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2022 08 29: Sechs Farben [by Liana-Medea]

Kurzbeschreibung
OneshotAllgemein / P12 / Gen
Alexander "Alec" Gideon Lightwood
29.08.2022
29.08.2022
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Tag der Veröffentlichung:29.08.2022
Titel der Geschichte: Sechs Farben
Song: “Ich war noch niemals in New York” von Udo Jürgens
Autor: Liana-Medea
Kommentar des Autors: "Ich war noch niemals in New York" und eine Geschichte, die in New York City spielt, das kann doch nicht zusammenpassen? Doch, kann es - wenn man nur die Botschaft des Liedes nimmt.  Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!



Sechs Farben


Eigentlich war es nur ein Zufall gewesen, dass er jetzt hier stand und nicht recht wusste, was er machen sollte. Ja, er hatte gewusst, dass heute die New York City Pride Parade war – aber wer in New York City wusste das nicht? Die Plakate hingen schon eine Weile und selbst als Schattenjäger bekam man mit, dass doch ein paar mehr Regenbogenfahnen hingen. Und Alec würde nie zugeben, dass er genau wusste, wo und wann die Parade begann oder dass er immer wieder überlegt hatte, genau dort hinzugehen.

Aber eigentlich hatte er für sich selbst immer gute Ausreden gefunden – das Wetter war zu schlecht, er hatte kein Schild oder Banner, er hatte keine passende Kleidung und niemanden, der mit ihm hingehen konnte. Trotzdem hatte er hinterher immer diejenigen beneidet, die einfach hingehen konnten, ohne dass sie sich Gedanken machen mussten. Auch wenn er genau wusste, dass der Grund, weshalb er sich nicht traute, ein anderer war: Er hatte immer Angst, dass ihn die Leute dort nicht akzeptieren würden.

Bislang hatte er an diesem Tag auch immer im Institut bleiben können, aber heute, ausgerechnet heute, musste er auf Patrouille. Und natürlich nicht irgendwo am anderen Ende der Stadt – nein, natürlich, so viel Glück hatte er nicht, es musste natürlich in der Nähe der Pride Parade sein.

Und so stand er nun ein paar Meter von der Demonstration entfernt und wusste nicht wirklich, was er machen sollte. Noch war sein Zauberglanz aktiv, was vermutlich auch besser war, denn als voll bewaffneter Schattenjäger wäre er hier natürlich aufgefallen. Oder vielleicht auch nicht, dachte sich Alec, als einige Demonstrationsteilnehmer an ihm vorbeiliefen, die auch schwarz gekleidet waren und einige Dinge mit sich herumtrugen, mit denen Alec nicht wirklich etwas anfangen wusste.

Er merkte aber gleichzeitig auch, dass einige seiner Ausreden wirklich nur Ausreden gewesen waren – nicht alle Menschen hier hatten Schilder oder Banner, nicht alle waren farbenfroh gekleidet oder geschminkt – manche hatten vielleicht auch nur einen oder zwei Anstecker – mehr nicht. Genauso wie er gedacht hatte, dass er hier nicht akzeptiert werden würde – nicht alle waren schrill – manchen würde er nicht einmal ansehen, dass sie so wie er waren.

Gut, manche hatten sich in Regenbogenflaggen gehüllt, geschminkt und trugen Fächer und auffällige Kleidung – aber andere hätte er auch an einem ganz normalen Tag in New York City treffen können und sie hätten nichts anderes angehabt.

Vielleicht würde er doch akzeptiert werden, auch wenn er die Musik nicht kannte, die gespielt wurde und zu der einige tanzten, während sie die Straße entlang marschierten. Aber sie gefiel ihm – er konnte sich auch vorstellen, so etwas häufiger zu hören.

Vielleicht sollte er doch... Aber Alec wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.  Was wäre, wenn ihn jemand sehen würde? Es wusste niemand, dass er auf Männer stand und er war auch noch nicht bereit dafür, es jemanden zu sagen.

Langsam wandte sich Alec ab und verließ die Straße, auf der die Parade stattfand – aber bevor er seine Patrouille fortsetzen konnte – zupfte ihn jemand am Ärmel. Alec drehte sich um und sah eine junge Frau mit einer Schminkpalette in der Hand. Sie schien eine Mundie zu sein – offensichtlich eine mit dem zweiten Gesicht, wenn sie ihn sehen konnte.

„Hallo – ich habe gesehen, dass du dir die Parade interessiert angeschaut hast – möchtest du vielleicht, dass ich dir eine Flagge aufzeichne?“, fragte sie dann. Alec schaute sich um, sie waren ein ordentliches Stück von der Menschenmenge entfernt, niemand würde sie beide hier sehen. Trotzdem war er perplex und vermutlich genau deswegen stimmte er zu.

Er schob seinen Ärmel zurück und die Mundie malte ihm einen Regenbogen auf den Unterarm. Irgendwie fühlte sich Alec damit sehr wohl   – es war ungewohnt, wie am Rand der Parade zu stehen, aber irgendwie passte es. Er bedankte sich und die Mundie lief wieder zurück zur Parade und er setzte seine Patrouille fort. Irgendwie schien ihm der Regenbogen Glück zu bringen, denn er begegnete keinem einzigen Dämon.

Wieder im Institut dachte Alec darüber nach, den Regenbogen abzuwischen, aber er tat es nicht. Denn mit dem Regenbogen auf der Haut kam ihm einiges doch möglich vor, obwohl er genau wusste, dass das nur Mundie-Schminke und keine Rune war. Vielleicht würde er eines Tages auch doch trauen, bei der Pride Parade mitzulaufen.  Und vielleicht – Alec wagte es gar nicht zu denken – auch eines Tages mit einem Partner, der ihn liebte.
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