The very first night
von Jennajcseph
Kurzbeschreibung
Ein nicht vorhandener Kater und das Versprechen, nie wieder Alkohol zu trinken. So wacht Toni (OC) morgens in einer fremden Wohnung auf, ohne jegliche Erinnerungen an die letzte Nacht. Nach und Nach kommen jedoch die Erinnerungsfetzen zurück und als sie mit der Wahrheit konfrontiert wird bricht ihre Welt zusammen.
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P16 / FemSlash
Die deutsche Nationalmannschaft
VFL Wolfsburg
29.07.2022
31.05.2023
30
116.241
31
Alle Kapitel
102 Reviews
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Dieses Kapitel
3 Reviews
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29.07.2022
5.586
NOTE: Hello again würde ich mal sagen! Das hier ist zwar nicht meine erste FF jemals, aber die erste im Bereich des Frauenfußballs (seid also in eurer Kritik bitte nicht allzu hart:,) ). Da vermutlich alle die Story lesen möchten mache ich hier kein großes Ding drauß, ich möchte nur noch ein, zwei Punkte ansprechen die mir persönlich sehr wichtig sind:
Erwartet bitte keine super regelmäßigen Updates. Es kann sein dass in der Woche mal 2 Kapitel kommen, es kann aber auch sein dass zwei Wochen mal keins kommt. Ich gebe mir zwar Mühe und habe auch etwas vorgeschrieben, aber manchmal passt es zeitlich einfach nicht! Außerdem wird nicht jedes Kapitel so lange sein wie dieses. Mir war es nur wichtig für den Einstieg möglichst Detailliert zu sein, immerhin lernen wir hier alle eine neue Person kennen ;).
Der zweite wichtige Punkt ist der, dass in dieser Story Themen wie häusliche Gewalt und Missbrauch angesprochen werden. Wer von solchen Dingen getriggert wird kann die Stellen einfach überspringen, ich gebe mir Mühe sie immer zu markieren! Falls ich es mal vergessen sollte dann weist mich bitte daraufhin!
Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß beim ersten Kapitel und hoffe, es gefällt euch!:)
-Jennajcseph
*TW HÄUSLICHE GEWALT*
"Papa bitte! Ich wusste nichts von der Überprüfung und außerdem haben alle anderen auch mindestens eine 2! Ich bin trotzdem noch die beste in der Klasse!" die ersten Tränen bildeten sich in der Augen der erst 12-Jährigen. Ihre Argumentationen schienen aber keinerlei Wirkung zu zeigen, ihr Vater baute sich immer größer vor ihr auf. In seiner rechten Hand hielt er den Auslöser für die Situation: eine, unangekündigte, schriftliche Überprüfung in Mathematik. In der rechten Ecke war mit einem Rotstift die Zahl 2+ geschrieben worden, daneben befand sich ein Sticker. Dieser sollte mit einem Daumen nach oben die gute Arbeit suggerieren. Doch genau dabei fand sich das Problem: Es war nur eine gute Arbeit, und keine sehr gute Arbeit.
Mit seiner linken Hand griff er sich an den Gürtel, die junge Schülerin wusste genau was jetzt folgen würde: Schmerzen.
"Antonia, Antonia" seufzte ihr Vater, die Wut in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Es ist mir egal was 'die anderen' haben. Und das sollte dir auch egal sein. Du hast uns enttäuscht. Und das ist das einzige das zählt" erklärte er ihr ruhig und legte seinen Gürtel einmal zusammen.
"Du weißt was jetzt folgen muss. Ich mache es nicht gerne mein Engel, aber solche Ausrutscher müssen bestraft werden." betonte ihr Vater deutlich und Schritt um den Tisch.
Der Körper der Zwölfjährigen zitterte von Kopf bis Fuß. Sie hätte wissen können, dass ihre Lehrerin die Hausaufgaben überprüfen wollte. Nein, sie hätte es sogar wissen müssen. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen wie ihr Vater ausholte und dann…
*TW HÄUSLICHE GEWALT VORBEI*
"Nein!" Schweißgebadet saß Antonia kerzengerade im Bett. Ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig und ihre Hände zitterten. Kurz brauchte sie um sich wieder zu fassen und ihre gewohnte Blockade aufzubauen.
Ein Traum.
Mehr war es nicht gewesen. Ein grausamer Traum, der sie niemals vergessen ließ wie schlimm ihre Kindheit war. Und wie schlimm ihr Leben auch heute noch wäre, wenn sie nicht nach Wolfsburg geflohen wäre.
Erschöpft strich sie sich einige verlorene Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah sich dann in ihrem Zimmer um. Komisch, es sah auf einmal so anders aus als sonst… Sie wohnte zwar noch nicht lange in ihrer Wohnung, aber ihr Kleiderschrank stand definitiv nicht links von ihr. Und seit wann hatte sie solche Bettwäsche?
Ein imaginärer Schalter in ihrem Kopf schien sich umzulegen und endlich verstand sie was hier los ist: Sie war nicht in ihrem Schlafzimmer. Und ergo auch nicht in ihrer Wohnung. Aber wo war sie dann? Lenas' Schlafzimmer war es auch nicht, sie hatte ihre Sandkastenfreundin zwar erst einmal besuchen können, aber sie hatte ein viel helleres Schlafzimmer als dieses hier.
Verwirrt schlug sie die Bettdecke zur Seite und erschrak im ersten Moment. Sie war nackt. Und nicht nur nackt bis auf die Unterwäsche, nein sie war komplett nackt in einem Schlafzimmer, dass sie nicht kannte.
Was zur Hölle?
Schnell schlug sie die Bettdecke wieder zurück und sah sich nach ihrer Kleidung um. Erfolglos. Ihr Blick huschte zu einem kleinen Sessel in der Ecke des Zimmers, auf welchem sie ihre Handtasche ausmachen konnte. Daneben lagen ein T-shirt und eine Jogginghose, auf welcher ein Zettel lag. Verwundert erhob sich die junge Blondine, wickelte sich die Bettdecke um den Körper und wackelte zu besagtem Sessel.
Sie hatte am Vorabend definitiv Alkohol getrunken, das konnte sie jetzt genauer sagen. Sie hatte zwar keinen Kater, aber ihr Körper schien noch etwas zu rebellieren. Also blieb sie, beim Sessel angekommen, erstmal stehen und atmete einige Sekunden durch.
Okay, sie hatte am Vorabend definitiv zu viel Alkohol getrunken. Das erklärte wahrscheinlich auch, warum sie nicht wusste wo sie hier war. Kurz schüttelte sie den Kopf, öffnete ihre Augen wieder und nahm sich den Zettel auf der frischen Kleidung. Darauf waren einige Zeilen gekritzelt, Toni brauchte einige Sekunden um zu entziffern was geschrieben wurde.
Die Kleidung ist für dich.
Deine Klamotten von gestern waren voll mit Alkohol.
Ich bin bis heute Abend weg, falls du eine Dusche brauchst bist du herzlich eingeladen.
Ich hoffe du bist nicht allzu verkatert.
Alex.
Toni schmunzelte kurz und legte den Zettel zur Seite. Sehr gesprächig schien dieser Alex ja nicht zu sein, aber immerhin dachte er mit.
Das Angebot der Dusche würde Toni zwar nicht annehmen, aber nötig hätte sie es definitiv. Ihr ganzer Körper klebte, vermutlich eine Mischung aus Alkohol und Schweiß. Vielleicht waren auch andere Flüssigkeiten auf ihrer Haut gelandet?
Erst jetzt fiel ihr auf, was es eigentlich hieß hier nackt aufzuwachen. Sie hatte Sex gehabt. Mit einem Typen den sie vermutlich nicht mal kannte. Und das schlimmste daran war, dass sie sich nicht einmal erinnern konnte. Dabei war es doch ihr erstes mal gewesen. Kopfschüttelnd griff sie nach der Jogginghose und ließ in derselben Bewegung die Bettdecke auf den Boden gleiten. Typisch. Sie verlor ihre Jungfräulichkeit und konnte sich nicht mal daran erinnern. Als sie nach dem grauen T-shirt griff wurde ihre Aufmerksamkeit auf ein Klingeln gezogen. Es war nah und kam ihr bekannt vor, aber…
Ihr Handy!
Schnell zog sie sich das T-shirt über, dessen Vorderseite von irgendeinem Logo gekennzeichnet war, und schnappte sich ihre Handtasche. Nach kurzem wühlen fand sie tatsächlich ihr Handy und erkannte Lenas' Namen auf dem Bildschirm. Erleichtert nahm sie den Anruf an, vielleicht konnte Lena ihr ja erklären was gestern passiert ist und wer dieser Alex ist.
"Toni! Endlich gehst du ran. Ich hab mir schon Sorgen gemacht!" ihre Freundin hatte sie über Facetime angerufen, also konnte sie den besorgten Gesichtsausdruck deutlich erkennen.
"Ja ich hab bis eben noch geschlafen…" ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr dass es bereits halb 2 Mittags war. Oh Gott, hatte sie wirklich so lange geschlafen? "Kannst du mir bitte sagen was gestern passiert ist Lena? Ich bin bei irgendeinem Typen aufgewacht, weiß nicht wo ich bin und mein Akku ist gleich leer" fuhr Toni fort, schmiss die Bettdecke zurück aufs Bett, schnappte sich ihre Handtasche und lief richtung Tür.
"Du bist wo?" fragte Lena nach und schien sichtlich verwundert zu sein. Da war sie definitiv nicht die einzige.
"Keine Ahnung, echt! Ich bin vorhin aufgewacht und dann ist mir aufgefallen, dass das nicht mein Schlafzimmer ist. Ich bin bei irgendeinem Alex zuhause und war komplett nackt. Ich hatte gehofft, du kannst mir mehr erzählen, ich hab' nen totalen Filmriss. War vermutlich zu viel Alkohol gestern" gestand Toni und verließ das Schlafzimmer.
"Sorry Toni, aber nachdem du gestern mit Poppi und Svenja den Club verlassen hast, hab ich dich nicht mehr gesehen" erklärte ihr Lena.
"Okay und im Club hab' ich keinen Typen kennengelernt der Alex heißt?" fragte sie spaßeshalber nach und sammelte ihre Schuhe auf, die verstreut im Gang lagen. Noch ein Zeichen dafür was gestern passiert war. An diese 'Poppi' und 'Svenja' konnte sie sich nur vage erinnern. Beides waren vermutlich Kolleginnen von Lena, Toni hatte gestern einige Mannschafts Kameradinnen von ihr kennengelernt. Nachdem sie bei Lena vorgeglüht hatten waren sie noch in einige Clubs gegangen. Daran konnte sich Toni auch noch erinnern, aber der Rest war wie gelöscht.
"Nein, zumindest keinen Typen" lachte Lena, stoppte aber sofort und starrte Toni förmlich Löcher durchs Handy.
"Lena?" unsicher über die Reaktion ihrer Freundin erwiderte sie den Blick durchs Handy.
"Hey kannst du dich wirklich an gar nichts erinnern? Null Komma Null?" hakte die Jüngere jetzt nach und rieb sich kurz das Kinn. Sie dachte nach, das war schwer zu übersehen. Toni seufzte leicht und versuchte sich erneut zu erinnern. Kleine Fetzen bildeten sich vor ihrem inneren Auge, nach einigen Sekunden schüttelte sie aber den Kopf.
"Nein ich… Ich weiß nur noch, dass er weiche Hände hatte. Und ich meine echt super weiche Hände." betonte Toni. "Und helle lange Haare. Glaube ich zumindest… Vermutlich Schulterlang oder so. Hellbraun. Ach keine Ahnung Lena, ich war echt sehr betrunken" stöhnte Toni und schlüpfte endlich in ihre Schuhe.
"Kannst du mir kurz die Wohnung zeigen?" fragte ihre Freundin jetzt nach. Verwundert hob Toni eine Augenbraue. Die… Wohnung? Warum wollte Lena denn jetzt die Wohnung sehen, sie hatte doch gesagt sie weiß selbst nicht was gestern passiert ist.
"Ich weiß nicht, das ist jetzt nicht so die feine englische Art oder? Einfach durch die Wohnung zu laufen und alles zu filmen…" etwas Privatsphäre wollte Toni diesem ominösen Alex noch lassen.
"Du musst ja nicht durch die komplette Wohnung marschieren. Ich will nur den Gang sehen indem du gerade bist" erklärte ihre Freundin. Seufzend wechselte Toni auf die Außenkamera und zeigte Lena den kleinen Gang. Viel war nicht zu sehen, die Haustür und eine kleine Kommode. Auf dem Boden standen einige Schuhe aber Toni musterte sie nicht weiter. Sie fühlte sich irgendwie unwohl dabei Lena nur diesen kleinen Ausschnitt zu zeigen. Immerhin war es nicht ihre Wohnung und sie kannte diesen Alex ja noch nichtmal. Vermutlich war er nicht begeistert davon, wenn er wüsste was hier gerade passierte.
"Ach du kacke" die Stimme der Brünetten holte sie wieder zurück in die Realität. Ihren Gesichtsausdruck konnte Toni nicht ganz deuten. Verwunderung? Ungläubigkeit? Oder war sie einfach nur genauso verwirrt wie Toni selbst?
"Was ist los? Kennst du den Typen?" fragte Toni jetzt nach und wechselte die Kamera wieder. Lena öffnete kurz den Mund, schüttelte dann den Kopf und fuhr sich durch die Haare. "Den Typen…" murmelte sie leise und lachte kurz auf. "Sagen wir so, ja ich kenne die Person die in der Wohnung wohnt. Sehr gut sogar. Aber das erzähle ich dir wenn wir uns heute Abend sehen" erklärte sie dann schmunzelnd und stützte ihren Kopf auf einer Hand ab. Verwirrung bildete sich im Gesicht der Blondine und sie legte den Kopf leicht schief.
"Hattest du mal was mit diesem Alex?" fragte sie jetzt nach. Anders konnte sie sich das Verhalten ihrer Sandkastenfreundin nicht erklären. Warum konnte sie ihr nicht einfach am Handy sagen was es mit dieser ominösen Person auf sich hatte? Warum mussten sie sich dafür treffen?
Lena lachte kurz auf und öffnete dann den Mund, eine Sekunde später verschwand sie jedoch und Toni erkannte ihr Spiegelbild in einem schwarzen Bildschirm. Scheiße. Ihr Akku war leer. Wie sollte sie denn jetzt herausfinden wer Alex ist? Sie wollte nicht bis heute Abend warten.
Aber die noch viel wichtigere Frage war, wie sie jetzt nach Hause kommen sollte. Ohne Google Maps war sie so gut wie aufgeschmissen. Sie wohnte erst einige Wochen in Wolfsburg, hatte noch nicht wirklich viel davon gesehen, außer den Weg zur Uni und zurück. Dazu kam auch noch, dass sie nun wirklich überhaupt keinen Orientierungssinn hatte. Sie könnte 20 Meter vor ihrer Wohnung stehen und trotzdem keine Ahnung haben, wo sie gerade war.
Seufzend steckte sie ihr Handy in die Handtasche und ging richtung Haustüre, hier noch stehen zu bleiben würde ihre Probleme auch nicht lösen. Und außerdem wollte sie dringend nach Hause, in ihre eigenen vier Wände. Duschen. Auf Toilette gehen. Und sich ihre eigene Kleidung anziehen.
Kaum hatte sie die Haustüre hinter sich geschlossen machte sich ihre Blase deutlich bemerkbar. Auf Toilette hätte sie eigentlich gehen können. Und ein Glas Wasser hätte ihrem Körper vermutlich auch gutgetan. Hätte sie einen Zettel schreiben sollen? Um sich für die Klamotten und das Angebot zu Duschen zu bedanken? Die Klamotten sah er vermutlich niemals wieder und auch die Dusche wäre nicht selbstverständlich gewesen.
Kopfschüttelnd lief sie einige Treppenstufen nach unten, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen brachte sie auch nicht weiter. Als sie die nächste Haustür öffnete, schwappte ihr ein Hauch warmer Luft entgegen. Kurz schloss sie die Augen, atmete einmal tief ein und ging dann weiter. Ihr Körper könnte gerade einen Freudentanz aufführen, so sehr freute er sich über diese frische Luft. Es war zwar erst März, aber die Frühlingsluft war so angenehm, dass sie keine Jacke brauchte. Toni ließ ihren Blick etwas über die Umgebung streifen. Gegenüber entdeckte sie einen kleinen Park. Einige Kinder spielten dort auf einer Rutsche, andere saßen auf Schaukeln. Daneben saßen ihre Mütter und Väter und unterhielten sich entspannt. Toni spürte einen leichten Stich in ihrer Brust. War sie jemals auf einem Spielplatz gewesen? Sie konnte sich zumindest nicht daran erinnern und das musste etwas heißen. Eine leise Stimme riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in die Realität.
"Suchen Sie etwas, Kleines?" überrascht drehte Toni sich um und blickte einer älteren Frau ins Gesicht. Sie war vermutlich anfang 70, stützte sich auf einen Rollator und sah Toni über ihren Brillenrand hinweg an.
"Ich,... Nein, eigentlich nicht." lächelte sie freundlich, dann fiel ihr aber doch etwas ein wobei ihr die Dame behilflich sein konnte. "Aber könnten Sie mir vielleicht sagen wo hier die nächste Bushaltestelle ist?" fragte sie dann schnell nach.
"Natürlich! Wenn sie den Weg hier durch den Park gehen dann müssten Sie die Haltestelle schon sehen, die ist auf der anderen Seite des Parks. Von dahin kommen sie in 10 Minuten an den Bahnhof!" erklärte sie und deutete mit leicht zitternden Händen in Richtung Park. Hauptbahnhof klang schonmal gut, von dort aus müsste sogar sie den Weg zurück finden.
Toni bedankte sich ausgiebig bei der älteren Dame und lief dann den beschriebenen Weg durch den Park. Auf der anderen Seite angekommen konnte sie die Bushaltestelle tatsächlich sehen, wenn ihre Augen keinen Streich mit ihr spielten dann kam der nächste Bus Richtung Hauptbahnhof in 4 Minuten. Erleichtert ließ sie sich auf die kleine Bank an der Haltestelle sinken und lehnte ihren Kopf gegen die Scheibe, die leider nicht so kühl war wie sie es sich gewünscht hätte.
Was war das bitte für ein verrückter Morgen gewesen? Definitiv etwas zu viel, für Tonis Geschmack zumindest. Sie wollte nur noch nach Hause, duschen und sich ihre eigenen Klamotten anziehen.
Noch 2 Minuten.
Neugierig kramte sie jetzt in ihrer Handtasche herum und fand zu ihrer Erleichterung ihren Wohnungsschlüssel und ihr Portemonnaie. Hätte sie eines der beiden verloren wäre sie jetzt vermutlich aufgeschmissen gewesen. Als sie ihren Kopf wieder hob konnte sie den Bus sehen, welcher gerade in die Straße einbog. Also wenn es weiter so gut lief war sie vermutlich in weniger als 30 Minuten zuhause
*40 Minuten später*
Die 30 Minuten hatte sie zwar leider nicht geknackt, aber als sie endlich ihre Wohnungstür hinter sich schließen konnte hätte sie vor Freude fast weinen können. Schnell entledigte sie sich ihrer Schuhe, ihr erster Weg führte sie ins Badezimmer. Sie hatte das Gefühl ihre Blase würde gleich platzen, so dringend musste sie auf Toilette. Gleichzeitig hatte sie aber auch unglaublichen Durst und ihr Magen hatte sich vor gut 15 Minuten bemerkbar gemacht. Kurz gesagt ging es ihr also ziemlich beschissen.
Nachdem sie auf Toilette war schlurfte sie ins Schlafzimmer, schloss ihr Handy am Ladekabel an und ließ ihren Blick kurz zum Bett gleiten. Sollte sie…?
Den Gedanken konnte sie gar nicht zu Ende bringen, da knurrte ihr Magen so laut, dass es vermutlich alle im Haus hören konnten. Also ein klares Nein.
Ihre Beine trugen sie in die Küche, hier ließ sie sich erst einmal einen Kaffee durchlaufen und schaute parallel im Kühlschrank nach etwas essbarem. Viertel vor 3, da konnte man schon gar nicht mehr von Frühstück reden. Aber wenn sie auf etwas überhaupt keine Lust hatte, dann war es jetzt etwas zu kochen, also mussten sie die Brötchen neben ihrem Kühlschrank zufriedenstellen. Schnell kramte sie noch irgendeinen Aufstrich heraus, schnappte sich ihre Tasse Kaffee und marschierte zurück ins Schlafzimmer. Ihr Handy war noch immer ausgeschalten, also setzte sie sich an den Laptop. In ihrem Postfach waren einige E-Mails gelandet, aber nichts unbedingt wichtiges. Also schloss sie ihr Postfach, meldete sich auf Netflix an und ließ im Hintergrund 'Friends' laufen. Egal was sie tat und wann sie es tat, Friends lief so gut wie immer. Beim lernen, beim essen, wenn sie versuchte einzuschlafen oder wenn Besuch bei ihr war. Ohne die Serie konnte sie inzwischen keinen Tag mehr überstehen. Ihr Blick fiel erneut auf ihr Handy. 2%. Das musste reichen.
Sie schaltete es ein, legte es danach aber nochmal kurz auf die Seite. Immer wieder blinkten neue Nachrichten auf, hauptsächlich von Lena. Sie schrieb ihr, dass sie um 7 bei ihr sein würde um sie abzuholen. Anscheinend trafen sie sich heute Abend bei Svenja. Wer auch immer das war, Toni wusste nur noch, dass sie gestern anscheinend mit ihr den Club verlassen hatte.
Erneut blinkte ihr Handy auf, diesmal war es eine Nachricht von Noah. Er studierte, wie Toni, Medizin und die beiden hatten sich von Tag 1 an gut verstanden, Toni war mehr als froh so früh einen Freund gemacht zu haben. Normalerweise war das nicht gerade eine ihrer Stärken. Eine lange Zeit war Lena sogar die einzige wirkliche Freundin die sie hatte, so sehr hatte sie sich auf Schule und ihre Noten konzentrieren müssen.
Noah fragte nach ob Toni heute Abend vorbeikommen würde und mit ihm und einigen anderen den Stoff der letzten Woche durchzugehen. Die letzten beiden Male als sie das gemacht hatten, hatte Toni mehr Spaß als gedacht. Sie waren eine Gruppe von acht Leuten gewesen, manche hatte Toni zuvor nicht mal in Vorlesungen gesehen. Nach einer Stunde ging es aber weniger um den Aufbau des menschlichen Körpers und mehr um die Dozenten und irgendwelche Gerüchte. Sie hatte selten soviel gelacht wie an diesem Abend.
Kurz überlegte sie tatsächlich Lena abzusagen und mit den anderen zu lernen, dann fiel ihr aber ein, dass sie hier von Lena sprach. Wenn sich ihre beste Freundin etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie das auch erreichen. Ein Charaktereigenschaft die Toni gerne besitzen würde.
Sie schrieb Noah also, dass sie bereits andere Pläne hatte, sagte aber schon mal für nächste Woche Samstag zu. Da konnte auch Lena ihre Pläne nicht mehr durchkreuzen. Für die Uni musste sie aber dennoch etwas tun, also entschied sie sich dazu erst duschen zu gehen und sich dann an ihre Unterlagen zu setzen. Schnell aß sie den Rest ihres Brötchens auf, trank ihren Kaffee aus und verstaute alles an Geschirr in der Küche. Dann schnappte sie sich ihren Laptop, frische Klamotten und Unterwäsche und begab sich ins angrenzende Bad. Es war zwar nicht wirklich sehr groß, aber bot Toni alles was sie brauchte: Eine Dusche, eine Toilette, ein Waschbecken und etwas Stauraum für Pflegeprodukte. Sie stand zwar nicht jeden Abend 2 Stunden vor dem Spiegel und pflegte ihre Haut, es war ihr aber dennoch wichtig zumindest etwas Pflege zu betreiben.
Ihren Laptop stellte sie auf einem kleinen Schränkchen neben ihrer Dusche ab, auf dem Bildschirm lief noch immer 'Friends'. Wie bereits erwähnt, sie konnte die Serie immer schauen. Ihre frische Kleidung legte sie neben den Laptop, ehe sie aus der fremden Kleidung schlüpfte und diese, ordentlich zusammengelegt, auf die Waschmaschine legte. Wenn sie dazu kommen würde, würde sie beides Waschen, auch wenn sie ihren alten Besitzer vermutlich niemals wieder sehen würden.
Einen Blick in den Spiegel mied sie, sie sprang direkt unter die Dusche und ließ das kalte Wasser über ihren Körper fließen. Seit einigen Tagen gab es im Haus kein Warmwasser mehr, irgendein Defekt an der Heizung, hatte zumindest die Vermieterin gesagt. Da Toni normalerweise ein absoluter Heiß-Duscher-Typ war, konnte man sich vorstellen wie ungerne sie in letzter Zeit unter die Dusche sprang. Aber heute war es definitiv nötig gewesen. Und einen Vorteil hatte das ganze ja auch: Sie war schnell wieder draußen. Normalerweise vertrieb sie rund 20 Minuten unter der Dusche, vor einigen Tagen hatte sie mit knapp vier Minuten ihren persönlichen Rekord aufgestellt.
Das erste mal an diesem, noch recht jungen Tag, fühlte sie sich nicht wie ein Häufchen Elend. Das Wasser schien auch die letzten Überreste von letzter Nacht abzuwaschen. Als Toni die Augen schloss und das Wasser über ihr Gesicht liefen ließ, huschten Bilder vor ihrem inneren Auge umher. Kleine Fetzen, und bevor Toni realisieren konnte was passiert war, waren sie schon wieder verschwunden. Eine Gänsehaut bildete sich an ihrem gesamten Körper. Ob diese nun dem kalten Wasser oder den Erinnerungen an letzte Nacht geschuldet waren wusste Toni nicht. Genervt öffnete sie ihre Augen wieder, stellte das Wasser ab und schäumte ihre Haare ein. Es war frustrierend. Als würde ihr ein Wort auf der Zunge liegen. Aber sie konnte sich einfach nicht an letzte Nacht erinnern.
Alex.
Wenn sie ihn sehen würde, dann würden vermutlich alle Bilder wieder auftauchen, als hätte sie ein Deja-vu. Aber so? Verzweifelte sie nur daran und bekam Kopfschmerzen. Seufzend schaltete sie das Wasser wieder ein und wusch sich das Shampoo aus den Haaren. Vielleicht würde ihr das Lernen helfen auf andere Gedanken zu kommen.
Auch heute war sie nahe dran den Rekord einzustellen, als sie sich aber das Handtuch um den Körper wickelte musste sie feststellen, dass sie etwas länger als vier Minuten gebraucht hatte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie nicht mal wirklich auf ihren Laptop geachtet hatte, inzwischen hatte eine neue Folge angefangen.
Knapp 20 Minuten später fand sie sich in ihrer Küche am Esstisch wieder. Vor sich hatte sie ihre Uni-Unterlagen ausgebreitet und auf ihrem Laptop suchte sie gerade nach den passenden Folien. Jeden Freitag stellten ihre Professoren eine grobe Zusammenfassung der Woche in die Online-Plattform der Uni, so konnte jeder noch einmal auf den Stoff zugreifen. Unter der Datei selbst stellten auch einige Kommilitonen von Toni ihre Notizen rein, sodass auch diese von jedem gesehen wurden. Würde Toni sich mehr Mühe beim aufschreiben ihrer Notizen geben, hätte sie auch schon längst einige Unterlagen hochgeladen, aber mit ihrem gekritzelt konnte vermutlich niemand etwas anfangen.
Endlich fand sie die passende Datei und machte sich an die Arbeit ihre Notizen aufzufrischen. Sie hatte diese Woche lediglich an zwei Vorlesungen teilgenommen, den Rest der Woche lag sie komplett flach. Irgendeine Erkältung die in der Uni momentan die Runde machte. Gestern ging es ihr zwar schon wieder viel besser und sie hatte sich vorgenommen in die Uni zu gehen, aber ein vermasselter Wecker hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also musste sie sich mit den gegebenen Notizen zufriedengeben. Vielleicht hatte Noah morgen Zeit um sich zusammen zu setzen und zu lernen. Er war bisher bei so ziemlich jeder Vorlesung anwesend gewesen und somit der sichere Hafen für Toni. Sie nahm ihr Studium zwar sehr ernst, aber etwas leben wollte sie auch noch. Wenn es Richtung Klausuren ging würde sie natürlich auch so viele Vorlesungen wie möglich mitnehmen, aber bisher kam sie auch so noch gut im Stoff mit.
Das Lernen tat ihr tatsächlich gut, sie schaffte es einigermaßen ordentliche und übersichtliche Notizen zu schreiben und kam auf ganz andere Gedanken. In ihrem Tunnel vergaß sie jedoch völlig die Zeit und wurde nach einigen Stunden überrascht zurück ins Hier-und-Jetzt geholt. Verwundert warf sie einen Blick auf die Uhr und stellte mit erschrecken fest, dass es bereits kurz vor sieben war. Lena wollte sie doch abholen!
Besagte Lena klingelte erneut und klopfte genervt an die Wohnungstür, Toni sprang auf und sprintete förmlich zu dieser. Als sie die Tür öffnete blickte sie in ein genervtes und in ein lächelndes Gesicht. Lena war nicht alleine, Toni wusste aber nicht wer das bei ihr war.
"Hey, sorry ich war am lernen und…" fing Toni an, aber Lena ließ ihr keine Zeit um fertig zu sprechen.
"Und du hast die Zeit total vergessen, das habe ich mir nach dem dritten Mal klingeln auch schon gedacht." gab sie von sich und quetschte sich an Toni vorbei in die Wohnung.
"Klar, kommt doch gerne rein" murmelte die Blondine und machte etwas Platz um den zweiten Gast hereinzubeten.
"Das ist übrigens Sara. Ich weiß nicht ob du dich noch an sie erinnern kannst, anscheinend weißt du ja nicht mehr viel von gestern…" erklärte Lena und zeigte kurz auf besagte Sara, diese lächelte kurz und nickte Toni zu.
"Ich bin ein bisschen später dazugekommen, da waren die meisten schon total betrunken. Also keine Sorge" erklärte sie und Toni lächelte erleichtert. Unangenehmer erster Eindruck den sie da gemacht hatte. "
"Ach du scheiße, was ist denn hier passiert Toni? Ist 'ne Bombe in deiner Küche eingeschlagen oder was soll das?" Lena stand im Türrahmen und blickte geschockt auf das Schlachtfeld von Notizen auf Tonis' Esstisch. Dass es so unordentlich war, war ihr überhaupt nicht aufgefallen. Aber jetzt sah es aus als hätten dort fünf Menschen ihre Notizen liegen.
"Wie lange hast du denn bitte daran gesessen? Drei Tage?" Lena ging einige Schritte auf den Tisch zu und musterte die Unterlagen genauer. "Naja, eigentlich nur drei oder vier Stunden, ich hab' nicht auf die Uhr geschaut" erklärte Toni und kratze sich verlegen den Nacken. Dass hier so eine Unordnung herrschte war ihr tatsächlich etwas unangenehm, vor allem vor Sara. Erst machte sie den Eindruck einer Vollzeit-Alkoholikerin und jetzt sah es auch noch so aus, als hätte sie ihr Leben nicht im Griff und würde einen Scheiß auf Ordnung geben.
"Naja ist ja auch egal, wir suchen dir jetzt erstmal was zum anziehen raus und düsen dann los. Ich will nicht 'ne Stunde zu spät kommen" Lena holte sie zurück in die Realität und zog sie am Arm in ihr Schlafzimmer.
Zwanzig Minuten später schnappte sich Toni den Wohnungsschlüssel und zog die Tür hinter sich zu. Lena und Sara waren bereits einige Schritte vor ihr und unterhielten sich gerade über irgendwelche Teamkollegen von Sara. Anscheinend war sie nicht in Lenas Mannschaft. Oder zumindest war sie es nicht mehr.
Toni schloss schnell zu den beiden auf und zupfte ihr Oberteil zurecht. In der schnelle hat sie sich einfach für ein dunkelgrünes T-shirt und eine weite Hose entschieden. Nachdem Lena ihr erklärt hatte, dass sie nur bei Svenja im Garten sitzen würden und nicht feiern gehen, hatte sie ihr das Outfit aufs Bett geworfen und gewartet. Sara hatte in der Zwischenzeit etwas Ordnung in der Küche geschaffen und mehrmals betont, dass sie vermutlich zu dumm wäre um Medizin zu studieren und nur die Hälfte von dem was sie las auch wirklich verstand. Zum Abschluss hatte Toni ihre Haare irgendwie in einen halbhohen Dutt gedreht, dadurch dass sie zum größten Teil Luftgetrocknet waren und einige Wellen zum Vorschein kamen, war das gar nicht so einfach. Ihr Handy, ihren Geldbeutel und den Schlüssel stopfte sie jetzt irgendwie in ihre überfüllte Handtasche, stolperte dabei über eine Treppenstufe und konnte sich gerade noch elegant am Geländer festhalten.
"Weißt du, wenn du nicht so ein schlechtes Zeitmanagement hättest und einmal in deinem Leben pünktlich wärst, dann würde dir das nicht ganz so häufig passieren" kommentierte Lena den kleinen Aussetzer, konnte sich aber ein grinsen nicht unterdrücken. "Ha ha. Sehr lustig. Nächstes mal lache ich vielleicht auch drüber" gab Toni von sich und sprang die Treppen vor den beiden runter.
Sara war eine total angenehme Zeitgenossin, das hatte Toni in der letzten halben Stunde deutlich gemerkt. Sie war die Ruhe in Person und wenn sie sprach hätte Toni ihr stundenlang zuhören können. Sie hatte den selben Humor wie Toni und Lena, also war die Autofahrt zu Svenja sehr angenehm und von vielen Lachern gezeichnet. Dennoch hatte Toni erhofft einige Minuten alleine mit Lena verbringen zu können, immerhin stand immer noch die Frage des ominösen Alex im Raum und woher Lena ihn kannte. Vor Sara wollte Toni das Thema ungerne aufgreifen, der dritte Eindruck den sie von ihr haben sollte, sollte nicht unbedingt der des 'Flittchens' sein, auch wenn Toni so ziemlich das komplette Gegenteil davon war. Ihr Wunsch blieb aber unerfüllt, als Sara das Auto parkte öffnete sich schon eine Haustür.
"Das ist Svenja, und die Frau nebendran ist ihre Frau Anja. Sie ist echt super lieb und hat mir letztes Mal ihre Kleidung geliehen, als Tabea mir ihren halben Rotwein übergekippt hat." murmelte Lena ihrer besten Freundin zu als sie sich den beiden Frauen näherten. Beide waren Blond und relativ klein, sogar etwas kleiner als Toni und das musste etwas heißen. Eine der Beiden kam ihr sogar etwas bekannt vor, das musste dann wohl Svenja sein.
Die Beiden begrüßten alle drei mit einer Umarmung, Toni stellte sich Anja kurz vor und wurde prompt nochmal in eine Umarmung gezogen. Danach betraten alle zusammen das Haus, Gelächter im Hintergrund verriet Toni dass bereits einige Teamkollegen hier waren. Kein Wunder, sie waren ja auch eine halbe Stunde zu spät. Dafür entschuldigte sich Toni jetzt auch, sie nahm alle Schuld auf sich und Lena schnaubte nur leise. "Das ist auch gut so. Ohne dich wären Sara und ich schon längst hier." schmunzelte sie und boxte Toni leicht auf den Oberarm. Diese steckte ihrer besten Freundin nur kurz die Zunge raus und folgte dann den anderen durchs Wohnzimmer Richtung Garten.
"Okay Toni, bevor wir gleich zu den anderen rausgehen muss ich dich noch kurz vorwarnen." kurz bevor die beiden die Terrassentür erreicht hatten griff Lena nach dem Arm ihrer besten Freundin und zog sie etwas auf die Seite.
"Hey, du musst mich nicht auf deine Freunde vorbereiten. Ich bin mir sicher die sind alle nicht mal halb so schlimm wie ich" grinste Toni und drehte sich wieder um, um Svenja und den anderen nach draußen zu folgen.
"Nein, das meine ich nicht. Es geht um gestern. Und um Alex…" bei dem Namen blieb Toni nun doch stehen und drehte sich verwundert zu Lena um. Sie hatte die Worte so leise ausgesprochen, dass Toni sie kaum verstanden hatte. Also kannte Lena ihn doch! War er vielleicht sogar hier heute Abend? Ohje, das war das letzte das Toni gebrauchen könnte.
"Was ist mit ihm?" fragte sie jetzt nach und trat wieder näher an Lena heran. Diese musste kurz schmunzeln, rümpfte dann die Nase und zog die Augenbrauen zusammen. So viele Mimiken hatte sie ihrer Freundin gar nicht zugetraut.
"Okay hör zu, du bist da irgendwie ein bisschen auf dem Holzweg und ich will nicht dass es heute Abend irgendwie unangenehm wird. Alex wird nämlich hier sein und ich weiß genau wie das dann ablaufen wird. Ich wollts' dir ja auch eigentlich heute morgen schon sagen, aber dann war dein Akku leer, vorhin hast du die ganze Zeit gelernt und dann war Sara dabei.." murmelte Lena vor sich hin, Toni hatte Probleme mitzukommen.
"Oh mein Gott Lena, was willst du mir denn sagen? Spuks doch einfach aus!" fiel Toni ihr jetzt ins Wort, doch bevor Lena auch nur die Chance hatte zu antworten, mischte sich eine andere Stimme ein.
"Obi! Was macht ihr denn hier drinnen, draußen warten schon alle." Toni riss die Augen weit auf und war wie erstarrt. Diese Stimme. Sie kannte die Stimme. Sie kannte die Stimme sogar sehr gut. Etwas zu gut vermutlich. Langsam drehte sie sich um. Lena griff nur nach ihrem Arm und musste aufgrund ihrer Reaktion schmunzeln.
"Wir kommen sofort Poppi, ich wollte Toni nur kurz noch ein paar Namen beibringen. Die meisten kennt sie schon gar nicht mehr." jetzt klopfte sie ihr auf die Schulter, aber Toni war unfähig auch nur eine Reaktion zu zeigen. Sie starrte Alex nur wie eine Verrückte an. Ach du Scheiße. Ach du heilige Scheiße.
Mit einem nicken drehte sich Poppi wieder um, warf aber Toni noch einen kurzen Blick zu und ging wieder nach draußen.
Sobald sie den Raum verlassen hatte war Toni wieder in der Lage zu reden und sich zu bewegen.
"Lena willst du mich verarschen? Sag mir bitte dass das ein schlechter Witz war. Sag mir bitte ihr habt das irgendwie inszeniert um mir eins auszuwischen. Bitte sag irgendwas." Toni nahm das Gesicht ihrer Freundin in die Hände und bettelte förmlich nach einer Erklärung. Aber Lena schüttelte nur leicht den Kopf. "Sorry Toni, ich hab damit nichts zu tun" erklärte sie und griff nach ihren Händen.
Es war also kein schlechter Scherz?
Plötzlich tauchten die verloren geglaubten Bilder vor Tonis Augen auf. Lena verarschte sie nicht. Sie hatte tatsächlich mit Alex geschlafen.
Und Alex war eine Frau…
Erwartet bitte keine super regelmäßigen Updates. Es kann sein dass in der Woche mal 2 Kapitel kommen, es kann aber auch sein dass zwei Wochen mal keins kommt. Ich gebe mir zwar Mühe und habe auch etwas vorgeschrieben, aber manchmal passt es zeitlich einfach nicht! Außerdem wird nicht jedes Kapitel so lange sein wie dieses. Mir war es nur wichtig für den Einstieg möglichst Detailliert zu sein, immerhin lernen wir hier alle eine neue Person kennen ;).
Der zweite wichtige Punkt ist der, dass in dieser Story Themen wie häusliche Gewalt und Missbrauch angesprochen werden. Wer von solchen Dingen getriggert wird kann die Stellen einfach überspringen, ich gebe mir Mühe sie immer zu markieren! Falls ich es mal vergessen sollte dann weist mich bitte daraufhin!
Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß beim ersten Kapitel und hoffe, es gefällt euch!:)
-Jennajcseph
*TW HÄUSLICHE GEWALT*
"Papa bitte! Ich wusste nichts von der Überprüfung und außerdem haben alle anderen auch mindestens eine 2! Ich bin trotzdem noch die beste in der Klasse!" die ersten Tränen bildeten sich in der Augen der erst 12-Jährigen. Ihre Argumentationen schienen aber keinerlei Wirkung zu zeigen, ihr Vater baute sich immer größer vor ihr auf. In seiner rechten Hand hielt er den Auslöser für die Situation: eine, unangekündigte, schriftliche Überprüfung in Mathematik. In der rechten Ecke war mit einem Rotstift die Zahl 2+ geschrieben worden, daneben befand sich ein Sticker. Dieser sollte mit einem Daumen nach oben die gute Arbeit suggerieren. Doch genau dabei fand sich das Problem: Es war nur eine gute Arbeit, und keine sehr gute Arbeit.
Mit seiner linken Hand griff er sich an den Gürtel, die junge Schülerin wusste genau was jetzt folgen würde: Schmerzen.
"Antonia, Antonia" seufzte ihr Vater, die Wut in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Es ist mir egal was 'die anderen' haben. Und das sollte dir auch egal sein. Du hast uns enttäuscht. Und das ist das einzige das zählt" erklärte er ihr ruhig und legte seinen Gürtel einmal zusammen.
"Du weißt was jetzt folgen muss. Ich mache es nicht gerne mein Engel, aber solche Ausrutscher müssen bestraft werden." betonte ihr Vater deutlich und Schritt um den Tisch.
Der Körper der Zwölfjährigen zitterte von Kopf bis Fuß. Sie hätte wissen können, dass ihre Lehrerin die Hausaufgaben überprüfen wollte. Nein, sie hätte es sogar wissen müssen. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen wie ihr Vater ausholte und dann…
*TW HÄUSLICHE GEWALT VORBEI*
"Nein!" Schweißgebadet saß Antonia kerzengerade im Bett. Ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig und ihre Hände zitterten. Kurz brauchte sie um sich wieder zu fassen und ihre gewohnte Blockade aufzubauen.
Ein Traum.
Mehr war es nicht gewesen. Ein grausamer Traum, der sie niemals vergessen ließ wie schlimm ihre Kindheit war. Und wie schlimm ihr Leben auch heute noch wäre, wenn sie nicht nach Wolfsburg geflohen wäre.
Erschöpft strich sie sich einige verlorene Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah sich dann in ihrem Zimmer um. Komisch, es sah auf einmal so anders aus als sonst… Sie wohnte zwar noch nicht lange in ihrer Wohnung, aber ihr Kleiderschrank stand definitiv nicht links von ihr. Und seit wann hatte sie solche Bettwäsche?
Ein imaginärer Schalter in ihrem Kopf schien sich umzulegen und endlich verstand sie was hier los ist: Sie war nicht in ihrem Schlafzimmer. Und ergo auch nicht in ihrer Wohnung. Aber wo war sie dann? Lenas' Schlafzimmer war es auch nicht, sie hatte ihre Sandkastenfreundin zwar erst einmal besuchen können, aber sie hatte ein viel helleres Schlafzimmer als dieses hier.
Verwirrt schlug sie die Bettdecke zur Seite und erschrak im ersten Moment. Sie war nackt. Und nicht nur nackt bis auf die Unterwäsche, nein sie war komplett nackt in einem Schlafzimmer, dass sie nicht kannte.
Was zur Hölle?
Schnell schlug sie die Bettdecke wieder zurück und sah sich nach ihrer Kleidung um. Erfolglos. Ihr Blick huschte zu einem kleinen Sessel in der Ecke des Zimmers, auf welchem sie ihre Handtasche ausmachen konnte. Daneben lagen ein T-shirt und eine Jogginghose, auf welcher ein Zettel lag. Verwundert erhob sich die junge Blondine, wickelte sich die Bettdecke um den Körper und wackelte zu besagtem Sessel.
Sie hatte am Vorabend definitiv Alkohol getrunken, das konnte sie jetzt genauer sagen. Sie hatte zwar keinen Kater, aber ihr Körper schien noch etwas zu rebellieren. Also blieb sie, beim Sessel angekommen, erstmal stehen und atmete einige Sekunden durch.
Okay, sie hatte am Vorabend definitiv zu viel Alkohol getrunken. Das erklärte wahrscheinlich auch, warum sie nicht wusste wo sie hier war. Kurz schüttelte sie den Kopf, öffnete ihre Augen wieder und nahm sich den Zettel auf der frischen Kleidung. Darauf waren einige Zeilen gekritzelt, Toni brauchte einige Sekunden um zu entziffern was geschrieben wurde.
Die Kleidung ist für dich.
Deine Klamotten von gestern waren voll mit Alkohol.
Ich bin bis heute Abend weg, falls du eine Dusche brauchst bist du herzlich eingeladen.
Ich hoffe du bist nicht allzu verkatert.
Alex.
Toni schmunzelte kurz und legte den Zettel zur Seite. Sehr gesprächig schien dieser Alex ja nicht zu sein, aber immerhin dachte er mit.
Das Angebot der Dusche würde Toni zwar nicht annehmen, aber nötig hätte sie es definitiv. Ihr ganzer Körper klebte, vermutlich eine Mischung aus Alkohol und Schweiß. Vielleicht waren auch andere Flüssigkeiten auf ihrer Haut gelandet?
Erst jetzt fiel ihr auf, was es eigentlich hieß hier nackt aufzuwachen. Sie hatte Sex gehabt. Mit einem Typen den sie vermutlich nicht mal kannte. Und das schlimmste daran war, dass sie sich nicht einmal erinnern konnte. Dabei war es doch ihr erstes mal gewesen. Kopfschüttelnd griff sie nach der Jogginghose und ließ in derselben Bewegung die Bettdecke auf den Boden gleiten. Typisch. Sie verlor ihre Jungfräulichkeit und konnte sich nicht mal daran erinnern. Als sie nach dem grauen T-shirt griff wurde ihre Aufmerksamkeit auf ein Klingeln gezogen. Es war nah und kam ihr bekannt vor, aber…
Ihr Handy!
Schnell zog sie sich das T-shirt über, dessen Vorderseite von irgendeinem Logo gekennzeichnet war, und schnappte sich ihre Handtasche. Nach kurzem wühlen fand sie tatsächlich ihr Handy und erkannte Lenas' Namen auf dem Bildschirm. Erleichtert nahm sie den Anruf an, vielleicht konnte Lena ihr ja erklären was gestern passiert ist und wer dieser Alex ist.
"Toni! Endlich gehst du ran. Ich hab mir schon Sorgen gemacht!" ihre Freundin hatte sie über Facetime angerufen, also konnte sie den besorgten Gesichtsausdruck deutlich erkennen.
"Ja ich hab bis eben noch geschlafen…" ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr dass es bereits halb 2 Mittags war. Oh Gott, hatte sie wirklich so lange geschlafen? "Kannst du mir bitte sagen was gestern passiert ist Lena? Ich bin bei irgendeinem Typen aufgewacht, weiß nicht wo ich bin und mein Akku ist gleich leer" fuhr Toni fort, schmiss die Bettdecke zurück aufs Bett, schnappte sich ihre Handtasche und lief richtung Tür.
"Du bist wo?" fragte Lena nach und schien sichtlich verwundert zu sein. Da war sie definitiv nicht die einzige.
"Keine Ahnung, echt! Ich bin vorhin aufgewacht und dann ist mir aufgefallen, dass das nicht mein Schlafzimmer ist. Ich bin bei irgendeinem Alex zuhause und war komplett nackt. Ich hatte gehofft, du kannst mir mehr erzählen, ich hab' nen totalen Filmriss. War vermutlich zu viel Alkohol gestern" gestand Toni und verließ das Schlafzimmer.
"Sorry Toni, aber nachdem du gestern mit Poppi und Svenja den Club verlassen hast, hab ich dich nicht mehr gesehen" erklärte ihr Lena.
"Okay und im Club hab' ich keinen Typen kennengelernt der Alex heißt?" fragte sie spaßeshalber nach und sammelte ihre Schuhe auf, die verstreut im Gang lagen. Noch ein Zeichen dafür was gestern passiert war. An diese 'Poppi' und 'Svenja' konnte sie sich nur vage erinnern. Beides waren vermutlich Kolleginnen von Lena, Toni hatte gestern einige Mannschafts Kameradinnen von ihr kennengelernt. Nachdem sie bei Lena vorgeglüht hatten waren sie noch in einige Clubs gegangen. Daran konnte sich Toni auch noch erinnern, aber der Rest war wie gelöscht.
"Nein, zumindest keinen Typen" lachte Lena, stoppte aber sofort und starrte Toni förmlich Löcher durchs Handy.
"Lena?" unsicher über die Reaktion ihrer Freundin erwiderte sie den Blick durchs Handy.
"Hey kannst du dich wirklich an gar nichts erinnern? Null Komma Null?" hakte die Jüngere jetzt nach und rieb sich kurz das Kinn. Sie dachte nach, das war schwer zu übersehen. Toni seufzte leicht und versuchte sich erneut zu erinnern. Kleine Fetzen bildeten sich vor ihrem inneren Auge, nach einigen Sekunden schüttelte sie aber den Kopf.
"Nein ich… Ich weiß nur noch, dass er weiche Hände hatte. Und ich meine echt super weiche Hände." betonte Toni. "Und helle lange Haare. Glaube ich zumindest… Vermutlich Schulterlang oder so. Hellbraun. Ach keine Ahnung Lena, ich war echt sehr betrunken" stöhnte Toni und schlüpfte endlich in ihre Schuhe.
"Kannst du mir kurz die Wohnung zeigen?" fragte ihre Freundin jetzt nach. Verwundert hob Toni eine Augenbraue. Die… Wohnung? Warum wollte Lena denn jetzt die Wohnung sehen, sie hatte doch gesagt sie weiß selbst nicht was gestern passiert ist.
"Ich weiß nicht, das ist jetzt nicht so die feine englische Art oder? Einfach durch die Wohnung zu laufen und alles zu filmen…" etwas Privatsphäre wollte Toni diesem ominösen Alex noch lassen.
"Du musst ja nicht durch die komplette Wohnung marschieren. Ich will nur den Gang sehen indem du gerade bist" erklärte ihre Freundin. Seufzend wechselte Toni auf die Außenkamera und zeigte Lena den kleinen Gang. Viel war nicht zu sehen, die Haustür und eine kleine Kommode. Auf dem Boden standen einige Schuhe aber Toni musterte sie nicht weiter. Sie fühlte sich irgendwie unwohl dabei Lena nur diesen kleinen Ausschnitt zu zeigen. Immerhin war es nicht ihre Wohnung und sie kannte diesen Alex ja noch nichtmal. Vermutlich war er nicht begeistert davon, wenn er wüsste was hier gerade passierte.
"Ach du kacke" die Stimme der Brünetten holte sie wieder zurück in die Realität. Ihren Gesichtsausdruck konnte Toni nicht ganz deuten. Verwunderung? Ungläubigkeit? Oder war sie einfach nur genauso verwirrt wie Toni selbst?
"Was ist los? Kennst du den Typen?" fragte Toni jetzt nach und wechselte die Kamera wieder. Lena öffnete kurz den Mund, schüttelte dann den Kopf und fuhr sich durch die Haare. "Den Typen…" murmelte sie leise und lachte kurz auf. "Sagen wir so, ja ich kenne die Person die in der Wohnung wohnt. Sehr gut sogar. Aber das erzähle ich dir wenn wir uns heute Abend sehen" erklärte sie dann schmunzelnd und stützte ihren Kopf auf einer Hand ab. Verwirrung bildete sich im Gesicht der Blondine und sie legte den Kopf leicht schief.
"Hattest du mal was mit diesem Alex?" fragte sie jetzt nach. Anders konnte sie sich das Verhalten ihrer Sandkastenfreundin nicht erklären. Warum konnte sie ihr nicht einfach am Handy sagen was es mit dieser ominösen Person auf sich hatte? Warum mussten sie sich dafür treffen?
Lena lachte kurz auf und öffnete dann den Mund, eine Sekunde später verschwand sie jedoch und Toni erkannte ihr Spiegelbild in einem schwarzen Bildschirm. Scheiße. Ihr Akku war leer. Wie sollte sie denn jetzt herausfinden wer Alex ist? Sie wollte nicht bis heute Abend warten.
Aber die noch viel wichtigere Frage war, wie sie jetzt nach Hause kommen sollte. Ohne Google Maps war sie so gut wie aufgeschmissen. Sie wohnte erst einige Wochen in Wolfsburg, hatte noch nicht wirklich viel davon gesehen, außer den Weg zur Uni und zurück. Dazu kam auch noch, dass sie nun wirklich überhaupt keinen Orientierungssinn hatte. Sie könnte 20 Meter vor ihrer Wohnung stehen und trotzdem keine Ahnung haben, wo sie gerade war.
Seufzend steckte sie ihr Handy in die Handtasche und ging richtung Haustüre, hier noch stehen zu bleiben würde ihre Probleme auch nicht lösen. Und außerdem wollte sie dringend nach Hause, in ihre eigenen vier Wände. Duschen. Auf Toilette gehen. Und sich ihre eigene Kleidung anziehen.
Kaum hatte sie die Haustüre hinter sich geschlossen machte sich ihre Blase deutlich bemerkbar. Auf Toilette hätte sie eigentlich gehen können. Und ein Glas Wasser hätte ihrem Körper vermutlich auch gutgetan. Hätte sie einen Zettel schreiben sollen? Um sich für die Klamotten und das Angebot zu Duschen zu bedanken? Die Klamotten sah er vermutlich niemals wieder und auch die Dusche wäre nicht selbstverständlich gewesen.
Kopfschüttelnd lief sie einige Treppenstufen nach unten, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen brachte sie auch nicht weiter. Als sie die nächste Haustür öffnete, schwappte ihr ein Hauch warmer Luft entgegen. Kurz schloss sie die Augen, atmete einmal tief ein und ging dann weiter. Ihr Körper könnte gerade einen Freudentanz aufführen, so sehr freute er sich über diese frische Luft. Es war zwar erst März, aber die Frühlingsluft war so angenehm, dass sie keine Jacke brauchte. Toni ließ ihren Blick etwas über die Umgebung streifen. Gegenüber entdeckte sie einen kleinen Park. Einige Kinder spielten dort auf einer Rutsche, andere saßen auf Schaukeln. Daneben saßen ihre Mütter und Väter und unterhielten sich entspannt. Toni spürte einen leichten Stich in ihrer Brust. War sie jemals auf einem Spielplatz gewesen? Sie konnte sich zumindest nicht daran erinnern und das musste etwas heißen. Eine leise Stimme riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in die Realität.
"Suchen Sie etwas, Kleines?" überrascht drehte Toni sich um und blickte einer älteren Frau ins Gesicht. Sie war vermutlich anfang 70, stützte sich auf einen Rollator und sah Toni über ihren Brillenrand hinweg an.
"Ich,... Nein, eigentlich nicht." lächelte sie freundlich, dann fiel ihr aber doch etwas ein wobei ihr die Dame behilflich sein konnte. "Aber könnten Sie mir vielleicht sagen wo hier die nächste Bushaltestelle ist?" fragte sie dann schnell nach.
"Natürlich! Wenn sie den Weg hier durch den Park gehen dann müssten Sie die Haltestelle schon sehen, die ist auf der anderen Seite des Parks. Von dahin kommen sie in 10 Minuten an den Bahnhof!" erklärte sie und deutete mit leicht zitternden Händen in Richtung Park. Hauptbahnhof klang schonmal gut, von dort aus müsste sogar sie den Weg zurück finden.
Toni bedankte sich ausgiebig bei der älteren Dame und lief dann den beschriebenen Weg durch den Park. Auf der anderen Seite angekommen konnte sie die Bushaltestelle tatsächlich sehen, wenn ihre Augen keinen Streich mit ihr spielten dann kam der nächste Bus Richtung Hauptbahnhof in 4 Minuten. Erleichtert ließ sie sich auf die kleine Bank an der Haltestelle sinken und lehnte ihren Kopf gegen die Scheibe, die leider nicht so kühl war wie sie es sich gewünscht hätte.
Was war das bitte für ein verrückter Morgen gewesen? Definitiv etwas zu viel, für Tonis Geschmack zumindest. Sie wollte nur noch nach Hause, duschen und sich ihre eigenen Klamotten anziehen.
Noch 2 Minuten.
Neugierig kramte sie jetzt in ihrer Handtasche herum und fand zu ihrer Erleichterung ihren Wohnungsschlüssel und ihr Portemonnaie. Hätte sie eines der beiden verloren wäre sie jetzt vermutlich aufgeschmissen gewesen. Als sie ihren Kopf wieder hob konnte sie den Bus sehen, welcher gerade in die Straße einbog. Also wenn es weiter so gut lief war sie vermutlich in weniger als 30 Minuten zuhause
*40 Minuten später*
Die 30 Minuten hatte sie zwar leider nicht geknackt, aber als sie endlich ihre Wohnungstür hinter sich schließen konnte hätte sie vor Freude fast weinen können. Schnell entledigte sie sich ihrer Schuhe, ihr erster Weg führte sie ins Badezimmer. Sie hatte das Gefühl ihre Blase würde gleich platzen, so dringend musste sie auf Toilette. Gleichzeitig hatte sie aber auch unglaublichen Durst und ihr Magen hatte sich vor gut 15 Minuten bemerkbar gemacht. Kurz gesagt ging es ihr also ziemlich beschissen.
Nachdem sie auf Toilette war schlurfte sie ins Schlafzimmer, schloss ihr Handy am Ladekabel an und ließ ihren Blick kurz zum Bett gleiten. Sollte sie…?
Den Gedanken konnte sie gar nicht zu Ende bringen, da knurrte ihr Magen so laut, dass es vermutlich alle im Haus hören konnten. Also ein klares Nein.
Ihre Beine trugen sie in die Küche, hier ließ sie sich erst einmal einen Kaffee durchlaufen und schaute parallel im Kühlschrank nach etwas essbarem. Viertel vor 3, da konnte man schon gar nicht mehr von Frühstück reden. Aber wenn sie auf etwas überhaupt keine Lust hatte, dann war es jetzt etwas zu kochen, also mussten sie die Brötchen neben ihrem Kühlschrank zufriedenstellen. Schnell kramte sie noch irgendeinen Aufstrich heraus, schnappte sich ihre Tasse Kaffee und marschierte zurück ins Schlafzimmer. Ihr Handy war noch immer ausgeschalten, also setzte sie sich an den Laptop. In ihrem Postfach waren einige E-Mails gelandet, aber nichts unbedingt wichtiges. Also schloss sie ihr Postfach, meldete sich auf Netflix an und ließ im Hintergrund 'Friends' laufen. Egal was sie tat und wann sie es tat, Friends lief so gut wie immer. Beim lernen, beim essen, wenn sie versuchte einzuschlafen oder wenn Besuch bei ihr war. Ohne die Serie konnte sie inzwischen keinen Tag mehr überstehen. Ihr Blick fiel erneut auf ihr Handy. 2%. Das musste reichen.
Sie schaltete es ein, legte es danach aber nochmal kurz auf die Seite. Immer wieder blinkten neue Nachrichten auf, hauptsächlich von Lena. Sie schrieb ihr, dass sie um 7 bei ihr sein würde um sie abzuholen. Anscheinend trafen sie sich heute Abend bei Svenja. Wer auch immer das war, Toni wusste nur noch, dass sie gestern anscheinend mit ihr den Club verlassen hatte.
Erneut blinkte ihr Handy auf, diesmal war es eine Nachricht von Noah. Er studierte, wie Toni, Medizin und die beiden hatten sich von Tag 1 an gut verstanden, Toni war mehr als froh so früh einen Freund gemacht zu haben. Normalerweise war das nicht gerade eine ihrer Stärken. Eine lange Zeit war Lena sogar die einzige wirkliche Freundin die sie hatte, so sehr hatte sie sich auf Schule und ihre Noten konzentrieren müssen.
Noah fragte nach ob Toni heute Abend vorbeikommen würde und mit ihm und einigen anderen den Stoff der letzten Woche durchzugehen. Die letzten beiden Male als sie das gemacht hatten, hatte Toni mehr Spaß als gedacht. Sie waren eine Gruppe von acht Leuten gewesen, manche hatte Toni zuvor nicht mal in Vorlesungen gesehen. Nach einer Stunde ging es aber weniger um den Aufbau des menschlichen Körpers und mehr um die Dozenten und irgendwelche Gerüchte. Sie hatte selten soviel gelacht wie an diesem Abend.
Kurz überlegte sie tatsächlich Lena abzusagen und mit den anderen zu lernen, dann fiel ihr aber ein, dass sie hier von Lena sprach. Wenn sich ihre beste Freundin etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie das auch erreichen. Ein Charaktereigenschaft die Toni gerne besitzen würde.
Sie schrieb Noah also, dass sie bereits andere Pläne hatte, sagte aber schon mal für nächste Woche Samstag zu. Da konnte auch Lena ihre Pläne nicht mehr durchkreuzen. Für die Uni musste sie aber dennoch etwas tun, also entschied sie sich dazu erst duschen zu gehen und sich dann an ihre Unterlagen zu setzen. Schnell aß sie den Rest ihres Brötchens auf, trank ihren Kaffee aus und verstaute alles an Geschirr in der Küche. Dann schnappte sie sich ihren Laptop, frische Klamotten und Unterwäsche und begab sich ins angrenzende Bad. Es war zwar nicht wirklich sehr groß, aber bot Toni alles was sie brauchte: Eine Dusche, eine Toilette, ein Waschbecken und etwas Stauraum für Pflegeprodukte. Sie stand zwar nicht jeden Abend 2 Stunden vor dem Spiegel und pflegte ihre Haut, es war ihr aber dennoch wichtig zumindest etwas Pflege zu betreiben.
Ihren Laptop stellte sie auf einem kleinen Schränkchen neben ihrer Dusche ab, auf dem Bildschirm lief noch immer 'Friends'. Wie bereits erwähnt, sie konnte die Serie immer schauen. Ihre frische Kleidung legte sie neben den Laptop, ehe sie aus der fremden Kleidung schlüpfte und diese, ordentlich zusammengelegt, auf die Waschmaschine legte. Wenn sie dazu kommen würde, würde sie beides Waschen, auch wenn sie ihren alten Besitzer vermutlich niemals wieder sehen würden.
Einen Blick in den Spiegel mied sie, sie sprang direkt unter die Dusche und ließ das kalte Wasser über ihren Körper fließen. Seit einigen Tagen gab es im Haus kein Warmwasser mehr, irgendein Defekt an der Heizung, hatte zumindest die Vermieterin gesagt. Da Toni normalerweise ein absoluter Heiß-Duscher-Typ war, konnte man sich vorstellen wie ungerne sie in letzter Zeit unter die Dusche sprang. Aber heute war es definitiv nötig gewesen. Und einen Vorteil hatte das ganze ja auch: Sie war schnell wieder draußen. Normalerweise vertrieb sie rund 20 Minuten unter der Dusche, vor einigen Tagen hatte sie mit knapp vier Minuten ihren persönlichen Rekord aufgestellt.
Das erste mal an diesem, noch recht jungen Tag, fühlte sie sich nicht wie ein Häufchen Elend. Das Wasser schien auch die letzten Überreste von letzter Nacht abzuwaschen. Als Toni die Augen schloss und das Wasser über ihr Gesicht liefen ließ, huschten Bilder vor ihrem inneren Auge umher. Kleine Fetzen, und bevor Toni realisieren konnte was passiert war, waren sie schon wieder verschwunden. Eine Gänsehaut bildete sich an ihrem gesamten Körper. Ob diese nun dem kalten Wasser oder den Erinnerungen an letzte Nacht geschuldet waren wusste Toni nicht. Genervt öffnete sie ihre Augen wieder, stellte das Wasser ab und schäumte ihre Haare ein. Es war frustrierend. Als würde ihr ein Wort auf der Zunge liegen. Aber sie konnte sich einfach nicht an letzte Nacht erinnern.
Alex.
Wenn sie ihn sehen würde, dann würden vermutlich alle Bilder wieder auftauchen, als hätte sie ein Deja-vu. Aber so? Verzweifelte sie nur daran und bekam Kopfschmerzen. Seufzend schaltete sie das Wasser wieder ein und wusch sich das Shampoo aus den Haaren. Vielleicht würde ihr das Lernen helfen auf andere Gedanken zu kommen.
Auch heute war sie nahe dran den Rekord einzustellen, als sie sich aber das Handtuch um den Körper wickelte musste sie feststellen, dass sie etwas länger als vier Minuten gebraucht hatte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie nicht mal wirklich auf ihren Laptop geachtet hatte, inzwischen hatte eine neue Folge angefangen.
Knapp 20 Minuten später fand sie sich in ihrer Küche am Esstisch wieder. Vor sich hatte sie ihre Uni-Unterlagen ausgebreitet und auf ihrem Laptop suchte sie gerade nach den passenden Folien. Jeden Freitag stellten ihre Professoren eine grobe Zusammenfassung der Woche in die Online-Plattform der Uni, so konnte jeder noch einmal auf den Stoff zugreifen. Unter der Datei selbst stellten auch einige Kommilitonen von Toni ihre Notizen rein, sodass auch diese von jedem gesehen wurden. Würde Toni sich mehr Mühe beim aufschreiben ihrer Notizen geben, hätte sie auch schon längst einige Unterlagen hochgeladen, aber mit ihrem gekritzelt konnte vermutlich niemand etwas anfangen.
Endlich fand sie die passende Datei und machte sich an die Arbeit ihre Notizen aufzufrischen. Sie hatte diese Woche lediglich an zwei Vorlesungen teilgenommen, den Rest der Woche lag sie komplett flach. Irgendeine Erkältung die in der Uni momentan die Runde machte. Gestern ging es ihr zwar schon wieder viel besser und sie hatte sich vorgenommen in die Uni zu gehen, aber ein vermasselter Wecker hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also musste sie sich mit den gegebenen Notizen zufriedengeben. Vielleicht hatte Noah morgen Zeit um sich zusammen zu setzen und zu lernen. Er war bisher bei so ziemlich jeder Vorlesung anwesend gewesen und somit der sichere Hafen für Toni. Sie nahm ihr Studium zwar sehr ernst, aber etwas leben wollte sie auch noch. Wenn es Richtung Klausuren ging würde sie natürlich auch so viele Vorlesungen wie möglich mitnehmen, aber bisher kam sie auch so noch gut im Stoff mit.
Das Lernen tat ihr tatsächlich gut, sie schaffte es einigermaßen ordentliche und übersichtliche Notizen zu schreiben und kam auf ganz andere Gedanken. In ihrem Tunnel vergaß sie jedoch völlig die Zeit und wurde nach einigen Stunden überrascht zurück ins Hier-und-Jetzt geholt. Verwundert warf sie einen Blick auf die Uhr und stellte mit erschrecken fest, dass es bereits kurz vor sieben war. Lena wollte sie doch abholen!
Besagte Lena klingelte erneut und klopfte genervt an die Wohnungstür, Toni sprang auf und sprintete förmlich zu dieser. Als sie die Tür öffnete blickte sie in ein genervtes und in ein lächelndes Gesicht. Lena war nicht alleine, Toni wusste aber nicht wer das bei ihr war.
"Hey, sorry ich war am lernen und…" fing Toni an, aber Lena ließ ihr keine Zeit um fertig zu sprechen.
"Und du hast die Zeit total vergessen, das habe ich mir nach dem dritten Mal klingeln auch schon gedacht." gab sie von sich und quetschte sich an Toni vorbei in die Wohnung.
"Klar, kommt doch gerne rein" murmelte die Blondine und machte etwas Platz um den zweiten Gast hereinzubeten.
"Das ist übrigens Sara. Ich weiß nicht ob du dich noch an sie erinnern kannst, anscheinend weißt du ja nicht mehr viel von gestern…" erklärte Lena und zeigte kurz auf besagte Sara, diese lächelte kurz und nickte Toni zu.
"Ich bin ein bisschen später dazugekommen, da waren die meisten schon total betrunken. Also keine Sorge" erklärte sie und Toni lächelte erleichtert. Unangenehmer erster Eindruck den sie da gemacht hatte. "
"Ach du scheiße, was ist denn hier passiert Toni? Ist 'ne Bombe in deiner Küche eingeschlagen oder was soll das?" Lena stand im Türrahmen und blickte geschockt auf das Schlachtfeld von Notizen auf Tonis' Esstisch. Dass es so unordentlich war, war ihr überhaupt nicht aufgefallen. Aber jetzt sah es aus als hätten dort fünf Menschen ihre Notizen liegen.
"Wie lange hast du denn bitte daran gesessen? Drei Tage?" Lena ging einige Schritte auf den Tisch zu und musterte die Unterlagen genauer. "Naja, eigentlich nur drei oder vier Stunden, ich hab' nicht auf die Uhr geschaut" erklärte Toni und kratze sich verlegen den Nacken. Dass hier so eine Unordnung herrschte war ihr tatsächlich etwas unangenehm, vor allem vor Sara. Erst machte sie den Eindruck einer Vollzeit-Alkoholikerin und jetzt sah es auch noch so aus, als hätte sie ihr Leben nicht im Griff und würde einen Scheiß auf Ordnung geben.
"Naja ist ja auch egal, wir suchen dir jetzt erstmal was zum anziehen raus und düsen dann los. Ich will nicht 'ne Stunde zu spät kommen" Lena holte sie zurück in die Realität und zog sie am Arm in ihr Schlafzimmer.
Zwanzig Minuten später schnappte sich Toni den Wohnungsschlüssel und zog die Tür hinter sich zu. Lena und Sara waren bereits einige Schritte vor ihr und unterhielten sich gerade über irgendwelche Teamkollegen von Sara. Anscheinend war sie nicht in Lenas Mannschaft. Oder zumindest war sie es nicht mehr.
Toni schloss schnell zu den beiden auf und zupfte ihr Oberteil zurecht. In der schnelle hat sie sich einfach für ein dunkelgrünes T-shirt und eine weite Hose entschieden. Nachdem Lena ihr erklärt hatte, dass sie nur bei Svenja im Garten sitzen würden und nicht feiern gehen, hatte sie ihr das Outfit aufs Bett geworfen und gewartet. Sara hatte in der Zwischenzeit etwas Ordnung in der Küche geschaffen und mehrmals betont, dass sie vermutlich zu dumm wäre um Medizin zu studieren und nur die Hälfte von dem was sie las auch wirklich verstand. Zum Abschluss hatte Toni ihre Haare irgendwie in einen halbhohen Dutt gedreht, dadurch dass sie zum größten Teil Luftgetrocknet waren und einige Wellen zum Vorschein kamen, war das gar nicht so einfach. Ihr Handy, ihren Geldbeutel und den Schlüssel stopfte sie jetzt irgendwie in ihre überfüllte Handtasche, stolperte dabei über eine Treppenstufe und konnte sich gerade noch elegant am Geländer festhalten.
"Weißt du, wenn du nicht so ein schlechtes Zeitmanagement hättest und einmal in deinem Leben pünktlich wärst, dann würde dir das nicht ganz so häufig passieren" kommentierte Lena den kleinen Aussetzer, konnte sich aber ein grinsen nicht unterdrücken. "Ha ha. Sehr lustig. Nächstes mal lache ich vielleicht auch drüber" gab Toni von sich und sprang die Treppen vor den beiden runter.
Sara war eine total angenehme Zeitgenossin, das hatte Toni in der letzten halben Stunde deutlich gemerkt. Sie war die Ruhe in Person und wenn sie sprach hätte Toni ihr stundenlang zuhören können. Sie hatte den selben Humor wie Toni und Lena, also war die Autofahrt zu Svenja sehr angenehm und von vielen Lachern gezeichnet. Dennoch hatte Toni erhofft einige Minuten alleine mit Lena verbringen zu können, immerhin stand immer noch die Frage des ominösen Alex im Raum und woher Lena ihn kannte. Vor Sara wollte Toni das Thema ungerne aufgreifen, der dritte Eindruck den sie von ihr haben sollte, sollte nicht unbedingt der des 'Flittchens' sein, auch wenn Toni so ziemlich das komplette Gegenteil davon war. Ihr Wunsch blieb aber unerfüllt, als Sara das Auto parkte öffnete sich schon eine Haustür.
"Das ist Svenja, und die Frau nebendran ist ihre Frau Anja. Sie ist echt super lieb und hat mir letztes Mal ihre Kleidung geliehen, als Tabea mir ihren halben Rotwein übergekippt hat." murmelte Lena ihrer besten Freundin zu als sie sich den beiden Frauen näherten. Beide waren Blond und relativ klein, sogar etwas kleiner als Toni und das musste etwas heißen. Eine der Beiden kam ihr sogar etwas bekannt vor, das musste dann wohl Svenja sein.
Die Beiden begrüßten alle drei mit einer Umarmung, Toni stellte sich Anja kurz vor und wurde prompt nochmal in eine Umarmung gezogen. Danach betraten alle zusammen das Haus, Gelächter im Hintergrund verriet Toni dass bereits einige Teamkollegen hier waren. Kein Wunder, sie waren ja auch eine halbe Stunde zu spät. Dafür entschuldigte sich Toni jetzt auch, sie nahm alle Schuld auf sich und Lena schnaubte nur leise. "Das ist auch gut so. Ohne dich wären Sara und ich schon längst hier." schmunzelte sie und boxte Toni leicht auf den Oberarm. Diese steckte ihrer besten Freundin nur kurz die Zunge raus und folgte dann den anderen durchs Wohnzimmer Richtung Garten.
"Okay Toni, bevor wir gleich zu den anderen rausgehen muss ich dich noch kurz vorwarnen." kurz bevor die beiden die Terrassentür erreicht hatten griff Lena nach dem Arm ihrer besten Freundin und zog sie etwas auf die Seite.
"Hey, du musst mich nicht auf deine Freunde vorbereiten. Ich bin mir sicher die sind alle nicht mal halb so schlimm wie ich" grinste Toni und drehte sich wieder um, um Svenja und den anderen nach draußen zu folgen.
"Nein, das meine ich nicht. Es geht um gestern. Und um Alex…" bei dem Namen blieb Toni nun doch stehen und drehte sich verwundert zu Lena um. Sie hatte die Worte so leise ausgesprochen, dass Toni sie kaum verstanden hatte. Also kannte Lena ihn doch! War er vielleicht sogar hier heute Abend? Ohje, das war das letzte das Toni gebrauchen könnte.
"Was ist mit ihm?" fragte sie jetzt nach und trat wieder näher an Lena heran. Diese musste kurz schmunzeln, rümpfte dann die Nase und zog die Augenbrauen zusammen. So viele Mimiken hatte sie ihrer Freundin gar nicht zugetraut.
"Okay hör zu, du bist da irgendwie ein bisschen auf dem Holzweg und ich will nicht dass es heute Abend irgendwie unangenehm wird. Alex wird nämlich hier sein und ich weiß genau wie das dann ablaufen wird. Ich wollts' dir ja auch eigentlich heute morgen schon sagen, aber dann war dein Akku leer, vorhin hast du die ganze Zeit gelernt und dann war Sara dabei.." murmelte Lena vor sich hin, Toni hatte Probleme mitzukommen.
"Oh mein Gott Lena, was willst du mir denn sagen? Spuks doch einfach aus!" fiel Toni ihr jetzt ins Wort, doch bevor Lena auch nur die Chance hatte zu antworten, mischte sich eine andere Stimme ein.
"Obi! Was macht ihr denn hier drinnen, draußen warten schon alle." Toni riss die Augen weit auf und war wie erstarrt. Diese Stimme. Sie kannte die Stimme. Sie kannte die Stimme sogar sehr gut. Etwas zu gut vermutlich. Langsam drehte sie sich um. Lena griff nur nach ihrem Arm und musste aufgrund ihrer Reaktion schmunzeln.
"Wir kommen sofort Poppi, ich wollte Toni nur kurz noch ein paar Namen beibringen. Die meisten kennt sie schon gar nicht mehr." jetzt klopfte sie ihr auf die Schulter, aber Toni war unfähig auch nur eine Reaktion zu zeigen. Sie starrte Alex nur wie eine Verrückte an. Ach du Scheiße. Ach du heilige Scheiße.
Mit einem nicken drehte sich Poppi wieder um, warf aber Toni noch einen kurzen Blick zu und ging wieder nach draußen.
Sobald sie den Raum verlassen hatte war Toni wieder in der Lage zu reden und sich zu bewegen.
"Lena willst du mich verarschen? Sag mir bitte dass das ein schlechter Witz war. Sag mir bitte ihr habt das irgendwie inszeniert um mir eins auszuwischen. Bitte sag irgendwas." Toni nahm das Gesicht ihrer Freundin in die Hände und bettelte förmlich nach einer Erklärung. Aber Lena schüttelte nur leicht den Kopf. "Sorry Toni, ich hab damit nichts zu tun" erklärte sie und griff nach ihren Händen.
Es war also kein schlechter Scherz?
Plötzlich tauchten die verloren geglaubten Bilder vor Tonis Augen auf. Lena verarschte sie nicht. Sie hatte tatsächlich mit Alex geschlafen.
Und Alex war eine Frau…