L'histoire d'un elfe, c'est...
von RedonneMoi
Kurzbeschreibung
Geduld ist die Kunst, etwas auszuhalten, weil man fühlt, dass eine Veränderung ansteht. Vertrauen ist die Kunst, zu wissen, dass alles zum richtigen Zeitpunkt ein Ende findet. Diese Weisheit hat Harry Potter in seinen jungen Jahren trotz aller Widrigkeiten für sich erkennen können, denn egal was passiert - die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Und wenn ein Brief seiner Mutter etwas bewiesen hat, dann ist es die Tatsache, dass definitiv alles zum richtigen Zeitpunkt ein Ende finden wird, auch ein Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Abenteuer, Freundschaft, Romantik - P16, (Pre-)MaleSlash, Het
GeschichteAbenteuer, Freundschaft / P16 / MaleSlash
Anthony Goldstein
Harry Potter
Hermine Granger
Luna Lovegood
OC (Own Character)
Remus "Moony" Lupin
29.07.2022
25.02.2023
29
248.506
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01.09.2022
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Es war in den frühen Morgenstunden, noch weit vor dem Sonnenaufgang, und Harry blickte aus einem der bodentiefen Fenster des Schlafsaals in die Nacht hinaus. Seine Füße lagen auf dem kalten Boden, sein Rücken lehnte an die kühle Wand, der Kopf an die Scheibe gelehnt und eine Decke so, über seine Schultern gelegt, dass er auch darauf sitzen konnte. Er seufzte leicht. Das Glas des Fensters fühlte sich angenehm kühl an seiner Stirn an und lenkte ihn ein Stück weit von dem Wirbelsturm aus Gedanken in seinem Kopf ab. Im Ofen glimmte die letzte Glut des Feuers und knisterte leise vor sich hin. Es passierte nicht allzu häufig, dass er nicht schlafen konnte, aber in letzter Zeit hatte er ein seltsames Gefühl, dass etwas nicht stimmte – und Harry konnte nicht einmal benennen, was nicht stimmte. Aber es wirkte sich auf seinen Schlaf auf. Manchmal schreckte er in der Nacht hoch, so wie er bei den Dursleys nachts hochgeschreckt war und sich in vollständiger Dunkelheit im Schrank unter der Treppe befand. Der Unterschied war, dass er bei den Dursleys, meist nach einer Bestrafung, der häufig einer seiner magischen Ausbrüche vorangegangen war, von leuchtendem, grünen Licht träumte. Jetzt träumte er manchmal von kurzen Momenten aus dem Haus der Dursleys. Er konnte es sich nicht richtig erklären, denn in den wenigen Wochen bei Remus war er selten im Schlaf hochgeschreckt; er wusste aber auch, dass er sich während der Zeit mit Remus sicher gefühlt hatte, beschützt vor der Außenwelt. Und obgleich Harry wusste, dass Hogwarts neben Gringotts einer der sichersten Orte dieser Erde sein musste, fühlte er sich beobachtet. Er wusste aber auch nicht, mit wem er darüber reden sollte – er wollte Remus nicht in Sorge versetzen, Anthony musste sich mit seinen eigenen Dingen herumschlagen. Dumbledore? Er würde kaum Zeit für Harry haben, vor Allem, wenn er nicht einmal wusste, was ihn wirklich beschäftigte. Was Harry fühlte war, dass die große Traurigkeit, die schwere Decke aus dunklen Gedanken, die sich wie ein bleiernes Gewand über ihm ausbreitete, nicht zu seinem Zustand beitrug. Die große Traurigkeit war verflogen, er hatte sie buchstäblich aus sich verbannt, als er die Dursleys verlassen konnte und die Gewissheit hatte, dass Remus für ihn da war und dafür gesorgt hatte, dass er nie wieder nach Little Whinging zurückkehren musste. Doch auch wenn er die große Traurigkeit aus sich verbrannt hatte, so spürte er dennoch, dass die Dursleys Spuren bei ihm hinterlassen hatten – vor allem während den Konfrontationen mit seinem Zaubertrankprofessor.
Seine Gedanken fielen oft auf den Moment zurück, als er von Remus bei den Lovegoods abgeholt wurde und damit einen weiteren Schritt in seine Freiheit machen konnte. Er hatte in den ersten Wochen bei Remus das erste Mal wirkliche, ehrliche Freude empfunden und hatte sich zum ersten Mal getraut auf jemanden zuzugehen, ohne von der Angst geplagt zu sein, dass er nicht ernst genommen wurde – eine leise Stimme im Hinterkopf hatte ihm durchgehend Mut gemacht, dass er Remus vertrauen konnte. So wie er auch das Gefühl hatte, dass Remus ihm vertraute – er hatte ihm sein Geheimnis über die Lykanthropie offenbart und ihm damit die Wahl gelassen, ob er mit ihm zusammenleben wollte oder nicht. Und Harrys erster Gedanke war, wen er als Werwolf verurteilen konnte, wenn er selbst das Blut von Elfen in sich trug – im ersten Moment wusste er, dass ein Werwolf ein anderes Kaliber sein musste als eine Elfe, zumal er nicht wusste, wie echte Elfen wirklich aussahen. Aber er hatte keine Angst gehabt – er wusste, dass er mit Remus ein neues Leben anfangen konnte, es würde keine Rolle spielen, welche Krankheit sein Pate hatte – wenn seine Mutter ihm vertraut hatte, konnte er es auch. Oder? Zumindest war das für ihn, in seiner kindlichen Vorstellung, die logisch griffigste Schlussfolgerung, die von einem noch stärkeren Gefühl, dem Wunsch nach einer Familie, in den Hintergrund geschoben wurde.
Harry wusste, dass er eine Lösung für sein Gedankenkarussell finden würde, er musste nur geduldig sein. Und Geduld hatte er, dessen war er sich sicher. Schließlich war er jahrelang geduldig gewesen, in dem Wissen, dass der Tag kommen würde, an dem er die Dursleys verlassen konnte. Und dieser Tag war früher gekommen, als er es sich erhofft hatte und die Folgen davon waren für ihn unbezahlbar – es gab jemanden, der wie eine Art Familie war und er konnte in Hogwarts sein; lernen, was ihm gefiel, teilweise lernen musste, was ihn weniger interessierte und, trotz dessen, dass er Luna sehr gerne mochte und sie als seine Freundin bezeichnete, hatte er seinen ersten richtigen Freund gefunden.
Er blickte rüber zum anderen Bett. Anthonys Gesichtszüge waren tiefenentspannt, er schlief mit halboffenem Mund und schnarchte kaum hörbar. Harry lächelte, als er das entspannte Gesicht seines Freundes sah. Manchmal fragte er sich, was in Anthonys Kopf vorging – er hatte Harry auch offenbart, dass er nie wirklich Freunde hatte, da er mit vielen Menschen nicht zurechtgekommen war. Als Harry nachfragte, warum das so war, hatte er nur abgewunken. Anthony hatte ihm auch ein wenig von seinen Eltern erzählt, mit denen er teilweise ein eher angespanntes Verhältnis hatte. Seine Mutter war selten wirklich zufrieden mit seinen Leistungen gewesen, weshalb er sich immer größte Mühe gegeben hatte, den Ansprüchen seiner Mutter gerecht zu werden, was dazu führte, dass sein Vater oft versucht hat, den Druck von Anthony zu nehmen, was wiederum zur Folge hatte, dass seine Eltern häufig stritten. Und von diesem Stress des Hin-, und Hergerissenseins konnte sich Anthony oft nicht distanzieren, was ihn unweigerlich zum Außenseiter gemacht hatte – obwohl er ein recht geselliger und humorvoller Junge war, der die Anderen oft zum Lachen brachte. Seine Eltern waren auch beruflich häufig im Ausland unterwegs, da sie beide für das Ministerium in der Abteilung für Internationale Magische Zusammenarbeit arbeiteten, was zur Folge hatte, dass Anthony oft bei seiner Tante lebte, die nicht wirklich viel für Kinder übrig hatte.
Harry merkte, wie seine Gedankenflut abebbte und seine Augen schwerer wurden. Doch noch bevor er den Impuls greifen konnte, aufzustehen und sich in sein Bett zu legen, fielen seine Augen zu.
„Harry.“, hörte er seinen Namen leise, gefolgt von einem leichten Schütteln an seiner Schulter. Er blinzelte verwirrt und drehte seinen Kopf vom Fenster weg, um zu schauen, wer ihn gerufen hatte.
„Hm?“, fragte er leise und rieb sich die Augen.
„Warum schläfst du auf dem Boden? Beziehungsweise,... warum schläfst du am Fenster?“, fragte Anthony, der vor ihm in die Hocke ging und ihn skeptisch ansah.
„‘ch bin vorhin aufgewacht.“, meinte Harry gähnend und richtete sich auf. „Wie viel Uhr haben wir?“
„Halb sieben, wie immer. Aber nochmal fürs Protokoll – warum schläfst du auf dem Boden?“
„Ich bin aufgewacht, gegen vier oder so, und konnte nicht mehr einschlafen. Dann hab ich mich hier hin gesetzt und rausgeschaut.“
„Mhm. So siehst du auch aus.“, lachte Anthony und zog Harry auf die Beine. „Du solltest duschen.“
„Wahrscheinlich.“, entgegnete Harry müde und lief mit Anthony ins Bad.
Nachdem sie sich für den Tag hergerichtet hatten, packten sie ihre Bücher für Zauberkunst und Verteidigung ein, Harry setzte Edd auf seine Schultern und ging anschließend mit Anthony in die Große Halle zum Frühstück. Es war zu ihrer Routine geworden, als eine der Ersten zum Frühstück zu erscheinen und die Ruhe in der Halle zu genießen. Ihren Beobachtungen zufolge waren ein großer Teil der Professoren ebenfalls der gleichen Ansicht, ihr Frühstück gern in aller Ruhe einzunehmen, bevor die Masse an Schülern die Halle mit Lärm erfüllte. Als sie sich an den Ravenclawtisch setzten, sahen sie Hermine wie so häufig alleine mit einem Buch am Tisch der Gryffindors sitzen. Harry hatte ihr gewunken, aber sie war so sehr im Buch versunken, dass sie ihn nicht bemerkte – und beim Lesen auch vergessen hatte, ihr Frühstück zu essen.
„Lass‘ gut sein.“, sagte Anthony leise und versuchte ihm ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen.
„Mhm.“, antwortete Harry und füllte sich seine Schüssel mit Haferbrei, Apfelstücken und Honig. Anthony, der sich seinen Teller mit Rührei, Speck und Brot füllte, sah Harry fragend an, als dieser ihn schmunzelnd ansah.
„Was?“, fragte Anthony und beäugte seinen Teller skeptisch. „Ist irgendwo was reingefallen? Verarschst du mich wieder?“ Er hob seinen Teller auf Augenhöhe und untersuchte ihn akribisch.
„Nein, nein. Aber wird dir das Frühstück nicht irgendwann langweilig? Willst du nicht was anderes ausprobieren?“, fragte Harry grinsend. Anthony kniff die Augen zusammen und schürzte die Lippen.
„Sagt der, der sich ständig morgens von Haferbrei ernährt. Ich will ja schließlich groß und stark werden.“, meinte Anthony gespielt schnippisch und drehte theatralisch seinen erhobenen Kopf zur Seite.
„Ich habe mit meiner Obstauswahl mehr Variation auf dem Teller als du.“
„Du isst aus Schüsseln, Harry.“
„Wow.“
„Oder? Find ich auch.“, entgegnete Anthony und lachte. Sie frühstückten in Ruhe weiter, als sich Padma zu ihnen an den Tisch setzte und das Essen begutachtete.
„Du bist doch nie so früh wach, Padma.“, meinte Harry und Anthony nickte beschwichtigend.
„Ach, die zwei anderen im Schlafsaal führen gerade einen kleinen Zickenkrieg.“, meinte Padma und schmunzelte, während sie sich ihr Brot butterte.
„Warum denn das?“, fragte Harry stirnrunzelnd.
„Wollt ihr es wirklich wissen?“, fragte sie und biss in ihr Brot. Harry und Anthony sahen sich kurz an und schüttelten dann den Kopf.
„Wobei…“, kam es nach ein paar Sekunden von Anthony. „Hau raus.“
„Lisa und Mandy streiten sich darüber, wer den besseren Geschmack hat.“, meinte Padma und trank einen Schluck Tee. Die beiden Jungs sahen Padma fragend an und legten den Kopf schief.
„Leute.“, sagte sie und rollte mit den Augen. „Es geht um Jungs.“
„Oh.“, kam es gleichzeitig von Harry und Anthony und sie zuckten mit den Schultern.
„Und?“, fragte Anthony danach.
„Lisa findet Stephen ganz gut und Mandy sagt, dass Terry der Hübschere ist. Aber was danach kam, hab ich nicht mitbekommen, weil ich geflohen bin.“, sagte Padma schulterzuckend und aß gemütlich weiter.
„Und uns finden sie nicht hübsch?“, fragte Anthony betont empört und Harry verschluckte sich an seinem Tee, als er anfing zu lachen. Er hustete mehrmals, in der Hoffnung, dass sein Frühstück nicht noch einmal hochkommen würde und Anthony klopfte ihm lachend auf den Rücken.
„Anthony!“, empörte sich Harry.
„Harry!“, antwortete er und versuchte, eine ernste Miene zu bewahren.
„Über euch reden sie nicht. Nicht wirklich, zumindest nicht so. Außerdem,… Man sieht euch ja kaum im Gemeinschaftsraum und wenn findet man euch über Büchern oder im Gespräch verwickelt.“
„Auch gut.“, entgegnete Harry und Padma schmunzelte. Anthony entwich ein genervtes „Tsss.“, während er den Kopf schüttelte. Er beugte sich zu Harry rüber und sprach ihm leise ins Ohr: „Die Zwei gefallen mir eh nicht.“ Harry prustete los und hielt sich die Hand vor den Mund, da er nicht wollte, dass sein Haferbrei in Padmas Gesicht landen würde und sah zu Anthony rüber. Er schüttelte den Kopf und atmete lange aus.
„Du machst mich fertig.“, seufzte Harry trocken und schob seine Schüssel von sich weg.
„Stets zu Diensten.“, antwortete Anthony und Padma schmunzelte. Nach dem Frühstück verabschiedeten sich die beiden von ihr und verließen die Große Halle.
„Wir sehen uns in Zauberkunst, ja? Ich muss nochmal hoch.“, meinte Anthony und Harry nickte. Er sah ihm hinterher, wie er die Treppe hochlief und Harry machte sich auf in Richtung der Gewächshäuser, da er noch eine Stunde Zeit hatte. Da um diese Uhrzeit selten jemand in den Gewächshäusern war, nutzte er die Zeit, seinen Bowtruckle dort abzusetzen und notfalls ein paar Blätter mit Holzläusen und anderem Ungetier in ein Glas zu packen, falls der Bowtruckle abends noch einmal Hunger hätte – er wusste zwar nicht, ob es unbedingt nötig war, da Harry bei Edd keine Anzeichen von Hunger ablesen konnte, aber sicher war sicher.
Als er zwischen den Pflanzen umherlief, kam einmal Professor Sprout um die Ecke, die ihn flüchtig im Vorbeigehen grüßte und wieder verschwand. Nach einer Weile hörte Harry den Bowtruckle laute Geräusche von sich geben und er zog ihn aus einem Rosenbuch heraus, nachdem er gesehen hatte, wie er eine Reihe der Insekten verputzt hatte und setzte ihn in seine Brusttasche.
Auf dem Rückweg sah er von Weitem ein paar der Erstklässler von Slytherin und Hufflepuff in Richtung der Gewächshäuser laufen, als er schon die ersten Sprüche vernahm, die ihm entgegen geworfen wurden.
„Ey, Narbengesicht. Hast du dich verlaufen?“, höhnte Malfoy und lief mit Crabbe und Goyle im Schlepptau auf ihn zu.
Ein Schöner Start in den Morgen, dachte sich Harry und seufzte innerlich. Er sah zu Malfoy, zog die Augenbraue hoch und lief weiter. Das schien einen wunden Punkt bei dem Blonden getroffen zu haben, denn dieser funkelte ihn angriffslustig an. Seit sich herumgesprochen hatte, dass Harry der neue Sucher der Ravenclaws war, war Malfoy noch weitaus angriffslustiger und fieser als zuvor. „Ich wusste gar nicht, dass deine Narbe dich nicht nur zum Waisenkind, sondern auch noch stumm gemacht hat.“, spottete er und Harry drehte sich langsam zu ihm um. Er legte den Kopf schief und sah Malfoy kühl an.
„Scheint so.“, antwortete er und lief weiter, wurde jedoch von Crabbe, durch ein wortloses Kommando von Malfoy in Gang gesetzt, am Oberarm festgehalten.
„Nicht so schnell, Narbengesicht.“, meinte Draco und wollte zu Harry vorpreschen, blieb jedoch abrupt stehen, da Crabbe seine Hand jaulend zurückzog und sie ungläubig anstarrte. Über den Fingern und Handrücken zogen sich, neben einem deutlichen, stark geröteten Fleck durch einen ordentlichen Schlag, eine reihe tiefer Schnittwunden, die langsam zu bluten begannen. Draco blickte zu Crabbe und dann zu Harry, der ihn schulterzuckend ansah und weiter in Richtung des Schlosses lief. Da Professor Sprout die Erstklässler zu sich hineinrief, konnten Malfoy und seine zwei Lakaien ihre Auseinandersetzung nicht weiter ausführen. Harry konnte zwar noch ein „Pass bloß auf, Narbengesicht!“ hören, lief jedoch unbeeindruckt weiter.
„Gut gemacht.“, sagte Harry grinsend und streichelte Edd an seinem Köpfchen, der zufriedene Laute von sich gab.
Er kam gerade noch pünktlich zu Zauberkunst und setzte sich neben Anthony, der ihm einen Platz freigehalten hatte und holte sein Buch aus der Tasche.
„Alles ok?“, fragte Anthony leise und sah Harry skeptisch an.
„Ja, warum?“
„Du schmunzelst und deine Ärmel sind extrem zerknittert.“
„Dir entgeht nichts, oder?“
„Niemals.“
„Malfoy.“, sagte Harry und schmunzelte.
„Hat er dich angegriffen?“
„Nein, er war heute wieder sehr kreativ, was seine Beleidigungen anging. Crabbe hat mich nur festgehalten.“
„Und dann?“
„Sagen wir es so. Er wird heute mit Schmerzen schreiben. Falls er jemals schreiben gelernt hat.“
„Was ist passiert?“
Harry deutete nur auf seine Brusttasche und Anthony grinste. „Bowtruckles können schon aggressiv sein, oder?“
„Ein gezielter Schlag, gefolgt von ein paar Schnittwunden über die Finger und den gesamten Handrücken. Ich glaube, er wird mich nicht mehr anfassen, Edd war zu schnell, als dass sie gesehen hätten, was passiert ist.“
„So mag ich das, Harry.“, grinste Anthony und wurde von Professor Flitwick um Ruhe gebeten, da er den Unterricht beginnen wollte.
Sie würden heute den Schwebezauber lernen, mit dem Gegenstände und Lebewesen in der Luft schweben gelassen werden konnten. Professor Flitwick, wie immer auf seinem Bücherstapel stehend, schwang kurz seinen Zauberstab und begann große, weiße Federn auszuteilen. Als vor jedem Schüler eine große Feder zum Liegen kam, schrieb er den Zauberspruch noch einmal an die Tafel und ließ die Schüler den Zauberspruch langsam, ohne Zauberstab aussprechen. Dies wiederholten sie ein paar Mal und Flitwick begann zu erklären, worauf es bei der Betonung und bei der Zauberstabbewegung ankam. Nachdem sie die Bewegung einige Male geübt hatten, erinnerte er sie ein weiteres Mal an die genaue Aussprache, mit dem Hinweis, sich an einen Zauberer der vergangenen Jahrhunderte zu erinnern, der das V und S vertauscht hatte und danach einen Ochsen auf seiner Brust sitzen hatte. Harry wollte sich gerade konzentrieren, als er von einer Diskussion zu seiner Linken abgelenkt wurde.
„Wingardium Leviosa.“, sagte Ron Weasley genervt und fuchtelte mit seinem Zauberstab in der Luft herum. Harry rutschte ein Stück weiter nach rechts, trotz dessen, dass Seamus Finnigan zwischen ihm und Ron saß, in der Befürchtung, dass Ron seine Feder in die Luft jagen würde, und sah mit großen Augen zu Anthony, der das Schauspiel belustigt beobachtete.
„Ron, du stichst noch jemandem die Augen aus.“, zischte Hermine, die links von ihm saß, vorwurfsvoll.
„Als ob. Wingardium Leviosa!“, wiederholte Ron und Harry war sich sicher, dass es mit dieser Aussprache und dem Zauberstabgefuchtel – er musste unweigerlich an Snapes Einstiegsrede denken – nicht funktionieren würde. Anthony hatte derweil grinsend seinen Kopf auf seiner Hand abgelegt und genoss die Darbietung. Harry wollte den Zauberspruch aufsagen, als er wieder abgelenkt wurde.
„Ron! Wutschen und Wedeln! Außerdem betonst du es nicht richtig. Es heißt Wing-gardium Levi-O-sa, nicht Levio-SAR.“, sagte Hermine genervt und seufzte.
„Dann mach du’s doch besser, wenn du alles besser weißt.“, keiferte Ron sie an, woraufhin sie nur die Augen verdrehte und ihren Zauberstab in die Hand nahm.
„Wingardium Leviosa.“, sprach sie sanft, aber bestimmt, und mit dem synchronen Wutschen und Wedeln des Zauberstabes erhob sich die Feder und schwebte langsam in die Luft. Sie sah Ron aus dem Augenwinkel an, der die Augen verdrehte und den Kopf auf die Tischplatte legte.
„Oh, wunderbar! Miss Granger hat es geschafft, sehen Sie nur!“, sprach Professor Flitwick begeistert und klatschte erfreut in die Hände. Anthony kicherte amüsiert, widmete sich seiner Übung und Harry schüttelte nur belustigt den Kopf. Als nach wenigen Momenten wieder eine konzentrierte Ruhe im Klassenzimmer herrschte, setzte sich Harry wieder entspannt hin und zog seinen Zauberstab.
„Wingardium Leviosa.“, sagte er und setzte seine Feder sanft in Bewegung in die Luft.
„Mr. Potter, wunderbar, sehr gut gemacht!“, freute sich sein Hauslehrer und Harry schmunzelte.
„Angeber.“, murmelte Anthony und Harry streckte ihm die Zunge raus.
„Du hast Verwandlung, lass mir Zauberkunst.“
„Ja, ok.“, meinte Anthony dramatisch und übte weiter. Wenige Minuten später war Harrys Befürchtung wahr geworden und eine Feder war explodiert – allerdings war es nicht Rons, sondern die von Seamus gewesen.
Als sie sich von Zauberkunst auf den Weg zu Verteidigung gegen die Dunklen Künste machten, hörten Harry und Anthony deutlich, wie sich drei der Gryffindorjungs lauthals aufregten.
„Sie ist so eine Besserwisserin, es ist einfach nur nervig.“, meinte Ron und Seamus stimmte zu.
„Es heißt Wing-gardium Levi-OOOO-sa, nicht Levio-SAAAR.“, äffte er sie nach. Seamus und Dean Thomas stiegen in das Nachäffen mit ein und lachten hämisch.
„Sie ist echt ein Alptraum.“, meinte Seamus und Ron grunzte.
„Kein Wunder, dass sie keine Freunde hat und immer alleine ist.“, sagte Ron und Harry drehte sich wütend um, wurde jedoch kurz von einer vorbeistürmenden Hermine angerempelt. Er war sich sicher, dass er bebende Lippen und nasse Wangen erkennen konnte und lief zu den drei Gryffindors.
„Hört ihr euch überhaupt zu? Findet ihr das witzig, so über jemanden herzuziehen?“, fragte er wütend.
„Was willst du, Potter? Ihr Ravenclaws hängt doch auch nur über euren Büchern, bei euch wäre sie besser aufgehoben. Die Meisten von euch sind doch genau wie sie.“, entgegnete Ron und Seamus nickte beschwichtigend. Dean verschränkte nur die Arme vor der Brust und zog die Augenbrauen hoch.
„Ihr seid widerlich, absolut widerlich. Zu dritt auf einer Person rumhacken und dann auch noch so laut, dass es jeder hört. Ekelhafte Feiglinge und erbärmliche Gryffindors.“, spie Harry beinahe zischend und drehte sich um, lief zu Anthony und schüttelte nur den Kopf.
„Gut gemacht, mein Freund. Aber das Zischen war fast schon gruselig.“, sagte Anthony und klopfte ihm auf die Schultern. Harry schluckte kurz und verzog das Gesicht. Das war nicht geplant gewesen.
„Das war richtig mutig von dir.“, kam es plötzlich von rechts und Harry sah Neville neben ihm herlaufen.
„Danke, Neville.“, erwiderte Harry.
„Du bist immer mutig. Du hast mich vor Malfoy verteidigt und Hermine vor den Jungs,… das ist wirklich beeindruckend. Ich habe schon ein paar Mal versucht, etwas zu sagen, aber sie lachen mich aus. Außer Hermine nimmt mich in Gryffindor keiner ernst. Oder…generell nimmt mich niemand ernst, wenn ich ehrlich bin.“, meinte Neville bedrückt.
„Wir nehmen dich ernst, Neville.“, sagte Anthony. „Bei uns hat jeder gesehen, dass du in Kräuterkunde richtig gut bist. Sie sehen zwar, dass du echt unsicher bist, aber dein Talent kann jeder anerkennen.“
„Absolut.“, stimmte Harry seinem Freund zu und lächelte Neville an.
„Wirklich?“, fragte dieser ungläubig.
„Klar.“, meinte Anthony. Nevilles Augen wurden größer und seine Ohren rot.
„Danke. Aber mit dem Zauberstab, da… bin ich echt nicht so gut. Mein Zauberstab hat meinem Vater gehört, er war Auror und er war richtig gut! Aber es will bei mir einfach nicht funktionieren.“, sagte er und seufzte schwer.
„Das wird sich noch richten. Geduld.“, meinte Harry. „Alles zu seiner Zeit.“
„Wenn du das sagst, Harry.“, sagte Neville. „Dann muss ich jetzt nur noch mutiger werden.“
„Wirst du.“, meinte Anthony und betrat mit den beiden das Klassenzimmer für Verteidigung. Harry machte sich eine gedankliche Notiz, dass er definitiv ein Gespräch mit Fred und George suchen musste. Sehr zu ihrem Missmut waren Quirrels Vorträge wie zu erwarten weitestgehend von Theorie dominiert und entsprechend gelangweilt waren die Erstklässler. Verteidigung gegen die Dunklen Künste war ein Fach, in dem Harry und Anthony mittlerweile grundsätzlich in der letzten Reihe saßen, um entweder zu lesen oder andere Hausaufgaben zu erledigen. Quirrel schien es nicht aufzufallen, denn es gab tatsächlich Schüler, die seinen Vorträgen folgten und Fragen stellten – also hatten sie ihre Ruhe und konnten konzentriert arbeiten.
Als die Erstklässler zum Mittagessen liefen, hielt Harry Ausschau nach den Zwillingen und fand sie auf dem Weg in die Große Halle beim Tor zum Innenhof des Glockenturmes.
„Ich komm gleich nach, ja?“, meinte Harry zu Anthony, welcher nickte und weiter in Richtung der Großen Halle lief. Harry ging derweil zu den Zwillingen, welche, den Gestiken und Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, eine intensive Diskussion führten. Als sie Harry auf sich zukommen sahen, begannen sie zu grinsen.
„Hilf‘ mir Fred, der Vernichter des Bösen ist gekommen, um uns beizuwohnen.“, rief George theatralisch und ließ sich nach hinten in die Arme seines Bruder fallen.
„Wenn das nicht unser Lieblingspotter ist.“, lachte Fred.
„Ich bin der einzige Potter hier.“, stellte Harry trocken fest.
„Auch wahr. Was gibt’s?“, fragte Fred.
„Brauchst du unsere Hilfe? Wir haben schon mitbekommen, dass Malfoy dir das Leben schwer machen will.“, fügte George hinzu.
„Ich brauche tatsächlich eure Hilfe.“, sagte Harry ernst und setzte sich mit den beiden auf eine der Steinbänke.
„Schieß los.“, kam es im Chor.
„Ron.“, meinte Harry knapp und sah ein verschwörerisches Funkeln in den Augen der Zwillinge.
„Was hat unser Ronipupsi wieder angestellt?“, fragte George.
„Hat er wieder eine große Klappe?“, fragte Fred kurz danach.
„Er macht Hermine und Neville mit Seamus und Dean ein wenig das Leben schwer.“, begann er und erzählte den beiden vom Vorfall nach Zauberkunst und was Neville ihm alles erzählt hatte. Den Zwillingen fiel das Lachen aus dem Gesicht, nur um es danach noch verschwörerischer, beinahe gruselig, wieder über die Lippen wandern zu lassen. Harry beobachtete die Mimik der Zwillinge, es war, als würden sie sich komplett ohne Worte verständigen. Die Blicke, die sie sich austauschten, sprachen Bände. Und Harry wusste, dass man sich wohl besser nicht mit den Zwillingen anlegen sollte. Bodkin hatte wohl Recht gehabt, dass man die beiden nicht unterschätzen durfte.
„Keine Sorge, Harry. –“, begann George.
„ – Es ist alles unter Kontrolle. Wir halten ein Auge auf Neville und Hermine und kümmern uns um die anderen drei. Das wird –“, fuhr Fred fort.
„ – ein größeres Vergnügen.“, beendete George den Gedanken.
„Danke.“, lachte Harry und stand auf, um zum Mittagessen zu gehen.
„Übrigens, Glückwunsch. Sucher im ersten Jahr, nicht schlecht. Wir hatten ja gehofft, dass du nach Gryffindor kommst, wir hätten dich brauchen können.“, meinte Fred.
„Seit unser Bruder Charlie nicht mehr als Sucher für Gryffindor spielt, haben wir den Quidditchpokal nicht mehr gewonnen. Aber sieh‘ dich vor, Harry.“, sprach George schelmisch.
„Wir werden es dir nicht einfach machen.“, sagte Fred und mit einem Schulterklopfer verabschiedeten sich die beiden von Harry. „Wir sehen uns!“, riefen sie im Chor über ihre Schultern und begannen zu tuscheln. Harry grinste zufrieden und machte sich auf den Weg in die Große Halle, wo Anthony bereits ungeduldig auf ihn wartete.
„Wo warst du so lange?“, fragte er und begann zu essen.
„Bei Fred und George.“, meinte Harry, deutete auf das hereinkommende Zwillingspaar und löffelte sich etwas von der Kürbissuppe in seine Schüssel.
„Was hast du mit den Weasleys zu tun? Sind die auch wie Ron?“, fragte Anthony neugierig.
„Im Gegenteil. Ich hab‘ sie im Zug kennengelernt. Als ich meinen Koffer alleine nicht auf die Ablage bekommen habe, sind sie ins Abteil gekommen und haben mir geholfen. Wir haben uns dann ein bisschen unterhalten und am Ende haben sie gesagt, wenn ich Hilfe brauche oder mir jemand Ärger macht, soll ich zu ihnen kommen, sie werden mir schon helfen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass das Rons Brüder sind.“, erklärte Harry und Anthony schmunzelte.
„Gewitzter Zug, Harry. Ich verstehe gar nicht, warum du so schlecht im Schach bist.“
„Ey.“, sagte Harry und sah ihn empört an. Dieser hob unschuldig die Hände hoch und zuckte mit den Schultern.
„Ich mein ja nur.“, entgegnete er und aß weiter. Schweigend saßen sie nebeneinander, bis Harry die Stille durchbrach.
„Hermine war nicht im Unterricht.“
„Das ist mir aufgefallen.“
„Seltsam.“
„Schon, ja.“
Wie es sich herausstellte, war Hermine auch nicht in Geschichte der Zauberei anwesend, was Harry doch ein wenig mehr beunruhigte, als er zunächst zugeben wollte. Er beugte sich rüber zu Padma und stupste sie an. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn fragend an.
„Wo ist Hermine?“, fragte er sie und sie deutete mit einem Handzeichen an, zu warten. Padma beugte sich zu ihrer Schwester Parvati herüber, welche sich kurz mit Lavender Brown besprach, welche wiederum nickte, was dazu führte, dass sich Parvati mit Padma austauschte und Padma sich anschließend wieder zu Harry beugte.
„Parvati und Lavender haben sie weinend im Mädchenklo gefunden, sie hat sich wohl dort eingeschlossen und wollte in Ruhe gelassen werden. Mehr wissen sie auch nicht.“, flüsterte sie und Harry nickte. Er bedankte sich bei Padma, nickte den zwei Gryffindormädchen zu und informierte Anthony.
Nachdem sie Professor Binns‘ Vortrag über Ulrich den Spinner, den womöglich exzentrischsten bekannten Zauberer der letzten Jahrhunderte, überlebt hatten, verabschiedete sich Anthony noch einmal von Harry und er machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, um seine Sachen abzulegen und sein Buch fertig zu lesen – wenn Hermine in Ruhe gelassen werden wollte, würde er das wohl oder übel respektieren müssen. Dort angekommen wurde er allerdings von seinen Quidditchkollegen abgefangen.
„Harry!“, wurde er von Robert gerufen und zu sich auf die Sofas vor dem Kamin gewunken. Neben ihm saßen Thomas und Markus, die über einem Pergament grübelten.
„Hey. Was gibt’s?“, fragte Harry und setzte sich zu den drei Fünftklässlern.
„Wir wollten dich nur informieren, dass wir morgen Abend eine Stunde Extratraining und am Wochenende noch einmal zwei Trainingseinheiten veranstalten werden, da das erste Spiel der Saison nächste Woche gegen Slytherin sein wird und wir vorbereitet sein müssen.“, meinte Thomas und blickte vom seinem Pergament hoch, welches sich als Planung für Spieltaktiken herausstellte.
„Oh. Okay, danke fürs Bescheid geben.“
„Wir müssen uns da wirklich ranhalten, die Slytherins sind nicht dafür bekannt, fair zu spielen. Du bist unsere Geheimwaffe.“, grinste Robert und Markus lehnte sich schmunzelnd zurück.
„Das baut kaum Druck auf, überhaupt nicht, aber danke, Robert.“, entgegnete Harry nüchtern und kratzte sich am Kopf.
„Harry, du bist wirklich richtig gut. Mach dir keinen Kopf.“, brummte Markus.
„Danke. Ich geb mir Mühe.“, meinte er in die Runde und wollte gerade aufstehen, als er noch einmal angesprochen wurde.
„Harry, wir haben über ein zwei Ecken und einer Quelle aus Hufflepuff heute mitbekommen, dass du von einem von Malfoys Witzfiguren am Arm gepackt wurdest. War alles in Ordnung?“, fragte Robert ihn und Harry sah, wie Markus fast schon beiläufig seine Knöchel knacken ließ. Er würde es ja nicht zugeben, aber Markus war schon eine Nummer für sich – groß, breit, die tiefe Stimme und sein eindringlicher Blick. Er würde keinen Stress mit ihm anfangen wollen, denn er konnte sich vorstellen, dass er das perfekte Beispiel für ein stilles Gewässer war, das nicht in Wallung gebracht werden sollte.
„Alles in Ordnung. Ich konnte es ganz schnell lösen – sowohl die Situation als auch Crabbes Griff an meinem Arm.“, meinte Harry und grinste. Markus zog seine Augenbrauen hoch, gefolgt von Thomas und Robert legte nur den Kopf schief.
„Wie?“, fragten Thomas und Robert gleichzeitig. Harry griff in die Tasche seines Hemdes und hob Edd auf seine Hand, der wenig angetan war, vor so vielem fremden Leuten präsentiert zu werden. Er sah Harry böse an, gab ein paar empörte Laute von sich und versteckte sich wieder in seiner Tasche.
„Ein Bowtruckle.“, stellte Thomas nüchtern fest und begann zu lachen. „Du trägst tatsächlich einen Bowtruckle mit dir rum?“
„Ja, warum nicht? Er hat gute Arbeit geleistet. Crabbes Hand war ein nettes, kleines Schlachtfeld.“, meinte Harry und zuckte mit den Schultern.
„Niemand trägt einen Bowtruckle mit sich rum.“, sagte Thomas amüsiert. „Aber es ist durchaus interessant – ungewöhnlich, aber interessant.“
„Ich sagte doch, Ravenclaw ist das seltsamste Haus in ganz Hogwarts.“, entgegnete Robert und Harry legte den Kopf schief.
„Ullrich der Spinner war vielleicht seltsam, aber die Ravenclaws? Ein großer Teil hängt nur über ihren Büchern. Und… ja, ich hänge auch viel über meinen Büchern, aber seien wir mal ehrlich…“, meinte Harry und Robert begann zu grinsen.
„Ullrich der Spinner war ein Ravenclaw, Harry. In Ravenclaw gibt es viele Bücherwürmer, da hast du Recht. Und einige davon sind vielleicht so interessant wie Flubberwürmer, aber unser Haus hat einige spannende Talente in seinen Reihen. Es geht nicht nur darum, akademisch gut zu sein. Verbring ein bisschen mehr Zeit hier, dann wirst du es merken.“
„Der Spinner war tatsächlich ein Ravenclaw?“
„Durch und durch. Aber jetzt ist es langsam Zeit fürs Abendessen, heute gibt es ein Fest.“, sagte Robert und stand mit Markus und Thomas auf.
„Fest?“, fragte Harry.
„Es ist Halloween, da gibt es immer ein Fest.“, meinte Thomas und Markus grinste zufrieden mit der Hand auf seinem Bauch.
Gemeinsam verließen sie den Gemeinschaftsraum und machten sich auf den Weg in die Große Halle. Unterwegs stießen sie auf Anthony, der sich ihnen anschloss und als sie die Große Halle betraten, staunte Harry. In der Luft schwebten neben den tausenden brennenden Kerzen ausgehöhlte, leuchtende Kürbisse und Schwärme unzähliger Fledermäusen flogen durch die Große Halle, Spinnweben hingen von an den Wänden herab und die Tische waren festlich geschmückt.
Als alle Schüler Platz genommen hatten, wurden sie alle von Dumbledore begrüßt und er wünschte ihnen ein angenehmes Festmahl. Mit einem Klatschen der Hände erschien das Essen auf den Tischen und Harry war begeistert, denn das Essen übertraf das Festmahl des ersten Abends um Weites, was die Kreativität und Dekoration der Speisen anging.
Das Essen verlief gemütlich, mit ausgelassener Stimmung und einem vollen Magen, als kurz vor Ende des Festmahls Professor Quirrel kreidebleich in die Halle gerannt kam. „TROLL!“, rief er und rannte zum Lehrertisch. „Troll… in den Kerkern. Ich… ich dachte, sie sollten es wissen!“, stammelte er und brach vor dem Lehrertisch zusammen.
Panik und Schreie brachen in der Großen Halle aus, Schüler begannen aufzuspringen und wollten aus der Halle stürmen. „RUHE!“, rief Dumbledore langezogen mit einer Ruhe und Macht in der Stimme, die Harry die Nackenhaare aufstellte. „Vertrauensschüler!“, ordnete er an. „Bringt die Ravenclaws und Gryffindors in eure Gemeinschaftsräume. Slytherin und Hufflepuff bleiben hier, bis der Kerker kontrolliert wurde. Die Schülersprecher halten hier die Stellung, die Lehrer kommen mit mir. Auf, auf!“
Damit erhob sich der gesamte Lehrkörper und verschwand mit Dumbledore in einer der Seitentüren der Halle. Die Schüler liefen ihren Vertrauensschülern hinterher und die Slytherins und Hufflepuffs liefen zu ihrem Tisch zurück, als Harry Anthony beim Rauslaufen am Arm zurückhielt.
„Anthony!“, zischte Harry leise.
„Was?“
„Hermine.“
„Was?“
„Sie ist immer noch nicht aufgetaucht. Sie muss sich wohl noch im Mädchenklo verstecken.“
„Scheiße.“
„Wir müssen sie warnen!“, sagte Harry ließ sich mit Anthony unauffällig nach hinten fallen und verschwanden um die Ecke, nachdem alle weitergelaufen waren.
Auf dem Weg zum Mädchenklo kam ihnen ein widerlicher, fauliger Geruch entgegen, der ihnen die Nackenhaare zu Berge trieb. „Doppelt Scheiße.“, meinte Anthony trocken, als sie erkannten, dass der besagte Troll nicht in den Kerkern war.
Das Monster vor ihnen war weit über drei Meter groß, hatte eine raue, granitgraue dicke Haut und einem unterproportional kleinen Kopf mit einem dümmlich dreinblickenden Gesichtsausdruck. Der gesamte Körper des Trolls schien ziemlich kräftig und eindrucksvoll, wenngleich auch abstoßend. Der Troll zog eine schwere, hölzerne Keule hinter sich her – und steuerte genau auf das Klo der Mädchen zu, dessen Tür er aufstieß und darin verschwand. Harry und Anthony rannten hinterher und hörten bereits die Schreie hinter der Tür hervordringen. Sie stürmten in das Klo hinein und blieben geschockt stehen, als sie sahen, wie die Hälfte der Toilettenkabinen in Trümmern lag und der Troll ausholte und ein Waschbecken zerschmetterte. Hermine schrie panisch auf, da sie sich unter einem der Waschbecken versteckte und neben ihr die Keule zu Boden fiel.
„HEY!“, brüllte Harry und warf ein Stück Holz an den Kopf des Trolls.
„HIER HER!“, rief Anthony und warf von einer anderen Seite weitere Stücke Holz. Der Troll drehte sich um und lief auf die Jungs zu. Er schlug mit seiner Keule in Harrys Richtung, wurde jedoch wieder von Anthony getroffen, was den Schlag ein wenig unkoordiniert in die Wand schlagen ließ. Fliesen zerbarsten an der Wand und Holzteile flogen in sämtliche Richtungen. Wasser lief über dem Boden entlang und Hermine saß wie versteinert an der Wand unter dem Waschbecken. Der Troll lief auf Anthony zu, der Harry mit großen Augen anblickte und zwei Schritte zurücklief.
„Hilfe.“, krächzte Anthony und stieß mit dem Rücken an der Wand an. Harry zog mit zitternden Händen seinen Zauberstab, als der Troll einen weiteren Schritt nach vorne machte, um mit seiner Keile auszuholen. Harry brauchte eine Lösung – er hatte in den Wochen zuvor einiges über verschiedenste Zauber gelesen, aber er war auch realistisch hinsichtlich seinen Fähigkeiten. Er hatte keinen der Zauber, die in Frage kämen, wirklich geübt, aber er wusste auch, dass es jetzt um Leben und Tod ging.
„Glacies crescendi!“, sprach Harry nervös, in der Hoffnung, dass der Zauberspruch funktionieren würde. Ein paar weiße Funken stoben aus der Spitze hervor und er fluchte.
„Glacies crescendi!“, wiederholte er panisch, holte weit mit dem Zauberstab aus und machte große Augen, als ein hell leuchtender Strahl den Troll an den Beinen traf und sich eine dicke Eisschicht über seine Beine zog, sich weiter über den Boden ausbreitete und dafür sorgte, dass der Troll beim Auftreten ausrutschte. Der Zauber arbeitete jedoch unkontrolliert weiter und breitete sich rapide über den Boden und Harrys Hand aus, was er logischerweise nicht geplant hatte und er somit nicht weiter zaubern konnte. Der Troll versuchte sich aufzurichten und erneut mit der Keule auszuholen, rutschte jedoch ein Stück aus und landete wieder auf dem Boden, während Harry versuchte, den Zauber irgendwie zu unterbrechen.
„Wutschen und Wedeln!“, rief Hermine zu Anthony, der mit einem „Wingardium Leviosa!“ die Keule zum Schweben brachte. Der Troll blickte verwundert hoch und als der Zauber abbrach, fiel dessen Keule krachend auf den Schädel des Kobolds und schlug ihn zu Boden.
„Hermine!“, rief Harry und wollte zu ihr rennen, wurde jedoch unterbrochen, als Professor McGonagall, Snape und Quirrel angerannt kamen. Der Zauber brach ab und Harry wirbelte mit großen Augen herum, Schmerzen machten sich durch das kalte Eis langsam in seiner Hand breit.
„Bei Merlins Bart!“, rief Professor McGonagall aufgebracht und fasste sich an die Brust. Harry sah zu den Professoren und erkannte aus dem Augenwinkel, dass Snapes Hosenbeine zerrissen waren und dessen Bein blutete. Als Snape Harrys Blick verfolgte, zog er seinen Umhang vor und verdeckte sein Bein, blickte Harry durchdringend an und widmete seinen Blick der vorliegenden Situation.
„Können Sie mir erklären, was Sie hier veranstalten?“, fragte Professor McGonagall streng.
Harry und Anthony sahen sich an und schluckten. Harry hob lediglich seine eingefrorene Hand mit dem festgefrorenen Zauberstab, woraufhin sie ihren Zauberstab kurz schwenkte und das Eis zum Schmelzen brachte. Anthony räusperte sich, bekam jedoch keinen Ton heraus.
„Ich sehe das Ergebnis, Potter. Sie beide, ich erwarte eine Erklärung!“, forderte sie und blickte in den Raum hinein. „Was Sie hier gemacht haben war unverantwortlich, absolut kopflos und…“
„Es war meine Schuld, Professor.“, sagte Hermine, woraufhin McGonagall sie erstaunt ansah. „Ich dachte, dass ich helfen kann. Ich hatte alles über Trolle gelesen und dachte mir... Nun, ja… wenn Harry und Anthony nicht gekommen wären, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.“
Sie sah ihre Hauslehrerin ernst an und schluckte.
„Miss Granger, ich bin enttäuscht über Ihren Mangel an Einschätzungsvermögen über die Gesamtlage. Fünf Punkte Abzug für Sie. Und für Sie beide, Potter und Goldstein –“, sie blickte die beiden streng und mit einer Mischung aus Genervtheit und gleichzeitig mit einer gewissen Anerkennung an, „ – zehn Punkte für jeden von Ihnen, für Ihr unverschämtes Glück. Nicht viele Erstklässler können es mit einem ausgewachsenen Bergtroll aufnehmen und überleben es, um die Geschichte ihren Mitmenschen auch noch erzählen zu können. Ab mit Ihnen in Ihre Gemeinschaftsräume!“
Sie schlichen sich an den Lehrern vorbei, als sie noch einmal aufgehalten wurden.
„Und Potter.“, fuhr Professor McGonagall fort. „Eiszauber erfordern einen kühlen Kopf und Konzentration, dann arten sie auch nicht aus. Sollten Sie Verletzungen an der Haut haben gehen Sie in den Krankenflügel. Gute Nacht.“
„Danke.“, sagte Harry und sie liefen weiter.
Als sie um die Ecke abbogen sah Hermine sie erleichtert an. „Ich dachte, wir werden verwiesen!“
„Hermine, hast du eigentlich mal ansatzweise deine Prioritäten überdacht? Das Vieh hätte dich innerhalb weniger Augenblicke zu Suppe verarbeitet.“, fuhr Anthony sie wütend an.
„Vielleicht… sollte ich das wirklich tun.“, sagte Hermine leise.
„Aber du hast auch für uns gelogen.“, stellte Anthony trocken fest.
„Ihr habt mein Leben gerettet, das war ja wohl das Mindeste, oder?“, entgegnete sie und seufzte. „Es tut mir leid, dass ich euch über die letzten Wochen so ignoriert habe.“
„Schon ok. Wir wissen, was Hogwarts für dich bedeutet und wir wissen auch, dass du keine Lust hast zu sterben. Oder schlimmer: von der Schule zu fliegen.“, äffte Anthony sie am Ende nach und Harry grinste. Hermine wurde ein wenig rot um die Nase und schmunzelte.
„Freunde?“, fragte Harry und legte den Kopf schief.
„Es gibt Situationen, die wohl unweigerlich dazu führen, Freunde zu sein. Von einem Bergtroll und dessen Todeskeule gerettet zu werden, gehört definitiv dazu.“, sagte sie und lächelte.
„Cool. Hier, ich hatte noch etwas eingepackt.“, meinte Anthony und zog ein paar in Servietten gewickelte Putensandwiches und ein Stück Kuchen aus seinem Umhang hervor. Er drückte es Hermine in die Hand. „Könnte sein, dass sie an manchen Stellen ein bisschen nass geworden sind.“
Sie liefen die Korridore entlang und trennten sich an der Treppe, die zu den jeweiligen Haustürmen führte. Hermine wünschte ihnen noch eine gute Nacht und die beiden Jungs liefen die Treppen weiter in den fünften Stock und machten sich auf den Weg in ihren Schlafsaal.
„Das wird noch ein spannendes Jahr.“, meinte Anthony und legte sich im Schlafsaal auf den großen Teppich auf dem Boden vor den Ofen. Harry setzte sich neben Anthony auf den Boden und blickte in das knisternde Feuer.
„Das glaube ich auch.“, meinte er und drehte seinen Zauberstab zwischen den Fingern hin und her.
„Du hast übrigens auch mein Leben gerettet.“, sagte Anthony nach einer ganzen Weile und drehte seinen Kopf zu Harry. „Danke.“
„Dafür musst du dich echt nicht bedanken, Anthony.“, entgegnete Harry ernst.
„Ich will aber.“
„Dann… gern geschehen.“, schmunzelte Harry und gähnte ein wenig.
„Für einen kurzen Moment dachte ich wirklich, dass mein letztes Stündchen geschlagen hat. Wie bist du auf diesen Zauberspruch gekommen?“, fragte Anthony.
„Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich hatte einige Zaubersprüche im Kopf, aber ich habe kaum einen davon wirklich geübt oder ausprobiert, aber ein kleines Flämmchen, Licht oder keine Ahnung… andere Dinge würden den Troll nicht aufhalten, nehme ich an, bei der dicken Haut. Und die letzte Hoffnung war, seine Bewegungen irgendwie zu verlangsamen, aber den Lähmungszauber hatte ich nicht so richtig auf dem Schirm, also war der Eiszauber das, was ich irgendwie noch hoffte einsetzen zu können.“, sagte Harry. „Ich war wirklich verzweifelt, wenn ich ehrlich bin.“
„Du warst echt mutig.“
„Ich hatte richtig Angst, Anthony, und ich wäre definitiv nicht damit klar gekommen, dass ich dein Leben auf dem Gewissen habe, weil ich nicht richtig gezaubert habe – das darf so nie wieder passieren.“
„Harry.“, sagte Anthony. „Es ist doch egal, ob du panisch oder verängstigt warst, aber du hast nicht aufgegeben und hast mit deinem, wenn auch aus den Fugen geratenen, Zauber einen Bergtroll so lahm gelegt, dass ich ihn umhauen konnte.“
„Wir sind ein gutes Team.“, meinte Harry und lächelte schräg. „Vielleicht… ungewöhnlich, aber trotzdem.“
„Natürlich sind wir das.“, entgegnete Anthony lachend und hielt stolz die Nase hoch. „Deine Eltern und mein Vater waren ja auch talentierte Zauberer. Irgendwas müssen wir ja geerbt haben.“
„Ich hoffe es wirklich.“, sagte Harry und gähnte. „Und jetzt will ich schlafen.“
Seine Gedanken fielen oft auf den Moment zurück, als er von Remus bei den Lovegoods abgeholt wurde und damit einen weiteren Schritt in seine Freiheit machen konnte. Er hatte in den ersten Wochen bei Remus das erste Mal wirkliche, ehrliche Freude empfunden und hatte sich zum ersten Mal getraut auf jemanden zuzugehen, ohne von der Angst geplagt zu sein, dass er nicht ernst genommen wurde – eine leise Stimme im Hinterkopf hatte ihm durchgehend Mut gemacht, dass er Remus vertrauen konnte. So wie er auch das Gefühl hatte, dass Remus ihm vertraute – er hatte ihm sein Geheimnis über die Lykanthropie offenbart und ihm damit die Wahl gelassen, ob er mit ihm zusammenleben wollte oder nicht. Und Harrys erster Gedanke war, wen er als Werwolf verurteilen konnte, wenn er selbst das Blut von Elfen in sich trug – im ersten Moment wusste er, dass ein Werwolf ein anderes Kaliber sein musste als eine Elfe, zumal er nicht wusste, wie echte Elfen wirklich aussahen. Aber er hatte keine Angst gehabt – er wusste, dass er mit Remus ein neues Leben anfangen konnte, es würde keine Rolle spielen, welche Krankheit sein Pate hatte – wenn seine Mutter ihm vertraut hatte, konnte er es auch. Oder? Zumindest war das für ihn, in seiner kindlichen Vorstellung, die logisch griffigste Schlussfolgerung, die von einem noch stärkeren Gefühl, dem Wunsch nach einer Familie, in den Hintergrund geschoben wurde.
Harry wusste, dass er eine Lösung für sein Gedankenkarussell finden würde, er musste nur geduldig sein. Und Geduld hatte er, dessen war er sich sicher. Schließlich war er jahrelang geduldig gewesen, in dem Wissen, dass der Tag kommen würde, an dem er die Dursleys verlassen konnte. Und dieser Tag war früher gekommen, als er es sich erhofft hatte und die Folgen davon waren für ihn unbezahlbar – es gab jemanden, der wie eine Art Familie war und er konnte in Hogwarts sein; lernen, was ihm gefiel, teilweise lernen musste, was ihn weniger interessierte und, trotz dessen, dass er Luna sehr gerne mochte und sie als seine Freundin bezeichnete, hatte er seinen ersten richtigen Freund gefunden.
Er blickte rüber zum anderen Bett. Anthonys Gesichtszüge waren tiefenentspannt, er schlief mit halboffenem Mund und schnarchte kaum hörbar. Harry lächelte, als er das entspannte Gesicht seines Freundes sah. Manchmal fragte er sich, was in Anthonys Kopf vorging – er hatte Harry auch offenbart, dass er nie wirklich Freunde hatte, da er mit vielen Menschen nicht zurechtgekommen war. Als Harry nachfragte, warum das so war, hatte er nur abgewunken. Anthony hatte ihm auch ein wenig von seinen Eltern erzählt, mit denen er teilweise ein eher angespanntes Verhältnis hatte. Seine Mutter war selten wirklich zufrieden mit seinen Leistungen gewesen, weshalb er sich immer größte Mühe gegeben hatte, den Ansprüchen seiner Mutter gerecht zu werden, was dazu führte, dass sein Vater oft versucht hat, den Druck von Anthony zu nehmen, was wiederum zur Folge hatte, dass seine Eltern häufig stritten. Und von diesem Stress des Hin-, und Hergerissenseins konnte sich Anthony oft nicht distanzieren, was ihn unweigerlich zum Außenseiter gemacht hatte – obwohl er ein recht geselliger und humorvoller Junge war, der die Anderen oft zum Lachen brachte. Seine Eltern waren auch beruflich häufig im Ausland unterwegs, da sie beide für das Ministerium in der Abteilung für Internationale Magische Zusammenarbeit arbeiteten, was zur Folge hatte, dass Anthony oft bei seiner Tante lebte, die nicht wirklich viel für Kinder übrig hatte.
Harry merkte, wie seine Gedankenflut abebbte und seine Augen schwerer wurden. Doch noch bevor er den Impuls greifen konnte, aufzustehen und sich in sein Bett zu legen, fielen seine Augen zu.
„Harry.“, hörte er seinen Namen leise, gefolgt von einem leichten Schütteln an seiner Schulter. Er blinzelte verwirrt und drehte seinen Kopf vom Fenster weg, um zu schauen, wer ihn gerufen hatte.
„Hm?“, fragte er leise und rieb sich die Augen.
„Warum schläfst du auf dem Boden? Beziehungsweise,... warum schläfst du am Fenster?“, fragte Anthony, der vor ihm in die Hocke ging und ihn skeptisch ansah.
„‘ch bin vorhin aufgewacht.“, meinte Harry gähnend und richtete sich auf. „Wie viel Uhr haben wir?“
„Halb sieben, wie immer. Aber nochmal fürs Protokoll – warum schläfst du auf dem Boden?“
„Ich bin aufgewacht, gegen vier oder so, und konnte nicht mehr einschlafen. Dann hab ich mich hier hin gesetzt und rausgeschaut.“
„Mhm. So siehst du auch aus.“, lachte Anthony und zog Harry auf die Beine. „Du solltest duschen.“
„Wahrscheinlich.“, entgegnete Harry müde und lief mit Anthony ins Bad.
Nachdem sie sich für den Tag hergerichtet hatten, packten sie ihre Bücher für Zauberkunst und Verteidigung ein, Harry setzte Edd auf seine Schultern und ging anschließend mit Anthony in die Große Halle zum Frühstück. Es war zu ihrer Routine geworden, als eine der Ersten zum Frühstück zu erscheinen und die Ruhe in der Halle zu genießen. Ihren Beobachtungen zufolge waren ein großer Teil der Professoren ebenfalls der gleichen Ansicht, ihr Frühstück gern in aller Ruhe einzunehmen, bevor die Masse an Schülern die Halle mit Lärm erfüllte. Als sie sich an den Ravenclawtisch setzten, sahen sie Hermine wie so häufig alleine mit einem Buch am Tisch der Gryffindors sitzen. Harry hatte ihr gewunken, aber sie war so sehr im Buch versunken, dass sie ihn nicht bemerkte – und beim Lesen auch vergessen hatte, ihr Frühstück zu essen.
„Lass‘ gut sein.“, sagte Anthony leise und versuchte ihm ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen.
„Mhm.“, antwortete Harry und füllte sich seine Schüssel mit Haferbrei, Apfelstücken und Honig. Anthony, der sich seinen Teller mit Rührei, Speck und Brot füllte, sah Harry fragend an, als dieser ihn schmunzelnd ansah.
„Was?“, fragte Anthony und beäugte seinen Teller skeptisch. „Ist irgendwo was reingefallen? Verarschst du mich wieder?“ Er hob seinen Teller auf Augenhöhe und untersuchte ihn akribisch.
„Nein, nein. Aber wird dir das Frühstück nicht irgendwann langweilig? Willst du nicht was anderes ausprobieren?“, fragte Harry grinsend. Anthony kniff die Augen zusammen und schürzte die Lippen.
„Sagt der, der sich ständig morgens von Haferbrei ernährt. Ich will ja schließlich groß und stark werden.“, meinte Anthony gespielt schnippisch und drehte theatralisch seinen erhobenen Kopf zur Seite.
„Ich habe mit meiner Obstauswahl mehr Variation auf dem Teller als du.“
„Du isst aus Schüsseln, Harry.“
„Wow.“
„Oder? Find ich auch.“, entgegnete Anthony und lachte. Sie frühstückten in Ruhe weiter, als sich Padma zu ihnen an den Tisch setzte und das Essen begutachtete.
„Du bist doch nie so früh wach, Padma.“, meinte Harry und Anthony nickte beschwichtigend.
„Ach, die zwei anderen im Schlafsaal führen gerade einen kleinen Zickenkrieg.“, meinte Padma und schmunzelte, während sie sich ihr Brot butterte.
„Warum denn das?“, fragte Harry stirnrunzelnd.
„Wollt ihr es wirklich wissen?“, fragte sie und biss in ihr Brot. Harry und Anthony sahen sich kurz an und schüttelten dann den Kopf.
„Wobei…“, kam es nach ein paar Sekunden von Anthony. „Hau raus.“
„Lisa und Mandy streiten sich darüber, wer den besseren Geschmack hat.“, meinte Padma und trank einen Schluck Tee. Die beiden Jungs sahen Padma fragend an und legten den Kopf schief.
„Leute.“, sagte sie und rollte mit den Augen. „Es geht um Jungs.“
„Oh.“, kam es gleichzeitig von Harry und Anthony und sie zuckten mit den Schultern.
„Und?“, fragte Anthony danach.
„Lisa findet Stephen ganz gut und Mandy sagt, dass Terry der Hübschere ist. Aber was danach kam, hab ich nicht mitbekommen, weil ich geflohen bin.“, sagte Padma schulterzuckend und aß gemütlich weiter.
„Und uns finden sie nicht hübsch?“, fragte Anthony betont empört und Harry verschluckte sich an seinem Tee, als er anfing zu lachen. Er hustete mehrmals, in der Hoffnung, dass sein Frühstück nicht noch einmal hochkommen würde und Anthony klopfte ihm lachend auf den Rücken.
„Anthony!“, empörte sich Harry.
„Harry!“, antwortete er und versuchte, eine ernste Miene zu bewahren.
„Über euch reden sie nicht. Nicht wirklich, zumindest nicht so. Außerdem,… Man sieht euch ja kaum im Gemeinschaftsraum und wenn findet man euch über Büchern oder im Gespräch verwickelt.“
„Auch gut.“, entgegnete Harry und Padma schmunzelte. Anthony entwich ein genervtes „Tsss.“, während er den Kopf schüttelte. Er beugte sich zu Harry rüber und sprach ihm leise ins Ohr: „Die Zwei gefallen mir eh nicht.“ Harry prustete los und hielt sich die Hand vor den Mund, da er nicht wollte, dass sein Haferbrei in Padmas Gesicht landen würde und sah zu Anthony rüber. Er schüttelte den Kopf und atmete lange aus.
„Du machst mich fertig.“, seufzte Harry trocken und schob seine Schüssel von sich weg.
„Stets zu Diensten.“, antwortete Anthony und Padma schmunzelte. Nach dem Frühstück verabschiedeten sich die beiden von ihr und verließen die Große Halle.
„Wir sehen uns in Zauberkunst, ja? Ich muss nochmal hoch.“, meinte Anthony und Harry nickte. Er sah ihm hinterher, wie er die Treppe hochlief und Harry machte sich auf in Richtung der Gewächshäuser, da er noch eine Stunde Zeit hatte. Da um diese Uhrzeit selten jemand in den Gewächshäusern war, nutzte er die Zeit, seinen Bowtruckle dort abzusetzen und notfalls ein paar Blätter mit Holzläusen und anderem Ungetier in ein Glas zu packen, falls der Bowtruckle abends noch einmal Hunger hätte – er wusste zwar nicht, ob es unbedingt nötig war, da Harry bei Edd keine Anzeichen von Hunger ablesen konnte, aber sicher war sicher.
Als er zwischen den Pflanzen umherlief, kam einmal Professor Sprout um die Ecke, die ihn flüchtig im Vorbeigehen grüßte und wieder verschwand. Nach einer Weile hörte Harry den Bowtruckle laute Geräusche von sich geben und er zog ihn aus einem Rosenbuch heraus, nachdem er gesehen hatte, wie er eine Reihe der Insekten verputzt hatte und setzte ihn in seine Brusttasche.
Auf dem Rückweg sah er von Weitem ein paar der Erstklässler von Slytherin und Hufflepuff in Richtung der Gewächshäuser laufen, als er schon die ersten Sprüche vernahm, die ihm entgegen geworfen wurden.
„Ey, Narbengesicht. Hast du dich verlaufen?“, höhnte Malfoy und lief mit Crabbe und Goyle im Schlepptau auf ihn zu.
Ein Schöner Start in den Morgen, dachte sich Harry und seufzte innerlich. Er sah zu Malfoy, zog die Augenbraue hoch und lief weiter. Das schien einen wunden Punkt bei dem Blonden getroffen zu haben, denn dieser funkelte ihn angriffslustig an. Seit sich herumgesprochen hatte, dass Harry der neue Sucher der Ravenclaws war, war Malfoy noch weitaus angriffslustiger und fieser als zuvor. „Ich wusste gar nicht, dass deine Narbe dich nicht nur zum Waisenkind, sondern auch noch stumm gemacht hat.“, spottete er und Harry drehte sich langsam zu ihm um. Er legte den Kopf schief und sah Malfoy kühl an.
„Scheint so.“, antwortete er und lief weiter, wurde jedoch von Crabbe, durch ein wortloses Kommando von Malfoy in Gang gesetzt, am Oberarm festgehalten.
„Nicht so schnell, Narbengesicht.“, meinte Draco und wollte zu Harry vorpreschen, blieb jedoch abrupt stehen, da Crabbe seine Hand jaulend zurückzog und sie ungläubig anstarrte. Über den Fingern und Handrücken zogen sich, neben einem deutlichen, stark geröteten Fleck durch einen ordentlichen Schlag, eine reihe tiefer Schnittwunden, die langsam zu bluten begannen. Draco blickte zu Crabbe und dann zu Harry, der ihn schulterzuckend ansah und weiter in Richtung des Schlosses lief. Da Professor Sprout die Erstklässler zu sich hineinrief, konnten Malfoy und seine zwei Lakaien ihre Auseinandersetzung nicht weiter ausführen. Harry konnte zwar noch ein „Pass bloß auf, Narbengesicht!“ hören, lief jedoch unbeeindruckt weiter.
„Gut gemacht.“, sagte Harry grinsend und streichelte Edd an seinem Köpfchen, der zufriedene Laute von sich gab.
Er kam gerade noch pünktlich zu Zauberkunst und setzte sich neben Anthony, der ihm einen Platz freigehalten hatte und holte sein Buch aus der Tasche.
„Alles ok?“, fragte Anthony leise und sah Harry skeptisch an.
„Ja, warum?“
„Du schmunzelst und deine Ärmel sind extrem zerknittert.“
„Dir entgeht nichts, oder?“
„Niemals.“
„Malfoy.“, sagte Harry und schmunzelte.
„Hat er dich angegriffen?“
„Nein, er war heute wieder sehr kreativ, was seine Beleidigungen anging. Crabbe hat mich nur festgehalten.“
„Und dann?“
„Sagen wir es so. Er wird heute mit Schmerzen schreiben. Falls er jemals schreiben gelernt hat.“
„Was ist passiert?“
Harry deutete nur auf seine Brusttasche und Anthony grinste. „Bowtruckles können schon aggressiv sein, oder?“
„Ein gezielter Schlag, gefolgt von ein paar Schnittwunden über die Finger und den gesamten Handrücken. Ich glaube, er wird mich nicht mehr anfassen, Edd war zu schnell, als dass sie gesehen hätten, was passiert ist.“
„So mag ich das, Harry.“, grinste Anthony und wurde von Professor Flitwick um Ruhe gebeten, da er den Unterricht beginnen wollte.
Sie würden heute den Schwebezauber lernen, mit dem Gegenstände und Lebewesen in der Luft schweben gelassen werden konnten. Professor Flitwick, wie immer auf seinem Bücherstapel stehend, schwang kurz seinen Zauberstab und begann große, weiße Federn auszuteilen. Als vor jedem Schüler eine große Feder zum Liegen kam, schrieb er den Zauberspruch noch einmal an die Tafel und ließ die Schüler den Zauberspruch langsam, ohne Zauberstab aussprechen. Dies wiederholten sie ein paar Mal und Flitwick begann zu erklären, worauf es bei der Betonung und bei der Zauberstabbewegung ankam. Nachdem sie die Bewegung einige Male geübt hatten, erinnerte er sie ein weiteres Mal an die genaue Aussprache, mit dem Hinweis, sich an einen Zauberer der vergangenen Jahrhunderte zu erinnern, der das V und S vertauscht hatte und danach einen Ochsen auf seiner Brust sitzen hatte. Harry wollte sich gerade konzentrieren, als er von einer Diskussion zu seiner Linken abgelenkt wurde.
„Wingardium Leviosa.“, sagte Ron Weasley genervt und fuchtelte mit seinem Zauberstab in der Luft herum. Harry rutschte ein Stück weiter nach rechts, trotz dessen, dass Seamus Finnigan zwischen ihm und Ron saß, in der Befürchtung, dass Ron seine Feder in die Luft jagen würde, und sah mit großen Augen zu Anthony, der das Schauspiel belustigt beobachtete.
„Ron, du stichst noch jemandem die Augen aus.“, zischte Hermine, die links von ihm saß, vorwurfsvoll.
„Als ob. Wingardium Leviosa!“, wiederholte Ron und Harry war sich sicher, dass es mit dieser Aussprache und dem Zauberstabgefuchtel – er musste unweigerlich an Snapes Einstiegsrede denken – nicht funktionieren würde. Anthony hatte derweil grinsend seinen Kopf auf seiner Hand abgelegt und genoss die Darbietung. Harry wollte den Zauberspruch aufsagen, als er wieder abgelenkt wurde.
„Ron! Wutschen und Wedeln! Außerdem betonst du es nicht richtig. Es heißt Wing-gardium Levi-O-sa, nicht Levio-SAR.“, sagte Hermine genervt und seufzte.
„Dann mach du’s doch besser, wenn du alles besser weißt.“, keiferte Ron sie an, woraufhin sie nur die Augen verdrehte und ihren Zauberstab in die Hand nahm.
„Wingardium Leviosa.“, sprach sie sanft, aber bestimmt, und mit dem synchronen Wutschen und Wedeln des Zauberstabes erhob sich die Feder und schwebte langsam in die Luft. Sie sah Ron aus dem Augenwinkel an, der die Augen verdrehte und den Kopf auf die Tischplatte legte.
„Oh, wunderbar! Miss Granger hat es geschafft, sehen Sie nur!“, sprach Professor Flitwick begeistert und klatschte erfreut in die Hände. Anthony kicherte amüsiert, widmete sich seiner Übung und Harry schüttelte nur belustigt den Kopf. Als nach wenigen Momenten wieder eine konzentrierte Ruhe im Klassenzimmer herrschte, setzte sich Harry wieder entspannt hin und zog seinen Zauberstab.
„Wingardium Leviosa.“, sagte er und setzte seine Feder sanft in Bewegung in die Luft.
„Mr. Potter, wunderbar, sehr gut gemacht!“, freute sich sein Hauslehrer und Harry schmunzelte.
„Angeber.“, murmelte Anthony und Harry streckte ihm die Zunge raus.
„Du hast Verwandlung, lass mir Zauberkunst.“
„Ja, ok.“, meinte Anthony dramatisch und übte weiter. Wenige Minuten später war Harrys Befürchtung wahr geworden und eine Feder war explodiert – allerdings war es nicht Rons, sondern die von Seamus gewesen.
Als sie sich von Zauberkunst auf den Weg zu Verteidigung gegen die Dunklen Künste machten, hörten Harry und Anthony deutlich, wie sich drei der Gryffindorjungs lauthals aufregten.
„Sie ist so eine Besserwisserin, es ist einfach nur nervig.“, meinte Ron und Seamus stimmte zu.
„Es heißt Wing-gardium Levi-OOOO-sa, nicht Levio-SAAAR.“, äffte er sie nach. Seamus und Dean Thomas stiegen in das Nachäffen mit ein und lachten hämisch.
„Sie ist echt ein Alptraum.“, meinte Seamus und Ron grunzte.
„Kein Wunder, dass sie keine Freunde hat und immer alleine ist.“, sagte Ron und Harry drehte sich wütend um, wurde jedoch kurz von einer vorbeistürmenden Hermine angerempelt. Er war sich sicher, dass er bebende Lippen und nasse Wangen erkennen konnte und lief zu den drei Gryffindors.
„Hört ihr euch überhaupt zu? Findet ihr das witzig, so über jemanden herzuziehen?“, fragte er wütend.
„Was willst du, Potter? Ihr Ravenclaws hängt doch auch nur über euren Büchern, bei euch wäre sie besser aufgehoben. Die Meisten von euch sind doch genau wie sie.“, entgegnete Ron und Seamus nickte beschwichtigend. Dean verschränkte nur die Arme vor der Brust und zog die Augenbrauen hoch.
„Ihr seid widerlich, absolut widerlich. Zu dritt auf einer Person rumhacken und dann auch noch so laut, dass es jeder hört. Ekelhafte Feiglinge und erbärmliche Gryffindors.“, spie Harry beinahe zischend und drehte sich um, lief zu Anthony und schüttelte nur den Kopf.
„Gut gemacht, mein Freund. Aber das Zischen war fast schon gruselig.“, sagte Anthony und klopfte ihm auf die Schultern. Harry schluckte kurz und verzog das Gesicht. Das war nicht geplant gewesen.
„Das war richtig mutig von dir.“, kam es plötzlich von rechts und Harry sah Neville neben ihm herlaufen.
„Danke, Neville.“, erwiderte Harry.
„Du bist immer mutig. Du hast mich vor Malfoy verteidigt und Hermine vor den Jungs,… das ist wirklich beeindruckend. Ich habe schon ein paar Mal versucht, etwas zu sagen, aber sie lachen mich aus. Außer Hermine nimmt mich in Gryffindor keiner ernst. Oder…generell nimmt mich niemand ernst, wenn ich ehrlich bin.“, meinte Neville bedrückt.
„Wir nehmen dich ernst, Neville.“, sagte Anthony. „Bei uns hat jeder gesehen, dass du in Kräuterkunde richtig gut bist. Sie sehen zwar, dass du echt unsicher bist, aber dein Talent kann jeder anerkennen.“
„Absolut.“, stimmte Harry seinem Freund zu und lächelte Neville an.
„Wirklich?“, fragte dieser ungläubig.
„Klar.“, meinte Anthony. Nevilles Augen wurden größer und seine Ohren rot.
„Danke. Aber mit dem Zauberstab, da… bin ich echt nicht so gut. Mein Zauberstab hat meinem Vater gehört, er war Auror und er war richtig gut! Aber es will bei mir einfach nicht funktionieren.“, sagte er und seufzte schwer.
„Das wird sich noch richten. Geduld.“, meinte Harry. „Alles zu seiner Zeit.“
„Wenn du das sagst, Harry.“, sagte Neville. „Dann muss ich jetzt nur noch mutiger werden.“
„Wirst du.“, meinte Anthony und betrat mit den beiden das Klassenzimmer für Verteidigung. Harry machte sich eine gedankliche Notiz, dass er definitiv ein Gespräch mit Fred und George suchen musste. Sehr zu ihrem Missmut waren Quirrels Vorträge wie zu erwarten weitestgehend von Theorie dominiert und entsprechend gelangweilt waren die Erstklässler. Verteidigung gegen die Dunklen Künste war ein Fach, in dem Harry und Anthony mittlerweile grundsätzlich in der letzten Reihe saßen, um entweder zu lesen oder andere Hausaufgaben zu erledigen. Quirrel schien es nicht aufzufallen, denn es gab tatsächlich Schüler, die seinen Vorträgen folgten und Fragen stellten – also hatten sie ihre Ruhe und konnten konzentriert arbeiten.
Als die Erstklässler zum Mittagessen liefen, hielt Harry Ausschau nach den Zwillingen und fand sie auf dem Weg in die Große Halle beim Tor zum Innenhof des Glockenturmes.
„Ich komm gleich nach, ja?“, meinte Harry zu Anthony, welcher nickte und weiter in Richtung der Großen Halle lief. Harry ging derweil zu den Zwillingen, welche, den Gestiken und Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, eine intensive Diskussion führten. Als sie Harry auf sich zukommen sahen, begannen sie zu grinsen.
„Hilf‘ mir Fred, der Vernichter des Bösen ist gekommen, um uns beizuwohnen.“, rief George theatralisch und ließ sich nach hinten in die Arme seines Bruder fallen.
„Wenn das nicht unser Lieblingspotter ist.“, lachte Fred.
„Ich bin der einzige Potter hier.“, stellte Harry trocken fest.
„Auch wahr. Was gibt’s?“, fragte Fred.
„Brauchst du unsere Hilfe? Wir haben schon mitbekommen, dass Malfoy dir das Leben schwer machen will.“, fügte George hinzu.
„Ich brauche tatsächlich eure Hilfe.“, sagte Harry ernst und setzte sich mit den beiden auf eine der Steinbänke.
„Schieß los.“, kam es im Chor.
„Ron.“, meinte Harry knapp und sah ein verschwörerisches Funkeln in den Augen der Zwillinge.
„Was hat unser Ronipupsi wieder angestellt?“, fragte George.
„Hat er wieder eine große Klappe?“, fragte Fred kurz danach.
„Er macht Hermine und Neville mit Seamus und Dean ein wenig das Leben schwer.“, begann er und erzählte den beiden vom Vorfall nach Zauberkunst und was Neville ihm alles erzählt hatte. Den Zwillingen fiel das Lachen aus dem Gesicht, nur um es danach noch verschwörerischer, beinahe gruselig, wieder über die Lippen wandern zu lassen. Harry beobachtete die Mimik der Zwillinge, es war, als würden sie sich komplett ohne Worte verständigen. Die Blicke, die sie sich austauschten, sprachen Bände. Und Harry wusste, dass man sich wohl besser nicht mit den Zwillingen anlegen sollte. Bodkin hatte wohl Recht gehabt, dass man die beiden nicht unterschätzen durfte.
„Keine Sorge, Harry. –“, begann George.
„ – Es ist alles unter Kontrolle. Wir halten ein Auge auf Neville und Hermine und kümmern uns um die anderen drei. Das wird –“, fuhr Fred fort.
„ – ein größeres Vergnügen.“, beendete George den Gedanken.
„Danke.“, lachte Harry und stand auf, um zum Mittagessen zu gehen.
„Übrigens, Glückwunsch. Sucher im ersten Jahr, nicht schlecht. Wir hatten ja gehofft, dass du nach Gryffindor kommst, wir hätten dich brauchen können.“, meinte Fred.
„Seit unser Bruder Charlie nicht mehr als Sucher für Gryffindor spielt, haben wir den Quidditchpokal nicht mehr gewonnen. Aber sieh‘ dich vor, Harry.“, sprach George schelmisch.
„Wir werden es dir nicht einfach machen.“, sagte Fred und mit einem Schulterklopfer verabschiedeten sich die beiden von Harry. „Wir sehen uns!“, riefen sie im Chor über ihre Schultern und begannen zu tuscheln. Harry grinste zufrieden und machte sich auf den Weg in die Große Halle, wo Anthony bereits ungeduldig auf ihn wartete.
„Wo warst du so lange?“, fragte er und begann zu essen.
„Bei Fred und George.“, meinte Harry, deutete auf das hereinkommende Zwillingspaar und löffelte sich etwas von der Kürbissuppe in seine Schüssel.
„Was hast du mit den Weasleys zu tun? Sind die auch wie Ron?“, fragte Anthony neugierig.
„Im Gegenteil. Ich hab‘ sie im Zug kennengelernt. Als ich meinen Koffer alleine nicht auf die Ablage bekommen habe, sind sie ins Abteil gekommen und haben mir geholfen. Wir haben uns dann ein bisschen unterhalten und am Ende haben sie gesagt, wenn ich Hilfe brauche oder mir jemand Ärger macht, soll ich zu ihnen kommen, sie werden mir schon helfen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass das Rons Brüder sind.“, erklärte Harry und Anthony schmunzelte.
„Gewitzter Zug, Harry. Ich verstehe gar nicht, warum du so schlecht im Schach bist.“
„Ey.“, sagte Harry und sah ihn empört an. Dieser hob unschuldig die Hände hoch und zuckte mit den Schultern.
„Ich mein ja nur.“, entgegnete er und aß weiter. Schweigend saßen sie nebeneinander, bis Harry die Stille durchbrach.
„Hermine war nicht im Unterricht.“
„Das ist mir aufgefallen.“
„Seltsam.“
„Schon, ja.“
Wie es sich herausstellte, war Hermine auch nicht in Geschichte der Zauberei anwesend, was Harry doch ein wenig mehr beunruhigte, als er zunächst zugeben wollte. Er beugte sich rüber zu Padma und stupste sie an. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn fragend an.
„Wo ist Hermine?“, fragte er sie und sie deutete mit einem Handzeichen an, zu warten. Padma beugte sich zu ihrer Schwester Parvati herüber, welche sich kurz mit Lavender Brown besprach, welche wiederum nickte, was dazu führte, dass sich Parvati mit Padma austauschte und Padma sich anschließend wieder zu Harry beugte.
„Parvati und Lavender haben sie weinend im Mädchenklo gefunden, sie hat sich wohl dort eingeschlossen und wollte in Ruhe gelassen werden. Mehr wissen sie auch nicht.“, flüsterte sie und Harry nickte. Er bedankte sich bei Padma, nickte den zwei Gryffindormädchen zu und informierte Anthony.
Nachdem sie Professor Binns‘ Vortrag über Ulrich den Spinner, den womöglich exzentrischsten bekannten Zauberer der letzten Jahrhunderte, überlebt hatten, verabschiedete sich Anthony noch einmal von Harry und er machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, um seine Sachen abzulegen und sein Buch fertig zu lesen – wenn Hermine in Ruhe gelassen werden wollte, würde er das wohl oder übel respektieren müssen. Dort angekommen wurde er allerdings von seinen Quidditchkollegen abgefangen.
„Harry!“, wurde er von Robert gerufen und zu sich auf die Sofas vor dem Kamin gewunken. Neben ihm saßen Thomas und Markus, die über einem Pergament grübelten.
„Hey. Was gibt’s?“, fragte Harry und setzte sich zu den drei Fünftklässlern.
„Wir wollten dich nur informieren, dass wir morgen Abend eine Stunde Extratraining und am Wochenende noch einmal zwei Trainingseinheiten veranstalten werden, da das erste Spiel der Saison nächste Woche gegen Slytherin sein wird und wir vorbereitet sein müssen.“, meinte Thomas und blickte vom seinem Pergament hoch, welches sich als Planung für Spieltaktiken herausstellte.
„Oh. Okay, danke fürs Bescheid geben.“
„Wir müssen uns da wirklich ranhalten, die Slytherins sind nicht dafür bekannt, fair zu spielen. Du bist unsere Geheimwaffe.“, grinste Robert und Markus lehnte sich schmunzelnd zurück.
„Das baut kaum Druck auf, überhaupt nicht, aber danke, Robert.“, entgegnete Harry nüchtern und kratzte sich am Kopf.
„Harry, du bist wirklich richtig gut. Mach dir keinen Kopf.“, brummte Markus.
„Danke. Ich geb mir Mühe.“, meinte er in die Runde und wollte gerade aufstehen, als er noch einmal angesprochen wurde.
„Harry, wir haben über ein zwei Ecken und einer Quelle aus Hufflepuff heute mitbekommen, dass du von einem von Malfoys Witzfiguren am Arm gepackt wurdest. War alles in Ordnung?“, fragte Robert ihn und Harry sah, wie Markus fast schon beiläufig seine Knöchel knacken ließ. Er würde es ja nicht zugeben, aber Markus war schon eine Nummer für sich – groß, breit, die tiefe Stimme und sein eindringlicher Blick. Er würde keinen Stress mit ihm anfangen wollen, denn er konnte sich vorstellen, dass er das perfekte Beispiel für ein stilles Gewässer war, das nicht in Wallung gebracht werden sollte.
„Alles in Ordnung. Ich konnte es ganz schnell lösen – sowohl die Situation als auch Crabbes Griff an meinem Arm.“, meinte Harry und grinste. Markus zog seine Augenbrauen hoch, gefolgt von Thomas und Robert legte nur den Kopf schief.
„Wie?“, fragten Thomas und Robert gleichzeitig. Harry griff in die Tasche seines Hemdes und hob Edd auf seine Hand, der wenig angetan war, vor so vielem fremden Leuten präsentiert zu werden. Er sah Harry böse an, gab ein paar empörte Laute von sich und versteckte sich wieder in seiner Tasche.
„Ein Bowtruckle.“, stellte Thomas nüchtern fest und begann zu lachen. „Du trägst tatsächlich einen Bowtruckle mit dir rum?“
„Ja, warum nicht? Er hat gute Arbeit geleistet. Crabbes Hand war ein nettes, kleines Schlachtfeld.“, meinte Harry und zuckte mit den Schultern.
„Niemand trägt einen Bowtruckle mit sich rum.“, sagte Thomas amüsiert. „Aber es ist durchaus interessant – ungewöhnlich, aber interessant.“
„Ich sagte doch, Ravenclaw ist das seltsamste Haus in ganz Hogwarts.“, entgegnete Robert und Harry legte den Kopf schief.
„Ullrich der Spinner war vielleicht seltsam, aber die Ravenclaws? Ein großer Teil hängt nur über ihren Büchern. Und… ja, ich hänge auch viel über meinen Büchern, aber seien wir mal ehrlich…“, meinte Harry und Robert begann zu grinsen.
„Ullrich der Spinner war ein Ravenclaw, Harry. In Ravenclaw gibt es viele Bücherwürmer, da hast du Recht. Und einige davon sind vielleicht so interessant wie Flubberwürmer, aber unser Haus hat einige spannende Talente in seinen Reihen. Es geht nicht nur darum, akademisch gut zu sein. Verbring ein bisschen mehr Zeit hier, dann wirst du es merken.“
„Der Spinner war tatsächlich ein Ravenclaw?“
„Durch und durch. Aber jetzt ist es langsam Zeit fürs Abendessen, heute gibt es ein Fest.“, sagte Robert und stand mit Markus und Thomas auf.
„Fest?“, fragte Harry.
„Es ist Halloween, da gibt es immer ein Fest.“, meinte Thomas und Markus grinste zufrieden mit der Hand auf seinem Bauch.
Gemeinsam verließen sie den Gemeinschaftsraum und machten sich auf den Weg in die Große Halle. Unterwegs stießen sie auf Anthony, der sich ihnen anschloss und als sie die Große Halle betraten, staunte Harry. In der Luft schwebten neben den tausenden brennenden Kerzen ausgehöhlte, leuchtende Kürbisse und Schwärme unzähliger Fledermäusen flogen durch die Große Halle, Spinnweben hingen von an den Wänden herab und die Tische waren festlich geschmückt.
Als alle Schüler Platz genommen hatten, wurden sie alle von Dumbledore begrüßt und er wünschte ihnen ein angenehmes Festmahl. Mit einem Klatschen der Hände erschien das Essen auf den Tischen und Harry war begeistert, denn das Essen übertraf das Festmahl des ersten Abends um Weites, was die Kreativität und Dekoration der Speisen anging.
Das Essen verlief gemütlich, mit ausgelassener Stimmung und einem vollen Magen, als kurz vor Ende des Festmahls Professor Quirrel kreidebleich in die Halle gerannt kam. „TROLL!“, rief er und rannte zum Lehrertisch. „Troll… in den Kerkern. Ich… ich dachte, sie sollten es wissen!“, stammelte er und brach vor dem Lehrertisch zusammen.
Panik und Schreie brachen in der Großen Halle aus, Schüler begannen aufzuspringen und wollten aus der Halle stürmen. „RUHE!“, rief Dumbledore langezogen mit einer Ruhe und Macht in der Stimme, die Harry die Nackenhaare aufstellte. „Vertrauensschüler!“, ordnete er an. „Bringt die Ravenclaws und Gryffindors in eure Gemeinschaftsräume. Slytherin und Hufflepuff bleiben hier, bis der Kerker kontrolliert wurde. Die Schülersprecher halten hier die Stellung, die Lehrer kommen mit mir. Auf, auf!“
Damit erhob sich der gesamte Lehrkörper und verschwand mit Dumbledore in einer der Seitentüren der Halle. Die Schüler liefen ihren Vertrauensschülern hinterher und die Slytherins und Hufflepuffs liefen zu ihrem Tisch zurück, als Harry Anthony beim Rauslaufen am Arm zurückhielt.
„Anthony!“, zischte Harry leise.
„Was?“
„Hermine.“
„Was?“
„Sie ist immer noch nicht aufgetaucht. Sie muss sich wohl noch im Mädchenklo verstecken.“
„Scheiße.“
„Wir müssen sie warnen!“, sagte Harry ließ sich mit Anthony unauffällig nach hinten fallen und verschwanden um die Ecke, nachdem alle weitergelaufen waren.
Auf dem Weg zum Mädchenklo kam ihnen ein widerlicher, fauliger Geruch entgegen, der ihnen die Nackenhaare zu Berge trieb. „Doppelt Scheiße.“, meinte Anthony trocken, als sie erkannten, dass der besagte Troll nicht in den Kerkern war.
Das Monster vor ihnen war weit über drei Meter groß, hatte eine raue, granitgraue dicke Haut und einem unterproportional kleinen Kopf mit einem dümmlich dreinblickenden Gesichtsausdruck. Der gesamte Körper des Trolls schien ziemlich kräftig und eindrucksvoll, wenngleich auch abstoßend. Der Troll zog eine schwere, hölzerne Keule hinter sich her – und steuerte genau auf das Klo der Mädchen zu, dessen Tür er aufstieß und darin verschwand. Harry und Anthony rannten hinterher und hörten bereits die Schreie hinter der Tür hervordringen. Sie stürmten in das Klo hinein und blieben geschockt stehen, als sie sahen, wie die Hälfte der Toilettenkabinen in Trümmern lag und der Troll ausholte und ein Waschbecken zerschmetterte. Hermine schrie panisch auf, da sie sich unter einem der Waschbecken versteckte und neben ihr die Keule zu Boden fiel.
„HEY!“, brüllte Harry und warf ein Stück Holz an den Kopf des Trolls.
„HIER HER!“, rief Anthony und warf von einer anderen Seite weitere Stücke Holz. Der Troll drehte sich um und lief auf die Jungs zu. Er schlug mit seiner Keule in Harrys Richtung, wurde jedoch wieder von Anthony getroffen, was den Schlag ein wenig unkoordiniert in die Wand schlagen ließ. Fliesen zerbarsten an der Wand und Holzteile flogen in sämtliche Richtungen. Wasser lief über dem Boden entlang und Hermine saß wie versteinert an der Wand unter dem Waschbecken. Der Troll lief auf Anthony zu, der Harry mit großen Augen anblickte und zwei Schritte zurücklief.
„Hilfe.“, krächzte Anthony und stieß mit dem Rücken an der Wand an. Harry zog mit zitternden Händen seinen Zauberstab, als der Troll einen weiteren Schritt nach vorne machte, um mit seiner Keile auszuholen. Harry brauchte eine Lösung – er hatte in den Wochen zuvor einiges über verschiedenste Zauber gelesen, aber er war auch realistisch hinsichtlich seinen Fähigkeiten. Er hatte keinen der Zauber, die in Frage kämen, wirklich geübt, aber er wusste auch, dass es jetzt um Leben und Tod ging.
„Glacies crescendi!“, sprach Harry nervös, in der Hoffnung, dass der Zauberspruch funktionieren würde. Ein paar weiße Funken stoben aus der Spitze hervor und er fluchte.
„Glacies crescendi!“, wiederholte er panisch, holte weit mit dem Zauberstab aus und machte große Augen, als ein hell leuchtender Strahl den Troll an den Beinen traf und sich eine dicke Eisschicht über seine Beine zog, sich weiter über den Boden ausbreitete und dafür sorgte, dass der Troll beim Auftreten ausrutschte. Der Zauber arbeitete jedoch unkontrolliert weiter und breitete sich rapide über den Boden und Harrys Hand aus, was er logischerweise nicht geplant hatte und er somit nicht weiter zaubern konnte. Der Troll versuchte sich aufzurichten und erneut mit der Keule auszuholen, rutschte jedoch ein Stück aus und landete wieder auf dem Boden, während Harry versuchte, den Zauber irgendwie zu unterbrechen.
„Wutschen und Wedeln!“, rief Hermine zu Anthony, der mit einem „Wingardium Leviosa!“ die Keule zum Schweben brachte. Der Troll blickte verwundert hoch und als der Zauber abbrach, fiel dessen Keule krachend auf den Schädel des Kobolds und schlug ihn zu Boden.
„Hermine!“, rief Harry und wollte zu ihr rennen, wurde jedoch unterbrochen, als Professor McGonagall, Snape und Quirrel angerannt kamen. Der Zauber brach ab und Harry wirbelte mit großen Augen herum, Schmerzen machten sich durch das kalte Eis langsam in seiner Hand breit.
„Bei Merlins Bart!“, rief Professor McGonagall aufgebracht und fasste sich an die Brust. Harry sah zu den Professoren und erkannte aus dem Augenwinkel, dass Snapes Hosenbeine zerrissen waren und dessen Bein blutete. Als Snape Harrys Blick verfolgte, zog er seinen Umhang vor und verdeckte sein Bein, blickte Harry durchdringend an und widmete seinen Blick der vorliegenden Situation.
„Können Sie mir erklären, was Sie hier veranstalten?“, fragte Professor McGonagall streng.
Harry und Anthony sahen sich an und schluckten. Harry hob lediglich seine eingefrorene Hand mit dem festgefrorenen Zauberstab, woraufhin sie ihren Zauberstab kurz schwenkte und das Eis zum Schmelzen brachte. Anthony räusperte sich, bekam jedoch keinen Ton heraus.
„Ich sehe das Ergebnis, Potter. Sie beide, ich erwarte eine Erklärung!“, forderte sie und blickte in den Raum hinein. „Was Sie hier gemacht haben war unverantwortlich, absolut kopflos und…“
„Es war meine Schuld, Professor.“, sagte Hermine, woraufhin McGonagall sie erstaunt ansah. „Ich dachte, dass ich helfen kann. Ich hatte alles über Trolle gelesen und dachte mir... Nun, ja… wenn Harry und Anthony nicht gekommen wären, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.“
Sie sah ihre Hauslehrerin ernst an und schluckte.
„Miss Granger, ich bin enttäuscht über Ihren Mangel an Einschätzungsvermögen über die Gesamtlage. Fünf Punkte Abzug für Sie. Und für Sie beide, Potter und Goldstein –“, sie blickte die beiden streng und mit einer Mischung aus Genervtheit und gleichzeitig mit einer gewissen Anerkennung an, „ – zehn Punkte für jeden von Ihnen, für Ihr unverschämtes Glück. Nicht viele Erstklässler können es mit einem ausgewachsenen Bergtroll aufnehmen und überleben es, um die Geschichte ihren Mitmenschen auch noch erzählen zu können. Ab mit Ihnen in Ihre Gemeinschaftsräume!“
Sie schlichen sich an den Lehrern vorbei, als sie noch einmal aufgehalten wurden.
„Und Potter.“, fuhr Professor McGonagall fort. „Eiszauber erfordern einen kühlen Kopf und Konzentration, dann arten sie auch nicht aus. Sollten Sie Verletzungen an der Haut haben gehen Sie in den Krankenflügel. Gute Nacht.“
„Danke.“, sagte Harry und sie liefen weiter.
Als sie um die Ecke abbogen sah Hermine sie erleichtert an. „Ich dachte, wir werden verwiesen!“
„Hermine, hast du eigentlich mal ansatzweise deine Prioritäten überdacht? Das Vieh hätte dich innerhalb weniger Augenblicke zu Suppe verarbeitet.“, fuhr Anthony sie wütend an.
„Vielleicht… sollte ich das wirklich tun.“, sagte Hermine leise.
„Aber du hast auch für uns gelogen.“, stellte Anthony trocken fest.
„Ihr habt mein Leben gerettet, das war ja wohl das Mindeste, oder?“, entgegnete sie und seufzte. „Es tut mir leid, dass ich euch über die letzten Wochen so ignoriert habe.“
„Schon ok. Wir wissen, was Hogwarts für dich bedeutet und wir wissen auch, dass du keine Lust hast zu sterben. Oder schlimmer: von der Schule zu fliegen.“, äffte Anthony sie am Ende nach und Harry grinste. Hermine wurde ein wenig rot um die Nase und schmunzelte.
„Freunde?“, fragte Harry und legte den Kopf schief.
„Es gibt Situationen, die wohl unweigerlich dazu führen, Freunde zu sein. Von einem Bergtroll und dessen Todeskeule gerettet zu werden, gehört definitiv dazu.“, sagte sie und lächelte.
„Cool. Hier, ich hatte noch etwas eingepackt.“, meinte Anthony und zog ein paar in Servietten gewickelte Putensandwiches und ein Stück Kuchen aus seinem Umhang hervor. Er drückte es Hermine in die Hand. „Könnte sein, dass sie an manchen Stellen ein bisschen nass geworden sind.“
Sie liefen die Korridore entlang und trennten sich an der Treppe, die zu den jeweiligen Haustürmen führte. Hermine wünschte ihnen noch eine gute Nacht und die beiden Jungs liefen die Treppen weiter in den fünften Stock und machten sich auf den Weg in ihren Schlafsaal.
„Das wird noch ein spannendes Jahr.“, meinte Anthony und legte sich im Schlafsaal auf den großen Teppich auf dem Boden vor den Ofen. Harry setzte sich neben Anthony auf den Boden und blickte in das knisternde Feuer.
„Das glaube ich auch.“, meinte er und drehte seinen Zauberstab zwischen den Fingern hin und her.
„Du hast übrigens auch mein Leben gerettet.“, sagte Anthony nach einer ganzen Weile und drehte seinen Kopf zu Harry. „Danke.“
„Dafür musst du dich echt nicht bedanken, Anthony.“, entgegnete Harry ernst.
„Ich will aber.“
„Dann… gern geschehen.“, schmunzelte Harry und gähnte ein wenig.
„Für einen kurzen Moment dachte ich wirklich, dass mein letztes Stündchen geschlagen hat. Wie bist du auf diesen Zauberspruch gekommen?“, fragte Anthony.
„Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich hatte einige Zaubersprüche im Kopf, aber ich habe kaum einen davon wirklich geübt oder ausprobiert, aber ein kleines Flämmchen, Licht oder keine Ahnung… andere Dinge würden den Troll nicht aufhalten, nehme ich an, bei der dicken Haut. Und die letzte Hoffnung war, seine Bewegungen irgendwie zu verlangsamen, aber den Lähmungszauber hatte ich nicht so richtig auf dem Schirm, also war der Eiszauber das, was ich irgendwie noch hoffte einsetzen zu können.“, sagte Harry. „Ich war wirklich verzweifelt, wenn ich ehrlich bin.“
„Du warst echt mutig.“
„Ich hatte richtig Angst, Anthony, und ich wäre definitiv nicht damit klar gekommen, dass ich dein Leben auf dem Gewissen habe, weil ich nicht richtig gezaubert habe – das darf so nie wieder passieren.“
„Harry.“, sagte Anthony. „Es ist doch egal, ob du panisch oder verängstigt warst, aber du hast nicht aufgegeben und hast mit deinem, wenn auch aus den Fugen geratenen, Zauber einen Bergtroll so lahm gelegt, dass ich ihn umhauen konnte.“
„Wir sind ein gutes Team.“, meinte Harry und lächelte schräg. „Vielleicht… ungewöhnlich, aber trotzdem.“
„Natürlich sind wir das.“, entgegnete Anthony lachend und hielt stolz die Nase hoch. „Deine Eltern und mein Vater waren ja auch talentierte Zauberer. Irgendwas müssen wir ja geerbt haben.“
„Ich hoffe es wirklich.“, sagte Harry und gähnte. „Und jetzt will ich schlafen.“