Am nächsten Tag erwachte ich früher als sonst. Im Raum, den wir zugeteilt bekommen hatten, schliefen alle anderen noch. Auch schien die Sonne erst aufzugehen, doch ich bekam kein Auge mehr zu. Ich richtete mich auf und wir schliefen am Boden auf irgendwelchen Matten und Decken. Dünne Matratzen, so wie zwei Liegen hatte Lawrences Gruppe auftreiben können, doch eine hatte Jorge für sich beansprucht. Er hatte es mit seinem Alter argumentiert, denn sonst würde ihm der Rücken schmerzen.
Meiner hingegen tat bereits weh, warum ich mich schlussendlich erhob. Langsam wurde es im Raum wärmer, was immerzu seltsam war, denn die Brandwüste war in der Nacht eine Eiswüste und am Tag wurde sie ihrem Namen gerecht. Rosaly hatte mir zwar erzählt, dass es noch andere Gegenden gab, in denen es auch kälter war, doch viel hatte ich mir darunter nicht vorstellen können. Rosaly war jedoch ebenso noch nie in solchen Gebieten gewesen.
So an sie denkend, ging mein Blick nach unten. Links neben mir schlief sie friedlich und ihr Gesicht war nur ganz leicht zu sehen. Sie hatte sich eine Decke bis zu ihrer Nase gezogen und ich konnte nicht verhindern, dass mir warm ums Herz wurde, wenn ich sie ansah. Schon seit der Lichtung, gleich als ich sie bei ihrer Ankunft umgerannt hatte, hatte sie mir gefallen. Es war Rosalys Ausstrahlung, die sie für mich interessant gemacht hatte; sie war ehrlich. Nie war es mir so vorgekommen, als würde sie nicht sie selbst sein. Klar, sie hatte uns allen verschwiegen, dass sie sich erinnern konnte, doch könnte ich sie deswegen verurteilen?
Nein, ich verschweige ihr ebenso etwas...
Gerade, als meine Gedanken auf dieses Thema kamen, spürte ich abermals ein Ziehen in meiner rechten Hand. Sie ballte sich zu einer Faust und ich musterte, wie sie sich verkrampfte. Das Gefühl entsprang meiner Armbeuge, Unterarm, und mit meiner linken Hand umschloss ich die Stelle.
In diesem Augenblick ging das Gefühl der Erkenntnis durch meinen Körper, hinterließ eine kalte Spur der Angst. Darauf verließ ich den Raum, denn ich musste allein sein. Mein Weg führte mich wieder aufs Dach und als die Tür des Daches hinter mir zufiel, fuhr ich mir durch mein Gesicht. Mein Herz schlug schneller und ich entschied, mir meinen Arm anzusehen. Ich krempelte den Ärmel meiner Jacke und das darunterliegende rote Hemd nach oben. Obwohl ich es in meinem Inneren gewusst hatte, blieb mein Herz trotzdem stehen. Ich musterte die dunklen Adern und Venen, die sich auf meiner Armbeuge befanden. Virusartig breitete es sich aus und als ich meine Hand zu einer Faust machte, zogen sich die Gefäße zusammen. Meine Hand krampfte wieder und ich verstand. Ich verstand, dass ich mich mit dem Brand infiziert hatte...
Mir fiel wieder ein, als Rosaly uns erzählt hatte, dass nicht alle von uns immun wären, was Winstons Schicksal bewiesen hatte. Wicked war krank, doch an meiner Infektion hatte sie keine Schuld, niemand hatte es; ich beschuldigte den Crank-verseuchten Tunnel dafür.
Hatte ich mich über die Luft angesteckt? Hatte ich etwas in den Arm bekommen, als wir den Auto-Unfall gehabt hatten? Ich wusste es nicht.
Ich wusste nur, dass ich nichts mehr daran ändern könnte. Über das Wie müsste ich mich nicht sorgen, sondern über die Folgen. Schon jetzt zog sich alles in meinem Inneren zusammen, es Rosaly zu erzählen, denn diese würde durchdrehen, alles andere vergessen. Jedoch, wir müssten Minho retten und bis dahin müsste ich durchhalten. Der Rechte Arm würde kommen und immer führten diese ein Gegengift mit sich. Mein Schicksal würde am Ende wahrscheinlich ähnlich wie das von Brenda aussehen. Ich müsste mich für den Rest meines Lebens fragen, ob ich doch noch zu einem Crank werden würde. Zumindest, wenn ich es bis dahin schaffen würde.
Winston hatte knappe zwei Tage durchgehalten, doch er hatte starke Wunden gehabt. Ich würde es also noch schaffen, bis wir Minho gerettet hätten, oder?
Ich müsste es auf mich zukommen lassen, doch immer noch zählte für mich die Rettung Minhos. In diesem Augenblick würde ich nicht an ein Heilmittel herankommen, wenn sogar Lawrence bereits ein halber Crank war. Die einzige Chance wäre der Rechte Arm oder der Tower Wickeds. Beides Ereignisse der Zukunft, denn aufgrund mir sollte die Mission nicht schiefgehen. Minho hatte lange genug gelitten, dann würde ich es ebenfalls eine Zeit können.

Mit diesen Gedanken saß ich lange am Dach, ließ mich von ihnen auffressen. Wieder ließ ich meine Füße in die Tiefe hängen und mit der Aussicht des Todes machte mir die Höhe keine Angst. Das hatte ich Rosaly gestern nicht gesagt, hätte ich auch nicht können. Sie hatte so viel Leid erlebt, Freunde sterben sehen, da wollte ich ihr keine weitere Belastung sein. Sie war gewillt, Wicked zu zerstören und ich glaubte an sie, dass sie es schaffen würde. Ich glaubte, dass wir Wicked großen Schaden zufügen könnten, denn das wäre das Leichteste am Plan. Schwieriger wäre es, unbemerkt zu Minho zu gelangen, ihn in Sicherheit zu bringen.
In Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass Schritte sich mir näherten. Wie gestern blickte ich zur Stadt in der Weite, sah über die kaputten Häuser davor hinweg. Auf den Dächern und an den anderen Fassaden der Häuser wuchsen einige Pflanzen, die mit der Hitze umgehen konnten, doch wie angemerkt, ich nahm Schritte wahr.
Infolgedessen sah ich nach links und entdeckte Thomas. Er stand neben mir und seit gestern Abend hatte ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich war mit Rosaly lange am Dach geblieben. Als wir zurückgekehrt waren, hatten die anderen schon geschlafen.
"Es tut mir wirklich leid wegen gestern...", entschuldigte ich mich bei Thomas und sah ihm entgegen. Ich fasste einen Entschluss, denn zumindest einer Person müsste ich es erzählen. Ich entschied mich für Thomas, denn dieser hatte meine Gemütsveränderung gestern abbekommen und auch wusste ich, dass er es den anderen nicht erzählen würde. Er selbst würde wissen, dass es jetzt keine Chance auf Heilung geben würde.
Aus diesem Anlass heraus sagte ich: "Tja, ich nehme an, dass ich es nicht länger verschweigen kann...", ich krempelte erneut meinen Ärmel hinauf und zum Vorschein kamen die dunklen Gefäße. Mein Blick richtete sich auf meinen Arm und Thomas neben mir ging in die Hocke. Ich hörte ihn durch seine Nase leise einatmen und wusste, dass auch er in seinem Inneren dieses Gefühl der Leere spüren müsste. Ein Gefühl von Hilflosigkeit.
"Warum hast du nichts gesagt?", fragte er, fuhr sich durch sein Gesicht.
"Ich dachte, es ändern so oder so nichts", antwortete ich, sah zu ihm, "Ich habe aber darüber nachgedacht, dass es einen Grund geben muss, warum Wicked mich ins Labyrinth gesteckt hat. Wahrscheinlich wollte sie nur den Unterschied zwischen Immunen und Menschen wie mir herausfinden. Selbst Rosaly hat sie nur ins Labyrinth gesteckt, weil sie keine Verwendung für sie gehabt hat. Vielleicht bei den Nicht-Immunen auch?"
"Wicked ist krank", erwiderte Thomas streng, "aber wir können das wieder hinkriegen, Newt, klar? Wir schaffen das."
"Mach' dir um mich keine Sorgen; hier geht es um Minho. Er braucht unsere Hilfe. Wenn es also jetzt nur die kleinste Chance gibt, dass wir ihn retten, dann müssen wir sie nutzen. Koste es, was es wolle."
"Okay...", verließ es seine Kehle, "verstanden.", er nickte leicht und ich krempelte meinen Ärmel wieder nach unten, dann fragte er: "Was ist mit Rosaly?"
Mein Blick ging zur Stadt, die aufgegangene Sonne reflektierte sich in den gläsernen Fassaden der Gebäude und ich schüttelte meinen Kopf, erhob meine Stimme: "Sag' ihr nichts, niemandem.", langsam nickte Thomas neben mir wieder, meinte: "Deine Entscheidung."
"Ich weiß...", murmelte ich, doch war es die richtige? Wenn ich es doch nur gewusst hätte.

***

Hallo, ich bin pünktlich da und melde mich auch wieder einmal!

Mit Newt geht es jetzt also los, dass er infiziert ist. Bald werden sie über Minhos Rettung sprechen, also wird es spannend :D
Mit diesem Kapitel wünsche ich euch schon einmal ein frohes Neues Jahr!
Wir hören uns wieder 2023!

Hier ein paar Herzen: ❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️

Ich muss sagen, dass ich mich über die 7 Votes einstweilen freue, danke!
Besonders an: @SarahSlytherin, @Blitzsturm, über dessen Kommentare der beiden ich mich immer wieder gefreut habe, und @Silbermond14 (ich weiß noch nicht, ob du schon in Teil 3 bist, aber hat mich gefreut, bei dieser Ff von dir zu hören^^)

Danke an euch und alle anderen, die meine FF lesen!
Freut mich sehr :D

Liebe Grüße
RaVen