Duskwood - Hinter der Maske
von MC Deutscher
Kurzbeschreibung
Hallo liebe Lesende, bei dieser FF handelt es sich um eine Fortsetzung der Geschichte zum Mobilgame "Duskwood". Nach dem Ende des 10. Kapitels sind noch viele Fragen offen und Hintergründe ungeklärt. Auf der Suche nach Antworten nimmt Mary den langen Weg nach Duskwood auf sich. Dort wird sie schneller als ihr lieb ist, von der Realität und den Lügen eingeholt... Jeden Mittwoch und Sonntag gibt es ein neues Kapitel. Bleibt dran. ;)
GeschichteKrimi, Liebesgeschichte / P16 / Het
Der Hacker
Mann ohne Gesicht
OC (Own Character)
19.06.2022
23.09.2022
24
46.911
2
Alle Kapitel
7 Reviews
7 Reviews
Dieses Kapitel
noch keine Reviews
noch keine Reviews
19.06.2022
1.583
Mary schaute traurig auf ihr Handy. Mal wieder keine Nachricht. Mal wieder hatte sich niemand bei ihr aus Duskwood gemeldet. Es waren nun schon zwei Wochen vergangen, nachdem Hannah gefunden wurde und ihr guter Freund Richy sich als Mann ohne Gesicht rausstellte. Es waren aber auch zwei Wochen, seitdem Jake sich nicht mehr bei ihr Mary gemeldet hatte. Seitdem war sie nicht mehr sie selbst. Sie hatte zu viel gesehen und zu viel mit ihren Freunden erlebt, als das sie einfach darüber hinwegsehen konnte, dass keiner mehr ihren Kontakt suchte. Das schmerzte sie mehr, als sie je gedacht hatte. Alle waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Thomas, Cleo und Lilly kümmerten sich wohl fürsorglich um Hannah, die seit den Ereignissen in einer therapeutischen Einrichtung untergebracht wurde. Zumindest vorerst. Die Polizei ermittelte schon gegen sie. Denn Fahrerflucht mit Todesfolge verjährte in ihrem Bundesstaat nicht.
Das war das Letzte, dass Jessy Mary geschrieben hatte. Seitdem hatten die beiden guten Freundinnen auch den Kontakt abgebrochen. Aber es war nicht nur Jessys Schuld. Mary hatten ebenfalls nicht mehr die Kraft aufbringen können, mal ein einfaches "Hallo" in den Chat zu werfen. Es hatte sich einfach zu viel geändert, nachdem sie ihren Freunden von Richys Geständnis erzählen musste. Und plötzlich stand sie allein da. Wochenlang schrieb sie mit den Leuten und hatte Freundschaften und Gefühle aufgebaut. Doch nun war da Nichts. Und die Person, die ihr immer Halt gab, war spurlos verschwunden.
Aus den Nachrichten erfuhr Mary, das Richy nun im Gefängnis saß. Er erklärte sich der Entführung von Hannah Dunfort und der Vertuschung der Fahrerflucht für schuldig. Und doch hatte Mary so viele Fragen. So viel blieb unbeantwortet. So viel machte einfach keinen Sinn. Und am schlimmsten war die Tatsache, dass sie nicht wusste, was aus Jake wurde. Wurde er verhaftet? Hatte er es aus der brennenden Mine geschafft? Ist er darin vielleicht umgekommen? Diese vielen Fragen trieben ihr nur wieder die Tränen in die Augen. Ihr Blick wurde glasig, als sie wieder auf ihr Handy starrte.
Lange überlegte sie, wie sie aus diesem Loch rauskommen sollte. Bis sie einen Anruf erhielt. Es war eine unterdrückte Nummer. Als sie ranging, sagte niemand was. So gern wollte sie glauben, dass sich die Person nur verwählt hätte, doch ihre Intuition und ihre aufkeimende Paranoia sagten ihr, dass mehr dran sein müsste. Diese Gefühle wurden genährt, als sie tagsdrauf erneut angerufen wurde.
"Hallo? Wer ist da?", fragte sie am Telefon. Bekam aber wieder keine Antwort. War es Jake? Ihr Herz raste.
"Es ist noch nicht vorbei!", flüsterte es am anderen Ende und legte sofort auf. Perplex starrte Mary auf ihr Handy. Wie konnte das möglich sein? Hatten sie was übersehen? Sie schaute sich in ihrer Wohnung um. Wie schnell sie wohl packen könnte? Dieses Mal würde sie nicht aus der Ferne ermitteln wollen. Sie musste nach Duskwood! Daran würde sie niemand hindern können. Kurzerhand telefonierte sie mit ihrem Chef und buchte ein Flugticket.
Als Jake sie damals fragte, wie lange sie hierher brauchen würde, überschlug sie mit ein oder zwei Wochen. Das war natürlich übertrieben. Es waren schon einige tausend Kilometer bis in dieses verschlafene Örtchen, aber das hatte sie mit einem langen Flug und viel Umsteigen auch hinter sich gebracht. Sie hatte extra dafür vier Wochen Urlaub beantragt. Ihr Chef war zwar alles andere als begeistert, aber aufhalten konnte er sie nicht. Das, was sie hier zu finden hoffte, war so viel wichtiger. Zudem hatte sie einige Versprechen einzulösen. Sie wollte zu Alan Bloomgate, dem Polizeichef von Duskwood, um endlich den versprochenen Kaffee bei einem Pläuschen einzulösen. Zudem hatte sie Dan versprochen, einen Film mit ihm zu gucken. Auch wollte sie ihre Freunde treffen und wenn möglich sogar Richy oder gar Phil. Aus Sicherheitsgründen hatte sie aber niemandem von ihrer Anreise erzählt. Dank Jake war sie wachsamer geworden. Mary wusste zwar nicht, warum sie das noch sein sollte, aber durch den wochenlangen Kontakt mit ihm, färbte ab. Und wer weiß, wer sie da angerufen hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit in diesem Leihwagen erreichte sie endlich das Orteingangsschild von Duskwood. Auf dem Schild war ein Boot auf dem Schwarzwassersee abgebildet, welches von Tannen umrahmt wurde. Mary fuhr die Straße entlang bis sie endlich am Motel ankam. Es war wirklich ein kleines beschauliches sogar etwas altbackenes Motel. Auf dem Parkplatz waren noch drei der sechs Stellplätze frei, sodass sie ohne Schwierigkeiten einparken konnte. Erleichtert atmete Mary durch. Endlich war sie da. Doch nun machte sich Panik in ihr breit. Obwohl Panik nicht die richtige Beschreibung für ihr Gefühlschaos war. Es war doch mehr eine Mischung aus Nervosität, Vorfreude und Angst. Angst davor, etwas hier zu erfahren, dass sie doch nicht wissen wollte. Etwas, mit dem sie nicht leben könnte.
Im Rückspiegel sah sie einen älteren Herren Unkraut zupfen. Das musste wohl der alte Mr. Gray sein. Nach einigen tiefen Atemzügen und Beruhigungsmantras stieg Mary aus dem Auto. Im Kofferraum hatte sie zwei größere Gepäckstücke mitgebracht. Aufgrund der Menge musste sie sogar im Flugzeug noch draufzahlen. Wieder atmete sie tief durch. Der angenehme Geruch von Wäldern lag in der Luft. Das hellte ihre Stimmung auf.
„Ein Schritt nach dem anderen", sprach sie zu sich selbst und ging voran. Vor der Eingangstür saß ein kleiner Junge, der mit einem Spielzeugauto zugange war.
„Hallo Alfie", begrüßte Mary den Jungen. Er sah sie verwirrt an.
„Hallo", sagte er schließlich freundlich. „Lilly ist da drin. Sie wartet schon auf dich."
Wie, sie wartet schon auf mich, fragte sich Mary. Lilly konnte doch gar nicht wissen, dass Mary hierherkommen würde. Stutzig sah sie Alfie an, der nun wieder mit seinem Spielzeug beschäftigt war. Nun denn, ein Schritt nach dem anderen.
Der Empfangsraum war ähnlich altbacken, wie die Außenfassade, bemerkte Mary amüsiert. Und dann sah sie Lilly. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem knappen Zopf zusammengebunden. Eine Strähne hing ihr im Gesicht, welche sie in diesem Moment zur Seite schob, als sie zu Mary hochsah.
„Guten Tag und herzlich Willkommen im Motel Duskwood", sagte Lilly freundlich. Und wie Mary es sich vorher schon dachte, erkannte Lilly sie nicht. Das ließ Mary nach so langer Zeit mal wieder ein Lächeln über ihr Gesicht huschen.
„Hallo. Ich hätte gern ein Zimmer für drei Wochen", erklärte Mary, während sie ihre Rollkoffer abstellte.
„Oh wie schön! Wollen Sie beruflich oder privat so lange in Duskwood verweilen?"
„Ich denke beides", lächelte Mary.
„Dann habe ich hier noch ein paar Flyer mit Sehenswürdigkeiten und Ausflugszielen für Sie. Ich muss diese nur noch rauskramen. Wir haben nicht oft Besuch, der so lange bleiben möchte. Meist ist Duskwood nur für die Durchreise gedacht", lachte Lilly herzlich. Sie machte auf Mary einen sehr freundlichen Eindruck. Dabei haben sich die beiden anfangs überhaupt nicht verstanden. Nachdem Lilly aus purer Frustration ein verleumderisches Video über Mary und Jake auf Youtube hochlud und damit die beiden in arge Bedrängnis brachte, hatte Mary lange daran zu knabbern, Lilly überhaupt wieder zu vertrauen. Auch wenn sie sich mit #IAMJake sehr viel Mühe gegeben hatte, war dieser anfängliche Vertrauensbruch noch immer ein Fleck auf ihrer Freundschaft.
„Das klingt wunderbar", erklärte Mary.
„Dann lassen Sie mich doch mal schauen", begann Lilly ihre Suche nach einem passenden Zimmer. Dabei lag ihr Blick auf dem Bildschirm vor ihr. „Da haben wir ein passendes Zimmer. Sie bekommen die Nummer 5. Es hat einen tollen Ausblick auf den Wald." Bei diesen Worten verblasste Lillys aufgeweckte Art für einen Moment. Es waren nur Sekundenbruchteile, aber Mary wusste genau, was ihrer Freundin durch den Kopf ging. Der Wald stand für so viel, was so tiefe Wunden in ihrer beider Seelen gerissen hatte. „Welchen Namen darf ich eintragen?"
„Mary Fisher" Bei diesen Worten blickte Lilly sie mit weit aufgerissenen Augen an. In diesem Moment schien es bei ihr Klick gemacht zu haben.
„Mein Gott, Mary. Bist du es wirklich?", fragte Lilly völlig entgeistert.
„Ja, ich bin es. Endlich habe ich es hergeschafft."
Jubelnd lief Lilly um den Tresen herum und drückte Mary fest an sich. Bei dieser überstürzten Begrüßung fiel einer von Marys Koffer um.
„Wow, es ist so schön, dich endlich mal direkt zu treffen. Ich habe in den letzten Tagen wirklich oft an dich gedacht, aber hatte echt nicht den Mumm, dir zu schreiben, nach allem was hier geschehen ist."
„Ja, ich habe auch viel an euch denken müssen. Genau deswegen bin ich hier. Ich ..." Ihr brach die Stimme weg „Hast du was von ihm gehört?" Schon wieder rang Mary mit den Tränen. Sie wollte keine Schwäche zeigen, aber als sie an Jake dachte, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten.
„Leider nein", versuchte Lilly sie zu trösten. „Ich würde so gern sagen, dass er wieder auftaucht, aber bei ihm kann man das nie mit Gewissheit sagen."
„Hmm", stimmte Mary ihr zu.
„Komm, ich lad dich zum Abendessen ein. Du musst mir unbedingt alles erzählen, was in letzter Zeit war. Ich schreib nur schnell noch in die Gruppe, dass du da bist."
„Nein!", warf Mary schnell ein. „Bitte sag es niemandem. Ich brauche erstmal ein bisschen Zeit für mich um hier anzukommen. Aber Abendessen klingt wunderbar. Ich verhungere fast", versuchte sie die Situation zu lockern.
„Sicher, dass ich niemanden informieren soll? Nicht mal Jessy? Ihr wart doch praktisch beste Freunde", fragte Lilly.
„Bitte noch nicht. Erst einmal soll das ein Geheimnis zwischen dir und mir bleiben", zwinkerte Mary ihr zu. Lilly verstand und ging.
Das war das Letzte, dass Jessy Mary geschrieben hatte. Seitdem hatten die beiden guten Freundinnen auch den Kontakt abgebrochen. Aber es war nicht nur Jessys Schuld. Mary hatten ebenfalls nicht mehr die Kraft aufbringen können, mal ein einfaches "Hallo" in den Chat zu werfen. Es hatte sich einfach zu viel geändert, nachdem sie ihren Freunden von Richys Geständnis erzählen musste. Und plötzlich stand sie allein da. Wochenlang schrieb sie mit den Leuten und hatte Freundschaften und Gefühle aufgebaut. Doch nun war da Nichts. Und die Person, die ihr immer Halt gab, war spurlos verschwunden.
Aus den Nachrichten erfuhr Mary, das Richy nun im Gefängnis saß. Er erklärte sich der Entführung von Hannah Dunfort und der Vertuschung der Fahrerflucht für schuldig. Und doch hatte Mary so viele Fragen. So viel blieb unbeantwortet. So viel machte einfach keinen Sinn. Und am schlimmsten war die Tatsache, dass sie nicht wusste, was aus Jake wurde. Wurde er verhaftet? Hatte er es aus der brennenden Mine geschafft? Ist er darin vielleicht umgekommen? Diese vielen Fragen trieben ihr nur wieder die Tränen in die Augen. Ihr Blick wurde glasig, als sie wieder auf ihr Handy starrte.
Lange überlegte sie, wie sie aus diesem Loch rauskommen sollte. Bis sie einen Anruf erhielt. Es war eine unterdrückte Nummer. Als sie ranging, sagte niemand was. So gern wollte sie glauben, dass sich die Person nur verwählt hätte, doch ihre Intuition und ihre aufkeimende Paranoia sagten ihr, dass mehr dran sein müsste. Diese Gefühle wurden genährt, als sie tagsdrauf erneut angerufen wurde.
"Hallo? Wer ist da?", fragte sie am Telefon. Bekam aber wieder keine Antwort. War es Jake? Ihr Herz raste.
"Es ist noch nicht vorbei!", flüsterte es am anderen Ende und legte sofort auf. Perplex starrte Mary auf ihr Handy. Wie konnte das möglich sein? Hatten sie was übersehen? Sie schaute sich in ihrer Wohnung um. Wie schnell sie wohl packen könnte? Dieses Mal würde sie nicht aus der Ferne ermitteln wollen. Sie musste nach Duskwood! Daran würde sie niemand hindern können. Kurzerhand telefonierte sie mit ihrem Chef und buchte ein Flugticket.
Als Jake sie damals fragte, wie lange sie hierher brauchen würde, überschlug sie mit ein oder zwei Wochen. Das war natürlich übertrieben. Es waren schon einige tausend Kilometer bis in dieses verschlafene Örtchen, aber das hatte sie mit einem langen Flug und viel Umsteigen auch hinter sich gebracht. Sie hatte extra dafür vier Wochen Urlaub beantragt. Ihr Chef war zwar alles andere als begeistert, aber aufhalten konnte er sie nicht. Das, was sie hier zu finden hoffte, war so viel wichtiger. Zudem hatte sie einige Versprechen einzulösen. Sie wollte zu Alan Bloomgate, dem Polizeichef von Duskwood, um endlich den versprochenen Kaffee bei einem Pläuschen einzulösen. Zudem hatte sie Dan versprochen, einen Film mit ihm zu gucken. Auch wollte sie ihre Freunde treffen und wenn möglich sogar Richy oder gar Phil. Aus Sicherheitsgründen hatte sie aber niemandem von ihrer Anreise erzählt. Dank Jake war sie wachsamer geworden. Mary wusste zwar nicht, warum sie das noch sein sollte, aber durch den wochenlangen Kontakt mit ihm, färbte ab. Und wer weiß, wer sie da angerufen hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit in diesem Leihwagen erreichte sie endlich das Orteingangsschild von Duskwood. Auf dem Schild war ein Boot auf dem Schwarzwassersee abgebildet, welches von Tannen umrahmt wurde. Mary fuhr die Straße entlang bis sie endlich am Motel ankam. Es war wirklich ein kleines beschauliches sogar etwas altbackenes Motel. Auf dem Parkplatz waren noch drei der sechs Stellplätze frei, sodass sie ohne Schwierigkeiten einparken konnte. Erleichtert atmete Mary durch. Endlich war sie da. Doch nun machte sich Panik in ihr breit. Obwohl Panik nicht die richtige Beschreibung für ihr Gefühlschaos war. Es war doch mehr eine Mischung aus Nervosität, Vorfreude und Angst. Angst davor, etwas hier zu erfahren, dass sie doch nicht wissen wollte. Etwas, mit dem sie nicht leben könnte.
Im Rückspiegel sah sie einen älteren Herren Unkraut zupfen. Das musste wohl der alte Mr. Gray sein. Nach einigen tiefen Atemzügen und Beruhigungsmantras stieg Mary aus dem Auto. Im Kofferraum hatte sie zwei größere Gepäckstücke mitgebracht. Aufgrund der Menge musste sie sogar im Flugzeug noch draufzahlen. Wieder atmete sie tief durch. Der angenehme Geruch von Wäldern lag in der Luft. Das hellte ihre Stimmung auf.
„Ein Schritt nach dem anderen", sprach sie zu sich selbst und ging voran. Vor der Eingangstür saß ein kleiner Junge, der mit einem Spielzeugauto zugange war.
„Hallo Alfie", begrüßte Mary den Jungen. Er sah sie verwirrt an.
„Hallo", sagte er schließlich freundlich. „Lilly ist da drin. Sie wartet schon auf dich."
Wie, sie wartet schon auf mich, fragte sich Mary. Lilly konnte doch gar nicht wissen, dass Mary hierherkommen würde. Stutzig sah sie Alfie an, der nun wieder mit seinem Spielzeug beschäftigt war. Nun denn, ein Schritt nach dem anderen.
Der Empfangsraum war ähnlich altbacken, wie die Außenfassade, bemerkte Mary amüsiert. Und dann sah sie Lilly. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem knappen Zopf zusammengebunden. Eine Strähne hing ihr im Gesicht, welche sie in diesem Moment zur Seite schob, als sie zu Mary hochsah.
„Guten Tag und herzlich Willkommen im Motel Duskwood", sagte Lilly freundlich. Und wie Mary es sich vorher schon dachte, erkannte Lilly sie nicht. Das ließ Mary nach so langer Zeit mal wieder ein Lächeln über ihr Gesicht huschen.
„Hallo. Ich hätte gern ein Zimmer für drei Wochen", erklärte Mary, während sie ihre Rollkoffer abstellte.
„Oh wie schön! Wollen Sie beruflich oder privat so lange in Duskwood verweilen?"
„Ich denke beides", lächelte Mary.
„Dann habe ich hier noch ein paar Flyer mit Sehenswürdigkeiten und Ausflugszielen für Sie. Ich muss diese nur noch rauskramen. Wir haben nicht oft Besuch, der so lange bleiben möchte. Meist ist Duskwood nur für die Durchreise gedacht", lachte Lilly herzlich. Sie machte auf Mary einen sehr freundlichen Eindruck. Dabei haben sich die beiden anfangs überhaupt nicht verstanden. Nachdem Lilly aus purer Frustration ein verleumderisches Video über Mary und Jake auf Youtube hochlud und damit die beiden in arge Bedrängnis brachte, hatte Mary lange daran zu knabbern, Lilly überhaupt wieder zu vertrauen. Auch wenn sie sich mit #IAMJake sehr viel Mühe gegeben hatte, war dieser anfängliche Vertrauensbruch noch immer ein Fleck auf ihrer Freundschaft.
„Das klingt wunderbar", erklärte Mary.
„Dann lassen Sie mich doch mal schauen", begann Lilly ihre Suche nach einem passenden Zimmer. Dabei lag ihr Blick auf dem Bildschirm vor ihr. „Da haben wir ein passendes Zimmer. Sie bekommen die Nummer 5. Es hat einen tollen Ausblick auf den Wald." Bei diesen Worten verblasste Lillys aufgeweckte Art für einen Moment. Es waren nur Sekundenbruchteile, aber Mary wusste genau, was ihrer Freundin durch den Kopf ging. Der Wald stand für so viel, was so tiefe Wunden in ihrer beider Seelen gerissen hatte. „Welchen Namen darf ich eintragen?"
„Mary Fisher" Bei diesen Worten blickte Lilly sie mit weit aufgerissenen Augen an. In diesem Moment schien es bei ihr Klick gemacht zu haben.
„Mein Gott, Mary. Bist du es wirklich?", fragte Lilly völlig entgeistert.
„Ja, ich bin es. Endlich habe ich es hergeschafft."
Jubelnd lief Lilly um den Tresen herum und drückte Mary fest an sich. Bei dieser überstürzten Begrüßung fiel einer von Marys Koffer um.
„Wow, es ist so schön, dich endlich mal direkt zu treffen. Ich habe in den letzten Tagen wirklich oft an dich gedacht, aber hatte echt nicht den Mumm, dir zu schreiben, nach allem was hier geschehen ist."
„Ja, ich habe auch viel an euch denken müssen. Genau deswegen bin ich hier. Ich ..." Ihr brach die Stimme weg „Hast du was von ihm gehört?" Schon wieder rang Mary mit den Tränen. Sie wollte keine Schwäche zeigen, aber als sie an Jake dachte, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten.
„Leider nein", versuchte Lilly sie zu trösten. „Ich würde so gern sagen, dass er wieder auftaucht, aber bei ihm kann man das nie mit Gewissheit sagen."
„Hmm", stimmte Mary ihr zu.
„Komm, ich lad dich zum Abendessen ein. Du musst mir unbedingt alles erzählen, was in letzter Zeit war. Ich schreib nur schnell noch in die Gruppe, dass du da bist."
„Nein!", warf Mary schnell ein. „Bitte sag es niemandem. Ich brauche erstmal ein bisschen Zeit für mich um hier anzukommen. Aber Abendessen klingt wunderbar. Ich verhungere fast", versuchte sie die Situation zu lockern.
„Sicher, dass ich niemanden informieren soll? Nicht mal Jessy? Ihr wart doch praktisch beste Freunde", fragte Lilly.
„Bitte noch nicht. Erst einmal soll das ein Geheimnis zwischen dir und mir bleiben", zwinkerte Mary ihr zu. Lilly verstand und ging.