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Before - NCIS: LA

Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P16 / Het
Grisha "G" Callen OC (Own Character)
07.05.2022
07.05.2022
1
20.511
 
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07.05.2022 20.511
 
Ich liebe NCIS: Los Angeles.

Laut Internet (Zitat: Barry Garron, Hollywoodreporter.com) ist die Zielgruppe dieser Serie: … junge, männliche Zuschauer …
Ich (als Frau) sehe es auch gerne, nur stört mich, dass ich nach aufwühlenden Folgen (wie meist auch die Darsteller) emotional hängen gelassen werde!
Z. B. diese Folge als sich G Callens Vergangenheit endlich aufklärt: Glauben die Macher der Serie wirklich, es ist plausibel, dass ein Mann Anfang Vierzig nach einer Nacht am Boxsack Friede mit seiner Vergangheit schließt, die plötzlich auf ihn eingestürmt ist?
Ich möchte mit meinen Geschichten versuchen, die Folgen, die ich am gefühlsbetontesten fand, ein wenig zu ergänzen.
Falls auch andere dieser Meinung sind und etwas Unterstützung auf diesem Gebiet brauchen, vielleicht könnt ihr damit ja etwas anfangen!
Falls ihre gerne NCIS: Los Angeles – Storys lest, vielleicht gefallen sie euch!

Dies ist das erste Kapitel der Einführung:

Harriett war das leise Wischen, mit dem die automatische Tür zum OPS aufglitt, mittlerweile wohlbekannt.
Noch immer faszinierten sie die großen Videoleinwände, die vielen Computer, die unzähligen Kontrolllämpchen.
Mit einem raschen Rundblick sah sie Nell und Eric vor den Bildschirmen links an der Kopfseite des Raumes sitzen.
So selbstverständlich wie möglich, als gehöre sie hierher, huschte sie durch den Raum, zu den Beiden, blieb neben der Konsole stehen.
"Hallo, guten Morgen! Nell, Eric, hallo!"
Die Beiden sahen sogleich von ihren Bildschirmen auf.
"Hallo!"
Eric wirkte wieder ein wenig verlegen, wie jeden Morgen der vergangenen vier Tage.
Nells kleines Lächeln hatte erneut etwas Mitleidiges.
"Hallo Harriett!"
"Darf ich euch noch einmal bitten?"
"Tatsächlich ... es ist gerade nicht so günstig!" begann Nell, mit einem leisen, verschwörerischen Unterton in der Stimme, einem bedauernden Lächeln.
In diesem Moment ging die Tür auf und Hetty kam herein.
Harriett durchzuckte ein eisiger Schreck.
Sie hatte hier nichts zu suchen.
Ihr Arbeitsplatz war die medizinische Abteilung des NCIS, im ersten Untergeschoss des Nebengebäudes.
In den vergangenen Tagen hatte sie es morgens und abends mit ihrem Besucherausweis immer wieder geschafft, sich hier in den OPS zu schleichen und Nell und Eric danach zu fragen, ob mit G alles in Ordnung war.
Er hatte ihr nicht verraten, wo sein Einsatzgebiet war als er vor vier Tagen weggefahren war, sie wusste nicht mal, ob er sich noch im Land befand.
Auf den Karten auf den Computerbildschirmen konnte sie nicht erkennen, um welche Gegend es sich handelte.
G war hier nicht mehr als ein kleiner ruhig blinkender Punkt in dieser Landschaft aus Strichen und Punkten, mit seinem Namen in einem blauen Kästchen darüber.
Harriet vermutete sogar, dass nicht mal er es war sondern bloß die Ortung seines Mobiltelefons.
Es war nur eine minimale Beruhigung bis er zurückkehren würde!
Hettys strenger Blick hatte sie sofort.
Harriett fühlte sich sofort schuldig.
Doch war sie wirklich zu verurteilen nur weil sie sich um G sorgte?
"Guten Morgen, Miss Lang!"
Sie versuchte, sich ihr schlechtes Gewissen nicht anmerken zu lassen sondern so normal wie möglich zu klingen.
"Guten Morgen, Miss Wycombe!" gab Hetty zurück.
"Sie sind hier sehr weit von der medizinischen Abteilung entfernt!"
"Ja, das bin ich wirklich." gab Harriett sanft zurück, bemüht, ihr keinen Grund zu geben.
G hielt sehr viel von ihr.
Hetty nickte Nell und Eric zu.
"Betrachten Sie es als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, dass ich Ihnen ausnahmsweise einmal gestatte, hier zu bleiben, Miss Wycombe!" meinte sie dann zu ihr, mit dem liebenswürdigen Ton, den sie besaß, aber auch unüberhörbar streng.
"Und es versteht sich von selbst, dass alles, was Sie in diesem Raum erfahren, hier auch bleibt!"
Harriett konnte ihr Glück im ersten Moment gar nicht fassen.
"Natürlich, Miss Lang! Das ist sehr nett von Ihnen! Danke schön!"
Damit hätte sie nie gerechnet!
"Mister Beal!"
An der linken Videowand tauchte ein Bild auf.
Es war sehr hell.
Nach einem kurzen Moment erkannte Harriett das Innere eines Flugzeughangars.
Die großen Schiebetüren standen weit auf.
Harriett bemerkte aus dem Augenwinkel die amerikanische Flagge hoch oben an einer der hellen Wände hängen.
Ganz unvermittelt kamen Sam und G von draußen in die großen Halle, aus dem gleißenden Sonnenlicht, begleitet von zwei Soldaten und einem Mann in Militär-Uniform.
Neben G war eine Frau.
Sie trug eine Burka, jedoch ohne den Kopfschleier, sie war geschminkt und hatte ihre langen dunklen Haare hochgesteckt.
Über ihrer Schulter trug sie eine sehr teuer aussehende, westliche Handtasche, Sam und G hatten Reisetaschen dabei.
Noch während sie hereinkamen fuhren drei dunkle Limousinen durch die entgegen gesetzte Einfahrt in den Hangar.
Kensi und Deeks stiegen aus einem der Wagen, mit ihnen ein Mann in Militär-Uniform.
Aus den anderen beiden Autos stiegen Männer in dunklen Anzügen, einige von ihnen hatten die Marken ihrer Bundesbehörde gut sichtbar in ihren Brusttaschen stecken.
Harriett sah ein kleines Lächeln über Kensis Gesicht huschen als sie Sam und G sah.
Sie verspürte eine unterschwellige Eifersucht, weniger auf Kensi als mehr auf die unbekannte Frau, deren Körperhaltung unzweifelhaft auf G ausgerichtet war.
Er war ihre Bezugsperson im Raum.
G blieb jetzt stehen.
Die Frau ging erst noch ein, zwei Schritte bevor ihr das auffiel.
Dann wandte sie sich fragend zu ihm um, machte die wenigen Schritte zurück.
"Was ist?"
Sie sprach akzentfrei.
Ihr Gesichtsausdruck war verwundert.
Sie war ziemlich attraktiv, Harriett schätzte sie zudem um einiges jünger als sich.
"Die Männer sind von der Einwanderungsbehörde!" meinte G jetzt zu ihr.
Seine Stimme klang ruhig.
Harriett spürte einen kleinen Schauer über ihren Rücken laufen weil sie sie so lange nicht gehört hatte.
"Sie werden Dich mitnehmen, erkennungsdienstlich behandeln und an einen sicheren Ort bringen! Du wirst eine neue Identität bekommen. Wenn Dein Bruder ausgesagt hat, wie er es uns versprochen hat, bringen sie Dich zu ihm!"
Harriett sah, wie das Gesicht der Frau sich sofort verschloss.
Ihr Blick wurde kalt.
"Was ist mit Dir? Werde ich Dich wiedersehen?"
Gs Gesicht war ausdruckslos.
Der Blick seiner blauen Augen war sehr ruhig, offen, ehrlich, auf die Frau gerichtet.
"Nein."
Seine Antwort war rasch, fest.
Harriett glaubte ihm sofort.
Die rechte Hand der Frau wischte unvermittelt durch die Luft und landete mit einem satten Klatschen auf seiner Wange.
Harriett zuckte zusammen.
Selbst von Hetty kam ein ganz kleiner unterdrückter Laut.
"Uuuh!" machte Eric gedämpft.
G sah die Frau an.
Dann ging er wortlos davon, verschwand aus dem Bild.
Dafür tauchte Kensi an der Seite der Frau auf, umfasste ihren Oberarm und führte sie zu einem der Wagen davon.
"Danke Mister Beal!" meinte Hetty, schon wieder liebenswürdig wie immer.
Das Bild an der Videowand verlöschte.
Harriett spürte Hettys Blick auf sich.
Sie fühlte sich geschockt.
Was war in den vier vergangenen Tagen zwischen G und der Frau passiert, dass sie so emotional reagierte?
Und wie vor allen Dingen sollte sie ihm das nächste Mal entgegen treten, mit diesem Wissen, das sie eigentlich gar nicht haben durfte?
G war nicht einfach, er haderte mit seiner Vergangenheit.
Manchmal erstaunte es sie selbst, dass er sich überhaupt auf diese Beziehung mit ihr eingelassen hatte.
Sie durfte ihn nicht noch mehr belasten!
Sie fühlte sich schlecht.
Ihr Herz raste, sie konnte das Klopfen bis in ihren Hals hinauf spüren.
Ihr war kalt, ihre Knie zitterten und ihr war schwindelig.
Hetty räusperte sich leicht während sie sich ihr nun zuwandte.
"Ich wusste nicht, was wir heute hier zu sehen bekommen, Miss Wycombe!" meinte sie ruhig zu ihr.
"Und ich bedauere es zutiefst, dass Sie das mit ansehen mussten! Ich werde Mister Callen, wenn er später hier eintrifft, in die medizinische Abteilung schicken für das übliche Procedere. Ich möchte, dass er und Sie sich danach den Rest des Tages frei nehmen und ... nun ja ... ein wenig ausspannen und vielleicht müssen Sie einiges klären! Ich erwarte sie dann heute Abend zur Weihnachtsfeier hier!"
"Danke, Miss Lang!" meinte Harriett überrascht.
Sie freute sich, bestätigt bekommen zu haben, dass sie G in ein paar Stunden wiedersehen würde.
Und dass Hetty so überaus verständnisvoll reagierte.
"Danke schön."
Hetty nickte ihr zu.
"Danke Nell, Eric!"
Harriett nickte den Beiden kurz zu bevor sie dann rasch den Raum durchquerte und hinaus eilte, die Villa verließ.
Durch das kleine Tor in der Mauer gegenüber gelangte sie zum Nebengebäude.
Sie fühlte sich noch immer durcheinander.
Es war ihr schon bewusst, dass sie kaum etwas von Gs Arbeit wusste, dass sein Job offenbar weitaus gefährlicher, kompakter war als sie das bisher auch nur geahnt hatte!
Zweifel überkamen sie, ob sie der Sache überhaupt gewachsen war.
Sie vertraute G noch immer.
Es gab sicher eine logische Erklärung für das, was sie da gesehen hatte.
Doch was, wenn G sie ihr nicht geben durfte?
Würde sie damit umgehen können?
Unten im Büro, neben den Behandlungszimmern, goss sie sich erstmal einen Kaffee ein und trat dann mit der Tasse ans Fenster.
Die Aussicht hier war nicht atemberaubend, im ersten Untergeschoß sah man eher an der Rasenkante hinauf.
Aber sie lud dazu ein, wenigstens aus dem Fenster zu träumen.
Allerdings nur für wenige Augenblicke, dann ging die Tür auf und ihre Kollegin kam herein.
Harriett sah sofort die dünne Akte, mit dem Siegel des NCIS auf dem Einband, in ihrer Hand.
Sie wusste augenblicklich, dass das die Untersuchungsaufträge für Sam und G waren.
Beim NCIS war es üblich, dass sich Agenten nach einem Auslandsaufenthalt einem kurzen Gesundheitscheck zu unterziehen hatten.
Damit bestätigte sich ihr Verdacht, dass die Beiden außerhalb des Landes gewesen waren, wie sie das anhand des Flugzeughangars schon vermutet hatte.
G sprach nie mit ihr über seine Aufträge.
"Ich nehm' Mister Hanna!" meinte ihre Kollegin zu ihr und schwenkte die Akte.
"Nimmst Du Callen? Du kannst den so gut!"
Sie hatte keine Ahnung von ihnen Beiden, dass sie zusammen waren, es wussten nur sehr wenige.
Harriett hatte ihr Privatleben schon immer gerne für sich behalten.
Jetzt, mit Callen, war das sogar unabdingbar.
"Natürlich." antwortete sie bloss, ohne lustlos auf eine Diskussion mit ihr.
"Danke."
Ihr Kollegin öffnete die Mappe und nahm ein Blatt Papier heraus, reichte es ihr.
"Hier!"
"Danke!"
Harriett überflog es kurz.
Es enthielt die Untersuchungsanforderungen für G, normale Blutwertbestimmung um sicher zu gehen, dass sich die Agenten im Ausland keine Krankheit eingefangen hatten.
G hasste Nadeln.
Es war jedes Mal ein richtiges Geduldsspiel, Blut von ihm zu bekommen, es war ein wenig besser geworden seit sie zusammen waren.
Dennoch war es tunlichst zu vermeiden, dass er dabei die Nadeln oder sein Blut sah, denn dass konnte er so gar nicht haben während es ihm - laut Sam - so gar nichts ausmachte, sich die blutigsten Tatorte anzusehen.
"Schickst Du ... " hub ihre Kollegin gerade an als es zaghaft klopfte.
"Ja?"
Sie machte die wenigen Schritte zurück zur Tür und öffnete sie.
Harrietts Blick fiel sofort auf G.
Wie immer, wenn er beruflich hier unten war, wirkte er ein wenig zögerlich.
Sam war hinter ihm.
"Mister Hanna, bitte kommen Sie mit mir!" flötete ihre Kollegin sogleich und schlüpfte rasch aus dem Zimmer, Harriett stellte schnell ihre Tasse ab und ging zur Tür, wo G noch immer auf der Schwelle stand.
"Tja, Mister Callen, dann kommen Sie doch bitte zu mir!"
Ein kleines Lächeln huschte über Gs Gesicht.
Er wirkte müde.
"Schön Dich zu sehen! Sind wir allein?"
"Mhmh."
Er hielt seine Stimme gesenkt, Harriett überraschte die flüchtige Berührung seiner Lippen an ihrer Wange im Vorübergehen komplett während sie rasch die Tür hinter ihm schloss.
Kurz ließ sie ihre Hand über seine Seite streichen.
"Danke. Schön, dass Du wieder da bist!"
G blieb im Raum stehen.
Harriett hatte unweigerlich die Szene aus dem Hangar von vorhin wieder vor Augen.
Sie wollte es so schnell wie möglich klären, sie hasste es, wenn Dinge zwischen ihnen standen, doch zuerst gab es noch Dringenderes.
Sie konnte ihm seine Nervosität anmerken, da wollte sie ihn mit Privatem nicht noch weiter aufregen.
"Hat alles gut geklappt für euch?" fragte sie möglichst unverbindlich während sie mit einer leichten Berührung an seinem Arm versuchte, ihn unauffällig nach nebenan, ins Behandlungszimmer, zu lotsen.
"Komm, hm?"
"Hetty hat mir gesagt, wir sollen uns den Tag frei nehmen und nach Hause fahren!" gab G. zurück.
Er hatte beiden Hände an die Hüfte gestützt und klang überaus misstrauisch.
"So etwas hat sie noch nie gesagt, zu keinem! Ist etwas passiert?"
Als sie absichtlich an ihm vorbei ging folgte er ihr prompt in den Nebenraum.
Für einen Moment konnte sie dabei die Wärme seines Körpers spüren.
Er war verschwitzt, wirkte etwas mitgenommen, Harriett mochte seine Geruch, es war nicht unangenehm.
"Du siehst müde aus." gab sie zurück, mit einer kleinen Kopfbewegung zu dem Stuhl an der Wand.
Sie hatte die Hoffnung, dass G das als Erklärung reichte.
Doch als sie bemerkte, dass er sich nicht rührte, den Kopf bloss ein wenig schief legte und sie weiter prüfend ansah, da wusste sie, dass das so nicht klappte.
Hetty und G kannten sich zu lange, zu gut.
Und sie wollte ihn nicht anlügen, es gab genug Unklarheiten in seinem Leben.
"Ehm ... ich war heute Morgen im Operationscenter als die Bilder aus dem Flughafenhangar übertragen wurden. Hetty meint wahrscheinlich ... wir brauchen ein bisschen Zeit zusammen."
Sie spürte ihr Herz wieder ganz aufgeregt bis zum Hals klopfen.
Sie hatte keine Ahnung, wie G reagieren würde.
Sie kannte ihn zu wenig.
Sein Gesichtsausdruck war für den Bruchteil einer Sekunde alarmiert, wurde dann vollkommen ausdruckslos.
Doch der Blick seiner blauen Augen war sehr wach.
"Sie hat Dir erlaubt, dort zu sein?"
Harriett nickte.
"Ja. Sie meinte, es wäre eine Art vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Wenn sie gewusst hätte, was ich dort sehen werde, hätte sie es mir nicht erlaubt hat sie mir hinterher gesagt!"
"Okay."
G nahm auf dem Stuhl am Fußende der Liege Platz, streifte den rechten Ärmel seines dunkelblauen Hemdes hinauf und legte den Arm auf die Liege, ballte die Faust.
Harriett versuchte, seine Reaktion nicht einzuordnen.
Verwirrt, bemüht, so ruhig wie möglich zu bleiben, nahm sie den Stauschlauch und legte ihn um Gs Oberarm, zog ihn zu.
Rasch warf sie die drei Röhrchen in eine Schale, streifte möglichst unauffällig eine Kanüle auf eines von ihnen und warf ein paar Tupfer dazu, feuchtete zwei weitere mit Alkohol an und wischte damit über Gs Ellenbeuge.
Sie kannte die zu punktierende Stelle bereits nur zu gut.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Gs Atmung sich beschleunigt hatte.
Kleine Schweißperlen standen auf seiner Oberlippe.
Auch Hauch Nervosität lag auf seinem Gesicht.
Behutsam klopfte sie mit dem Zeigefinger auf die überaus gut sichtbare Vene an Gs Arm.
Dann griff sie zu dem Röhrchen mit der Nadel, streifte die Schutzhülle ab.
“Ich war die letzten vier Tage da, jeden Morgen und jeden Abend und Nell und Eric haben mir Deinen Namen auf einer Karte gezeigt, von der ich nicht weiß, was sie darstellt oder ob es überhaupt eine war! Ich konnte mir dann wenigstens vorstellen, dass es Dir gut geht!”
Während sie sprach hatte sie die Nadel durch Gs mit ihren Fingern gespannten Haut geschoben.
Sie spürte sofort, dass die Nadelspitze perfekt in der Vene zu liegen kam, sogleich füllte ein Tropfen Blut die Nadel und als sie den Griff langsam zurück zog strömte sogleich eine ganze Menge mehr in die Tube.
Sie wechselte das Röhrechen rasch, sah dann prüfend zu G.
Er hielt den Kopf krampfhaft abgewandt.
Seine ganze Haltung war angespannt, sie spürte ihn fast zittern.
“Das war's schon!”
Zügig wechselte sie auf das dritte Röhrchen, das Kleinste, löste schon mal den Stauschlauch und langte zu zwei trockenen Tupfern, legte sie auf die Einstichstelle, zog die Nadel heraus, drückte mit der Linken auf die Tupfer.
Sie ließ das Röhrchen zu den anderen beiden in die Schale fallen.
G wandte den Kopf und sah sie an.
Sein Gesicht war ein bisschen blass.
Harriett schenkte ihm ein kleines verunsichertes Lächeln.
Es überraschte sie völlig als sie plötzlich seine Linke an ihrem Oberarm spürte, G sie ein wenig zu sich zog und küsste.
“Federal Agent Callen, Sie waren wieder einmal sehr tapfer!” flüsterte sie ihm zu, halblaut, ließ ihr Gesicht dem seinen für einen Moment ganz nah.
Sie spürte seinen warmen Atem an ihrer Wange.
Es reizte sie unheimlich, ihre Fingerspitzen sacht über die Bartstoppeln an seinem Kinn, seinen Wangen streicheln zu lassen, doch sie traute sich nicht wirklich, hier, an ihrer Arbeitsstelle.
Gs Lächeln war klein.
“Was glaubst Du, was Du heute Morgen gesehen hast?”
Harriett dachte einen Moment nach.
G konnte sehr unangenehm fragen.
Er blieb immer sehr ernst dabei, was Harriett, die meist eine sehr heitere Grundstimmung hatte, oft irritierte.
Mehr als einmal war sie sich quasi verhört vorgekommen.
“Ich denke, ich habe zwei Agenten gesehen, die wie immer sehr verantwortunsgsvoll ihren Job erledigt haben!”
G lächelte.
Er senkte für einen Moment den Kopf, sah sie dann wieder an.
Sein Gesichtsausdruck war sehr ruhig.
Harriett mochte dieses Lächeln bei ihm sehr.
Sie sah es leider nicht so oft.
Doch wenn, so erschien es ihr sehr ehrlich.
“Okay! Dann laß' uns los!” meinte er halblaut.
“Noch nicht ganz!”
Harriett nahm die Tupfer von der kleinen Einstichstelle an seiner Ellenbeuge, warf einen gewohnheitsmäßigen Blick darauf.
Es war vielleicht ein halber Blutstropfen darauf zu sehen.
Sie warf sie in die Schüssel und sah G dann wieder an.
Sein Gesicht hatte wieder einen wachsamen Ausdruck angenommen.
“Jetzt sag' mir nicht, dass ich wieder in diesen Becher pinkeln soll!”
Harriett musste lächeln.
“Du kennst die Vorschriften besser als ich! Deswegen muss ich nichts sagen! Aber wenn Du das genau so tapfer hinter Dich bringst könnte ich mir eine weitere Belohnung einfallen lassen!”
Gs Lächeln wurde ein bisschen offensichtlicher.
Seine Hand lag noch immer an ihrem Arm und noch einmal zog er sie zu sich, küsste sie, diesmal etwas ausfürhlicher.
Harriett legte ihre Hand sanft an seine Wange.
Sie spürte das Kratzen seiner Barstoppeln an ihrer Haut.
Sie genoß es, sie hatte es während seiner Abwesenheit vermißt.
Behutsam ließ sie ihre Fingerspitzen über seine Haut streicheln.
G hielt für einen langen Moment ganz still.
Sie konnte spüren, dass er es genoss.
“Okay. Dann lass uns los!” meinte er nochmal, halblaut.
Harriett nickte.
Sie beugte sich rasch vor, berührte mit den Lippen die seinen bevor sie sich wieder aufrichtete und nach nebenan ging, um den Becher zu holen.

Sie fuhren in Gs Wagen nach Hause.
Zu ihrem Zuhause, so weit man von Möbeln zwischen halb gepackten Kisten noch davon reden konnte.
Es war ihr lieber, umzuziehen, jetzt, wo zweifelhafte Leute ihre Adresse kannten.
G hatte ihr mit keinem Wort Unterschlupf angeboten, hatte sein Heim nicht einmal erwähnt.
Seine Adresse stand nirgendwo in den medizinischen Unterlagen zu denen sie Zugang hatte, und sie hatte viele Tage mit seiner Ignoranz schwer zu kämpfen gehabt.
Vielleicht verriet er ihr seine Adresse auch nicht um sie zu schützen.
Vielleicht war es auch wirklich diese Geheimhaltungssache, oder er war ganz einfach noch nicht so weit!
Sie wusste nicht viel von ihm.
G war sehr verschwiegen, es hatte unendlich lange gedauert, bis er ihr die paar Bruchteile aus seinem Leben verraten hatte, die sie nun kannte.
Das war unheimlich anstrengend.
Sie hatte nicht im Geringsten geahnt, auf was sie sich da einließ als sie sich auf ihn einließ!
Zuerst hatte sie auch in Erwägung gezogen, eventuell nicht die einzige Frau in seinem Leben zu sein!
Doch sie war sehr schnell eines Besseren belehrt worden!
Für G stand seine Arbeit über allem!
Und er führte dabei mehr als ein Leben!
Das Problem war, dass er so fürchterlich liebenswert war.
Sie mochte seine ganze leise, sanfte, unaufdringliche Art, gerade so wie jetzt, als er nach dem Einparken schnell um den Chevrolet herum war um ihr die Tür zu öffnen.
“Danke!”
Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln.
G schloss die Tür und ging zum Kofferraum, nahm seine Tasche heraus.
Harriett fühlte sich geschmeichelt, dass er mit zu ihr kam, wie selbstverständlich, ohne Fragen, ohne Absprache.
Sie dachte kaum noch an die fremde Frau aus der Videoübertragung heute Morgen.
Das merkwürdige Gefühl des Zweifels war verschwunden, war es eigentlich sehr schnell gewesen.
G war sehr verschwiegen.
Doch sie empfand ihn sich gegenüber auch als ehrlich.
Als so ehrlich, dass sie ihm bereits einen Schlüssel für ihre Wohnung gegeben hatte.
G schloss auf und ließ sie vorangehen.
Es standen bereits viele Kartons herum.
Als Gs Blick sie streifte schenkte er ihr ein kleines Lächeln.
Er stellte seine Tasche ab und zog seine Jacke aus, warf sie über einen der Kartons.
“Ich geh' duschen!”
Harriett nickte.
“Ja, natürlich.”
Sie wollte in die Küche, registrierte ein wenig verwundert, dass G nach ihrem Arm griff und sie zu sich zog.
Allzu überschwengliche Liebesbeweise kannte sie nicht von ihm.
Deswegen ließ sie es nur zu gerne geschehen, streichelte mit der Hand über seine Seite.
“Du hast mir noch gar nicht gesagt, ob alles gut für euch geklappt hat … da … wo ihr ward!”
“Alles erledigt.” meinte G knapp, Harriett spürte seine Hand leicht über ihren Arm streichen, bis hinauf zu ihrer Wange.
Er beugte sich zu ihr vor, küsste sie, sein Arm rutschte um ihre Schultern.
Sie schmiegte sich ein wenig an ihn.
Harriett mochte es, seine verhaltene Kraft zu spüren.
Sein Körper war warm, strahlte Ruhe für sie aus, Zärtlichkeit.
“Es ist gut wieder zurück zu sein … bei Dir!”
Gs Stimme war ein leises Raunen an ihrem Ohr, sein Atem ein warmer Hauch an ihrer Wange.
Was er sagte war für seine Begriffe schon eine Liebeserklärung.
Harriett fühlte sich gerührt.
“Danke. Ich bin froh, dass Du gesund zurück bist!”
Sie drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen.
G hielt sie fest.
Sein Kuss wurde inniger, tiefer.
Harriett spürte sein Atmen gegen ihre Brust.
Seine Nähe war liebevoll, beschützend.
“Hast Du keine Lust, mir Gesellschaft zu leisten, Kalinka?”
Harriett musste lächeln.
Das war Gs Kosename für sie.
Sie wusste, dass es russisch war, aber bisher hatte sie noch keine Zeit gefunden, zu googlen, was es bedeutete.
Eigentlich war es ihr auch egal.
Es klang sehr zärtlich wenn G es sagte.
“Doch, sehr gerne. Geh' schon 'mal vor, uns setzt' uns einen Kaffee auf, ja?”
“Okay.”
Das Streicheln von Gs Hand über ihren Kopf, ihre Wange war unendlich sanft, zärtlich.
Er küsste sie noch mal, ging dann Richtung des Bades, das neben dem Schlafzimmer lag, Harriett sah dabei, wie er sein Hemd aufknöpfte.
Sie ging in die Küche und bereitete die Kaffeemaschine vor, warf einen gewohnheitsmäßigen Blick auf ihr Mobiltelefon.
Um das Abendessen brauchte sie sich wohl nicht zu sorgen, Hetty hatte die Weihnachtsfeier erwähnt.
Es würde wohl eine Kleinigkeit zu Essen geben.
Ihr fiel auf, dass die Dusche nicht zu hören war.
Verwundert lauschte sie angestrengt.
Es lief kein Wasser!
Sie verließ die Küche, durchquerte den kleinen Flur.
Schon von der Tür aus konnte sie G auf dem Bett liegen sehen.
Seine Füße hingen am Bettrand herunter, sein Hemd war aufgeknöpft, entblößte seinen Oberkörper und zwei der drei runden Narben dort.
Sie musste ein zweites Mal hinsehen um seine tiefen ruhigen Atemzüge zu erkennen.
Gs Gesichtsausdruck war ruhig, entspannt, seine Augen geschlossen.
Er musste todmüde gewesen sein wenn er hier so einfach wegschlief.
Harriett konnte es nicht lassen, für einen langen Moment einfach neben dem Bett stehen zu bleiben und G anzusehen.
Für einen Mann Anfang Vierzig war er wirklich gut in Form.
Aber sein Beruf verlangte das auch.
Seine Haut war leicht gebräunt.
Ein kleiner Bauchansatz war zu erkennen, unter dem Bund seiner Jeans, das lag an den vereinzelten Feierabendbierchen.
G liebte belgisches Bier, das aber hier ohnehin schwer zu bekommen war.
Dennoch waren auch Ansätze seiner definierten Bauchmuskeln zu erkennen.
Ihr Blick glitt zu den Narben auf seiner Brust, zwei auf der linken Seite des Brustbeines, eine fast mittig und eine rechts davon, leicht zur Seite hin.
Sie waren glatt, schön verheilt und dennoch gut zu erkennen.
Drei von ihnen hatten ihr Pedant auf seinem Rücken, hier deutlich als Austrittswunden zu identifizieren, rund und groß.
Insgesamt hatten ihn fünf Kugeln getroffen.
Eine weitere Narbe befand sich oben rechts an seiner Schulter.
Er war auf dem Ocean Drive in Venice, wo er damals wohnte, niedergeschossen worden.
Sie wusste aus dem Krankenhausbericht in seiner Akte, dass sein Herz bei der Ankunft in der Notaufnahme damals für drei Minuten stillgestanden hatte.
G sprach nicht darüber.
Harriett hatte schnell gemerkt, dass er es konsequent vermied.
Sie waren erst ein knappes halbes Jahr zusammen.
Und manchmal, wenn er allzu verschlossen war, fiel es ihr sehr schwer, ihm zu vertrauen.
Und ihn zu lieben.
Vor allen Dingen wenn sie merkte, dass er sich ihr gegenüber nicht öffnen konnte, nicht wollte.
Es war mühsam, dann die Geduld aufzubringen und die klitzekleinen Fortschritte zu honorieren, die er schon gemacht hatte.
So zum Beispiel wie jetzt, sich ihr im Schlaf völlig anzuvertrauen.
Es hatte Wochen gedauert bis er dazu bereit war, bei ihr zu übernachten.
Es hatte weitere Wochen gedauert, bis er in ihrer Wohnung überhaupt ein Auge zumachte.
Auch jetzt noch war sein Schlaf meistens alles andere als geruhsam, ruhig, manchmal stöhnte er leise oder wimmerte, er sprach leise in einer fremden Sprache, die sie nicht verstand, oder seine Arme und Beine zuckten.
Oft hatte sie den Verdacht, dass sie es hier mit einem schwer traumatisierten Menschen zu tun hatte, der Schlimmes erlebt hatte!
Vorsichtig nahm sie die Wolldecke von dem Sessel in der Ecke und breitete sie über ihn.
G wurde nichtmal wach.
Für Harriett nur ein weiteres Zeichen, wie müde, fertig er war, denn normalerweise reagierte er auf das kleinste Geräusch, den Hauch einer Bewegung.
So leise wie nur eben möglich ging sie wieder hinaus.
Harriett machte sich daran, im Wohnzimmer noch ein paar Sachen in Kisten zu verstauen.
Dann trank sie ihren Kaffee, überlegte dabei, was sie heute Abend anziehen sollte, welche ihrer schöneren Sachen noch nicht in Kartons verstaut waren, sah sich die Nachrichten im Fernsehen an.
Es blieb sogar noch Zeit um das Geschirr vom Frühstück und von gestern Abend zu spülen.
Zwischendurch sah sie von der Schlafzimmertür immer wieder nach G.
Sein Schlaf schien tief und fest.
Selbst am späten Nachmittag lag er immer noch so das, was sie ihn beim ersten Nachsehen vorgefunden hatte.
Sie würde ihn auch nicht wecken.
Eher würde sie Hetty anrufen und sie wissen lassen, dass sie nicht zur Feier kamen.
Hetty würde dafür Verständnis haben.
Harriett hatte den Eindruck, dass Hetty immer sehr verständnisvoll war, wenn es um Callen ging.
G hingegen hing an Hetty.
Zwischen den Beiden schien eine ganz besondere Beziehung zu bestehen!

Der Nachmittag war fast vorbei als sie die Dusche hörte.
Harriett wartete noch ein paar Minuten, ging dann in die Küche und machte einen Kaffee in der Mikrowelle warm.
Das Geräusch des laufenden Wassers hörte auf als sie mit der Tasse das Schlafzimmer betrat.
Die Tür zum Bad stand offen.
Gs dunkelblaues Hemd lag auf dem Fußende des Bettes, auf der zurückgeschlagenen Decke.
Seine Schuhe standen neben dem Bett auf dem Boden zur Badezimmertür hin.
Die Luft hier drinnen war feucht.
Es roch ein wenig nach dem Duschgel, das G benutzte.
'In-kognito' von Hermes.
Sie klopfte leicht an den Türrahmen der Badezimmertür bevor sie eintrat.
G stand vor dem Waschbecken.
Er hatte das flauschige blaue Badetuch um seine Hüften geschlungen und einige Wassertropfen liefen noch über seinen nackten Oberkörper.
Als sie hereinkam wandte er den Kopf.
Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht.
Harriett tat es gut.
Ein weiteres Zeichen seines steigenden Vertrauens.
Es wurde sogar zu einem kleinen schelmischen Grinsen.
“Ich habe vorhin auf meine Belohnung gewartet!”
Harriett liebte diesen fast ernsten Ton, mit dem er es sagte, während er es gar nicht so meinte.
Spontan hielt sie ihm die Tasse entgegen.
“Dafür bringe ich sie Dir ja jetzt!”
G lachte.
Er nahm die Tasse, trank einen Schluck bevor er sie auf die Ablage unter dem Spiegelschrank abstellte.
“Dafür, dass ich meinen Arm hinhalte, hatte ich etwas mehr erwartet!”
Harriet hatte die wenigen Schritte zu ihm gemacht.
“Ich bin da nicht so ganz im Bilde! Welche Belohnung bekommt Sam denn immer von meiner Kollegin?”
Sie ließ ihre Fingerspitzen leicht über seine Seite streichen.
Seine Haut war warm, weich, feucht.
G sah sie an.
“Einen Lolli. Wieso, habt ihr auch noch etwas anderes?”
“Ja … bekommst Du doch gerade!”
Harriett stemmte sich auf die Zehenspitzen und ließ ihre Lippen sacht die seinen suchen.
G ließ es geschehen.
Er wandte sich ihr leicht zu, sie konnte seine Hand an ihrer Schulter spüren, warm, durch den Stoff ihres Shirts.
Behutsam streichelte sie mit den Händen an seinem Oberkörper hinab, ließ ihre Fingerspitzen dann am Badetuch ruhen.
Sie spürte Gs tiefe Atembewegungen gegen ihre Haut.
“Mach ' weiter, Kalinka!” raunte seine Stimme leise an ihrem Ohr.
Harriett spürte seine Hand über ihre Schulter sanft zu ihrem Nacken streicheln, sie fühlte Gs Lippen an ihrer Wange, leicht, zart über ihre Haut, bis zu ihren Lippen.
Sein Kuss wurde leidenschaftlich, Harriett schmiegte sich an ihn, ließ ihre Arme um seine Seiten rutschen, bemüht, ihre Fingerspitzen dabei ein wenig unter den weichen Stoff des Badetuches streicheln zu lassen.
Sie mochte es zu spüren wie G es genoss.
Das Streicheln seiner Fingerspitzen an ihrem Nacken war sanft.
Sein Atmen wurde tief.
Er begann ganz behutsam, sie aus dem Badezimmer zu schieben, hielt sie dabei sacht, führte sie rückwärts, mit ganz kleinen Schritten aus dem Badezimmer, mit verhaltener Kraft, sie nah an sich haltend.
G drückte sie mit seinem Körper behutsam nach hinten auf die Matratze als sie den Bettrand in ihren Kniekehlen spürte, Harriett ließ sich bereitwillig niedersinken, auf die weiche Decke, hielt sich an ihm fest, zog ihn mit sich hinunter.
Sie genoss die Nähe seines Körpers als er sich an ihre Seite rutschen ließ,
wandte sich ihm zu, legte ihre Hand leicht an seine Wange.
Das Blau von Gs Augen leuchtete geradezu in der Helligkeit des Schlafzimmers.
Harriett ließ ihren Blick langsam über sein Gesicht wandern.
Die kleine runde Narbe an der rechten Augenbraue, von der sie noch nicht wußte, welchen Grund sie hatte.
Eine kleine Sommersprosse hatte sich in seinen Haaransatz links verirrt.
Ganz vereinzelt begannen ein paar graue Härchen sich in seine Augenbrauen zu mischen, ebenso in seinen kurzen Bart.
Sie kannte ihn gar nicht glatt rasiert, nur mit diesen kurzen dunklen Stoppeln über Oberlippe, Wangen, Kinn und Hals, die ihm ein unglaubliches rauhbeiniges Aussehen gaben, das sogar den damals geradezu vergötterten Sonny Crocket aus Miami Vice ziemlich alt aussehen ließ.
Falls jemals mal auf die Idee kommen würde, eine Fernsehsendung über Callens Job zu drehen, er würde mit Sicherheit der Star werden!
“Du lächelst?” .
Gs Blick strich zärtlich über ihr Gesicht.
Er wirkte ruhig, entspannt, ausgeruhter als am Morgen.
Harriett spürte seinen Daumen leicht über ihre Wange streicheln.
Rasch wandte sie den Kopf und berührte mit den Lippen nachdrücklich seine Handinnenfläche bevor sie ihn wieder ansah.
“Ich genieße gerade den Luxus, wieder so nah bei Dir sein zu dürfen, Goliath!”
G lächelte.
Ungewohnt amüsiert.
Sie hatte sich angewöhnt, ihn mit verschiedenen Namen anzureden, zumindest, wenn sie alleine waren.
Es war ein bisschen riskant, sie wusste das, denn Leute definierten sich über ihre Namen, und Gs war nicht vollstädnig.
Doch ihm schien diese verbale Liebkosung zu gefallen.
Jetzt ließ er sich etwas über sie sinken und küsste sie.
Harriett ließ ihre Hände langsam über seinen Rücken streicheln.
Ihre Fingerspitzen berührten dabei die Narbe an seiner Schulter.
Sie zuckte dann immer ein wenig, zumindest innerlich, zurück, als fürchtete sie, die Berührung könne ihm noch weh tun.
G hatte nie über Schmerzen geklagt.
Doch die Integrität seine Körpers war verletzt, zusammen offensichtlich mit der seiner Seele.
Harriett spürte Gs Hände leicht über ihre Seiten streichen, unter den Stoff ihres Shirtes, warm über ihre Haut.
Noch immer nahm ihr die Berührung im ersten Moment den Atem, erst recht, nachdem sie sich so lange nach ihm gesehnt hatte.
Gs Lippen rutschten von den ihren.
Sie streichelten über ihre Wange, langsam ihren Hals hinab, sie mochte das Kratzen seiner Bartstoppeln auf ihrer Haut, genoss es.
Es war, wie immer, eine unendlich liebevolle Geste, mit der Gs Finger den Stoff ihres Shirtes faßten, er es ihr über den Oberkörper streifte, es neben sie auf die Matratze fallen ließ.
Seine blauen Augen suchten die ihren während er seinen rechten Arm über ihrem Kopf auf die Matratze legte, seine Finger sacht an ihren Haaren streicheln ließ.
“Alles in Ordnung? Sind wir gut?”
Er hatte sich noch ein wenig über sie gebeugt.
Sein Körper war schwer an ihrer Seite.
Sein Blick ruhte sanft, fragend auf ihrem Gesicht.
Harriett schenkte ihm ein Lächeln.
Für einen langen Moment ließ sie ihre Fingerkuppen über seinen Unterarm, über die feinen weichen dunklen Härchen dort streicheln.
“Ja, alles in Ordnung. Oder?”
Sie ließ ihre Finger weiterstreichen, über seinen Arm hinauf, bis zu seiner
Schulter.
Seine Haut war warm, weich.
Er roch betörend.
G räusperte sich leicht.
Er wandte rasch den Kopf und drückte einen kleinen Kuss auf ihre Hand an seiner Schulter.
Dann sah er sie wieder an.
“Da war nichts mit der anderen.”
Sein Gesichtsausdruck war sehr offen, zugetan.
Ehrlich.
Harriett glaubte ihm unbedingt.
Und sie rechnete ihm hoch an, dass er es sagte.
“Das weiß ich, mein Großer.”
G nickte leicht.
Er senkte den Kopf, über ihren Oberkörper, ließ seine Lippen Richtung ihres Brustbeines streichen, über ihre Brust, sanft am Stoff ihres BHs entlang.
Sein Atem an ihrer Haut war warm, ein zusätzliches sanftes Streicheln.
Harriett sah für einen Moment auf seinen Hinterkopf, auf seine raspelkurzen Haare bevor sie ihre Rechte darauf legte, behutsam darüber streichelte, gegen den Strich, wie sie es so gerne tat.
Dann ließ sie ihre Fingerkuppen weiterrutschen, seinen Nacken entlang, über seinen Rücken hinunter bis zu dem Badetuch, mogelte ihre Hand unter den dicken weichen Stoff, der lediglich auf Gs Hüften hielt, weil er eine Ecke des Tuches unter die Runden gesteckt hatte, die die Bewegungen ihrer Finger nun sofort lockerten.
G hob den Kopf und sah sie an.
Der Blick seiner Augen war ein bisschen verhangen.
Harriett schenkte ihm ein kleines Lächeln, reckte den Kopf und drückte ihm einen raschen Kuss auf die Lippen bevor sie sich auf der Matratze langsam nach unten rutschen ließ.
Sie ließ die Fingerspitzen ihrer linken Hand dabei sacht über seinen Oberkörper hinab rutschen und sie bemühte sich, ihren Fingern eine Reihe von Küssen folgen zu lassen, sanft, nachdrücklich auf Gs warme, weiche Haut platziert, langsam seinen Oberkörper hinab.
G ließ es für einen Moment fast reglos geschehen bevor er sich langsam auf den Rücken sinken ließ.
Harriett rollte sich leicht herum.
Sie legte ihre Hand auf Gs Bauch, sah ihn an.
Er hatte die Augen halb geschlossen.
An ihren Fingern konnte sie seine tiefen Atemzüge spüren.
Das gelockerte Badetuch hatte einen verfüherischen Weg abwärts genommen.
Harriett spürte Gs Hand leicht an ihrem Arm hinauf streichen während er er träge den Kopf wandte, sie ansah.
Er wirkte entspannt, ruhig.
Das kam nicht oft vor und Harriett mochte es um so mehr.
Sie beugte sich über seinen Oberkörper und setzte die Reihe ihrer Küsse fort wo sie unterbrochen worden war, ließ ihre Zungenspitze langsam ein paar Mal leicht um seinen Bauchnabel kreisen.
Die feinen Härchen dort kitzelten ihre Lippen.
G stöhnte leise, behaglich.
Harriett konnte spüren, wie seine Hand an ihrem Arm sich ein wenig verkrampfte.
Langsam, vorsichtig ließ sie ihre Rechte über seine Hüfte streicheln, über seine Leiste, schob ihre Finger sacht über seine warme Haut unter den lockeren Stoff des Badetuches.

Die Weihnachtsfeier war schon in vollem Gange als sie an der Einsatzzentrale eintrafen.
Harriett staunte darüber, wie schnell es gelungen war, das Haus weihnachtlich zu schmücken.
Lichterketten mit kleinen Lämpchen und grüne Girlanden umschlangen die Geländer.
In der Mitte des Hauses, dort wo sich die Wege aus den vier Richtungen kreuzten, stand eine große Palme in einem Terracotta-Topf, mit vielen glitzernden glimmernden Anhängseln in den unterschiedlichesten Formen.
Geschenkkartons in verschiedenen Größen lagen auf dem Boden davor.
Stehtische waren verteilt, und kleine Tische mit Häppchen auf Platten, appetitliche Schnittchen und Snacks, es gab zwei kleine Fäßchen Bier, Flaschen, und Gläser für Sekt und Orangensaft.
Es waren nur die engsten Mitarbeiter von Hetty hier.
Harriett sah Nate, den Team-Psychologen, bei Eric und Nell stehen und mit ihnen plaudern.
Kensi sprach mit Hetty und Deeks stand bei Sam, sprach mit ihm, wobei Sam nur allzu deutlich anzusehen war, dass er ihm gar nicht zuhörte.
Er schien froh zu sein als er sie jetzt hereinkommen sah.
Sofort ließ er Deeks stehen und kam ihnen entgegen.
Harriet fühlte sich etwas nervös.
Es war das erste Mal, dass G sich mit ihr so offiziell zeigte, mit ihr vor seine Arbeitskollegen trat, ihre Hand in seiner Rechten.
Es schien für ihn selbstverständlich.
Bisher hatte sie ihn erst einmal begleitet, zum Geburtstag von Sams kleiner Tochter Sasha.
Es war ein kurzer Besuch gewesen, ein Geschenk vorbei bringen, eine Tasse Kaffee, Harriett hatte gemerkt, dass es für G eine willkommene Gelegenheit war, sie seinem Partner vorzustellen.
Erstaunt hatte sie an diesem Tag zur Kenntnis genommen, dass Sams hübsche Frau Kendalya nicht die geringste Ahnung hatte, was ihr Mann beruflich machte.
Irgendwie lebte sie in dem Glauben, ihr Mann Sam und sein Freund G arbeiteten als Vertreter.
G hatte ihr später im Auto, auf der Fahrt nach Hause erklärt, dass auch sie eine solche Legende von ihm zu hören bekommen hätte, hätten sie sich unter normalen Umständen kennen gelernt.
Doch Harriett wusste nur zu gut, dass sie G unter normalen Umständen niemals getroffen, mit ihm zusammen gekommen wäre!
“G, schön, dass Du da bist!” meinte Sam jetzt zu seinem Partner, als er sie erreichte, dann spürte Harriett seinen Blick auf sich.
“Hallo Harriett! Nett, Dich zu sehen!”
Sein Lächeln war ruhig, freundlich, ehrlich.
Harriett mochte Sam sehr gerne.
Er ging sehr freundschaftlich, sehr nachsichtig mit G um, und G sprach sehr gut von ihm.
“Hallo Sam! Danke! Schön, Dich zu sehen!”
“G, ein Bier?”
Harriett bemerkte, dass Sam sofort an Gs anderer Seite war, ihm einen kurzen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter gab bevor er zu ihr herüber sah.
“Harriett, was trinkst Du?”
“Ich she' mir das gleich erst einmal alles an, danke!” gab Harriett zurück und lächelte ihm zu.
Sie hätte gerne ein Gläschen Sekt gehabt!
Aber sie vertrug Alkohol so schlecht!
In der Zwischenzeit waren sie bei den anderen angekommen.
Harriett fing Kensis kleines Lächeln auf, sah aber auch gleichzeitig, wie Deeks versuchte, einen leicht erstaunten Blick mit ihr zu tauschen.
Auch Nell lächelte ihr zu.
Eric grinste.
Nates Blick, ganz Psychologe ohne jemals in den Feierabendmodus wechseln zu können, glitt analysierend von G zu ihr.
Sam hatte sie in der Zwischenzeit zum einem der Tischchen mit dem Bier geführt.
Er nahm, ohne zu fragen, eine der braunen Flaschen, öffnete sie geschickt und reichte sie G.
Der nahm sie sofort.
Harriett verstand nach einem langen Moment, dass Sam und G so aufeinander eingespielt waren und sich so gut kannten, dass Sam wusste, was er gerne trank.
“Harriett?”
Sam reichte ihr eines der Sektgläser, in denen die rosafarbene Flüssigkeit ganz feinblasig perlte, Harriett konnte nicht widerstehen.
“Danke schön, Sam!”
Aus dem Nichts war Hetty plötzlich neben ihnen aufgetaucht.
Harriett wusste, dass das eine ihrer Spezialitäten war, G hatte ihr davon erzählt, dass es ihr immer wieder gelang, fast lautlos irgendwo zu erscheinen.
“Miss Wycombe, schenken Sie mir bitte ein paar Minuten Ihrer zweifellos sehr kostbaren Zeit mit Mister Callen?” meinte sie zu ihr, gewohnt liebenswürdig.
Eines ihrer weiteren Merkmale war, dass es ihr immer wieder gelang, Sachen genau auf den Punkt zu bringen.
“Natürlich, Miss Lang.” gab Harriett zurück, unangenehm berührt.
Sie empfand Hetty Ton als ernst.
Beunruhigend.
Unpassend für eine Weihnachtsfeier.
Ob sie ihr noch einmal die Leviten lesen wollte wegen heute Morgen?
“Ich bin gleich wieder da, G!”
Rasch ließ sie ihre Hand möglichst unauffällig über Gs Arm streichen, G, in ein Gespräch mit Sam vertieft, sah sie sofort an.
“Bitte, gestatten Sie, Mister Callen, dass ich mich ein paar Minuten alleine mit Miss Wycombe unterhalten möchte!” meinte Hetty zu ihm.
G wurde sofort misstrauisch.
Seine Augen wurden schmal und er legte sofort den Kopf ein wenig schief.
“Alles in Ordnung, Hetty?”
“Alles Bestens, Mister Callen!” versicherte ihm Hetty sofort, gelassen.
“Bitte widmen Sie sich ganz in Ruhe Ihrem Bier und seien Sie versichert,
dass ich Ihnen Miss Wycombe in wenigen Augenblicken unbeschadet zurückbringen werde! Miss Wycombe … “
Sie wies auffordernd zu der einzigen überdachten Ecke des Raumes, mit einem Schreibtisch und einem bequem aussehenden Korbstuhl davor, Paravents dahinter.
Tücher hingen daran
Sideborads mit vielen kleinen Schubladen standen an den Wänden, überfüllt mit Kram, überall gab es etwas zu gucken.
Harriett schenkte G ein schnelles Lächeln, er brauchte ihre Besorgnis nicht zu spüren.
“Danke.” meinte sie dann zu Hetty, die sie Richtung der kleinen Büroecke vorangehen ließ.
“Bitte, nehmen Sie Platz, Miss Wycombe!” meinte Hetty zu ihr und wies auf den Korbstuhl.
“Danke.” meinte Harriett noch mal und setzte sich.
Es schien ihr befremdlich, nur ein paar Meter entfernt von den anderen, von der Feier, über irgendetwas Un-Feierliches zu sprechen.
Hetty blieb neben ihrem Stuhl stehen.
Somit war die Nicht-Hörbarkeit für die anderen gewährleistet!
Für Harriet war das noch unangenehmer.
Sie mochte es nicht, vor Respektspersonen zu sitzen während diese bei ihr standen.
“Ich habe mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, dass Mister Callen und Sie sich näher gekommen sind!” meinte Hetty nun zu ihr, ruhig wie immer.
“Sicher muss ich Sie nicht darauf hinweisen, aus welch schwierigen, um nicht zu sagen, unklaren Verhältnissen Mister Callen stammt; ich bin mir sicher, dass Sie das schon gemerkt haben! Ich wünsche mir, dass es Ihnen gelingt, ein bisschen mehr Ruhe in sein Leben zu bringen!”
Harriett atmete tief aus.
Natürlich wusste Hetty genau, wovon sie sprach!
Harriett hatte den Verdacht, sie wusste sogar noch eine ganze Menge mehr!
“Ja, das wäre schön!”
Sie sagte absichtlich nicht mehr.
Sie wollte Hetty zum Reden bringen, sie sollte ihr mehr von G erzählen ohne dass sie danach fragen musste.
“Seine Vergangenheit liegt im Dunkeln.” fuhr Hetty nach einem langen Moment des Schweigens fort.
“Das macht ihn manchmal unsicher, wütend! Und das macht ihn angreifbar! Vielleicht gelingt es Ihnen, für mehr Stabilität in seinem Leben zu sorgen! An seiner Arbeit gibt es zwar nichts auszusetzen, aber ich denke, er würde davon profitieren!”
“Ich will mich bemühen!” gab Harriett vorsichtig zurück.
Hetty nickte.
“Ich weiss, dass das nicht einfach ist!” meinte sie.
Ihre Stimme wurde eine Spur sanfter, vertrauter.
“Ganz ehrlich, ich bin erstaunt, dass Mister Callen überhaupt jemanden so nah an sich heran läßt! Es ist sicher schwierig für Sie! Aber als sie hier vorhin zusammen hereingekommen sind … nun, es machte einen sehr guten Eindruck auf mich!”
Harriett verspürte an diesem Punkt keinerlei Bereitschaft mehr, Gs Vorgesetzter an ihrer Beziehung, an ihren Gefühlen für ihn teilhaben zu lassen.
Sicherlich, sie war bemüht, besorgt um ihn!
Aber dennoch sollte eine gewisse Grenze gezogen werden.
Hier und jetzt!
Sie hatte zwanzig Jahre lang bei einem Psychiater gearbeitet und sie war alt genug für gesunde Menschenkenntnis!
Und sie verließ sich am Liebsten auf ihre Intuition!
“Danke Hetty! Das ist sehr nett von Ihnen! Ihnen ist auch sehr viel an G gelegen, nicht wahr?”
Hetty machte für einen Moment den für sie typischen spitzen Mund, ein kleines Zeichen des Erstaunens, das bei ihr immer so hübsch wirkte bei ihrem Ältere-Dame-Gesicht und ihren sorgsam unauffällig geschminkten Lippen.
“Mir liegt jeder unserer Mitarbeiter am Herzen, Miss Wycombe!”
Es klang beinahe ein bisschen vorwurfsvoll.
Harriett musste lächeln.
Natürlich konnte, durfte sie nicht zugeben, dass G ihr Liebling war.
Doch die kleinen Zeichen, die dies verrieten, bemerkte selbst ein Blinder!
Nate hatte G mit einer kleinen Kopfbewegung in ihre Richtung auf sie aufmerksam gemacht, Harriett hatte es aus dem Augenwinkel gesehen.
Er sprach kurz mit ihm.
Jetzt setzte G sich tatsächlich in Bewegung und kam zu ihnen, machte den kleinen Schritt das Podest hoch, auf dem sich dieses Büro befand.
Er blieb direkt neben Hetty stehen, ein paar Zentimter näher zu ihr am Stuhl.
Harriett fing kurz seinen Blick auf, lächelte rasch.
“Alles in Ordnung?”
Sie mochte seine Art, wie er direkt ohne Umschweife, unverkrampft fragte, Hetty hatte ihn vorhin gebeten, zurück zu bleiben, doch G setzte seinen Kopf durch, präsent, selbstsicher.
Seine Stimme klang ein ganz kleines bisschen warnend, stand im krassen Gegensatz zu seiner fast lässigen Haltung mit den vor dem Oberkörper verschränkten Armen und der Flasche Bier in der Hand.
Einzig sein Stehen auf dem Boden, fest, mit leicht auseinander gestellten Beinen, verriet Stärke und die Bereitschaft, es auf eine Diskussion ankommen zu lassen.
“Hetty?”
Sein Blick zu ihr war wachsam.
War er neugierig, was zwei Frauen zu besprechen hatten oder sorgte er sich um sie weil er Hetty zu gut kannte, Harriett vermochte seine Intervention nicht einzuordnen, tippte aber auf Letzteres.
Hetty lächelte zu Callen hoch.
“Es tut mir leid, wenn das für Sie zu lange gedauert hat, Mister Callen! Aber ich hatte eine reizende Unterhaltung mit Miss Wycombe!”
“Über mich?”
Gs Erwiderung war nicht wirklich eine Frage, mehr eine Feststellung.
“Natürlich über Sie!” stimmte Hetty ihm zu.
“Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch etwas zu erledigen! Miss Wycombe, es hat mich gefreut! Und vergessen Sie nicht, die Mignardise zu probieren, die sind wundervoll!”
Sie verschwand durch die beiden Paravents davon.
“Die … was?”
Harriett sah irritiert zu G während sie aufstand.
Sie war nicht mehrsprachig.
Manchmal beneidete sie all die Leute hier, die sich in den verschiedensten Sprachen – teilweise auch in recht exotischen – verständigen konnten.
“Süße Häppchen.” übersetzte G ihr sofort.
“Vermutlich weiß sie von Deinem süßen Zahn.”
Harriett blieb ganz dicht bei ihm stehen.
“Du sagst immer, Hetty wüsste alles?”
“Deswegen auch die Mignardise!” gab G zurück, beugte sich rasch zu ihr hinab und küsste sie.
Harriett musste lächeln.
Es schmeichelte ihr unheimlich, dass G sich hier so offen, vor allen, zu ihr bekannte.
Sie ließ ihre Hand leicht über seinen Arm streichen.
“Dann möchte ich sie jetzt auch probieren.”
“Dann komm!” meinte G auffordernd.

Er fragte nicht weiter nach dem Gespräch mit Hetty.
Er fragte nicht mal auf dem Heimweg, allein im Auto, den sie nicht zu spät antraten, weil Harriett dies ein bisschen forcierte.
Denn G war müde.
Seine Augen waren klein, auch wenn er sich prächtig zu amüsieren schien mit seinen Arbeitskollegen, sie lachten und scherzten, und dennoch sah Harriett ihn zweimal verstohlen gähnen.
Auch Sam wirkte nach einer Weile ein wenig matt, je nachdem, wo sie ihren Einsatz gehabt hatten und dann noch eine Zeitverschiebung dazu kam, so hatte der Nachmittag nicht ausgereicht um sich vollständig zu erholen.
Und so setzte Harriett auf ein frühes Ende.
G schien das gar nicht so unrecht.
Zumindest ließ er sich nicht lange bitten!
“Nette Leute!” meinte Harriett einfach als sie vor dem Haus aus dem Wagen gestiegen waren.
“Du kennst sie doch alle!” meinte G über seinen Wagen hinweg zu ihr.
“Ja.” stimmte Harriett ihm zu.
“Bisher kannte ich sie aber nur vom Stechen!”
“Leute können sehr nett sein wenn man nicht ständig mit Nadeln vor ihnen auftaucht!” gab G zurück.
Harriett musste lächeln während sie sich dem Haus zuwandte.
Auf dem Boden vor sich, vor ihren Füßen, sah sie einen roten Punkt vorbeihuschen.
Wie einen Laserpointer.
Er bildete sekundenlang eine flirrende dünne rote Linie als er sich in einer der Fensterscheiben der Erdgeschosswohnung unten rechts spiegelte.
“Harriett! Runter!”
Die kleinen losen Steine auf dem Gehweg knirschten unter Gs Laufschritt, seine Stimme war laut, überschlug sich fast während er über den Weg rannte und sie dann mit einem Hechtsprung von den Füßen riss,
auf den Rasen rammte.
Sein Körper traf sie mit voller Wucht.
Harriett blieb die Luft weg.
Es knallte zwei Mal.
“Bleib' unten!”
G war sofort wieder auf den Füßen, verschwand im Dunkeln, Harriett sah sich gar nicht in der Lage, aufzustehen nach dem harten Aufprall auf dem Boden.
Ihr Körper fühlte sich geschockt an, gelähmt, während ihr Kopf gar nicht mit dem hinterher kam, was passiert war.
Es war still.
Das Licht der Hauseingangsbeleuchtung fiel bis auf den Treppenaufgang.
Sie lag halb im Gebüsch.
Ihr Shirt war am Rücken etwas hochgerutscht und kleine Äste pieksten sie dort an der Haut.
Sie fühlte feuchte Erde an ihrer Wange.
Es war ruhig auf der Straße.
Keine Autos, keine Fußgänger.
Selbst von G waren keine Schritte zu hören.
Im gegenüber liegenden Wohnblock waren ein paar Fenster erleuchtet.
Das Licht am Hauseingang verlöschte.
Angestrengt rappelte sie sich auf die Ellenbogen hoch.
Ihre Schulter tat weh.
Genau dort hatte Gs Schulter sie mit voller Wucht getroffen.
Ihr Nacken schmerzte.
Der Aufprall hatte ihren Kopf vor- und zurückgerissen, eine Bewegung wie bei einem Auffahrunfall.
Ihre Stirn war auf den Boden geschlagen bevor sie mit den Händen hatte den Sturz abfangen können.
“Harriett? Harriett, wo bist Du? Kalinka, alles in Ordnung?”
G kam wie aus dem Nichts aus dem Dunkel über den Weg, über den Rasen gelaufen, warf sich neben ihr auf die Knie und zerrte sie vom Boden hoch, zu sich.
“Alles in Ordnung? Bist Du verletzt?”
“Nein, nein, alles in Ordnung, mir geht es gut! Was ist mit Dir?”
Im ersten Moment konnte sie nur ganz unbeweglich geschehen lassen, dass er sie an sich zog.
“Alles in Ordnung!”
Sie hörte das kleine Beben in seiner atemlosen Stimme, seine Bewegungen waren ungestüm.
Während er sie mit seinem linken Arm fest an seinen Körper preßte, langte er mit der Rechten zu seiner hinteren Hosentasche und zog sein Mobiltelefon heraus.
Harriett spürte sein rasches Atmen gegen ihre Brust.
Gs Finger glitten hastig über das große Display, Harriett sah in dessen Lichtschein, wie er die Zeile 'OPS' aktivierte.
Er preßte das kleine Telefon an sein Ohr.
“Ich bin's, Callen!”
Seine Stimme war noch immer atemlos, klang ganz ungewohnt aufgeregt.
“Auf uns ist gerade geschossen worden … ja, Harriett und mich! Nein, uns geht es gut! Mandalay Road Fünfundsiebzig. Ja, wir bleiben hier! Beeilt euch!”
In der Ferne war die Sirene eines Streifenwagens zu hören.
Harriett konnte Gs schnellen, harten Herzschlag durch sein Shirt an ihrem
Oberkörper spüren, so fest hielt er sie an sich gepreßt.
Er zitterte sogar leicht.
Jetzt ließ er das Telefon sinken und sah sie an.
Sein Gesichtsausdruck war besorgt, alarmiert, seine schönen blauen Augen groß.
Harriett ließ ihre Hand sanft, beruhigend über seinen Oberkörper streichen.
“Geht es Dir gut? Ist alles in Ordnung?”
Die Sirene des Streifenwagens näherte sich rasch.
“Nein!” antwortete ihr G.
Er sah sich rasch um, sah sie dann wieder an.
Seine Antwort hatte schnell, entschlossen geklungen, und auch ein wenig erschüttert.
“Auf uns ist gerade geschossen worden, hier ist gar nichts in Ordnung!”
Harriett rappelte sich in seiner Umarmung auf und streichelte mit der Hand zärtlich über seine Wange.
Sie fühlte sich sehr ruhig.
Ihr Kopf schien das soeben Geschehene ausgeschlossen zu haben!
Das zuckende Blaulicht erhellte die Straße ein paar Sekunden bevor der Streifenwagen abrupt vor dem Haus stoppte.
Der Beamte auf dem Beifahrersitz stieg rasch aus, sah sich hastig um, sah zu ihnen und kam dann in ihre Richtung.
“Sir, uns sind Schüsse gemeldet worden!”
G griff in seine Jackentasche und nahm seinen Ausweis heraus, klappte ihn auf, hielt ihn dem Beamten entgegen.
“Federal Agent G Callen vom NCIS!”
“Sir, haben Sie geschossen?” fragte der andere Beamte jetzt, der dazukam.
“Nein!” gab G zurück.
“Auf uns ist geschossen worden!”
“Haben Sie eine Waffe bei sich?”
“Nein!”
Die beiden Beamten waren jetzt heran.
“Benötigen Sie eine Ambulanz? Sind Sie verletzt?”
Sie sahen von G zu ihr und dann wieder zurück.
Harriett schüttelte den Kopf.
“Nein, danke! Alles in Ordnung!”
“Erlauben Sie uns, in Ihrem Wagen zu warten bis mein Team kommt?” meinte Callen zu den Beamten während er nun langsam aufstand und sie mit auf die Füße zog.
In seinem Ton klang seine übliche Selbstsicherheit allmählich wieder mit und es hörte sich nicht an, als ob er fragte sondern forderte.
“Ich habe gerade angerufen, sie werden in ein paar Minuten hier sein!”
Harriett spürte seinen fragenden Blick auf sich.
G hielt sie noch immer sehr fest.
Sie fühlte sich ein bisschen daneben und versuchte, sich zusammen zu reißen, lächelte ihm ruhig zu.
“Natürlich, Sir!” gab der eine Beamte sofort zurück und wandte sich gleich dem Streifenwagen zu.
“Waren Sie in der Lage zu erkennen, aus welcher Richtung die Schüsse kamen?”
G machte eine rasche Kopfbewegung rechts die Straße hinab.
“Sie sind von dort gekommen! Muß ein höheres Gebäude gewesen sein, der Ziellaser hat sich von oben in einer Scheibe gespiegelt! Komm!”
Letzteres war an sie gerichtet, er zog sie sacht mit in Richtung des Wagens, Harriett entging nicht, dass er sich dabei nach allen Seiten umsah.
Sein Griff war fest, er hatte sich fast ein wenig über sie gebeugt, nahezu eine beschützende Haltung eingenommen.
“Sir, wir benötigen bitte Ihre Ausweise!” meinte der Beamte am Auto, der ihnen hinten rechts die Tür öffnete.
G nickte ihm zu.
Harriett spürte, wie er sie sehr bestimmt auf die Rückbank des Wagens schob.
Dann stellte er sich in die offene Tür während er dem Beamten seinen Ausweis reichte.
“Deinen Ausweis, bitte!”
Harriett nahm ihn aus ihrer Handtasche und reichte ihn G, der ihn an den Beamten draußen weitergab.
Dieser hatte mittlerweile angefangen, sich Notizen zu machen.
Harriett rutschte auf der Rückbank in die Mitte.
Doch G machet keine Anstalten, ebenfalls einzusteigen.
Wenn wirklich vorhin auf sie geschossen worden war und der Täter sich noch in der Nähe befand, so war er neben dem Auto in Lebensgefahr!
Doch sie traute sich nicht, ihn vor den Polizisten darauf anzusprechen.
Mit einem Mal war ihr kalt.
Ein zweiter Streifenwagen erreichte die Szene und setzte sich vor den Ersten.
Beide Beamte stiegen aus.
Nur einen Moment später hörte sie ein drittes Auto anhalten.
Sie konnte erkennen, wie Gs Aufmerksamkeit sich auf etwas hinter den Streifenwagen richtete.
Dann beugte er sich zu ihr in das Wageninnere.
“Sam ist da! Komm! Er bringt uns zurück!”
Er reichte ihr seine Hand.
Harriett sah Sam hinter ihm auftauchen.
Sie konnte erkennen, dass auch er sich nach allen Seiten umsah.
Das erste Mal, seit sie ihn kannte, wirkte er beunruhigt.
Sie ergriff Gs Hand.
An der Wärme seiner Haut spürte sie, wie kühl die ihre war.
Sie fror.
“Alles in Ordnung, Harriett?” fragte Sam als sie ausstieg.
Sein Blick zu ihr war prüfend, besorgt.
“Danke, Sam, ja! Alles gut!”
Harriett spürte, wie der Ernst der Situation nun ein bißchen näher an sie heranrückte.
G legte seinen Arm um ihre Schultern und hielt sie dicht an sich gedrückt während sie hinüber zu Sams Auto geradezu eilten, das hinter dem Streifenwagen stand.
Ihr fiel auf, dass Sam mit seiner muskulösen Körperfülle fast ihre andere Körperseite abdeckte, er öffnete die Beifahrertür seines Wagens, klappte den Sitz um, die Beiden standen eng um sie während G sie fast auf die Rückbank schob.
Man hätte beinahe denken mögen, es wäre auf sie geschossen worden.
Dabei hatte sie nicht mal den gefährlichen Job von ihnen Beiden.
G ließ den Sitz zurückschnappen und lehnte die Tür an den Rahmen.
Es machte Harriett nervös, dass er nicht mit einstieg.
Die Schüsse hatten doch nicht ihr gegolten!
Oder?
Sekundenlang fühlte sie sich verunsichert.
Durch das Wagenfenster vorne auf der Beifahrerseite konnte sie sehen, wie der Polizist G ihre Ausweise wiedergab.
G öffnete die Beifahrertür und stieg ein, ließ sich auf den Sitz fallen, schlug die Tür zu.
Sam stieg auf der Fahrerseite ein und startete den Motor.
“Hetty hat gesagt, ich soll euch zum OPS bringen damit geklärt werden kann, wer dahinter steckt!” meinte er und es war kein Vorschlag von ihm sondern eine Ansage.
Während er sie dies wissen ließ, lenkte er den Wagen schon auf die Straße.
G wandte sich zu ihr um und reichte ihr ihren Ausweis.
Der Blick seiner blauen Augen zu ihr war prüfend.
“Alles in Ordnung?”
Harriett versuchte, ihn mit einem Lächeln zu täuschen.
Mittlerweile fühlte sie sich angreifbar, verletztich, verunsichert.
War ihr Leben wirklich in Gefahr?
“Ja, alles wunderbar, danke.”
Sie ließ ihre Finger absichtlich sanft über seine Hand streicheln während sie zu ihrem Ausweis griff.
“Wie geht es Dir? Alles gut?”
Gs Hand war warm.
Er lächelte nicht, Harriett schätzte ihn so ein, dass er es vor Sam nie zugegeben hätte wenn es ihm schlecht gegangen wäre.
Doch sein Blick zu ihr war zärtlich, liebevoll, bevor er sich wieder nach vorne wandte.
“Was war da los, G?” fragte Sam eindringlich während er den Wagen über die Straße lenkte.
Harriett steckte ihren Ausweis wieder ein.
“Auf uns ist geschossen worden.” antwortete ihm G.
“Zwei Schüsse, ich tippe auf Laserzieleinrichtung, ich habe kurz vorher das Spiegeln in einer Scheibe gesehen! Wahrscheinlich kamen die Schüsse von oben, die Spiegelung war schräg! Ich denke, vom Hochhaus gegenüber! Konnte nicht nachsehen weil … “
Er brach ab.
Harriett sah im Rückspiegel seine kleine Kopfbewegung nach hinten, in ihre Richtung.
Sam stimmte mit einem kleinen unbestimmten Laut zu.
G war nicht weiter nachsehen gegangen weil er sie, Harriett, nicht alleine lassen wollte.
Sam verstand es ohne große Worte von seinem Partner, natürlich.
Harriett fühlte sich gerührt.
Aber auch noch unsicher.
War das der Punkt, an dem ihre Beziehung begann, für seinen Job gefährlich zu werden?
Weil er seine Arbeit nicht mehr uneingeschränkt ausführen konnte, aus Rücksicht auf sie?
Das war etwas, das nicht passieren durfte!
“Ist Dir nichts aufgefallen auf dem Weg zurück?” fragte Sam mit einem raschen Blick von der Straße zu seinem Partner.
G schüttelte den Kopf.
“Nein.”
“Wer wusste alles, dass ihr dorthin fahrt?” fragte Sam weiter.
“Nur wir beide.” antwortete ihm C.
Dann zuckte er die Schultern.
“Du vielleicht auch. Hetty ...”
“Harriett, ist Dir etwas aufgefallen?” erkundigte sich Sam bei ihr und sah sie im Rückspiegel fragend an.
Harriett schüttelte den Kopf.
“Nein. Überhaupt nichts! Ich hab' mir auch bei dem roten Punkt nichts gedacht!”
“Musstest Du auch nicht!” gab Sam überaus sanft zurück.
Harriett fing sein wohlwollendes Lächeln kurz im Rückspiegel auf.
Sie erwiderte es.
Mittlerweile fühlte sie sich nicht mehr ganz so unbedarft.
Entweder wollte sie jemand umbringen oder Gs Leben war in Gefahr!
Eine Bedrohung hing über ihnen und wurde von Augenblick zu Augenblick realer, greifbarer für sie.
Dies hier war echt!
Es war keiner von Gs und Sams Fällen mit unbekannten Personen irgendwo draußen, von denen er ihr kaum etwas erzählte wenn sie nach Hause kamen.
Manchmal las sie etwas von erschossenen Leuten in den Nachrichten, von aufgedeckten kriminellen Machenschaften, von verhinderten Entführungen und vereitelten Anschlägen.
Sie fragte sich dann schon insgeheim, ob G etwas damit zu tun hatte.
Ob er tagsüber Menschen erschossen hatte wenn er sie abends im Bett umarmte?
Jetzt war sie mitten drin!
Sam lenkte den Challenger auf den Hof der spanischen Villa.
Er stellte den Motor ab.
G stieg aus, klappte den Sitz zurück und reichte ihr die Hand, half ihr beim Aussteigen.
Er warf die Wagentür zu während er mit der Linken ihre Hand festhielt, sie zu sich zog und umarmte.
“Du zitterst.”
Seine Stimme klang besorgt.
Harriett schmiegte sich dankbar an ihn.
Sie genoss es, dass er beide Arme um sie legte, sie fest an sich drückte.
Sam ließ sie ganz rücksichtsvoll allein und ging voran ins Haus.
Die Tür stand weit offen, das warme Licht war einladend im Flur.
“War ein bisschen aufregend!”
Sie sah zu ihm auf.
Gs Blick zu ihr war besorgt.
Seine blauen Augen ruhten groß auf ihrem Gesicht, Harriett erkannte Wärme darin, Zärtlichkeit.
Er ließ sie los, zog seine Jacke aus und legte sie ihr sacht um die Schultern.
Seine Hand streichelte warm über ihre Wange, dann beugte er sich zu ihr hinab und küsste sie.
“Hast Du Angst, Kalinka?”
Er sah sie an.
Harriett lächelte ihm zu.
“Nicht, wenn Du bei mir bist!”
G atmete tief aus.
Harriett kam es so vor als hätte sie ihm mit diesem Satz viel zu viel Verantwortung aufgebürdet.
Die er nicht übernehmen wollte!
Sie ließ ihre Hand über seine Seite streichen.
“Ich habe Angst um Dich!”
G lächelte.
Zärtlich, warm.
“Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen!”
Er legte wieder seine Hand an ihre Wange, streichelte sie sanft.
Harriett intensivierte ihren Blick zu ihm.
“Ich mache mir keine Sorgen, G! Ich habe Angst um Dich! Du bist mir sehr wichtig!”
Sie konnte sein Gesicht wieder ernst werden sehen.
Langsam ließ sie ihre Hand weiter sacht über seine Seite streicheln.
Die drei magischen Worte waren zwischen ihnen noch nicht gefallen.
Harriett wären sie beinahe gerade eben herausgerutscht.
Doch sie hatte das Gefühl, gerade jetzt würde so ein Geständnis G komplett überfordern.
Also bog sie es gerade noch ab.
Es drückte auch so genug für ihn aus.
“Lass' uns 'reingehen!”
Gs Stimme war leise, zärtlich, liebevoll.
Seine Hand streichelte zu ihrem Hinterkopf, ein wenig durch ihre kurzen Haare während er ihr einen nachdrücklichen Kuss auf die Stirn drückte.
Dann zog er sie sanft mit sich.
Harriett schmiegte sich beim Hereingehen ein wenig in seinen Arm, der um ihre Schultern lag.
Von der unbeschwerten Weihnachtsstimmung war drinnen nichts mehr übrig.
Die Tische waren fortgeräumt.
Hetty saß hinten an ihrem Schreibtisch und tippte an ihrem Laptop.
Deeks stand im Gang, am Baum, und telefonierte.
Und Kensi kam von irgendwoher in ihren Weg, lächelte ihnen aufrichtig zu und meinte: “Zum Glück ist euch nicht passiert!”
“Danke!” meinte Harriett rasch.
“Habt Ihr schon 'was?” fragte G und sah sie an.
Seine Stimme klang wieder fest, geschäftsmäßig.
“Marty telefoniert gerade mit dem Departement wegen der Spurensicherung!” antwortete Kensi.
“Ich glaube, sie haben noch nicht viel! Nell und Eric checken die Aufzeichungen der umliegenden Verkehrskameras!”
“Gut! Treffen wir uns in zehn Minuten oben!” meinte G.
Kensi nickte.
Harriett merkte, wie G sie nach rechts zog.
Dort, hinter den Schreibtischen, die sich jeweils zu zweit gegenüber standen, befand sich eine kleine Sitzecke mit einer Couch.
G führte sie dorthin und drückte sie sanft in die weichen Polster.
“Bleib' hier! Ruh' Dich etwas aus! Ich geh' zur Besprechung mit den anderen nach oben! Du bist hier sicher!”
“Ich weiß!” gab Harriett beinahe heiter zurück.
G beugte sich zu ihr hinab und drückte ihr einen kleine Kuss auf die Lippen.
Harriett rechnete ihm das hier, in Sichtweite seiner Arbeitskollegen, an seinem Arbeitsplatz, hoch an, auch wenn er vorhin – während der Weihnachtsfeier – durchaus immer wieder kleine Zärtlichkeiten mit ihr ausgetauscht hatte.
Rasch streichelte sie mit der Hand über seinen Arm.
“Danke, Giacomo!”
Es tat ihr gut, ein kleines Grinsen auf Gs Gesicht zu sehen.
Aus dem Augenwinkel erkannte sie, wie Hetty aus ihrem Büro ihre Richtung einschlug und zu ihnen kam.
Sie war leise und unauffällig, Harriett konnte verstehen, dass G erzählte hatte, sie wäre wie ein kleiner Ninja.
“Mister Callen!”
Sie sprach ihn an als er sich schon halb zum Gehen gewandt hatte, offensichtlich, damit er blieb.
Dann nickte sie ihr zu.
“Miss Wycombe! Ich freue mich zu sehen, dass Sie alles gut überstanden haben, und ich bedauere sehr, was passiert ist! Mister Callen, ich habe gerade einen Anruf von der Homeland Security bekommen! Sie haben mir mitgeteilt, dass Kamira Hassardi vor drei Stunden aus ihrer Obhut entkommen ist! Sie hat die beiden Beamten überwältigt, die auf sie aufpassen sollten, ihnen ihre Schusswaffen abgenommen und ist geflüchtet!”
Harriett sah zu G.
Sah, wie er ganz kurz das Gesicht verzog, und fing dann seinen Blick auf.
Der Name schien für ihn Gewicht zu haben!
Sie wollte es nicht.
Dennoch fragte sie.
“Wer ist das?”
Im selben Moment jedoch fiel ihr die Antwort selbst ein.
Sie sah, wie G befremdlich schluckte.
Er tauschte einen Blick mit Hetty.
Dann sah er sie wieder an.
“Das ist die Frau, die Du heute Morgen gesehen hast!”
Harriett hätte das alleine noch nicht so befremdlich gefunden.
Die Frau hatte keinen bedrohlichen Eindruck auf sie gemacht.
Doch so wie Hetty und G davon sprachen schien mehr dahinter zu stecken!
Ob G sich doch mit ihr eingelassen hatte?
Er hatte 'Nein' gesagt.
Sie glaubte ihm.
Dennoch wirkte die Art, wie Hetty und G bei ihr standen, irgendwie alarmiert!
„Sie wirkte jetzt nicht so gefährlich auf mich!“
Hetty tauschte einen langen Blick mit G.
„Offenbar ist es ihr gelungen, uns alle zu täuschen, Miss Wycombe! Sie hat zwei ausgebildete Beamte überwältigt und ist mit deren Waffen auf der Flucht!“
Bisher hatte es keiner ausgesprochen.
Deswegen kam der Gedanke Harriett erst jetzt in den Sinn.
„Hat … sie auf uns geschossen?“
„Wir wissen es nicht!“ erwiderte Hetty knapp.
Sie nickte ihnen leicht zu.
„Bitte entschuldigen Sie mich! Ich muss telefonieren!“
G sah ihr nach.
Dann wandte er sich ihr wieder zu.
„Ich muss zur Besprechung! Alles in Ordnung? Ich bin gleich zurück!“
„Alles wunderbar!“ log Harriett ihn an.
Sie schenkte ihm ein Lächeln.
G erwiderte es kurz.
Seine Hand streichelte kurz über ihren Arm bevor er sich umwandte und davon ging.
Harriett kuschelte sich in seine Jacke während sie ihm nachsah, während er die Treppe mit dem kleinen Absatz dazwischen hinauf ging, oben dann hinter der Wand aus dunklen Lamellen verschwand.
Das helle Licht der Computerbildschirme leuchtete zwischen ihnen hindurch.
Sie konnte das Wischen der automatischen Tür bis hierher hören.
Langsam ging sie zur Couch, ließ sich langsam in die dicken Polster sinken und vergrub ihre Nase an den Kragen von Gs Jacke.
Der helle Stoff roch nach ihm.
Ihr war noch immer ziemlich kalt.
Um sich ein wenig abzulenken ließ sie ihren Blick langsam, interessiert durch den Raum schweifen.
Schräg rechts standen die Schreibtische.
Auf jedem stand ein unauffälliges schmales Namensschild, Ein- und Ausgangskörbchen für Post, Behältnisse für Stifte, Ablagen für Kleinkram, eine schlichte kleine Lampe.
Die Postfächer waren voll.
Hetty hatte in der Zwischenzeit ihr Telefonat beendet.
Sie kam nun zu ihr herüber, eine Tasse in den Händen balancierend, eine groß geblümte Tasse mit edlem Goldrand.
„Miss Wycombe, eine gute Tasse Tee kann man nach einem solchen Erlebnis immer gebrauchen! Dies ist ein lieblicher Oolong mit einem Hauch Lavendel und einigen Blättern Chrysantheme!“
Sie reichte ihr die Tasse.
Harriett musste lächeln.
„Das ist sehr nett von Ihnen, Miss Lang! Danke schön!“
Für einen Moment stieg ihr der leichte blumige Geruch des Getränkes in die Nase.
Die Wärme der Tasse tat gut an ihren eiskalten Händen.
Hetty lächelte verschmitzt.
„Bisher konnte ich nur Miss Blye von dem Geschmack eines guten losen Tees überzeugen. Mister Callen nimmt immer noch diese schrecklichen Teebeutel! Aber eines Tages wird auch er es sicher einsehen, dass man bei diesen Dingern immer nur das Papier schmeckt!“
Hariett nippte vorsichtig an der heißen Flüssigkeit.
Die Wärme tat gut.
Sie nahm einen großen Schluck.
Der Geschmack war sanft.
Etwas großblumig im Nachgeschmack, Harriett hatte sekundenlang das Bild einer großen Blüte vor Augen.
Es wunderte sie insgeheim, dass Hetty nicht mit oben in der Einsatzzentrale war.
Irgendwie wertete das Gs Position im Team für sie ungeahnt auf.
„Verzeihen Sie … sollten Sie nicht mit den anderen oben sein?“
Hetty lächelte ihr sanft zu.
„Die Kinder schaffen das auch alleine!“ meinte sie und klang ein wenig amüsiert.
„Mister Callen hat das Team gut im Griff! Nichts desto trotz, bitte entschuldigen Sie mich, denn es gibt noch eine Menge zu erledigen!“
Harriett lächelte ihr zu.
„Natürlich. Und danke für den Tee!“
„Nichts zu danken, Miss Wycombe!“
Harriett sah der kleinen Frau nach wie sie wieder in ihr Büro zurück ging.
Dann senkte sie ihre Nase wieder an den Kragen von Gs Jacke und genoss das Bild, das dabei kurz an ihrem inneren Augen vorbeizog.
Der Tee war angenehm.
Harriett trank ihn rasch aus.
Langsam verbreitete sich Wärme in ihrem Körper.
Sie stellte die Tasse beiseite und schlenderte an der Sitzecke vorbei, nach hinten, durch die schmale Tür Richtung des Fitness-Raumes.
Hier war es halbdunkel.
Gerade mal Mondlicht fiel durch die schmalen Fenster oben an der linken Seite des Raumes, von rechts kam das warme Licht aus dem Inneren der Villa.
Harriett kannte den Raum von dem einen Mal, das sie hier gewesen war.
Über den Mittelkreis im Raum ging sie zu der dicken Matte an der Kletterwand und setzte sich dort auf den Rand.
Es roch nach Schweiß, Gummi und Talkumpuder.
Die weiche Matte gab unter ihrem Gewicht sehr nach.
Harriett fühlte sich hier heimischer, wohler als nebenan.
Sie lehte sich gegen sie Matte an der Wand links zurück und schloss die Augen.
Ihre Schulter schmerzte noch ein bisschen.
Sie konnte sich problemlos das Bild vor Augen holen wie G sie zu Boden gerammt hatte.
Noch immer konnte die den Aufprall seines warmen Körpers wuchtig gegen den ihren spüren, seine Kraft.
Hatte er ihr das Leben gerettet?
Seine Besorgnis rührte sie.
„Harriett? Harriett! Wo bist Du?“
Es war Gs Stimme, die sie aus einem Dösen riss, Harriett schreckte fast ein wenig hoch, musste sich erst für einen Moment orientieren.
In diesem Augenblick sah sie G schon in die Halle kommen.
Eigentlich ahnte sie seine Gestalt mehr als dass sie sie wirklich sah ihm Halbdunkeln.
„Harriett?“
„Ja … ich bin hier!“
Etwas benommen stand sie auf.
G kam zu ihr.
„Was tust Du hier?“
Seine Stimme klang erstaunt.
Er legte seine Hand rasch an ihre Schulter als er sie erreichte, und zog sie zu sich, drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen.
„Alles in Ordnung?“
„Ja.“ log sie ihn wieder an.
„Ich … ich wollte hier einfach noch mal sitzen und mich ein bisschen erinnern! Du hast mich hier das erste mal geküsst! Das war wundervoll!“
G lachte leise.
Er zog sie noch ein wenig näher an sich, legte beide Arme um sie und küsste sie erneut, erstaunlich hingebungsvoll, leidenschaftlich für diesen Ort.
Harriett spürte, wie er sie dabei ganz sanft hin und her wiegte.
Sie schmiegte sich an ihn.
„Sam wird heute Nacht hier bei uns bleiben!“ meinte er.
„Deeks und Kensi lösen ihn morgen früh ab. Ich werde morgen einige Sachen für uns holen und wir werden ein paar Tage irgendwo in Sicherheit verbringen, vielleicht hier oder im Bootshaus!“
„Morgen ist Weihnachtsabend.“ wandte Harriett ein.
„Hoffentlich kann er übermorgen früh bei seiner Tochter zu Hause sein!“
G gab ein leichtes Seufzen von sich.
„Ja. Wäre schön.“
„ Hast Du schöne Weihnachten gehabt, Gulliver?“ erkundigte sie sich, betont sanft, wohl bewusst, wie heikel diese Frage sein konnte.
Im Dunkeln hörte sie G leise lachen.
Sie spürte seine Rechte langsam, sanft über ihren Rücken streichen.
„G, seid ihr hier? Alles in Ordnung?“
Sam erschien ganz unvermittelt oben im Eingang.
Seine große massige Gestalt war dunkel im Licht nur aus dem Nebenraum.
„Alles in Ordnung!“ versicherte ihm G rasch.
„Danke, Sam!“ fügte Harriett eilig hinzu.
Sam wandte sich wortlos ab und ging wieder hinaus.
Harriett schätzte seine Diskretion einmal mehr.
„Komm, wir legen uns etwas hin, es ist spät!“ meinte G sanft zu ihr, Harriett erahnte seine kleine Kopfbewegung zum Nebenraum fast nur.
„Meinst Du, Du kannst eine Nacht auf der Couch verbringen?“
„Können wir nicht hier schlafen?“ erwiderte Harriett.
Sie erkannte ungenau, wie G sie ansah.
„Warum?“
Seine Frage klang sehr sanft, interessiert.
Harriett schmiegte sich für einen langen Moment an ihn, streichelte mit der Hand über seinen breiten Rücken, seine Seite.
„Es wirkt so gemütlich. Ich stelle mir das nett vor … unter den gegebenen unerfreulichen Umständen!“
Sie spürte sein Lächeln an ihrer Wange.
„Okay! Ich hol' uns eine Decke und Kissen!“
G küsste sie, lange, innig.
Harriett war ein bisschen atemlos als er sich schließlich abwandte und durch die Halle davon ging.
Sie fühlte sich ein bisschen verwirrt, hatte das Gefühl, G um etwas ganz und gar Ungewöhnliches gebeten zu haben.
Aber er hatte nicht mal verwundert reagiert, es schien nicht ganz so gewöhnungsbedürftig zu sein.
Ganz unterschwellig hatte sie das Gefühl, dass es ihn auch ein wenig reizte.
Sie ließ sich wieder auf die Matte sinken.
Das Licht, das aus der Villa hereinfiel, war orange, heimelig.
Sie fühlte sich wohl hier, sicher, obwohl die Sicherheit dieses Hauses lediglich aus seiner Geheimhaltung und einigen Überwachungskameras bestand.
Sie wusste, dass ihr kaum etwas passieren würde so lange G und Sam auf sie aufpassten.
Doch was, wenn es gar nicht um sie ging?
Wenn es Sam und sie waren, die für Gs Leben die Verantwortung hatten?
G kehrte zurück in die Halle.
Er trug zwei Kissen und eine Decke unter dem Arm, einen Becher in der Hand.
Kissen und Decke ließ er auf die Matte fallen, setzte sich zu ihr und reichte ihr den Becher.
„Ich hab' Dir einen Tee mitgebracht!“
Harriett erkannte so gerade eben den Faden mit dem Schildchen über den Becherrand hängen.
Sie musste an Hettys Worte denken und schmunzeln.
„Danke, G. Das ist lieb von Dir!“
Während sie den Becher nahm ließ sie ihre Fingerkuppen sacht über seine Hand streichen.
„Gerne.“ gab G knapp, aber nicht unfreundlich zurück.
Harriett ließ ihre Finger über seine Hand bis zu seinem Arm streichen.
Sie versuchte, so gut es ging, im Dunkeln seinen Blick zu finden.
„Wie geht es Dir?“
„Mir geht es gut.“ antwortete G sofort, automatisch.
Harriett konnte sich nur auf ihre Intuition verlassen.
Seine Stimme klang einigermaßen entspannt.
Es fühlte sich auch ruhig an, wie er ihr gegenüber saß.
Im Moment schien die Situation unter Kontrolle.
Nur zu gerne hätte sie danach gefragt, schließlich ging es ja auch um sie.
Doch sie war sich sicher, dass G ihr gar nichts dazu sagen würde.
Also nahm sie den Deckel vom Becher, nahm den Beutel heraus, legte ihn auf dem Deckel auf dem Boden ab und trank einen vorsichtigen Schluck.
Wieder musste sie lächeln als sie an Hettys Tee dachte.
Dieser hier schmeckte tatsächlich nach dem Papier des Beutels.
„Hmm, der ist gut!“
G lachte leise.
Es klang zufrieden.
Er warf die Kissen nach hinten auf die Matte, die Decke, Harriett trank noch einen Schluck von dem Tee.
„Ich komm' gleich wieder! Ich geh' eben ins Bad!“
Die Bezeichnung 'Bad' war äußerst schmeichelhaft für den Duschraum mit den beiden Toilettenkabinen.
So ansprechend das übrige Haus war, so einfach war der Raum hier mit den drei Duschkabinen.
Einfache weiße Kacheln, schmucklose Armaturen, kahle Wände, Harriett vermisste selbst ihr schlichtes Bad zuhause.
Sie trocknete sich die Hände mit den fast rauen Papierhandtüchern ab und ging in Gedanken durch, was sie G morgen alles bitten würde, mitzubringen.
Vielleicht konnten sie morgen aber auch schon in ihre Wohnung zurück?
Sie musste lächeln.
Als sie in die Halle zurück kehrte hatte G es sich auf der dicken Matte schon einigermaßen bequem gemacht.
Die beiden Kissen lagen an der Kletterwand, G lag an der dicken Matte links, die Decke gefaltet zu seinen Füßen.
Er wirkte ruhig.
Harriett schlüpfte aus ihren Schuhen und kroch über die dicke weiche Matte neben ihn.
G streckte seinen linken Arm aus.
Harriett fühlte sich gerührt.
Diese Geste war noch nicht lange selbstverständlich.
Das Vertrauen, das G ihr damit entgegen brachte, hatte lange für sein Entstehen gebraucht.
G ließ kaum jemanden an sich heran.
Dies war schon fast eine Einladung.
Sie rutschte an ihn heran, in seine Umarmung, genoß es, als er sie noch ein wenig enger an sich zog.
Sanft legte sie beide Arme um seinen Oberkörper.
Es war fast dunkel hier oben in der Ecke.
Gemütlicher, als sie es sich vorgestellt hatte.
Sicher!
„Danke, G!“
„Wofür?“
Sie spürte seine Hand sanft über seinen Rücken streicheln.
„Dass Du das hier möglich gemacht hast! Nachdem Du vorhin sehr gut auf mich aufgepaßt hast!“
G lachte leise.
Sie spürte die Bewegung seines Oberkörpers leicht gegen ihren Unterarm.
„Das ist mein Job … aufpassen!“
Harriett musste lachen.
„Du kannst außerdem ziemlich gut verhindern, verhaften, aufklären … „
Sie schmiegte sich an ihn.
An ihrer Wange spürte sie den weichen Stoff seines Shirtes, die Wärme seiner Haut darunter.
Der Geruch seines Duschgels hing noch immer leicht daran und mischte sich mit dem Duft des Waschmittels.
Gs Kuss an ihrem Haar war sacht.
„Alles in Ordnung?“
Sie sah leicht zu ihm hoch.
„Hmmh. Alles wunderbar! Und selbst?“
„Mir geht es gut.“
Sie musste im Dunkeln lächeln.
Langsam ließ sie ihre Hand über seine Seite streicheln bevor sie nach einer langen Weile sagte: „Das behauptest Du immer! Das Problem ist, dass Leute, die Dich irgendwann besser kennen, auch irgendwann unterscheiden können, ob Du das nur sgast oder ob es auch stimmt!“
G erwiderte erstmal nichts.
Harriett spürte, wie er beide Arme fester um sie legte.
„Kannst Du das schon?“ fragte er schließlich.
„Sag' Du's mir!“ gab sie sanft zurück.
G schwieg.
Lange.
„Du bist auf dem Weg.“ meinte er schließlich.
Es klang sehr ehrlich.
Harriett konnte sich sehr gut vorstellen, dass ihm dieses Eingeständnis schwer fiel.
Sie sah zu ihm auf.
In der Dunkelheit konnte sie sein Gesicht ungenau erkennen.
„Das ist ungewohnt für Dich, hm?“
Sie legte ihre Hand an seine Wange, rappelte sich etwas hoch, versuchte, im Dunkeln seinen Blick zu ahnen.
An ihren Fingerkuppen spürte sie das Kratzen seiner Bartstoppeln.
Sie ließ ihren Kopf sinken und versuchte, seine Lippen mit einem Kuss zu treffen.
G wandte leicht den Kopf und korrigierte ihr Ziel, Harriett spürte, wie er sie noch etwas fester an sich drückte während er ihren Kuss erwiderte.
„Ja.“
Sein Atem streichelte ihre Wange als er während der Antwort sein Gesicht dem ihren ganz nah ließ, Harriett spürte an ihrem Arm, unter dem dünnen Stoff seines Shirts, das kräftige Schlagen seines Herzens.
„Aber … es fühlt sich gut an!“
„Freut mich, dass Du das sagst … dass das so ist für Dich!“ gab sie sanft zurück.
Sie streichelte mit der Rechten leicht über seine Wange, über seinen Hals bis zu seinem Nacken, kraulte seine warme weiche Haut dort.
G gab einen leisen Laut des Wohlbefindens von sich.
„Ich habe mir unser erstes Weihnachten zusammen ganz anders vorgestellt.“ flüsterte sie ihm zu.
Selbst die Vorweihnachtszeit hatten sie bisher nicht viel zusammen genießen können.
G ließ einen langen Moment verstreichen in dem er ihre Zärtlichkeiten genoss.
Harriett spürte sein tiefes Atmen gegen ihren Oberkörper, das leichte Streicheln seiner Hand über ihren Rücken.
Sie bedauerte es, dass sie nicht alleine bei ihr zu Hause waren!
„Ich auch!“ gab G schließlich zurück.
„Aber wir haben ja noch einen Tag!“
„Glaubst Du, ihr kommt morgen weiter?“
G antwortete nicht.
Es hätte sie gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
Statt dessen küsste er sie.
„Sonst kann ich Dir nichtmal pünktlich Dein Geschenk geben!“
Harriett war im ersten Moment wirklich verblüfft.
Sie versuchte, ihn im Halbdunkeln anzusehen.
„Du hast ein Geschenk für mich?“
Es war wirklich eine etwas befremdliche Vorstellung für sie, dass er losgezogen war, durch die Malls, um etwas für sie auszusuchen.
„Es ist Weihnachten.“ gab G beinahe vorwurfsvoll zurück.
„Hast Du auch etwas für mich?“
In seiner Frage klang eine Mischung aus Amüsiertheit und Verlegenheit mit.
So, als wäre er Weihnachten nicht gewöhnt!
„Natürlich habe ich etwas für Dich!“
Es war gar nicht so einfach, etwas für jemanden zu finden, der seine Persönlichkeit fast verschlossen hielt.
G lachte leise.
Sie spürte es fast mehr als dass sie es hörte.
„Dann bin ich gespannt.“
„Und ich erstmal!“
Sie küsste ihn.
G ließ es geschehen, begann nach einer Weile, ihren Kuss zu erwidern.
Harriett spürte seine Hand unter ihr Shirt rutschen.
Im ersten Moment ließ die Berührung sie tief einatmen.
„G … magst Du mir erzählen wie Du Dein letztes Weihnachtsfest verbracht hast?“
G räusperte sich leicht.
„Ich … ich war außer Landes.“ meinte er dann.
„Es gab etwas zu erledigen, Direktor Vance hatte mich dorthin geschickt! Auf der Air Force Base habe ich Hetty getroffen und wir sind zusammen zurück geflogen. Ich war gerade noch rechtzeitig um Sasha ihr Geschenk zu geben!“
Harriett lächelte im Dunkeln.
Sams kleine Tochter war goldig.
Sie war vier Jahre alt, hatte ihr hübsches Aussehen von ihrer Mutter und ihren Charme von ihrem Vater.
Mit der untrüglichen Sicherheit eines Kindes für verwundete Seelen hing sie geradezu wohltuend rührend an 'ihrem Onkel Callen'.
„Da hat sie sich bestimmt gefreut. Sie scheint sehr an Dir zu hängen!“
„Sie ist … ein ganz reizendes Kind!“
Was sollte er auch anderes sagen?
Zumindest versuchte er, sie verbal auf Distanz zu halten, obwohl, wenn sie dort waren, ein jeder sehen konnte, wie die Beiden sich mochten.
Sie spürte in der Dunkelheit, mehr als dass sie es wirklich sah, wie G lächelte.
Behutsam ließ sie ihre Fingerspitzen ein wenig unter den Bund seiner Jeans rutschen, genoß das leichte Kitzeln seiner feinen Härchen dort.
Für einen Moment spürte sie Gs Hand ihren Rücken hinaufstreichen, bis zum Verschluss ihres BHs.
Seine Finger tasteten danach.
Ließen dann davon ab.
Sie musste lächeln.
Behutsam suchte sie mit den Lippen die seinen.
„Um ungestört zu sein müssten wir wahrscheinlich in Dein Auto gehen, oder?“
G lachte leise.
Er drückte sie für einen Moment fest an sich.
„Ja, das fürchte ich allerdings auch! Und glaub' mir, ich bin zu alt für sowas!“
Harriett musste lachen.
Sie drückte einen kleinen Kuss auf seine Unterlippe.
„Klingt, als hättest Du Erfahrung damit?“ horchte sie sanft nach.
„Kann man so sagen!“ gab G zurück ohne näher darauf einzugehen.
Er langte nach der Wolldecke und breitete sie sacht über sie.
„Deswegen schlage ich vor, wir verschieben das Ganze bis wir wieder zu Hause sind!“
Das einzige Gute an der Sache, stellte Harriett zufrieden fest, war, dass er ihre Wohnung anscheinend mittlerweile als 'Zuhause' ansah und es auch so bezeichnete.
Wieder ein kleiner Fortschritt.
Alles andere war bedauerlich.
Der Jaguar war nicht wirklich eine Alternative und ganz gewiss wollte sie sich hier nicht in Hörweite von Sam vergnügen!
Mit der Linken zog sie die Decke noch etwas höher.
„Schlaf gut, mein Großer!“
Sie drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen.
G hielt sie fest.
Sein Kuss wurde sehr ausführlich, er ließ sie erst los, als sie beide atemlos waren.
„Schlaf gut, Kalinka!“
„Du auch, Giovanni!“
G lachte leise.
„Du hast einen Hang zum Italienischen, mi amore?“
Er gähnte unterdrückt.
„Nein. Ich bin einfach nur froh, dass Du wieder da bist! Buena notte!“
„Mille grazie!“ gab G zurück.
Harriett konnte merken wie schnell er einschlief.
Sein Griff um ihren Rücken lockerte sich, seine Hand lag ganz ruhig an ihrer Haut.
Sein Atmen gegen ihren Oberkörper war tief und ganz regelmäßig, so eben konnte sie erkennen, dass sein Kopf auf dem Kissen ein wenig zur Seite gesunken war.
Vorsichtig legte sie ihren Kopf an seine Schulter.
Sie fühlte sich aufgedreht, erschöpft im Kopf zwar, doch noch zu wach um einschlafen zu können.
Wieder hatte sie Neues über Gs Vergangenheit erfahren.
Diese Informationen waren anstrengend, sich mit ihnen auseinander zu setzen!
Allmählich hatte sie Angst vor dem, was noch an den Tag kommen würde, sie hatte Angst davor, weil es auch immer häppchenweise geschah.
Manchmal wünschte sie sich, es gäbe einen Schlag und G hatte seine Herkunft komplett.
Sie schämte sich für diesen Gedanken.
G lebte seit Jahrzehnten damit, und sie hatte nicht ein einziges Mal mitbekommen, dass er sich darüber beklagte.
Sie wünschte ihm eine schöne Herkunft!

Bestenfalls war sie weggenickt als sie spürte, wie G sie auf der dicken Matte beiseite rutschen ließ, aufstand, nachdem er liebevoll die Decke über sie gezupft hatte.
An seinen Schritten auf dem Hallenboden hörte sie, dass er sich entfernte, hinausging.
Sie fühlte sich benommen, erst halb wach.
Ihre Schulter tat weh.
Sie hatte Kopfschmerzen vom ungewohnten Liegen auf der dicken weichen Matte, von der stickigen Luft hier in der Trainingshalle, von der Aufregung gestern und dem, was sie ihrem Wissen über G hatte hinzufügen müssen.
Müde rappelte sie sich etwas hoch.
Es war noch dunkel.
Sie musste angestrengt auf ihre Uhr blinzeln bis sie die Zeit erkannte.
Kurz nach halb Fünf.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte, sie hatten noch einige Zeit wach gelegen und gepaludert, kleine Zärtlichkeiten ausgetauscht.
Offensichtlich war es nicht viel und schon gar nicht genug gewesen.
Sie zog sich Gs Kissen heran, atmete für einen langen Moment seinen Geruch vom Stoff ein bevor sie es auf ihr Kissen legte und sich wieder darauf sinken ließ.
Sie zog die Decke bis zum Hals hoch und rollte sich darunter zusammen.
Zudem fühlte sie sich schrecklich, ungewaschen, ungestylt, sie traute sich kaum, G so unter die Augen zu treten.
Es war sehr ruhig hier im Raum, bestenfalls knackte irgendwo ein Rohr.
Kein Laut kam von nebenan.
Sie wollte diesen Tag nicht beginnen.
Sie hatte Angst davor, was sich ihr heute offenbaren würde.
Insgeheim fragte sie sich, ob es eine Herkunft für G geben konnte, die es ihr unmöglich machen würde, an seiner Seite zu bleiben.
Er konnte ja schließlich nichts dafür!
Schließlich schlug sie die Decke zurück, rutschte von der dicken Matte und stand auf, machte ein paar langsam Schritte durch die Halle.
Dann, als das dummelige Gefühl verschwunden war, ging sie nach nebenan in den Bürobereich.
Sam und G saßen sich an den Schreibtischen auf der linken Seite gegenüber.
Beide hatten Tassen auf den Tischen neben sich stehen und schienen in ein angeregtes Gespräch vertieft.
Sam sah sie zuerst.
G reagierte sofort auf das Zur-Seite-Rutschen der Pupillen seines Partners, fuhr herum.
„Harriett!“
Er stand sofort auf, kam zu ihr.
„Warum schläfst Du nicht noch, es ist doch noch früh?“
Harriett schenkte ihm ein rasches Lächeln.
Sie schmiegte sich etwas an ihn als er bei ihr stehen blieb und einen Arm um sie legte.
„Ich möchte da nicht mehr alleine liegen. Es war so schön mit Dir vorhin!“
Sie flüsterte, damit Sam das nicht mitbekam.
Ein kleines zärtliches Lächeln huschte über Gs Gesicht.
Er legte auch seinen anderen Arm um sie, drückte sie für einen langen Moment fest an sich während seine Lippen nachdrücklich ihre Wange berührten.
„Möchtest Du einen Kaffee?“
Er sah sie fragend an.
„Ein Tee wäre schön.“ gab Harriett zurück.
Ihr war nicht nach Koffein, ihr war nach Zucker.
„Ja, natürlich, komm!“
G zog sie sanft mit zu der Anrichte in den kleinen Gang links, hinter den Schreibtischen, durch einen der zahlreiche Torbögen, die der Villa mit diesen mediterranen Stil verliehen.
Sam drehte sich auf seinem Schreibtischstuhl hinter ihnen her.
„Alles in Ordnung, Harriett?“
Harriett rechnete ihm hoch an, dass er fragte.
„Danke, Sam, alles Bestens.“
Sie schenkte ihm ein Lächeln.
G öffnete ein längliches Holzkästchen mit Intarsien, das einige Teebeutel enthielt, und hielt es ihr fragend entgegen.
Harriett wählte etwas von dem sie hoffte, dass es schwarzer Tee war, G nickte, nahm ihr den Beutel aus der Hand und stellte das Kästchen beiseite.
Er nahm den Beutel aus der Papierhülle, hing ihn in eine Tasse und goss aus einer Warmhaltekanne heißes Wasser darauf.
„Danke schön, Gizmo.“
Harriett ließ ihre Hand sanft über seine Finger streichen bevor sie den Becher nahm, G lachte leise.
Er reichte ihr Zucker, einen Löffel.
„Danke.“ meinte Harriett nochmal.
Sie spürte Gs Blick auf sich.
Prüfend.
Also gab sie sich Mühe, möglichst unbeteiligt zu wirken.
„Hast Du ein bisschen geschlafen?“ erkundigte sie sich halblaut bei ihm.
„Ich meine … hast Du einigermaßen geschlafen?“
„Ja, alles in Ordnung!“ gab G zurück.
Harriett kannte diese Standard-Antwort nur zu gut von ihm, es war, wie wenn er eine Sicherheitswand hochfuhr damit man nicht merkte, dass etwas nicht stimmte.
Es hatte dann absolut keinen Zweck, weiter nachzuhorchen, Gs Sicherheitswand war absolut unüberwindbar.
Aber manchmal gab es die Chance, sie zu umgehen.
Auch ein perfekt ausgebildeter Federal Agent war von Zeit zu Zeit von einer Arzthelferin mit zwei Jahrzehnte langer Erfahrung in Psychologie auszutricksen.
„Schön. Ich fand es wundervoll mit Dir!“
Sie legte absichtlich einen abschließenden Ton in ihre Stimme, um G zu signalisieren, dass sie dieses Thema nicht weiter verfolgen würde.
„Komm, setz' Dich zu uns!“ meinte G jetzt und deutete eine kleine Kopfbewegung Richtung der Schreibtische an.
„Gerne. Danke.“
Harriett folgte ihm hinüber, den Zucker in ihrem Tee verrührend, sie hatte noch nicht auf dem Stuhl vor den Tischen Platz nehmen können als Schritte vom Eingang her erklangen.
„Hi Leute! Guten Morgen! Ihr seid aber früh wach!“
Es waren Kensi und Deeks, die hereinkamen, Kensi strahlend, hübsch wie immer, Marty Deeks sah hingegen nicht so wach aus, mit seinen verstrubbelten halblangen Haaren und dem ungebügelten karierten Hemd über dem knittrigen Shirt.
„Alles in Ordnung?“
„Ja.“
Gs Antwort war knapp.
„Ihr seid früh! Gibt es etwas Neues?“
Sein Blick blieb an Deeks hängen.
Der wandte seine Augen tatsächlich kurz ab, sah zu Kensi, bevor er die Schultern straffte und G wieder ansah.
„Ehm … ja, tatsächlich! Unsere Leute vom Department haben Kamiras DNA mit der ihren Bruders verglichen. Es stellte sich heraus, das er gar nicht ihr Bruder ist! Sie sind nicht mal miteinander verwandt!“
Harriett sah sofort zu G.
Sekundenlang wirkte er verblüfft.
„Kein Zweifel?“
Er sah Deeks streng an.
Der schüttelte den Kopf.
„Zweimal geprüft! Ihre DNA ist nicht erfaßt! Ich habe die Leute von der Homeland Security angerufen damit sie Husmani befragen! Und ich habe Eric angerufen, damit er eher kommt und Kamira durch die Gesichtserkennung jagt!“
„Gut gemacht!“ meinte G zu ihm.
Sein Gesicht war sehr ernst.
Er hatte seine Arme vor dem Oberkörper verschränkt und stand leicht schief, wie so oft, mit der rechten Schulter etwas nach unten gesunken.
Seine Füße waren leicht gespreizt, gaben ihm so einen festen Stand, vermittelten Ruhe und Selbstbewußtsein, während seine Armhaltung vermittelte, dass er so eigentlich gar nichts an sich heran ließ.
„Und ich habe Donuts mitgebracht, damit wir erst einmal frühstücken können!“ meinte Kensi und stellte einen großen Karton auf den Tisch.
Harriett sah ein Strahlen über Sams Gesicht huschen.
G dagegen blieb völlig unbeeindruckt.
„Okay! Sam und ich fahren zur Homeland Security, die müssen uns ein paar Informationen über Husmani geben! Kensi, Deeks, ihr bleibt hier bei Harriett und setzt Hetty in Kenntnis sobald sie auftaucht! Eric soll uns die Ergebnisse schicken sobald er etwas hat!“
Harriett fing seinen kurzen Blick auf, lächelte rasch, während G seine Jacke von der Lehne seines Stuhles zog und Anstalten zum Gehen machte.
„Komm, Sam!“
Sie erwartete keine große Verabschiedung von ihm, hier, vor seinem Team.
Sein Dienst stand jetzt im Vordergrund, es ging um Leben, sie wusste nicht, welches!
Sam tätigte einen beherzten Griff in den Donut-Karton.
Harriett sah wie G, der im Gang stand und auf seinen Partner wartete, zu Kensi eine kleine Kopfbewegung in ihre Richtung machte.
Kensi nickte kaum merklich.
Harriett nahm einen vorsichtigen Schluck von ihrem heißen Tee.
Sie sah G und Sam nach, wie sie hinausgingen.
Kensi schenkte ihr sogleich ein freundliches unbedarftes Lächeln als sie dann wieder zu ihr sah.
„So … ihr habt doch sicher nicht sehr gut geschlafen hier, oder?“
Sie stellte ihre Tasche auf ihrem Stuhl ab und sah sie fragend an.
„Doch, auf der großen Matte da … „
Sie machte eine rasche Kopfbewegung nach nebenan.
„ … in eurem … Trainingsraum?“
„Morgen Leute!“
In diesem Moment kam Eric hereingeschlurft.
Er hatte einen Kaffeebecher in der Hand und wirkte müde.
„Guten Morgen.“ erwiderte Harriett rasch.
„Hallo Eric!“
„Guten Morgen, Eric!“
Er sah in die Runde.
„Ich mach' mich am Besten dann gleich an die Arbeit!“ meinte er und wandte sich zur Treppe, zum Gehen, davon.
„Danke!“ rief Harriett ihm nach.
Er wandte sich auf den ersten Stufen um und schenkte ihr ein kleines Lächeln.
Harriett nippte wieder an ihrem Tee.
Auch Deeks hatte in der Zwischenzeit seinen Laptop aus seiner Tasche geholt und an seinem Platz auf dem Schreibtisch abgestellt.
Jetzt griff er sich einen Donut und biss genüßlich hinein.
Er schien zu spüren, dass sie ihn ansah, denn seine blauen Augen rutschten zu ihr herüber und er grinste ihr zu.
Harriett musste lächeln.
„Guten Morgen!“ klang in diesem Moment Hettys Stimme vom Eingang her.
Es dauerte einen Moment bis die kleine Frau zwischen den Dekorationen auftauchte.
Sie blieb im Gang stehen und lächelte freundlich in die Runde.
„Ich vermisse Mister Henna und Mister Callen in dieser frühmorgendlichen vorweihnachtlichen Runde?“
„Sie sind zur Homeland Security gefahren um Informationen von Husmani zu bekommen!“ gab Kensi sofort zurück.
„Es hat sich herausgestellt, dass Kamira gar nicht seine Schwester ist! Sie sind auch nicht verwandt!“
Hetty nickte ruhig.
Harriett spürte, wie der Blick der Frau zu ihr wanderte und auf ihr verharrte.
„Hatten Sie eine ruhige Nacht, Miss Wycombe?“
Harriett schenkte ihr ein freundliches Lächeln.
„Danke. Alles wunderbar. Ihre Nachtruhe war hoffentlich auch angenehm?“
Sie war sich ziemlich sicher, dass Hetty ihr ansah, dass sie log.
Aber sie würde sie kaum hier vor allen anderen darauf ansprechen.
Wenn sie wirklich wissen wollte, wie es war, würde sie sie in einer ruhigen Minute aufsuchen oder selbst für eine sorgen!
„Leute!“
Eric erschien oben im Flur.
Er hatte seinen Tablett-PC in der Hand und eilte auf seinen Flip-Flops besorgniserregend schnell die Stufen hinab.
„Ich hatte nach anderthalb Minuten mit der Gesichtserkennung schon einen Treffer für Kamira Hassardie! In Wirklichkeit heißt sie … „
Er brach ab weil er unten bei ihnen angelangt war und sein Blick nun auf die einzige teamfremde Anwesende fiel.
Das Bild, das er wohl hier unten auf den großen Bildschirm gegeben hatte, löchte er mit wenigen Fingerbewegungen auf seinem Tablett.
„Mister Beal, bitte!“ mahnte Hetty, nicht nur ihn überraschend.
Eric warf ihr einen kurzen irritierten Blick zu.
„Ja … natürlich … Verzeihung!“ gab er rasch zurück und ließ das Bild wieder erscheinen.
Es war das Foto der Frau, die sie gestern mit G das erste Mal im Flugzeughangar gesehen hatte.
„Ihr Name ist Moniquè Debassierè.“ fuhr Eric jetzt fort.
„Sie ist französische Staatsbürgerin und in keinster Weise verwandt mit Husmani. Sie ist eine ausgebildete Agentin für den französischen Geheimdienst! Dort hat man allerdings seit Jahren nichts mehr von ihr gehört! Nell versucht gerade, etwas über ihren Verbleib in der vergangenen Zeit herauszufinden!“
Harriett sah rasch von Hetty zu Kensi.
Sie versuchte, an einer Reaktion der Beiden für sich herauszufinden, was das wohl zu bedeuten hatte.
Hettys Gesicht war ausdruckslos.
Harriett kannte Kensi hingegen nicht gut genug, um von ihrem Gesicht etwas ablesen
zu können.
„Wir haben Sam und G die Informationen schon auf die Handys geschickt!“ fuhr Eric fort.
„Im Moment sucht Kaleidoskop nach dem dunklen SUV von gestern aus der Seitenstraße und wir lassen Moniqué Debassierés Photo durch die Gesichtsscannung laufen!“
„Gut!“ fand Hetty.
„Das ist im Moment wahrscheinlich erst einmal alles, was wir tun können! Mal sehen, mit welchen Neuigkeiten Mister Henna und Mister Callen zurückkehren! Ich werde jetzt erst einmal in der französischen Botschaft anrufen!“
Sie wandte sich ab und ging zu ihrer Büroecke.
Harriett machte die wenigen Schritte zur Couch und ließ sich in die dicken Polster sinken.
Sie nippte an ihrem Tee.
Möglichst unauffällig öffnete sie ihre Handtasche und nahm eine Kopfschmerztablette heraus, versuchte, sie herunterzuschlucken ohne dass es jemandem auffiel.
Weil sie sich nicht richtig darauf konzentrieren konnte blieb sie ihr im Hals stecken.
Der Geschmach war bitter.
Rasch, bevor sie husten und würgen musste, kippte sie ihren Tee hinterher, schluckte angestrengt bis das Medikament, das sich bereits in Auflösung befand, herunterrutschte.
Harriett verzog kurz das Gesicht.
Sie sehnte sich nach Gs Rückkehr.
Alleine, ohne ihn, fühlte sie sich hier immer noch sicher zwar, aber auch ziemlich fehl am Platz!
Es war noch ewig Zeit bis sie zur Arbeit gehen konnte, es war erstmal kurz nach halb sechs.
„Ich geh' noch ein bisschen nach nebenan!“
Sie suchte Kensis Blick, machte eine kleine rasche Kopfbewegung nach nebenan.
„Klar!“
Kensi schenkte ihr ein strahlendes Lächeln ohne offensichtlich recht zu wissen, was sie meinte.
Harriett stand auf und ging wieder nach nebenan in den Trainingsraum.
Allmählich wurde es hell.
Sie trank ihren Tee aus, stellte den Becher auf dem Boden ab und rutschte auf die dicke Matte zurück, unter die Decke.
Sie legte ihren Kopf auf das Kissen, das noch nach G roch, und atmete seinen Geruch.
Es war noch viel Zeit.
Der lange Anfahrtsweg zur Arbeit würde heute wegfallen.
In einer Art Halbschlaf bekam sie mit, dass irgendjemand oben im Raum an der Hantelbank zu trainieren begann.
Sie machte sich nicht mal die Mühe, sich unter der Decke auseinander zu rollen um nachzusehen, ja nicht mal, um die Augen zu öffnen.
Irgendwann weckte sie eine sanfte Berührung an der Wange.
Gs Stimme schmeichelte sich sanft in ihr Ohr.
„Kalinka? Bist Du noch so müde?“
Harriett schlug die Augen auf.
Ihr Blick suchte den von G.
Er saß neben ihr auf der Matte und streichelte nach wie vor sanft über ihre Wange.
Sie war tief und fest eingeschlafen, wenn auch nicht für lange.
Entsprechend daneben fühlte sie sich.
Gs Lächeln war zärtlich.
Sie griff zu seiner Hand, zog sie an ihre Lippen, drückte einen sanften Kuss in die Innenfläche.
Dann legte sie sie auf ihre Wange, schob ihre Hand darüber.
„Hat alles gut geklappt für euch?“ murmelte sie verschlafen.
„Hätte besser laufen können!“ meinte G.
Er klang sehr ernst.
Harriett rutschte mit einem Ruck auf die Knie.
Sie legte beide Hände an Gs Schultern und sah ihn beschwörend an.
„Ich war vorhin bei der Besprechung dabei! Eure Kamira Hassardie ist eine französische Geheimagentin und heißt Moniqué Debassieré oder so! Sie ist nicht verwandt mit dem Mann bei der Homeland Security! Und wenn auf mich geschossen wird, dann möchte ich auch wissen, warum!“
G atmete tief aus.
Sein Blick zu ihr war ruhig.
Harriett wollte ihn diesmal nicht so schnell vom Haken lassen und versuchte, seinem Blick stand zu halten.
„Also gut.“ meinte G.
Harriett konnte buchstäblich sehen, wie schwer es ihm fiel.
„Mohamed Husmani hat sich unserer Regierung angeboten, ihr wichtige Informationen über ein paar Warlords in Afgahnistan zu geben, wenn seine Schwester dafür hier in den USA in Sicherheit gebracht werden würde. Sam und ich sind nach Kabul geflogen und haben sie von dort geholt, ihre Sicherheit garantiert bis sie hier nach der Landung auf der Air Force Base von der Einwanderungsbehörde übernommen wurde. Kamira Hassardi. Doch kaum ist sie hier, verschwindet sie, das hast Du mitbekommen, und wir müssen feststellen, dass sie gar nicht seine Schwester ist, sondern eine französische Agentin! Und damit nicht genug, Mohamed Husmani ist tot, gestorben unter Aufsicht der Homeland Security, noch bevor er irgendwelche Aussagen machen konnte. Irgendjemand hat uns seine Drecksarbeit machen lassen weil er Kamira für irgend etwas im Land haben wollte. Wir wissen nicht, für was!“
Er warf einen raschen Blick auf seine Armbanduhr.
„In zwei Stunden soll die Autopsie abgeschlossen sein! Vielleicht wissen wir dann mehr!“
Harriett gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen.
G war in Kabul gewesen, einer der gefährlichsten Städte auf der Welt.
Er war geflogen, ohne ihr etwas davon zu sagen, ohne sich besonders von ihr zu verabschieden, obwohl es locker ein Abschied für immer hätte sein können!
Während sie ihrem normalem Alltag nachging setzte er sein Leben auf's Spiel, und sie konnte es bloß ahnen.
Falls ihm jemals etwas passierte, würde Hetty dann vor ihrer Tür stehen und es ihr sagen?
Oder würde Nate kommen?
Und wieso jammerte sie hier nach wie vor um sich?
Sie sah G an und schenkte ihm ein ruhiges Lächeln.
„Und warum ist auf uns geschossen worden?“
„Wir wissen es noch nicht!“ antwortete G.
Harriett griff zu seinem Handgelenk und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
Es war kurz nach sieben.
„Ich muss mich fertig machen zur Arbeit.“
G räusperte sich leicht.
„Hetty findet es besser, wenn Du heute nicht 'rüber gehen würdest! Du solltest hier bleiben! Unter Aufsicht! Ich finde das auch!“
Harriett sah ihn an, lächelte, bemühte sich, es locker klingen zu lassen.
„Und Du läufst draußen 'rum?“
G präsentierte ihr sein charmantes Lächeln, amüsiert, belustigt, das überzeugen sollte.
Am Anfang war sie darauf herein gefallen.
„Sam hat auf mich aufgepaßt!“
„Als ob Du das nötig hast!“
Harriett wusste selbst nicht, warum sie plötzlich so schlecht gelaunt war.
Wahrscheinlich, weil sie schlecht geschlafen hatte.
Weil sie sich nicht fertig machen konnte und unattraktiv fühlte.
Oder es war schon ein 'Lagerkoller'!
G lachte leise.
Er zog sie zu sich und Harriett ließ es geschehen, schmiegte sich an ihn.
Sie ließ ihre Hände langsam über seinen Rücken hinabstreicheln.
Ihr linkes Handgelenk stieß gegen etwas Hartes unter seinem Shirt, am Bund seiner Jeans.
Harriett brauchte einen Moment um zu verstehen, dass das seine Waffe war.
Es rief ihr einmal mehr die Gefährlichkeit seines Jobs ins Gedächtnis.
„Hast Du schon etwas gefrühstückt, Geronimo?“
Sie sah ihn prüfend an.
Er wirkte ein bisschen müde.
Sein Bart war dichter, länger, seine Augen klein.
Selbst das Lächeln, das nun seine Lippen umspielte, wirkte matt.
„Sam und ich hatten Kaffee und Donuts!“
„Hört sich gut an!“
Harriett rutschte noch etwas näher an ihn heran und küsste ihn.
G ließ es für einen langen Moment geschehen bevor er ihren Kuss erwiderte.
„Wie geht es jetzt weiter für uns?“ flüsterte sie ihm zu, ließ ihr Gesicht dem seinen dabei so nah, dass sie die Wärme seiner Haut an ihrer Wange, ja beinahe das Kratzen seiner Bartstoppeln spüren konnte.
G atmete tief aus.
„Wir müssen das Ergebnis der Obduktion abwarten! Vielleicht ergeben sich dabei neue Hinweise! Zudem müssen wir Debassiérs Aufenthaltsort ermitteln. Es muss einen Grund haben, dass jemand einen solchen Aufwand betrieben hat, sie ins Land zu holen! Und zwar einen ziemlich guten Grund! Es scheint etwas im Gange zu sein!“
Er sah sie an, legte seine Hand an ihre Wange und küsste sie.
Harriett traute sich plötzlich nicht mehr, ihn nach so banalen Dingen wie Toilettenartikel und Wechselwäsche zu fragen.
Er hatte Größeres zu verantworten!
Besser konnte sie eines der anderen 'Mädchen' danach fragen!
„Mister Callen?“
Hetty stand plötzlich oben im Raum.
„Ja?“
Harriett beeindruckte es, wie langsam, selbstsicher G aufstand, seine Hand noch leicht über ihren Arm streicheln ließ während er sich Hetty zuwandte.
„Bitte gehen Sie schon 'mal hoch ins OPS, wir erwarten jeden Moment das Obduktionsergebnis!“ meinte sie zu ihm.
„Miss Wycombe ...“
Sie wartete extra, bis G den Raum verlassen hatte.
„ … ich weiß nicht, ob Mister Callen es Ihnen schon gesagt hat, aber ich finde es besser, wenn Sie heute hier bei uns bleiben! Und vielleicht auch noch die nächsten Tage!“
Harriett zuckte die Schultern.
„Haben Sie denn irgend etwas zu tun für mich? Ich kann hier nicht den ganzen Tag sitzen und nichts tun! Kann ich Akten sortieren oder etwas putzen?“
Hetty lächelte gütig.
„Ich möchte Ihre Anwesenheit nicht ausnutzen!“
„Aber ich möchte etwas tun!“ gab Hetty zurück.
„Bitte! Mister Callen hat seine Arbeit, jeder hat hier etwas zu tun, ich hätte auch gerne Abwechslung! Ich kann nicht den ganzen Tag herumsitzen!“
Hetty dachte einen Moment lang nach.
„Also gut! Bitte entschuldigen Sie mich jetzt, Miss Wycombe, ich möchte an der Besprechung teilnehmen! Sobald wir fertig sind damit komme ich wieder zu Ihnen und werde mir für Sie etwas einfallen lassen!“
„Danke.“ meinte Harriett.
Hetty nickte ihr zu.
Dann ging sie hinaus.
Harriett rutschte langsam von der Matte.
Sie schlenderte durch die Halle, ging nach nebenan, und ließ sich wieder auf die Couch sinken.
Es war niemand mehr hier.
Drei Laptops standen offen, angeschaltet auf den Tischen, nur Gs Platz war leer.
Auf dem großen Bildschirm links am Torbogen war drei NCIS-Wappen zu sehen.
G hatte das Größte von ihnen auch als Hintergrundbild auf seinem Diensthandy.
Es wirkte wie ausgestorben hier.
Stimmen waren gedämpft oben aus dem OPS zu hören.
Nates dunkle Stimme.
Nelles helles, überlegtes, manchmal sprechmelodisch sehr unrythmisches Sprechen.
Es war nicht zu verstehen, was sie sagten.
Was sollte sie tun falls Hetty keine Arbeit für sie hatte?
Was sollte sie tun wenn es nur der erste Tag heute war?
Sie wollte es gar nicht weiterdenken.
Sie versuchte, sich mit weiteren Einzelheiten der üppigen Dekoration abzulenken.
Die große grüne Vase an dem Holzpfeiler in Hettys Büroecke, deren Zwilling links neben dem Eingang im Flur stand.
Erst jetzt entdeckte sie die Glasscheibe in dem Schrank in Hettys Büroecke, hinter der ein weiteres Teegeschirr zu sehen war.
Hetty hatte einen roten Laptop auf ihrem Schreibtisch liegen, Harriett musste lächeln über so viel stylische Technik.
Zum ersten Mal fiel ihr unten links neben der Treppe eine Art Krankenhausliege auf,
sehr breit, mit dicken Gummirollen, auf der einige Stoffbahnen lagen und allerlei Nähzeug.
Während sie sich zu erinnern versuchte, ob sie die dort schon einmal gesehen hatte, hörte sie das entfernte Wischen der Tür oben.
Schritte auf der Treppe erklangen.
Harriett wandte hastig den Kopf und stand erwartungsvoll auf.
G, Sam, Kensi und Deeks kamen ins Erdgeschoss herunter, G warf ihr einen kurzen Blick zu bevor sie in einem Gang hinter der Treppe verschwanden.
Hetty kam, wie immer sehr langsam und würdevoll, ein paar Minuten später die Treppe hinab, sah zu ihr herüber, nickte ihr leicht zu und ging zu ihrer Büroecke.
Harriett setzte sich einfach wieder auf die Couch.
Es verging nicht viel Zeit bis die anderen hinten aus dem Gang wiederkamen.
Sie trugen dunkelblaue, schusshemmende Westen mit der weißen Aufschrift 'NCIS', und waren schwer bewaffnet.
Während die anderen zum Ausgang gingen kam G in ihre Richtung, legte sein Gewehr auf seinem Schreibtisch ab und trat zu ihr.
Harriett stand auf.
Sein Aufzug machte ihr Angst!
„Wir müssen eben weg!“ meinte G zu ihr.
Es klang so locker, unbekümmert bei ihm als wolle er nur eben das Auto in die Werkstatt bringen.
Sein Gesicht jedoch blieb sehr ernst.
Harriett musste schlucken.
Die Angst schnürrte ihr beinahe die Kehle zu.
Es war mehr ein Reflex mit der sie ihre Rechte über Gs Oberkörper, über die Weste streichen ließ, intuitiv um herauszufinden, wie fest der Stoff war.
Sie fühlte sich sehr stabil an.
Unter der Weste, an Gs Gürtel, konnte sie seine Agentenmarke erkennen.
Sie hatte 'mal gelesen, dass diese Westen bestenfalls schusshemmend waren, abhängig von Kaliber und Entfernung der Waffe.
Kugeln wurden von dem Stoff unter ungünstigen Umständen keinesfalls aufgehalten!
„Pass' auf Dich auf, bitte!“
Mehr brachte sie nicht heraus.
Sie hatte auch eigentlich das nicht sagen wollen, doch sie konnte ihn nicht gehen lassen ohne eine Nettigkeit wenn die Gefahr bestand, dass sie ihn nicht wiedersah.
G senkte für einen Moment den Kopf.
Sie sah ihn schlucken.
Dann sah er sie wieder an, legte seine Hand sacht an ihre Wange, beugte sich zu ihr vor und küsste sie.
Dann wandte er sich wortlos ab, nahm das Gewehr von seinem Schreibtisch und ging hinaus.
Harriett schluckte an ihren Tränen.
Er wollte ihr nichts sagen oder er durfte es nicht.
Dies war seine tägliche Arbeit.
Er hatte sich – aus welchen Gründen auch immer – dafür entschieden, nach all dem, was sie bisher mitbekommen hatte, war er sehr gut in seinem Job!
Sie wollte ihm da nicht im Weg sein, noch schienen seine Beschäftigung beim NCIS, die Leute, mit denen er hier zu tun hatte, für mehr Konstante in seinem Leben zu sorgen als sie es konnte.
Das war gut für ihn.
Nate sprach mit Hetty.
Dann wandte er sich langsam aus ihrem Büro ab und kam in ihre Richtung.
' Auch das noch!' dachte Harriett.
Das Letzte, was sie jetzt wollte, war mit Fremden über G zu reden.
Ihre Beziehung ging niemanden etwas an!
Möglichst unbeteiligt, als hätte sie ihn gar nicht registriert, setzte sie sich auf die Couch zurück, kramte in ihrer Tasche nach ihrem Mobiltelefon während sie versuchte, so schnell wie möglich wieder Fassung aufzubauen.
Als Nate herantrat ignorierte sie ihn erst einmal absichtlich, suchte durch ihr Telefon obwohl es hier gar kein Netz gab.
„Oh, Nate … hallo! Entschuldige, ich habe Dich erst gar nicht bemerkt, tut mir leid! Du fängst ja auch schon früh an!“
Nate lächelte ihr ruhig zu.
„Guten Morgen, Harriett! Alles in Ordnung?“
„Ja, alles wunderbar, danke!“
Harriett schenkte ihm ein Lächeln.
Sie wusste, dass es ihr nicht wirklich gelang, doch dass musste es auch gar nicht.
„Vielleicht ein bisschen wenig geschlafen, und auch nicht sehr gut, da hinten … „
Sie hielt Nates prüfendem Blick stand weil sie seine Verunsicherung spürte.
Betont langsam ließ sie ihr Telefon wieder zurück in die Tasche sinken.
„Ehm … Nate … hast Du eigentlich auch ein Büro hier?“
„Harriett!“ begann Nate sehr sanft ohne auf ihre Frage einzugehen.
„Du hast mitbekommen, dass G gerade zu einem Einsatz gefahren ist mit den anderen?“
Harriett lächelte ihn an.
„Ja.“
Ihre ruhige Antwort verunsicherte ihn noch ein wenig mehr.
Wenn sie das durchhielt ließ er sie sicher bald in Ruhe!
„Ehm … Hetty … sie hat mich gebeten, nach Dir zu sehen! Sie meinte … jetzt bei dem Einsatz … es kann sein … Hetty meinte … „
Harriett sah ihn an.
Nate wirkte sehr ruhig, aber er verhaspelte sich total, wusste zumindest seine Verlegenheit gut zu verbergen, wenn er auch offensichtlich die richtigen Worte nicht fand.
„Hetty, ja.“ unterbrach Harriett ihn rasch und stand auf.
„Sie wollte sehen, ob sie etwas zu tun für mich hat! Ich frage sie am Besten gleich! Entschuldige mich bitte, Nate! Nein, ich muss mich erst eben etwas frisch machen!“
Sie nahm ihre Tasche und schlug den Weg Richtung Toilette ein, ohne Nates Erwiderung abzuwarten.
Er machte nicht 'mal Anstalten, um sie zurück zu halten.
Harriett schloss sich in der Toilettenkabine ein.

Ihr erster Blick galt Hetty als sie zurückkehrte.
Sie saß ruhig auf ihrem Platz hinter dem Schreibtisch und tippte auf ihrem Computer.
Dies schien momentan ihr einziger Maßstab zu sein, um zu erkennen, ob mit G alles in Ordnung war.
Es war dürftig, aber besser als nichts.
Nate war nirgends zu sehen.
Harriett klopfte sacht an den Holzpfeiler rechts an Hettys Büroeingang.
„Miss Lang?“
Hetty sah auf.
Lächelte.
Es schien alles in Ordnung!
„Bitte?“
„Ich würde mich freuen, wenn Sie etwas zu tun für mich gefunden hätten! Bitte!“
„Oh ja!“
Hetty stand auf.
„Mir ist tatsächlich etwas eingefallen! Wenn Sie mitkommen möchten!“
Sie führte sie in einen kleinen Nebenraum, wahrscheinlich eher im hinteren Bereich des Hauses gelegen.
Hier zeigte sie ihr, wie man einen kleinen Ofen bediente, und dann gab sie ihr einen Haufen Akten zur Vernichtung.
Harriett musste lächeln.
Ein Großteil des Geschriebenen war geschwärzt, so dass man den Sinn der Mitteilungen ohnehin nicht mehr erfassungen konnte, doch Hetty bat sie, sie sorgfältig zu vernichten.
Manche Dokumente waren in Französisch.
Viele waren in Sprachen, die Harriett nicht mal erkannte.
Sie gab sich Mühe, ihre Augen möglichst wenig auf das Papier zu richten und ihre Gedanken nicht zu G abschweifen zu lassen.
Als Hetty mit einer Tasse Tee hereinkam durchfuhr sie ein eisiger Schreck.
Für einen Moment spürte sie fast ihren Herzschlag aussetzen.
Doch Hetty lächelte und wirkte ruhig.
„Eine kleine Stärkung, Miss Wycombe! Und ich soll Sie von Ihren Kolleginnen drüben schön grüßen! Sie wünschen Ihnen 'Gute Besserung!' Ich habe der Einfachheit halber ausrichten lassen, dass Sie sich nicht wohl fühlen und zu Hause geblieben sind! Ich habe den Eindruck, es ist auch in Ihrem Sinne, wenn möglichst wenig Leute von Ihnen und Mister Callen erfahren!“
Harriett schenkte ihr ein ehrliches erfreutes Lächeln.
„Danke schön, Miss Lang! Ja, das wäre mir wirklich sehr recht!“
Hetty lächelte und wandte sich zum Gehen.
„Gut! Dann überlegen Sie sich als Nächstes bitte, ob Sie lieber etwas italienisches oder japanisches zum Mittagessen möchten!“
„Danke schön!“ rief Harriett ihr hinterher.
Doch sie hatte nach dem Tee schon Hunger.
Ihr fiel die Packung mit den Donuts ein, die Kensi mitgebracht hatte.
Sie sollte noch auf ihrem Schreibtisch stehen.
Langsam, möglichst unauffällig, verließ sie den Raum, ging durch den Flur in den Hauptbereich, Richtung der Schreibtische.
Alles war ruhig.
Hetty saß an ihrem Schreibtisch und schrieb in einer Akte.
An der Liege saß ein bärtiger Mann und nähte.
Alles schien in Ordnung.
Auch der Kasten Donuts stand noch dort.
Und es war sogar noch einer mit Schokoladenguss darin für sie.
Harriett ließ ihn sich schmecken.
Danach wischte sie sich die Hände an einer Serviette ab.
Sie sehnte sich nach ihren Toilettenartikeln und Schminke.
In diesem Moment hörte sie Stimmengewirr im Eingangsflur, schwere Schritte.
Als sie herumfuhr war Kensis Pferdeschwanz das Erste, was sie sah.
Dann fiel ihr Blick auf G.
Ihr Herzschlag jagte hoch, vor Erleichterung.
Ihre Knie wurden weich, begannen zu zittern.
G sah ernst aus, fast böse.
Seine Lippen waren schmal zusammengepreßt.
Der Blick seiner blauen Augen rutschte kurz zu ihr herüber als er sie dort stehen sah.
Sein Gesicht blieb ausdruckslos.
Das erschreckte sie.
Er ging mit den anderen an der Treppe vorbei nach hinten.
Hetty stand unauffällig auf und folgte ihnen fast lautlos einen sehr langen Moment später.
Harriett versuchte, sich zu beruhigen.
Es war alles in Ordnung.
G war wohlbehalten zurück, ihm war offensichtlich nicht geschehen und er war immernoch im Dienst.
Sie spielte hier nur die zweite Geige.
Hatte sie wirklich geglaubt, er würde ihr hier bei seiner Rückkehr als Erstes vor dem gesamten Team und seiner Vorgesetzten um den Hals fallen?
Seine Arbeit sollte an erster Stelle stehen!
Sie hatte schon fast die Tür zu dem Zimmer mit dem kleinen Ofen wieder erreicht, hatte gerade die Hand zur Klinke ausgestreckt als sie Gs Stimme hinter sich hörte.
„Harriett! Warte!“
Sie ließ ihre Hand sofort sinken und wandte sich zu ihm um.
Jetzt, ohne Weste, ohne Waffe, wirkte G weniger offiziell.
Als ihre Blicke sich nun trafen huschte sogar ein kleines Lächeln über sein müdes Gesicht.
„Alles in Ordnung? Hetty hat gesagt, Du arbeitest hier für sie?“ fragte er, als er bei ihr angelangt war, bei ihr stehen blieb.
Ganz leicht, so eben, spürte sie seine Hand über ihren Arm streicheln, seinen kleinen Kuss an ihrer Wange.
Seine Nähe war warm.
Er roch ein klein bisschen verschwitzt, aber nicht unangenehm.
Seine Haltung war matt.
„Ja, alles gut! Und bei Dir? Alles in Ordnung?“
G nickte kurz.
„Alles in Ordnung! Kalinka … „
Seine Hand berührte leicht ihre Schulter.
„Wir müssen reden!“
Der Blick seiner blauen Augen war ruhig, ernst.
Sie konnte seinem Gesicht nicht ansehen, ob er Unerfreuliches mit ihr zu besprechen hatte, es war völlig ausdruckslos.
War das jetzt der Punkt?
Würde er ihr in wenigen Minuten mitteilen, dass er diese Beziehung nicht fortsetzen konnte weil sie seine Arbeit zu sehr behinderte, weil es zu gefährlich war an seiner Seite, warum auch immer?
„Komm!“
Seine Hand an ihrer Schulter dirigierte sie kaum merklich zum Ausgang Richtung Innenhof.
Harriett spürte zum wiederholten Male an diesem Tag ihren Herzschlag zu schnell, zu heftig bis hinauf in ihren Hals.
Wieder zitterten ihre Knie.
Ihr war eiskalt.
Hier im Innenhof gab es einen prächtigen großen Springbrunnen aus kleinen bunten Mosaiksteinen.
G schob sie sacht zu der Bank rechts an der Hauswand.
„Setz' Dich!“
„Kann ich nicht!“
G sah sie verwundert an.
Er hielt Abstand zu ihr während er zu reden begann, mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen.
„Wir hatten gerade einen Einsatz in der Stadt! Jemand hat uns einen Tip gegeben, wo Debassieré sich aufhalten soll. Allerdings hat sie uns bemerkt und konnte flüchten!“
Harriett sah ihn an.
Zum einen verstand sie überhaupt nicht, was er da redete.
Ihre Ohren, ihr Gehirn, ihre Emotionen waren auf etwas ganz anderes eingestellt.
„Bitte? G … ich verstehe nicht … ?“
Sie fühlte sich komplett verwirrt.
G gab seine verschlossene Haltung auf.
Er machte ein paar Schritte in ihre Richtung, blieb bei ihr stehen.
Es war sehr hell hier draußen.
Gs blaue Augen leuchteten geradezu im Sonnenlicht, verstärkt durch das Blau seines Shirts.
Kleine Müdigkeitsfalten krisselten die Haut unter seinen Augen.
Sie konnte graue Härchen in seiner linken Augenbraue erkennen.
„Hast Du alles gut überstanden?“fragte sie besorgt.
Sie wagte nicht, ihn zu berühren, obwohl es ihr in den Fingern kribbelte, ließ ihren Blick fragend über sein Gesicht wandern.
„Mir geht es gut.“ antwortete G.
Harriett spürte instinktiv, dass die Sicherheitswand diesmal nicht so hoch ging.
Sie blieb sogar ziemlich weit unten.
„Schön.“ meinte sie bloss betont zurückhaltend.
„Und wie geht es jetzt mit der französischen Dame weiter?“
„Nate meint, sie hat wohl während der Zeit, als wir sie aus Kabul geholt haben, Gefühle für mich entwickelt und kann damit nicht umgehen!“ fuhr G halblaut fort.
Harriet musste lächeln obwohl sie es gar nicht wollte, obwohl es in dieser Situation sicher nicht angebracht war.
Doch es geschah nur aus Erleichterung darüber, dass G doch nicht mit ihr Schluss machen wollte.
Mit allem anderen ließ sich bestimmt irgendwie umgehen!
„Das wundert mich gar nicht! Hat halt einen exzellenten Geschmack die Frau!“
Gs Lächeln zu ihr war ein wenig gereizt.
Eigentlich verzog er bloss mißbillgend die Mundwinkel.
Mit solchen Komplimenten konnte er nicht umgehen.
Jemand, der seine Kindheit in unzähligen Pflegefamilien zugebracht hatte, hielt sich nicht für liebens- und schon gar nichts begehrenswert!
„Ach, Unsinn!“
Harriett machte ein paar kleine, vorsichtige Schritte zu ihm, blieb ganz nah bei ihm stehen, ohne ihn zärtlich zu berühren, was ihr ziemlich schwer fiel.
„Du hast gar keine Ahnung, wie Du auf Frauen wirkst, hm?“
Sie hielt ihre Stimme absichtlich gesenkt.
Das musste hier keiner mitbekommen!
G sah sie an.
Er legte seine Hand an ihren Arm, beugte sich ein wenig zu ihr hinab und küsste sie.
„Debassieré hat … „
Ein leises Räuspern erklang im Türrahmen.
Harriett zuckte sofort zurück.
Sie bewunderte, wie gelassen G reagierte, sein Gesicht dem ihren erst noch für einen langen Moment ganz nah ließ bevor er sich schließlich zu Hetty umwandte und sie fragend ansah.
Harriett kam es für einen aberwitzigen Moment so vor, als habe G Hetty provozieren wollen.
Sie sah keinen Grund dafür!
Hettys Gesicht war wie meistens ausdruckslos.
„Ich bitte um Entschuldigung, Miss Wycombe, Mister Callen!“ meinte sie.
„Wir haben gerade einen Anruf vom Gesundheitszentrum bekommen, dass es eine Unstimmigkeit in der Akte von Mister Callen gibt! Ich möchte Sie bitten, Miss Wycombe, dass Sie eben hinüber gehen und das klären! Und ich würde es begrüßen, wenn Sie sie begleiten, Mister Callen!“
„Natürlich, Hetty!“
G nickte ihr kurz zu, „Danke!“ meinte Harriett zu ihr und schlug dann den Weg Richtung der Verbindungstür in der Mauer ein.
Es war ein kurzer Weg durch einen kleinen Garten in das Nebengebäude, wo das Gesundheitszentrum des NCIS untergebracht war.
Es gab auch einen unterirdischen Weg dorthin.
Der Wachmann am Eingang ließ sie ungehindert passieren, obwohl sie ihren Mitarbeiterausweis nicht trug.
Doch er kannte sie und er kannte G.
„Wenigstens brauchst Du dieses Mal keinen Stich über Dich ergehen zu lassen hier unten!“ meinte sie zu ihm während sie den langen hell erleuchteten Flur ohne Fenster zu ihrem Büro entlang gingen.
G lächelte nur ein kleines bißchen, so als habe er bisher zu viele schlechte Erfahrungen hier gemacht.
Sie öffnete die Bürotür.
Gs Akte sollte noch auf ihrem Schreibtisch liegen, eventuell schon mit den aktuellen Blutwerten von gestern.
Da konnte sie dann gleich schon 'mal einen Blick drauf werfen!
Sie hatte gerade eben drei Schritte in den Raum gemacht als das große Fenster an der Kopfseite des Zimmers sich zu einem Teil verdunkelte.
Eine Gestalt trat von rechts in ihr Blickfeld.
Sie stand im Gegenlicht, Harriett erkannte im ersten Moment nur, dass sie ihren rechten Arm ausstreckte.
Dann knallte es hinter ihr, laut, erbarmungslos, vier, fünf Mal, Harriett spürte einen Lufthauch in Höhe ihrer Haare, nur so eben, ganz leicht.
Die Gestalt gab ein sehr leises, kurzes Wimmern von sich.
Dann fiel sie zu Boden.
Eine Waffe rutschte ihr aus der Hand und glitt über den Boden.
Harriett fuhr zu Tode erschrocken herum.
G stand im Türrahmen, in Schusshaltung, beide Arme ausgestreckt, seine Waffe mit den Händen umklammernd.
Jetzt wandte er den Kopf und ließ die Arme langsam sinken, warf ihr einen kurzen Blick zu während der in den Raum eilte, an ihr vorbei.
Er stieß die Waffe mit dem Fuß beiseite, beugte sich über die Gestalt am Boden und tastete an ihren Hals.
Harriett erkannte jetzt, dass es eine Frau war.
Dunkle Haare, streng nach hinten in einen Knoten zusammengebunden.
Sie war hübsch.
Ihr Oberkörper war von den Kugeln zerfetzt.
Es war die Frau, die sie gestern morgen das erste Mal bei G gesehen hatte.
Karmina Hassardie oder auch Moniqué Debassieré.
G richtete sich auf, sicherte seine Waffe und steckte sie in den Bund seiner Jeans zurück.
Dann langte er nach seinem Mobiltelefon, drückte kurz auf das Display, hielt es an sein Ohr.
Er sah zu ihr herüber.
„Ja, Sam! Kommt sofort 'rüber in das medizinische Zentrum! Debassierè war hier! Sie ist tot! Nein, alles gut!“
Er nahm das Mobiltelefon herunter, unterbrach das Gespräch, ließ das kleine Telefon in die hintere Tasche seiner Jeans rutschen.
Dabei machte er die wenigen Schritte zu ihr.
„Alles in Ordnung?“
Er sah sie besorgt an, Harriett spürte seine Hand an ihrer Schulter.
Sie begriff noch immer nicht so recht, was passiert war.
Als sie sich umwandte sah sie Dr. Connors und andere Angestellte im Türrahmen stehen, erschrocken, gestikulierend.
„Ja, danke. Alles in Ordnung.“
G zupfte einen Gummihandschuh aus einer Box und hob damit rasch die Waffe vom Boden auf, legte seine Hand um ihren Arm, zog sie sanft mit Richtung der Tür.
„Verzeihung! Lassen Sie uns durch!“
Die Leute machten ihnen sofort Platz.
Sie waren noch nicht um die erste Ecke gebogen als Sam, Kensi und Deeks ihnen schon entgegen stürmten.
„Alles in Ordnung?“ fragte Sam sofort.
Deeks und Kensi sahen hastig von ihr zu G.
„Alles in Ordnung!“ gab er rasch zurück und machte eine kleine Kopfbewegung in den Gang zurück.
„Da, in dem Büro! Wir sind drüben!“
„Okay!“ meinte Sam.
„Hier Deeks, für die Spurensicherung!“ meinte G und reichte ihm die Waffe.
Deeks nahm sie vorsichtig an dem Gummihandschuh.
„Komm!“
G zog sie sanft mit sich.
Harriett schmiegte sich ein wenig an ihn.
Ihr Kopf fühlte sich leer an.
Ihr war kalt.
Gnädigerweise weigerte ihr Gehirn sich erst einmal, sich mit dem Geschehenen zu befassen.
„Du warst phantastisch, G! Danke!“
G sah sie an und schenkte ihr ein kleines Lächeln.
Harriett spürte seine Hand leicht über ihre Haare streichen.
„Du hast ja gesagt, dass ich das ganz gut kann!“
Seine Stimme klang angespannt.
Sein Blick war beunruhigt.
Hetty empfing sie in der Eingangshalle der Villa.
Auch sie wirkte besorgt.
„Um Himmels Willen, Mister Callen, was ist da unten passiert?“
„Debassieré hat unten auf uns gewartet und ich habe sie erschossen! Es war eine Falle!“ gab G knapp zurück.
Hettys Blick rutschte besorgt zu ihr.
„Sind Sie unversehrt, Miss Wycombe?“
„Danke, alles Bestens! Mister Callen hat hervorragend reagiert!“ gab Harriett zurück.
Hetty lächelte.
„Bitte entschuldigen Sie uns, Hetty!“ meinte G zu ihr und führte sie Richtung der Couch.
Harriett genoss diese Fürsorge, auch wenn sie sie eigentlich nicht annehmen wollte!
Sie ließ sich auch von ihm einmal mehr in die dicken Polster der Couch drücken.
„Geht es Dir gut?“ fragte G und sah sie besorgt an.
Harriett lächelte zu ihm auf.
Sie umfaßte sein Handgelenk und zog ihn sacht neben sich auf die Couch.
Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen wie Hetty, die wieder in ihre Büroecke ging, einen kurzen Blick zu ihnen herüber warf.
„Danke, G!“
„Kein Grund dafür, Kalinka!“
G beugte sich leicht zu ihr vor und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Wange während er ihre Hand leicht drückte.
„Kann ich Dich für einen Moment alleine lassen? Ich möchte eben 'rüber und sehen, was die anderen herausgefunden haben! Du bist hier sicher!“
Er sah sie aufmerksam an.
Harriett ließ ihre Hand sanft über seine kratzige Wange streicheln.
„Ich weiss! Danke! Natürlich, geh' nur!“

Als G wiederkam, fast nach einer Stunde, in der Hetty sie mit einer weiteren Tasse Tee versorgt hatte, ließ er sie wissen, dass Eric über die Gesichtserkennung bestätigt hatte, dass es sich bei der Toten um Kamira Hassardie bzw. Moniqué Debassieré handelte.
Aus Unterlagen aus ihrem Rucksack am Tatort war hervorgegangen, dass sie für einen Anschlag auf einen ranghohen Militär mit Hilfe von Mohamed Husmani ins Land geholt worden war, sie sich aber vor dem Attentat wohl erst noch an G und ihr hatte rächen wollen.
Harriett betrachtete G verstohlen während er Hetty und ihr berichtete.
Sie konnte Moniqué Debassieré sogar ein kleines bisschen verstehen.
Sie hatte sich Hoffnungen gemacht, auch wenn ihr Kennenlernen unter keinem guten Stern gestanden hatte.
Wie weit diese Hoffnungen begründet gewesen waren, wußte sie nicht.
Doch sie glaubte G.
Glaubte und vertraute ihm!
 
 
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