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Vertane Chancen

von Miwa86
Kurzbeschreibung
KurzgeschichteFamilie / P12 / Gen
Rose DeWitt Bukater Ruth DeWitt Bukater
18.07.2022
14.10.2022
5
3.496
7
Alle Kapitel
7 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
18.07.2022 590
 
Kleines Vorwort: Ein kleines Was- wäre- wenn. Mich trieb die Frage um, wie Ruth auf Roses neue Laufbahn als Schauspielerin reagiert hätte. Geplant als Kurzgeschichte mit 3 Kapiteln.



… ein neuer Stern am Theater. Die junge Rose Dawson begeistert als Helena. Mit Herz und Gefühl spielt sie die Rolle der jungen Liebenden … Raschelnd fielen die Seiten der Zeitung zu Boden. Sofort waren eilige Schritte zu hören. „Mrs. DeWitt Bukater? Geht es Ihnen gut?“ Eine der beiden Angestellten eilte zu der älteren Frau, die in einem Sessel am Fenster der kleinen Schneiderei saß. „Brauchen Sie etwas?“
„Nein danke, Mary!“ Mit zitternden Fingern griff Ruth DeWitt Bukater nach den herunter gefallenen Zeitungsblättern. „Ich habe gerade nur einen Geist gesehen.“
„Einen Geist?“ Die junge Frau klang leicht verwundert. „Von welcher Person denn?“
„Den meiner Tochter, die vor sechs Jahren mit der Titanic untergegangen ist.“
„Oh!“ Bestürzung verdrängte jeden anderen Ton aus Marys Stimme. Ruth wusste, dass ihr, würde sie jetzt von der Zeitung aufsehen, Mitleid aus den Augen der anderen Frau entgegen schaute. Innerlich seufzend schlug sie die Zeitung erneut auf. Ruth verabscheute dieses Mitleid. Sie verabscheute es, dass jedermann sie, sobald die Rede auf die Titanic kam, wie Glas behandelte. Als könnte sie jederzeit zerbrechen. Zerbrechen … Ruth hätte beinahe verächtlich geschnaubt, beherrschte sich jedoch noch rechtzeitig. Mochte sie auch eine Ausgestoßene der gehobenen Gesellschaft sein und sich ihr Geld durch diesen kleinen Modesalon verdienen müssen, sie war immer noch Ruth DeWitt Bukater. Eine Dame. Und als solche sehr wohl in der Lage, vor ihren Angestellten Haltung zu bewahren.
Ohne sich weiter um Marys Anwesenheit zu kümmern, ihre Angestellte würde gleich wieder an ihre Arbeit gehen, sobald sie merkte, dass Ruth kein weiteres Gespräch wünschte, widmete die ältere Frau sich wieder dem Artikel. Zumindest versuchte sie es. Denn egal, wie oft sie ihren Blick auf die gedruckten Wörter richtete, er glitt immer wieder zu dem Foto der jungen Schauspielerin zurück. Zu der Frau also, die ihre verloren geglaubte Tochter war. „Rose“, hauchte Ruth und strich mit leicht zitternden Fingern über das Schwarz- Weiß- Bild. „Du hast überlebt!“ Erleichterung durchströmte ihren Körper, Ruth atmete tief ein und aus. Gleichzeitig fühlte sie Nässe auf ihren Wangen. Dieses Mal konnte sie die Tränen nicht Einhalt gebieten. Also ließ sie sie fließen und versuchte, sich nicht an diesem Verlust von Haltung zu stören. Zu groß waren ihre Freude und die Erleichterung darüber, dass ihre Tochter sich nicht auf dem Grunde des Atlantiks, sondern in einem Theater in New York befand.

Erst nach einer Weile gelang es Ruth, ihre Fassung zurück zu gewinnen. Ein paar letzte Tränen, dann atmete sie tief durch. Während sie nach einem Taschentuch griff, blieb ihr Blick auf das Bild ihrer Tochter gerichtet. Nun, wo sich der erste emotionale Aufruhr etwas gelegt hatte, begann Ruth, sich Fragen zu stellen. Wie war es Rose gelungen, den Untergang zu überleben? Warum hatte sie an Bord der Carpathia nicht zu erkennen gegeben, als die Namen der Überlebenden aufgenommen wurden? Und warum hatte sie nicht versucht, in Kontakt zu ihr, Ruth, zu treten? Diese und andere Fragen wirbelten durch ihre Gedanken. In diesem Moment fiel Ruths Blick auf den Nachnamen, den die Zeitung angegeben hatte. Dawson. Dumpf begann sie zu ahnen, dass dieser Name ein Teil der Antworten auf ihre Fragen barg. Ein Teil, ja, aber nicht alles. Den anderen Teil würde sie wohl nur erhalten, wenn sie die Reise nach New York antrat und das Gespräch mit Rose suchte. Ruth seufzte leise. Diese Reise würde keine einfache werden, so viel war ihr bereits jetzt schon klar.
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