Where is Eric Beale? - NCIS:LA
von KarlottaBergmann
Kurzbeschreibung
Plötzlich ist Eric Beale verschwunden! Was steckt dahinter?
GeschichteDrama / P16 / Het
Grisha "G" Callen
OC (Own Character)
21.05.2022
21.05.2022
1
15.978
Alle Kapitel
noch keine Reviews
noch keine Reviews
Dieses Kapitel
noch keine Reviews
noch keine Reviews
21.05.2022
15.978
Es war das Venice Beach Hotel.
Malgorzatta wusste beim beste Willen nicht mehr, das wievielte Hotel es war, das sie mit G bewohnte.
Es hatte sogar eine ganze Weile gedauert, bis ihr auffiel, dass es meist Hotels in oder um Venice Beach waren, die G aussuchte
Schließlich stellte sie den Zusammenhang ganz unvermittelt her - schließlich hatte er hier in der Gegend mal gewohnt! Sein Appartement war am Cunoles Boulevard gewesen, bevor er angeschossen worden war. Wahrscheinlich zog es ihn deswegen immer wieder hierher zurück.
Doch die letzte Nacht hatte sie alleine hier verbringen müssen.
Das verwirrte sie ziemlich.
G hatte ihr gestern Abend mitgeteilt, dass er die Nacht woanders verbringen würde. Er hatte ihr nicht gesagt, wo!
Seine Stimme war ruhig, bestimmt gewesen, er hatte sehr geordnet gewirkt und sie hatte nur zu gut gemerkt, dass er wusste was er tat, und dass es ihm wichtig war.
Sie war sich ziemlich sicher, dass keine andere Frau im Spiel war.
Vielleicht ging es wieder um Informationen um seine Familie.
Sie befürchtete es insgeheim.
Und dabei kam er erst wieder langsam auf die Füße nach der Geschichte um den Tod seiner Schwester Amy.
Sie hatte Angst davor. Es machte ihn unberechenbar.
Jetzt saß sie am Fußende des Bettes und wartete auf G.
Er wollte zum Hotel kommen.
Gedankenverloren streifte sie mit dem Zeigefinger über den Rand des E-Book-Readers auf dem Bett. Sie hatte gestern Abend noch "Die Trauerbegleiterin" von Annamoneé Bendragon gelesen, ohne sich richtig auf die Geschichte konzentrieren zu können. Es ging um eine Frau, die in einem führenden Bestattungsinstitut ins Los Angeles arbeitete und, um eine Überführung zu begleiten, in ein kleines Nest nach Idaho kam. Die Arbeit mit trauernden Angehörigen dort war so gänzlich anders als der Kontakt mit den Reichen und Berühmten in der großen Stadt. Und weil es auch ein bisschen eine Liebesgeschichte war, spielte auch der örtliche Bestatter eine Rolle.
Eigentlich mochte sie lieber Bücher. Aber ohne festen Wohnsitz konnten sie nicht noch dicke Wälzer mit sich herumschleppen. G hatte ein paar sehr anspruchsvolle im Kofferraum seines Wagens.
Es war 9. 28 Uhr.
Sie hatte keine Lust gehabt, zum Frühstück zu gehen.
Hatte sich bloß an einer der nahen Buden einen Kaffee geholt, dabei ihr Mobiltelefon umklammernd um es ja nicht zu verpassen falls G anrief.
Natürlich hätte sie ihn jederzeit anrufen können.
Aber sie wollte es nicht mal ausprobieren.
Sie wollte ihm die Auszeit gönnen.
Es kam ihr auch nicht so vor, als wäre er zu einem Einsatz verschwunden. Er hätte ihr das anvertraut, da war sie sich ziemlich sicher.
Deswegen konnte sie sich sein Wegbleiben auch nicht erklären.
Ganz kurz nur hatte sie mit dem Gedanken gespielt, Sam anzurufen.
Doch sie wollte G nicht hintergehen.
Und Sam nicht unnötig beunruhigen.
Sie hatte nicht das Gefühl, es würde etwas Schlimmes dahinter stecken. Es war mehr so, als wäre etwas Unangenehmes im Gange.
Es klopfte an der Tür.
So unvermittelt, dass Malgorzatta zusammenzuckte, hastig aufstand.
„Mali, ich bin`s!“
Es war Gs Stimme.
Malgorzatta eilte zur Tür, drehte den Knauf und riss sie auf.
Sofort fing sie Gs Lächeln auf.
Es beruhigte sie, noch bevor sie den sanften Ton seiner Stimme bemerkte, seine entspannte Haltung zu registrieren.
„Hallo Mali!“
G überbrückte die die kurze Distanz zwischen ihnen mit wenigen Schritten, legte seine Hand an ihre Wange und küsste sie ausgiebig.
Malgorzatta legte ihre Hände an seine Seite und erwiderte seinen Kuss.
Sie fühlte sich erleichtert.
Es schien alles gut zu sein.
„Guten Morgen, G! Schön, dass Du da bist!“
Sie gab die Tür mit langsamen Schritten frei.
„Alles gut geklappt für Dich?“
G betrat das Zimmer.
Er suchte ihren Blick während er die Tür hinter sich schloss.
Seine Bewegungen waren ruhig. Sein Gesichtsausdruck wirkte entspannt. Der Blick seiner blauen Augen war klar und einigermaßen wach.
Es war schön, ihn so zu sehen, auch wenn sie nicht wusste, was das verursacht hatte.
„Ja.“
G machte die wenigen Schritte zu ihr als sie in einiger Entfernung zu ihm stehen blieb, um ihn anzusehen, um die Distanz aufrecht zu erhalten, die er gestern mit seinem Weggehen aufgebaut hatte.
Es tat ihr gut, dass er diese Distanz zwischen ihnen jetzt sofort aufgab, zu ihr kam, seinen Arm um ihre Schultern legte und sie an sich zog.
Er küsste sie.
„Ich liebe Dich, cormoara meu!“
Malgorzatta fiel es unglaublich schwer, nicht auf sein Verschwinden einzugehen. Es überhaupt zu übergehen jetzt.
Sie fühlte Eifersucht, auch wenn sie keinen Grund dazu hatte.
Jetzt legte sie beide Arme um ihn und schmiegte sich an ihn.
Seine Liebeserklärung verwunderte sie ein bisschen.
Hatte er ein schlechtes Gewissen?
„Ich liebe Dich auch, G!“
Sie schob ihre Hände unter seine grüne halblange Jacke, streichelte über seinen Rücken.
Durch den dünnen Stoff seines Shirts konnte sie die Wärme seiner Haut spüren.
„Aber … ich bin ziemlich verunsichert weil Du mich alleine gelassen hast!“
Sie konnte es einfach nicht lassen, es zur Sprache zu bringen. Zu sehr brannte es ihr auf den Nägel. Sie wollte reinen Tisch zwischen ihnen Beiden.
G nickte langsam.
„Tut mir leid!“ gab er zurück, drückte sie kurz an sich.
Es wirkte nicht wirklich so, als bedauere er es aufrichtig, Malgorzatta fühlte sich verwirrt über das, was sie empfand.
„Pack` Deine Sachen zusammen, ich möchte Dir etwas zeigen!“ meinte G jetzt mit einer kleinen Kopfbewegung zu ihrer Tasche am Fußende des Bettes.
„Wir kommen nicht wieder hierher zurück?“ fragte sie ihn verwundert.
G schüttelte den Kopf.
„Nein.“
Sie sah ihn an, erwartete, dass er mehr verriet.
Doch G schwieg, sah sie bloß an.
Irgendwie erwartungsvoll.
Die ganze Situation irritierte Malgorzatta bloß noch mehr.
Sie legte ihre Hand auf seinen Brustkorb
„G, was geht hier vor?“
Sie hasste Überraschungen.
Sie bekam sie zuhauf, seit sie mit G zusammen war. Sie gab nicht gerne die Kontrolle ab. Ganz besonders hasste sie die Lebenswendungen, die G so offensichtlich schmerzten.
Dies hier schien ihm allerdings Freude zu bereiten.
Er lächelte.
„Komm, hol` Deine Sachen!“ forderte er sie erneut sanft auf.
Jetzt musste auch Malgorzatta lächeln.
„Was hast Du vor?“
Gespannt sah sie ihn an.
G erwiderte ihren Blick ruhig.
Ließ seine Hand an ihren Nacken rutschen und zog sie sanft an sich, küsste sie. Ausgiebig. Hingebungsvoll.
Malgorzatta wusste, dass sie nichts aus ihm herausbekommen würde.
G schien sich in den Kopf gesetzt zu haben, sie zu überraschen.
Langsam ließ sie ihre Hand an seine kratzige Wange rutschen.
Seine Bartstoppeln pieksten noch ein wenig deutlicher gegen ihre Handinnenfläche als meistens sonst.
Er schien sich heute nicht rasiert zu haben!
Behutsam löste sie ihre Lippen von den seinen und sah ihn an.
„Hast Du gut geschlafen, G?“
Er nickte kurz.
„Hast Du schon gefrühstückt?“
Malgorzatta schüttelte den Kopf.
„Ich hab` mir bloß einen Kaffee geholt. Ich frühstücke nicht gerne ohne Dich!“
„Holen wir nach!“ meinte G.
Er sah sie an.
Abwartend.
Offenbar wartete er noch immer darauf, dass sie ihre Sachen packte. Offenbar wollte er ihr noch immer unbedingt etwas zeigen.
„Also gut!“
Sie streichelte mit der Hand über seine Brust, wandte sich dann ab und packte ihre Sachen zusammen.
Innerhalb von zehn Minuten war sie fertig.
G nahm ihre Tasche und gemeinsam gingen sie hinaus.
An der Reception gaben sie die Schlüsselkarte ab und bezahlten die Rechnung.
Dann führte G sie zu dem Mercedes, den er in einer Seitenstraße geparkt hatte.
Er legte die Tasche in den Kofferraum, Malgorzatta sah, dass seine Taschen sich dort auch befanden. Auch sein Schlafsack lag dort.
G schlug den Kofferraumdeckel zu, ging zur Beifahrertür und öffnete sie ihr.
„Danke G!“
Malgorzatta streichelte kurz über seinen Bauch bevor sie einstieg.
G schlug die Tür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg auf der Fahrerseite ein.
Malgorzatta sah ihn an.
G lächelte.
Es schien ihm wirklich Spaß zu machen, was er vorhatte!
Also gönnte sie es ihm.
G startete den Wagen und fuhr sie in eine ruhige Wohngegend, mit hübschen Einfamilienhäusern und gepflegten Vorgärten.
G parkte den Wagen am Bordstein einer breiten sauberen Straße und schaltete den Motor aus.
Vor einem Haus mit einer Rasenfläche davor, unterbrochen von einem schmalen Weg aus Steinplatten, mit drei kleinen Stufen.
Nochmal drei Stufen führten zur Haustür hinauf, die unter einem kleinen Vordach lag, das sich wie ein kleines Foyer über die ganze rechte Seite des Hauses zog.
Üppige Pflanzen wucherten über dem Fenster in der Hauswand rechts.
`631` war die Hausnummer, die an der weißen Mauer links neben dem Eingang prang.
Eine halbhohe Mauer führte von der linken Seite des Einganges bis zu der Hecke und bildete so am Haus eine geschützte Veranda.
Pflanzen wuchsen links über der Mauer und auch links an der Hauswand, bis hoch auf das Dach.
Rechts auf dem Rasen lag ein Gartenschlauch.
Während G ausstieg fragte Malgorzatta sich insgeheim, ob Hetty hier wohnte.
Vielleicht hatte sie Geburtstag und G wollte ihr gratulieren?
Aber hätten sie dann nicht Blumen besorgt?
Sie hatte die Beifahrertür geöffnet bevor G das für sie tun konnte.
Er reichte ihr seine Rechte und half ihr Aussteigen, schlug die Tür hinter ihr zu und aktivierte die Zentralverriegelung.
Malgorzatta sah ihn an.
Lächelte ihm so harmlos wie möglich zu während sie ihre Fragen nur mühsam zurückhielt.
„Komm!“ meinte G sanft zu ihr, legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie leicht mit sich den Weg hinauf, Richtung des Hauses.
Es schien ihm viel zu bedeuten, hier zu sein, Malgorzatta spürte seine unterschwellige Anspannung.
„Schön hier!“ meinte sie deswegen, betont locker, um ihm etwas von dieser Nervosität zu nehmen.
G sah sie an.
Sie standen vor der grünen Haustür.
„Freut mich, dass es Dir gefällt!“ meinte er, mit einem kleinen Wackler in der Stimme.
Er griff in die vordere rechte Tasche seiner Jeans und holte einen Schlüssel heraus.
Den schob er in das Schloss der Tür, schloss sie auf, Malgorzatta hatte für einen Moment das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen schwankte.
Ganz plötzlich hatte sie eine Ahnung, und die traf sie wie ein Schlag. Für einen Moment lang konnte sie nicht atmen.
G stieß die Haustür auf.
Dann wandte er sich ihr zu.
Ehe sie reagieren konnte hatte er sie auf seine Arme genommen, drückte sie an sich, während er mit ihr die Türschwelle überschritt.
Malgorzatta spürte Tränen in ihre Augen schießen.
Sie musste schniefen.
„G!“
Völlig gerührt lehnte sie den Kopf an seinen, legte ihre Arme noch ein wenig fester um seinen Nacken.
„Was machst Du da?“
Sie standen in einem kleinen Vorraum. Bogige Durchgänge führten in einen großen Raum links, Malgorzatta erkannte verschwommen einen Holzboden, einen Kamin.
Nach vorne war ein kleiner Durchgang in einen Flur und rechts in eine Art Hauswirtsschaftsraum.
G stellte sie liebevoll wieder auf die Füße.
Er drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen bevor er hinter sich langte und die Tür zuschubste.
„Und? Was sagst Du?“
Er machte eine kleine präsentierende Bewegung mit beiden Händen, sah sie fragend an.
Malgorzatta konnte noch immer nicht klar gucken, kämpfte noch mit ihren Tränen.
„Hast Du … ist das Deins? Hast Du es gekauft?“
Sie machte die wenigen Schritte zu ihm, legte ihren Arm um seine Seite, schmiegte sich an ihn während sie zu ihm aufsah.
G legte seinen Arm um ihre Schultern. Zog sie ganz an sich und küsste sie.
Malgorzatta spürte, dass er noch immer unter Anspannung stand. Es rührte sie bloß noch mehr als er zurückgab: „Es ist unseres! Ja, ich hab`s gekauft!“ während er sacht mit der Rechten ihre Wange streichelte.
„Wie bist Du darauf gekommen?“
Sie musste schlucken. Tat es angestrengt, damit ihre Tränen tiefer rutschten.
G räusperte sich.
Sie spürte, dass er ein bisschen zitterte.
Es schien genau so emotional für ihn zu sein wie für sie.
„Hetty hat es mir vermittelt.“ antwortete G.
Er machte eine lange Pause bevor er fortfuhr: „Ich habe hier früher mal bei einer Pflegefamilie gewohnt! Sie sind alle verstorben. Ich habe … heute Nacht hier geschlafen!“
Malgorzatta sah ihn verblüfft an.
Sie streichelte über seine Brust.
„Alleine? Ich meine … natürlich alleine, aber in dem großen Haus? Sind denn Möbel oben?“
G lächelte zärtlich.
Er zog sie wieder an sich, legte beide Arme um sie, lehnte seinen Kopf sacht an ihren.
„Ich war sehr ungern die Nacht ohne Dich! Aber ich brauchte die Zeit hier für mich, ein paar Stunden hier für mich alleine! Bitte, versteh` das nicht falsch, aber … „
Malgorzatta hob rasch ihre Hand und legte ihren Zeigefinger über seine Lippen.
G verstummte sofort. Sah sie an.
„Finde ich gut!“ meinte Malgorzatta bestimmt zu ihm.
„Ich meine … ich habe Dich schrecklich vermisst, es war eine ganz furchtbare Nacht, aber ich finde das richtig gut, das Du das gemacht hast! Wenn es gut für Dich war, ist es völlig in Ordnung!“
G umfasste sanft ihre Hand, drückte einen Kuss auf ihren Finger.
„Ich habe Dich unendlich vermisst! Es ist nicht schön, ohne Dich zu schlafen. Aber es war gut für mich, ja! Ich konnte ein bisschen … meine Gedanken ordnen!“
„Dann ist doch alles gut!“ erwiderte Malgorzatta leichthin.
Sie fühlte sich unheimlich erleichtert, dass Gs Fortbleiben einen so trivialen Grund hatte.
„Wo hast Du geschlafen? Ist das Schlafzimmer oben?“
G machte eine rasche Kopfbewegung Richtung des Zimmers mit dem Kamin.
„Da. Ich habe mir meinen Schlafsack dorthin gelegt! Dort war früher … das Wohnzimmer!“
Malgorzatta ging kurz durch den Kopf, wo sie heute Nacht wohl schlafen würde. Eigentlich wollte sie sich noch nicht wirklich damit beschäftigen. Andererseits wollte sie nicht wirklich noch eine Nacht ohne G verbringen.
Sie legte beide Arme um ihn, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.
G hielt sie sofort fest.
Legte beide Arme um sie und zog sie noch etwas enger an sich während er seine Zungenspitze sekundenlang über ihre Lippen streicheln ließ.
Sie musste schmunzeln.
Jetzt, wo sich ihre Sorge um Gs nächtliche Abwesenheit mehr oder weniger in Wohlgefallen aufgelöst hatte, fühlte sie sich wieder besser.
Zudem freundete sie sich langsam mit dem Gedanken an das Haus an. Und es rührte sie unheimlich, was G für sie Beide getan hatte.
Bestimmt erwiderte sie seinen Kuss. Ließ ihre Hände unter seine Jacke, über sein Shirt streichen.
Ihr Mobiltelefon klingelte.
Malgorzatta wollte nicht rangehen.
Die Momente ungestört mit G waren ihr zu kostbar, zu wichtig.
Doch nachdem die Verbindung kurz unterbrochen worden war, klingelte es erneut, G löste seine Lippen von ihren und sah sie an.
„Vielleicht ist es wichtig?“
„Im Moment ist mir nichts wichtiger als hier mit Dir ungestört zusammen zu sein!“ gab Malgorzatta zurück.
Doch Gs zurückhaltender Gesichtsausdruck bedeutete ihr, wenigstens einen Blick auf das Display zu werfen.
Malgorzatta fühlte sich einen Moment irritiert.
`Nell ruft an` stand auf dem Display.
Nell Jones arbeitete im OPS.
Sie hatte die kleine, zierliche, überaus quirlige junge Frau eines Mittags im Hauptquartier kennengelernt, wohin sie für einige Zeit für eine Datenanalyse versetzt worden war. Seit zwei Wochen arbeitete sie jetzt mit Eric Beale zusammen.
Weil sie sich sympathisch waren hatte Malgorzatta mit ihr ihre Telefonnummer ausgetauscht und schon des Öfteren in der Mittagspause einen Kaffee mit ihr getrunken.
„Entschuldige, G! Das ist Nell!“ meinte Malgorzatta rasch zu ihm, strich das Display frei und meldete sich.
Für einen Moment sah sie, wie G fragend die Augenbrauen hob.
„Ja, Nell? Hier ist Malin!“
„Malin, Eric ist verschwunden!“
Die sonst so überlegene Datenanalystin hörte sich völlig aufgelöst an.
„Wir waren gestern Abend verabredet und er ist nicht erschienen! Er geht nicht an sein Telefon, ich kann ihn nicht erreichen! Bei ihm zuhause öffnet niemand! Malin, was soll ich tun?“
Sie klang wirklich verzweifelt.
„Ganz ruhig, Nell!“ meinte Malin beschwichtigend zu ihr.
Bisher hatte sie nicht einmal gewusst, dass die Beiden dateten. Eine gewisse Neckerei zwischen ihnen war ihr aufgefallen, eine krampfhafte Verleugnung ihrer gegenseitigen Sympathie füreinander.
Nate hätte seine Freude an ihnen gehabt, wäre er da gewesen.
„Eric scheint verschwunden!“ meinte sie rasch zu G.
„Eric?“ wiederholte G und klang im ersten Moment, als kenne er niemanden mit diesem Namen.
„Eric Beale?“
„Ja.“ antwortete Malgorzatta.
„Nell, wo bist Du?“
„Ich bin an Erics Wohnung!“ gab Nell zurück, aufgeregt.
„Ich wusste nicht, was ich tun soll, deswegen habe ich Dich angerufen!“
„Das ist völlig in Ordnung!“ meinte Malgorzatta bestimmt, ruhig zu ihr.
„Wo ist sie?“ fragte G jetzt.
„Lass` Dir die Adresse geben, sie soll dort auf uns warten!“
Malgorzatta nickte in seine Richtung.
„Nell, gib` mir bitte die Adresse, wo Du bist! Straße!“
Nell nannte ihr die Adresse.
„Warte dort auf uns!“ gab Malgorzatta Gs Anweisung an sie weiter.
„Ja, ist gut!“ meinte Nell.
Sie klang ein bisschen beruhigter.
Malgorzatta beendete das Gespräch und nannte G die Adresse.
Er stutzte einen Moment.
„Das ist Erics Adresse! Was tut sie da?“
Malgorzatta sah ihn an. Biss sich auf die Unterlippe.
G war ein hervorragender Agent. Er kümmerte sich auch bestens um sein Team. Nur in dessen zwischenmenschlichen Belangen hinkte er – vielleicht aufgrund eigener Defizite – etwas hinterher.
Kensi und Deeks waren da ein weiteres Beispiel.
Marty Deeks war dem Team vom Los Angeles Police Departement als Verbindungsmann zugeteilt worden.
Hetty hatte ihn Kensi als neuen Partner zur Seite gestellt.
Zwischen den Beiden musste es sofort gefunkt haben, man sah es ihnen förmlich an, dass sie füreinander bestimmt waren.
Während Deeks mit seiner Sympathie für Kensi langsam warm wurde, wehrte Kensi sich mit Händen und Füßen gegen ihre Gefühle, für alle im Team sichtbar.
Vielleicht war G aber auch einfach nur zu professionell um darauf einzugehen!
„Das hörte sich für mich jetzt an als wären sie verabredet gewesen!“
G sah sie an. Noch immer ein wenig irritiert.
„Komm, fahren wir!“ meinte er dann zu ihr.
Malgorzatta nickte ergeben.
Sie hatte gerade eben erst begonnen, zu überlegen, ob sie es wohl schaffen würde, G dazu zu kriegen, dass er sich Möbel mit ihr ansah.
Und sie hatte das Haus noch nicht einmal ganz gesehen!
Doch sie rechnete es G hoch an, dass er sich sofort kümmern wollte!
G öffnete ihr die Tür und ließ sie vorangehen.
Er zog die Tür hinter sich zu, griff wieder in die Tasche seiner Jeans und nahm den Schlüssel heraus, schloss die Tür ab.
Die Szene war völlig ungewohnt.
Malgorzatta genoss es.
„Danke, G!“ meinte sie dann.
G sah sie an.
„Wofür?“
„Dass Du Dich gleich kümmerst!“ gab Malgorzatta zurück.
Sie streckte ihre Hand aus und streichelte sanft über seine, G umfasste sacht ihr Handgelenk und zog sie zu sich, legte beide Arme um sie und küsste sie.
„Hmmm …“
Malgorzatta schenkte ihm ein Lächeln.
„Machen wir jetzt gleich die Nachbarn neidisch?“
G lachte leise.
„Was meinst Du?“
Er sah sie fragend an.
„Die Frauen in der Nachbarschaft beneiden mich schon jetzt glühend um den gutaussehenden Mann hier!“ gab Malgorzatta zärtlich zurück und schmiegte sich ein wenig an ihn.
Sie war sich nicht sicher, ob G diese Zärtlichkeit in der Öffentlichkeit weiter zuließ.
Zu ihrer Überraschung zog er sie jedoch noch etwas an sich, legte seinen Arm um sie und küsste sie.
Malgorzatta hätte es gerne genossen.
Doch ihre Sorge um Nell war stärker.
Irgendwie hatte sie immer unterschwellig auf diesen Tag gewartet, auf den nächsten Schritt mit G, sein weiteres Bekenntnis zu ihr.
Jetzt, wo er gekommen war, war es ganz anders, als sie es sich erträumt hatte. Es wunderte sie nicht wirklich!
Es war immer anders mit G.
Nach einem Moment gelang es ihr sogar, darüber zu lächeln.
Sie legte ihre Rechte an Gs Nacken. Seine Haut war warm.
Wahrscheinlich würde ihr ganzes Leben mit G so verlaufen. Unplanbar.
„Das hast Du ganz wunderbar hinbekommen, G!“ flüsterte sie ihm zu, streichelte seinen Nacken.
G sah sie an.
„Gefällt es Dir? Du hast es nicht mal gesehen!“
Seine blauen Augen wanderten über ihr Gesicht, aufmerksam.
„Was ich bis jetzt gesehen habe gefällt mir sehr gut, G!“ antwortete sie ihm.
„Ich freue mich, dass Du es mir weiter zeigst, wenn die Sache mit Eric erledigt ist! Und selbst wenn es mir nicht gefallen würde … ich könnte auch mit Dir in einem Pappkarton leben wenn ich nur bei Dir sein darf! Ich liebe Dich!“
G lächelte. Zärtlich.
Er drückte sie wieder an sich und küsste sie.
„Komm, lass` uns los!“ meinte er dann sanft.
Nell erwartete sie an ihrem Auto.
Sie fuhr einen Mini.
Neben dem kleinen Auto ging sie in einer nervenaufreibenden Weise auf und ab, blieb stehen, als G den Wagen in kurzer Entfernung parkte und sah in ihre Richtung.
Malgorzatta stieg aus und schloss die Tür hinter sich.
Nell war wie immer sehr mädchenhaft gekleidet. Jetzt, während sie zu ihnen herüberkam, rang sie nervös ihre Finger.
„Oh, das ist so nett von euch, dass ihr sofort gekommen seid! Danke Callen, danke Malin!“
„Keine Ursache!“ meinte G knapp zu ihr.
„Was gibt es?“
„Eric und ich waren gestern Abend verabredet.“ erzählte Nell.
„Wir wollten … Essen gehen! Doch Eric ist nicht aufgetaucht! Er wollte mich abholen! Ich habe versucht, ihn anzurufen, doch ich kann ihn nicht erreichen! Auch zu Hause nicht! Heute Morgen schließlich bin ich hierher gefahren, doch er reagiert auch nicht auf mein Klingeln!“
Bei ihren letzten Worten zitterte ihre Stimme ein bisschen.
Malgorzatta machte die wenigen Schritte zu ihr und legte ihr die Hand an die Schulter.
G nickte.
Er nahm sein Mobiltelefon heraus, strich das Display frei und tippte etwas ein. Dann hielt er sich das Gerät ans Ohr.
Nach einigen langen Momenten nahm er das Telefon herunter und wiederholte das Wählen.
Er wählte auch noch ein drittes Mal.
Nichts geschah.
„Kann ihn nicht erreichen!“ meinte er dann.
„Er scheint auch nicht in der Zentrale zu sein! Gehen wir `rein?“
Er sah fragend zu Nell.
Sie nickte sofort.
Eric wohnte in einem Appartement des Gebäudes, vor dem Nells Mini parkte.
Ein Pförtner in der Eingangshalle sah hinter seinem Pult auf als sie durch die Glastür hereinkamen. Nell nickte ihm kurz zu als sie zu den Fahrstühlen gingen.
„Er hat mir gesagt, dass Eric das Haus gestern Nachmittag verlassen hat!“ erzählte sie ihnen, während sie auf den Lift warteten.
„Er hat auch gesagt, er wäre bisher nicht wiedergekommen!“
G nickte.
„Was ist mit Erics Familie?“ fragte er Nell.
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich kenne sie nicht! Soweit ich weiß, lebte sie nicht hier! Eric spricht nicht über sie! Aber er hätte mir Bescheid gesagt, hätte er die Verabredung nicht einhalten können!“
Sie betraten die Fahrstuhlkabine.
Nell drückte rasch den Knopf mit der Nummer Drei.
„Ich wusste nicht, dass ihr euch außerhalb der Arbeitszeit trefft!“ meinte G jetzt zu ihr.
Malgorzatta empfand Nells kurzen Blick zu sich irgendwie als hilfesuchend.
„Fast niemand wusste das, Agent Callen!“ gab Nell leise zurück.
„Und … das muss auch niemand wissen!“
Malgorzatta lächelte ihr einfach zu als Nell sie wieder ansah.
Sie war sich nicht sicher, ob G Nells Blick zu ihr bemerkte.
„Hetty weiß es bestimmt!“ gab G mit einem kleinen feinen Lächeln Nell zurück.
„Hetty weiß immer alles!“
„Ja, Hetty weiß immer alles!“ wiederholte Nell. Es klang mit einem Mal bedrückt.
Im dritten Stock führte sie sie zum Appartement 3B.
Es lag in einem schmalen Flur, an dessen Ende sich ein bis zum Boden reichendes Fenster befand. Man sah von hier auf die Stadt, auf die typische Silhouette in der Ferne.
G klopfte an die weiße Tür.
„Eric?“
Er horchte.
Es geschah nichts.
„Eric? Ich bin`s, Callen!“
Er klopfte noch mal.
Hinter der Tür blieb es ruhig.
„Ich geh` rein!“ entschied Callen. Er sah Nell an.
„Hast Du einen Schlüssel?“
„Nein!“ gab sie beinahe entrüstet zurück.
G griff in die linke Gesäßtasche seiner Jeans und nahm ein schmales Etui heraus.
Er öffnete den Reißverschluss.
Malgorzatta hatte es bereits ein paar Mal bei ihm gesehen, vorzugsweise wenn er die Taschen seiner Hose leerte bevor er sie ihr zum Waschen gab.
Sie hatte G nie danach gefragt, was sich darin befand. Hatte nie heimlich nachgeschaut.
G nahm jetzt zwei der Picklocks heraus und drückte ihr das Etui in die Hand, Malgorzatta nahm es rasch und verfolgte, wie G die beiden dünnen Metallstäbe in das Schloss einführte.
Er hatte sie kaum bewegt als das Schloss schon mit einem leisen Klicken aufsprang und die Tür frei gab.
„Eric?“
G ließ die Tür sanft aufschwingen während er ihr mit der Linken das Etui aus der Hand nahm und die Picklocks wieder verstaute, das Etui dann in seine Hosentasche zurück schob während er ein paar Schritte über die Schwelle in den Raum machte.
„Ich warte hier!“ meinte Nell hastig.
„Erics Wohnung ohne ihn zu betreten erscheint mit nicht … richtig!“
Sie verschränkte beide Arme vor dem Oberkörper wie um ihre Aussage zu unterstreichen.
„Warst Du da schon mal drin?“ erkundigte sich Malgorzatta sacht bei ihr.
Nell schüttelte den Kopf.
„Nein.“
G kam schon wieder zurück.
„Nichts!“
Er schüttelte den Kopf und zog die Tür hinter sich zu.
„Ich ruf` jetzt Sam an! Am Besten wir treffen uns in der Zentrale!“
Er langte zu seinem Mobiltelefon.
„Nell, wenn es Dich beruhigt, da drinnen ist nichts Ungewöhnliches! Keine Anzeichen für einen Kampf oder dafür, dass Eric die Wohnung hastig oder unfreiwillig verlassen hat!“
Nell schenkte ihm ein kurzes Lächeln.
„Danke Callen!“
Malgorzatta liebte ihn für diese beruhigenden Worte an Nell.
Verstohlen streichelte sie über seinen Arm.
G schenkte ihr ein kleines Lächeln während er sein Mobiltelefon an sein Ohr hielt.
„Sam, ja, ich bin`s, G! Kannst Du zum OPS kommen? Eric ist verschwunden … ja, Eric! Oh … ja. Ja, melde Dich!“
Er nahm das Telefon herunter und unterbrach das Gespräch.
„Sam kommt erst später zurück! Seine Tochter macht einen Ausflug und er ist mitgefahren! Er will sich später noch melden, wenn sie zurück sind!
Geht doch schon `mal zum Wagen!“
Er strich mit der Hand leicht über ihren Rücken.
„Ich frag` eben noch den Pförtner.“
Malgorzatta nickte ihm zu.
„Nell, willst Du mit uns fahren?“ fragte sie die andere draußen, während sie Richtung der Wagen gingen.
„Nein, danke. Ich fahre mit meinem Wagen.“ gab Nell zurück.
„Wir treffen uns dann im OPS!“
Malgorzatta nickte ihr zu.
„Ja, bis gleich!“
Sie verfolgte vom Mercedes aus, wie Nell in ihren Mini stieg, ihn startete und zügig davon fuhr. Besorgt sah sie zu dem Appartementgebäude.
Der Himmel war wolkenlos blau. Sonnenstrahlen spiegelten sich in den blank polierten Fensterscheiben.
Heute war Samstag.
Sie hatte sich so auf Gs freies Wochenende gefreut.
Es hatte angefangen, schief zu laufen als G ihr gestern mitteilte, dass er nicht bei ihr übernachten würde.
Mittlerweile hatte sie ihm das mehr als verziehen!
Dennoch entfernte sich ihre Freizeit immer mehr von dem, was sie eigentlich hatte machen wollen.
G kam aus dem Gebäude.
Er sah sich kurz suchend nach ihr um und kam dann in ihre Richtung.
„Wo ist Nell?“
Er blieb neben ihr am Wagen stehen.
„Sie sollte schon mal vorfahren.“ antwortete ihm Malgorzatta.
„Hast Du `was erfahren?“
G nickte kurz.
„Eric hat gestern gegen halb vier das Haus verlassen!“ erzählte er ihr.
„Seitdem ist er nicht wieder aufgetaucht! Sein Auto ist auch nicht mehr auf dem Parkplatz im Haus!“
Malgorzatta nickte.
„Und wie geht’s jetzt weiter?“
G öffnete ihr die Beifahrertür des Wagens.
„Nell kann im OPS erstmal Erics Auto und sein Telefon orten! Je nachdem, was dabei herauskommt, wissen wir dann schon mehr!“
„Danke!“
Malgorzatta stieg ein.
G schloss die Tür hinter ihr und ging um den Mercedes herum, stieg auf der Fahrerseite ein.
Er schloss die Tür hinter sich und sah zu ihr herüber während er den Schlüssel ins Zündschloss schob.
„Ist Nell okay?“
Malgorzatta nickte.
„Ich denke schon. Die Kleine ist stark!“
„Bei Dir alles okay?“ fragte G weiter.
Seine Stimme klang ungleich sanfter. Seine Hand strich leicht über ihr Bein.
Malgorzatta streichelte über seine Hand und schenkte ihm ein ruhiges Lächeln.
„Ja, alles wunderbar!“
„Gut.“ G nickte.
Er zog sanft seine Hand unter ihrer weg und startete den Wagen.
Als sie wieder auf der Straße waren, räusperte er sich.
„Wahrscheinlich hast Du Dir das Wochenende anders vorgestellt!“ meinte er dann, warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.
Malgorzatta presste für einen Moment die Lippen fest zusammen.
„Ich hab` mir so vieles anders vorgestellt!“
Sie sah zu ihm herüber und streichelte mit der Hand über sein Bein.
„Und dann machst Du immer alles noch viel schöner!“
G wandte den Kopf und sah sie an.
Sein Blick lag so beunruhigend lange bei ihr, dass es ihr beinahe unheimlich wurde.
„G … bitte!“
Behutsam legte sie ihre Hand an seine Wange und drehte sein Gesicht sanft wieder Richtung der Frontscheibe.
„Du willst mich in der schönsten Phase meines Lebens doch nicht umbringen wollen, oder?“
G lachte leise.
Es klang ein bisschen verlegen.
Er schwieg bis sie den Parkplatz des Hauptquartieres erreichten,
Als er ihr dann die Beifahrertür öffnete wartete er nicht wie sonst neben der Tür sondern drängte sie mit zwei, drei Schritten gegen die Karosserie zurück.
„Ist es wahr, was Du da eben gesagt hast?“
Malgorzatta sah ihn verwundert an.
Sie unterdrückte den Reflex, ihre Hände zu heben, auf Gs Brust zu legen.
„Was meinst Du?“
G sah sie weiter ruhig an. Stand bloß still vor ihr.
„Das mit der glücklichsten Phase Deines Lebens!“
Malgorzatta nickte sofort. Bestimmt.
„Ja.“ antwortete sie einfach. Ehrlich.
G legte seine Rechte an ihre Wange. Sein Blick, sein Gesichtsausdruck waren weich.
„Mehr … als in Deiner Ehe?“
Malgorzatta nickte sofort.
„Ja. Weitaus mehr!“
G beugte sich zu ihr vor und küsste sie.
Malgorzatta war das etwas unangenehm.
Der Parkplatz war kameraüberwacht.
Sie wollte nicht knutschend mit G auf irgendwelchen Überwachungsmonitoren gesehen werden, egal von wem.
Andererseits konnte sie Gs Kuss, seiner Nähe schlecht widerstehen. Sie wollte es auch eigentlich gar nicht! Wenn es für ihn in Ordnung war, sollte es das auch für sie sein!
„Ich liebe Dich, G!“ flüsterte sie ihm zu.
G zog sie zu sich. Drückte sie für einen langen Moment an sich. Malgorzatta spürte, dass er es genoss, einfach hier mir ihr zu stehen, ihre momentane Nähe. Vielleicht sogar erst recht an diesem speziellen Tag. Sie genoss seine Nähe, seine Zuwendung auf jeden Fall!
„Komm!“ meinte G nach einer ganzen Weile.
„Nell ist schon hier!“
Er machte eine rasche Kopfbewegung zu dem kleinen Auto, das nahe der Einfahrt parkte.
Malgorzatta nickte.
Sie folgte G in das im spanischen Stil gebaute Gebäude.
Die Zentrale wirkte belebt.
Lichter waren an, ebenso Computer und Bildschirme eingeschaltet. Türen standen auf. Kaffeemaschinen brodelten.
Malgorzatta erwartete insgeheim, dass Hetty irgendwo um einen Pfeiler schlich.
Prompt hörte sie Schritte hinter sich im Flur.
„Oh hallo!“
Als sie sich umwandte sah sie Kensi und Marty, die soeben ankamen.
Kensi strahlte sie an und Marty neben ihr, ein blonder, lockiger Surfertyp, mit blauen Augen, in lässigen Jeans und T-Shirt, lächelte ihnen ebenfalls in seiner lockeren Art zu.
Malgorzatta mochte ihn.
Er wirkte unbekümmert, gut gelaunt und sehr loyal.
Außerdem schien er ein sehr guter Polizist zu sein.
Sam ging er auf die Nerven.
„Hallo Malin! Hallo Callen!“ grüßte Marty.
„Hallo Kensi! Hallo Marty!“ grüßte Malgorzatta zurück.
G sah ihnen verwundert entgegen.
„Was tut ihr hier? Woher wisst ihr … ?“
„Ich habe mir erlaubt, Miss Blye und Mister Deeks anzurufen, Mister Callen!“
Tatsächlich kam Hetty jetzt von irgendwoher, leise, unauffällig, wie gewohnt.
Sie nickte ihnen grüßend zu.
„Miss Jones hat mich informiert! Wenn jemand aus dem Team verschwindet ist … „ ihre Stimme zitterte für einen kleinen Moment „ … dann bedarf es unser aller Anstrengung, um ihn zurück zu bringen! Mister Hanna wird später zum Team kommen! Gehen wir doch erst einmal … „ sie wies zur Treppe.
„ … alle nach oben und hören uns an, was Miss Jones schon herausgefunden hat!“
Kensi und Marty wandten sich der Treppe zu,
Malgorzatta verharrte wo sie stand.
Sie spürte Gs Hand an ihrer Schulter.
Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie G zu Hetty herüber schaute.
Sie nickte ihm kaum merklich zu.
„Komm!“ meinte G daraufhin zu ihr und schob sie sacht Richtung der Treppe. Malgorzatta gestattete sich den verwunderten Blick zu G.
Sein Gesicht war ausdruckslos. Seine Hand lag noch immer an ihrer Schulter.
Sie war erst ein Mal hier oben gewesen.
Im Einsatzraum. Sie hatte mit ansehen müssen wie G mit seinem Wagen verunfallte. Zum Glück war ihm nicht viel passiert!
Dennoch war ihr Aufenthalt hier oben jetzt, als sie den Einsatzraum betrat, eher mit negativen Gefühlen behaftet.
Es war hier wie sie es in Erinnerung hatte. Nur Eric war nicht hier.
Viele Lichter. Eingeschaltete Bildschirme, auf dem übergroßen Bildschirm links, an der Wand, war eine Straßenkarte zu sehen.
`Beale, E` blinkte ein rot umrandeter Namenszug neben einem Pfeil, der auf eine Lokalisation auf der Karte wies.
Sie war nahe am Strand.
"Ich habe Erics Wagen in Huntington Park geortet." begann Nell ohne Umschweife.
Sie trug ein Head-Set und hatte einen Tablett-PC in der Hand. Momentan wirkte sie ruhig und voll konzentriert.
"Sein Mobiltelefon ist geortet in Lennox, also an einem ganz anderen Ende der Stadt!"
Ihre Stimme klang kühl und emotionslos, geschäftig.
Malgorzatta fragte sich insgeheim, ob sie auch würde so überlegt handeln können würde G vermisst.
Sie vermutete, eher nicht!
"Kensi, Deeks, fahrt ihr nach Lennox und holt das Telefon!" ordnete G an, mit einer kurzen Handbewegung Richtung der Karte.
"Ich fahre ... Du kommst mit mir, wir sehen uns den Wagen an!"
Malgorzatta spürte seine Hand leicht, kurz an ihrem Arm.
Verblüfft sah sie zu G.
"Was ist mit Sam?" fragte Kensi.
Malgorzatta fand, dass es aufsässig klang.
Sie musste sich anstrengen, keine Miene zu verziehen.
"Macht mit seiner Tochter einen Schulausflug und kommt später!" gab G ihr äußerst knapp zurück.
Sein Blick rutschte in die Runde.
"Okay." meinte Kensi und senkte den Blick, wirkte wie ermahnt ob Gs kühlem Ton.
"Okay." meinte auch Marty und zuckte die Schultern während beide Richtung des Ausganges.
Hetty lächelte milde. Stumm.
"Nell, Du überwachst Auto und Telefon, auch das bei Eric zu Hause, und gibst uns sofort Bescheid, wenn sich an einem der Drei etwas tut!" ordnete G weiter an.
"Natürlich!" meinte Nell.
Malgorzatta fing Gs Blick auf während er sich von dem Videotisch abstieß, an dem er gelehnt hatte.
"Komm!" meinte er dabei zu ihr während er sich der Tür zuwandte.
"Mister Callen!" meinte Hetty.
G blieb sofort stehen und sah sie an.
"Ja?"
"Bringen Sie uns Mister Beale gesund zurück!" meinte Hetty zu ihm.
Ihre Stimme zitterte ein bisschen.
Malgorzatta sah, wie G kurz seine Hand zur Faust ballte. Sie fand es merkwürdig, dass er sich zu ihr umwandte, ihr einen kurzen Blick zuwarf.
"Das ist meine Absicht, Hetty! Er wird nicht enden wie Sullivan! Oder wie Dom!"
"Gut zu wissen, Mister Callen!" gab Hetty zurück.
"Ich nehme Ihr Wort dafür!"
Malgorzatta folgte G.
Fing Hettys unverbindliches Lächeln auf während sie hinausging.
Es war ihr einmal mehr unheimlich.
Sie wollte nach Sullivan fragen.
Was mit Dominic Vale geschehen war, wusste sie.
Doch sie entschied, dies später zu tun, denn G wirkte zu angespannt.
"Bekomme ich eine Waffe?"
G blieb mitten auf der Treppe stehen und wandte sich zu ihr um.
Er wirkte verblüfft.
"Bitte ... Mali?"
"Bekomme ich eine Waffe, G?" wiederholte Malgorzatta sanft, konnte sich ein kleines Lächeln aber nicht verkneifen.
Irgendwie freute sie sich, dass G sie ins Vertrauen gezogen hatte.
Weil sie sich ziemlich sicher war, dass niemand zusah, streichelte sie rasch, verstohlen über seinen Rücken.
Sie sah das kleine Lächeln in Gs Mundwinkeln.
"So lange ich eine Waffe habe brauchst Du keine!"
Malgorzatta machte die wenigen Schritte auf den Stufen an ihm vorbei.
"Macho!"
Sie konnte es sich nicht verkneifen.
"Das habe ich gehört!"
G kam hinter ihr her und das Lächeln, das er ihr schenkte, war wirklich amüsiert.
Er war vor ihr am Schreibtisch und reichte ihr ihre Jacke, die sie über der Lehne seines Schreibtischstuhles abgelegt hatte, bevor er seine nahm.
"Danke."
Malgorzatta nahm ihre Handtasche.
Dies hier war einer der überaus wenigen Orte auf der ganzen Welt, wo sie ihre Handtasche unbeobachtet stehen lassen konnte. Sie tat es dennoch ungern. Es waren nicht nur ihre sehr persönlichen Sachen darin. G hatte ihr zudem die Tasche geschenkt.
Es war eine lilane Balenciaga und er hatte sie ihr gekauft nachdem sie aus Washington zurück gekommen waren. Sie war ein kleines Vermögen wert!
"Alles okay?" fragte G sie auf dem Weg zum Auto.
Malgorzatta sah ihn an.
Nickte. Lächelte.
"Ja. Und selbst?"
G nickte.
"Mir geht es gut!"
Er öffnete ihr die Beifahrertür.
Malgorzatta streichelte über seine Brust und blieb vor ihm stehen.
"Du hast noch nicht gefrühstückt, hm?"
"Ich halte gleich beim Bäcker, dann holen wir uns `was, okay?" erwiderte G.
Er legte seine Hand an ihren Nacken, beugte sich leicht zu ihr hinab und küsste sie.
"War das Dein Ernst vorhin?"
Malgorzatta sah ihn verwundert an.
"Was?"
"Vorhin ... auf der Treppe! Als Du Macho gesagt hast!"
Malgorzatta ließ ihren Blick über sein Gesicht wandern und versuchte, seine Frage einzuordnen.
Fühlte er sich auf den Schlips getreten? Beleidigt? Geschmeichelt?
Sie vermochte es nicht an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen.
"Nein. Du würdest nicht an der Beifahrertür stehen wenn Du einer wärst! Manchmal allerdings ein bisschen ... ein ganz kleines bisschen ... und das ist hinreißend!"
"Für Notfälle ist eine Waffe samt Ersatzmagazin im Handschuhfach!" raunte G ihr halblaut zu.
"Danke." flüsterte Malgorzatta, stemmte sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn.
Die Adresse, die Nell auf Gs Mobiltelefon geschickt hatte, war eine heruntergekommene Wohngegend.
Es wunderte Malgorzatta nicht wirklich, dass es hier so viele baufällige Häuser gab. Halb verfallene Gebäude. Und verwahrloste Grundstücke.
G stoppte den Wagen vor einem Grundstück mit einem langen Bretterzaun, der schief, beschmiert und nahezu verrottet war.
Viele Bretter fehlten. zerfetzte Plakate für Comic- und Erotik-Messen hingen vom Holz herab.
Und an seinem Anfang war eine große Lücke, durch die man bereits ein verkohltes Autowrack sehen konnte.
"Ist noch frisch." meinte G als er daneben stand, seine Hand über die freie Motoröffnung hielt.
"Noch warm."
Ruß und Asche lagen auf dem Metall, keine Zeichen der Verwitterung. Wenn man näher heranging konnte man sogar noch den Brandgeruch riechen!
"Das können sich Deeks Leute mal ansehen!"
G griff zu seinem Mobiltelefon.
Malgorzatta sah zu dem Haus auf dem angrenzenden Grundstück rechts.
Es gab dort nur ein Fenster auf dieser Seite und das war ausgiebig und großzügig von innen verhängt.
Ob es sich lohnen würde, dort zu fragen, ob den Leute irgendetwas aufgefallen war?
Vielleicht hatte zu der Zeit ja gerade jemand den Müll herausgeworfen?
"Kensi und Deeks haben das Mobiltelefon und bringen es zum OPS!" ließ G sie wissen.
"Es scheint genau so verbrannt wie das Auto, aber vielleicht lassen sich noch ein paar Daten retten! Wir fahren noch mal zu Erics Wohnung und holen seinen Computer!"
Malgorzatta nickte.
"G! Sollen wir vielleicht `mal die Nachbarn fragen?"
G warf ihr über das Autodach einen kurzen Blick zu.
"Meinst Du? In der Gegend hier tippe ich darauf, dass sie lieber unter sich bleiben!"
Malgorzatta nickte sofort.
"Ja. Lass` es uns trotzdem bitte versuchen, hm?"
"Okay."
G machte eine kleine auffordernde Kopfbewegung zu ihr und begleitete sie dann die kleine Veranda hinauf.
Er klopfte mit der Rechten gegen die Holztür, von der Farbe abblätterte, während er mit der Linken seinen Ausweis herausnahm.
"Ja ... Moment!"
Die Stimme im Inneren des Hauses klang krächzend, heiser, krank, unmöglich zu sagen, ob von einem Mann oder von einer Frau.
Dan wurde die Tür geöffnet und eine Frau unschätzbaren Alters, dürre, faltig, mit fettigen Haaren und fehlenden Zähnen, in einem schlabberigen, verschmutzten, viel zu großen Kittel erschien im Türrahmen.
"Hallo."
Sie hatte eine dünne Zigarette in der Hand und aus dem Haus schlug ihnen ein teils süßlicher, teils muffiger Geruch entgegen.
Malgorzatta sah, wie die trüben Augen der Frau zuerst einmal an G hoch- und herunterrutschten bevor sie an seinem Ausweis kleben blieben.
"Ups ... "
Ihre Hand mit der Zigarette rutschte sofort hinter ihren Rücken.
"Das würde ich an Ihrer Stelle auch sagen!"
G hielt ihr den Ausweis direkt in Augenhöhe.
"Agents Callen, NCIS, ... "
Er machte dabei eine kleine Kopfbewegung zu ihr herüber.
" ... Was können Sie uns zu dem ausgebrannten Autowrack auf dem Nachbargrundstück sagen?"
Die Frau starrte ihn an.
Malgorzatta musste sich auf die Unterlippe beißen.
Es hatte sich wunderbar angefühlt als G "Agents Callen" sagte und dabei zu ihr wies.
Sie fühlte sich richtiggehend geschmeichelt.
Der Frau schien die Namensgleichheit jedoch gar nicht aufzufallen. Sie war offensichtlich komplett zugedröhnt.
"Was?"
G wiederholte die Frage.
"Da steht ein ... was? Was für ein Autowrack?"
Die Frau sah G weiter an.
Sie schwankte ein wenig. Ihre grauen Pupillen waren riesengroß.
"Nichts für ungut, Ma`m! Bitte entschuldige Sie die Störung!"
G klappte seinen Ausweis zu und steckte ihn ein, wandte sich schon ab.
Malgorzatta sah die Augen der Frau zu sich wandern.
Sie grinste plötzlich spitzbübisch.
"Passen Sie gut auf ihn auf, Kindchen! Das ist ja ein Sahneschnittchen!"
Malgorzatta sah G, schon auf der Treppe, kurz zögern, nur für einen Moment, so als wolle er eingreifen, darauf reagieren.
Sie musste sich ein Lächeln mühsam verbeißen.
"Danke, Ma`m. Auf Wiedersehen!" meinte sie rasch, wandte sich ab und eilte die Treppe hinab, an Gs Seite.
Mittlerweile hatte er seinen Weg durch den kleinen verkommenen Vorgarten fortgesetzt, Richtung Auto.
Als sie seinen Blick suchte sah sie Amüsiertheit in seinen blauen Augen.
"Mein allererster Fall, mein allererster Außeneinsatz mit Dir und schon muss ich eifersüchtig werden?" raunte sie ihm zu.
G erwiderte nichts.
Er öffnete ihr die Beifahrertür des Mercedes.
"Das musst Du nicht! Glaub' mir!" versicherte er ihr jetzt.
Seine Stimme klang sehr ernst dabei und hatte nichts mehr von der Lockerheit, mit der diese Situation begonnen hatte.
Sie wollte sie wiederhaben.
Behutsam strich sie beim Einsteigen über Gs Bauch.
G schlug die Tür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg ein. Erst als ihre Blicke sich dann trafen verzog ein kleines Lächeln seine Lippen. Es wirkte ergeben.
"Ich hatte mir den Tag eigentlich ganz anders vorgestellt. Tut mir leid!"
Er ließ seine Hand leicht über ihr Bein streichen während er sie ansah.
Malgorzatta legte ihre Hand rasch darüber und schob ihre Finger fest zwischen seine.
Sie lächelte ihm zu.
"Ich auch. Aber wenn so ein Tag `mal wieder so gar nicht ist wie ich das gerne hätte, dann denke ich daran zurück wie Du angeschossen wurdest! Dass ich Dich da beinahe gar nicht mehr gehabt hätte. Und wie schrecklich die neun Monate in Washington ohne Dich waren! Und schon ... "
Sie lächelte betont mehr.
" ... ist alles wieder gut!"
Gs Lächeln wurde in bisschen deutlicher. Gerührt. Für einen langen Moment wirkte er nachdenklich.
Fest schloss er seine Finger um ihre.
"Natürlich. Du hast Recht!"
Er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie rasch. Sein Lächeln, als er sie dann ansah, war zärtlich.
"Es ist schön, dass Du bei mir bist, Mali! Ich habe noch nie zuvor vor so einem vollen Glas gesessen!"
Malgorzatta lächelte gerührt. Sie musste zwei Mal schwer schlucken.
"Danke, G!"
Sie streichelte über seine Wange.
"Ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der so schöne Komplimente macht!"
G lächelte ein bisschen verlegen.
Er nickte leicht.
Dann startete er den Wagen und lenkte ihn auf die Straße, brachte sie wieder zu dem Appartementhaus, in dem Eric wohnte.
G stieg aus.
Wie fast immer hatte er die Beifahrertür schon geöffnet bevor sie es selbst tun konnte. Malgorzatta mochte seine guten Manieren, derer er nicht müde wurde.
"Danke G!"
Wie immer versuchte sie, leicht über seine Hand, seinen Arm zu streicheln, damit er wusste, dass sie seine Aufmerksamkeit registriert hatte.
G schlug die Autotür zu.
Malgorzatta folgte ihm ins Haus.
G nickte dem Pförtner kurz zu während er durch die Lobby Richtung der Fahrstühle ging, dabei etwas langsamer wurde damit sie zu ihm aufschließen konnte.
Er drückte den Knopf im Paneel, der die Kabine zu ihnen hinunter beförderte.
Während sie warteten nahm er sein Mobiltelefon heraus und rief in der Zentrale an, fragte Nell, ob es schon etwas Neues gab.
"Noch Nichts!" meinte er dann zu ihr während sie im Fahrstuhl nach oben fuhren.
Gs Gesicht war ausdruckslos.
Malgorzatta hatte noch nie mit ihm zusammen gearbeitet.
Sie konnte ihn mittlerweile einschätzen in vielen privaten Situationen, früh morgens nach dem Wachwerden beispielsweise, wenn er meist zwar immer sofort voll da, aber die ersten Minuten immer ein wenig "kantig", neutral.
Wenn er müde war, dass er dann leicht gereizt reagierte, oder wie schnell er sich zurück zog wenn er sich verletzlich fühlte.
Als sie jetzt den Fahrstuhl verließen sah er sich nach allen Seiten kurz um
während er das kleine schmale Etui aus seiner Hosentasche zog.
Auch Malgorzatta sah sich zu beiden Nachbarwohnungen um während G mit den Picklocks rasch und geschickt Erics Wohnungstür öffnete.
Dann folgte sie ihm hinein.
Es war ihr merkwürdig, die Wohnung eines "Bekannten" zu betreten.
Erstens hatten sie nicht viele davon.
Zweitens war da dieser ernste Hintergrund.
Die anderen schienen Eric - bisher - außer auf der Arbeitsebene nicht allzu wahr genommen zu haben.
Er wirkte immer etwas nerdig, aber Malgorzatta mochte ihn.
Bisher war er immer sehr nett zu ihm gewesen, sie würde ihm nie vergessen, dass er sie nicht ernsthaft versucht hatte, sie aus dem OPS zu verbannen während sie entsetzt verfolgt hatte, wie G auf dem Computerbildschirm einen Autounfall hatte.
Außerdem hatte er computermäßig wirklich etwas auf dem Kasten.
Zudem war ihr Nells Sorge ein Anliegen.
Erics Wohung war klein, aber in dieser Lage, mitten in der Stadt, bestimmt nicht billig.
Man schien gut zu verdienen als Bundesagent.
Malgorzatta musste ein bisschen lächeln.
Sie kannte Gs Gehalt, hatte einmal einen Kontoauszug von ihm gesehen.
In erster Linie verblüfft darüber, dass G überhaupt so etwas Banales wie Kontoauszüge in Papierform besaß, hatte sie die vierstellige Summe der wöchentlichen Gehaltsabrechnung registriert. Es war verdient, auf jeden Fall! Sie riskierten jeden Tag ihr Leben!
Es gab ein kombiniertes Wohn-Schlafzimmer hier, eine abgeteilte Küchenecke, ein kleines Bad und einen schmalen Balkon mit Blick auf die typische Silhouette von Los Angeles.
Die Zimmer waren hoch, Sonnenlicht flutete herein, alles war hell und sauber.
"Komm!"
G hatte Erics Laptop auf dem Schreibtisch links an der Wand ausgestöpselt und klemmte sich den kleinen flachen Computer unter den Arm während er in ihre Richtung kam.
Malgorzatta war an der Tür stehen geblieben und hatte sich etwas umgesehen, wie immer auf der Suche nach Inspiration für ihr eigenes Heim, heute mehr als je zuvor.
"Ist Dir noch `was aufgefallen?" fragte G sie auf dem Weg aus der Wohnung hinaus. Er zog die Tür hinter ihnen zu.
Seine Frage klang mehr beiläufig, so als wolle er sich vergewissern, dass ihr nichts aufgefallen war was er übersehen hatte. Das konnte sie sich allerdings nicht vorstellen!
"Nein! Was meinst Du, G? `Was Bestimmtes?"
G drückte den Knopf, der die Fahrstuhlkabine zu ihnen hoch brachte.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu.
"Nein, nichts! Nur so!"
Malgorzatta schüttelte den Kopf.
"Nein."
G nickte.
Ein kleines Lächeln verzog seine Lippen als ihre Blicke sich trafen.
Es hatte nichts mit dem Fall zu tun.
Es war "privat".
Malgorzatta erwiderte es.
Zurück in der Zentrale brachten sie den Computer zu Nell hoch ins OPS. Sie versprach, dass sie sich sofort die Daten darauf ansehen wollte und schloss den Laptop an einen anderen Computer an, der sogleich begann, die Daten von der Festplatte zu ziehen.
"Komm, wir gehen einen Kaffee trinken!" hörte Malgorzatta Gs Stimme an ihrem Ohr.
Sie sah ihn an.
"Sehr gerne."
"Nell, wir sind unten! Sag` Bescheid, wenn Du etwas hast!" meinte G zu ihr.
Nell warf ihm einen Blick zu.
"Ja, mach` ich!" gab sie kurz zurück.
Malgorzatta fing ein kleines Lächeln von ihr auf und erwiderte es rasch.
Sie bewunderte einmal mehr, wie professionell Nell mit dieser Situation umging. Wäre G verschwunden, wäre sie vor Sorge um ihn bestimmt schon außer sich gewesen!
Während sie ins Erdgeschoss hinab gingen stellte Malgorzatta fest, dass sie hier in der Zentrale bereits einen regelrechten Zwang entwickelte hatte, zu Hettys Büro zu sehen. Sie verspürte eine innere Unruhe, wenn Gs Vorgesetzte dort nicht saß. Sie befürchtete, sie würde jeden Moment hinter ihr auftauchen oder sie von irgendwo her scharf beobachten.
Kensi und Deeks waren in der Zwischenzeit auch wieder hier eingetroffen und saßen an ihren Schreibtischen.
"Ich hab` Kaffee aufgesetzt!" verkündete Deeks ihnen mit einem strahlenden Lächeln, den Kopf in den Nacken gelegt, während sie an ihm vorbei gingen.
"Danke Marty!" meinte Malgorzatta und lächelte ihm zu.
Sie mochte ihn.
Gleichzeitig beobachtete sie aus dem Augenwinkel Kensis Blicke, die G folgten.
Augenblicklich verspürte sie Eifersucht.
Rasch schloss sie zu G auf und blieb dichter als sonst neben ihm stehen während er zu einer Tasse griff und Kaffee hinein goss, ihr das Gefäß reichte.
"Danke, G!"
Rasch streichelte sie verstohlen über seinen Arm.
G warf ihr einen kurzen Blick zu während er zu einer Tasse für sich griff.
Sein Gesicht zeigte mit keinen Ausdruck, dass es ihm nicht recht war, was sie getan hatte.
Sie stand so nah bei ihm, dass sie die Wärme seines Körpers an ihrem spüren konnte. Es war verführerisch. Sie hätte ihn gerne umarmt und geküsst.
"G, meinst Du ... ich könnte eben schnell in die Stadt? Ich wollte noch ein paar Sachen einkaufen heute!"
G sah sie an während er von seinem Kaffee trank.
Der Blick seiner schönen blauen Augen lag ruhig auf ihrem Gesicht.
"Nein, geh` nur! Sam wird sicher auch bald hier sein! Wenn ich Dich brauche, hole ich Dich in der Stadt ab, okay?"
Malgorzatta nickte.
Es war ihr etwas blöd, einen Auftrag zu verlassen um private Sachen zu erledigen.
Aber eigentlich hatte der Tag ganz anders verlaufen sollen.
"Brauchst Du noch `was?"
"Ich hab` fast keine Zahncreme mehr." gab G zurück.
Malgorzatta nickte.
"Bringe ich Dir mit!" versprach sie ihm.
"Ich komme dann hierher zurück wenn ich fertig bin, ja?"
G nickte.
"Vielleicht wissen wir bis dahin schon etwas mehr und können die Sache heute noch zum Abschluss bringen! Wenn wir Eric finden können wir heute ... zuhause übernachten!"
Malgorzatta musste sich Mühe geben, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen.
Das Wort "zuhause" war G ein wenig zögerlich über die Lippen gekommen, aber er bezeichnete sein neues Haus schon als solches.
Es musste wirklich viele gute Erinnerungen für ihn bergen, sie hatte das Wort nie zuvor aus seinem Mund gehört.
"Ja ... wäre schön. Sonst müssen wir es sicher nur bis morgen verschieben!"
G lächelte. Zärtlich.
"Okay." meinte er halblaut.
Malgorzatta nahm vorne an der Straße den Bus Richtung Innenstadt. Sie musste einmal umsteigen.
In der Innenstadt kaufte sie ein paar Drogerieartikel.
Ursprünglich hatte sie den Samstag dazu nutzen wollen, ein paar neue Hemden für G kaufen zu wollen. Er hatte sich im Laufe der Woche halbherzig dazu bereit erklärt. Ganz typisch Mann hasste er einkaufen.
Sie musste lachen bei dem Gedanken, dass er vielleicht lieber das Haus gekauft hatte um der Bekleidungssuche zu entgehen!
"Mrs. Vendulova?"
Es war ganz unvermittelt, dass ihr ein Mann in den Weg trat.
Er war groß, massig, weißhaarig und trug einen dunkelblauen Anzug mit einem hellgrünen Polohemd darunter.
Sie war noch mitten in der Mall.
Malgorzatta erkannte auf den ersten Blick seine beiden Leibwächter.
In dunklen Anzügen standen sie in gebührender Entfernung von ihm und beobachteten das Rundherum.
Der Mann wirkte auf den ersten Blick nicht so unglaublich dumm, als würde er ihr hier mitten zwischen den Passanten etwas antun.
"Nein, tut mir leid! Sie müssen mich verwechseln!"
Sie wollte an ihm vorbei.
Der Mann lächelte.
Es war unangenehm. Sie hatte das Gefühl, dass er nur zu gut wusste, wen er da vor sich hatte!
"Ich bitte Sie! Mrs. Vendulova! Warten Sie bitte einen Moment!"
Er machte eine kleine Handbewegung während er sich ihr einen Schritt in den Weg stellte.
"Ich möchte kurz mit Ihnen sprechen! Es geht um Mister Callen!"
Malgorzatta wusste, dass sie eigentlich weitergehen sollte.
Der Mann würde ihre Identität letztendlich anzweifeln wenn sie konsequent nicht auf ihn reagierte. Doch das konnte sie nicht, wenn es um G ging!
"Bitte?"
Sie sah ihn an.
Schätzte ihn auf Anfang Sechzig. Der Stoff seines Anzuges wirkte teuer, ebenso das Leder seiner dunklen, sauberen Schuhe. Auf Anhieb schien er gepflegt und gebildet. Er war ihr augenblicklich unsympathisch.
"Mein Name ist Arkady Kolcheck." stellte er sich ihr jetzt vor.
Malgorzatta war froh, dass er ihr die Hand nicht reichte. Sie hätte sie nicht gerne genommen.
"Ich habe früher einmal ... mit Mister Callen, mit G, zusammen gearbeitet. In den letzte Tage sind mir vermehrt Gerüchte zu Ohren gekommen ... nun, dass Mister Callen sich in Gefahr befindet!"
Er sprach mit einem harten russischen Akzent.
Malgorzatta unterdrückte mühsam den sofortigen Impuls, zu ihrem Mobiltelefon zu greifen und G anzurufen.
"Wieso meinen Sie dass?"
Kolcheck nickte.
"Sehen Sie ... Mrs. Vendulova ... ich wohne hier in Los Angeles und habe Kontakt zu vielen meiner Landsleute. Und ... "
Er wiegte langsam den Kopf hin und her.
" ... da hör man so einiges!"
"Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich die Mühe machen!" Malgorzatta wollte noch immer so schnell wie möglich mit G telefonieren. Aber sie wusste auch, wie wichtig jetzt Informationen waren.
"Woher kennen Sie G?"
"Wir haben früher `mal, in Russland, zusammen gearbeitet." gab Kolcheck zurück.
"Ich habe versucht, ihn damals zu warnen, als auf ihn geschossen wurde, doch es ist mir nicht gelungen! Das soll nicht noch `mal passieren!"
Es klang aufrichtig.
"Von was genau sprechen Sie jetzt, Mister Kolcheck?"
Er zuckte die Schultern.
"Ich weiß es noch nicht! Ich habe nur den Namen `Callen` aufgeschnappt und natürlich sofort an G gedacht! Sagen Sie ihm, er soll auf sich aufpassen! Ich melde mich wieder, sobald ich mehr weiß!"
Er deutete ein kleines Nicken an und wollte sich zum Gehen wenden.
"Warten Sie!" bat Malgorzatta rasch.
Kolcheck sah sie fragend an.
"Woher wissen Sie, wer ich bin?"
Kolcheck zuckte lässig die rechte Schulter.
"Ich habe Sie `mal zusammen mit G gesehen!"
Es war offensichtlich für sie, dass er log!
Sie sah ihn weiter an.
"Gut! Ich habe Sie öfter zusammen mit G gesehen! Und ich habe `mal mit Ihrem Mann zu tun gehabt, Mrs. Vendulova!"
"Ex-Mann!" verbesserte Malgorzatta jetzt bestimmt.
"Wollten Sie G auch noch warnen oder ergab sich jetzt zufällig die Gelegenheit?"
Sie sah ihn scharf an.
"Ich habe heute Morgen versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen!" gab Kolcheck zurück. Sie glaubte ihm das. Er wirkte jetzt wieder sehr ehrlich.
"Er steht nicht auf meiner Telefonliste, deswegen ... muss ich ihn über Umwege kontaktieren! Aber ich habe es auch gestern Abend erst erfahren!"
Malgorzatta mochte ihn noch immer nicht.
Aber seine Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Loyalität beeindruckten sie.
"Ja, gut! Danke, Mister Kolcheck!"
Er lächelte. Zeigte makellose Zähne, die alle die gleiche Länge hatten und eine irritierende gerade Linie bildeten.
Jetzt reichte er ihr die Hand.
"Nennen Sie mich Arkady!"
Malgorzatta nahm seine Hand und erwiderte seinen Händeruck.
"Danke."
Arkady nickte ihr zu.
"Ich melde mich wieder sobald ich mehr weiß! Passen Sie auf G auf! Ich weiß, dass Sie`s können, Mrs. Vendulova!"
Im ersten Moment klang es zweideutig, wie er es sagte.
Doch Malgorzatta verstand nur zu genau, was er meinte.
"Ja, natürlich. Danke!"
"Auf Wiedersehen, Mrs. Vendulova!" meinte Kolcheck.
"Auf Wiedersehen!" erwiderte Malgorzatta.
Während sie nach ihrem Mobiltelefon tastete beobachtete sie, wie einer der Männer Kolcheck voran ging und ihm die Tür hinaus aus der Mall öffnete. Der andere folgte ihnen.
Hastig strich sie das Display frei, bestätigte Gs Nummer.
Es klingelte.
Drei, vier, fünf Mal.
G ging nicht `ran!
Malgorzatta hastete aus dem Gebäude.
Sie nahm ein Taxi.
Ließ sich am Hauptquartier absetzen.
Zum Glück verfügte sie über den Zugangscode zum Grundstück.
Während sie zum Gebäude hastete sah sie Gs Wagen im Carpool stehen. Sie eilte zum Haus.
Noch im Flur suchte sie mit den Augen die Schreibtische links. Dort saß niemand.
Ebenso war Hetty nicht in ihrem Büro.
Also lief sie gleich die Treppe hoch, wandte sich dem OPS zu und versuchte, sich nicht vorzustellen, was passierte, wenn sie gleich mitten in ein Briefing platzte.
Die Türen glitten beiseite.
G, Hetty, Nell, Deeks, Kensi und Nate standen in dem halbdunklen Computer-Raum. Alle wandte ihren Blick in ihre Richtung.
Malgorzatta atmete tief aus.
Erleichtert, G unversehrt zu sehen!
"Entschuldigung!"
"Mali! Leisten Sie uns doch Gesellschaft!" meinte Hetty zuvorkommend und lächelte ihr einladend zu.
"Danke."
Malgorzatta machte zögerlich die wenigen Schritte in den halbdunklen Raum.
Sie wandte ihren Blick nicht von G.
"Mali, alles in Ordnung?" fragte er sie rasch.
"Nein G!"
Er stieß sich leicht von dem Tisch ab, an dem er lehnte.
In diesem Moment verlöschten alle Lichter im Raum.
Auch die Bildschirme wurden dunkel.
Sekundenlang.
Dann flackerte ein Bild über den rechten Computerbildschirm am Pult.
Erics Wuschelkopf war im Halbdunkel zu erkennen. Er trug keine Brille, sein Gesichtsausdruck war hastig und getrieben. Ein dunkler Schatten lag verschmiert auf seiner linken Wange, der auch getrocknetes Blut sein konnte.
"Nell ... Nell ... hörst Du mich? Du musst Callen warnen! ... Au ... !"
Er wurde aus dem Bild gerissen. Ein unterdrückter Schrei war zu hören.
Dann wurde der Bildschirm wieder dunkel.
Nur einen Herzschlag später gingen die Lampen wieder an und die Computer fuhren hoch.
"Nell, was war das?" fragte G scharf.
Nell war an die Tastatur gestürzt, des Computers, auf dessen Bildschirm Eric so kurz zu sehen gewesen war.
Ihre Finger fegten über die Tasten.
"Einen Moment, Callen ... " meinte sie abgelenkt.
Malgorzatta fing Gs Blick auf.
G machte ein paar weitere Schritte in ihre Richtung.
Sekundenlang konnte sie richtig spüren, wie er hin- und hergerissen war zwischen der Pflicht seiner Arbeit und der Besorgnis um sie.
Rasch schenkte sie ihm ein Lächeln.
Gs Gesichtsausdruck blieb ernst.
"Nell?"
"Das war ein offener Videoport." gab Nell zurück.
"Eric hat mir `mal erzählt, dass er einen eingerichtet hat. Er muss ihn genutzt haben um uns diese Botschaft zukommen zu lassen!"
"Kannst Du lokalisieren, wo es herkam?" fragte Marty gespannt.
"Ich versuche es gerade!" gab Nell zurück. Ihre Finger eilten noch immer über die Tastatur.
Auf dem großen Bildschirm links an der Wand erschien eine Weltkarte.
Innerhalb von Sekunden spannten sich rote Bögen von Los Angeles an der Westküste nach New York an der Ostküste, und von dort nach Europa. Von dort zeichneten sich Bögen nach Afrika, weiter nach Asien, Australien und dann wieder zurück nach L. A.
"Er spooft seine Adresse gerade ganz gewaltig." meinte Nell. Es klang fast wie mehr zu sich selbst. Und enttäuscht.
"Gib` mir Bescheid wenn Du sie hast!" meinte G streng.
"Mali, kommst Du bitte mit!"
Er machte eine rasche Kopfbewegung Richtung der Tür während er voran ging.
Seine Stimme hatte nicht viel von dem Befehlston, der er Nell gegenüber gebraucht hatte, verloren.
Malgorzatta folgte ihm.
Die ersten Yards auf dem Flur ging G voran ohne sich zu ihr umzudrehen. Sein Gang war entschlossen.
Erst nach einem langen Moment drehte er sich zu ihr um und verlangsamte seinen Schritt.
Er suchte ihren Blick.
Sie waren noch immer hier oben im ersten Stock und G streckte seine Hand zu ihr aus und zog sie sanft mit in eine ruhige Ecke des Flures hier oben.
"Was ist?"
Malgorzatta musste für einen Moment überlegen wie sie am Besten begann.
G legte seine Hand an ihren Arm und sah sie ungeduldig an.
"Ein Mann namens Arkady Kolcheck hat mich vorhin angesprochen und mir erzählt, dass Du in Gefahr bist!"
G sah sie an.
Seine Lippen bewegten sich einen Herzschlag lang stumm.
Er wirkte sekundenlang wie vom Donner gerührt.
"Komm!" meinte er dann bloß, packte sie am Arm und zog sie mit sich.
"G!" entfuhr es Malgorzatta überrascht.
Ihr blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen.
Über den Flur, die Treppen hinab, er riss seine Jacke von der Lehne seines Schreibtischstuhles und zog sie dann mit aus dem Gebäude.
"Wo willst Du hin, G?" fragte sie ihn, erst auf dem Parkplatz, als er ihr die Beifahrertür des Wagens öffnete.
Dabei kannte sie die Antwort bereits im Voraus.
"Zu Arkady."
G schlug die Beifahrertür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg ein.
Er knallte die Fahrertür hinter sich zu.
Aus irgendeinem Grund schien er sauer.
Es dauerte einen langen Moment, bis sie vom Grundstück auf der Straße waren, bis Malgorzatta sich traute, ihre Hand auf Gs Oberschenkel zu legen.
"Warum fahren wir da jetzt hin?"
G warf ihr einen kurzen Blick zu.
"Ich will wissen, was er weiß! Was das soll!"
"Warum, G?"
G sah sie wieder an, diesmal etwas länger.
Sein Telefon klingelte.
G lenkte den Wagen an den Straßenrand.
Er nahm sein Mobiltelefon aus seiner Hosentasche und meldete sich.
"Sam? Ja. Ich bin auf dem Weg nach Arkady! Mali ist bei mir!"
Er lauschte einen Moment auf Sams Erwiderung.
"Arkady hat Informationen. Ich weiß nicht, ob sie mit dem Fall zu tun haben!"
Er hörte ihm wieder zu.
"Okay, melde Dich!" meinte er dann.
G unterbrach das Gespräch, schob das Telefon wieder in die Tasche seiner Jeans und lenkte den Wagen auf die Straße zurück.
"Sams Rückkehr verzögert sich." meinte er dabei.
"Der Schulbus hat einen Platten. Sie hängen irgendwo in ... ich glaube, Santa Clarita!"
Malgorzatta nickte verstehend.
"Woher kennst Du Arkady?" fragte sie ihn nach einer Weile sanft.
"Wir hatten mal ... einen Auftrag zusammen, in Russland." antwortete G ihr nach einem Moment bereitwillig.
"Arkady war beim KGB. Er sollte uns unterstützen. Leider ging die ganze Sache schief. Bevor ich angeschossen wurde, in Venice, hat er versucht, mich zu warnen. Ich vertraue ihm!"
Malgorzatta nickte erneut.
Wenn G ihm vertraute konnte sie es auch!
"Du solltest damals gewarnt werden?" horchte sie nach.
Sie sah G an.
"Arkady hat es versucht." erwiderte G.
"Es ist ... nicht gut gelaufen, wie Du weißt! Er ... hat eine Frau geschickt ... ist `ne lange Geschichte!"
Sein rechter Zeigefinger am Lenkrad machte eine kurze flüchtige Bewegung, die unterstrich, dass er nicht darüber reden wollte.
"Ja." stimmte Malgorzatta ihm verstehend zu.
"Er wohnt hier in Los Angeles, nicht wahr?"
G nickte.
"Ja. Wohl schon eine ganze Weile. Manchmal ... hat er ganz nützliche Tipps für mich!"
"Er wusste erschreckend gut, wer ich bin!" fuhr Malgorzatta jetzt fort.
"Er hat mich mit `Vendulova` angeredet! Ich war im ersten Moment richtig irritiert!"
G warf ihr einen kurzen Blick zu.
Sein kleines Lächeln war zärtlich.
"Arkadys dritte Frau war `mal `Miss Ukraine`!"
Malgorzatta streichelte mit der Hand sanft über seinen Oberschenkel.
Wenn G über solche Sachen Bescheid wusste, schien er ihn doch besser zu kennen als er zugeben wollte.
Kolcheck wohnte in Manhatten Beach.
Malgorzatta staunte schon ein wenig als G den Wagen auf den weiten Vorplatz eines luxuriösen Anwesens lenkte.
Das Haus war groß, hell, imposant, mit Säulen und Erkern. Es zeigte das Geld schon buchstäblich, das sein Eigentümer besaß, genau wie der Hof mit dem weißen Marmorspringbrunnen in der Mitte und den getrimmten Hecken, Bäumen und Büschen.
Ein heller Bentley parkte hier sowie ein Maybach.
G nahm ihre Hand und zog sie sanft mit zur Haustür nachdem sie ausgestiegen waren.
Er klingelte.
Sah sie an.
Sein Gesichtsausdruck war sehr ruhig.
Malgorzatta überlegte für einen Moment ob G hier, an diesem fremden Ort, wohl Gefahr drohte.
Doch wenn Kolcheck sie gewarnt hatte, schien er auch vertrauenswürdig.
G schien es ebenfalls so zu sehen.
Ein junger Mann öffnete die Tür und sah sie fragend an.
"Bitte?"
"Zu Mister Kolcheck!" meinte G zu ihm.
"Sagen Sie ihm, Callen ist hier!"
"Bitte, kommen Sie herein, Sir!" meinte der Mann und gab die Tür frei.
"Ma`m!"
Er deutete eine kleine Verbeugung an.
"Bitte, warten Sie hier in der Halle! Ich gebe Mister Kolcheck Bescheid!"
"Danke." meinte Malgorzatta zu ihm.
Der Mann durchquerte die edle Eingangshalle, die blitzsauber war, mit zwei Treppenaufgängen in das obere Stockwerk, und einem riesengroßen Kristalllüster.
Es spiegelte ein großes Vermögen wieder, das Kolcheck offensichtlich besaß.
Malgorzatta sah zu G.
Er wirkte noch immer sehr ruhig, unbesorgt. Hier in der hellen Halle leuchteten seine blauen Augen um so mehr, auch weil er ein dunkelblaues Shirt trug.
Sie hätte wirklich sonst etwas dafür gegeben, jetzt nicht mit ihm an diesem Fall arbeiten zu müssen sondern sein Haus einrichten zu können.
"G Callen!" kam es jetzt von der rechten Seite.
Um den Treppenaufgang herum kam Arkady Kolcheck.
Er trug jetzt einen hellgrauen Anzug mit einem limonengrünen Polo-Shirt. Es wirkte etwas gewöhnungsbedürftig auf Malgorzatta.
"Und Mrs. Vendulova!"
Er breitete seine Arme einladend aus.
"Was verschafft mir die Ehre?"
Er grinste breit in Gs Richtung.
"Gehen wir doch ... ins Wohnzimmer!
"Wir bleiben nicht lange!" lehnte G gleich ab.
"Was gibt es, was ich auch wissen sollte?"
Arkady zuckte die Schultern.
Seine Arme waren noch immer ausgebreitet. Er grinste nach wie vor.
"Ich habe Deiner reizenden Freundin heute nur meine Besorgnis mitgeteilt, G! Es gibt Gerüchte, dass es jemand auf Dich abgesehen hat!"
"Wieder `mal, ja?" fragte G und sah ihn an.
Es hörte sich an, als nähme er es nicht ernst. Als höre er so etwas jeden zweiten Tag.
Malgorzatta sah Arkadys dunkle Augen kurz zu sich rutschen bevor er G wieder ansah.
"Ja, G, wieder `mal!"
Sein Akzent war hart.
"Aber dieses Mal brauchte ich niemanden zu schicken. Dieses Mal konnte ich meine Nachricht direkt übermitteln. Es war ein glücklicher Zufall, dass ich Mrs. Vendulova heute in der Stadt gesehen habe!"
"Du hast sie erschreckt!" gab G rau zurück.
Er machte zwei Schritte zur Seite, stellte sich wie beschützend halb vor sie.
"Du weißt, wie Du mich kontaktieren kannst!"
"G, ich wollte, dass diese Nachricht Dich so schnell wie möglich erreicht!" gab Kolcheck zurück. Er klang unbekümmert. Sogar ein wenig charmant.
Malgorzatta spürte einmal mehr, dass sie noch immer nicht wusste ob sie ihm trauen sollte oder nicht.
Jetzt machte er ein paar Schritte beiseite und suchte ihren Blick.
"Es tut mir leid, Mrs. Vendulova! Ich wollte Ihnen kein Unbehagen bereiten! Aber ich fand die Gelegenheit günstig statt den Umweg über ein Behördentelefon zu nehmen!"
Seine Augen rutschten kurz zu G.
Er zuckte die Schultern, sah sie dann wieder an.
"Ich dachte, Gs Wohlergehen liegt Ihnen genau so am Herzen wie mir!"
Malgorzatta legte ihre ausgestreckte Hand flach auf Gs Rücken während sie Arkadys Blick ruhig erwiderte.
"Das tut es auf jeden Fall! Danke!"
An ihren Fingern spürte sie die Wärme von Gs Haut durch den dünnen Stoff seines Shirts.
Kolcheck lächelte.
Malgorzatta fand es überraschend ehrlich.
"Also, was gibt es jetzt?" fragte G ungeduldig und sah Kolcheck an.
"Woher kommt diese Geschichte?"
"Ich weiß es noch nicht!" gab Kolcheck zurück.
"Ich habe es gestern Abend erst gehört! Meine Leute hören sich noch weiter um, G!"
"Okay." meinte G bloß.
"Dann weißt Du ja, wie Du mich erreichen kannst sobald Du mehr gehört hast!"
Er wandte sich um, nahm ihre Hand und zog sie mit Richtung der Haustür.
"Danke!" meinte Malgorzatta rasch über ihre Schulter hinweg zu Kolcheck.
Sie wusste selber nicht, warum.
Es erschien ihr richtig!
G zog die Tür hinter ihnen zu nachdem sie das Haus verlassen hatten. Er schien noch immer verstimmt.
Insgeheim erwartete Malgorzatta Vorhaltungen von ihm, weil sie so nett zu Kolcheck gewesen war.
Doch Gs Telefon klingelte.
Er fischte es aus seiner Hosentasche.
Strich das Display frei und nahm den Anruf entgegen.
Malgorzatta beobachtete ihn, wie er mit dem kleinen Telefon am Ohr lässig mit beiden Ellbogen an dem niedrigen Dach des Mercedes lehnte.
Er wirkte unheimlich cool.
Nicht mal besonders angespannt oder besorgt um sich.
Vorsichtshalber sah sie sich nach allen Seiten um während sie G mit Nell sprechen hörte.
Es schien etwas Neues zu geben.
"Ja Nell, wir kommen zurück!"
Er nahm das Telefon vom Ohr, unterbrach das Gespräch und suchte ihren Blick während er die Fahrertür öffnete.
"Nell hat eine Adresse für uns. Komm, wir fahren in die Zentrale zurück!"
Malgorzatta stieg auf der Beifahrerseite ein. Zog die Tür hinter sich zu und schnallte sich an.
Sie sah zu G, der den Motor startete.
Als er ihren Blick spürte wandte er den Kopf und sah sie an.
"Alles in Ordnung, cormoara meu?"
"Bei mir ja, G!" gab sie betont ernst zurück, wich seinem Blick nicht aus.
G nickte.
Er schnallte sich an, startete den Wagen und lenkte ihn auf die Straße.
Malgorzatta kniff für einen Moment die Lippen fest zusammen. Es würde keinen Sinn haben, zu insistieren. Die Situation war zu emotional.
G würde so schnell nichts von sich preisgeben bis die Situation sich wieder beruhigt hatte, geklärt war. Also legte sie bloß ihre Linke wieder auf seinen Oberschenkel und streichelte sanft darüber.
Gs Telefon klingelte.
G lenkte den Wagen wieder rechts an den Straßenrand, nahm das Telefon aus der Tasche und meldete sich.
"Ja? Sam?"
Malgorzatta beobachtete, wie sein Gesicht ernst blieb.
"Nein, mach` Dir keine Gedanken! Ist schon gut, Sam!"
Er sah sie kurz an nachdem er das Gespräch beendet hatte, das Mobiltelefon wieder zurück in die Tasche seiner Jeans schob.
"Sam steckt fest! Der Bus muss abgeschleppt werden. Das kann etwas dauern! Er kommt später!"
Er seufzte leise.
"Hoffentlich schafft er es rechtzeitig wenn Nells Adresse sich als vielversprechend herausstellt!"
"Wird schon!" meinte Malgorzatta optimistisch.
"Fahren wir doch erst einmal zur Zentrale zurück und hören, was Nell für uns hat!"
G nickte.
Er beugte sich zu ihr herüber und drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen.
"Das machst Du aber nicht mit Sam im Einsatz, oder?" fragte sie ihn.
Das Lächeln, das Gs Lippen daraufhin verzog, war sehr klein, sehr kurz.
Trotzdem schaffte er es - wie so oft - noch einen drauf zu setzen.
"Nein. Hetty hat`s verboten!"
Malgorzatta musste lachen.
"Bin ich froh drüber! Sonst müsste ich eifersüchtig werden!"
Jetzt lachte auch G und drückte ihr einen zweiten, zärtlichen Kuss auf die Lippen.
In der Zentrale angekommen gingen sie direkt hinauf ins OPS.
Kensi und Deeks waren hier, Hetty und Nell.
"Sam kommt später!" ließ G sie wissen.
Es klang förmlich, unbeteiligt.
"Der Bus, mit dem sie unterwegs sind, hat eine Panne! Was gibt`s, Nell?"
"Ich habe die gesamten E-Mails auf Erics ... hm ... Mister Beales Laptop zurück verfolgt!" antwortete ihm Nell sofort. Sie klang noch immer äußerst konzentriert, fokussiert.
Malgorzatta konnte sie dafür nur bewundern.
Sie spürte, wie ihre eigenen Gedanken immer mehr abschweiften zu dem, was Arkady, was Eric gesagt hatten. Zu der Gefahr von G!
"Eric hatte seit zwei Tagen Kontakt zu einem Sammler von Comic-Morabilia!" erzählte Nell jetzt. Sie ließ eine ganze Reihe von E-Mail-Nachrichten auf der großen Video-Leinwand erscheinen.
"Es scheint, als habe ein Treffen stattgefunden, am gestrigen Abend. Es ist eine Adresse im Valley übermittelt worden, in der Tarmora Street. Dort befindet sich ein Fabrikgebäude. Eine letzte Mail lässt darauf schließen, dass er dem Treffen zugestimmt hat. Mister Beale ... hat die Adresse auch gegoogelt. Sie stimmt mit den Daten ungefähr überein, die das GPS in seinem Auto noch angezeigt hat. Dort waren allerdings nur noch Bruchstücke zu lesen."
"Was wissen wir über das Fabrikgebäude?" fragte G weiter.
"Dort war früher eine Farbenfabrik." ließ Nell sie weiter wissen.
"Sie hat vor zwei Jahren dicht gemacht. Eigentlich sollte sie verlassen sein, doch wir haben eine schwache Wärmesignatur aus dem Gebäude, wahrscheinlich mehrere Personen. Ich warte noch auf die Daten der Stadtwerke um Gas, Strom und Wasser zu checken!"
"Dann sehen wir uns das mal direkt an!" meinte G.
"Nell, schick` uns die genaue Adresse auf unsere Telefone, zusammen mit einem Grundriss! Kensi, Deeks, wir treffen uns dort! Mali, Du kommst mit mir!"
"Natürlich." gab Malgorzatta sofort zurück und folgte ihm.
Deeks und Kensi waren gleich hinter ihnen.
Sie machten sich auf den Weg zu der angegebenen Adresse.
Malgorzatta mochte es, mit G durch die Gegend zu fahren. Ihre neue Heimat kennen zu lernen. Selbst so wie jetzt, wenn ihre Gedanken abgelenkt waren, sah sie immer noch ein bisschen von der Gegend, lernte sie kennen.
Sie versuchte dabei, die Situation abzuschätzen.
Sie würde harmlos sein, falls die Fabrik wirklich verlassen war und das Ganze nur ein dummer Zufall.
Es konnte böse werden falls man Eric dort wirklich in eine Falle gelockt hatte. Falls er mit seinen Entführern noch dort war. Und falls sie wirklich hinter G her waren und Eric nur als Köder benutzten.
"Was werden wir tun wenn sie mit Eric da drin sind?" erkundigte sie sich und sah G an.
"Wir holen ihn da `raus!" gab G so selbstverständlich wie möglich zurück.
"Einfach so?"
"Die Überraschung ist auf unserer Seite!" erwiderte G.
"So lange sie nicht wissen, dass wir da sind, stehen unsere Chancen gut, Eric da unverletzt herauszubekommen! Das müssen wir ausnutzen! Ich hoffe, Nell hat die Informationen von den Stadtwerken rechtzeitig für uns bevor wir da `reingehen und niemand ist da!"
Malgorzatta sah ihn an. Streichelte mit der Hand über seinen Oberschenkel.
"Und was ist mit Dir, G?"
Es war `raus bevor sie es verhindern konnte.
G warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann wieder auf die Straße.
"Je schneller wir die Leute festgenommen haben um so eher wissen wir, was das Ganze soll!"
Malgorzatta nickte stumm.
Sie spürte Gs Sturheit in diesem Moment.
Sie brauchte nichts weiter dazu zu sagen. G würde eh nicht darauf eingehen!
Sie stellten den Wagen in einer Seitenstraße ab.
Deeks und Kensi kamen nur Sekunden nach ihnen an und stiegen ebenfalls aus.
Malgorzatta gewöhnte sich langsam an, Kensi zu beobachten.
Versuchte zu erkennen, ob ihre dunklen Augen zu lange auf G ruhten. Aus dem Augenwinkel erkannte sie dabei, wie Deeks Blick an Kensi hing.
G hatte sein Mobiltelefon in der Hand und war vielleicht der Einzige, der hier zu einhundert Prozent auf den Fall konzentriert war!
"Es sind definitiv Leute da drin!" meinte er, mit einer raschen Kopfbewegung hinüber zu dem langgezogenen, einstöckigen Gebäude.
"Offenbar sind vier Personen im Erdgeschoß. Es gibt drei Eingänge, einer vorne, einen hinten und einen rechts an der Seite. Deeks, Du nimmst den Seiteneingang, Kensi und Mali, ihr nehmt den Hintereingang! Ich gehe vorne `rein!"
"Aber Callen, Eric hat gesagt, diese Leute ...!"
"Kensi, der Hintereingang!" fuhr G ihr schroff ins Wort.
Malgorzatta wunderte sich für einen Moment.
So kannte sie G nicht!
"Mali, Du nimmst meine Schutzweste!" ordnete er weiter an, ging zum Kofferraum des Wagens und öffnete ihn.
Malgorzatta traute sich nicht, ihm zu widersprechen.
G reichte ihr eine dunkelblaue Schutzweste, auf der in großen weißen Buchstaben `NCIS` stand. Sie war ihr viel zu groß, obwohl G die Klettverschlüsse ganz am Ende schloss.
Er zog Sams Weste über. Sie war ihm ebenfalls zu groß. War aber besser als gar nichts, wichtige Organe im Oberkörper schienen geschützt.
Auch Deeks und Kensi hatten ihre Schutzwesten übergezogen. Hatten großkalibrige Waffen aus dem Kofferraum genommen.
G klappte das Handschuhfach auf und nahm eine Sigg heraus, zwei Magazine. Er lud sie, reichte sie ihr.
"Zieht ein bisschen nach links! Vielleicht brauchst Du sie nicht!"
"Danke!"
Malgorzatta sah ihn an.
Es klang mehr wie ein frommer Wunsch vom ihm.
G klappte das Handschuhfach zu, ging zum Kofferraum und nahm ebenfalls ein Maschinengewehr heraus.
Malgorzatta suchte seinen Blick.
G schüttelte kaum merklich den Kopf in ihre Richtung.
Er schlug den Kofferraumdeckel zu und warf dann einen Blick auf sein Mobiltelefon.
"Der Grundriss der Firma ist mit den Lokalisationen der Personen auf euren Telefonen." meinte er dann zu Marty und Kensi.
"Mali, bleib` hinter Kensi und greif` nur im Notfall ein!"
"Ja, natürlich." stimmte Malgorzatta ihm widerwillig zu.
"Hast Du so etwas schon `mal gemacht?" fragte Kensi während sie sich in Deckung dem Hintereingang der Fabrik näherten.
"Callen würde Dir sicher keine blutige Anfängerin zur Seite stellen!" gab Malgorzatta zurück.
Es gab heftiger heraus als sie beabsichtigt hatte.
"Bin ich von ausgegangen!" gab Kensi, nicht weniger heftig, zurück.
"Aber ich werde mich ja wenigstens noch vergewissern ... "
Sie brach ab.
Lauschte offenbar.
Sie waren an der Tür.
"Ich geh` zuerst!" meinte sie dann.
Malgorzatta nickte.
Es war sinnig. Sie hatte die bessere Waffe.
Kensi ging in Position. Nickte ihr zu.
Malgorzatta legte die Hand an die Türklinke. Drückte sie sanft herunter und zog behutsam.
Die Tür ging auf.
Kensi huschte hinein.
Malgorzatta folgte ihr. Mit der fremden Waffe im Anschlag.
Sie traten in einen halbdunklen, schmalen Flur mit verfallenen Wänden.
Es roch feucht. Irgendwo tropfte es. Wasserlachen waren auf dem unebenen Boden.
Kensi wandte sich dem ersten Raum rechts zu.
"Gesichert!" meinte sie leise, wandte sich dem Zweiten zu.
"Gesichert! ... Malin!"
Sie machte eine kurze, rasche Kopfbewegung zu ihrer linken Seite.
Malgorzatta warf noch einen prüfenden Blick nach hinten in den langen Flur.
Er war leer.
Weiter vorne im Gebäude waren Schüsse zu hören.
Malgorzatta huschte an Kensis linke Seite.
Kensi nickte ihr kurz zu. Dann machte sie drei rasche Schritte in den Raum.
Malgorzatta blieb an dem türlosen Durchgang stehen.
Der Raum war merkwürdig halbrund, dunkel.
Ein Sofa stand halb links und ein Mann in einem karierten Hemd, mit halblanger Hose und nackten Füßen kauerte dort.
Seine beiden Hände waren mit einem dicken Seil an die hölzerne Armlehne links gebunden.
Ein dunkler Sack war über seinen Kopf gestülpt.
"Eric?"
Kensi lief zur Couch, riss das schwarze Tuch vom Kopf des Mannes.
Er erschrak sichtbar.
Sein Lockenkopf kam zum Vorschein. Ein breiter Klebestreifen verschloss seinen Mund. Er stöhnte auf, als er sie sah, erkannte, seine Augen wurden groß. Er begann, mit den Händen zu rudern.
"Alles gut, Eric, alles in Ordnung!"
Kensi riss das Klebeband von seinem Mund.
"Alles okay? Callen, wir haben ... "
"Malin, was tun Sie hier? Das ist doch ... "
Erics Gesicht verriet blankes Entsetzen. Seine Stimme klang fast panisch.
Malgorzatta fühlte sich irritiert. Ein unbehagliches Gefühl traf sie direkt im Magen.
Doch bevor es sich ausbreiten konnte spürte sie plötzlich die Anwesenheit einer Person hinter sich. Einer fremden Person.
Noch bevor sie herumfahren konnte legte sich ein Arm quer über ihren Oberkörper und zog sie nach hinten.
Ein feuchter Lappen, mit einer stechend riechenden Flüssigkeit wurde auf ihre Nase, ihren Mund gepresst.
"Callen ... wir haben Schwierigkeiten!" rief Kensi.
"Lassen Sie sie sofort los!"
Der scharfe Geruch drang in ihre Nasennebenhöhlen und betäubte ihr Gehirn
Malgorzatta konnte nichts dagegen tun, dass sie weggezogen wurde, sie spürte, dass ihr ihre Beine nicht gehorchten und sie auch keine Kontrolle mehr über ihre Arme, ihre Hände hatte.
Sie glaubte Schüsse zu hören. Es war leise, sehr weit weg, ihr wurde schwindelig. Der Griff um ihren Oberkörper, auf ihrem Gesicht war unerbittlich. Sie sah keine Möglichkeit, ihn zu unterbrechen, schon gleich gar nicht weil bunte Punkte vor ihren Augen erschienen.
Das Letzte, was sie wahrnahm, war der leise Klang ihres Engelsrufers, den G ihr geschenkt hatte.
Kopfschmerzen brachten sie ins Dunkle zurück.
Es war stickig.
Ihr war heiß. Und übel.
Malgorzatta spürte, dass ihre Hände zusammengebunden waren. Ein dünnes Tuch lag über ihrem Gesicht. Ihr Mund war verklebt.
Rechts und links neben ihrem Körper war nicht viel Spielraum.
Als sie mit den Fingern danach tastete fühlte es sich wie Holzwände an. Auch nach oben fühlte sie Holz.
Sie schien in einer Kiste zu liegen.
Malgorzatta versuchte, ruhig zu atmen. Sich zu entspannen. Und vor allen Dingen, sich daran zu erinnern, was passiert war.
Das Atmen fiel ihr schwer. Sie trug noch immer die schusshemmende Weste, die jetzt im Liegen unangenehm schwer auf ihre Brust drückte. Gs Weste.
Es bereitete ihr keine Mühe, ihre Hände zum Kopf zu heben und den Stoffbeutel herunter zu zerren. Es war dunkel.
Beherzt riss sie den breiten Klebestreife von ihrem Mund. Sie stöhnte auf, weil es weh tat, und es machte sie bloß noch wütender auf denjenigen, der ihr das angetan hatte.
Sie hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass G ihr aus dieser misslichen Situation heraushelfen würde. Er würde sie bestimmt schon suchen!
Aber sie wollte ihm entgegen kommen!
Sie hatte keine Angst. Sie fühlte sich bestenfalls etwas beunruhigt. Und sie fühlte sich schlecht!
Man hatte sie überwältigt in dem Fabrikgebäude. Kensi war bei ihr gewesen. Hatte es nicht verhindern können.
Wer konnte Interesse daran gehabt haben?
Es gelang ihr nicht, mit den Händen den Deckel der Kiste nach oben zu stemmen. Er schien gut befestigt. Die kleine Anstrengung alleine ließ ihr schon den Schweiß aus allen Poren strömen. Auch gelang es ihr nicht, ihre Hände aus den festen Seilumschlingungen zu winden.
Malgorzatta tastete nach ihrem Mobiltelefon in der vorderen Tasche ihrer Jeans. Es war nicht mehr dort.
Die Luft war heiß und stickig.
Ihre Schuhe stießen an den schmalen Boden der Kiste.
Ihr war richtig schlecht.
Die Kiste schien sich in einem Fahrzeug zu befinden.
Offenbar lag sie mit dem Kopf zur Fahrtrichtung. Es war so dunkel, dass sie nicht `mal auf ihrer Armbanduhr etwas erkennen konnte.
Ihre Kopfschmerzen wurden beständig schlimmer.
Sie kam nicht weiter.
Bisher hatte sie getan, was sie konnte um ihrer Befreiung entgegen zu arbeiten. Für den Rest musste sie auf Hilfe von außen hoffen.
Erneut versuchte sie, den Deckel hoch zu stemmen.
Es gelang ihr nicht.
Die Anstrengungen verstärkten ihr Unwohlsein bloß noch.
Malgorzatta war an sich nicht so empfindlich.
Doch jetzt hatte sie das Gefühl, dass ihr Befinden sich rasch verschlechterte.
Sie konnte sich nicht erklären, wieso ihr so heiß war, wieso sie so schwitzte, ihren Schwindel und ihre Übelkeit.
Selbst hier im Liegen, im Dunkeln, fühlte sie sich unangenehm wackelig im Kopf.
Dazu pochten Schmerzen hinter ihrer Stirn.
Es dauerte einen langen Moment bis sie begriff, dass das Fahrzeug wohl angehalten hatte. Etwas fühlte sich anders an. Die Vibration des Wagenbodens, die sich durch die Kiste auf ihren Körper übertrug, hatte aufgehört.
Sie meinte, Stimmen zu hören.
Es knackte am Deckel.
Dann fiel ein Lichtschein herein.
Er blendete sie. Schien ihr im ersten Moment den Schädel zu spalten.
Sie konnte ein Aufstöhnen nicht zurückhalten.
"Mali ... "
Die Stimme war sehr weit weg.
"Mali ... was ist ... ?"
Sie spürte Hände nach sich greifen.
Nur ungenau erkannte sie G.
Sie wollte sich zusammen reißen für ihn.
Sie musste es, denn G konnte gar nicht damit umgehen wenn es ihr nicht gut ging.
"Nell, wir brauchen hier sofort einen Krankenwagen ... Mali ... bitte, sag` `was! Was ist?"
"Mir ist nur schwindelig und ich habe Kopfschmerzen!"
Malgorzatta blinzelte angestrengt. Suchte mühsam Gs Blick.
"Komm, zeig` mir Deine Hände! Ich mach` das los!"
Das leichte Zittern in Gs Stimme war unüberhörbar. Sein Gesichtsausdruck besorgt.
Angestrengt versuchte sie zu lächeln.
"Danke, G ... alles gut!"
"Komm ... vorsichtig!"
Sie spürte Gs Arm unter ihren Schultern, er zog sie vorsichtig hoch, aus der Kiste.
Ein eckiger Lichtschein kam von rechts. Wie die Öffnung einer Ladefläche eines LKWs. Verschwommen erkannte sie die Umrisse von Personen davor.
Es rührte sie, wie achtsam G sanft ihr Bein ein wenig anhob damit sie über die niedrige Seitenwand der Kiste steigen konnte. Sein anderer Arm hielt sie fest an sich gepresst. Sie konnte so eben spüren, dass er zitterte. Wie aufgeregt er war. Sein rasches Atmen.
Rundherum rutschte alles weit weg.
Wurde grau. Auch die Stimmen rundherum wurden leiser. Malgorzatta spürte, wie ihre Knie zu zittern begannen.
"G ... "
Sie wollte sich einfach bloß für einen Moment hinsetzen. Ihr wurde regelrecht flau im Magen. Ihre Beine gaben nach. Ihre Hand fand keinen Halt an Gs Weste, rutschte einfach kraftlos hinab. Malgorzatta spürte noch, wie sie schwer gegen G sackte. Spürte, wie er sie auffing, ganz fest hielt, hörte sein erschrockenes, besorgtes "Mali!"
Dann wusste sie nichts mehr.
Die Geräuschkulisse war schon eine ganze Weile da bevor sie sie als solche wahr nahm.
Leise Stimmen. Gedämpfte Schritte. Ein regelmäßiges Piepsen. Klingelnde Alarmtöne.
Sie lag bequem. Weich.
Mit etwas erhöhtem Oberkörper, leicht erhöhten Beinen, nichts engte ein, ein weicher Stoff umschmeichelte ihre Haut.
Sie fühlte sich unglaublich müde, matt.
Aber nicht mehr elend.
Angestrengt öffnete sie die Augen.
Es war ein Krankenhaus.
Nach links und rechts wurde der Bereich hier durch grüne Vorhänge abgegrenzt, der Vorhang zum Fußende ihres Bettes war halb vorgezogen und gab einen eingeschränkten Blick frei auf einen kahlen Flur mit ein paar Plastikstühlen, einen Anmeldungstresen rechts.
Sie trug eines dieser gemusterten Krankenhaushemden.
Eine leichte Decke war bis zu ihrem Oberkörper hinauf gezogen.
In ihrem linken Handrücken steckte eine Kanüle, verpflastert, die verbunden war mit zwei Infusionsbeuteln an einem Ständer neben ihrem Bett links.
Um ihren rechten Oberarm war eine Blutdruckmanschette befestigt. Malgorzatta spürte die EKG-Elektroden an ihrer Brust.
Nachdem ihr Blick noch ein bisschen klarer geworden war, erkannte sie einen roten Ausschlag auf ihren Unteramen.
Blinzelte sie weiter angestrengt sah sie G am Fußende ihres Bettes stehen. Er stand mit dem Rücken zu ihr. Sam war bei ihm.
Und in diesem Moment legte Sam gerade seinen Arm um G und zog ihn zu sich, klopfte ihm wie tröstend auf den Rücken.
Gs Schultern hingen nach unten.
Der Blick von Sams dunklen Augen traf den ihren.
Malgorzatta sah ihn für den Bruchteil einer Sekunde stutzen, sah dann ein kleines Lächeln in seinen Augen.
"G!"
Er drehte ihn in Richtung ihres Bettes.
Malgorzatta knipste rasch ihr Lächeln an für G.
Er war blass. Unübersehbar besorgt. Malgorzatta streckte ihm rasch ihre Hand entgegen.
"Mali ... "
G ergriff ihre Finger, beugte sich über sie, seine freie Hand rutschte an ihren Nacken während seine Lippen rasch, kurz ihre Wange berührten.
"Wie fühlst Du Dich?"
Sein Gesicht blieb dem ihren ganz nah. Sie spürte seinen raschen Atem auf ihrem Gesicht. Sein besorgter, unruhiger Blick, der den ihren festhielt.
"Viel besser, G!"
Sie lächelte ihm beruhigend zu, legte ihre Rechte an seine Wange, streichelte sanft darüber. Seine Haut war kühl.
"Ich bin ziemlich müde, aber es geht mir besser! Mach` Dir keine Sorgen, G! Und danke, dass Du mich da `raus geholt hast!"
"Mali ... "
Sekundenlang sah sie ein Glitzern in seinen blauen Augen während sie Sam lautlos heraus schleichen sah.
"Bitte ... ich habe mir solche Sorgen um Dich gemacht! Als Kensi plötzlich sagte ... dass Du verschleppt worden bist ... "
Seine Stimme wackelte. Er konnte sekundenlang nicht weiter sprechen.
Malgorzatta reckte rasch den Kopf zu ihm hoch und küsste ihn. Seine Lippen waren kühl. Zärtlich streichelte sie seine kratzige Wange.
"Ist alles gut, G! Alles in Ordnung! Wie geht es Eric?"
"Er ist okay." gab G rasch zurück.
"Ihm fehlt nichts!"
Malgorzatta nickte.
Sie wandte den Blick nicht von G.
"Und wie habt ihr mich gefunden?"
"Unsere Westen haben GPS." erklärte G ihr.
Malgorzatta spürte seine Hand sacht über ihre Wange streicheln.
"Und wie lange war ich weg?"
Gs Lächeln war klein. Aber ehrlich. Er schien sich langsam zu beruhigen.
"Ein paar Stunden. Das lag an den starken Medikamenten. Es ist jetzt zwei Uhr nachts!"
Malgorzatta nickte.
"Dann lass` uns jetzt nach Hause fahren, ja?"
Jetzt lachte G sogar ein wenig. Und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Bestimmt!
"Nein, cormoara meu! Ganz gewiss nicht! Du hattest eine allergische Reaktion auf das Betäubungsmittel, mit dem sie Dich fortgeschafft haben! Ein paar Stunden musst Du noch zur Beobachtung hier bleiben!"
Malgorzatta nickte. Küsste ihn erneut.
"Dann fahr` wenigstens Du nach Hause und leg` Dich hin, ja?"
Eigentlich wusste sie, dass sie genau so gut gegen eine Wand hätte reden können. Es würde ihr nicht gelingen, G zu überreden, von hier weg zu gehen so lange sie hierbleiben musste.
Sie sah ein kleines zärtliches Lächeln seine Lippen verziehen. Er küsste sie.
"Niemals, Mali!"
Seine Antwort war ruhig, fast amüsiert, aber bestimmt.
"Natürlich, G!"
Sie schenkte ihm ein Lächeln.
"Wisst ihr schon ... ?"
Sie brach ab weil Sam zurückkam. Mit einer sehr leichten Bewegung strich er den Vorhang beiseite. Er hatte einen Pappbecher in der Hand, den er G reichte.
"Kaffee." meinte er zu ihm, dann lächelte ihr ruhig zu als ihre Blicke sich trafen.
Er trat ans Bett.
"Malin! Wie geht es Dir?"
"Danke Sam! Schon viel besser!" antwortete sie ihm ehrlich.
"G?"
Sams Stimme klang nun ungleich ernster, auffordernder.
Sein Blick zu ihm war fast streng.
G sah ihn an.
Schob den Kaffeebecher auf das Nachttischchen.
Richtete sich etwas auf.
"Alles gut! Fahr` nach Hause, okay? Es ist spät!"
"Du bleibst hier?" fragte Sam.
G nickte sofort.
"Gut." meinte Sam bloß.
Malgorzatta spürte seine Hand kurz, leicht an ihrem Fuß während er sie wieder ansah.
"Gute Besserung, Malin! Wir sehen uns!"
"Danke, Sam!" meinte Malgorzatta rasch und lächelte ihm zu.
Sam nickte kurz.
Er legte G für einen Moment die Hand an die Schulter.
G sah zu ihm auf. Nickte.
Dann wandte Sam sich wortlos ab und ging hinaus.
Malgorzatta suchte Gs Blick.
Seine Hand rutschte sacht um ihre.
Sein Blick war noch immer besorgt. Er beugte sich wieder leicht über sie. Streichelte über ihre Wange.
"Alles gut." versicherte sie ihm, bemüht, ihre Stimme auch so klingen zu lassen.
"Schlaf` ein bisschen!" meinte G halblaut, zärtlich zu ihr.
Malgorzatta drückte seine Finger so weit die Kanüle in ihrem Handrücken die Bewegung zuließ.
Es war nicht schwer, Verlustängste bei ihm zu diagnostizieren. Es wunderte sie auch nicht! Es tat ihr nur so schrecklich leid, dass er das auch noch durchmachen musste!
"Würde ich gerne, wenn Du auch ein bisschen schläfst, G!" gab sie ihm sanft zurück, drückte wieder leicht seine Finger.
"Bitte G, fahr` nach Hause, schlaf` ein bisschen, ruh` Dich aus! Mir geht es viel besser!"
"Ich möchte die nächste Nacht in unserem Haus mit Dir zusammen dort verbringen!" flüsterte G halblaut.
"Ich werde erst wieder dort schlafen wenn Du bei mir bist!"
Malgorzatta wusste, dass es zwecklos sein würde, dagegen zu reden.
"G, bitte! Dann fahr` in ein Hotel! Du hattest einen anstrengenden Tag!"
"Du auch, cormoara meu!" gab G sanft zurück.
Der Blick seiner blauen Augen ließ den ihren nicht los.
Sie konnte spüren, dass er sich noch immer nicht vollständig beruhigt hatte.
Nur allzu gut wusste sie, dass sie nichts gegen ihn würde ausrichten können, dass G es nicht zulassen würde, dass sie sich selbst entließ, dass er alles daran setzen würde, dass sie hier blieb!
Und auch würde er nicht von ihrer Seite weichen.
Sie musste ergeben fast ein wenig lächeln.
Dass hatte sie jetzt davon, weil sie ihn unbedingt hatte wiederhaben wollen!
"Ich ... "
Sie brach ab als der Vorhang jetzt beiseite gestrichen wurde und eine Krankenschwester hereinkam.
Sie blieb am Fußende des Bettes stehen und sah sie prüfend an.
"Wie geht es Ihnen?"
Ihre Augen wanderten weiter zu dem Monitor neben ihrem Bett, der ihren Blutdruck, ihren Puls anzeigte. Dann sah sie prüfend zu dem Infusionsbeutel auf der anderen Seite des Bettes.
"Danke, ziemlich gut!" log Malgorzatta.
Die Schwester nickte.
Sie sah zu G, der sich nur ein bisschen an ihrer Bettseite aufgerichtet hatte.
Malgorzatta sah ihn kurz nicken.
Die Schwester ging wieder hinaus.
Malgorzatta streckte ihre Linke zu G aus.
G nahm ihre Hand, umfasste ihre Finger.
Er kam ein paar Schritte näher, legte ihre Hand für einen Moment an seine Wange bevor er sie an seine Lippen zog und küsste.
Malgorzatta schloss für einen Moment die Augen.
Als sie sie wieder öffnete lag Gs Blick noch immer auf ihrem Gesicht.
"Wir haben Deinen Ex-Schwager festgenommen!" meinte er sanft.
"Arkady und Eric hatten bloß immer den Namen `Callen` genannt. Damit warst Du gemeint, nicht ich! Efremil wollte Dich ... nach Prag bringen lassen! Er hat Eric als Geisel benutzt um uns anzulocken. Offenbar hatte er uns seit Tagen beobachtet um Dich zu überwältigen! Wärst Du nicht bei uns gewesen, hätten seine Leute es am Haus versucht! Oder je nachdem, wo Du gerade gewesen wärts ... "
Malgorzatta sah ihn groß an.
"Efremil ...?"
G nickte ruhig.
Malgorzatta spürte, wie er leicht ihre Hand drückte.
"Ja. Theozuz Vendulov ist der CIA überstellt worden, wegen Angriff auf eine Bundesagentin und Entführung. Im Moment versuchen sie, auch eine Auslieferung Efremils zu erreichen."
Malgorzatta sah ihn weiter verblüfft an.
Sie konnte das gar nicht glauben, was sie da soeben gehört hatte! Das Kapitel `Vendulov` hatte sie als abgeschlossen erachtet mit Efremils Ausweisung aus den USA. Sie wollte dem nichts mehr hinzufügen!
"Das ... das hatte ich nicht erwartet!"
G beugte sich über sie.
Seine Hand rutschte sacht in ihren Nacken während er sie küsste.
"Ich kann ihn sogar verstehen! Er will Dich zurück! Aber ich werde Dich auf gar keinen Fall wieder hergeben!"
Malgorzatta musste ein bisschen lächeln.
Rasch legte sie ihre Hand an Gs Hinterkopf und streichelte darüber.
"Efremil will mich nicht zurück! Er wollte mich bestenfalls zurück in Prag haben um mich umzubringen! Er kann nicht verlieren. G!"
"Kann ich auch ganz schlecht!" flüsterte G ihr zu.
"Zumindest wenn es um Dich geht! Ich will Dich nicht verlieren!"
Malgorzatta musste lächeln.
Sie zog seinen Kopf ein wenig zu sich hinab, küsste ihn.
"Ich möchte mich auch nicht mehr von Dir verlieren lassen!"
Addendum:
G war vor fünfzehn Minuten gegangen um sich einen Kaffee zu holen.
Malgorzatta verspürte eine merkwürdige Unruhe.
Sie war bereit, konnte es kaum erwarten, nach Hause zu gehen und mit G heute vielleicht schon die ersten Möbel auszusuchen. Sie wollte ein Bett.
Es sollte möglichst heute noch geliefert werden.
Sie wollte endlich die erste Nacht mit G zusammen in ihrem eigenen Haus verbringen.
Doch erst einmal wollte sie, dass G zurück kam.
Auf dem Flur war nichts von ihm zu sehen als sie zur Tür ging, auf dem Korridor suchend nach links und rechts sah.
Links unten am Ende des Ganges war der Kaffeeautomat.
Malgorzatta trat weiter auf den Gang und nahm ihr Mobiltelefon heraus, tippte in den Kontakten die blaue Kachel an, die die Verbindung zu G aufbauen sollte.
Während sie das kleine Telefon angestrengt lauschend an ihr Ohr presste spürte sie, wie ihr Herzschlag nervös hochjagte.
Gs Telefon war ausgeschaltet.
Mittlerweile war er über zwanzig Minuten weg.
Malgorzatta unterbrach die Verbindung und tippte die Kachel mit Sams Kontaktdaten ...
Malgorzatta wusste beim beste Willen nicht mehr, das wievielte Hotel es war, das sie mit G bewohnte.
Es hatte sogar eine ganze Weile gedauert, bis ihr auffiel, dass es meist Hotels in oder um Venice Beach waren, die G aussuchte
Schließlich stellte sie den Zusammenhang ganz unvermittelt her - schließlich hatte er hier in der Gegend mal gewohnt! Sein Appartement war am Cunoles Boulevard gewesen, bevor er angeschossen worden war. Wahrscheinlich zog es ihn deswegen immer wieder hierher zurück.
Doch die letzte Nacht hatte sie alleine hier verbringen müssen.
Das verwirrte sie ziemlich.
G hatte ihr gestern Abend mitgeteilt, dass er die Nacht woanders verbringen würde. Er hatte ihr nicht gesagt, wo!
Seine Stimme war ruhig, bestimmt gewesen, er hatte sehr geordnet gewirkt und sie hatte nur zu gut gemerkt, dass er wusste was er tat, und dass es ihm wichtig war.
Sie war sich ziemlich sicher, dass keine andere Frau im Spiel war.
Vielleicht ging es wieder um Informationen um seine Familie.
Sie befürchtete es insgeheim.
Und dabei kam er erst wieder langsam auf die Füße nach der Geschichte um den Tod seiner Schwester Amy.
Sie hatte Angst davor. Es machte ihn unberechenbar.
Jetzt saß sie am Fußende des Bettes und wartete auf G.
Er wollte zum Hotel kommen.
Gedankenverloren streifte sie mit dem Zeigefinger über den Rand des E-Book-Readers auf dem Bett. Sie hatte gestern Abend noch "Die Trauerbegleiterin" von Annamoneé Bendragon gelesen, ohne sich richtig auf die Geschichte konzentrieren zu können. Es ging um eine Frau, die in einem führenden Bestattungsinstitut ins Los Angeles arbeitete und, um eine Überführung zu begleiten, in ein kleines Nest nach Idaho kam. Die Arbeit mit trauernden Angehörigen dort war so gänzlich anders als der Kontakt mit den Reichen und Berühmten in der großen Stadt. Und weil es auch ein bisschen eine Liebesgeschichte war, spielte auch der örtliche Bestatter eine Rolle.
Eigentlich mochte sie lieber Bücher. Aber ohne festen Wohnsitz konnten sie nicht noch dicke Wälzer mit sich herumschleppen. G hatte ein paar sehr anspruchsvolle im Kofferraum seines Wagens.
Es war 9. 28 Uhr.
Sie hatte keine Lust gehabt, zum Frühstück zu gehen.
Hatte sich bloß an einer der nahen Buden einen Kaffee geholt, dabei ihr Mobiltelefon umklammernd um es ja nicht zu verpassen falls G anrief.
Natürlich hätte sie ihn jederzeit anrufen können.
Aber sie wollte es nicht mal ausprobieren.
Sie wollte ihm die Auszeit gönnen.
Es kam ihr auch nicht so vor, als wäre er zu einem Einsatz verschwunden. Er hätte ihr das anvertraut, da war sie sich ziemlich sicher.
Deswegen konnte sie sich sein Wegbleiben auch nicht erklären.
Ganz kurz nur hatte sie mit dem Gedanken gespielt, Sam anzurufen.
Doch sie wollte G nicht hintergehen.
Und Sam nicht unnötig beunruhigen.
Sie hatte nicht das Gefühl, es würde etwas Schlimmes dahinter stecken. Es war mehr so, als wäre etwas Unangenehmes im Gange.
Es klopfte an der Tür.
So unvermittelt, dass Malgorzatta zusammenzuckte, hastig aufstand.
„Mali, ich bin`s!“
Es war Gs Stimme.
Malgorzatta eilte zur Tür, drehte den Knauf und riss sie auf.
Sofort fing sie Gs Lächeln auf.
Es beruhigte sie, noch bevor sie den sanften Ton seiner Stimme bemerkte, seine entspannte Haltung zu registrieren.
„Hallo Mali!“
G überbrückte die die kurze Distanz zwischen ihnen mit wenigen Schritten, legte seine Hand an ihre Wange und küsste sie ausgiebig.
Malgorzatta legte ihre Hände an seine Seite und erwiderte seinen Kuss.
Sie fühlte sich erleichtert.
Es schien alles gut zu sein.
„Guten Morgen, G! Schön, dass Du da bist!“
Sie gab die Tür mit langsamen Schritten frei.
„Alles gut geklappt für Dich?“
G betrat das Zimmer.
Er suchte ihren Blick während er die Tür hinter sich schloss.
Seine Bewegungen waren ruhig. Sein Gesichtsausdruck wirkte entspannt. Der Blick seiner blauen Augen war klar und einigermaßen wach.
Es war schön, ihn so zu sehen, auch wenn sie nicht wusste, was das verursacht hatte.
„Ja.“
G machte die wenigen Schritte zu ihr als sie in einiger Entfernung zu ihm stehen blieb, um ihn anzusehen, um die Distanz aufrecht zu erhalten, die er gestern mit seinem Weggehen aufgebaut hatte.
Es tat ihr gut, dass er diese Distanz zwischen ihnen jetzt sofort aufgab, zu ihr kam, seinen Arm um ihre Schultern legte und sie an sich zog.
Er küsste sie.
„Ich liebe Dich, cormoara meu!“
Malgorzatta fiel es unglaublich schwer, nicht auf sein Verschwinden einzugehen. Es überhaupt zu übergehen jetzt.
Sie fühlte Eifersucht, auch wenn sie keinen Grund dazu hatte.
Jetzt legte sie beide Arme um ihn und schmiegte sich an ihn.
Seine Liebeserklärung verwunderte sie ein bisschen.
Hatte er ein schlechtes Gewissen?
„Ich liebe Dich auch, G!“
Sie schob ihre Hände unter seine grüne halblange Jacke, streichelte über seinen Rücken.
Durch den dünnen Stoff seines Shirts konnte sie die Wärme seiner Haut spüren.
„Aber … ich bin ziemlich verunsichert weil Du mich alleine gelassen hast!“
Sie konnte es einfach nicht lassen, es zur Sprache zu bringen. Zu sehr brannte es ihr auf den Nägel. Sie wollte reinen Tisch zwischen ihnen Beiden.
G nickte langsam.
„Tut mir leid!“ gab er zurück, drückte sie kurz an sich.
Es wirkte nicht wirklich so, als bedauere er es aufrichtig, Malgorzatta fühlte sich verwirrt über das, was sie empfand.
„Pack` Deine Sachen zusammen, ich möchte Dir etwas zeigen!“ meinte G jetzt mit einer kleinen Kopfbewegung zu ihrer Tasche am Fußende des Bettes.
„Wir kommen nicht wieder hierher zurück?“ fragte sie ihn verwundert.
G schüttelte den Kopf.
„Nein.“
Sie sah ihn an, erwartete, dass er mehr verriet.
Doch G schwieg, sah sie bloß an.
Irgendwie erwartungsvoll.
Die ganze Situation irritierte Malgorzatta bloß noch mehr.
Sie legte ihre Hand auf seinen Brustkorb
„G, was geht hier vor?“
Sie hasste Überraschungen.
Sie bekam sie zuhauf, seit sie mit G zusammen war. Sie gab nicht gerne die Kontrolle ab. Ganz besonders hasste sie die Lebenswendungen, die G so offensichtlich schmerzten.
Dies hier schien ihm allerdings Freude zu bereiten.
Er lächelte.
„Komm, hol` Deine Sachen!“ forderte er sie erneut sanft auf.
Jetzt musste auch Malgorzatta lächeln.
„Was hast Du vor?“
Gespannt sah sie ihn an.
G erwiderte ihren Blick ruhig.
Ließ seine Hand an ihren Nacken rutschen und zog sie sanft an sich, küsste sie. Ausgiebig. Hingebungsvoll.
Malgorzatta wusste, dass sie nichts aus ihm herausbekommen würde.
G schien sich in den Kopf gesetzt zu haben, sie zu überraschen.
Langsam ließ sie ihre Hand an seine kratzige Wange rutschen.
Seine Bartstoppeln pieksten noch ein wenig deutlicher gegen ihre Handinnenfläche als meistens sonst.
Er schien sich heute nicht rasiert zu haben!
Behutsam löste sie ihre Lippen von den seinen und sah ihn an.
„Hast Du gut geschlafen, G?“
Er nickte kurz.
„Hast Du schon gefrühstückt?“
Malgorzatta schüttelte den Kopf.
„Ich hab` mir bloß einen Kaffee geholt. Ich frühstücke nicht gerne ohne Dich!“
„Holen wir nach!“ meinte G.
Er sah sie an.
Abwartend.
Offenbar wartete er noch immer darauf, dass sie ihre Sachen packte. Offenbar wollte er ihr noch immer unbedingt etwas zeigen.
„Also gut!“
Sie streichelte mit der Hand über seine Brust, wandte sich dann ab und packte ihre Sachen zusammen.
Innerhalb von zehn Minuten war sie fertig.
G nahm ihre Tasche und gemeinsam gingen sie hinaus.
An der Reception gaben sie die Schlüsselkarte ab und bezahlten die Rechnung.
Dann führte G sie zu dem Mercedes, den er in einer Seitenstraße geparkt hatte.
Er legte die Tasche in den Kofferraum, Malgorzatta sah, dass seine Taschen sich dort auch befanden. Auch sein Schlafsack lag dort.
G schlug den Kofferraumdeckel zu, ging zur Beifahrertür und öffnete sie ihr.
„Danke G!“
Malgorzatta streichelte kurz über seinen Bauch bevor sie einstieg.
G schlug die Tür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg auf der Fahrerseite ein.
Malgorzatta sah ihn an.
G lächelte.
Es schien ihm wirklich Spaß zu machen, was er vorhatte!
Also gönnte sie es ihm.
G startete den Wagen und fuhr sie in eine ruhige Wohngegend, mit hübschen Einfamilienhäusern und gepflegten Vorgärten.
G parkte den Wagen am Bordstein einer breiten sauberen Straße und schaltete den Motor aus.
Vor einem Haus mit einer Rasenfläche davor, unterbrochen von einem schmalen Weg aus Steinplatten, mit drei kleinen Stufen.
Nochmal drei Stufen führten zur Haustür hinauf, die unter einem kleinen Vordach lag, das sich wie ein kleines Foyer über die ganze rechte Seite des Hauses zog.
Üppige Pflanzen wucherten über dem Fenster in der Hauswand rechts.
`631` war die Hausnummer, die an der weißen Mauer links neben dem Eingang prang.
Eine halbhohe Mauer führte von der linken Seite des Einganges bis zu der Hecke und bildete so am Haus eine geschützte Veranda.
Pflanzen wuchsen links über der Mauer und auch links an der Hauswand, bis hoch auf das Dach.
Rechts auf dem Rasen lag ein Gartenschlauch.
Während G ausstieg fragte Malgorzatta sich insgeheim, ob Hetty hier wohnte.
Vielleicht hatte sie Geburtstag und G wollte ihr gratulieren?
Aber hätten sie dann nicht Blumen besorgt?
Sie hatte die Beifahrertür geöffnet bevor G das für sie tun konnte.
Er reichte ihr seine Rechte und half ihr Aussteigen, schlug die Tür hinter ihr zu und aktivierte die Zentralverriegelung.
Malgorzatta sah ihn an.
Lächelte ihm so harmlos wie möglich zu während sie ihre Fragen nur mühsam zurückhielt.
„Komm!“ meinte G sanft zu ihr, legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie leicht mit sich den Weg hinauf, Richtung des Hauses.
Es schien ihm viel zu bedeuten, hier zu sein, Malgorzatta spürte seine unterschwellige Anspannung.
„Schön hier!“ meinte sie deswegen, betont locker, um ihm etwas von dieser Nervosität zu nehmen.
G sah sie an.
Sie standen vor der grünen Haustür.
„Freut mich, dass es Dir gefällt!“ meinte er, mit einem kleinen Wackler in der Stimme.
Er griff in die vordere rechte Tasche seiner Jeans und holte einen Schlüssel heraus.
Den schob er in das Schloss der Tür, schloss sie auf, Malgorzatta hatte für einen Moment das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen schwankte.
Ganz plötzlich hatte sie eine Ahnung, und die traf sie wie ein Schlag. Für einen Moment lang konnte sie nicht atmen.
G stieß die Haustür auf.
Dann wandte er sich ihr zu.
Ehe sie reagieren konnte hatte er sie auf seine Arme genommen, drückte sie an sich, während er mit ihr die Türschwelle überschritt.
Malgorzatta spürte Tränen in ihre Augen schießen.
Sie musste schniefen.
„G!“
Völlig gerührt lehnte sie den Kopf an seinen, legte ihre Arme noch ein wenig fester um seinen Nacken.
„Was machst Du da?“
Sie standen in einem kleinen Vorraum. Bogige Durchgänge führten in einen großen Raum links, Malgorzatta erkannte verschwommen einen Holzboden, einen Kamin.
Nach vorne war ein kleiner Durchgang in einen Flur und rechts in eine Art Hauswirtsschaftsraum.
G stellte sie liebevoll wieder auf die Füße.
Er drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen bevor er hinter sich langte und die Tür zuschubste.
„Und? Was sagst Du?“
Er machte eine kleine präsentierende Bewegung mit beiden Händen, sah sie fragend an.
Malgorzatta konnte noch immer nicht klar gucken, kämpfte noch mit ihren Tränen.
„Hast Du … ist das Deins? Hast Du es gekauft?“
Sie machte die wenigen Schritte zu ihm, legte ihren Arm um seine Seite, schmiegte sich an ihn während sie zu ihm aufsah.
G legte seinen Arm um ihre Schultern. Zog sie ganz an sich und küsste sie.
Malgorzatta spürte, dass er noch immer unter Anspannung stand. Es rührte sie bloß noch mehr als er zurückgab: „Es ist unseres! Ja, ich hab`s gekauft!“ während er sacht mit der Rechten ihre Wange streichelte.
„Wie bist Du darauf gekommen?“
Sie musste schlucken. Tat es angestrengt, damit ihre Tränen tiefer rutschten.
G räusperte sich.
Sie spürte, dass er ein bisschen zitterte.
Es schien genau so emotional für ihn zu sein wie für sie.
„Hetty hat es mir vermittelt.“ antwortete G.
Er machte eine lange Pause bevor er fortfuhr: „Ich habe hier früher mal bei einer Pflegefamilie gewohnt! Sie sind alle verstorben. Ich habe … heute Nacht hier geschlafen!“
Malgorzatta sah ihn verblüfft an.
Sie streichelte über seine Brust.
„Alleine? Ich meine … natürlich alleine, aber in dem großen Haus? Sind denn Möbel oben?“
G lächelte zärtlich.
Er zog sie wieder an sich, legte beide Arme um sie, lehnte seinen Kopf sacht an ihren.
„Ich war sehr ungern die Nacht ohne Dich! Aber ich brauchte die Zeit hier für mich, ein paar Stunden hier für mich alleine! Bitte, versteh` das nicht falsch, aber … „
Malgorzatta hob rasch ihre Hand und legte ihren Zeigefinger über seine Lippen.
G verstummte sofort. Sah sie an.
„Finde ich gut!“ meinte Malgorzatta bestimmt zu ihm.
„Ich meine … ich habe Dich schrecklich vermisst, es war eine ganz furchtbare Nacht, aber ich finde das richtig gut, das Du das gemacht hast! Wenn es gut für Dich war, ist es völlig in Ordnung!“
G umfasste sanft ihre Hand, drückte einen Kuss auf ihren Finger.
„Ich habe Dich unendlich vermisst! Es ist nicht schön, ohne Dich zu schlafen. Aber es war gut für mich, ja! Ich konnte ein bisschen … meine Gedanken ordnen!“
„Dann ist doch alles gut!“ erwiderte Malgorzatta leichthin.
Sie fühlte sich unheimlich erleichtert, dass Gs Fortbleiben einen so trivialen Grund hatte.
„Wo hast Du geschlafen? Ist das Schlafzimmer oben?“
G machte eine rasche Kopfbewegung Richtung des Zimmers mit dem Kamin.
„Da. Ich habe mir meinen Schlafsack dorthin gelegt! Dort war früher … das Wohnzimmer!“
Malgorzatta ging kurz durch den Kopf, wo sie heute Nacht wohl schlafen würde. Eigentlich wollte sie sich noch nicht wirklich damit beschäftigen. Andererseits wollte sie nicht wirklich noch eine Nacht ohne G verbringen.
Sie legte beide Arme um ihn, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.
G hielt sie sofort fest.
Legte beide Arme um sie und zog sie noch etwas enger an sich während er seine Zungenspitze sekundenlang über ihre Lippen streicheln ließ.
Sie musste schmunzeln.
Jetzt, wo sich ihre Sorge um Gs nächtliche Abwesenheit mehr oder weniger in Wohlgefallen aufgelöst hatte, fühlte sie sich wieder besser.
Zudem freundete sie sich langsam mit dem Gedanken an das Haus an. Und es rührte sie unheimlich, was G für sie Beide getan hatte.
Bestimmt erwiderte sie seinen Kuss. Ließ ihre Hände unter seine Jacke, über sein Shirt streichen.
Ihr Mobiltelefon klingelte.
Malgorzatta wollte nicht rangehen.
Die Momente ungestört mit G waren ihr zu kostbar, zu wichtig.
Doch nachdem die Verbindung kurz unterbrochen worden war, klingelte es erneut, G löste seine Lippen von ihren und sah sie an.
„Vielleicht ist es wichtig?“
„Im Moment ist mir nichts wichtiger als hier mit Dir ungestört zusammen zu sein!“ gab Malgorzatta zurück.
Doch Gs zurückhaltender Gesichtsausdruck bedeutete ihr, wenigstens einen Blick auf das Display zu werfen.
Malgorzatta fühlte sich einen Moment irritiert.
`Nell ruft an` stand auf dem Display.
Nell Jones arbeitete im OPS.
Sie hatte die kleine, zierliche, überaus quirlige junge Frau eines Mittags im Hauptquartier kennengelernt, wohin sie für einige Zeit für eine Datenanalyse versetzt worden war. Seit zwei Wochen arbeitete sie jetzt mit Eric Beale zusammen.
Weil sie sich sympathisch waren hatte Malgorzatta mit ihr ihre Telefonnummer ausgetauscht und schon des Öfteren in der Mittagspause einen Kaffee mit ihr getrunken.
„Entschuldige, G! Das ist Nell!“ meinte Malgorzatta rasch zu ihm, strich das Display frei und meldete sich.
Für einen Moment sah sie, wie G fragend die Augenbrauen hob.
„Ja, Nell? Hier ist Malin!“
„Malin, Eric ist verschwunden!“
Die sonst so überlegene Datenanalystin hörte sich völlig aufgelöst an.
„Wir waren gestern Abend verabredet und er ist nicht erschienen! Er geht nicht an sein Telefon, ich kann ihn nicht erreichen! Bei ihm zuhause öffnet niemand! Malin, was soll ich tun?“
Sie klang wirklich verzweifelt.
„Ganz ruhig, Nell!“ meinte Malin beschwichtigend zu ihr.
Bisher hatte sie nicht einmal gewusst, dass die Beiden dateten. Eine gewisse Neckerei zwischen ihnen war ihr aufgefallen, eine krampfhafte Verleugnung ihrer gegenseitigen Sympathie füreinander.
Nate hätte seine Freude an ihnen gehabt, wäre er da gewesen.
„Eric scheint verschwunden!“ meinte sie rasch zu G.
„Eric?“ wiederholte G und klang im ersten Moment, als kenne er niemanden mit diesem Namen.
„Eric Beale?“
„Ja.“ antwortete Malgorzatta.
„Nell, wo bist Du?“
„Ich bin an Erics Wohnung!“ gab Nell zurück, aufgeregt.
„Ich wusste nicht, was ich tun soll, deswegen habe ich Dich angerufen!“
„Das ist völlig in Ordnung!“ meinte Malgorzatta bestimmt, ruhig zu ihr.
„Wo ist sie?“ fragte G jetzt.
„Lass` Dir die Adresse geben, sie soll dort auf uns warten!“
Malgorzatta nickte in seine Richtung.
„Nell, gib` mir bitte die Adresse, wo Du bist! Straße!“
Nell nannte ihr die Adresse.
„Warte dort auf uns!“ gab Malgorzatta Gs Anweisung an sie weiter.
„Ja, ist gut!“ meinte Nell.
Sie klang ein bisschen beruhigter.
Malgorzatta beendete das Gespräch und nannte G die Adresse.
Er stutzte einen Moment.
„Das ist Erics Adresse! Was tut sie da?“
Malgorzatta sah ihn an. Biss sich auf die Unterlippe.
G war ein hervorragender Agent. Er kümmerte sich auch bestens um sein Team. Nur in dessen zwischenmenschlichen Belangen hinkte er – vielleicht aufgrund eigener Defizite – etwas hinterher.
Kensi und Deeks waren da ein weiteres Beispiel.
Marty Deeks war dem Team vom Los Angeles Police Departement als Verbindungsmann zugeteilt worden.
Hetty hatte ihn Kensi als neuen Partner zur Seite gestellt.
Zwischen den Beiden musste es sofort gefunkt haben, man sah es ihnen förmlich an, dass sie füreinander bestimmt waren.
Während Deeks mit seiner Sympathie für Kensi langsam warm wurde, wehrte Kensi sich mit Händen und Füßen gegen ihre Gefühle, für alle im Team sichtbar.
Vielleicht war G aber auch einfach nur zu professionell um darauf einzugehen!
„Das hörte sich für mich jetzt an als wären sie verabredet gewesen!“
G sah sie an. Noch immer ein wenig irritiert.
„Komm, fahren wir!“ meinte er dann zu ihr.
Malgorzatta nickte ergeben.
Sie hatte gerade eben erst begonnen, zu überlegen, ob sie es wohl schaffen würde, G dazu zu kriegen, dass er sich Möbel mit ihr ansah.
Und sie hatte das Haus noch nicht einmal ganz gesehen!
Doch sie rechnete es G hoch an, dass er sich sofort kümmern wollte!
G öffnete ihr die Tür und ließ sie vorangehen.
Er zog die Tür hinter sich zu, griff wieder in die Tasche seiner Jeans und nahm den Schlüssel heraus, schloss die Tür ab.
Die Szene war völlig ungewohnt.
Malgorzatta genoss es.
„Danke, G!“ meinte sie dann.
G sah sie an.
„Wofür?“
„Dass Du Dich gleich kümmerst!“ gab Malgorzatta zurück.
Sie streckte ihre Hand aus und streichelte sanft über seine, G umfasste sacht ihr Handgelenk und zog sie zu sich, legte beide Arme um sie und küsste sie.
„Hmmm …“
Malgorzatta schenkte ihm ein Lächeln.
„Machen wir jetzt gleich die Nachbarn neidisch?“
G lachte leise.
„Was meinst Du?“
Er sah sie fragend an.
„Die Frauen in der Nachbarschaft beneiden mich schon jetzt glühend um den gutaussehenden Mann hier!“ gab Malgorzatta zärtlich zurück und schmiegte sich ein wenig an ihn.
Sie war sich nicht sicher, ob G diese Zärtlichkeit in der Öffentlichkeit weiter zuließ.
Zu ihrer Überraschung zog er sie jedoch noch etwas an sich, legte seinen Arm um sie und küsste sie.
Malgorzatta hätte es gerne genossen.
Doch ihre Sorge um Nell war stärker.
Irgendwie hatte sie immer unterschwellig auf diesen Tag gewartet, auf den nächsten Schritt mit G, sein weiteres Bekenntnis zu ihr.
Jetzt, wo er gekommen war, war es ganz anders, als sie es sich erträumt hatte. Es wunderte sie nicht wirklich!
Es war immer anders mit G.
Nach einem Moment gelang es ihr sogar, darüber zu lächeln.
Sie legte ihre Rechte an Gs Nacken. Seine Haut war warm.
Wahrscheinlich würde ihr ganzes Leben mit G so verlaufen. Unplanbar.
„Das hast Du ganz wunderbar hinbekommen, G!“ flüsterte sie ihm zu, streichelte seinen Nacken.
G sah sie an.
„Gefällt es Dir? Du hast es nicht mal gesehen!“
Seine blauen Augen wanderten über ihr Gesicht, aufmerksam.
„Was ich bis jetzt gesehen habe gefällt mir sehr gut, G!“ antwortete sie ihm.
„Ich freue mich, dass Du es mir weiter zeigst, wenn die Sache mit Eric erledigt ist! Und selbst wenn es mir nicht gefallen würde … ich könnte auch mit Dir in einem Pappkarton leben wenn ich nur bei Dir sein darf! Ich liebe Dich!“
G lächelte. Zärtlich.
Er drückte sie wieder an sich und küsste sie.
„Komm, lass` uns los!“ meinte er dann sanft.
Nell erwartete sie an ihrem Auto.
Sie fuhr einen Mini.
Neben dem kleinen Auto ging sie in einer nervenaufreibenden Weise auf und ab, blieb stehen, als G den Wagen in kurzer Entfernung parkte und sah in ihre Richtung.
Malgorzatta stieg aus und schloss die Tür hinter sich.
Nell war wie immer sehr mädchenhaft gekleidet. Jetzt, während sie zu ihnen herüberkam, rang sie nervös ihre Finger.
„Oh, das ist so nett von euch, dass ihr sofort gekommen seid! Danke Callen, danke Malin!“
„Keine Ursache!“ meinte G knapp zu ihr.
„Was gibt es?“
„Eric und ich waren gestern Abend verabredet.“ erzählte Nell.
„Wir wollten … Essen gehen! Doch Eric ist nicht aufgetaucht! Er wollte mich abholen! Ich habe versucht, ihn anzurufen, doch ich kann ihn nicht erreichen! Auch zu Hause nicht! Heute Morgen schließlich bin ich hierher gefahren, doch er reagiert auch nicht auf mein Klingeln!“
Bei ihren letzten Worten zitterte ihre Stimme ein bisschen.
Malgorzatta machte die wenigen Schritte zu ihr und legte ihr die Hand an die Schulter.
G nickte.
Er nahm sein Mobiltelefon heraus, strich das Display frei und tippte etwas ein. Dann hielt er sich das Gerät ans Ohr.
Nach einigen langen Momenten nahm er das Telefon herunter und wiederholte das Wählen.
Er wählte auch noch ein drittes Mal.
Nichts geschah.
„Kann ihn nicht erreichen!“ meinte er dann.
„Er scheint auch nicht in der Zentrale zu sein! Gehen wir `rein?“
Er sah fragend zu Nell.
Sie nickte sofort.
Eric wohnte in einem Appartement des Gebäudes, vor dem Nells Mini parkte.
Ein Pförtner in der Eingangshalle sah hinter seinem Pult auf als sie durch die Glastür hereinkamen. Nell nickte ihm kurz zu als sie zu den Fahrstühlen gingen.
„Er hat mir gesagt, dass Eric das Haus gestern Nachmittag verlassen hat!“ erzählte sie ihnen, während sie auf den Lift warteten.
„Er hat auch gesagt, er wäre bisher nicht wiedergekommen!“
G nickte.
„Was ist mit Erics Familie?“ fragte er Nell.
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich kenne sie nicht! Soweit ich weiß, lebte sie nicht hier! Eric spricht nicht über sie! Aber er hätte mir Bescheid gesagt, hätte er die Verabredung nicht einhalten können!“
Sie betraten die Fahrstuhlkabine.
Nell drückte rasch den Knopf mit der Nummer Drei.
„Ich wusste nicht, dass ihr euch außerhalb der Arbeitszeit trefft!“ meinte G jetzt zu ihr.
Malgorzatta empfand Nells kurzen Blick zu sich irgendwie als hilfesuchend.
„Fast niemand wusste das, Agent Callen!“ gab Nell leise zurück.
„Und … das muss auch niemand wissen!“
Malgorzatta lächelte ihr einfach zu als Nell sie wieder ansah.
Sie war sich nicht sicher, ob G Nells Blick zu ihr bemerkte.
„Hetty weiß es bestimmt!“ gab G mit einem kleinen feinen Lächeln Nell zurück.
„Hetty weiß immer alles!“
„Ja, Hetty weiß immer alles!“ wiederholte Nell. Es klang mit einem Mal bedrückt.
Im dritten Stock führte sie sie zum Appartement 3B.
Es lag in einem schmalen Flur, an dessen Ende sich ein bis zum Boden reichendes Fenster befand. Man sah von hier auf die Stadt, auf die typische Silhouette in der Ferne.
G klopfte an die weiße Tür.
„Eric?“
Er horchte.
Es geschah nichts.
„Eric? Ich bin`s, Callen!“
Er klopfte noch mal.
Hinter der Tür blieb es ruhig.
„Ich geh` rein!“ entschied Callen. Er sah Nell an.
„Hast Du einen Schlüssel?“
„Nein!“ gab sie beinahe entrüstet zurück.
G griff in die linke Gesäßtasche seiner Jeans und nahm ein schmales Etui heraus.
Er öffnete den Reißverschluss.
Malgorzatta hatte es bereits ein paar Mal bei ihm gesehen, vorzugsweise wenn er die Taschen seiner Hose leerte bevor er sie ihr zum Waschen gab.
Sie hatte G nie danach gefragt, was sich darin befand. Hatte nie heimlich nachgeschaut.
G nahm jetzt zwei der Picklocks heraus und drückte ihr das Etui in die Hand, Malgorzatta nahm es rasch und verfolgte, wie G die beiden dünnen Metallstäbe in das Schloss einführte.
Er hatte sie kaum bewegt als das Schloss schon mit einem leisen Klicken aufsprang und die Tür frei gab.
„Eric?“
G ließ die Tür sanft aufschwingen während er ihr mit der Linken das Etui aus der Hand nahm und die Picklocks wieder verstaute, das Etui dann in seine Hosentasche zurück schob während er ein paar Schritte über die Schwelle in den Raum machte.
„Ich warte hier!“ meinte Nell hastig.
„Erics Wohnung ohne ihn zu betreten erscheint mit nicht … richtig!“
Sie verschränkte beide Arme vor dem Oberkörper wie um ihre Aussage zu unterstreichen.
„Warst Du da schon mal drin?“ erkundigte sich Malgorzatta sacht bei ihr.
Nell schüttelte den Kopf.
„Nein.“
G kam schon wieder zurück.
„Nichts!“
Er schüttelte den Kopf und zog die Tür hinter sich zu.
„Ich ruf` jetzt Sam an! Am Besten wir treffen uns in der Zentrale!“
Er langte zu seinem Mobiltelefon.
„Nell, wenn es Dich beruhigt, da drinnen ist nichts Ungewöhnliches! Keine Anzeichen für einen Kampf oder dafür, dass Eric die Wohnung hastig oder unfreiwillig verlassen hat!“
Nell schenkte ihm ein kurzes Lächeln.
„Danke Callen!“
Malgorzatta liebte ihn für diese beruhigenden Worte an Nell.
Verstohlen streichelte sie über seinen Arm.
G schenkte ihr ein kleines Lächeln während er sein Mobiltelefon an sein Ohr hielt.
„Sam, ja, ich bin`s, G! Kannst Du zum OPS kommen? Eric ist verschwunden … ja, Eric! Oh … ja. Ja, melde Dich!“
Er nahm das Telefon herunter und unterbrach das Gespräch.
„Sam kommt erst später zurück! Seine Tochter macht einen Ausflug und er ist mitgefahren! Er will sich später noch melden, wenn sie zurück sind!
Geht doch schon `mal zum Wagen!“
Er strich mit der Hand leicht über ihren Rücken.
„Ich frag` eben noch den Pförtner.“
Malgorzatta nickte ihm zu.
„Nell, willst Du mit uns fahren?“ fragte sie die andere draußen, während sie Richtung der Wagen gingen.
„Nein, danke. Ich fahre mit meinem Wagen.“ gab Nell zurück.
„Wir treffen uns dann im OPS!“
Malgorzatta nickte ihr zu.
„Ja, bis gleich!“
Sie verfolgte vom Mercedes aus, wie Nell in ihren Mini stieg, ihn startete und zügig davon fuhr. Besorgt sah sie zu dem Appartementgebäude.
Der Himmel war wolkenlos blau. Sonnenstrahlen spiegelten sich in den blank polierten Fensterscheiben.
Heute war Samstag.
Sie hatte sich so auf Gs freies Wochenende gefreut.
Es hatte angefangen, schief zu laufen als G ihr gestern mitteilte, dass er nicht bei ihr übernachten würde.
Mittlerweile hatte sie ihm das mehr als verziehen!
Dennoch entfernte sich ihre Freizeit immer mehr von dem, was sie eigentlich hatte machen wollen.
G kam aus dem Gebäude.
Er sah sich kurz suchend nach ihr um und kam dann in ihre Richtung.
„Wo ist Nell?“
Er blieb neben ihr am Wagen stehen.
„Sie sollte schon mal vorfahren.“ antwortete ihm Malgorzatta.
„Hast Du `was erfahren?“
G nickte kurz.
„Eric hat gestern gegen halb vier das Haus verlassen!“ erzählte er ihr.
„Seitdem ist er nicht wieder aufgetaucht! Sein Auto ist auch nicht mehr auf dem Parkplatz im Haus!“
Malgorzatta nickte.
„Und wie geht’s jetzt weiter?“
G öffnete ihr die Beifahrertür des Wagens.
„Nell kann im OPS erstmal Erics Auto und sein Telefon orten! Je nachdem, was dabei herauskommt, wissen wir dann schon mehr!“
„Danke!“
Malgorzatta stieg ein.
G schloss die Tür hinter ihr und ging um den Mercedes herum, stieg auf der Fahrerseite ein.
Er schloss die Tür hinter sich und sah zu ihr herüber während er den Schlüssel ins Zündschloss schob.
„Ist Nell okay?“
Malgorzatta nickte.
„Ich denke schon. Die Kleine ist stark!“
„Bei Dir alles okay?“ fragte G weiter.
Seine Stimme klang ungleich sanfter. Seine Hand strich leicht über ihr Bein.
Malgorzatta streichelte über seine Hand und schenkte ihm ein ruhiges Lächeln.
„Ja, alles wunderbar!“
„Gut.“ G nickte.
Er zog sanft seine Hand unter ihrer weg und startete den Wagen.
Als sie wieder auf der Straße waren, räusperte er sich.
„Wahrscheinlich hast Du Dir das Wochenende anders vorgestellt!“ meinte er dann, warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.
Malgorzatta presste für einen Moment die Lippen fest zusammen.
„Ich hab` mir so vieles anders vorgestellt!“
Sie sah zu ihm herüber und streichelte mit der Hand über sein Bein.
„Und dann machst Du immer alles noch viel schöner!“
G wandte den Kopf und sah sie an.
Sein Blick lag so beunruhigend lange bei ihr, dass es ihr beinahe unheimlich wurde.
„G … bitte!“
Behutsam legte sie ihre Hand an seine Wange und drehte sein Gesicht sanft wieder Richtung der Frontscheibe.
„Du willst mich in der schönsten Phase meines Lebens doch nicht umbringen wollen, oder?“
G lachte leise.
Es klang ein bisschen verlegen.
Er schwieg bis sie den Parkplatz des Hauptquartieres erreichten,
Als er ihr dann die Beifahrertür öffnete wartete er nicht wie sonst neben der Tür sondern drängte sie mit zwei, drei Schritten gegen die Karosserie zurück.
„Ist es wahr, was Du da eben gesagt hast?“
Malgorzatta sah ihn verwundert an.
Sie unterdrückte den Reflex, ihre Hände zu heben, auf Gs Brust zu legen.
„Was meinst Du?“
G sah sie weiter ruhig an. Stand bloß still vor ihr.
„Das mit der glücklichsten Phase Deines Lebens!“
Malgorzatta nickte sofort. Bestimmt.
„Ja.“ antwortete sie einfach. Ehrlich.
G legte seine Rechte an ihre Wange. Sein Blick, sein Gesichtsausdruck waren weich.
„Mehr … als in Deiner Ehe?“
Malgorzatta nickte sofort.
„Ja. Weitaus mehr!“
G beugte sich zu ihr vor und küsste sie.
Malgorzatta war das etwas unangenehm.
Der Parkplatz war kameraüberwacht.
Sie wollte nicht knutschend mit G auf irgendwelchen Überwachungsmonitoren gesehen werden, egal von wem.
Andererseits konnte sie Gs Kuss, seiner Nähe schlecht widerstehen. Sie wollte es auch eigentlich gar nicht! Wenn es für ihn in Ordnung war, sollte es das auch für sie sein!
„Ich liebe Dich, G!“ flüsterte sie ihm zu.
G zog sie zu sich. Drückte sie für einen langen Moment an sich. Malgorzatta spürte, dass er es genoss, einfach hier mir ihr zu stehen, ihre momentane Nähe. Vielleicht sogar erst recht an diesem speziellen Tag. Sie genoss seine Nähe, seine Zuwendung auf jeden Fall!
„Komm!“ meinte G nach einer ganzen Weile.
„Nell ist schon hier!“
Er machte eine rasche Kopfbewegung zu dem kleinen Auto, das nahe der Einfahrt parkte.
Malgorzatta nickte.
Sie folgte G in das im spanischen Stil gebaute Gebäude.
Die Zentrale wirkte belebt.
Lichter waren an, ebenso Computer und Bildschirme eingeschaltet. Türen standen auf. Kaffeemaschinen brodelten.
Malgorzatta erwartete insgeheim, dass Hetty irgendwo um einen Pfeiler schlich.
Prompt hörte sie Schritte hinter sich im Flur.
„Oh hallo!“
Als sie sich umwandte sah sie Kensi und Marty, die soeben ankamen.
Kensi strahlte sie an und Marty neben ihr, ein blonder, lockiger Surfertyp, mit blauen Augen, in lässigen Jeans und T-Shirt, lächelte ihnen ebenfalls in seiner lockeren Art zu.
Malgorzatta mochte ihn.
Er wirkte unbekümmert, gut gelaunt und sehr loyal.
Außerdem schien er ein sehr guter Polizist zu sein.
Sam ging er auf die Nerven.
„Hallo Malin! Hallo Callen!“ grüßte Marty.
„Hallo Kensi! Hallo Marty!“ grüßte Malgorzatta zurück.
G sah ihnen verwundert entgegen.
„Was tut ihr hier? Woher wisst ihr … ?“
„Ich habe mir erlaubt, Miss Blye und Mister Deeks anzurufen, Mister Callen!“
Tatsächlich kam Hetty jetzt von irgendwoher, leise, unauffällig, wie gewohnt.
Sie nickte ihnen grüßend zu.
„Miss Jones hat mich informiert! Wenn jemand aus dem Team verschwindet ist … „ ihre Stimme zitterte für einen kleinen Moment „ … dann bedarf es unser aller Anstrengung, um ihn zurück zu bringen! Mister Hanna wird später zum Team kommen! Gehen wir doch erst einmal … „ sie wies zur Treppe.
„ … alle nach oben und hören uns an, was Miss Jones schon herausgefunden hat!“
Kensi und Marty wandten sich der Treppe zu,
Malgorzatta verharrte wo sie stand.
Sie spürte Gs Hand an ihrer Schulter.
Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie G zu Hetty herüber schaute.
Sie nickte ihm kaum merklich zu.
„Komm!“ meinte G daraufhin zu ihr und schob sie sacht Richtung der Treppe. Malgorzatta gestattete sich den verwunderten Blick zu G.
Sein Gesicht war ausdruckslos. Seine Hand lag noch immer an ihrer Schulter.
Sie war erst ein Mal hier oben gewesen.
Im Einsatzraum. Sie hatte mit ansehen müssen wie G mit seinem Wagen verunfallte. Zum Glück war ihm nicht viel passiert!
Dennoch war ihr Aufenthalt hier oben jetzt, als sie den Einsatzraum betrat, eher mit negativen Gefühlen behaftet.
Es war hier wie sie es in Erinnerung hatte. Nur Eric war nicht hier.
Viele Lichter. Eingeschaltete Bildschirme, auf dem übergroßen Bildschirm links, an der Wand, war eine Straßenkarte zu sehen.
`Beale, E` blinkte ein rot umrandeter Namenszug neben einem Pfeil, der auf eine Lokalisation auf der Karte wies.
Sie war nahe am Strand.
"Ich habe Erics Wagen in Huntington Park geortet." begann Nell ohne Umschweife.
Sie trug ein Head-Set und hatte einen Tablett-PC in der Hand. Momentan wirkte sie ruhig und voll konzentriert.
"Sein Mobiltelefon ist geortet in Lennox, also an einem ganz anderen Ende der Stadt!"
Ihre Stimme klang kühl und emotionslos, geschäftig.
Malgorzatta fragte sich insgeheim, ob sie auch würde so überlegt handeln können würde G vermisst.
Sie vermutete, eher nicht!
"Kensi, Deeks, fahrt ihr nach Lennox und holt das Telefon!" ordnete G an, mit einer kurzen Handbewegung Richtung der Karte.
"Ich fahre ... Du kommst mit mir, wir sehen uns den Wagen an!"
Malgorzatta spürte seine Hand leicht, kurz an ihrem Arm.
Verblüfft sah sie zu G.
"Was ist mit Sam?" fragte Kensi.
Malgorzatta fand, dass es aufsässig klang.
Sie musste sich anstrengen, keine Miene zu verziehen.
"Macht mit seiner Tochter einen Schulausflug und kommt später!" gab G ihr äußerst knapp zurück.
Sein Blick rutschte in die Runde.
"Okay." meinte Kensi und senkte den Blick, wirkte wie ermahnt ob Gs kühlem Ton.
"Okay." meinte auch Marty und zuckte die Schultern während beide Richtung des Ausganges.
Hetty lächelte milde. Stumm.
"Nell, Du überwachst Auto und Telefon, auch das bei Eric zu Hause, und gibst uns sofort Bescheid, wenn sich an einem der Drei etwas tut!" ordnete G weiter an.
"Natürlich!" meinte Nell.
Malgorzatta fing Gs Blick auf während er sich von dem Videotisch abstieß, an dem er gelehnt hatte.
"Komm!" meinte er dabei zu ihr während er sich der Tür zuwandte.
"Mister Callen!" meinte Hetty.
G blieb sofort stehen und sah sie an.
"Ja?"
"Bringen Sie uns Mister Beale gesund zurück!" meinte Hetty zu ihm.
Ihre Stimme zitterte ein bisschen.
Malgorzatta sah, wie G kurz seine Hand zur Faust ballte. Sie fand es merkwürdig, dass er sich zu ihr umwandte, ihr einen kurzen Blick zuwarf.
"Das ist meine Absicht, Hetty! Er wird nicht enden wie Sullivan! Oder wie Dom!"
"Gut zu wissen, Mister Callen!" gab Hetty zurück.
"Ich nehme Ihr Wort dafür!"
Malgorzatta folgte G.
Fing Hettys unverbindliches Lächeln auf während sie hinausging.
Es war ihr einmal mehr unheimlich.
Sie wollte nach Sullivan fragen.
Was mit Dominic Vale geschehen war, wusste sie.
Doch sie entschied, dies später zu tun, denn G wirkte zu angespannt.
"Bekomme ich eine Waffe?"
G blieb mitten auf der Treppe stehen und wandte sich zu ihr um.
Er wirkte verblüfft.
"Bitte ... Mali?"
"Bekomme ich eine Waffe, G?" wiederholte Malgorzatta sanft, konnte sich ein kleines Lächeln aber nicht verkneifen.
Irgendwie freute sie sich, dass G sie ins Vertrauen gezogen hatte.
Weil sie sich ziemlich sicher war, dass niemand zusah, streichelte sie rasch, verstohlen über seinen Rücken.
Sie sah das kleine Lächeln in Gs Mundwinkeln.
"So lange ich eine Waffe habe brauchst Du keine!"
Malgorzatta machte die wenigen Schritte auf den Stufen an ihm vorbei.
"Macho!"
Sie konnte es sich nicht verkneifen.
"Das habe ich gehört!"
G kam hinter ihr her und das Lächeln, das er ihr schenkte, war wirklich amüsiert.
Er war vor ihr am Schreibtisch und reichte ihr ihre Jacke, die sie über der Lehne seines Schreibtischstuhles abgelegt hatte, bevor er seine nahm.
"Danke."
Malgorzatta nahm ihre Handtasche.
Dies hier war einer der überaus wenigen Orte auf der ganzen Welt, wo sie ihre Handtasche unbeobachtet stehen lassen konnte. Sie tat es dennoch ungern. Es waren nicht nur ihre sehr persönlichen Sachen darin. G hatte ihr zudem die Tasche geschenkt.
Es war eine lilane Balenciaga und er hatte sie ihr gekauft nachdem sie aus Washington zurück gekommen waren. Sie war ein kleines Vermögen wert!
"Alles okay?" fragte G sie auf dem Weg zum Auto.
Malgorzatta sah ihn an.
Nickte. Lächelte.
"Ja. Und selbst?"
G nickte.
"Mir geht es gut!"
Er öffnete ihr die Beifahrertür.
Malgorzatta streichelte über seine Brust und blieb vor ihm stehen.
"Du hast noch nicht gefrühstückt, hm?"
"Ich halte gleich beim Bäcker, dann holen wir uns `was, okay?" erwiderte G.
Er legte seine Hand an ihren Nacken, beugte sich leicht zu ihr hinab und küsste sie.
"War das Dein Ernst vorhin?"
Malgorzatta sah ihn verwundert an.
"Was?"
"Vorhin ... auf der Treppe! Als Du Macho gesagt hast!"
Malgorzatta ließ ihren Blick über sein Gesicht wandern und versuchte, seine Frage einzuordnen.
Fühlte er sich auf den Schlips getreten? Beleidigt? Geschmeichelt?
Sie vermochte es nicht an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen.
"Nein. Du würdest nicht an der Beifahrertür stehen wenn Du einer wärst! Manchmal allerdings ein bisschen ... ein ganz kleines bisschen ... und das ist hinreißend!"
"Für Notfälle ist eine Waffe samt Ersatzmagazin im Handschuhfach!" raunte G ihr halblaut zu.
"Danke." flüsterte Malgorzatta, stemmte sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn.
Die Adresse, die Nell auf Gs Mobiltelefon geschickt hatte, war eine heruntergekommene Wohngegend.
Es wunderte Malgorzatta nicht wirklich, dass es hier so viele baufällige Häuser gab. Halb verfallene Gebäude. Und verwahrloste Grundstücke.
G stoppte den Wagen vor einem Grundstück mit einem langen Bretterzaun, der schief, beschmiert und nahezu verrottet war.
Viele Bretter fehlten. zerfetzte Plakate für Comic- und Erotik-Messen hingen vom Holz herab.
Und an seinem Anfang war eine große Lücke, durch die man bereits ein verkohltes Autowrack sehen konnte.
"Ist noch frisch." meinte G als er daneben stand, seine Hand über die freie Motoröffnung hielt.
"Noch warm."
Ruß und Asche lagen auf dem Metall, keine Zeichen der Verwitterung. Wenn man näher heranging konnte man sogar noch den Brandgeruch riechen!
"Das können sich Deeks Leute mal ansehen!"
G griff zu seinem Mobiltelefon.
Malgorzatta sah zu dem Haus auf dem angrenzenden Grundstück rechts.
Es gab dort nur ein Fenster auf dieser Seite und das war ausgiebig und großzügig von innen verhängt.
Ob es sich lohnen würde, dort zu fragen, ob den Leute irgendetwas aufgefallen war?
Vielleicht hatte zu der Zeit ja gerade jemand den Müll herausgeworfen?
"Kensi und Deeks haben das Mobiltelefon und bringen es zum OPS!" ließ G sie wissen.
"Es scheint genau so verbrannt wie das Auto, aber vielleicht lassen sich noch ein paar Daten retten! Wir fahren noch mal zu Erics Wohnung und holen seinen Computer!"
Malgorzatta nickte.
"G! Sollen wir vielleicht `mal die Nachbarn fragen?"
G warf ihr über das Autodach einen kurzen Blick zu.
"Meinst Du? In der Gegend hier tippe ich darauf, dass sie lieber unter sich bleiben!"
Malgorzatta nickte sofort.
"Ja. Lass` es uns trotzdem bitte versuchen, hm?"
"Okay."
G machte eine kleine auffordernde Kopfbewegung zu ihr und begleitete sie dann die kleine Veranda hinauf.
Er klopfte mit der Rechten gegen die Holztür, von der Farbe abblätterte, während er mit der Linken seinen Ausweis herausnahm.
"Ja ... Moment!"
Die Stimme im Inneren des Hauses klang krächzend, heiser, krank, unmöglich zu sagen, ob von einem Mann oder von einer Frau.
Dan wurde die Tür geöffnet und eine Frau unschätzbaren Alters, dürre, faltig, mit fettigen Haaren und fehlenden Zähnen, in einem schlabberigen, verschmutzten, viel zu großen Kittel erschien im Türrahmen.
"Hallo."
Sie hatte eine dünne Zigarette in der Hand und aus dem Haus schlug ihnen ein teils süßlicher, teils muffiger Geruch entgegen.
Malgorzatta sah, wie die trüben Augen der Frau zuerst einmal an G hoch- und herunterrutschten bevor sie an seinem Ausweis kleben blieben.
"Ups ... "
Ihre Hand mit der Zigarette rutschte sofort hinter ihren Rücken.
"Das würde ich an Ihrer Stelle auch sagen!"
G hielt ihr den Ausweis direkt in Augenhöhe.
"Agents Callen, NCIS, ... "
Er machte dabei eine kleine Kopfbewegung zu ihr herüber.
" ... Was können Sie uns zu dem ausgebrannten Autowrack auf dem Nachbargrundstück sagen?"
Die Frau starrte ihn an.
Malgorzatta musste sich auf die Unterlippe beißen.
Es hatte sich wunderbar angefühlt als G "Agents Callen" sagte und dabei zu ihr wies.
Sie fühlte sich richtiggehend geschmeichelt.
Der Frau schien die Namensgleichheit jedoch gar nicht aufzufallen. Sie war offensichtlich komplett zugedröhnt.
"Was?"
G wiederholte die Frage.
"Da steht ein ... was? Was für ein Autowrack?"
Die Frau sah G weiter an.
Sie schwankte ein wenig. Ihre grauen Pupillen waren riesengroß.
"Nichts für ungut, Ma`m! Bitte entschuldige Sie die Störung!"
G klappte seinen Ausweis zu und steckte ihn ein, wandte sich schon ab.
Malgorzatta sah die Augen der Frau zu sich wandern.
Sie grinste plötzlich spitzbübisch.
"Passen Sie gut auf ihn auf, Kindchen! Das ist ja ein Sahneschnittchen!"
Malgorzatta sah G, schon auf der Treppe, kurz zögern, nur für einen Moment, so als wolle er eingreifen, darauf reagieren.
Sie musste sich ein Lächeln mühsam verbeißen.
"Danke, Ma`m. Auf Wiedersehen!" meinte sie rasch, wandte sich ab und eilte die Treppe hinab, an Gs Seite.
Mittlerweile hatte er seinen Weg durch den kleinen verkommenen Vorgarten fortgesetzt, Richtung Auto.
Als sie seinen Blick suchte sah sie Amüsiertheit in seinen blauen Augen.
"Mein allererster Fall, mein allererster Außeneinsatz mit Dir und schon muss ich eifersüchtig werden?" raunte sie ihm zu.
G erwiderte nichts.
Er öffnete ihr die Beifahrertür des Mercedes.
"Das musst Du nicht! Glaub' mir!" versicherte er ihr jetzt.
Seine Stimme klang sehr ernst dabei und hatte nichts mehr von der Lockerheit, mit der diese Situation begonnen hatte.
Sie wollte sie wiederhaben.
Behutsam strich sie beim Einsteigen über Gs Bauch.
G schlug die Tür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg ein. Erst als ihre Blicke sich dann trafen verzog ein kleines Lächeln seine Lippen. Es wirkte ergeben.
"Ich hatte mir den Tag eigentlich ganz anders vorgestellt. Tut mir leid!"
Er ließ seine Hand leicht über ihr Bein streichen während er sie ansah.
Malgorzatta legte ihre Hand rasch darüber und schob ihre Finger fest zwischen seine.
Sie lächelte ihm zu.
"Ich auch. Aber wenn so ein Tag `mal wieder so gar nicht ist wie ich das gerne hätte, dann denke ich daran zurück wie Du angeschossen wurdest! Dass ich Dich da beinahe gar nicht mehr gehabt hätte. Und wie schrecklich die neun Monate in Washington ohne Dich waren! Und schon ... "
Sie lächelte betont mehr.
" ... ist alles wieder gut!"
Gs Lächeln wurde in bisschen deutlicher. Gerührt. Für einen langen Moment wirkte er nachdenklich.
Fest schloss er seine Finger um ihre.
"Natürlich. Du hast Recht!"
Er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie rasch. Sein Lächeln, als er sie dann ansah, war zärtlich.
"Es ist schön, dass Du bei mir bist, Mali! Ich habe noch nie zuvor vor so einem vollen Glas gesessen!"
Malgorzatta lächelte gerührt. Sie musste zwei Mal schwer schlucken.
"Danke, G!"
Sie streichelte über seine Wange.
"Ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der so schöne Komplimente macht!"
G lächelte ein bisschen verlegen.
Er nickte leicht.
Dann startete er den Wagen und lenkte ihn auf die Straße, brachte sie wieder zu dem Appartementhaus, in dem Eric wohnte.
G stieg aus.
Wie fast immer hatte er die Beifahrertür schon geöffnet bevor sie es selbst tun konnte. Malgorzatta mochte seine guten Manieren, derer er nicht müde wurde.
"Danke G!"
Wie immer versuchte sie, leicht über seine Hand, seinen Arm zu streicheln, damit er wusste, dass sie seine Aufmerksamkeit registriert hatte.
G schlug die Autotür zu.
Malgorzatta folgte ihm ins Haus.
G nickte dem Pförtner kurz zu während er durch die Lobby Richtung der Fahrstühle ging, dabei etwas langsamer wurde damit sie zu ihm aufschließen konnte.
Er drückte den Knopf im Paneel, der die Kabine zu ihnen hinunter beförderte.
Während sie warteten nahm er sein Mobiltelefon heraus und rief in der Zentrale an, fragte Nell, ob es schon etwas Neues gab.
"Noch Nichts!" meinte er dann zu ihr während sie im Fahrstuhl nach oben fuhren.
Gs Gesicht war ausdruckslos.
Malgorzatta hatte noch nie mit ihm zusammen gearbeitet.
Sie konnte ihn mittlerweile einschätzen in vielen privaten Situationen, früh morgens nach dem Wachwerden beispielsweise, wenn er meist zwar immer sofort voll da, aber die ersten Minuten immer ein wenig "kantig", neutral.
Wenn er müde war, dass er dann leicht gereizt reagierte, oder wie schnell er sich zurück zog wenn er sich verletzlich fühlte.
Als sie jetzt den Fahrstuhl verließen sah er sich nach allen Seiten kurz um
während er das kleine schmale Etui aus seiner Hosentasche zog.
Auch Malgorzatta sah sich zu beiden Nachbarwohnungen um während G mit den Picklocks rasch und geschickt Erics Wohnungstür öffnete.
Dann folgte sie ihm hinein.
Es war ihr merkwürdig, die Wohnung eines "Bekannten" zu betreten.
Erstens hatten sie nicht viele davon.
Zweitens war da dieser ernste Hintergrund.
Die anderen schienen Eric - bisher - außer auf der Arbeitsebene nicht allzu wahr genommen zu haben.
Er wirkte immer etwas nerdig, aber Malgorzatta mochte ihn.
Bisher war er immer sehr nett zu ihm gewesen, sie würde ihm nie vergessen, dass er sie nicht ernsthaft versucht hatte, sie aus dem OPS zu verbannen während sie entsetzt verfolgt hatte, wie G auf dem Computerbildschirm einen Autounfall hatte.
Außerdem hatte er computermäßig wirklich etwas auf dem Kasten.
Zudem war ihr Nells Sorge ein Anliegen.
Erics Wohung war klein, aber in dieser Lage, mitten in der Stadt, bestimmt nicht billig.
Man schien gut zu verdienen als Bundesagent.
Malgorzatta musste ein bisschen lächeln.
Sie kannte Gs Gehalt, hatte einmal einen Kontoauszug von ihm gesehen.
In erster Linie verblüfft darüber, dass G überhaupt so etwas Banales wie Kontoauszüge in Papierform besaß, hatte sie die vierstellige Summe der wöchentlichen Gehaltsabrechnung registriert. Es war verdient, auf jeden Fall! Sie riskierten jeden Tag ihr Leben!
Es gab ein kombiniertes Wohn-Schlafzimmer hier, eine abgeteilte Küchenecke, ein kleines Bad und einen schmalen Balkon mit Blick auf die typische Silhouette von Los Angeles.
Die Zimmer waren hoch, Sonnenlicht flutete herein, alles war hell und sauber.
"Komm!"
G hatte Erics Laptop auf dem Schreibtisch links an der Wand ausgestöpselt und klemmte sich den kleinen flachen Computer unter den Arm während er in ihre Richtung kam.
Malgorzatta war an der Tür stehen geblieben und hatte sich etwas umgesehen, wie immer auf der Suche nach Inspiration für ihr eigenes Heim, heute mehr als je zuvor.
"Ist Dir noch `was aufgefallen?" fragte G sie auf dem Weg aus der Wohnung hinaus. Er zog die Tür hinter ihnen zu.
Seine Frage klang mehr beiläufig, so als wolle er sich vergewissern, dass ihr nichts aufgefallen war was er übersehen hatte. Das konnte sie sich allerdings nicht vorstellen!
"Nein! Was meinst Du, G? `Was Bestimmtes?"
G drückte den Knopf, der die Fahrstuhlkabine zu ihnen hoch brachte.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu.
"Nein, nichts! Nur so!"
Malgorzatta schüttelte den Kopf.
"Nein."
G nickte.
Ein kleines Lächeln verzog seine Lippen als ihre Blicke sich trafen.
Es hatte nichts mit dem Fall zu tun.
Es war "privat".
Malgorzatta erwiderte es.
Zurück in der Zentrale brachten sie den Computer zu Nell hoch ins OPS. Sie versprach, dass sie sich sofort die Daten darauf ansehen wollte und schloss den Laptop an einen anderen Computer an, der sogleich begann, die Daten von der Festplatte zu ziehen.
"Komm, wir gehen einen Kaffee trinken!" hörte Malgorzatta Gs Stimme an ihrem Ohr.
Sie sah ihn an.
"Sehr gerne."
"Nell, wir sind unten! Sag` Bescheid, wenn Du etwas hast!" meinte G zu ihr.
Nell warf ihm einen Blick zu.
"Ja, mach` ich!" gab sie kurz zurück.
Malgorzatta fing ein kleines Lächeln von ihr auf und erwiderte es rasch.
Sie bewunderte einmal mehr, wie professionell Nell mit dieser Situation umging. Wäre G verschwunden, wäre sie vor Sorge um ihn bestimmt schon außer sich gewesen!
Während sie ins Erdgeschoss hinab gingen stellte Malgorzatta fest, dass sie hier in der Zentrale bereits einen regelrechten Zwang entwickelte hatte, zu Hettys Büro zu sehen. Sie verspürte eine innere Unruhe, wenn Gs Vorgesetzte dort nicht saß. Sie befürchtete, sie würde jeden Moment hinter ihr auftauchen oder sie von irgendwo her scharf beobachten.
Kensi und Deeks waren in der Zwischenzeit auch wieder hier eingetroffen und saßen an ihren Schreibtischen.
"Ich hab` Kaffee aufgesetzt!" verkündete Deeks ihnen mit einem strahlenden Lächeln, den Kopf in den Nacken gelegt, während sie an ihm vorbei gingen.
"Danke Marty!" meinte Malgorzatta und lächelte ihm zu.
Sie mochte ihn.
Gleichzeitig beobachtete sie aus dem Augenwinkel Kensis Blicke, die G folgten.
Augenblicklich verspürte sie Eifersucht.
Rasch schloss sie zu G auf und blieb dichter als sonst neben ihm stehen während er zu einer Tasse griff und Kaffee hinein goss, ihr das Gefäß reichte.
"Danke, G!"
Rasch streichelte sie verstohlen über seinen Arm.
G warf ihr einen kurzen Blick zu während er zu einer Tasse für sich griff.
Sein Gesicht zeigte mit keinen Ausdruck, dass es ihm nicht recht war, was sie getan hatte.
Sie stand so nah bei ihm, dass sie die Wärme seines Körpers an ihrem spüren konnte. Es war verführerisch. Sie hätte ihn gerne umarmt und geküsst.
"G, meinst Du ... ich könnte eben schnell in die Stadt? Ich wollte noch ein paar Sachen einkaufen heute!"
G sah sie an während er von seinem Kaffee trank.
Der Blick seiner schönen blauen Augen lag ruhig auf ihrem Gesicht.
"Nein, geh` nur! Sam wird sicher auch bald hier sein! Wenn ich Dich brauche, hole ich Dich in der Stadt ab, okay?"
Malgorzatta nickte.
Es war ihr etwas blöd, einen Auftrag zu verlassen um private Sachen zu erledigen.
Aber eigentlich hatte der Tag ganz anders verlaufen sollen.
"Brauchst Du noch `was?"
"Ich hab` fast keine Zahncreme mehr." gab G zurück.
Malgorzatta nickte.
"Bringe ich Dir mit!" versprach sie ihm.
"Ich komme dann hierher zurück wenn ich fertig bin, ja?"
G nickte.
"Vielleicht wissen wir bis dahin schon etwas mehr und können die Sache heute noch zum Abschluss bringen! Wenn wir Eric finden können wir heute ... zuhause übernachten!"
Malgorzatta musste sich Mühe geben, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen.
Das Wort "zuhause" war G ein wenig zögerlich über die Lippen gekommen, aber er bezeichnete sein neues Haus schon als solches.
Es musste wirklich viele gute Erinnerungen für ihn bergen, sie hatte das Wort nie zuvor aus seinem Mund gehört.
"Ja ... wäre schön. Sonst müssen wir es sicher nur bis morgen verschieben!"
G lächelte. Zärtlich.
"Okay." meinte er halblaut.
Malgorzatta nahm vorne an der Straße den Bus Richtung Innenstadt. Sie musste einmal umsteigen.
In der Innenstadt kaufte sie ein paar Drogerieartikel.
Ursprünglich hatte sie den Samstag dazu nutzen wollen, ein paar neue Hemden für G kaufen zu wollen. Er hatte sich im Laufe der Woche halbherzig dazu bereit erklärt. Ganz typisch Mann hasste er einkaufen.
Sie musste lachen bei dem Gedanken, dass er vielleicht lieber das Haus gekauft hatte um der Bekleidungssuche zu entgehen!
"Mrs. Vendulova?"
Es war ganz unvermittelt, dass ihr ein Mann in den Weg trat.
Er war groß, massig, weißhaarig und trug einen dunkelblauen Anzug mit einem hellgrünen Polohemd darunter.
Sie war noch mitten in der Mall.
Malgorzatta erkannte auf den ersten Blick seine beiden Leibwächter.
In dunklen Anzügen standen sie in gebührender Entfernung von ihm und beobachteten das Rundherum.
Der Mann wirkte auf den ersten Blick nicht so unglaublich dumm, als würde er ihr hier mitten zwischen den Passanten etwas antun.
"Nein, tut mir leid! Sie müssen mich verwechseln!"
Sie wollte an ihm vorbei.
Der Mann lächelte.
Es war unangenehm. Sie hatte das Gefühl, dass er nur zu gut wusste, wen er da vor sich hatte!
"Ich bitte Sie! Mrs. Vendulova! Warten Sie bitte einen Moment!"
Er machte eine kleine Handbewegung während er sich ihr einen Schritt in den Weg stellte.
"Ich möchte kurz mit Ihnen sprechen! Es geht um Mister Callen!"
Malgorzatta wusste, dass sie eigentlich weitergehen sollte.
Der Mann würde ihre Identität letztendlich anzweifeln wenn sie konsequent nicht auf ihn reagierte. Doch das konnte sie nicht, wenn es um G ging!
"Bitte?"
Sie sah ihn an.
Schätzte ihn auf Anfang Sechzig. Der Stoff seines Anzuges wirkte teuer, ebenso das Leder seiner dunklen, sauberen Schuhe. Auf Anhieb schien er gepflegt und gebildet. Er war ihr augenblicklich unsympathisch.
"Mein Name ist Arkady Kolcheck." stellte er sich ihr jetzt vor.
Malgorzatta war froh, dass er ihr die Hand nicht reichte. Sie hätte sie nicht gerne genommen.
"Ich habe früher einmal ... mit Mister Callen, mit G, zusammen gearbeitet. In den letzte Tage sind mir vermehrt Gerüchte zu Ohren gekommen ... nun, dass Mister Callen sich in Gefahr befindet!"
Er sprach mit einem harten russischen Akzent.
Malgorzatta unterdrückte mühsam den sofortigen Impuls, zu ihrem Mobiltelefon zu greifen und G anzurufen.
"Wieso meinen Sie dass?"
Kolcheck nickte.
"Sehen Sie ... Mrs. Vendulova ... ich wohne hier in Los Angeles und habe Kontakt zu vielen meiner Landsleute. Und ... "
Er wiegte langsam den Kopf hin und her.
" ... da hör man so einiges!"
"Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich die Mühe machen!" Malgorzatta wollte noch immer so schnell wie möglich mit G telefonieren. Aber sie wusste auch, wie wichtig jetzt Informationen waren.
"Woher kennen Sie G?"
"Wir haben früher `mal, in Russland, zusammen gearbeitet." gab Kolcheck zurück.
"Ich habe versucht, ihn damals zu warnen, als auf ihn geschossen wurde, doch es ist mir nicht gelungen! Das soll nicht noch `mal passieren!"
Es klang aufrichtig.
"Von was genau sprechen Sie jetzt, Mister Kolcheck?"
Er zuckte die Schultern.
"Ich weiß es noch nicht! Ich habe nur den Namen `Callen` aufgeschnappt und natürlich sofort an G gedacht! Sagen Sie ihm, er soll auf sich aufpassen! Ich melde mich wieder, sobald ich mehr weiß!"
Er deutete ein kleines Nicken an und wollte sich zum Gehen wenden.
"Warten Sie!" bat Malgorzatta rasch.
Kolcheck sah sie fragend an.
"Woher wissen Sie, wer ich bin?"
Kolcheck zuckte lässig die rechte Schulter.
"Ich habe Sie `mal zusammen mit G gesehen!"
Es war offensichtlich für sie, dass er log!
Sie sah ihn weiter an.
"Gut! Ich habe Sie öfter zusammen mit G gesehen! Und ich habe `mal mit Ihrem Mann zu tun gehabt, Mrs. Vendulova!"
"Ex-Mann!" verbesserte Malgorzatta jetzt bestimmt.
"Wollten Sie G auch noch warnen oder ergab sich jetzt zufällig die Gelegenheit?"
Sie sah ihn scharf an.
"Ich habe heute Morgen versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen!" gab Kolcheck zurück. Sie glaubte ihm das. Er wirkte jetzt wieder sehr ehrlich.
"Er steht nicht auf meiner Telefonliste, deswegen ... muss ich ihn über Umwege kontaktieren! Aber ich habe es auch gestern Abend erst erfahren!"
Malgorzatta mochte ihn noch immer nicht.
Aber seine Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Loyalität beeindruckten sie.
"Ja, gut! Danke, Mister Kolcheck!"
Er lächelte. Zeigte makellose Zähne, die alle die gleiche Länge hatten und eine irritierende gerade Linie bildeten.
Jetzt reichte er ihr die Hand.
"Nennen Sie mich Arkady!"
Malgorzatta nahm seine Hand und erwiderte seinen Händeruck.
"Danke."
Arkady nickte ihr zu.
"Ich melde mich wieder sobald ich mehr weiß! Passen Sie auf G auf! Ich weiß, dass Sie`s können, Mrs. Vendulova!"
Im ersten Moment klang es zweideutig, wie er es sagte.
Doch Malgorzatta verstand nur zu genau, was er meinte.
"Ja, natürlich. Danke!"
"Auf Wiedersehen, Mrs. Vendulova!" meinte Kolcheck.
"Auf Wiedersehen!" erwiderte Malgorzatta.
Während sie nach ihrem Mobiltelefon tastete beobachtete sie, wie einer der Männer Kolcheck voran ging und ihm die Tür hinaus aus der Mall öffnete. Der andere folgte ihnen.
Hastig strich sie das Display frei, bestätigte Gs Nummer.
Es klingelte.
Drei, vier, fünf Mal.
G ging nicht `ran!
Malgorzatta hastete aus dem Gebäude.
Sie nahm ein Taxi.
Ließ sich am Hauptquartier absetzen.
Zum Glück verfügte sie über den Zugangscode zum Grundstück.
Während sie zum Gebäude hastete sah sie Gs Wagen im Carpool stehen. Sie eilte zum Haus.
Noch im Flur suchte sie mit den Augen die Schreibtische links. Dort saß niemand.
Ebenso war Hetty nicht in ihrem Büro.
Also lief sie gleich die Treppe hoch, wandte sich dem OPS zu und versuchte, sich nicht vorzustellen, was passierte, wenn sie gleich mitten in ein Briefing platzte.
Die Türen glitten beiseite.
G, Hetty, Nell, Deeks, Kensi und Nate standen in dem halbdunklen Computer-Raum. Alle wandte ihren Blick in ihre Richtung.
Malgorzatta atmete tief aus.
Erleichtert, G unversehrt zu sehen!
"Entschuldigung!"
"Mali! Leisten Sie uns doch Gesellschaft!" meinte Hetty zuvorkommend und lächelte ihr einladend zu.
"Danke."
Malgorzatta machte zögerlich die wenigen Schritte in den halbdunklen Raum.
Sie wandte ihren Blick nicht von G.
"Mali, alles in Ordnung?" fragte er sie rasch.
"Nein G!"
Er stieß sich leicht von dem Tisch ab, an dem er lehnte.
In diesem Moment verlöschten alle Lichter im Raum.
Auch die Bildschirme wurden dunkel.
Sekundenlang.
Dann flackerte ein Bild über den rechten Computerbildschirm am Pult.
Erics Wuschelkopf war im Halbdunkel zu erkennen. Er trug keine Brille, sein Gesichtsausdruck war hastig und getrieben. Ein dunkler Schatten lag verschmiert auf seiner linken Wange, der auch getrocknetes Blut sein konnte.
"Nell ... Nell ... hörst Du mich? Du musst Callen warnen! ... Au ... !"
Er wurde aus dem Bild gerissen. Ein unterdrückter Schrei war zu hören.
Dann wurde der Bildschirm wieder dunkel.
Nur einen Herzschlag später gingen die Lampen wieder an und die Computer fuhren hoch.
"Nell, was war das?" fragte G scharf.
Nell war an die Tastatur gestürzt, des Computers, auf dessen Bildschirm Eric so kurz zu sehen gewesen war.
Ihre Finger fegten über die Tasten.
"Einen Moment, Callen ... " meinte sie abgelenkt.
Malgorzatta fing Gs Blick auf.
G machte ein paar weitere Schritte in ihre Richtung.
Sekundenlang konnte sie richtig spüren, wie er hin- und hergerissen war zwischen der Pflicht seiner Arbeit und der Besorgnis um sie.
Rasch schenkte sie ihm ein Lächeln.
Gs Gesichtsausdruck blieb ernst.
"Nell?"
"Das war ein offener Videoport." gab Nell zurück.
"Eric hat mir `mal erzählt, dass er einen eingerichtet hat. Er muss ihn genutzt haben um uns diese Botschaft zukommen zu lassen!"
"Kannst Du lokalisieren, wo es herkam?" fragte Marty gespannt.
"Ich versuche es gerade!" gab Nell zurück. Ihre Finger eilten noch immer über die Tastatur.
Auf dem großen Bildschirm links an der Wand erschien eine Weltkarte.
Innerhalb von Sekunden spannten sich rote Bögen von Los Angeles an der Westküste nach New York an der Ostküste, und von dort nach Europa. Von dort zeichneten sich Bögen nach Afrika, weiter nach Asien, Australien und dann wieder zurück nach L. A.
"Er spooft seine Adresse gerade ganz gewaltig." meinte Nell. Es klang fast wie mehr zu sich selbst. Und enttäuscht.
"Gib` mir Bescheid wenn Du sie hast!" meinte G streng.
"Mali, kommst Du bitte mit!"
Er machte eine rasche Kopfbewegung Richtung der Tür während er voran ging.
Seine Stimme hatte nicht viel von dem Befehlston, der er Nell gegenüber gebraucht hatte, verloren.
Malgorzatta folgte ihm.
Die ersten Yards auf dem Flur ging G voran ohne sich zu ihr umzudrehen. Sein Gang war entschlossen.
Erst nach einem langen Moment drehte er sich zu ihr um und verlangsamte seinen Schritt.
Er suchte ihren Blick.
Sie waren noch immer hier oben im ersten Stock und G streckte seine Hand zu ihr aus und zog sie sanft mit in eine ruhige Ecke des Flures hier oben.
"Was ist?"
Malgorzatta musste für einen Moment überlegen wie sie am Besten begann.
G legte seine Hand an ihren Arm und sah sie ungeduldig an.
"Ein Mann namens Arkady Kolcheck hat mich vorhin angesprochen und mir erzählt, dass Du in Gefahr bist!"
G sah sie an.
Seine Lippen bewegten sich einen Herzschlag lang stumm.
Er wirkte sekundenlang wie vom Donner gerührt.
"Komm!" meinte er dann bloß, packte sie am Arm und zog sie mit sich.
"G!" entfuhr es Malgorzatta überrascht.
Ihr blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen.
Über den Flur, die Treppen hinab, er riss seine Jacke von der Lehne seines Schreibtischstuhles und zog sie dann mit aus dem Gebäude.
"Wo willst Du hin, G?" fragte sie ihn, erst auf dem Parkplatz, als er ihr die Beifahrertür des Wagens öffnete.
Dabei kannte sie die Antwort bereits im Voraus.
"Zu Arkady."
G schlug die Beifahrertür hinter ihr zu, ging um den Wagen herum und stieg ein.
Er knallte die Fahrertür hinter sich zu.
Aus irgendeinem Grund schien er sauer.
Es dauerte einen langen Moment, bis sie vom Grundstück auf der Straße waren, bis Malgorzatta sich traute, ihre Hand auf Gs Oberschenkel zu legen.
"Warum fahren wir da jetzt hin?"
G warf ihr einen kurzen Blick zu.
"Ich will wissen, was er weiß! Was das soll!"
"Warum, G?"
G sah sie wieder an, diesmal etwas länger.
Sein Telefon klingelte.
G lenkte den Wagen an den Straßenrand.
Er nahm sein Mobiltelefon aus seiner Hosentasche und meldete sich.
"Sam? Ja. Ich bin auf dem Weg nach Arkady! Mali ist bei mir!"
Er lauschte einen Moment auf Sams Erwiderung.
"Arkady hat Informationen. Ich weiß nicht, ob sie mit dem Fall zu tun haben!"
Er hörte ihm wieder zu.
"Okay, melde Dich!" meinte er dann.
G unterbrach das Gespräch, schob das Telefon wieder in die Tasche seiner Jeans und lenkte den Wagen auf die Straße zurück.
"Sams Rückkehr verzögert sich." meinte er dabei.
"Der Schulbus hat einen Platten. Sie hängen irgendwo in ... ich glaube, Santa Clarita!"
Malgorzatta nickte verstehend.
"Woher kennst Du Arkady?" fragte sie ihn nach einer Weile sanft.
"Wir hatten mal ... einen Auftrag zusammen, in Russland." antwortete G ihr nach einem Moment bereitwillig.
"Arkady war beim KGB. Er sollte uns unterstützen. Leider ging die ganze Sache schief. Bevor ich angeschossen wurde, in Venice, hat er versucht, mich zu warnen. Ich vertraue ihm!"
Malgorzatta nickte erneut.
Wenn G ihm vertraute konnte sie es auch!
"Du solltest damals gewarnt werden?" horchte sie nach.
Sie sah G an.
"Arkady hat es versucht." erwiderte G.
"Es ist ... nicht gut gelaufen, wie Du weißt! Er ... hat eine Frau geschickt ... ist `ne lange Geschichte!"
Sein rechter Zeigefinger am Lenkrad machte eine kurze flüchtige Bewegung, die unterstrich, dass er nicht darüber reden wollte.
"Ja." stimmte Malgorzatta ihm verstehend zu.
"Er wohnt hier in Los Angeles, nicht wahr?"
G nickte.
"Ja. Wohl schon eine ganze Weile. Manchmal ... hat er ganz nützliche Tipps für mich!"
"Er wusste erschreckend gut, wer ich bin!" fuhr Malgorzatta jetzt fort.
"Er hat mich mit `Vendulova` angeredet! Ich war im ersten Moment richtig irritiert!"
G warf ihr einen kurzen Blick zu.
Sein kleines Lächeln war zärtlich.
"Arkadys dritte Frau war `mal `Miss Ukraine`!"
Malgorzatta streichelte mit der Hand sanft über seinen Oberschenkel.
Wenn G über solche Sachen Bescheid wusste, schien er ihn doch besser zu kennen als er zugeben wollte.
Kolcheck wohnte in Manhatten Beach.
Malgorzatta staunte schon ein wenig als G den Wagen auf den weiten Vorplatz eines luxuriösen Anwesens lenkte.
Das Haus war groß, hell, imposant, mit Säulen und Erkern. Es zeigte das Geld schon buchstäblich, das sein Eigentümer besaß, genau wie der Hof mit dem weißen Marmorspringbrunnen in der Mitte und den getrimmten Hecken, Bäumen und Büschen.
Ein heller Bentley parkte hier sowie ein Maybach.
G nahm ihre Hand und zog sie sanft mit zur Haustür nachdem sie ausgestiegen waren.
Er klingelte.
Sah sie an.
Sein Gesichtsausdruck war sehr ruhig.
Malgorzatta überlegte für einen Moment ob G hier, an diesem fremden Ort, wohl Gefahr drohte.
Doch wenn Kolcheck sie gewarnt hatte, schien er auch vertrauenswürdig.
G schien es ebenfalls so zu sehen.
Ein junger Mann öffnete die Tür und sah sie fragend an.
"Bitte?"
"Zu Mister Kolcheck!" meinte G zu ihm.
"Sagen Sie ihm, Callen ist hier!"
"Bitte, kommen Sie herein, Sir!" meinte der Mann und gab die Tür frei.
"Ma`m!"
Er deutete eine kleine Verbeugung an.
"Bitte, warten Sie hier in der Halle! Ich gebe Mister Kolcheck Bescheid!"
"Danke." meinte Malgorzatta zu ihm.
Der Mann durchquerte die edle Eingangshalle, die blitzsauber war, mit zwei Treppenaufgängen in das obere Stockwerk, und einem riesengroßen Kristalllüster.
Es spiegelte ein großes Vermögen wieder, das Kolcheck offensichtlich besaß.
Malgorzatta sah zu G.
Er wirkte noch immer sehr ruhig, unbesorgt. Hier in der hellen Halle leuchteten seine blauen Augen um so mehr, auch weil er ein dunkelblaues Shirt trug.
Sie hätte wirklich sonst etwas dafür gegeben, jetzt nicht mit ihm an diesem Fall arbeiten zu müssen sondern sein Haus einrichten zu können.
"G Callen!" kam es jetzt von der rechten Seite.
Um den Treppenaufgang herum kam Arkady Kolcheck.
Er trug jetzt einen hellgrauen Anzug mit einem limonengrünen Polo-Shirt. Es wirkte etwas gewöhnungsbedürftig auf Malgorzatta.
"Und Mrs. Vendulova!"
Er breitete seine Arme einladend aus.
"Was verschafft mir die Ehre?"
Er grinste breit in Gs Richtung.
"Gehen wir doch ... ins Wohnzimmer!
"Wir bleiben nicht lange!" lehnte G gleich ab.
"Was gibt es, was ich auch wissen sollte?"
Arkady zuckte die Schultern.
Seine Arme waren noch immer ausgebreitet. Er grinste nach wie vor.
"Ich habe Deiner reizenden Freundin heute nur meine Besorgnis mitgeteilt, G! Es gibt Gerüchte, dass es jemand auf Dich abgesehen hat!"
"Wieder `mal, ja?" fragte G und sah ihn an.
Es hörte sich an, als nähme er es nicht ernst. Als höre er so etwas jeden zweiten Tag.
Malgorzatta sah Arkadys dunkle Augen kurz zu sich rutschen bevor er G wieder ansah.
"Ja, G, wieder `mal!"
Sein Akzent war hart.
"Aber dieses Mal brauchte ich niemanden zu schicken. Dieses Mal konnte ich meine Nachricht direkt übermitteln. Es war ein glücklicher Zufall, dass ich Mrs. Vendulova heute in der Stadt gesehen habe!"
"Du hast sie erschreckt!" gab G rau zurück.
Er machte zwei Schritte zur Seite, stellte sich wie beschützend halb vor sie.
"Du weißt, wie Du mich kontaktieren kannst!"
"G, ich wollte, dass diese Nachricht Dich so schnell wie möglich erreicht!" gab Kolcheck zurück. Er klang unbekümmert. Sogar ein wenig charmant.
Malgorzatta spürte einmal mehr, dass sie noch immer nicht wusste ob sie ihm trauen sollte oder nicht.
Jetzt machte er ein paar Schritte beiseite und suchte ihren Blick.
"Es tut mir leid, Mrs. Vendulova! Ich wollte Ihnen kein Unbehagen bereiten! Aber ich fand die Gelegenheit günstig statt den Umweg über ein Behördentelefon zu nehmen!"
Seine Augen rutschten kurz zu G.
Er zuckte die Schultern, sah sie dann wieder an.
"Ich dachte, Gs Wohlergehen liegt Ihnen genau so am Herzen wie mir!"
Malgorzatta legte ihre ausgestreckte Hand flach auf Gs Rücken während sie Arkadys Blick ruhig erwiderte.
"Das tut es auf jeden Fall! Danke!"
An ihren Fingern spürte sie die Wärme von Gs Haut durch den dünnen Stoff seines Shirts.
Kolcheck lächelte.
Malgorzatta fand es überraschend ehrlich.
"Also, was gibt es jetzt?" fragte G ungeduldig und sah Kolcheck an.
"Woher kommt diese Geschichte?"
"Ich weiß es noch nicht!" gab Kolcheck zurück.
"Ich habe es gestern Abend erst gehört! Meine Leute hören sich noch weiter um, G!"
"Okay." meinte G bloß.
"Dann weißt Du ja, wie Du mich erreichen kannst sobald Du mehr gehört hast!"
Er wandte sich um, nahm ihre Hand und zog sie mit Richtung der Haustür.
"Danke!" meinte Malgorzatta rasch über ihre Schulter hinweg zu Kolcheck.
Sie wusste selber nicht, warum.
Es erschien ihr richtig!
G zog die Tür hinter ihnen zu nachdem sie das Haus verlassen hatten. Er schien noch immer verstimmt.
Insgeheim erwartete Malgorzatta Vorhaltungen von ihm, weil sie so nett zu Kolcheck gewesen war.
Doch Gs Telefon klingelte.
Er fischte es aus seiner Hosentasche.
Strich das Display frei und nahm den Anruf entgegen.
Malgorzatta beobachtete ihn, wie er mit dem kleinen Telefon am Ohr lässig mit beiden Ellbogen an dem niedrigen Dach des Mercedes lehnte.
Er wirkte unheimlich cool.
Nicht mal besonders angespannt oder besorgt um sich.
Vorsichtshalber sah sie sich nach allen Seiten um während sie G mit Nell sprechen hörte.
Es schien etwas Neues zu geben.
"Ja Nell, wir kommen zurück!"
Er nahm das Telefon vom Ohr, unterbrach das Gespräch und suchte ihren Blick während er die Fahrertür öffnete.
"Nell hat eine Adresse für uns. Komm, wir fahren in die Zentrale zurück!"
Malgorzatta stieg auf der Beifahrerseite ein. Zog die Tür hinter sich zu und schnallte sich an.
Sie sah zu G, der den Motor startete.
Als er ihren Blick spürte wandte er den Kopf und sah sie an.
"Alles in Ordnung, cormoara meu?"
"Bei mir ja, G!" gab sie betont ernst zurück, wich seinem Blick nicht aus.
G nickte.
Er schnallte sich an, startete den Wagen und lenkte ihn auf die Straße.
Malgorzatta kniff für einen Moment die Lippen fest zusammen. Es würde keinen Sinn haben, zu insistieren. Die Situation war zu emotional.
G würde so schnell nichts von sich preisgeben bis die Situation sich wieder beruhigt hatte, geklärt war. Also legte sie bloß ihre Linke wieder auf seinen Oberschenkel und streichelte sanft darüber.
Gs Telefon klingelte.
G lenkte den Wagen wieder rechts an den Straßenrand, nahm das Telefon aus der Tasche und meldete sich.
"Ja? Sam?"
Malgorzatta beobachtete, wie sein Gesicht ernst blieb.
"Nein, mach` Dir keine Gedanken! Ist schon gut, Sam!"
Er sah sie kurz an nachdem er das Gespräch beendet hatte, das Mobiltelefon wieder zurück in die Tasche seiner Jeans schob.
"Sam steckt fest! Der Bus muss abgeschleppt werden. Das kann etwas dauern! Er kommt später!"
Er seufzte leise.
"Hoffentlich schafft er es rechtzeitig wenn Nells Adresse sich als vielversprechend herausstellt!"
"Wird schon!" meinte Malgorzatta optimistisch.
"Fahren wir doch erst einmal zur Zentrale zurück und hören, was Nell für uns hat!"
G nickte.
Er beugte sich zu ihr herüber und drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen.
"Das machst Du aber nicht mit Sam im Einsatz, oder?" fragte sie ihn.
Das Lächeln, das Gs Lippen daraufhin verzog, war sehr klein, sehr kurz.
Trotzdem schaffte er es - wie so oft - noch einen drauf zu setzen.
"Nein. Hetty hat`s verboten!"
Malgorzatta musste lachen.
"Bin ich froh drüber! Sonst müsste ich eifersüchtig werden!"
Jetzt lachte auch G und drückte ihr einen zweiten, zärtlichen Kuss auf die Lippen.
In der Zentrale angekommen gingen sie direkt hinauf ins OPS.
Kensi und Deeks waren hier, Hetty und Nell.
"Sam kommt später!" ließ G sie wissen.
Es klang förmlich, unbeteiligt.
"Der Bus, mit dem sie unterwegs sind, hat eine Panne! Was gibt`s, Nell?"
"Ich habe die gesamten E-Mails auf Erics ... hm ... Mister Beales Laptop zurück verfolgt!" antwortete ihm Nell sofort. Sie klang noch immer äußerst konzentriert, fokussiert.
Malgorzatta konnte sie dafür nur bewundern.
Sie spürte, wie ihre eigenen Gedanken immer mehr abschweiften zu dem, was Arkady, was Eric gesagt hatten. Zu der Gefahr von G!
"Eric hatte seit zwei Tagen Kontakt zu einem Sammler von Comic-Morabilia!" erzählte Nell jetzt. Sie ließ eine ganze Reihe von E-Mail-Nachrichten auf der großen Video-Leinwand erscheinen.
"Es scheint, als habe ein Treffen stattgefunden, am gestrigen Abend. Es ist eine Adresse im Valley übermittelt worden, in der Tarmora Street. Dort befindet sich ein Fabrikgebäude. Eine letzte Mail lässt darauf schließen, dass er dem Treffen zugestimmt hat. Mister Beale ... hat die Adresse auch gegoogelt. Sie stimmt mit den Daten ungefähr überein, die das GPS in seinem Auto noch angezeigt hat. Dort waren allerdings nur noch Bruchstücke zu lesen."
"Was wissen wir über das Fabrikgebäude?" fragte G weiter.
"Dort war früher eine Farbenfabrik." ließ Nell sie weiter wissen.
"Sie hat vor zwei Jahren dicht gemacht. Eigentlich sollte sie verlassen sein, doch wir haben eine schwache Wärmesignatur aus dem Gebäude, wahrscheinlich mehrere Personen. Ich warte noch auf die Daten der Stadtwerke um Gas, Strom und Wasser zu checken!"
"Dann sehen wir uns das mal direkt an!" meinte G.
"Nell, schick` uns die genaue Adresse auf unsere Telefone, zusammen mit einem Grundriss! Kensi, Deeks, wir treffen uns dort! Mali, Du kommst mit mir!"
"Natürlich." gab Malgorzatta sofort zurück und folgte ihm.
Deeks und Kensi waren gleich hinter ihnen.
Sie machten sich auf den Weg zu der angegebenen Adresse.
Malgorzatta mochte es, mit G durch die Gegend zu fahren. Ihre neue Heimat kennen zu lernen. Selbst so wie jetzt, wenn ihre Gedanken abgelenkt waren, sah sie immer noch ein bisschen von der Gegend, lernte sie kennen.
Sie versuchte dabei, die Situation abzuschätzen.
Sie würde harmlos sein, falls die Fabrik wirklich verlassen war und das Ganze nur ein dummer Zufall.
Es konnte böse werden falls man Eric dort wirklich in eine Falle gelockt hatte. Falls er mit seinen Entführern noch dort war. Und falls sie wirklich hinter G her waren und Eric nur als Köder benutzten.
"Was werden wir tun wenn sie mit Eric da drin sind?" erkundigte sie sich und sah G an.
"Wir holen ihn da `raus!" gab G so selbstverständlich wie möglich zurück.
"Einfach so?"
"Die Überraschung ist auf unserer Seite!" erwiderte G.
"So lange sie nicht wissen, dass wir da sind, stehen unsere Chancen gut, Eric da unverletzt herauszubekommen! Das müssen wir ausnutzen! Ich hoffe, Nell hat die Informationen von den Stadtwerken rechtzeitig für uns bevor wir da `reingehen und niemand ist da!"
Malgorzatta sah ihn an. Streichelte mit der Hand über seinen Oberschenkel.
"Und was ist mit Dir, G?"
Es war `raus bevor sie es verhindern konnte.
G warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann wieder auf die Straße.
"Je schneller wir die Leute festgenommen haben um so eher wissen wir, was das Ganze soll!"
Malgorzatta nickte stumm.
Sie spürte Gs Sturheit in diesem Moment.
Sie brauchte nichts weiter dazu zu sagen. G würde eh nicht darauf eingehen!
Sie stellten den Wagen in einer Seitenstraße ab.
Deeks und Kensi kamen nur Sekunden nach ihnen an und stiegen ebenfalls aus.
Malgorzatta gewöhnte sich langsam an, Kensi zu beobachten.
Versuchte zu erkennen, ob ihre dunklen Augen zu lange auf G ruhten. Aus dem Augenwinkel erkannte sie dabei, wie Deeks Blick an Kensi hing.
G hatte sein Mobiltelefon in der Hand und war vielleicht der Einzige, der hier zu einhundert Prozent auf den Fall konzentriert war!
"Es sind definitiv Leute da drin!" meinte er, mit einer raschen Kopfbewegung hinüber zu dem langgezogenen, einstöckigen Gebäude.
"Offenbar sind vier Personen im Erdgeschoß. Es gibt drei Eingänge, einer vorne, einen hinten und einen rechts an der Seite. Deeks, Du nimmst den Seiteneingang, Kensi und Mali, ihr nehmt den Hintereingang! Ich gehe vorne `rein!"
"Aber Callen, Eric hat gesagt, diese Leute ...!"
"Kensi, der Hintereingang!" fuhr G ihr schroff ins Wort.
Malgorzatta wunderte sich für einen Moment.
So kannte sie G nicht!
"Mali, Du nimmst meine Schutzweste!" ordnete er weiter an, ging zum Kofferraum des Wagens und öffnete ihn.
Malgorzatta traute sich nicht, ihm zu widersprechen.
G reichte ihr eine dunkelblaue Schutzweste, auf der in großen weißen Buchstaben `NCIS` stand. Sie war ihr viel zu groß, obwohl G die Klettverschlüsse ganz am Ende schloss.
Er zog Sams Weste über. Sie war ihm ebenfalls zu groß. War aber besser als gar nichts, wichtige Organe im Oberkörper schienen geschützt.
Auch Deeks und Kensi hatten ihre Schutzwesten übergezogen. Hatten großkalibrige Waffen aus dem Kofferraum genommen.
G klappte das Handschuhfach auf und nahm eine Sigg heraus, zwei Magazine. Er lud sie, reichte sie ihr.
"Zieht ein bisschen nach links! Vielleicht brauchst Du sie nicht!"
"Danke!"
Malgorzatta sah ihn an.
Es klang mehr wie ein frommer Wunsch vom ihm.
G klappte das Handschuhfach zu, ging zum Kofferraum und nahm ebenfalls ein Maschinengewehr heraus.
Malgorzatta suchte seinen Blick.
G schüttelte kaum merklich den Kopf in ihre Richtung.
Er schlug den Kofferraumdeckel zu und warf dann einen Blick auf sein Mobiltelefon.
"Der Grundriss der Firma ist mit den Lokalisationen der Personen auf euren Telefonen." meinte er dann zu Marty und Kensi.
"Mali, bleib` hinter Kensi und greif` nur im Notfall ein!"
"Ja, natürlich." stimmte Malgorzatta ihm widerwillig zu.
"Hast Du so etwas schon `mal gemacht?" fragte Kensi während sie sich in Deckung dem Hintereingang der Fabrik näherten.
"Callen würde Dir sicher keine blutige Anfängerin zur Seite stellen!" gab Malgorzatta zurück.
Es gab heftiger heraus als sie beabsichtigt hatte.
"Bin ich von ausgegangen!" gab Kensi, nicht weniger heftig, zurück.
"Aber ich werde mich ja wenigstens noch vergewissern ... "
Sie brach ab.
Lauschte offenbar.
Sie waren an der Tür.
"Ich geh` zuerst!" meinte sie dann.
Malgorzatta nickte.
Es war sinnig. Sie hatte die bessere Waffe.
Kensi ging in Position. Nickte ihr zu.
Malgorzatta legte die Hand an die Türklinke. Drückte sie sanft herunter und zog behutsam.
Die Tür ging auf.
Kensi huschte hinein.
Malgorzatta folgte ihr. Mit der fremden Waffe im Anschlag.
Sie traten in einen halbdunklen, schmalen Flur mit verfallenen Wänden.
Es roch feucht. Irgendwo tropfte es. Wasserlachen waren auf dem unebenen Boden.
Kensi wandte sich dem ersten Raum rechts zu.
"Gesichert!" meinte sie leise, wandte sich dem Zweiten zu.
"Gesichert! ... Malin!"
Sie machte eine kurze, rasche Kopfbewegung zu ihrer linken Seite.
Malgorzatta warf noch einen prüfenden Blick nach hinten in den langen Flur.
Er war leer.
Weiter vorne im Gebäude waren Schüsse zu hören.
Malgorzatta huschte an Kensis linke Seite.
Kensi nickte ihr kurz zu. Dann machte sie drei rasche Schritte in den Raum.
Malgorzatta blieb an dem türlosen Durchgang stehen.
Der Raum war merkwürdig halbrund, dunkel.
Ein Sofa stand halb links und ein Mann in einem karierten Hemd, mit halblanger Hose und nackten Füßen kauerte dort.
Seine beiden Hände waren mit einem dicken Seil an die hölzerne Armlehne links gebunden.
Ein dunkler Sack war über seinen Kopf gestülpt.
"Eric?"
Kensi lief zur Couch, riss das schwarze Tuch vom Kopf des Mannes.
Er erschrak sichtbar.
Sein Lockenkopf kam zum Vorschein. Ein breiter Klebestreifen verschloss seinen Mund. Er stöhnte auf, als er sie sah, erkannte, seine Augen wurden groß. Er begann, mit den Händen zu rudern.
"Alles gut, Eric, alles in Ordnung!"
Kensi riss das Klebeband von seinem Mund.
"Alles okay? Callen, wir haben ... "
"Malin, was tun Sie hier? Das ist doch ... "
Erics Gesicht verriet blankes Entsetzen. Seine Stimme klang fast panisch.
Malgorzatta fühlte sich irritiert. Ein unbehagliches Gefühl traf sie direkt im Magen.
Doch bevor es sich ausbreiten konnte spürte sie plötzlich die Anwesenheit einer Person hinter sich. Einer fremden Person.
Noch bevor sie herumfahren konnte legte sich ein Arm quer über ihren Oberkörper und zog sie nach hinten.
Ein feuchter Lappen, mit einer stechend riechenden Flüssigkeit wurde auf ihre Nase, ihren Mund gepresst.
"Callen ... wir haben Schwierigkeiten!" rief Kensi.
"Lassen Sie sie sofort los!"
Der scharfe Geruch drang in ihre Nasennebenhöhlen und betäubte ihr Gehirn
Malgorzatta konnte nichts dagegen tun, dass sie weggezogen wurde, sie spürte, dass ihr ihre Beine nicht gehorchten und sie auch keine Kontrolle mehr über ihre Arme, ihre Hände hatte.
Sie glaubte Schüsse zu hören. Es war leise, sehr weit weg, ihr wurde schwindelig. Der Griff um ihren Oberkörper, auf ihrem Gesicht war unerbittlich. Sie sah keine Möglichkeit, ihn zu unterbrechen, schon gleich gar nicht weil bunte Punkte vor ihren Augen erschienen.
Das Letzte, was sie wahrnahm, war der leise Klang ihres Engelsrufers, den G ihr geschenkt hatte.
Kopfschmerzen brachten sie ins Dunkle zurück.
Es war stickig.
Ihr war heiß. Und übel.
Malgorzatta spürte, dass ihre Hände zusammengebunden waren. Ein dünnes Tuch lag über ihrem Gesicht. Ihr Mund war verklebt.
Rechts und links neben ihrem Körper war nicht viel Spielraum.
Als sie mit den Fingern danach tastete fühlte es sich wie Holzwände an. Auch nach oben fühlte sie Holz.
Sie schien in einer Kiste zu liegen.
Malgorzatta versuchte, ruhig zu atmen. Sich zu entspannen. Und vor allen Dingen, sich daran zu erinnern, was passiert war.
Das Atmen fiel ihr schwer. Sie trug noch immer die schusshemmende Weste, die jetzt im Liegen unangenehm schwer auf ihre Brust drückte. Gs Weste.
Es bereitete ihr keine Mühe, ihre Hände zum Kopf zu heben und den Stoffbeutel herunter zu zerren. Es war dunkel.
Beherzt riss sie den breiten Klebestreife von ihrem Mund. Sie stöhnte auf, weil es weh tat, und es machte sie bloß noch wütender auf denjenigen, der ihr das angetan hatte.
Sie hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass G ihr aus dieser misslichen Situation heraushelfen würde. Er würde sie bestimmt schon suchen!
Aber sie wollte ihm entgegen kommen!
Sie hatte keine Angst. Sie fühlte sich bestenfalls etwas beunruhigt. Und sie fühlte sich schlecht!
Man hatte sie überwältigt in dem Fabrikgebäude. Kensi war bei ihr gewesen. Hatte es nicht verhindern können.
Wer konnte Interesse daran gehabt haben?
Es gelang ihr nicht, mit den Händen den Deckel der Kiste nach oben zu stemmen. Er schien gut befestigt. Die kleine Anstrengung alleine ließ ihr schon den Schweiß aus allen Poren strömen. Auch gelang es ihr nicht, ihre Hände aus den festen Seilumschlingungen zu winden.
Malgorzatta tastete nach ihrem Mobiltelefon in der vorderen Tasche ihrer Jeans. Es war nicht mehr dort.
Die Luft war heiß und stickig.
Ihre Schuhe stießen an den schmalen Boden der Kiste.
Ihr war richtig schlecht.
Die Kiste schien sich in einem Fahrzeug zu befinden.
Offenbar lag sie mit dem Kopf zur Fahrtrichtung. Es war so dunkel, dass sie nicht `mal auf ihrer Armbanduhr etwas erkennen konnte.
Ihre Kopfschmerzen wurden beständig schlimmer.
Sie kam nicht weiter.
Bisher hatte sie getan, was sie konnte um ihrer Befreiung entgegen zu arbeiten. Für den Rest musste sie auf Hilfe von außen hoffen.
Erneut versuchte sie, den Deckel hoch zu stemmen.
Es gelang ihr nicht.
Die Anstrengungen verstärkten ihr Unwohlsein bloß noch.
Malgorzatta war an sich nicht so empfindlich.
Doch jetzt hatte sie das Gefühl, dass ihr Befinden sich rasch verschlechterte.
Sie konnte sich nicht erklären, wieso ihr so heiß war, wieso sie so schwitzte, ihren Schwindel und ihre Übelkeit.
Selbst hier im Liegen, im Dunkeln, fühlte sie sich unangenehm wackelig im Kopf.
Dazu pochten Schmerzen hinter ihrer Stirn.
Es dauerte einen langen Moment bis sie begriff, dass das Fahrzeug wohl angehalten hatte. Etwas fühlte sich anders an. Die Vibration des Wagenbodens, die sich durch die Kiste auf ihren Körper übertrug, hatte aufgehört.
Sie meinte, Stimmen zu hören.
Es knackte am Deckel.
Dann fiel ein Lichtschein herein.
Er blendete sie. Schien ihr im ersten Moment den Schädel zu spalten.
Sie konnte ein Aufstöhnen nicht zurückhalten.
"Mali ... "
Die Stimme war sehr weit weg.
"Mali ... was ist ... ?"
Sie spürte Hände nach sich greifen.
Nur ungenau erkannte sie G.
Sie wollte sich zusammen reißen für ihn.
Sie musste es, denn G konnte gar nicht damit umgehen wenn es ihr nicht gut ging.
"Nell, wir brauchen hier sofort einen Krankenwagen ... Mali ... bitte, sag` `was! Was ist?"
"Mir ist nur schwindelig und ich habe Kopfschmerzen!"
Malgorzatta blinzelte angestrengt. Suchte mühsam Gs Blick.
"Komm, zeig` mir Deine Hände! Ich mach` das los!"
Das leichte Zittern in Gs Stimme war unüberhörbar. Sein Gesichtsausdruck besorgt.
Angestrengt versuchte sie zu lächeln.
"Danke, G ... alles gut!"
"Komm ... vorsichtig!"
Sie spürte Gs Arm unter ihren Schultern, er zog sie vorsichtig hoch, aus der Kiste.
Ein eckiger Lichtschein kam von rechts. Wie die Öffnung einer Ladefläche eines LKWs. Verschwommen erkannte sie die Umrisse von Personen davor.
Es rührte sie, wie achtsam G sanft ihr Bein ein wenig anhob damit sie über die niedrige Seitenwand der Kiste steigen konnte. Sein anderer Arm hielt sie fest an sich gepresst. Sie konnte so eben spüren, dass er zitterte. Wie aufgeregt er war. Sein rasches Atmen.
Rundherum rutschte alles weit weg.
Wurde grau. Auch die Stimmen rundherum wurden leiser. Malgorzatta spürte, wie ihre Knie zu zittern begannen.
"G ... "
Sie wollte sich einfach bloß für einen Moment hinsetzen. Ihr wurde regelrecht flau im Magen. Ihre Beine gaben nach. Ihre Hand fand keinen Halt an Gs Weste, rutschte einfach kraftlos hinab. Malgorzatta spürte noch, wie sie schwer gegen G sackte. Spürte, wie er sie auffing, ganz fest hielt, hörte sein erschrockenes, besorgtes "Mali!"
Dann wusste sie nichts mehr.
Die Geräuschkulisse war schon eine ganze Weile da bevor sie sie als solche wahr nahm.
Leise Stimmen. Gedämpfte Schritte. Ein regelmäßiges Piepsen. Klingelnde Alarmtöne.
Sie lag bequem. Weich.
Mit etwas erhöhtem Oberkörper, leicht erhöhten Beinen, nichts engte ein, ein weicher Stoff umschmeichelte ihre Haut.
Sie fühlte sich unglaublich müde, matt.
Aber nicht mehr elend.
Angestrengt öffnete sie die Augen.
Es war ein Krankenhaus.
Nach links und rechts wurde der Bereich hier durch grüne Vorhänge abgegrenzt, der Vorhang zum Fußende ihres Bettes war halb vorgezogen und gab einen eingeschränkten Blick frei auf einen kahlen Flur mit ein paar Plastikstühlen, einen Anmeldungstresen rechts.
Sie trug eines dieser gemusterten Krankenhaushemden.
Eine leichte Decke war bis zu ihrem Oberkörper hinauf gezogen.
In ihrem linken Handrücken steckte eine Kanüle, verpflastert, die verbunden war mit zwei Infusionsbeuteln an einem Ständer neben ihrem Bett links.
Um ihren rechten Oberarm war eine Blutdruckmanschette befestigt. Malgorzatta spürte die EKG-Elektroden an ihrer Brust.
Nachdem ihr Blick noch ein bisschen klarer geworden war, erkannte sie einen roten Ausschlag auf ihren Unteramen.
Blinzelte sie weiter angestrengt sah sie G am Fußende ihres Bettes stehen. Er stand mit dem Rücken zu ihr. Sam war bei ihm.
Und in diesem Moment legte Sam gerade seinen Arm um G und zog ihn zu sich, klopfte ihm wie tröstend auf den Rücken.
Gs Schultern hingen nach unten.
Der Blick von Sams dunklen Augen traf den ihren.
Malgorzatta sah ihn für den Bruchteil einer Sekunde stutzen, sah dann ein kleines Lächeln in seinen Augen.
"G!"
Er drehte ihn in Richtung ihres Bettes.
Malgorzatta knipste rasch ihr Lächeln an für G.
Er war blass. Unübersehbar besorgt. Malgorzatta streckte ihm rasch ihre Hand entgegen.
"Mali ... "
G ergriff ihre Finger, beugte sich über sie, seine freie Hand rutschte an ihren Nacken während seine Lippen rasch, kurz ihre Wange berührten.
"Wie fühlst Du Dich?"
Sein Gesicht blieb dem ihren ganz nah. Sie spürte seinen raschen Atem auf ihrem Gesicht. Sein besorgter, unruhiger Blick, der den ihren festhielt.
"Viel besser, G!"
Sie lächelte ihm beruhigend zu, legte ihre Rechte an seine Wange, streichelte sanft darüber. Seine Haut war kühl.
"Ich bin ziemlich müde, aber es geht mir besser! Mach` Dir keine Sorgen, G! Und danke, dass Du mich da `raus geholt hast!"
"Mali ... "
Sekundenlang sah sie ein Glitzern in seinen blauen Augen während sie Sam lautlos heraus schleichen sah.
"Bitte ... ich habe mir solche Sorgen um Dich gemacht! Als Kensi plötzlich sagte ... dass Du verschleppt worden bist ... "
Seine Stimme wackelte. Er konnte sekundenlang nicht weiter sprechen.
Malgorzatta reckte rasch den Kopf zu ihm hoch und küsste ihn. Seine Lippen waren kühl. Zärtlich streichelte sie seine kratzige Wange.
"Ist alles gut, G! Alles in Ordnung! Wie geht es Eric?"
"Er ist okay." gab G rasch zurück.
"Ihm fehlt nichts!"
Malgorzatta nickte.
Sie wandte den Blick nicht von G.
"Und wie habt ihr mich gefunden?"
"Unsere Westen haben GPS." erklärte G ihr.
Malgorzatta spürte seine Hand sacht über ihre Wange streicheln.
"Und wie lange war ich weg?"
Gs Lächeln war klein. Aber ehrlich. Er schien sich langsam zu beruhigen.
"Ein paar Stunden. Das lag an den starken Medikamenten. Es ist jetzt zwei Uhr nachts!"
Malgorzatta nickte.
"Dann lass` uns jetzt nach Hause fahren, ja?"
Jetzt lachte G sogar ein wenig. Und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Bestimmt!
"Nein, cormoara meu! Ganz gewiss nicht! Du hattest eine allergische Reaktion auf das Betäubungsmittel, mit dem sie Dich fortgeschafft haben! Ein paar Stunden musst Du noch zur Beobachtung hier bleiben!"
Malgorzatta nickte. Küsste ihn erneut.
"Dann fahr` wenigstens Du nach Hause und leg` Dich hin, ja?"
Eigentlich wusste sie, dass sie genau so gut gegen eine Wand hätte reden können. Es würde ihr nicht gelingen, G zu überreden, von hier weg zu gehen so lange sie hierbleiben musste.
Sie sah ein kleines zärtliches Lächeln seine Lippen verziehen. Er küsste sie.
"Niemals, Mali!"
Seine Antwort war ruhig, fast amüsiert, aber bestimmt.
"Natürlich, G!"
Sie schenkte ihm ein Lächeln.
"Wisst ihr schon ... ?"
Sie brach ab weil Sam zurückkam. Mit einer sehr leichten Bewegung strich er den Vorhang beiseite. Er hatte einen Pappbecher in der Hand, den er G reichte.
"Kaffee." meinte er zu ihm, dann lächelte ihr ruhig zu als ihre Blicke sich trafen.
Er trat ans Bett.
"Malin! Wie geht es Dir?"
"Danke Sam! Schon viel besser!" antwortete sie ihm ehrlich.
"G?"
Sams Stimme klang nun ungleich ernster, auffordernder.
Sein Blick zu ihm war fast streng.
G sah ihn an.
Schob den Kaffeebecher auf das Nachttischchen.
Richtete sich etwas auf.
"Alles gut! Fahr` nach Hause, okay? Es ist spät!"
"Du bleibst hier?" fragte Sam.
G nickte sofort.
"Gut." meinte Sam bloß.
Malgorzatta spürte seine Hand kurz, leicht an ihrem Fuß während er sie wieder ansah.
"Gute Besserung, Malin! Wir sehen uns!"
"Danke, Sam!" meinte Malgorzatta rasch und lächelte ihm zu.
Sam nickte kurz.
Er legte G für einen Moment die Hand an die Schulter.
G sah zu ihm auf. Nickte.
Dann wandte Sam sich wortlos ab und ging hinaus.
Malgorzatta suchte Gs Blick.
Seine Hand rutschte sacht um ihre.
Sein Blick war noch immer besorgt. Er beugte sich wieder leicht über sie. Streichelte über ihre Wange.
"Alles gut." versicherte sie ihm, bemüht, ihre Stimme auch so klingen zu lassen.
"Schlaf` ein bisschen!" meinte G halblaut, zärtlich zu ihr.
Malgorzatta drückte seine Finger so weit die Kanüle in ihrem Handrücken die Bewegung zuließ.
Es war nicht schwer, Verlustängste bei ihm zu diagnostizieren. Es wunderte sie auch nicht! Es tat ihr nur so schrecklich leid, dass er das auch noch durchmachen musste!
"Würde ich gerne, wenn Du auch ein bisschen schläfst, G!" gab sie ihm sanft zurück, drückte wieder leicht seine Finger.
"Bitte G, fahr` nach Hause, schlaf` ein bisschen, ruh` Dich aus! Mir geht es viel besser!"
"Ich möchte die nächste Nacht in unserem Haus mit Dir zusammen dort verbringen!" flüsterte G halblaut.
"Ich werde erst wieder dort schlafen wenn Du bei mir bist!"
Malgorzatta wusste, dass es zwecklos sein würde, dagegen zu reden.
"G, bitte! Dann fahr` in ein Hotel! Du hattest einen anstrengenden Tag!"
"Du auch, cormoara meu!" gab G sanft zurück.
Der Blick seiner blauen Augen ließ den ihren nicht los.
Sie konnte spüren, dass er sich noch immer nicht vollständig beruhigt hatte.
Nur allzu gut wusste sie, dass sie nichts gegen ihn würde ausrichten können, dass G es nicht zulassen würde, dass sie sich selbst entließ, dass er alles daran setzen würde, dass sie hier blieb!
Und auch würde er nicht von ihrer Seite weichen.
Sie musste ergeben fast ein wenig lächeln.
Dass hatte sie jetzt davon, weil sie ihn unbedingt hatte wiederhaben wollen!
"Ich ... "
Sie brach ab als der Vorhang jetzt beiseite gestrichen wurde und eine Krankenschwester hereinkam.
Sie blieb am Fußende des Bettes stehen und sah sie prüfend an.
"Wie geht es Ihnen?"
Ihre Augen wanderten weiter zu dem Monitor neben ihrem Bett, der ihren Blutdruck, ihren Puls anzeigte. Dann sah sie prüfend zu dem Infusionsbeutel auf der anderen Seite des Bettes.
"Danke, ziemlich gut!" log Malgorzatta.
Die Schwester nickte.
Sie sah zu G, der sich nur ein bisschen an ihrer Bettseite aufgerichtet hatte.
Malgorzatta sah ihn kurz nicken.
Die Schwester ging wieder hinaus.
Malgorzatta streckte ihre Linke zu G aus.
G nahm ihre Hand, umfasste ihre Finger.
Er kam ein paar Schritte näher, legte ihre Hand für einen Moment an seine Wange bevor er sie an seine Lippen zog und küsste.
Malgorzatta schloss für einen Moment die Augen.
Als sie sie wieder öffnete lag Gs Blick noch immer auf ihrem Gesicht.
"Wir haben Deinen Ex-Schwager festgenommen!" meinte er sanft.
"Arkady und Eric hatten bloß immer den Namen `Callen` genannt. Damit warst Du gemeint, nicht ich! Efremil wollte Dich ... nach Prag bringen lassen! Er hat Eric als Geisel benutzt um uns anzulocken. Offenbar hatte er uns seit Tagen beobachtet um Dich zu überwältigen! Wärst Du nicht bei uns gewesen, hätten seine Leute es am Haus versucht! Oder je nachdem, wo Du gerade gewesen wärts ... "
Malgorzatta sah ihn groß an.
"Efremil ...?"
G nickte ruhig.
Malgorzatta spürte, wie er leicht ihre Hand drückte.
"Ja. Theozuz Vendulov ist der CIA überstellt worden, wegen Angriff auf eine Bundesagentin und Entführung. Im Moment versuchen sie, auch eine Auslieferung Efremils zu erreichen."
Malgorzatta sah ihn weiter verblüfft an.
Sie konnte das gar nicht glauben, was sie da soeben gehört hatte! Das Kapitel `Vendulov` hatte sie als abgeschlossen erachtet mit Efremils Ausweisung aus den USA. Sie wollte dem nichts mehr hinzufügen!
"Das ... das hatte ich nicht erwartet!"
G beugte sich über sie.
Seine Hand rutschte sacht in ihren Nacken während er sie küsste.
"Ich kann ihn sogar verstehen! Er will Dich zurück! Aber ich werde Dich auf gar keinen Fall wieder hergeben!"
Malgorzatta musste ein bisschen lächeln.
Rasch legte sie ihre Hand an Gs Hinterkopf und streichelte darüber.
"Efremil will mich nicht zurück! Er wollte mich bestenfalls zurück in Prag haben um mich umzubringen! Er kann nicht verlieren. G!"
"Kann ich auch ganz schlecht!" flüsterte G ihr zu.
"Zumindest wenn es um Dich geht! Ich will Dich nicht verlieren!"
Malgorzatta musste lächeln.
Sie zog seinen Kopf ein wenig zu sich hinab, küsste ihn.
"Ich möchte mich auch nicht mehr von Dir verlieren lassen!"
Addendum:
G war vor fünfzehn Minuten gegangen um sich einen Kaffee zu holen.
Malgorzatta verspürte eine merkwürdige Unruhe.
Sie war bereit, konnte es kaum erwarten, nach Hause zu gehen und mit G heute vielleicht schon die ersten Möbel auszusuchen. Sie wollte ein Bett.
Es sollte möglichst heute noch geliefert werden.
Sie wollte endlich die erste Nacht mit G zusammen in ihrem eigenen Haus verbringen.
Doch erst einmal wollte sie, dass G zurück kam.
Auf dem Flur war nichts von ihm zu sehen als sie zur Tür ging, auf dem Korridor suchend nach links und rechts sah.
Links unten am Ende des Ganges war der Kaffeeautomat.
Malgorzatta trat weiter auf den Gang und nahm ihr Mobiltelefon heraus, tippte in den Kontakten die blaue Kachel an, die die Verbindung zu G aufbauen sollte.
Während sie das kleine Telefon angestrengt lauschend an ihr Ohr presste spürte sie, wie ihr Herzschlag nervös hochjagte.
Gs Telefon war ausgeschaltet.
Mittlerweile war er über zwanzig Minuten weg.
Malgorzatta unterbrach die Verbindung und tippte die Kachel mit Sams Kontaktdaten ...
Dieser Autor möchte Reviews nur von registrierten Nutzern erhalten. Bitte melde dich an, um einen Review für diese Geschichte zu schreiben.