Wiedersehen mit der Vergangenheit
von Lady0409
Kurzbeschreibung
Nachdem Lea vor zweieinhalb Jahren der Sachsenklinik und Leipzig Richtung München den Rücken gekehrt hatte, kehrt sie nun mit ihrem kleinen, inzwischen fünfjährigen Sohn Tim zurück - allerdings nicht ganz grundlos.
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Dr. Lea Peters
OC (Own Character)
Tim Peters
24.08.2022
18.12.2022
15
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24.08.2022
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Wiedersehen mit der Vergangenheit
Nachdem Lea vor zweieinhalb Jahren der Sachsenklinik und Leipzig Richtung München den Rücken gekehrt hatte, kehrt sie nun mit ihrem kleinen, inzwischen fünfjährigen Sohn Tim zurück - allerdings nicht ganz grundlos.
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Kapitel 1
ein ganz normaler Tag
4. Mai 2022
„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen guten Abend, Frau Kollegin. Genießen Sie Ihren Feierabend mit Ihrem kleinen Sohn. Sie haben sich eine Pause nach dem Tag heute wirklich redlich verdient.“, verabschiedete sich Dr. Norbert Hahn, der Oberarzt, von seiner dunkelblonden Kollegin, die gerade ihre Sachen zusammenpackte und sich in wenigen Augenblicken zusammen mit ihrem kleinen Sohn Tim auf den Weg nach Hause machen würde. Wie jeden Abend in den letzten Tagen hatte Lea Peters auch heute im Laufe ihres Dienstes wieder alles gegeben, was sie konnte, um das Leben eines Patienten zu retten – wieder einmal erfolgreich, denn der 27jährge Benjamin Fink würde nach dem schwierigen neurochirurgischen Eingriff, den sie am Vormittag durchgeführt hatte, in wenigen Tagen bis Wochen aus der Klinik direkt in die postoperative Reha entlassen werden können und musste nun keine Sorgen mehr haben, dass das Aneurysma in seinem Gehirn unvermittelt platzen könnte.
Ein Aneurysma im Gehirn – eine Diagnose, die in diesem ganz speziellen Fall nicht nur den Patienten, sondern auch Chefärztin Lea Peters selbst in eine tiefe Krise gestürzt hatte. Und das hatte einen ganz bestimmten Grund…
Lea dachte, wenn sie es sich selbst eingestehen sollte, nicht mehr gern an diesen Tag im September 2016 zurück, als inmitten eines tobenden Unwetters mit Gewitter und Starkregen ein unbekannter, bewusstloser Patient in die Leipziger Sachsenklinik, ihrem früheren Arbeitsort, eingeliefert wurde und die Neurochirurgin nach einigen Untersuchungen nicht nur feststellte, dass der Patient wohl vom Blitz getroffen wurden war, sondern auch noch ein Aneurysma im Gehirn hatte.
Jenne Derbeck, wie der Mann damals hieß, war Lea von Anfang an suspekt; hatte er sich doch trotz der augenscheinlichen Lebensgefahr durch das Aneurysma in seinem Kopf nicht operieren lassen wollen. Lieber hatte er mit der Ärztin geflirtet und sie damit völlig aus dem Konzept gebracht.
„Jenne… Wenn Du das nur erleben könntest.“ Vorsichtig strich sich Lea über ihren deutlich sichtbaren Bauch.
Ja, seit bereits knapp sechseinhalb Monaten trug die Neurochirurgin einen fast nicht mehr versteckbaren Passagier mit sich herum. Ein kleines Mädchen hatte sich nach einer Nacht mit ihrem neuen Lebensgefährten in ihren Bauch geschlichen und schien die Ärztin komplett aus dem Konzept zu bringen.
Lea konnte es kaum noch erwarten, dass ihr kleiner Sohn Tim, der in drei Monaten bereits seinen fünften Geburtstag feierte, endlich ein großer Bruder werden konnte.
Doktor Hahn verließ mit zwei Akten in der Hand freundlich lächelnd das Ärztezimmer, als Doktor Vogler zu Lea kam und hinter sich die Tür schloss.
„Hey… Machst Du jetzt auch endlich Feierabend?“, fragte der schwarzhaarige Mann die Neurochirurgin und drückte seiner Lebensgefährtin einen liebevollen Kuss in den Nacken, bevor er seine Hand auf den Bauch seiner Kollegin drückte und fragte: „Wie geht es denn meinen beiden Süßen denn? Hat die Kleine Dich endlich einmal ausruhen lassen?“
„Nicht wirklich. Sie ist immer noch aktiv.“, beschwerte sich Lea sogleich und legte ihre Hand auf die Hand ihres Lebensgefährten, mit dem sie bereits seit mehreren Wochen zusammen war. „Sie will wohl später einmal Ärztin werden. So, wie sie hier in meinem Bauch herumgräbt.“
„Willst Du denn nicht lieber endlich in Mutterschutz gehen, Lea? Du bist jetzt in der 23. Woche schwanger; ich will nicht, dass Du Dich überforderst. Denk doch bitte wenigstens an unser Kind.“, bat der Gynäkologe, der beim gemeinsamen Schmusen mit der Neurochirurgin den Facharzt heraus hängen ließ und den Bauch seiner Lebensgefährtin abtastete. „Unser Baby soll nicht als Frühchen auf die Welt kommen. Im Moment traust Du Dir meiner Meinung nach viel zu viel zu.“
„Ich bin nicht totkrank, Jannik. Ich bin nur schwanger.“, widersprach Lea und drehte sich zu ihrem Lebensgefährten um. „Und ich war schon einmal schwanger. Oder denkst Du, ich hätte meinen kleinen Tim früh beim Bettenmachen gefunden. … Es ist alles in Ordnung; ich habe meine Schwangerschaft unter Kontrolle. Du brauchst Dir also im Moment überhaupt keine Sorgen machen. Deine beiden Frauen sind wirklich vollkommen in Ordnung. … Und wenn etwas wäre, dann… Dann würde ich doch sofort zu Dir kommen.“
„Ich mache mir nur Sorgen um Dich… um Euch. Du mutest Dir in den letzten Tagen wirklich ein bisschen viel zu. Das merkt ja sogar schon Dein Sohn.“, machte Jannik Lea darauf aufmerksam, dass der fast Fünfjährige seine Mutter am gestrigen Abend nach seinem Geschwisterchen gefragt hatte. „Du solltest wirklich langsam in den Mutterschutz gehen. Es ist doch auch nur zu Deinem Besten, Lea. Vertrau mir; ich bin Gynäkologe. Ich will nur nicht, dass es Euch plötzlich schlecht geht.“
„Ich war, wie gesagt, selbst schon einmal schwanger; ich weiß, wie ich mich verhalten muss. Und unserer kleinen Prinzessin und mir geht es auch sehr gut. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen.“, stoppte Lea ihren Lebensgefährten, der sich große Sorgen um die Neurochirurgin und das gemeinsame Kind zu machen schien. „Wir sind in Ordnung.“
„Lea, ich will doch nur, dass der Zustand von unserer kleinen Maus so stabil bleibt. Oder willst Du etwa noch einmal erleben müssen, was ein dreiviertel Jahr nach Deiner Ankunft hier in München passiert ist.“, fuhr Jannik die uneinsichtige Lea an und legte seine Hand noch einmal prüfend auf den Unterleib der Schwangeren, die sofort daran erinnert wurde, was ihr Lebensgefährte meinte.
„ERINNER´ MICH BITTE NICHT AUCH NOCH DARAN!“, fuhr die Neurochirurgin den Gynäkologen, den sie durch ihre Fehlgeburt ein halbes Jahr nach ihrem Umzug nach München kennen gelernt hatte, an und sie strich sich noch einmal über ihren dicken Bauch, bevor sie Jannik einen Kuss auf den Mund drückte und in Richtung Kindergarten verschwand, um ihren kleinen Sohn abzuholen.
Langsam ging die Sonne im bayrischen München unter und die erfahrene Dr. Lea Peters, Chefärztin der Neurochirurgie, holte, nachdem sie noch einmal nach ihrem frischoperierten Patienten geschaut hatte, wie jeden Abend auch heute wieder ihren kleinen Sohn Tim aus der klinikinternen Kindertagesstätte ab.
„Guten Abend, Frau Doktor Lea… TIIIM! DEINE MAMAAA IST DA. DEINE MAMAAA HOLT DICH AB!“, begrüßte ein kleiner Junge, der wenige Monate älter war, als Tim, die Neurochirurgin, bevor er nach dem Vierjährigen rief. „TIIIM! DEINE MAMA IST DA!“
Freudig kam der Viereinhalbjährige sofort, als er hörte, dass seine Mutter da war, um ihn aus dem Kindergarten abzuholen und nach einem kurzen Blick zur Tür Lea sah, auf die schwangere Ärztin zugerannt und zeigte ihr aufgeregt das Bild, das er an diesem Maitag im Kindergarten für seine Mutter gemalt hatte.
„Das ist Papa… und das bist Du! Guck… mit einem kleinen Baby im Bauch… Mami, wann kommt denn das Baby endlich?", fragte das Kind seine Mutter mit einem Fingerzeig auf den dicken Bauch seiner Mutter und Lea betrachtete das Bild ihres Sohnes, das der Kleine ihr gerade stolz überreicht hatte, mit einem traurigen Seufzen.
Fast schon dreieinhalb Jahre war es mittlerweile schon her, als Tims leiblicher Vater Jenne kurz vor Weihnachten bei einer Rettungsaktion ums Leben gekommen war und die Neurochirurgin seitdem alleine für den gemeinsamen Sohn sorgen musste.
Eigentlich war Lea, wie sie es sich manchmal einredete, inzwischen endlich drüber hinweg, dass ihr geliebter Jenne tot war. Besonders die Schwangerschaft mit dem kleinen Mädchen in ihrem Bauch lenkte sie von der Trauer um Jenne ab.
Doch just in diesem Moment, als Tim dieses Bild seiner Mutter zeigte und er auf die Wolke deutete, auf die er ein Strichmännchen ohne Gesicht gezeichnet hatte, tropften ihr die Tränen aus den Augen.
Er fehlte ihr wirklich, dieser zum Teil ziemlich verrückte, aber vor allem auch liebenswerte und selbstbewusste Jenne, den sie genauso verloren wie auch kennen gelernt hatte.
„Darf Lina mit?", holte Tim seine nachdenklich auf das Bild starrende Mutter sogleich ins Hier und Jetzt zurück und stand plötzlich, als die Neurochirurgin wieder nach oben blickte, nicht mehr alleine vor Lea, sondern hielt die Hand seiner dreieinhalbjährigen Freundin Lina fest in seiner Hand.
Lina war die kleine Tochter des Kollegen Karsten Glutmann; mit ihr spielte der kleine Tim regelmäßig, wenn die Beiden im Kindergarten aufeinander trafen.
„Ich weiß es nicht, Tim. Da muss ich erst mit dem Papi von Lina reden, ob wir beide Deine kleine Freundin mit nach Hause nehmen dürfen. Sonst bekommen wir vielleicht Ärger von Linas Papa. … Ganz so einfach geht das nicht, mein kleiner Schatz.", merkte die Neurochirurgin an und lächelte, als sie sah, wie Tim mit seiner Freundin spielte.
Schon mit vier Jahren, kurz nachdem er die zuerst sehr schüchterne und verunsicherte Lina an ihrem ersten Tag im Kindergarten kennen gelernt und mit dem Mädchen Freundschaft geschlossen hatte, hatte der kleine Mann seiner Mutter beim Abholen am Nachmittag stolz verkündet, das Mädchen schon am nächsten Tag im Kindergarten heiraten zu wollen.
Auf Lina hatte es allerdings nicht nur Tim abgesehen, sondern auch ein ebenfalls vier Jahre alter Junge namens Sepp.
Der Junge kannte die kleine Lina schon eine ganze Weile länger, als Tim; schließlich wohnten seine Eltern und der Vater von Lina in einem Haus und immer öfter durfte Lina mit Sepps Eltern nach Hause kommen, wenn ihr Vater wieder einmal länger im OP stand, als vorgesehen.
Plötzlich kam auf die beiden Kindergartenkinder auch schon der Todfeind von Tim zu – Sepp, der wie Tim ebenfalls in die kleine Lina verliebt war, versuchte, das Mädchen wieder einmal von Tim wegzulocken.
Um das Mädchen stritten sich die beiden Kinder in einer gewissen Regelmäßigkeit und auch heute hatte es im Laufe des Kindergartentages wieder Reibereien zwischen Tim und Sepp gegeben, was Lea an Tims Reaktion auf die Annäherung des Jungen erkannte.
„Du bist meine Freundin!", fuhr der Vierjährige die kleine Lina an, als sie von Sepp mit dem Puppenwagen zu sich gelockt wurde. „Sepp ist böse, Lina. Der will Dich nur hauen… Mamiii, Sepp ist ganz doof. Der nimmt Lina weg! Lina ist meine Freundin, MAMAA! MAMAAA! LINA IST MEINE FREUNDIN!"
„Lina mag Dich bestimmt sehr, mein kleiner Schatz. Aber vielleicht will sie ja heute auch einfach einmal mit dem Sepp zusammen spielen. … Pass auf, mein Großer. Ich frage jetzt einmal kurz den Papa von Lina, ob wir die Kleine heute vielleicht mit nach Hause nehmen dürfen und sie bei uns zu Hause übernachten darf. Und wenn er ja sagt, dann kannst Du heute Abend nach dem Abendessen noch ein paar Minuten mit Lina spielen. Aber ich kann Dir leider nichts versprechen, mein Schatz.", schlug Lea ihrem Sohn vor und nahm ihr Handy aus der Handtasche.
„Herr Kollege. Lea Peters hier… Es geht um Ihre kleine Tochter… um Ihre kleine Lina.“, eröffnete Lea das Telefonat mit dem Vater von Tims Freundin. „Nein, mit Lina ist selbstverständlich alles in Ordnung; ihr geht es gut. Sie hat bis vor ein paar Minuten mit Tim gespielt. Ansonsten hätte die Kita bestimmt bei Ihnen schon angerufen. … Ich wollte Tim jetzt aus der Kita abholen, aber mein Sohn würde gerne noch ein bisschen mit Lina zusammen sein. Und deswegen hat er mich gefragt, ob Lina heute bei uns übernachten darf. … Das ist ja super. Danke, Herr Kollege. Dann wird sich Tim bestimmt sehr freuen. … Ja, danke. Ich sage Lina Bescheid. … Einen schönen Dienst noch. Bis morgen.“
Mit einem freundlichen Lächeln beendete Lea das Telefonat mit Linas Vater und wandte sich dann wieder an ihren Sohn, dem sie sagte: „Der Papa von Lina hat nichts dagegen, wenn sie heute Nacht bei uns beiden übernachtet. Er muss noch in der Klinik bleiben. … Aber ich sage Dir jetzt schon, mein Großer. Lange kannst Du zu Hause auch nicht mehr mit der Lina spielen. Wir fahren jetzt zusammen nach Hause, dann gibt es für euch beide lecker Abendbrot und nach dem Sandmann geht es ins Bett.“
„Nein… Ich will noch nicht ins Bett.“, wehrte sich Tim allerdings sofort gegen den Plan seiner Mutter und schüttelte den Kopf, was Lea mit einem strengen Blick tadelte.
„Tim… Du machst zu Hause bitte kein Theater, wenn ich Dich und Deine Freundin ins Bett bringe… Deine kleine Schwester in meinem Bauch und ich sind schon müde. Es war ein sehr sehr anstrengender Tag für mich."
„Frau Doktor Peters… Ich würde, bevor Sie mit Ihrem kleinen Tim und seiner Freundin zusammen nach Hause fahren, gerne noch einmal kurz unter vier Augen mit Ihnen sprechen wollen. … Es geht um Tim; mir ist da etwas aufgefallen, was ich Ihnen auf jeden Fall sagen muss.", wandte sich plötzlich die Erzieherin an die erfahrene Neurochirurgin und Lea schickte ihren kleinen Sohn und dessen Freundin schon einmal in die Garderobe, damit sich die beiden Kinder für die Abfahrt nach Hause vorbereiten konnten. „Ziehst Du Dir draußen im Flur bitte schon einmal die Schuhe an, mein Schatz. Ich komme dann gleich… Frau Finsterwald will noch mit mir reden."