson.« Nobu lächelte leicht, in der Hoffnung, das Mädchen so wieder zu besänftigen. »35.000 Berry für deinen Vater, und 5.000 Berry für dich. Klingt das gut?«
Anstatt zu antworten, schlängelten sich zwei kleine Hände durch die Beinlücke und grabschten nach den Scheinen, die Nobu dem Mädchen hinhielt.
Das Gesicht ihres Vaters hatte sich merklich entspannt, als Nobu auch ihm ein Bündel Scheine überreichte.
»Danke dir. So viel hätte es wirklich nicht sein müssen.«
»Keine Sorge.« In Nobus Augen trat ein wahnwitziger Ausdruck. »Dem kleinen Scheißer sage ich, es waren 50.000. Der kann was erleben.«
☠️
Emorys Kopf dröhnte, als ob dreitausend Mienenarbeiter versuchten, die Gehirnzellen, die er innerhalb der letzten paar Stunden verloren hatte, irgendwie wieder herzustellen.
Emorys Körper schmerzte, als ob er über die kilometerlangen, steinigen Wege Meadows geschliffen worden wäre. Von jemandem wie Moxley, der ihn sicher auch hätte tragen können.
Emorys Herz pochte, als ob es sich bemühte, die Panik, die dabei war, sich in ihm auszubreiten, noch schneller durch seine Blutbahn zu schießen. Denn auch, wenn Emory nicht sicher wusste, wie sich ein Kater anfühlte, so wusste er doch ganz genau, dass das nicht allein die Schmerzen waren, die ein überhöhter Alkoholkonsum nach sich zog.
Bestätigt wurde seine Annahme spätestens, als Emory sich dazu aufraffte, sich in dem kleinen Raum, in dem er sich befand, umzusehen. Festzustellen, dass dieser ganz sicher nicht zur Schwanhilde gehörte. Und, dass er gefesselt war.
»Mox… Moxley?«
Emory bemühte sich, nicht augenblicklich die Fassung zu verlieren. Sein Blick raste über Moxleys schlaffe Silhouette. So, wie der Alte lag, verdreht und irgendwie unnatürlich, war Emory sich nicht sicher, ob er überhaupt noch lebte.
»Moxley?«
Er biss sich auf die Unterlippe, um das immer stärker werdende Beben irgendwie unter Kontrolle zu behalten. Seine Augen brannten.
In jeder anderen Situation hätte Emory nun die Zeigefinger gegen seine Jochbeine gedrückt und wäre langsam an der unteren Kante seiner Augen entlanggefahren, um jede noch so kleine, verräterische Träne aus seinen Augenwinkeln zu wischen, ehe jemand anderes sie entdecken konnte.
Doch Emory befand sich in keiner normalen Situation. Seine Hände waren auf seinem Rücken zusammengebunden, so fest, dass auch nur der kleinste Versuch, sich zu bewegen, höllisch schmerzte. Ehe Emory es verhindern konnte, kullerten die ersten, heißen Tränen über seine geröteten Wangen.
»Hey, Moxley.«
Lautstark zog Emory die triefende Nase hoch. Die Vermutung, dass Moxley bereits nicht mehr unter den Lebenden weilte, schien immer wahrscheinlicher.
Die Stille war erdrückend. Wie ein Schleier legte sie sich um Emory. Schwer und unnachgiebig. Presste die Tränen nur so aus ihm heraus.
Bibbernd stieß Emory ein Stoßgebet nach dem anderen aus. Es dauerte weitere drei Minuten, bis er sich bereit fühlte, einen letzten Versuch zu starten, Klarheit über Moxleys Schicksal zu erfahren.
Angestrengt versuchte Emory, sich etwas weiter in Moxleys Richtung zu drehen. Der Schmerz in seinen Handgelenken, das Kratzen der Fesseln an seinen Füßen, vor allem aber die verdammte Hilflosigkeit, ließen ihn immer lauter schluchzen.
Erneut zog Emory die Nase hoch. Zu spät, denn die heiße Flüssigkeit hatte sich bereits über seine Lippen gelegt. Beinahe verschluckte Emory sich an dem salzigen Sekret.
»Kannst du nicht mal für fünf Minuten dein Maul halten!? Ich versuche hier zu schlafen!«
Perplex starrte Emory ihn durch seine tränenverschleierten Augen an. Für ewige Sekunden war das panische Schluchzen, dass seinen Körper beben ließ, das einzige Geräusch, dass den Raum erfüllte. Rasselnd zog Emory die Luft ein.
»Wie kannst du jetzt schlafen!? Wir sind-«
»Ich hab nen Mordskater.« Moxley dachte gar nicht daran, Emory aussprechen zu lassen. »Wenn du jetzt nicht gleich die Fresse hältst, dann geb ich dir mal nen richtigen Grund zum Heulen.«
Gelbe Augen blitzen im Schatten. Das Knarzen der Dielen verriet, dass Moxley sich bewegte.
Mit einer Mischung aus Bewunderung und einer ganzen Menge Fassungslosigkeit beobachtete Emory, wie Moxley seine Schulter gegen die Holzplanken drückte und sich etwas schwerfällig aufsetzte.
»Du benimmst dich, als wäre das hier deine erste Entführung.«
Emorys Unterlippe zitterte. Seine tränenbenetzten Wangen brannten. In seinen geröteten Augen glitzerten bereits die nächsten Tränen. Bereit, herauszubrechen, sobald Moxley noch ein weiteres, falsches Wort in den Mund nahm.
Grummelnd verdrehte Moxley die Augen. »Eine verdammte Jungfrau. In jeglicher Hinsicht.«
☠️
Eine Weile war es, abgesehen von Emorys unregelmäßigem Schniefen, still zwischen ihnen. Ein Fortschritt, wenn es nach Moxley ging. Doch nicht genug, als dass er wirklich daran denken konnte, neben dem panischen Balg einzuschlafen.
Sein Körper schrie nach einem Konterbier, um den sinkenden Alkoholgehalt in seinem Blut wieder aufzufrischen. Doch so sehr er sich auch bemühte, der süßliche Geruch des Alkohols ließ sich innerhalb dieser krummen vier Wände nicht erschnuppern.
Dabei war Moxley sich verdammt sicher, dass er gar nicht allzu weit entfernt von dem nächsten, guten Rum eingesperrt sein konnte. Sie waren auf einem Schiff, etwas, was Emory bis jetzt nicht aufgefallen zu sein schien, und wenn Moxley etwas in seinen achtundzwanzig Jahren auf See gelernt hatte, dann, dass es keine Crew in den Blues gab, die trocken reiste.
Eine kleine Welle erschütterte den Rumpf des Schiffes und ließ die Wände des Raumes, in dem sie sich befanden, erzittern. Gemessen an der Intensität, um die Emorys Schluchzen plötzlich zunahm, konnte der Junge diese Entwicklung deutlich weniger gut zuordnen als Moxley.
Sein Körper begann erneut, zu beben.
»Junge« Moxley spie das Wort regelrecht aus. »Behalt mal deine Würde.«
Und weil Emory damit nicht besonders viel anfangen konnte, fügte er noch hinzu: »Du weißt ja noch nicht mal, was man von uns will.«
Ein leichtes Schmunzeln umspielte Moxleys Lippen. Die Art, wie Emory auf seine Worte reagierte, hatte ihn auf eine neue Idee gebracht. Wenn der Junge nicht von selbst das Maul hielt, musste er ihn nur laut genug schreien lassen, damit jemand kam, der es ihm stopfte.
Was man nicht alles für etwas Ruhe tat.
»Wer weiß, vielleicht sind es ja Menschenhändler.« Sein Blick wanderte betont langsam über Emorys bebenden Körper. »Dann hast du echt die Arschkarte gezogen, Kleiner. Ich bezweifle nämlich stark, dass dich jemand als Sklave haben wollen würde. An dir ist absolut nichts dran. Du bist vollkommen talentlos. Und eine verdammte Heulsuse.«
Emory war jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und Moxley hatte Mühe, sich das Schmunzeln zu verkneifen. Doch er konnte es nicht riskieren, Emory auch nur erahnen zu lassen, dass das, was er sagte, keineswegs ernst gemeint war.
Ehe der Junge sich zu sehr in seinen Gedanken verlieren konnte, begann Moxley mit der zweiten Phase seines Plans.
»Obwohl«, überlegte er laut, »es gibt bestimmt ein paar Freaks, die einen Haufen Geld dafür bezahlen würden, um mit einem unschuldigen Fischfleisch wie dir anzustellen, was sie wollen. Aber hey, sie es mal positiv. Du stirbst dann immerhin nicht als Jungfrau.«
Hämisch blitzen Moxleys Augen, als er dabei zusah, wie das winzige Fünkchen Hoffnung, welches für einen Moment in Emorys Blick gekehrt war, sogleich wieder erstarb.
Er konnte ihm ansehen, dass er ihn bitten wollte, einfach nicht mehr weiterzusprechen, doch Emorys kläglicher versuch, ein Wort herauszubringen, scheiterte bereits daran, den Mund zu öffnen.
Immer mehr heiße Tränen rollten über seine glühenden Wangen, während die düsteren Gedanken, die Moxley ihm spielend leicht hatte eipflanzen können, Kontrolle über ihn ergriffen.
Moxley biss sich auf die Zunge, um das heisere Lachen zurückzuhalten. Es war Zeit für den letzten Akt.
»Aber wenn du Glück hast, dann hast du es gleich hinter dir und man verkauft nur deine Körperteile. Hab gehört, auf ein paar primitiven Inseln hat man dafür immer noch Bedarf. Für Rituale und so Zeug.«
Während Moxley so tat, als würde er wahrhaftig darüber nachgrübeln, gab Emory einen herzzerreißenden Laut von sich, der ihn unangenehm stark an eine sterbende Katze erinnerte.
»Oh Gott.« Emory verschluckte sich immer wieder an seinen eigenen Worten. »Ich werde hier sterben, nicht wahr? Ich-«
Emory verstummte abrupt, als die schwere Holztür, die den Raum verschloss, schwungvoll aufgestoßen wurde.
Panisch zuckte er zurück, als ein Typ, halb so groß wie er, aber mindestens doppelt so breit, im Türrahmen erschien. Auf dem Kopf ein rotes Bandana mit Jolly Roger. Zu klein, um es im fahlen Licht ordentlich zu erkennen. Und auch, wenn Moxley sehr wohl über Fähigkeiten verfügte, die dies ändern könnten, so dachte er doch gar nicht daran, sie für so etwas nichtiges zu verschwenden. Anders, als der Knirps, würde er diesen Ort bald wieder verlassen.
»Wo bleibt euer Monster?«
Beinahe wären auch Moxleys Gesichtszüge entglitten. Nicht nur, weil er keine Ahnung hatte, wovon der laufende Quadratmeter sprach, sondern vor allem, weil seine helle, viel zu klare Stimme, absolut nicht zu dem Bild passte, welches er abgab.
Er wollte Lachen, doch dieses eine Mal, reagierte Emory schneller, als er.
»Was?«
»Euer Biest. Grüne Haare, große Titten.«
Unaufhaltsam brach das Lachen aus Moxley heraus. Rau, dunkel, verraucht.
Gleichermaßen geschockt wurde er aus vier Augen gemustert, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte.
Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass irgendwann Nobubaka ein Grund sein würde, wegen dem er wieder entführt wurde.
»Ich werde sterben.« Die leise Erkenntnis, die Emorys Mund entwich, zog die Aufmerksamkeit des Entführers zurück auf ihn. »Diese Nobunaga hat doch absolut keinen Grund, mich zu retten. Wieso-«
»Dann stirb halt. Aber stirb verdammt nochmal leise.« Moxley betrachtete Emory nicht einmal, sondern wand sich gleich an den Piraten. »Keine Ahnung, was die treibt. Da jetzt alle Details geklärt sind, kannst du ihm bitte mit irgendwas das Maul stopfen? – Ich würde echt gerne pennen.«
Der wandelnde Quadratmeter schien, anders als Emory, schnell zu begreifen, dass ein Gespräch mit den beiden Gefangenen nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen würde. Unter den panischen Blicken des Blonden drehte er sich um und verließ den Raum, ohne ein weiteres Wort.
Moxley stöhnte.
»Wieso sollte Nobu denn für mich kommen? Die hat wahrscheinlich gar nicht gemerkt, dass ich weg bin. Und sie wird mich bestimmt nicht suchen, ich meine-«
»Junge!« Wenn Moxley die Möglichkeit gehabt hätte, Emory am Kragen zu packen, dann hätte er in diesem Moment zweifelsohne Gebrauch davon gemacht. »Halt die Schnauze. Nobubaka hat wahrscheinlich genug gesoffen, um deine jämmerliche Existenz zu vergessen. Hätt‘ ich auch tun soll.«
Emory verstummte. Immer wieder wurde sein Körper von Schluchzern erschüttert, doch er hielt die Schnauze. Zumindest für den Moment, denn gerade, als Moxley glaubte, nun endlich die Augen schließen zu können, begann der Junge wieder zu sprechen.
»Ist sie gefährlich?«
»Hmm?«
Moxley machte sich gar nicht erst die Mühe, noch einmal nachzuhaken, was Emory meinte. Alles, was er von ihm verlangte, war, die Klappe zu halten und ihn seinen Rausch ausschlafen zu lassen. Nicht mehr als das.
»Nobunaga. Ist sie gefährlich? Sie wirkte eigentlich ganz nett.«
»Haste dich verliebt?«
Ein schmieriges Grinsen huschte über Moxleys vernarbtes Gesicht. Für einen Augenblick schien Emory mehr in seinem Blick sehen zu können, so nachdenklich, wie er ihn anstarrte.
Es gefiel Moxley nicht, wie der Junge ihn anstierte. Er kannte diesen Blick, diesen unsäglich berechnenden und analysierenden Blick nur zu gut. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
»Hätt‘ ich auch fast. Ist tatsächlich ne Frau geworden, das Biest. Aber glaub mir, es gibt bessere.« Er musterte Emory von oben bis unten. »Du solltest vielleicht auch mit was in deiner Größe anfangen. Willst sie ja nicht enttäuschen.«
Emory ließ den Hinterkopf gegen die Holzwand sinken. Ob in einem stillen Akt der Resignation, oder, weil er sich doch endlich zusammengerissen hatte, konnte Moxley noch nicht sagen. Er vermutete jedoch, dass der Junge eher zur Kategorie ‚aufgebende Loser‘ gehörte.
»Wird sie uns retten?«
»Retten? Wovor?«
»Ich will nicht sterben.«
Tief sog Moxley die Luft ein. Sein Kopf dröhnte schon seit einiger Zeit nicht mehr so stark, wie zuvor. Emory war jedoch drauf und dran, dies ganz schnell wieder zu ändern.
Er hätte ihm sagen können, dass er nicht sterben würde. Dass Nobunaga sicher vorbeikommen würde, da der verdammte Oni niemals etwas gut sein ließ und sich vermutlich bereits viel zu sehr in den Gedanken, mit ihnen eine neue Crew zu gründen, hineingesteigert hatte.
Er hätte ihm sagen können, dass alles gut werden würde, weil er mit ihm eingesperrt worden war und weil ein Moxley sich niemals einfach so einsperren lassen würde, wenn er nicht noch ein Ass im Ärmel hatte.
Doch Moxley war ein Arschloch. Er würde immer ein Arschloch bleiben. Und er dachte nicht im Traum daran, Emory in irgendeiner Weise Mut zuzusprechen. Eher würde er einer Frau nicht zuerst aufs Dekolletee, sondern in die Augen schauen. Vollkommen abwegig.
Moxley konzentrierte sich, seine Miene so ausdruckslos wie irgendwie möglich wirken zu lassen, ehe er Emory direkt in die Augen sah und das tat, was er am besten konnte.
»Junge. Du wirst sterben. Find dich damit ab und verbringe deine letzten Stunden in Würde. Mit geschlossenem Maul. War echt keine Freude, dich kennengelernt zu haben.«
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nachwort
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nachwort
Hallo ihr Lieben,
hier das angekündigte zweite Kapitel. Ich möchte mich nochmal für die rege Teilnahme an meiner MMFF bedanken und freue mich schon wahnsinnig auf die einzelnen Steckbriefe!
Ein fettes Danke auch an die lieben Reviewschreiber Zombieschnitte, Shadow Crystal und Grauschwinge!
Etwaig ausstehende Antworten auf Reviews und Mails werde ich die nächsten Tage nachholen, dem verlängerten Wochenende sei Dank :D
eigengrau ❤️
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