Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Die Zeit danach ...

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P16 / Het
Mattes Seeler Melanie Hansen
01.09.2022
31.03.2023
50
115.721
29
Alle Kapitel
275 Reviews
Dieses Kapitel
10 Reviews
 
 
31.03.2023 6.503
 
Ihr Lieben,

dieses Intro schreibe ich mit einem lachendem und einem weinenden Auge, weil nun das allerletzte Kapitel folgt. Die vergangenen sieben Monate waren für mich eine sehr intensive Zeit, zu der diese Fanfiction – neben der meines Erachtens bisher besten Staffel – maßgeblich beigetragen hat.

Meine ursprüngliche Idee Anfang September letzten Jahres, einfach mal „ein paar Kapitelchen“ zu schreiben und zu „gucken, was passiert“, hat sich relativ schnell verselbstständigt – nachdem ich so viel positive Resonanz erfahren habe und mir das Schreiben einer solchen Textart unerwarteter Weise so viel Freude bereitet hat.

Plötzlich waren es 10 Kapitel, dann 25 und im Dezember stand für mich fest, dass meine FF am Ende 50 Kapitel haben soll und wird. An diesem Punkt sind wir nun angelangt (und das letzte Kapitel ist gleichzeitig als angemessener Abschluss das längste von allen). Damit schließt sich dann auch der Kreis, denn heute vor einem Jahr – am 31.03. – war der erste Kuss von M&M in „Härtefall“, womit diese FF ja begonnen hat.

An dieser Stelle herzlichen Dank für:
- euer Mitlesen, Mitfiebern, Mitleiden und Mitfühlen,
- euer konstruktives und wertschätzendes Feedback,
- die zahlreichen Favoriteneinträge,
- die nach jetzigem Stand über 45.000 Aufrufe,
- die höchste Anzahl an Weiterempfehlungen und Reviews für eine FF hier zu NHK (Wahnsinn!),
- eure Freude an der Hafenkante und ganz besonders M&M,
- die wunderbare Verkörperung der beiden Rollen durch Sanna und Matthias.

Ich gehe nun auf unbestimmte Zeit erst einmal in FF-Pause, die ich auch brauche. Denn wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, war mit dieser Geschichte viel Zeit verbunden. Dafür hat es mir großen Spaß gemacht, sie zu planen, zu schreiben und unser Dreamteam parallel und ergänzend zu den Folgen noch ein wenig mehr in eure und meine Welt zu holen.

Vielleicht lesen wir uns ja zwischendurch mal oder in Staffel 18 wieder … Bis dahin wünsche ich euch alles Gute, eine tolle Zeit und natürlich ein geduldiges Warten!

Desi



~ Epilog: sechs Monate später ~

„Hättest du mir nicht vorher sagen können, dass eine Party so viel Arbeit ist?“ Mattes hob gerade den zweiten von sechs Getränkekästen aus dem Kofferraum und schaute Melanie gespielt genervt an. Sie verdrehte lachend die Augen, trat näher an ihn heran und gab ihm einen Kuss auf den Mund. „Du wirst es überleben“, meinte sie danach trocken, während Mattes sich wieder dem Inhalt im Auto zuwandte.
„Ich frage mich, wer das alles trinken soll?“, sagte er kopfschüttelnd, nachdem er auch die übrigen Kästen auf den Bürgersteig neben dem Auto abgestellt hatte und ihren Einkauf betrachtete. Die ersten goldenen Blätter lagen bereits auf dem Boden und ein paar wärmende Sonnenstrahlen blitzten auf dem grauen Kopfsteinpflaster auf. Es war Spätsommer in Hamburg und der späte Nachmittag zeigte sich noch einmal von seiner schönsten Seite.
„Wenn noch was übrigbleibt, heben wir uns das einfach für später auf.“ Melanie pikste ihm grinsend mit ihrem rechten Zeigefinger in den Bauch. Als Mattes keine Anstalten machte, die Getränke von ihrem derzeitigen Standort zu entfernen, sah Melanie ihn auffordernd an. „Jetzt stell dich nicht so an. Ist doch außerdem für einen guten Zweck“, grinste sie. „Komm, zu zweit geht’s schneller.“ Sie wollte gerade einen der Kästen hochheben, als Mattes sie in ihrer Bewegung stoppte.
„Das lässt du mal schön bleiben. Ich mache das. Außerdem …“, er deutete mit seinem Kopf Richtung Auto, „sind da noch genug andere Sachen drin, die auch noch nach oben müssen.“ Der Klang seiner Stimme war eine Mischung aus entrüstet und belustigt. Sie schüttelte grinsend den Kopf, griff nach den beiden Einkaufstüten, die noch im Auto lagen, und schloss den Wagen ab.
Langsam ging sie mit den Tüten über ihrem Arm und dem Schlüssel in ihrer Hand Richtung Haus, während sie hörte, dass Mattes ihr leicht keuchend hinterherkam. Sie drehte sich um und sah, dass er in jeder Hand eine Getränkekiste schleppte. „Soll ich dir nicht doch besser helfen?“ Etwas besorgt schaute sie ihn an.
„Melanie.“ Sein Blick war fast schon mahnend. „Mir geht es gut, okay? Ich bin wieder fit und kriege das hin.“ Aufmunternd nickte er ihr zu. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, jetzt weiter mit ihm zu diskutieren. Und sie musste zugeben, dass er sich wirklich gut von seinem Unfall erholt hatte – auch, wenn es einige Monate gedauert hatte. „Alles klar“, erwiderte sie daher nur und drehte sich wieder um, um die Haustür aufzuschließen.
Ihr Blick fiel auf eines der Klingelschilder am Hauseingang: ‚Hansen / Seeler‘ stand da. Melanie musste unwillkürlich lächeln. Sie hatten es wirklich getan und waren zusammengezogen. Manchmal konnte sie immer noch nicht glauben, was in den vergangenen anderthalb Jahren alles passiert war.
Zuerst hatte sie ihr Kind verloren. Dann hatten Mattes und sie sich immer weiter angenähert, sich zum ersten Mal geküsst. Danach hatte sich ihre Beziehung zueinander von Tag zu Tag intensiviert. Und als sie sich endlich beide ihrer Gefühle füreinander sicher waren, hätte ein furchtbares Unglück ihr gemeinsames Glück fast zerstört. Beim Gedanken daran atmete sie tief aus. Glücklicherweise hatte das Schicksal es gut mit ihnen gemeint.
„Willst du hier eigentlich Wurzeln schlagen oder riskieren, dass mir die Arme abfallen?“, unterbrach Mattes ihren Gedankenfluss. Melanie zuckte kurz zusammen. „Sorry, ich war gerade in Gedanken.“ Entschuldigend blickte sie ihn über ihre Schulter hinweg an. „Hey.“ Mattes stellte die Kästen ab, fasste unter Melanies Kinn und zwang sie so sanft, ihn anzusehen. „Es ist alles gut.“
In den vergangenen Monaten hatten sie oft über den Unfall gesprochen. Über die Ängste, die Melanie durchgestanden hatte. Über die Sorgen, die sie sich um ihn gemacht hatte. Über ihre Panik, dass alles vorbei gewesen sein könnte, bevor es überhaupt richtig angefangen hatte. Mattes kannte sie gut genug, um zu erkennen, dass sie auch gerade wieder an das gedacht hatte, was hätte passieren können – aber glücklicherweise nicht passiert war.
„Ich weiß.“ Sie lehnte ihren Kopf kurz an seine Stirn und verweilte dort einige Momente. „Komm, lass uns hochgehen“, forderte sie ihn anschließend auf. „Das ist ja noch ein bisschen, was du nach oben tragen musst.“ Sie deutete leicht grinsend mit ihrem Kopf Richtung Auto, vor dem auf dem Bürgersteig immer noch die übrigen Getränkekästen standen. „Zu Befehl“, erwiderte Mattes gespielt ernst. Er griff wieder nach den Kästen vor sich und schlängelte sich an Melanie vorbei, während sie ihm die Tür aufhielt.
Fünf Minuten und zwei weitere Gänge durch das Treppenhaus später befand sich der gesamte Einkauf in ihrer Wohnung. Wieder stand Mattes kopfschüttelnd vor dem großen Berg an Getränken und Lebensmitteln, die sich gerade in ihrer Küche türmten. „Wessen Idee war das mit der Party nochmal?“
Melanie trat vor ihn, legte ihm die Arme auf die Schultern und verschränkte ihre Hände hinter seinem Hals. „Das war eine gleichberechtigte Entscheidung“, grinste sie. „Ich weiß nicht, ob das so gleichberechtigt war“, hörte sie ihn noch murmeln, bevor er sie küsste. Sofort durchflutete eine leichte Wärme ihren Körper. Sie war auch heute immer noch überwältigt davon, wie stark sie körperlich auf ihn reagierte. In Momenten wie diesen.
„Wie viel Uhr ist es eigentlich?“, flüsterte Mattes zwischen ihren Küssen, die immer intensiver geworden waren. „Zu spät, als dass wir jetzt noch ins Schlafzimmer verschwinden könnten“, kicherte sie – auch wenn sie nichts dagegen gehabt hätte. Gespielt enttäuscht blickte er sie an, noch leicht außer Atem.
Dann fiel sein Blick wieder auf die Einkäufe, die auf dem Küchenboden standen und auf der Arbeitsplatte lagen. „Ich möchte nur noch einmal betonen, dass das alles hier nicht meine Idee war.“ Er ließ schmunzelnd von ihr ab, machte einen großen Schritt über die Getränkekästen am Boden und begann dann, die Einkaufstüten zu leeren.
Liebevoll betrachtete Melanie ihn bei seiner Tätigkeit. Die vergangenen Monate waren wirklich nicht leicht für sie gewesen. Nachdem Mattes aus dem künstlichen Koma erwacht war, hatte er noch einige Zeit im EKH bleiben müssen. Danach war eine mehrwöchige Reha erforderlich gewesen, bei der er von Tag zu Tag gute Fortschritte bis zu seiner vollständigen Regeneration gemacht hatte.
In der Zeit von Mattes’ Dienstuntauglichkeit hatte Melanie tagsüber auf dem PK im Innendienst gearbeitet sowie abends quasi allein den Umzug organisiert und mit der Unterstützung von Familie und Freunden umgesetzt. Und auch, wenn es eine anstrengende Zeit gewesen war, hatte sie keine Sekunde davon bereut. Alles das hier war es wert gewesen. Er war es wert gewesen. Sie lächelte, als sie ihn dabei beobachtete, wie er gerade einige Packungen Kräuterbutter in den Kühlschrank legte.
Scheinbar hatte er ihre Blicke bemerkt. „Soll ich eigentlich heute alles allein machen?“ Er grinste. „Und nein“, kam er ihr zuvor, „sag jetzt nicht schon wieder, dass du in Gedanken warst.“ Erneut blickte sie ihn entschuldigend an. „Passiert wohl heute scheinbar öfters.“ Sie schob die Getränkekästen in die Ecke hinter der Tür und half Mattes dann beim Einsortieren der Lebensmittel.
Heute Abend würden sie feiern. Mattes’ Genesung. Die Einweihung ihrer Wohnung. Ihr gemeinsames Glück. Einfach das Leben. Und alle würden dabei sein. Alle, die sie in den vergangenen Jahren und Monaten begleitet hatten. Die ein Teil ihres privaten und beruflichen Lebens waren.
„Meinst du eigentlich, es ist wirklich eine gute Idee, dass wir auch Haller eingeladen haben?“, meinte Mattes plötzlich in die geschäftige Stille hinein. Melanie wollte gerade eine Dose in den Küchenschrank räumen, unterbrach ihre Bewegung und stellte sie stattdessen auf die Küchenplatte. „Wir hätten ihn ja nicht als Einzigen nicht einladen können“, meinte sie schulterzuckend. „Außerdem … außerdem hat er sich uns gegenüber doch eigentlich schon korrekt verhalten. Am Ende jedenfalls.“
Melanie erinnerte sich an das Gespräch zurück, das sie mit Haller geführt hatte, als Mattes noch im Koma lag und niemand wusste, ob er je wieder aufwachen würde. Damals hatte ihr Chef von ihr verlangt, über ihre Beziehung zu Mattes Stillschweigen zu bewahren. Aber nachdem Mattes aus dem Koma erwacht war und sie in den Tagen danach über ihre Zukunft gesprochen hatten, waren sie schnell gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass sie das nicht mehr wollten. Die Heimlichtuerei, die Lügen, das Vorspielen falscher Tatsachen. Sie hatten ja durch den Unfall schmerzlich gesehen und erfahren, wohin es geführt hatte.
Also waren sie, nachdem Mattes im Dienst zurück war, sofort am ersten Tag zu Haller gegangen  – mit dem Wissen um die möglichen Konsequenzen. „Wir werden das nicht weiter verschweigen. Wir werden unsere Beziehung nicht weiter verschweigen“, hatte Melanie zu ihrem Vorgesetzten gesagt und ihn dabei fest angesehen. Hallers Blicke waren anschließend zwischen Mattes und ihr hin- und hergeschwankt, als sie da vor ihm gestanden hatten.
Einige Momente lang war es, abgesehen von den üblichen Außengeräuschen, völlig still in seinem Büro gewesen. Eine unangenehme Anspannung hatte in der Luft gelegen, bis ihr Chef das Schweigen irgendwann gebrochen hatte. „Euch ist das also wirklich ernst?“, hatte er sie gefragt. Und Mattes und sie hatten fast gleichzeitig mit „ja“ geantwortet.
„Gut“, hatte Haller gesagt. „Wenn ihr das so wollt, kann ich euch nicht davon abhalten. Aber ihr wisst, welche Folgen das für euch hat?“ Sie hatten beide nur genickt – war ihnen doch mehr als bewusst gewesen, was das bedeutete: Trennung und Teamtausch. Danach war Melanie dann einige Wochen lang mit Nick Streife gefahren, während Mattes mit Franzi ein Team gebildet hatte.
Es hatte auch soweit ganz gut funktioniert, aber das Gleiche war es natürlich trotzdem nicht gewesen. Melanie hatte Mattes vermisst. Seine Sprüche. Seine Witze. Die gemeinsamen Fahrten im Streifenwagen. Und auch die Teamdynamik auf dem PK hatte spürbar unter den personellen Veränderungen gelitten.
Also hatte Haller nach zwei Monaten ein Einsehen gehabt und die Teams wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt. „Aber wenn ihr eure Uniformen anhabt, dann seid ihr Polizisten und kein Liebespaar“, hatte er ihnen in scharfem Ton gesagt und sie dabei ermahnend angesehen. „Und Mattes“, hatte Haller dann seine Worte an ihn gerichtet. „Im Dienst ist Melanie deine Kollegin. Ich habe keine Lust mehr, noch einmal so etwas wie damals zu erleben“, hatte er auf den Unfall angespielt und dabei sein Gesicht verzogen. „Wir verhalten uns professionell, Wolf“, hatte Melanie schnell eingegriffen.
Dabei hatte sie zunächst gar nicht gewusst, ob sie sich über die Entscheidung ihres Chefs freuen sollte oder nicht. Zu groß war ihre Angst gewesen, dass wieder eine Katastrophe passieren könnte, auch wenn sie eigentlich gerne ihren früheren Streifenpartner zurückgehabt hätte. Mattes und sie hatten anschließend intensiv darüber gesprochen. Nachdem sie ihm mehrmals das Versprechen abgerungen hatte, nicht wieder kopflos zu agieren, wenn es um sie ginge, hatten sie entschieden, es zumindest zu versuchen. Das war vor vier Wochen gewesen und bis jetzt klappte alles so reibungslos wie früher.
„Deswegen ist es gut, dass wir ihn eingeladen haben“, kam Melanie nun auf Mattes’ Frage zurück.  Sie merkte seinen skeptischen Blick von der Seite. „Und außerdem ist er ja nicht der einzige Gast. Du wirst sehen, das wird ein toller Abend“, ergänzte sie noch, um Mattes’ Stimmung etwas aufzulockern. Seine Reaktion war lediglich ein unverständliches Grummeln.
Dafür hatte er gerade das letzte Teil ihres Einkaufes eingeräumt und hielt ihr nun die leere Tüte hin. „Fertig.“ Er grinste wie ein kleiner Schuljunge, der stolz auf die Note „sehr gut“ in seinem Aufsatz war. „Was steht jetzt an?“ Kurz verschaffte Melanie sich einen Überblick in der Küche. „Wir haben eingekauft, alles eingeräumt, Gläser und Besteck schon rausgestellt, der Catering-Service kommt um sieben. Eigentlich war’s das.“ Sie blickte sich suchend um, ob sie noch irgendetwas vergessen hatte.
„Nee, das war es noch nicht.“ Mattes’ Blick fiel auf die Getränkekästen hinter der Tür. „Die müssen wir noch kaltstellen.“ Er griff sich zwei der Kisten, holte die Flaschen heraus und verstaute sie einzeln im Kühlschrank. „Warum ist der eigentlich so voll?“, murmelte er, während er die Lebensmittel und Flaschen deutlich hörbar hin- und herräumte. „Hier geht nichts mehr rein“, brach er den Vorgang irgendwann ab und brachte die restlichen Getränkekästen auf den Balkon.
„Ich bin dann mal duschen“, rief Melanie ihm von der Diele aus zu, während er gerade draußen die beiden Liegen beiseiteschob, um Platz für die Getränke zu haben. Sie hatte gerade die Tür des Badezimmers geschlossen, da ging sie schon wieder auf. „Duschen klingt gut.“ Grinsend stand Mattes mitten im Türrahmen, während sie gerade dabei war, sich ihr Top auszuziehen.
Er trat an sie heran und zog sie mit einem schnellen Griff zu sich. „Und Duschen mit dir klingt noch besser.“ Sein Grinsen verstärkte sich – und sein Griff an ihren Hüften auch. „Mattes“, sagte Melanie ermahnend, während er gerade ausgiebig dabei war, ihren Hals zu küssen. „Wir haben nicht mehr so viel Zeit. Und wenn wir jetzt gemeinsam duschen, haben wir danach noch weniger Zeit.“
Da er keine Anstalten machte, seine Berührungen und Küsse zu beenden, schob sie ihn sanft von sich weg. „Heute Abend. Wenn die Party vorbei ist.“ Damit trat sie einen Schritt zurück und zog sich demonstrativ ihren BH vor ihm aus. Sie wusste natürlich, dass dies nicht besonders förderlich war, um ihn zum Verlassen des Badezimmers zu bewegen. Aber es machte ihr Spaß, ihn zu reizen. Zu sehen und zu spüren, wie sehr er sie wollte.
„Du machst es mir nicht leicht“, sagte er in seinen Worten das, was sie gerade dachte. Intensiv ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern. „Heute Abend. Ich nehme dich beim Wort.“ Er hob seinen Zeigefinger, grinste und schloss dann die Tür hinter sich. Nur wenige Momente später hörte sie ihn wieder in der Küche kramen.
Als Melanie zwei Minuten später den warmen Wasserstrahl auf ihrer Haut spürte, bereute sie es ein wenig, Mattes des Raumes verwiesen zu haben. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hätte sie lieber mit ihm gemeinsam unter der Dusche gestanden. Aber ihre Vernunft hatte in diesem Fall gesiegt. Was würden ihre Gäste sagen, wenn sie später noch nicht mit allem fertig waren oder ihnen nur leicht bekleidet die Tür öffnen würden?
Bei dieser Vorstellung musste Melanie ungewollt lachen. Das Gesicht ihres Chefs wäre wahrscheinlich unbezahlbar. Aber auch die Reaktionen der anderen würden sicherlich für den einen oder anderen Moment der Belustigung sorgen. Melanie erinnerte sich zurück an den Tag, an dem Mattes und sie nach dem Gespräch mit Haller ihre Kollegen über ihre Beziehung zueinander informiert hatten.
Es war beim Schichtwechsel gewesen, sodass alle da waren, die es vorrangig etwas anging: Franzi, Nick, Daisy, Kris und Wolle. Gemeinsam hatten sie draußen an der Kehrwiederspitze direkt am Sorgengeländer gestanden, nachdem Melanie sie als Dienstgruppenleiterin tagsüber um ein persönliches Gespräch gebeten hatte. „Melanie und ich sind zusammen. Wir sind ein Paar“, hatte Mattes die Gesprächsführung übernommen – und damit den Part, den er bei Melanies Gespräch mit Haller aufgrund seines Unfalls nicht hatte übernehmen können.
Danach hatte für ein paar Momente niemand etwas gesagt – und Melanie konnte sich noch gut an die völlig unterschiedlichen Reaktionen ihrer Kollegen erinnern: Nick hatte nur wissend geschaut und ihr mit einem leichten Kopfnicken zu verstehen gegeben, dass er ihre Offenheit begrüßte. Daisys Blicke waren zwischen Mattes und ihr hin- und hergeschwankt, so als wollte sie sich vergewissern, ihn wirklich richtig verstanden zu haben. Kris hatte sofort gegrinst und lauter als wahrscheinlich gewollt „Hah, ich wusste es doch“ gesagt. Franzi hatte sie zunächst fragend angesehen und das Ganze mit „Wie, echt jetzt?“ kommentiert, bevor sie dann „Endlich, das wurde ja auch Zeit“ gerufen und Mattes und sie nacheinander umarmt hatte.
Der Einzige, der das ganze Szenario relativ teilnahmslos, aber lächelnd betrachtet hatte, war Wolle gewesen. Nach dem Gespräch zu siebt hatte er sie dann irgendwann zur Seite gezogen und ihr leise „Das überrascht mich jetzt nicht wirklich. Ich kriege ja hier so einiges mit“ zugeflüstert. Danach hatte er ihr zugezwinkert und sich bereits zum Gehen gewandt, bevor er sich noch einmal zu ihr umgedreht hatte: „Ich freue mich für euch.“
Dieser Tag war jetzt einige Wochen her. Und der Umgang ihrer Kollegen mit ihrer Beziehung durchweg positiv gewesen. Niemand hatte einen komischen Kommentar gemacht, zumindest hatte Melanie keinen solchen mitgekommen, niemand hatte sie kritisiert.
Dabei hatte sie vor Mattes’ und ihrem Geständnis wirklich befürchtet, dass ihre Kollegen ihnen Unprofessionalität vorwerfen würden. Dass sie sie als DGL nicht mehr ernst nehmen würden. Aber nichts davon war eingetreten – was wahrscheinlich auch daran lag, dass sie direkt klargemacht hatten, ihre private Beziehung von ihrer dienstlichen zu trennen, und sich seitdem auch dementsprechend verhalten hatten. Auf dem PK waren sie die Streifenpartner, in ihrer Freizeit die Lebenspartner.
Immer noch in ihre Gedanken vertieft stieg Melanie aus der Dusche und trocknete sich ab. Sie war dankbar, wie alles gekommen war. Auch wenn Mattes und sie vor einigen Monaten fast einen sehr hohen Preis für ihre Gefühle zueinander bezahlt hätten – nämlich sein Leben. Aber sie hatten beide daraus gelernt und verhielten sich jetzt noch umsichtiger, als sie es eh schon getan hatten, gerade auch, weil Wolf immer noch ein wachsames Auge auf sie hatte.
Sie wickelte sich ein Handtuch um, öffnete die Badezimmertür und hörte, dass Mattes gerade im Wohnzimmer Stühle und Tische hin- und herrückte. „Das sieht gut aus.“ Er zuckte leicht zusammen und drehte sich zu ihr herum. Wieder musterte er sie von oben bis unten und kam auf sie zu. „Du willst es mir aber heute extra schwer machen, oder?“ Er grinste, während er mit seinen Händen demonstrativ langsam zu ihrem Handtuch griff und es ihr vom Körper streifte.
„Mattes“, kicherte sie. „Die Nachbarn könnten uns sehen.“ Er drehte sich kurz herum und zuckte dann mit den Schultern, während er sich ihr wieder zuwandte. „Ich sehe niemanden.“ Genüsslich fing er an, an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. „Und außerdem“, murmelte er, „was sie zu sehen bekämen, ist ja auch ziemlich heiß.“ Melanie merkte, dass die Härchen auf ihren Armen sich aufstellen und sie eine Gänsehaut bekam.
Wie vorher im Badezimmer schob sie ihn trotzdem sanft, aber bestimmt von sich weg. „Wir haben jetzt noch weniger Zeit als eben.“ Sie wusste selbst, dass sie gerade nicht besonders überzeugend klang. „Außerdem …“ fuhr sie mit festerer Stimme fort, „haben wir doch eben vereinbart, dass wir nach der Party noch genug Zeit haben.“
„Aber vielleicht gehen die Letzten erst spät in der Nacht. Oder ich bin dann zu müde.“ Gespielt verzweifelt blickte Mattes sie an. „Als ob du dafür jemals zu müde wärst.“ Sie lachte, schnappte sich ihr Handtuch, das auf dem Boden lag, und ging Richtung Schlafzimmer. „Ich gehe mich jetzt mal umziehen. Solltest du übrigens auch bald machen“, rief sie ihm lachend aus der Diele zu.
„Ich gehe jetzt erstmal duschen“, rief er zurück. Und als sie nicht reagierte, ergänzte er mit lauterer  Stimme noch: „Du kannst mir auch gerne Gesellschaft leisten.“ „Mattes, das hatten wir schon. Später.“ Auch sie hatte die Lautstärke ihrer Stimme erhöht. Sie sah ihn nur noch durch die Diele Richtung Badezimmer gehen, während sie gut gelaunt das türkise Kleid aus dem Schrank nahm, das sie sich für heute Abend ausgesucht hatte.
Nachdem sie es angezogen sowie die passenden Ohrringe und die passende Kette angelegt hatte, ging sie zum Bad, wo ihr beim Öffnen der Tür eine weiße Wolke aus feuchtem Wasserdampf entgegen und Mattes gerade aus der Dusche kam. Sie wedelte mit ihren Händen vor ihrem Gesicht herum. „Wie heiß hast du denn geduscht?“ Belustigt blickte sie ihn an. Seine Haare waren nass und sein Oberkörper war noch voll mit Wasserperlen. „Wenn du mit mir geduscht hättest, wäre es noch heißer geworden.“ Er grinste und kam einen Schritt auf sie zu.
Abwehrend hielt sie die Hände vor sich und ihn auf Abstand. „Komm mir bloß nicht zu nahe. Ich bin schon fertig umgezogen.“ Er lachte. „Schade. Aber warum bist du dann überhaupt hier?“ „Weil ich mir zufälligerweise die Haare machen und mich schminken wollte.“ Sie zeigte auf ihre Armbanduhr. „In einer Dreiviertelstunde geht’s los und du bist noch nicht einmal angezogen.“
„Typisch Melanie Hansen“, zog er sie auf. „Auch privat immer diszipliniert und zuverlässig.“ Sie rollte mit den Augen und fing an, ihre Bürste und ihr Make-Up aus dem Badezimmerschrank zu nehmen, während Mattes sich hinter ihr abtrocknete. Im Spiegel sah sie, dass er bewusst langsam dabei vorging.
Sie setzte die Mascara-Bürste wieder ab und sah ihn im Spiegel an. Obwohl sie eigentlich ernst klingen wollte, musste sie grinsen. „Das machst du jetzt extra, oder?“ Sie sah, wie er schmunzelnd mit den Schultern zuckte. Nach ihrem vorwurfsvollen Blick lenkte er ein: „Ist ja gut, ich gehe mich jetzt umziehen.“ Er drückte ihr noch einen Kuss auf die Wange und verschwand in der Diele.
Melanie wollte gerade wieder ansetzen, ihre Wimpern zu tuschen, als er eine Sekunde später noch einmal den Kopf zur Tür hineinsteckte. „Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie umwerfend du in diesem Kleid aussiehst?“ Sie kam gar nicht mehr dazu, etwas zu erwidern, da er bereits im Schlafzimmer verschwunden war.

Anderthalb Stunden später war ihre Wohnung so voll wie nie. Amüsiert betrachtete Melanie das rege Treiben.
Franzi, Nick, Kris und Daisy saßen im Wohnzimmer am Esstisch und diskutierten bei einem Bier gerade darüber, ob der 18-jährige Verdächtige in ihrem letzten Fall besser nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden sollte. Wolle trieb sich in der Küche vor dem Buffet herum, wo seitdem immer mehr Häppchen auf den angerichteten Platten verschwunden waren. Auf der anderen Seite des Wohnzimmers unterhielt Haller sich gerade mit ihren Eltern, ihrem Bruder und Dörte über die Zukunft des Polizeiwesens in Deutschland, wobei Lars dabei zugegebenermaßen etwas gequält aussah und sie hilfesuchend ansah. Und im Arbeits- und Gästezimmer beendete Mattes gerade seine Wohnungsführung, die er Jasmin, Frauke, Lazar und Haase gegeben hatte.
Einige Momente später stand er neben ihr und legte ihr sanft den Arm um die Taille. „Und, bist du zufrieden?“, flüsterte er ihr leise zu. „Ich glaube, alle haben Spaß“, antwortete sie. „Du hoffentlich auch?“ Liebevoll schaute sie ihn an. „Ja. Endlich ist alles so, wie es sein soll.“ Wie zur Bestätigung drückte sie ihm einen leichten Kuss auf den Mund.
Normalerweise vermieden sie körperliche Annäherungen in der Anwesenheit ihrer Kollegen, aber das hier war ihre private Party in ihren privaten Räumlichkeiten. Da war das etwas vollkommen anderes. „Mensch, wer hätte gedacht, dass aus euch doch noch was wird?“, hörte sie plötzlich Haases Stimme. „Ich dachte ja schon, dass da was läuft, als ich euch beide damals fast im Aufzug erwischt hätte.“
Melanie lief leicht rot an und wollte gerade etwas darauf erwidern, da schaltete sich Frauke in die Unterhaltung mit ein. „Du hast die beiden im Aufzug erwischt?“, rief sie lauter als beabsichtigt, sodass plötzlich alle Gespräche verstummten und alle Blicke auf sie gerichtet waren. „Nee, so war das doch nicht gemeint. Das habt ihr falsch verstanden“, versuchte Haase die Situation zu retten, während Jasmin lächelnd danebenstand und Melanie beruhigend anblickte.
Eigentlich hätte ihr das peinlich sein müssen, aber sie fand die ganze Situation eher amüsant. Wie viel lockerer und gelöster sie doch im vergangenen Jahr geworden war. Und Haase konnte sie sowieso nicht lange böse sein, hatte er doch mit dazu beigetragen, dass Mattes seinen schweren Unfall überlebt hatte.
„Die Mozzarella-Sticks kann ich übrigens sehr empfehlen“, kam es plötzlich von der Küchentür, in der Wolle gerade immer noch kauend stand. „Wolle, schmeckt es dir?“ Mattes schlug ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Es ist köstlich“, bestätigte ihr Kollege mit leicht vollem Mund.
Nun gesellte sich auch Dörte dazu, die ihren Platz auf dem Sofa verlassen hatte. „Euer Chef ist ja schon nicht ganz einfach“, flüsterte sie Melanie verschwörerisch zu. Diese zuckte nur grinsend mit den Schultern. „Jetzt verstehe ich auch, warum ihr …“ Sie sprach nicht weiter, sondern zwinkerte Melanie stattdessen zu. „Er hört sich halt gerne reden“, kam es trocken von Wolle, der plötzlich ein Stück Brot mit der Kräuterbutter in der Hand hatte, die Mattes nach dem Einkauf in den Kühlschrank geräumt hatte.
„Apropos reden.“ Melanie blickte Mattes auffordernd an. „Stimmt, da war ja noch was. Sollen wir?“ Sie nickte. „Sind ja jetzt alle da.“ Gemeinsam ging sie mit Mattes ins Wohnzimmer, der die Musik leiser drehte und sich dann zu ihr in die Mitte stellte. Plötzlich waren alle Blicke erwartungsvoll auf sie beide gerichtet.
„Keine Sorge. Wir haben heute keine weiteren Neuigkeiten zu verkünden“, begann Mattes lachend, was ihre Mutter lächelnd mit „schade“ quittierte und ihr Vater leicht vorwurfsvoll mit „Marlies“ erwiderte. Leichtes Gelächter war im Raum zu hören. „Wir wollten uns stattdessen bei euch allen bedanken.“ Nun war seine Stimmte ernster geworden. „Ihr wisst alle, dass hinter Melanie und mir keine einfache Zeit liegt.“ Die Gesichter im Raum wurden betroffener und auch Melanie musste schlucken, als sie an die Ereignisse vor einem halben Jahr dachte.
Mattes schien ihre innere Unruhe zu spüren, denn er legte ihr leicht seinen Arm um die Hüfte. „Aber trotzdem stehen wir jetzt hier.“ Er blickte sie lächelnd von der Seite an und sie erwiderte fest seinen Blick. „Und dass wir hier stehen, verdanken wir zu einem großen Teil auch euch.“ Er schaute sich in der Runde um.
„Ja“, nun war es Melanie, die übernahm. „Und deswegen wollten wir uns bei euch allen bedanken. Bei unseren Familien, bei unseren Freunden, bei unseren Kollegen. Danke, dass ihr für uns da wart. Dass ihr uns gerade in den letzten Monaten den Rücken freigehalten habt. Und danke …“, sie zögerte, „… dass ihr uns nicht für verrückt erklärt habt, als wir euch irgendwann gesagt haben, was wirklich los ist.“
„Wer sagt denn, dass wir das nicht gemacht haben?“, kam es aus der hinteren Ecke des Raumes lachend von Kris. „Kris“, Daisy blickte ihren Kollegen vorwurfsvoll an und Melanie kam nicht umhin zu grinsen. „Wie dem auch sei“, fuhr sie weiter fort. „Mit diesem Abend wollen wir euch ein bisschen von dem zurückgeben, was ihr in den vergangenen Monaten für uns getan habt.“
Sie blickte reihum in die Gesichter der Anwesenden. Ihre Mutter und ihr Vater schauten sie gerührt an, Lars reckte den Daumen nach oben, Dörtes Blick war voller Stolz und sogar Haller hatte den Mund zu einem angedeuteten Lächeln verzogen. „Danke an euch alle“, beendete sie ihre kleine Rede, während Mattes ihre Worte noch einmal wiederholte. „Ja, vielen Dank für alles.“
Melanies Mutter war die Erste, die begann zu klatschen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die anderen Gäste in den Applaus mit einstimmten. Die schien Mattes als Zeichen zu betrachten, dass nun der formelle Teil des Abends beendet war. Er drehte sich zu Melanie, zog sie ein kleines Stück zu sich heran und küsste sie mehrmals. Melanie erwiderte den Kuss und es machte ihr komischerweise in diesem Moment auch nichts aus, dass ihr Chef nur wenige Meter entfernt saß.
„Wir haben aber auch noch was für euch“, war es nun Franzi, die von ihrem Platz am Tisch aufstand und Nick mit einer Kopfbewegung Richtung Wohnungstür aufforderte mitzukommen. Melanie sah sie fragend an. „Wir müssen es noch holen“, beantwortete Franzi ihre unausgesprochene Frage. Daisy und Kris hatten sich zwischenzeitlich ebenfalls erhoben, gingen in den Hausflur und schienen ihren beiden Kollegen bei irgendetwas zu helfen.
‚Irgendetwas‘ war dann ein ziemlich großer, flacher und rechteckiger Karton, um den eine große rote Schleife gewickelt war. „Wir hatten leider nicht genug Geschenkpapier, um es komplett einzupacken“, kam es entschuldigend von Daisy, während Kris und Nick das Geschenk langsam ins Wohnzimmer trugen.
„Was ist das denn?“ Melanie war überrascht. Der Abend heute sollte ein Geschenk an ihre Gäste sein und nicht umgekehrt. „Naja, wir dachten …“ sagte Franzi, während ihre Kollegen das Paket auf dem Boden abstellten, „dass wir euch zu eurer Wohnungseinweihung ja auch etwas schenken sollten. Das hier ist von allen PK21-Kollegen.“ Sie deutete auf das bräunliche Paket, dessen rote Schleife nun etwas verrutscht war.
Zwischenzeitlich hatte Melanie Mattes’ Hand genommen und war mit ihm an das Geschenk herangetreten. „Sollen wir es auspacken?“, fragte Mattes. „Natürlich, was denn sonst?“, meinte Franzi lachend. „Und ohne schon zu viel verraten zu wollen, aber es ist etwas Nützliches. Etwas, das ihr hier bestimmt noch gut brauchen könnt“. Sie sah sich kurz im Wohnzimmer um.
„Okay, wir sind gespannt. Machst du?“, forderte Mattes Melanie zum Öffnen des Kartons auf. Wolle hatte scheinbar trotz seiner Daueranwesenheit vor dem Buffet mitgehört und mitgedacht und kam nun mit einer Schere in den Raum, die er scheinbar irgendwo in der Küche gefunden hatte. „Hier, geht einfacher.“ Er reichte sie Melanie und blieb dann hinter den Kollegen stehen.
Leicht nervös löste Melanie die Schleife und schnitt dann vorsichtig das Klebeband auf dem braunen Karton durch. Als sie die erste Pappe aufklappte, sah sie zunächst weißes Styropor. Aber darunter befand sich etwas, das spürte sie am Gewicht. Vorsichtig löste sie mit Mattes’ Hilfe die Karton- und anschließend die Styropor-Schicht.
Und dann sah sie das passendste Geschenk, das ihre Kollegen ihnen hätten machen können. Es war ein Bild. Aber nicht irgendein Bild. Es enthielt zahlreiche Fotos von Hamburg. Aber diese Fotos waren nicht einfach wahllos auf dem Bild verteilt. Stattdessen formten sie ein Wort. Und dieses Wort war #teamhansenseeler.
Sprachlos schaute Melanie erst das Bild, danach Mattes und dann nacheinander ihre Kollegen an. „Das ist ja der Wahnsinn. Danke.“ Sie richtete sich auf und umarmte alle der Reihe nach. Ein schöneres Geschenk hätte sie sich nicht vorstellen können. „Wir dachten, dass das sehr gut passt“, sagte Franzi lachend das, was Melanie gerade dachte. „Ihr seid spitze, Leute. Danke“, kam es nun von Mattes. Melanie hörte an seiner Stimme, dass auch er gerade gerührt war.
Er nahm das Bild vorsichtig aus der Verpackung, ging damit langsam zur weißen Wand gegenüber und hielt es davor. „Hier würde es doch perfekt passen. Was meint ihr?“ Das Nicken und die Antworten im Raum bestätigten ihn in seiner Meinung.
„Ihr seid echt verrückt“, sprach Melanie das aus, was sie gerade dachte, während Mattes das Bild vorsichtig in seine Originalverpackung zurücklegte und den Karton dann zum Schutz ins Schlafzimmer brachte. „Ach Quatsch“, winkte Franzi ab. „Das haben wir doch gerne gemacht. Außerdem seid ihr ja auch unser Dreamteam.“ Sie legte Melanie einen Arm um die Schultern. „Und jetzt erst recht.“ „Jetzt erst recht“, wiederholte Melanie leise die Worte ihrer Kollegin.

Drei Stunden später waren die letzten Gäste gegangen und Melanie ließ sich erschöpft neben Mattes aufs Sofa sinken. „Wer soll das eigentlich alles aufräumen?“, blickte er sich gequält um. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und wollte ihm gerade die passende Antwort geben, als er ihr zuvorkam. „Stopp. Heute Abend räumen wir beide gar nichts mehr auf.“ Sie lachte. „Warum weißt du schon wieder, was ich sagen wollte?“ „Weil ich dich einfach gut kenne. Zu gut.“ Er beugte sich vor und gab ihr einen leichten Kuss auf die Nasenspitze.
„Außerdem …“, sagte er gedehnt. „Außerdem was?“ Sie wusste genau, worauf er hinauswollte. „Außerdem hatten wir ja gesagt, dass wir heute Abend noch etwas vorhaben. Und damit meinten wir nicht, schmutzige Gläser und Teller wegzuräumen.“ Er grinste spitzbübisch. „In diesem Chaos kann ich mich doch nicht entspannen“, sie deutete mit dem Kopf auf den vollgestellten Tisch vor ihnen.
„Dann habe ich eine Idee.“ Er stand auf und hielt ihr seine Hände hin. „Ich weiß einen Raum, in dem gerade kein Chaos ist.“ Mit einem Ruck zog er sie an sich – enger als in den Momenten vor der Party, näher, leidenschaftlicher. Sanft strich den oberen Saum ihres Kleides zur Seite und verteilte sanfte Küsse auf ihrem Schlüsselbein. Währenddessen schob er sie vorsichtig Richtung Wohnzimmertür und anschließend durch die Diele, ohne dabei von ihr abzulassen.
Als Melanie mit ihrem Rücken gegen die Schlafzimmertür stieß, nahm Mattes ihre Hände und fixierte sie über ihrem Kopf. Auffordernd und verlangend blickte er sie an. Schon jetzt ging ihr Atem schneller und sie sah an seinem sich hebenden und senkenden Brustkorb, dass auch seine Atmung sich verstärkt hatte. Ohne die Fixierung ihrer Hände zu beenden, küsste er sich von ihrem Mund hin zu ihrem Ohrläppchen, von wo aus er weiter mit seinen Lippen über ihren Hals fuhr.
Schon jetzt konnte Melanie kaum noch stillstehen und wand sich unter seinen Berührungen hin und her. „Mattes“, keuchte sie leise. „Was?“, murmelte er, während er mit seinem Mund auf die andere Seite ihres Halses wanderte. Sie spürte genau, dass er grinste, weil er gerade die Oberhand hatte.
Aber sie musste zugeben, dass ihr das gefiel. Und dass sie froh war, dass Mattes auch in dieser Hinsicht wieder zu seiner alten Form zurückgefunden hatte. Als er wochenlang im Krankenhaus und später in Reha war, hatte sie die körperliche Nähe zu ihm unglaublich vermisst. Und als er dann nach all der langen Zeit endlich nach Hause kam, hatte sie ihn nicht überfordern wollen und sich daher erst einmal zurückgehalten.
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, als sie seit dem Unfall zum ersten Mal wieder miteinander geschlafen hatten. Es war direkt an dem Abend seiner Rückkehr gewesen. Sie hatten zusammen auf dem Sofa gesessen und irgendwann waren ihre erst vorsichtigen Küsse auf Mattes’ Initiative hin intensiver geworden. Melanie war unglaublich vorsichtig gewesen, weil sie Angst hatte, ihn körperlich zu überanstrengen, und hatte sich anhand seiner Reaktionen immer wieder vergewissert, ob das alles auch nicht zu viel für ihn war.
Irgendwann hatte er sie liebevoll und gleichzeitig amüsiert angesehen. „Ich bin nicht aus Zucker, Melanie. Und die Ärzte haben gesagt, dass meine Werte top sind. Also kein Grund, sich zurückzuhalten.“ Danach hatte er gegrinst und sie einfach in ihrem Tempo machen lassen. Und sie hatte es so unglaublich genossen, ihn endlich wieder zu fühlen und zu spüren.
Es war liebevoll gewesen, zärtlich, hingebungsvoll – und das erste Mal, dass sie sich mit dem Wissen geliebt hatten, nicht nur eine Affäre für den jeweils anderen zu sein, sondern mehr. Viel mehr. Danach hatte sie atemlos in seinen Armen gelegen, seinem Herzschlag zugehört und seinen Geruch eingeatmet. Und wieder einmal war ihr bewusst geworden, wie viel Glück sie mit ihm hatte. Und wie viel Glück sie beide gehabt hatten, dass sie so dort hatten liegen können.
Die plötzlich verschwindende Stabilität durch die Schlafzimmertür in ihrem Rücken holte Melanie in die Realität zurück. Ins Hier und Jetzt. Mattes hatte eine Hand von ihren Händen genommen und damit die Klinke heruntergedrückt. Atemlos stolperten sie zum Bett, während Mattes mit seinem Fuß die Tür hinter sich zudrückte. „Damit du das Chaos im Flur nicht siehst und dich entspannen kannst“, meinte er lachend, während seine Hände mittlerweile an ihrem Po angekommen waren.
Er griff nach dem Saum ihres Kleides und zog es ihr mit einem Ruck über den Kopf. Danach wanderten seine Hände zu ihrem Rücken, wo er den Verschluss ihres BHs löste. „Du kannst es wohl gar nicht mehr erwarten“, meinte sie trocken. Er wusste natürlich genau, dass ihr das gefiel. Nur eine Sekunde später streichelte er mit seinen Fingern über ihre Brüste.
„Ich habe heute schon lange genug gewartet“, raunte er ihr ins Ohr und nur der Klang seiner Stimme ließ sie erschaudern. Sie griff mit ihren Händen an den unteren Rand seines Hemdes und zog hektisch daran, bis sie es ihm komplett ausgezogen hatte. An dem Öffnen der einzelnen Knöpfe wollte sie sich gerade nicht aufhalten. „Wer von uns beiden kann es nun nicht mehr erwarten?“, flüsterte Mattes, während er nun seine Zunge einsetzte.
Melanie stöhnte leise auf. Wieso wusste dieser Mann eigentlich jedes Mal so genau, was er sagen und tun musste, um sie innerhalb weniger Sekunden so unfassbar zu erregen? Sie strich hektisch mit ihren Händen über seinen Oberkörper und berührte jede erdenkliche Stelle – so, als würde sie seinen Körper gerade zum ersten Mal anfassen und spüren.
Und jetzt konnte es ihr wirklich nicht mehr schnell genug gehen. Während ihre Zungen miteinander spielten, tastete sie nach seinem Hosenbund und öffnete den Knopf. Schnell zog sie seine Hose nach unten und seine Boxershorts gleich mit. Dann drehte sie ihn um und stieß ihn aufs Bett, sodass der Lattenrost leicht quietschte.
Schwer atmend beugte sie sich über ihn und stützte sich mit ihren Armen neben ihm ab. In seinen Augen lag das gleiche Verlangen, das gerade wahrscheinlich auch in ihren eigenen zu sehen war. Er sagte nichts, sondern fuhr mit seinen Fingern von ihren Lippen über ihren Hals hin zur Vertiefung zwischen ihren Brüsten und von da aus über ihren Bauch zu ihrem Slip, während er ihrem Blick standhielt.
Dann richtete er sich noch ein kleines Stück weiter auf und zog an dem einzigen Stück Stoff, das Melanie gerade noch trug. Schnell hob sie ihren rechten Unterschenkel an und streifte es sich vom Körper. Anschließend beugte sie sich noch enger über ihn, sodass ihre Gesichter lediglich wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
Einige Sekunden lang sahen sie sich nur in die Augen. Schweigend. Verstehend. Annehmend. Ohne, dass irgendeiner von ihnen irgendetwas tat oder sagte. Und in diesem Moment wurde Melanie von ihren Gefühlen völlig überwältigt. Von der tiefen Liebe, die sie für diesen Mann empfand.
Gerührt schaute sie ihn an und legte ihre Hand an seine Wange: „Ich bin so froh, dass ich dich habe.“ Sie gab ihm den Hauch eines Kusses und schaute ihm einfach nur weiter in die Augen. „Und ich bin so froh, dass ich dich habe“, entgegnete Mattes. „Und dass wir es endlich geschafft haben – nach so vielen Jahren.“ Sie nickte, ohne ihren Blick von ihm zu lösen. „Ja, das war echt eine turbulente Zeit. „Davor“, sie deutete mit ihrer Hand zwischen ihnen beiden hin und her, „aber auch währenddessen.“
Mit einem sanften Ruck drehte Mattes sie um, sodass sie nun unter ihm lag. Sie spürte seine nackte Haut auf ihrer und hob auffordernd ihr Becken an. Noch einmal schaute sie ihm tief in die Augen, bevor sie ihn endlich in sich spürte, und nur noch leise in sein Ohr flüsterte: „Dann lass sie uns jetzt ganz besonders genießen – die Zeit danach …“
Review schreiben
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast