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L'histoire d'un elfe, c'est...

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Freundschaft / P16 / MaleSlash
Anthony Goldstein Harry Potter Hermine Granger Luna Lovegood OC (Own Character) Remus "Moony" Lupin
29.07.2022
27.03.2023
30
257.011
26
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Dieses Kapitel
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10.08.2022 7.425
 
Die ersten Tage im neuen Zuhause waren sowohl für Harry als auch für Remus ein großer Segen. Beide schienen sich für den Anfang gut zu verstehen und Harry hatte das Gefühl, dass Remus sich wirklich sehr darum bemühte, ihm ein gutes Vorbild und ein guter Pate zu sein, Wert darauf lag viel Zeit mit ihm zu verbringen, ohne ihm seinen Freiraum zu nehmen und ihm alles das beizubringen und zu erklären, was er wissen musste, um sich in der magischen Welt zurechtfinden zu können. Harry genoss die Zeit sehr, es war für ihn etwas Besonderes, allein aus dem Grund heraus, dass der Werwolf sich aktiv für ihn entschieden hatte – er hätte ja auch nein sagen und Harry in einem Waisenhaus unterbringen können; gedanklich hatte er schon unzählige Szenarien durchgespielt, was in manchen Momenten dazu führte, wenn er zu lange in den Gedanken schwamm, dass die große Traurigkeit wieder anklopfte. Er hatte sich jedoch dazu entschieden, die gemeinsame Zeit zu genießen und die schlechten Gedanken beiseitezuschieben. Harry hatte trotz der Arbeit, die sie erledigten, Spaß – was er bei den Dursleys alleine machen musste, das machte Remus mit ihm gemeinsam, egal ob es ums Kochen, Putzen, Gartenarbeit oder andere Kleinigkeiten ging. Und wenn etwas nicht klappte, wurde er nicht bestraft. Das waren für ihn kleine, aber glückliche und besondere Momente.

Nachdem sie im neuen Haus alles Grundlegende erledigt hatten, gingen sie zu den spezielleren Aufgaben über. Das Zaubertranklabor wurde tiefengereinigt und hergerichtet, das Gästezimmer eingerichtet und die Vorratskammern aufgefüllt. Als sie das erledigt hatten, widmeten sie sich ihrem Garten, der beide mit Freude erfüllte, aber eine anstrenge Angelegenheit darstellte. Diesen wieder auf Vordermann zu bringen erforderte nicht nur Zeit, sondern auch ein gewisser Umgang auf teilweise unbekanntem Terrain.

Was zunächst an der Vorderseite des Hauses bei all den Wildblumen, den prächtigen Rosen und kleinen Sträuchern einen Anblick wilder Romantik bot, konnte nach einigen Schnitt-, und Ausputzarbeiten wieder weitestgehend in Ordnung gebracht werden – so richtig ordentlich war es nicht, aber der Charme machte es, in Harry Augen, definitiv wieder weg. Es hatte etwas Märchenhaftes. Die Rückseite des Hauses stellte eine größere Herausforderung dar, da sie teilweise noch nicht alles in Ordnung bringen konnten, denn würden sie beispielsweise die Weinreben über der Terrasse jetzt in Form schneiden, wäre ein Großteil ihrer Ernte verloren und Harry hatte schon herausgefunden, dass Remus versuchte, das Geld zu sparen, wo es nur ging und Obst war nicht billig, das wusste Harry. Also arrangierten sie sich mit der wilden Romantik ihres Zuhauses. Doch, bevor sie sich weiter ihren Aufräumarbeiten im Hintergarten widmeten, pflanzten beide in feierlicher Stimmung über ihren Einzug die Eberesche an einen passenden Fleck neben dem Haus, sodass diese im Laufe der nächsten Monate und Jahre genug Platz zum Wachsen haben würde. Harry war erstaunt, als er sah, wie sich Edd über den noch kleinen Ebereschenstrauch mit vielen Lauten gefreut hatte und ambitioniert darin rumgehangelt war, weshalb er sich eines der Bücher in der Bibliothek schnappte und herausfand, dass diese Eberesche wohl eine magische Eberesche sein musste und daher in vielen Jahren als Zauberstabholz nutzbar sein könnte. Harry freute sich umso mehr über das besondere Geschenk von den Lovegoods. Er machte sich gedanklich eine Notiz, dass er Luna definitiv noch einen Brief schreiben würde. Was Harry ebenfalls erfreute, war, dass die Salbe, die Remus ins Bad gestellt hatte, tatsächlich dafür sorgte, dass seine blauen Flecken und Prellungen nach einigen Tagen nun weitestgehend zur Gänze abgeheilt waren, lediglich die Narben waren zu alt, als dass sie geheilt hätten werden können. Aber damit konnte er leben.

Harry und Remus nahmen sich zunächst das große Gewächshaus vor, in dem unzählige Tontöpfe, kleine Werkzeuge, Rankhilfen, vertrocknete Pflanzen und die ein oder andere zerbrochene Scheibe repariert, geputzt und aufgeräumt wurde, sowie die Erde in den Beeten umgegraben, aufgefrischt und mit dem Rechen wieder zurechtgezogen werden musste. Allein das Gewächshaus füllte zwei Tage mit harter Arbeit, denn von außen wirkte es nur halb so groß, wie es innen tatsächlich war – Harry vermutete einen Ausdehnungszauber, denn alles andere würde in seinen Augen keinen Sinn ergeben.

Die darauffolgenden drei Tage widmeten sie sich dem Kräuter-, und Küchengarten, da diese die meiste Arbeit beanspruchen würden, bei der immensen Größe der Beete. Harry war, sehr zu Remus‘ Freude und Erleichterung wegen dessen nicht wirklich grünen Daumens, Feuer und Flamme eine Bestandsaufnahme der Pflanzen mit den Büchern und Gartentagebüchern, die sie in der Bibliothek beim Einräumen entdeckt hatten, zu machen, um herauszufinden, welche Pflanzen auf ihrem Grundstück wuchsen und wie sie gepflegt werden mussten. Allerdings stellte sich heraus, dass es teilweise ein Ausmaß an Pflanzen, Fachbegriffen und Informationen war, das Harry so ohne Weiteres nicht so richtig starten konnte. Die Erkenntnis, dass magische Pflanzen definitiv anders waren als alles, was er bisher kannte, forderte ein wenig mehr Forschung von ihm, als er es vermutet hatte. Aber der Garten würde nicht wegrennen, er konnte hier leben und ob der Garten nun ein wenig wilder war oder nicht – wen interessierte das? Er war nicht mehr im Privet Drive 4, wo jeder Garten dem Nächsten glich und Mrs. Figgs Garten in den Augen der anderen Anwohner ein großer Schandfleck war.

Remus hatte Harry vorgewarnt, dass einige der im Garten wachsenden Pflanzen durchaus aggressiv oder unangenehm sein könnten, wenn er wild drauf losarbeiten würde, aber das hatte den Jungen in seinem Enthusiasmus wenig gestört – mit dem Ergebnis von zwei kleinen Schnittwunden am Handrücken und einem unangenehm riechenden roten Brei im Gesicht, als er den Strauch einer Sibirischen Blutbeere falsch angefasst hat und die roten Beeren zerdrückte, woraufhin diese mit ihren tentakelartigen Blättern nach ihm schlug und seine Hand malträtierte.

Harry sah mit einem verdutzten, durch den Geruch vor Ekel verzogenen, Blick zu Remus, der gerade die einfachen Kräuterbeete säuberte und auf Vordermann brachte. Nach Harrys leicht verzweifelten „Remus?“, blickte dieser auf und brach in schallendes Gelächter aus, was Harry ebenfalls zum Lachen brachte, was zur Folge hatte, dass ein wenig des roten Breis in seinen Mund tropfte und Harry zum Würgen brachte. Die Mischung aus Würgereiz und Lachen ließ Remus noch lauter lachen, jedoch brachte er Harry einen Eimer Wasser und einen Lappen, sodass dieser sich abwaschen konnte. Harry nahm sich einen Stift und das Gartentagebuch seiner Großmutter, in der genau diese Pflanze beschrieben war, und las es noch einmal durch. Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn und meckerte in seinen nicht vorhandenen Bart hinein,  als er einen kleinen Pfeil mit einem Hinweis darauf sah, dass diese Pflanze generell nur nachts geschnitten werden sollte und ihre verwertbaren Teile, wie Blätter und Früchte, ebenfalls nicht am helllichten Tage geerntet werden sollten, da sie sonst zu aggressiven Schutzmechanismen neigte. Um ähnliche Desaster zu vermeiden, nahm sich Harry an diesem Abend vor, die nächsten Tage jeweils ein bis zwei Pflanzen aus dem Garten zu identifizieren und mit den Büchern und Schriften seiner Großeltern zu studieren – sein Elan war gepackt, denn auch wenn er in der magischen Welt ein Neuling war, die Liebe zu und die Arbeit mit den Pflanzen hatten ihn die letzten Jahre seelisch über Wasser gehalten.

Remus hatte die Arbeit an den Kräuterbeeten beendet und setzte sich müde in den Schatten einer alten Linde, nahe des Nutzgartens, während er zusah, wie Harry weiterhin in einem der anderen Beete angefangen hatte aufzuräumen. Er hatte den Eindruck, dass die gemeinsame Arbeit im Haus und im Garten dem Jungen gut tat. Die Arbeit war ein gutes Mittel, um sich kennenzulernen und beide konnten zusammen arbeiten, aber mussten nicht zwangsweise miteinander reden, doch die Gewissheit, dass er nicht alleine war, schien dem Jungen gut zu tun. Harry zeigte sich arbeitswillig und wissbegierig, jedes Detail über die magische Welt schien er in sich aufzunehmen wie ein Schwamm und zu verarbeiten. Es machte den Werwolf ziemlich zufrieden und es erfreute ihn sehr, dass er in den vergangenen Tagen beobachten konnte, wie sich Harry peu à peu entspannte und mehr lachte, teilweise auch richtig viel lachte. In diesen Momenten wirkte der Junge wie ein ganz normales, unbeschwertes Kind. In anderen Momenten merkte er, wie Harry kleine Momente der Schwermütigkeit hatte und sich Unsicherheiten bemerkbar machten, die zeigten, wie er die letzten zehn Jahre behandelt wurde.

Als Harry am Tag zuvor beim Abwasch eine große Salatschüssel aus Porzellan auf den Boden fallen gelassen hatte, weil sie ihm durch die nassen Finger gerutscht war, wurde er kreidebleich und seine Hände begannen zu zittern. Harry sah nicht zu Remus hoch und atmete schwer, als er von ihm in eine Umarmung gezogen wurde. Nach ein paar Minuten hatte Harry sich beruhigt und mit einem kleinen „Reparo“ setzten sich die Scherben wieder zu einer intakten Schüssel zusammen. Wortlos hatte Harry genickt, Remus angesehen und sich leise bedankt – und ohne das Ganze weiter zu kommentieren hatten beide den Abwasch fortgeführt. Das war ebenfalls eines der Dinge, die Remus festgestellt hatte – man musste nicht viel mit Harry reden, es reichten wenige Worte und kleine Aufmerksamkeiten, wie eine Hand auf die Schulter zu legen, die Harry sichtlich gut taten. Der Werwolf war sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Harry seinen Mut fand und selbstsicherer wurde. Auch für ihn waren es in manchen Situationen mehr Probehandeln als Wissen, er hatte ja selbst bisher keine Kinder gehabt. Aber das war es ihm wert, denn für ihn war es nicht nur eine Bereicherung, sondern er empfand es auch als selbstverständliche Pflicht gegenüber Lily und James, die sich in vielen Situationen für ihn eingesetzt hatten und ihm zur Seite standen; vor allem Lily.

Remus war auch ohne Ankündigung dazu übergegangen im Haus seine Zaubersprüche laut auszusprechen, sodass Harry diese passiv mitlernen würde – was dieser von sich aus auch begonnen hatte, denn er führte stets ein kleines Notizbuch und einen Stift mit sich, um Remus‘ Zaubersprüche zu notieren und zu wiederholen. Auch wenn er wusste, dass er seinen Zauberstab noch nicht benutzen durfte, trug Harry ihn im Haus ständig mit sich herum, spielte ein wenig damit, oder sah ihn sich einfach gerne an. Das helle Holz, die feinen geschnitzten, kaum merklichen sich überlappenden Blattmuster im Bereich des Griffes und Ollivanders Worte zu der besonderen und ungewöhnlichen Kombination von Holz und Kern. Das begeisterte ihn und er wollte unbedingt mehr darüber wissen, auch wenn es vielleicht noch nicht die richtige Zeit dafür war – zuerst einmal musste er Magie anwenden können, dessen war er sich bewusst.

Es war ein sonniger früher Nachmittag, als Remus mit Harry einen Spaziergang über die ausgedehnten Obstwiesen machen wollte, um Obst für Kuchen zu pflücken. Nachdem Harry noch schnell einen Korb geholt hatte, gingen sie los und kletterten über die Steinmauer am Ende des Gartens, an der sich unzählige Beerensträucher entlang reihten. Die beiden waren begeistert, wie viele unterschiedliche Apfel-, und Birnbäume auf den Wiesen standen, begleitet von unzähligen Zwetschgen-, Kirsch-, und Mirabellenbäume, vereinzelten Quitten, Aprikosen und Pflaumen. Harry und Remus wanderten zwischen den Obstbäumen weiter in Richtung des großen Waldes, als Edd sich auf Harrys Schulter bemerkbar machte und Harry anhalten ließ. Er stand vor einem großen Apfelbaum und sah ihn sich genauer an.

„Ich weiß nicht, was du meinst, aber die Äpfel sind noch grün, Edd.“, sagte Harry und streckte die Hand nach einem Apfel aus, als einer der Zweige nach ihm schlug und am Finger kratzte. Der Schwarzhaarige zischte kurz auf und zog die Hand zurück. Er sah sich den Baum genauer an und sah, wie mehrere Bowtruckles am Stamm entlang kletterten und ihn ansahen. Da Harry weder Holzläuse, noch Feeneier dabei hatte, ging er einen Schritt zurück und machte sich gedanklich die Notiz, dass er diesen Baum wieder finden würde. Dieses Spiel wiederholte sich mehrfach, wenn Edd sich an einem Baum bemerkbar machte und Harry beim Nachschauen Bowtruckles in den Bäumen entdeckte. Am Ende hatten sie zwei Apfelbäume, einen Birnbaum, einen großen Haselnussstrauch und einen Weißdorn entdeckt, die von Bowtruckles bewohnt waren. Harry war sich sicher, dass im Wald noch mehr Bäume zu finden waren. Sie entschieden sich dazu, verschiedene Kirschen und Zwetschgen zu pflücken, um sowohl den geplanten Kuchen zu backen als auch Marmelade für den Winter zu kochen – Harry und Remus hatten beide eine Vorliebe für Kirschen in jeglicher Form. Mit einem Schwung seines Zauberstabes vergrößerte er den geflochtenen Korb und begann mit einem weiteren Schlenker des Zauberstabes kiloweise Kirschen und die ersten reifen Zwetschgen vom Baum fein säuberlich in den Korb schweben zu lassen. Harry war begeistert.

Als die beiden mit hinter ihnen herschwebenden Körben voller Obst wieder vom kleinen Spaziergang zurückkehrten, begannen sie in schweigendem Beisammensein die Kirschen zu entkernen, den Teig vorzubereiten, während neben ihnen ein Großteil der Zwetschgen und Kirschen wie von Zauberhand gewaschen und entkernt wurde. Als der Teig geknetet war zeigte Remus Harry wie man ohne Magie ein Feuer machte und begann die Zwetschgen für die erste Ladung Marmelade vorzubereiten. Was Harry nicht wusste war die Tatsache, dass Remus die letzten beiden Abende, als der Junge bereits im Bett war, Besuch von einer Mutter bekommen hatte, sodass diese ihm ein paar der Zaubersprüche zeigen konnte, mit denen er nun arbeitete und sie gemeinsam einen guten Vorrat anlegen konnten. Während beide ihrer Arbeit nachgingen, sah Remus, dass dem Jungen etwas auf der Zunge brannte, er es jedoch nicht aussprach.

„Harry, was willst du fragen?“ Remus ließ die Frage beiläufig und neutral klingen, während er Holz nachlegte und die Zwetschgen mit dem Zucker und etwas Zitronensaft in einen großen Kupferkessel füllte. Er drehte sich um und sah den Jungen fragend an. Harry schluckte und legte die entsteinte Kirsche in die Schale zu den anderen – nicht, dass der Vorgang nebenher auch durch Magie mitlief, aber Harry wollte sich auch nützlich machen.

„Wie… wie waren meine Eltern?“, fragte er und nahm sich ein paar weitere Kirschen aus der Schale, um sie zu entsteinen. Remus lächelte, drehte sich um, um weiterzuarbeiten und begann zu erzählen.

„Dein Vater James war im Großen und Ganzen ein guter Freund, einer meiner besten Freunde. Er hat mir stets den Rücken gedeckt und war für mich da, wenn ich ihn gebraucht habe. Als Kind und in seiner Jugend war er ein bisschen…, nun ja - sagen wir es so, deine Großeltern waren schon etwas älter, als James zur Welt kam, entsprechend verwöhnt und verhätschelt haben sie ihn und das Ergebnis war, dass er am Anfang häufig ziemlich überheblich und arrogant aufgetreten ist, den ein oder anderen Mitschüler ordentlich gepiesackt hat und immer einen Streich auf Lager hatte. Das hatte sich am Ende des fünften Schuljahres geändert, als er merkte, dass seine Streiche und Überheblichkeit bei dem einen Mädchen, für das er jahrelang Gefühle hatte, keinen Eindruck machten.“

„Meinst du bei meiner Mutter?“

„Ja. Lily hatte schon immer einen großen Sinn für Gerechtigkeit und hat das auch konsequent durchgesetzt. Sie hielt nichts von Rivalitäten zwischen den Häusern, jugendlichen Fehden oder der Dominanz des einen Blutstatus gegenüber dem anderen. Sie hatte ein sehr großes Herz und war eine meiner liebsten und besten Freunde. Auch wenn ich mit James von Anfang an befreundet war, Lily hatte einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen, sie war für mich da, als ich am Dringendsten Hilfe gebraucht habe und sie war wohl die, die mich am besten von meinen Freunden kannte. Und, man muss wirklich sagen, sie war eine der begabtesten Hexen, die ich kennenlernen durfte. Sie hat wirklich mit der größten Anmut und unglaublichem Wissen gezaubert.“

„Das ist schön, solche Freunde zu haben.“, sagte Harry und aß ein paar Kirschen. „Aber…wie meinst du das mit Rivalitäten zwischen den Häusern?“

„Nun, in Hogwarts gibt es ja, wie ich dir erklärt habe, vier Häuser. Hufflepuff und Ravenclaw sind weitestgehend neutral, auch wenn viele Ravenclaws sehr wetteifernd und mit Vorurteilen behaftet sein können, sie beteiligen sich nicht wirklich an den Rivalitäten, aber Gryffindor und Slytherin führen eine, so scheint es, seit Jahrhunderten anhaltende Rivalität; teilweise so sehr, als wären sie wahre Erzfeinde. Aber das ist ein wenig dumm, wie ich finde, wenn man bedenkt, dass kein Haus wirklich besser ist als das andere.“

„In welchen Häusern waren meine Eltern? Und wie hat meine Mutter es geschafft, dass James sich veränderte?“, fragte Harry nach und brachte einen Teil der vorbereiteten Kirschen zu Remus, der den ausgerollten Teig in die Form legte und Harry die Kirschen in die Form füllte und verteilte. Während er mit Eiern, Zucker und dickem Rahm einen Guss zubereitete, fuhr er mit seiner Erzählung fort. „Deine Eltern und ich, wir waren alle in Gryffindor. Irgendwann hat bei James auch mal der erwachsenere Verstand eingesetzt –“, Remus lachte bei dem Gedanken ein wenig und goss die Masse über die Kirschen, schob die Form in den Ofen und sah auf die Uhr. „ – und er hat gesehen, dass je mehr Streiche er spielte, je mehr er seine Mitschüler ärgerte, desto enttäuschter hatte Lily ihn angesehen und wurde ablehnender ihm gegenüber. Das hat stark an seinem Ego genagt, aber er hat auch erkannt, dass er zwischendurch ganz schönen Mist gebaut hat. Weißt du, es ist nicht so, dass dein Vater nicht anders konnte, er hatte ebenfalls ein großes Herz und hat sich immer für seine Freunde und Familie eingesetzt, aber ein verwöhntes Kind muss sich die verwöhnten Gewohnheiten manchmal auch ein wenig abtrainieren. Das war der Lernprozess, den Lily ins Rollen gebracht hat und sie hat seine besten Seiten Stück für Stück herausgekitzelt.“

„Von deinen Erzählungen hört sich meine Mutter wirklich an, wie eine tolle Frau.“, sagte Harry und rieb sich mit dem Handrücken über die Nase. Remus hörte den stillen Vorwurf an seinen Vater in Harrys Satz und Stimme und seufzte leise. Er konnte verstehen, was Harry meinte – auch wenn er es nicht aussprach.

„Das war sie. Aber auch dein Vater hatte seine guten Seiten. Niemand ist schwarz oder weiß, vergiss das bitte nicht. Sonst wäre er nicht einer meiner besten Freunde gewesen.“, sagte Remus und ließ die Zwetschgen aufkochen.

„Okay.“, antwortete Harry und klaute sich eine Zwetschge aus dem Kessel. „Mhh. Lecker.“

„Zimt?“

„Oh, ja!“, sagte Harry und gab Remus das Glas aus dem Schrank. Dieser nickte und teilte die Zwetschgen auf zwei Kessel auf und würzte einen davon mit reichlich Zimt. „Und was konnte mein Vater gut? Du hast gesagt, meine Mutter war eine begabte Hexe, was hat er gemacht?“

„Dein Vater hatte ein großes Talent für Verwandlung, das war sein Lieblingsfach während der Schulzeit. Und er liebte Quidditch.“

„Was ist Quidditch?“, fragte Harry und begann nebenher mit dem Abwasch.

„Das ist ein Spiel mit verschiedenen Bällen, das man auf fliegenden Besen spielt.“, antwortete der Werwolf und begann Harry das Grundlegendste über Quidditch zu erklären. Harry hörte gespannt zu. Remus begann nebenher die Zwetschgen zu passieren, kochte noch einmal alles auf und begann mit Harry die Marmelade abzufüllen, zu verschrauben und zu beschriften, bevor sie den Vorgang mit den Kirschen wiederholten. Harry staunte, als der ganze Küchentisch voller Marmeladengläser stand und sah zu Remus hoch, der sehr zufrieden auf das Ergebnis blickte.

„Gute Teamarbeit, hm?“, meinte er und klopfte Harry auf die Schulter. Dieser stimmte ihm lächelnd zu und machte mit Remus den Abwasch fertig. Mit einem Schwung seines Zauberstabes beförderte Remus die Gläser allesamt in die Vorratskammer, wo sie sich fein säuberlich in einem der Regale aufreihten. Gemeinsam bereiteten sie noch ein kleines Abendessen vor, welches sie in der Abendsonne auf der Terrasse aßen. Zwischendurch flog Hedwig zu Harry, um sich mit ein paar Stücken Fleisch und einer kleinen Streicheleinheit verwöhnen zu lassen. Zum Abschluss genossen beide noch ein Stück ihres Kirschkuchens und genossen noch ein wenig von der untergehenden Abendsonne. Nach dem Abendessen übernahm Remus den Abwasch und Harry zog sich zurück in die Bibliothek, um zu lesen.

Harry war eigentlich immer gerne in die Schule gegangen, das Lernen selbst hatte ihm immer Spaß gemacht – was teilweise gelernt wurde, hatte er zwar hin und wieder in Frage gestellt, aber Lesen, Lernen und Forschen hatte ihm immer Freude bereitet. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Dudley herausgefunden hatte, dass Harry in der Schule besser war als er. Neben Dudleys Wutausbrüchen, bei denen er als Stoßdämpfer herhalten musste, gab es zusätzlich eine eindringliche Belehrung durch Vernon und Petunia, dass er sich gefälligst zusammenreißen und aufhören sollte, mit seinen „Freakspielchen“ und „abnormalen Methoden“ zu schummeln und sich bessere Noten zu ergaunern. Also hielt sich Harry fortan zurück und stellte sich schlechter als er war – beantwortete Fragen falsch, wenn er aufgerufen wurde, gab seine Aufgaben nicht vollständig ab und hielt sich bedeckt. Den Lehrern war das natürlich aufgefallen, sie sprachen ihn und Petunia häufiger darauf an, doch Petunia hatte stets die passenden Aussagen parat, sei es der Elternverlust, Konzentrationsprobleme oder schlichtweg oppositionelles Verhalten und Rebellion. Die Lehrer schienen ihr zu glauben, denn sie hatten Harry ab diesem Zeitpunkt kaum mehr Beachtung geschenkt, fragten ihn häufiger nur das Nötigste und gaben ihm nur mit einem Kopfschütteln die Tests zurück. Harry hätte innerlich schreien können, er kam zwischenzeitlich an den Punkt, dass es ihn körperlich belastete, dass er sich so schlecht machen musste. Er wusste, dass er etwas auf dem Kasten hatte und er war sich sicher, dass er jetzt von null anfangen könnte. In Hogwarts kannte ihn niemand – zumindest nicht, wie er wirklich war, niemand hatte eine Vorstellung, wer er war und was er konnte. Klar, er konnte offensichtlich den gefürchtetsten Zaubrer der letzten dreißig Jahre zu Fall bringen, aber das schien auch mehr ein Unfall als Können gewesen zu sein. Und wenn, dann hatte es eigentlich seine Mutter geschafft, Voldemort zu Fall zu bringen und dafür hatte er ungerechterweise den Lorbeerkranz aufgesetzt bekommen. Er hatte viel mit Remus über das Thema Voldemort und seinen Status in der britischen Zaubererwelt gesprochen und war zur Erkenntnis gekommen, dass die Gesellschaft lediglich Wunschbilder verbreitete. Harry war sich sicher, dass er in Hogwarts Spaß haben würde – Spaß am Lernen, Spaß am Forschen und Spaß am Experimentieren. Und das würde er sich nicht nehmen lassen, egal was kommen würde. Remus hatte ihm in den letzten Tagen gezeigt, dass das Leben anders verlaufen kann und Mr. Lovegood hatte ihm etwas augenscheinlich Simples, aber doch Essenzielles mitgegeben: die Erkenntnis, dass es wirklich nie zu früh sein konnte, die Rätsel des Lebens lüften zu wollen.

Harry legte seine Bücher zur Seite, nachdem er mit seinem Studium der Sibirischen Blutbeere und Eberesche fertig war und lief an den Regalen der Bibliothek entlang. Beim Ordnen und Sortieren der Bücher seiner Großeltern waren im einige Bücher aufgefallen, die sein Interesse geweckt hatten – aus dem einfachen Grund heraus, dass es veröffentlichte, und teilweise noch handgeschriebene, unveröffentlichte, Bücher seiner Großeltern waren. Beim Durchsehen alter Verträge und Dokumente hatte Remus herausgefunden, dass seine Großmutter Eloanne Greenwood eine geborene Beauchamp war und aus einer alten, französischen Reinblutfamilie stammte, die in Paris ansässig gewesen war. Als Remus ihm den Namen nannte, wusste er, dass er den Namen definitiv auf einigen Büchern gelesen hatte. Harry fuhr mit den Händen die Regalreihen entlang und stoß ein zufriedenes „Ha!“ aus, als er die zum Schreibtisch trug.

„Beauchamp, Eloanne – Einführung in die Alchemie,… Beauchamp, Eloanne – Mondzyklen und ihre Auswirkung auf Pflanzen und Zaubertränke,… Beauchamp, Eloanne – Alchemistische Prozesse in der Zaubertrankherstellung. Eine Einführung,… für Fortgeschrittene,… für Professionelle. Spannend.“, murmelte Harry und legte ein Buch nach dem anderen zur Seite. Als er weiterlas, runzelte er die Stirn. „Beauchamp, Eloanne & Flamel, Nicolas – Metalle, Planeten und ihre Wechselwirkung. Und noch weitere…Alchemie im Wandel der Zeit. Hm. Flamel,… davon hatten wir auch Bücher.“, murmelte er weiter vor sich hin und fuhr die Buchrücken entlang.

„Flamel, Nicolas – Le traité au sujet de l’alchimie. Leider kann ich kein Französisch. Aber…hm. Und hier… Flamel – La philosophie et l’alchimie – une relation corrélative. Aha. Aha… Flamel, Nicolas – Philosophie und Alchemie – eine sich gegenseitig bedingende Beziehung. Übersetzt und kommentiert von Eloanne Beauchamp. Flamel, Nicolas – Traktat über die Alchemie. Übersetzt und kommentiert von Eloanne Beauchamp. Alchemie. Das ist bestimmt interessant.“ Harry murmelte weiter vor sich hin und sortierte sämtliche Bücher wieder ordentlich zurück, nachdem er bei einem kurzen Durchblättern der Bücher merkte, dass er wirklich gar nichts verstand und erst bei den absoluten Grundlagen beginnen müsste, um auch nur Ansätze verstehen zu können. Er ging die Reihen weiter und entdeckte den Familiennamen seiner Mutter auf mehreren  aufeinander aufbauenden Büchern. „Greenwood, Celyn – Zaubertränke für Anfänger, – für Fortgeschrittene, – für Meister, – für Heilberufe. Spannend.“, sprach Harry leise vor sich her und sah weitere Buchtitel wie „Gifte und Gegengifte“, „Heilen mit Zaubertränken“ und mehrere, lediglich mit „Greenwood, Celyn – Arbeitstitel“ versehene Notizbücher mit Ausführungen und Rezepten zu Pflanzen und Zaubertränken jeglicher Art, unveröffentlichte Erfindungen und weiteren Ideen und Überlegungen. Harry wusste zwar, dass er für Hogwarts ein Zaubertrankbuch für Anfänger in seinem Zimmer liegen hatte, aber da dieses Buch wohl von seinem Großvater stammte, welcher, laut Remus‘ Aussage, ein europaweit renommierter Zaubertrankmeister war, wollte er wissen, wie dieser das Thema Zaubertränke darstellte. Vom emotionalen und familiären Wert abgesehen, hatte das Thema sein Interesse gepackt. Und vielleicht konnte er anschließend auch in Hogwarts Vergleiche ziehen, Unterschiede herausarbeiten und schauen, wie sich die Ergebnisse unterschieden. Er war Feuer und Flamme. Zaubern dürfte er die nächsten drei Wochen noch nicht, aber Zutaten in einen Kessel werfen – das war erlaubt. Und so schwer konnte es nicht sein, oder? Harry schmunzelte, klemmte sich die Einführung in Zaubertränke unter den Arm und verräumte die restlichen Bücher wieder. Er setzte sich auf den großen Ohrensessel und las noch ein wenig in den Abend hinein und machte sich nebenher ein paar Notizen, während Remus am Schreibtisch ein paar Kleinigkeiten arbeitete. Er wusste zwar nicht, was Remus generell arbeitete, aber er hatte auch den Eindruck, dass es ein sensibles Thema war, das er jetzt noch nicht ansprechen wollte.



„Remus?“, fragte Harry am nächsten beim Frühstück, während er seinen Grießbrei mit Kirschen und Zwetschgen löffelte.

„Ja?“

„Können wir dieses Flohnetzwerk anschließen?“

„Theoretisch ja, hast du etwas vor?“

„Ich würde Luna gerne einladen und ihr alles zeigen.“, meinte Harry, ging zum Herd und nahm sich noch einmal Nachschlag.

„Das können wir machen. Ich müsste dann lediglich nach London gehen und einen Antrag bei der Flohnetzwerkaufsicht im Zaubereiministerium stellen, je nachdem sollte dann heute oder morgen der Kamin angeschlossen sein.“

„Es gibt ein Zaubereiministerium? Was macht ein Zaubereiministerium?“, fragte Harry ungläubig.

„Natürlich. Dort gibt verschiedene Abteilungen, wie eben bspw. die Abteilung für magische Transportwesen, die aufpassen, dass dort kein Unfug getrieben wird. Eine der Hauptaufgaben liegt jedoch auch darin, dass unsere Welt vor den Muggeln geschützt wird und umgekehrt.“

„Warum muss das alles so geheim gehalten werden?“

„Naja, es hat unzählige Kriege und Zauberer-, und Hexenverfolgungen gegeben, das wollen wir ja nicht noch einmal erleben, oder?“, stellte Remus die Gegenfrage und Harry stimmte ihm nickend zu, während er sich den letzten Löffel seines Grießbreis in den Mund schob. „Das war lecker, danke.“, meinte er anschließend und nahm sein und Remus‘ leeres Geschirr, um es zum Waschbecken zu tragen.

„Wenn ich ins Ministerium gehe, bin ich etwa ein bis zwei Stunden unterwegs, willst du hier bleiben oder mitkommen?“, fragte Remus und nahm Harry das gewaschene Geschirr aus der Hand, um es abzutrocknen.

„Ich möchte noch ein bisschen lesen und lernen, das Ministerium rennt nicht weg.“, meinte Harry. „Könntest du mir eventuell noch ein paar Dinge aus der Apotheke mitbringen?“

„Was brauchst du denn? Und was hast du vor?“, fragte Remus mit hochgezogener Augenbraue.

„Ich habe von meinem Großvater die Zaubertrankbücher durchgesehen und wollte, wenn du mir vielleicht mit dem Feuer und einem eventuell nötigen Zauberspruch helfen würdest, in der Zeit, in der ich hier bin, ein paar Zaubertränke für Anfänger ausprobieren.“, antwortete der Schwarzhaarige und sah Remus mit großen Augen an. Remus lachte und nickte.

„Super!“, rief Harry, rannte in sein Zimmer hoch und brachte Remus die Liste, die er sich notiert hatte. „Manches habe ich schon für die Schule hier, aber das will ich nicht benutzen. Dann können wir das Labor von meinem Großvater einweihen.“, erklärte er, nachdem er die Treppen heruntergehüpft und in die Küche gerannt war.

„In Ordnung. Dann bleibst du hier, passt auf das Haus auf und machst keinen Unfug, während ich weg bin. Und keine Spielereien im Labor ohne Aufsicht, ja?“

„Hab schon verstanden.“, sagte Harry und ging grinsend in die Bibliothek, um sich seinen Pflanzenstudien zu widmen. Er wollte ja schließlich nicht unvorbereitet nach Hogwarts kommen. Als Harry am Schreibtisch in der Bibliothek saß, wurde er kurz von Remus unterbrochen, der sich ein paar Hauspläne aus einer der Schubladen des Schreibtisches holte und sich kurz zu Harry umdrehte. „Brauchst du sonst noch etwas? Wenn du Luna einlädst kannst du ihren Vater auch gerne auf Tee und Kuchen einladen.“

„Nein, nur das, was auf der Liste steht. Okay, mach ich.“, antwortete der Schwarzhaarige und Remus verabschiedete sich. Harry blätterte in dem Zaubertrankbuch seines Großvaters und nahm sich zwei der Pflanzen vor, die er für den einfachen Schlaftrank benötigte. Er schlug verschiedene Kräuterkundebücher auf und begann sich Notizen in einem Notizbuch zu machen, welches er sich allein für seine Pflanzenstudien vorbereitet hatte. Harry war begeistert, über die vielen verschiedenen Informationen über magische Pflanzen, die sich teilweise deutlich von denen der Muggel unterschieden, zumindest was er aus den wenigen Gartenbroschüren entnehmen konnte, die Petunia immer in den Müll geworfen hatte und er sie dann heimlich wieder herausnahm, dass er irgendetwas lesen konnte. Bücher hatte er ja bei den Dursleys keine bekommen, nicht, dass er in der Schule wieder besser wurde als Dudley. Harry seufzte leise bei dieser Erinnerung und sah aus dem Fenster. Er freute sich definitiv auf Hogwarts, aber er hatte auch ein wenig Bedenken, nicht gut genug zu sein. Dort würden so viele Kinder ihre Ausbildung beginnen, die von Anfang an in der magischen Welt gelebt hatten, aber es würden auch einige, wie Remus es ihm erklärt hatte, muggelgeborene Kinder kommen, die noch nichts wussten. Aber er wusste auch, dass er nicht seine gesamten Restferien nur am Schreibtisch verbringen wollen würde, es gab noch so viel zu entdecken. Remus und er hatten bisher nur den Teil des Grundstücks, welcher von der äußeren Steinmauer eingefasst war, bei ihrem Ausflug zu den Obstbäumen erkundet. Die Mauer grenzte an den Wald, welchen er mit Luna unbedingt erkunden wollte. Und er hatte von Weitem auch gesehen, dass auf der anderen Seite des Grundstückes weit hinter der Mauer größere Seen gewesen waren, welche, laut Remus, ebenfalls zu ihren Ländereien gehörten.

Als Harry nach einer Weile zufrieden mit seiner Tagesleistung war, entschied er sich dazu, im Garten nach Hedwig zu schauen. Nach einem kurzen Rundgang durch den Garten und einer kurzen Begrüßung von Edd, der in der Eberesche hing, fand er Hedwig im Kirschbaum sitzen, welche ihm ein fröhlich Schuhen entgegnete, zu ihm herunterflog und sich auf seine Schulter setzte. Sie schmiegte ihren Kopf an Harrys Wange und er streichelte sie fröhlich. Er lief mit ihr ein wenig an der Steinmauer entlang und entdeckte nach einer Weile, nahe des Waldes, wieder das große Hirschrudel, welches friedlich auf den Wiesen graste. Harry war begeistert von den prächtigen Tieren und lief wieder langsam zurück zum Haus.

Der Schwarzhaarige streichelte Hedwig, während er abwesend seinen Gedanken nachhing. Machte er sich zu viele Sorgen, wegen dem Schulbeginn? War er eventuell am Übertreiben in seiner Aufregung und dem Wunsch, sich passend vorzubereiten? Aber es machte ihm ja Spaß, er konnte endlich in Ruhe das tun, was ihm Freude bereitete. In Frieden die Arbeit im Garten verrichten, lesen und Neues lernen. Das musste ja legitim sein – die anderen Kinder in der Schule hatten ja auch immer berichtet, wie sie immer das machten, was ihnen Freude bereitete.

Harry sah hoch zu den vereinzelten kleinen Wolken, die in der Sonne glänzten, als er sich an Erzählungen seiner alten Klassenkameraden. John Edwards hatte immer begeistert berichtet, dass er mit seinem Vater fischen war und Elisabeth Miller hatte immer erzählt, dass sie gerne ins Ballett ging. Die ‚kleine Lisa‘, wie das etwas kurzgeratene Mädchen genannt wurde, war immer Feuer und Flamme, wenn sie ihrem Vater beim Reparieren der Motorräder in seiner Werkstatt helfen durfte und Dudley war immer der Erste, der erzählt hatte, wie er sich über sein neues Spielzeug freute und damit prahlte. Alle Kinder hatten irgendwas, was ihnen Freude bereitete, weil sie es machen konnten und durften, weil es ihnen Spaß machte. Nur Harry hatte das nicht, er musste es heimlich machen – wie Petunias Gartenbroschüren aus dem Müll klauben oder wenn er bei Mrs. Figg eine Doku im Fernsehen anschauen durfte – oder er wurde zu seinen Aufgaben verdonnert und musste mit Ärger rechnen, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen der Dursleys entsprach. Also, kam Harry zur Erkenntnis, war es in Ordnung, dass er sich in den Büchern vergrub, im Garten experimentierte und erste Erfahrungen mit Zaubertränken machen wollte – das waren die Alternativen, die ihm gegeben waren, bevor er seinen Zauberstab benutzen konnte.

Es gibt so viele Rätsel im Leben, man kann nie früh genug anfangen, sie lösen zu wollen, oder?“, hallte Mr. Lovegoods Stimme in Harrys Erinnerung, was ihn in seiner Erkenntnis und Entscheidung nur bestätigte. Remus hatte ihm auch gesagt, dass er es durchaus bemerkens-, und lobenswert fand, dass Harry sich so intensiv mit der für ihn neuen Welt auseinandersetzen wollte, als er den Schwarzhaarigen mit seinem kleinen Notizbüchlein entdeckte, wo er die einzelnen Zaubersprüche, die Remus benutzte, mit dem jeweiligen Zauberspruch und der Zauberstabbewegung aufschrieb. Als Harry dieses Kompliment von dem Werwolf bekommen hatte, wallte in ihm zum ersten Mal so etwas wie ein Gefühl von Stolz auf sich selbst auf, welches jedoch kurz danach wieder verschwand, als ihm eine Salatschüssel auf den Boden gefallen war. Aber Remus hatte ihn weder geschimpft noch in sein Zimmer geschickt. Er war nicht einmal laut geworden. Er hatte gar nichts gesagt, hatte ihn lediglich beruhigt und die Schüssel wieder repariert. Das war, fand Harry, ein schöner Moment, der ihm gezeigt hatte, dass der Werwolf ihn wirklich gern haben musste.

Harry hatte nach den wenigen Tagen, die er mit Remus zusammengelebt hatte, für sich entschieden, dass er seinen Paten wirklich gern hatte – er war ruhig, er machte Witze, lachte viel und das, was er sagte, fühlte ehrlich an. Und er bestrafte ihn nicht, er suchte gemeinsam mit ihm eine Lösung, wenn etwas schief ging. Als er Harry gezeigt hatte, wie man ohne Magie Feuer im Küchenherd entfachte und er das erste Mal auf dem großen Herd kochte, war ihm vor lauter Aufregung das Rührei und der Speck angebrannt, weil er Remus unbedingt beweisen wollte, dass er kochen konnte – er konnte auch kochen, er musste ja einige Küchenarbeiten bei den Dursleys übernehmen, aber der Herd der Dursleys war ganz anders als das Feuer und der Herd aus Gusseisen. Remus hatte ihm nur aufmunternd zugesprochen, ihm erklärt, worauf er beim Kochen am Holzherd aufpassen musste und beim zweiten Anlauf hatte es geklappt – zumindest war der Speck nur ein kleines bisschen dunkler, als er es geplant hatte.

Die Uhr in der Küche schlug zur Mittagsstunde und Remus war noch nicht zurückgekommen, weshalb sich Harry ein Stück vom Kirschkuchen holte, da er ein wenig Hunger bekommen hatte. Nachdem er gegessen hatte, entschied er sich, Luna einen Brief zu schreiben. Er nahm Hedwig mit ins Haus, setzte sie auf die Fensterbank in der Bibliothek und setzte sich an den Schreibtisch. Harry nahm sich Pergament und Feder, tauchte sie in die Tinte und begann zu schreiben.

Liebe Luna,

ich hoffe es geht dir gut und du hast viel Spaß! Remus und ich haben das Haus soweit fertig eingerichtet und sind fleißig im Garten am Aufräumen. Die Eberesche haben wir auch schon gepflanzt und Edd liebt sie! Ich glaube, dass es eine magische Eberesche ist. Remus und ich haben beim Spazieren auf den Obstwiesen einige Bäume mit Bowtruckles entdeckt. Hast du Lust, uns morgen zu besuchen? Dann können wir den Wald entdecken und finden vielleicht noch mehr Bowtruckles. Remus lässt gerade dieses Flohnetzwerk einrichten. Wenn es erledigt ist, können wir ja mal über diese Flammen reden, das ist bestimmt lustig.

Schick‘ Hedwig einfach mit einer Antwort zurück, der Weg sollte nicht so lange sein. Remus meinte, dass ihr gar nicht so weit weg von uns wohnt. Vielleicht können wir uns öfter sehen, wäre doch gut, oder?



Viele Grüße,

Harry



Harry rollte den Brief zusammen, band ihn an Hedwigs Bein und schickte sie los. Als er seiner Eule hinterher sah, wie sie wegflog, sah er durchs Fenster, dass Remus wieder zurückgekommen war und zur Haustür lief. Der Werwolf sah ein wenig genervt aus, fand Harry und rannte zur Haustür, um sie zu öffnen.

„Hey.“, meinte er und sah zu Remus hoch.

„Hey. Warte bitte kurz.“, entgegnete dieser und hing seinen Umgang an die Garderobe, verschwand kurz im Keller und kam wieder hoch.

„Alles ok?“, fragte Harry vorsichtig.

„Ach… Bürokratie – ohne Worte. Man könnte kaum meinen, dass in dieser Abteilung Profis arbeiten.“, meinte Remus und gab Harry einen Schlüssel in die Hand. Dieser nahm den Schlüssel in die Hand und sah Remus fragend an.

„Noch ein Haustürschlüssel als Ersatz.“, entgegnete dieser und Harry nickte. Er legte den Schlüssel in die Schublade der Kommode im Flur und Remus murmelte einen kleinen Zauberspruch, woraufhin die Schublade kurz orange aufleuchtete.

„Hey!“, meinte Harry empört und zog sein Notizbuch aus der Gesäßtasche hervor. „Was hast du gemacht?“

„Die Schublade ist jetzt für Fremde verschlossen. Nur du und ich kommen an den Schlüssel.“, meinte Remus, buchstabierte für Harry den Zauberspruch und zeigte ihm die Bewegung. „Das ist aber einer der etwas komplizierteren Zaubersprüche.“

„Kannst du sowas auch mit meinem Koffer machen?“, fragte Harry neugierig.

„Natürlich, aber die Koffer für Hogwarts haben schon Ausdehnungs-, und Federleichtzauber, das weißt du? Wir können deinen Koffer allerdings vor fremden Händen sichern.“

„Ja!“, meinte der Schwarzhaarige und musste an all die Male denken, in denen Dudley in seinen Sachen herumgewühlt hatte, um zu kontrollieren, dass er auch ja keine schönen Dinge besaß. Sie gingen in Harrys Zimmer und Remus wiederholte den Zauberspruch, legte noch einen weiteren Schutzzauber darauf und Harry schrieb fleißig mit, ließ sich von Remus die Bewegungen aufzeichnen und sah begeistert auf seinen Koffer. „Wenn ich nach Hogwarts gehe, ist es okay, wenn ich einige Bücher aus unserer Bibliothek mitnehme? Ich will… ich will gut sein, weißt du?“

„Nimm das mit, was du brauchst, es sind deine Bücher, Harry.“

„Ich denke, es sind unsere Bücher.“, entgegnete Harry leise und sah zu Remus hoch. Dieser lächelte ihn an und wuschelte durch Harrys Haare.

„Danke. Und mach dir wirklich keine Sorgen, du wirst dein Bestes geben in Hogwarts. Und es ist nicht wichtig, ob du in allen Fächern die Bestnoten hast, solange du etwas lernst und Freude hast. Etwas verstehen und Bücher auswendig wiedergeben können, das sind zwei verschiedene Dinge, ja?“

„Ja,… stimmt. Was waren deine Lieblingsfächer, Remus?“

„Verteidigung gegen die dunklen Künste.“, meinte der Werwolf nachdenklich. „Und Runen war ein sehr spannendes Fach, das hat mir auch viel Freude bereitet. Arithmantik hat mir auch Spaß gemacht, aber das war etwas komplizierter.“

„Davon stand gar nichts auf der Liste? Und was ist Arithmantik?“

„Diese Fächer kannst du erst ab dem dritten Jahr wählen. Arithmantik ist eine Form von Wahrsagen auf Basis von mathematischen Berechnungen und Wahrscheinlichkeiten.“ Harry zog stirnrunzelnd die Augenbrauen hoch. Das hörte sich kompliziert an.  „Übrigens, das Flohnetzwerk ist morgen Mittag eingerichtet. Die Zaubertrankzutaten sind im Keller verstaut und theoretisch haben wir jetzt noch den ganzen Nachmittag und Abend Zeit, etwas zu unternehmen. Willst du gleich anfangen mit dem Zaubertrank oder wollen wir rausgehen?“

„Theoretisch können wir doch morgen früh den Zaubertrank machen und heute noch rausgehen. Gehen wir zum See?“

„Gerne. Lass mich noch ein paar Sachen einpacken.“, meinte Remus, verschwand kurz im oberen Stockwerk und kam mit seiner Tasche wieder zurück. „Hast du Hunger?“

„Ich hab Kuchen gegessen.“, meinte Harry schmunzelnd und Remus nickte. Er verschwand noch einmal in der Küche, packte noch ein paar Stücke Kuchen ein, und ging mit Harry los. Dieser holte Edd von der kleinen Eberesche und setzte ihn auf seine Schulter, woraufhin sich dieser jedoch wieder in dessen Hosentasche zurückzog.

Nach ein paar Minuten, in denen sie schweigend nebeneinander her liefen, erkannte Harry den großen See, der ihm beim letzten Spaziergang aus der Ferne aufgefallen war. Am See reihten sich unzählige Weiden, vereinzelte Pappeln und Erlen entlang, Wassergräser bedeckten den Uferbereich und Seerosen, mit kleinen gelben Blüten ragten aus dem Wasser empor. Ein paar Enten und Haubentaucher schwammen friedlich mit ihren Jungen nebeneinander her und Harry entdeckte unzählige Libellen und Schmetterlinge, die umherflatterten.

„So schön.“, meinte der Schwarzhaarige nur und blieb am See stehen.

„Wollen wir schwimmen gehen?“, fragte Remus und breitete eine Decke auf einem Stück Wiese am Ufer aus.

„Ich kann nicht schwimmen.“, entgegnete Harry unsicher.

„Dann bringen wir es dir bei. Schwimmen ist etwas, was man können sollte.“, meinte Remus und warf Harry eine Badehose zu, die er auffing und mit gemischten Gefühlen ansah. Er nickte und verschwand hinter einer Hecke, um sich umzuziehen. Nachdem er sich umgezogen hatte, stand er unsicher in der Badehose und seinem T-Shirt und zupfte an dessen Saum herum. Remus verschwand ebenfalls kurz hinter der Hecke, um sich umzuziehen. Als er wieder zu Harry lief, sah er, dass dieser nach wie vor unsicher an der gleichen Stelle stand und auf den Boden sah.

„Ist dir etwas unangenehm?“, fragte Remus vorsichtig.

„Ja. Ich.“, meinte Harry leise.

„Kann ich verstehen. Geht mir auch so.“, entgegnete der Werwolf und Harry blickte zu ihm hoch. Remus lächelte schwach und deutete auf all die deutlichen Narben, die sich von den Schultern über die Schlüsselbeine zogen, sich vom braunen Brust-, und Bauchhaar abhoben, teilweise einzelne Haarbereiche wie zwei Ufer trennte. Er drehte sich um und Harry sah weitere Narben, die sich über seine Schulterblätter zogen. Als er sich wieder umdrehte, blickte Harry ihm ins Gesicht und nickte kurz, zog sich das T-Shirt über den Kopf und lief mit Remus zum Wasser.

Nachdem sie sich an die Temperatur des Wassers gewöhnt hatten und soweit reinliefen, wie Harry es sich traute, und sich ein wenig im Wasser bewegten, begann Remus dem Schwarzhaarigen die Grundlagen des Schwimmens zu erklären. Nachdem Harry mit den Armbewegungen vertraut war, zog Remus einen großen, dicken Ast aus dem Uferbereich hervor, der auf dem Wasser trieb.

„Siehst du, das Holz geht nicht unter. Du kannst dich am Holz festhalten und die Beinübungen machen.“, meinte Remus und stellte sich neben Harry. Als dieser sah, dass Remus das Holz festhielt, nickte er und hielt sich fest. Nach ein paar Versuchen und Hinweise von Remus, das Atmen nicht zu vergessen, schaffte er es, die Beine hochzunehmen und die richtigen Beinbewegungen zu machen, während er sich auf dem Wasser, mit dem Händen am Holz, ausstreckte.

Nach ein paar Versuchen fühlte er sich sicherer und lächelte zufrieden.

„Möchtest du jetzt Arm und Beinbewegungen zusammen ausprobieren?“, fragte Remus.

„Aber dann geh‘ ich doch unter?“, meinte Harry.

„Du liegst mit deinem Bauch über meinem Unterarm und ich halte dich fest, während du die Bewegungen übst.“

„Okay.“, meinte Harry und legte sich vorsichtig über die dargebotenen Arme im Wasser. „Du hältst mich auch wirklich fest, ja?“

„Natürlich.“, entgegnete Remus und war froh, dass Harry ihm soweit schon vertraute. „Und jetzt die Füße hoch.“, fügte er an und Harry tat wie geheißen. Remus‘ Arme unter seinem Bauch gaben ihm die nötige Absicherung, um sich auf das Ganze einzulassen und er begann die Bewegungen zu machen, während Remus langsam im Wasser umherlief. Er hatte das Gefühl, dass es gut klappte und Remus kündigte an, dass er nun einen Arm wegnehmen würde. Harry war nervös, aber sagte nichts. Er machte konzentriert weiter und merkte, dass er ohne den zweiten Arm mehr Körperspannung aufbauen und mehr auf sein Körpergefühl achten musste. Nach einer Weile meinte er zu Remus, dass er den zweiten Arm wegnehmen sollte, was dieser langsam machte und Harry machte drei Schwimmbewegungen, bis er die Koordinierung verlor und anfing zu strampeln und wild mit den Armen zu wirbeln. Er merkte jedoch, dass er im Bereich des Wassers war, wo er schnell den Boden des Sees unter den Füßen spürte und musste lachen.

„Für den Anfang war das hervorragend!“, meinte Remus und klopfte ihm auf die Schultern. „Ich bin stolz auf dich.“ Harry strahlte ihn an und setzte sich nahe des Ufers ins Wasser.

„Danke! Das hat Spaß gemacht! Machen dir das bald wieder?“, fragte Harry. Remus setzte sich neben ihn ins Wasser und zog die Beine an.

„Wir können übermorgen wieder kommen. Morgen wolltest du ja vormittags den Zaubertrank brauen und danach hast du die Lovegoods eingeladen.“, meinte Remus. Harry nickte nachdenklich und rutschte ein Stück zu Remus. Die Nachmittagssonne stand schon tiefer am Himmel, die Sonnenstrahlen glitzerten auf der Wasseroberfläche und der warme Wind wehte durch die Äste der Weiden. Harry sah vorsichtig zu Remus hoch, der die Augen geschlossen hatte, lehnte sich leicht an die Schulter des Werwolfs und legte seinen Kopf an dessen Oberarm. „Das wäre schön.“, meinte der Schwarzhaarige nur und spürte die Sonne auf seinen Wangen. Gemeinsam saßen sie noch eine Weile im Wasser, als Remus Harrys Magen grummeln hörte.

„Kuchen?“

„Au, ja!“, meinte dieser begeistert und rannte aus dem Wasser.
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