Joshuas letztes Zwielicht
von Robin Lohwald
Kurzbeschreibung
Blutleere Leichen. Die Mordkommission Karlsruhe ermittelt, in Form von Kommissar Joshua Rabenstein und seinen Kollegen. Statt Bandenkriegen und einem Mörder, den man einsperren kann, findet Josh: Den Sabbat, und ein paar seeeeehr freiheitsliebende Brujah, die ihre Regelabstinenz gern etwas weiter auslegen als „üblich“… Für die Fans von (Goretzka x Kimmich / Leon x Joshua und den FC Bayern) habe ich möglicherweise das eine oder andere Easter Egg eingebaut.
CrossoverÜbernatürlich, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
OC (Own Character)
25.04.2022
06.05.2022
4
6.195
1
Alle Kapitel
1 Review
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Dieses Kapitel
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25.04.2022
2.533
Ein paar Worte vorab, die für alle Kapitel gelten:
Alle anderen Charaktere (ausgenommen: Die Easter Eggs) und Begebenheiten gehören mir bzw. meinem Verlag. Wer bei mir klaut bzw plagiiert, bekommt eins auf die Fingerchen, das mag ich gar nicht. Die WoD in den Teilen, in denen sie noch geschützt ist, wurde zur Zeit der Entstehung des Grundwerks 2004 mit freundlicher Genehmigung und Lizenz von White Wolf Publishing Inc., sowie Feder&Schwert übernommen und genutzt, in allen anderen Teilen mit Genehmigung der Ursprungsautoren, im Besonderen von Oliver Hoffmann und meinen Freunden Mark Rein•Hagen, Jason Brandon & Justin Achilli.
Auch wenn ich „darf“, habe ich das Werk als Fanfiction klassifiziert, um die richtige Kategorie zu finden. :) Ist ja M/M, also ️ , und das mögen viele Rollenspieler nicht so sehr.
Viel Spaß beim Lesen. ♥️♥️
Ich wäre dankbar, wenn ihr mir dazu eure Reviews schreibt, ebenso wie zu den anderen Geschichten, damit ich einschätzen kann, ob ich damit noch den „Zahn der Zeit“ treffe - und ob’s heiß genug ist für euch :)
Nun aber genug der Vorrede, und Vorhang auf für die härtesten Bullen Badens. Oder so.
➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖
Ich hasse die Nachtschicht.
Müde reibe ich mir die Augen, blinzle und starre erneut auf die Akte, die vor mir auf dem Schreibtisch liegt. Mein trüber Blick wandert zu den Ordnern, die sich auf meinem Tisch stapeln. Es werden immer mehr. Seit einigen Wochen scheinen die Bandenkriege wieder aufgeflammt zu sein. Den Grund können wir nur raten.
Erneut greife ich nach den Fotos aus der vor mir liegenden Sammlung von Beweisen und betrachte sie. Eine Seitengasse, deren Straßenlicht kaputt ist. Blut auf dem Boden, den Häuserwänden, den Müllcontainern, die dort stehen. Das wirklich Seltsame an diesem Anblick ist die fehlende Leiche. Literweise Blut, aber kein Opfer. Mit einem angewiderten Schnauben werfe ich die Fotos auf den Tisch. Das bringt nichts. So komme ich nicht weiter.
»Immer noch hier?«
Mit einem Poltern fliegt mein Stuhl nach hinten. Ich bin aufgesprungen und in Verteidigungsstellung gegangen, ohne nachzudenken.
»Hey, ganz ruhig!« Mein Kollege und bester Freund Ben hebt in einer beschwichtigenden Geste die Hände. Seufzend entspanne ich mich wieder, drehe mich um und hebe den Stuhl auf.
»Du hast mich erschreckt«, brumme ich und werfe ihm einen giftigen Blick zu. Ben lacht leise. Missmutig falle ich auf den Stuhl, kippe ihn nach hinten und halte mich mit einer Hand an der Tischkante fest.
»Diese Angewohnheit wird dich irgendwann zu Fall bringen!« Er zwinkert und lächelt. Dann wird er wieder ernst.
»Du sitzt immer noch an den Akten?« Ich nicke. Seit Wochen tue ich nichts anderes. Inzwischen haben wir sechs Tatorte, viel Blut, Zeugenaussagen, aber keine Opfer und keine Täter. Ben schüttelt den Kopf und schnalzt mit der Zunge.
»Mach dich nicht verrückt. Wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen? Du siehst aus wie ausgekotzt.«
Erneut werfe ich ihm einen giftigen Blick zu.
»Der Chef tobt schon wie ein wilder Eber, weil wir einfach nicht vorwärtskommen. Die von oben machen auch Druck.« Ich seufze und lehne mich mit dem Stuhl wieder nach vorn auf alle viere.
»Aber schlaflose Nächte bringen dich auch nicht weiter. Wann hast du das letzte Mal richtig gevögelt? Dir einen Kerl aufgerissen?«, will Ben süffisant grinsend wissen. Ich schüttle unwillig den Kopf. Ich kann mich, ehrlich gesagt, kaum daran erinnern.
»Das habe ich mir gedacht. Du bist untervögelt!«, konstatiert Ben und grinst dreckig. Ich hebe die Hand und strecke ihm den Mittelfinger entgegen.
»Fick dich!«
»Nee, danke, kein Bedarf. Aber du bräuchtest mal jemanden, der dich durchnimmt!« Er lacht, dreht sich um und schlendert zur kleinen Kochnische, wo er zwei Tassen Kaffee einschenkt und damit wieder zu mir zurückkehrt. Er setzt sich auf die Tischkante und drückt mir eine Tasse in die Hand. Dankend nehme ich sie entgegen. Bens Blick wird ernst.
»Mensch, Joshua, mach Schluss für heute. Übermüdet kommst Du auch nicht weiter.« Ich nicke langsam. Er hat ja Recht. So müde, wie ich bin, übersehe ich wahrscheinlich einiges. Fehler darf ich mir aber keine erlauben. Der Chef sitzt mir im Nacken und ihm wiederum der Bürgermeister und wer weiß noch alles.
Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt. Kurz bin ich hin- und hergerissen, ob ich abheben oder einfach nach Hause gehen soll. Mein Pflichtgefühl siegt. Wie immer.
»Rabenstein«, belle ich in den Hörer. Ich lausche, dann knalle ich den Hörer auf die Gabel.
»Lass mich raten: Wieder eine Schießerei!«, sagt Ben, steht auf und holt seine Jacke, die er über einen Schreibtisch geworfen hat.
»Am Güterbahnhof. Auf nach Bruchsal!«, rufe ich und man kann mir meinen Enthusiasmus deutlich anhören. Nämlich gar nicht. Eine Viertelstunde später kommen wir am Güterbahnhof an. Mit Blaulicht kann man halt doch so einige Verkehrsregeln brechen, ohne dass man Ärger mit dem Chef bekommt. Ben, der neben mir sitzt, ist irgendwie grün im Gesicht. Ich bin dankbar, dass er mich begleitet, obwohl er Feierabend hat. Falls ich nachher zu müde bin, kann er mich zurückfahren.
Taumelnd steigt Ben aus, macht ganz leise die Autotür zu und lehnt sich tief durchatmend dagegen. Er wirft mir einen erschreckten Blick zu.
»Wo hast du eigentlich deinen Führerschein gemacht?«, will er mit wackliger Stimme wissen.
»Ich habe keinen«, sage ich und gehe zu dem inzwischen hell beleuchteten Tatort.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, ruft er mir nach. Ich hebe eine Hand und winke ihm. Er flucht, folgt mir aber. Er sollte es besser wissen, er ist nicht nur mein Kollege, sondern auch mein bester Freund.
Am Rand des abgesperrten Bereichs sehe ich unseren Pathologen, Dr. Silver. Ich stelle mich neben ihn, fummle mir das Zigarettenpäckchen aus der Innentasche meiner Jacke, fische eine heraus und zünde sie mir an. Schweigend stehen wir rauchend nebeneinander und beobachten die Forensiker bei der Arbeit.
»Ich könnte mir was Schöneres vorstellen, als hier dumm rumzustehen«, unterbricht er das Schweigen und wendet sich mir zu. Er hat braunes Haar, sehr kurz geschnitten und ist an den Schläfen grau meliert. Er ist fast zehn Zentimeter kleiner als ich. Amüsiert stelle ich wieder einmal fest, dass ich ihm auf den Kopf spucken könnte.
»Ja, ich auch. Wieder keine Leiche?«, erkundige ich mich und ahne die Antwort bereits. Dr. Silver schüttelt den Kopf. Er zieht an seiner Zigarette, wirft sie zu Boden und tritt einmal drauf.
»Nein. Jede Menge Blut, einiges an Patronenhülsen, aber keine Waffen und keine Leichen. Scheiße, was mache ich eigentlich hier?«, flucht er und rammt frustriert die Hände in die Manteltaschen. Das frage ich mich auch. Ohne Leiche kein Mord. Ohne Opfer keine Spuren. Das wirklich Seltsame an den Tatorten ist, dass nie Spuren gefunden werden. Keine Fasern, Tatwaffe, DNA. Nichts. Nur jede Menge Blut.
»Keine Ahnung!«, sage ich und zucke mit den Schultern. Ben tritt neben mich und schaut ebenfalls den anderen bei der Arbeit zu. Ein Polizist kommt auf uns zu, bleibt vor uns stehen und macht schon den Mund auf, um Bericht zu erstatten. Den Kollegen hier habe ich bereits bei den letzten drei Tatorten gesehen. Wir kennen uns also.
Ich winke ab.
»Lassen Sie mich raten: Notrufe sind eingegangen, weil man Schüsse und Schreie am Güterbahnhof hörte. Als ihr hier ankamt, habt ihr die Szene so vorgefunden, wie es jetzt aussieht. Die Zeugen haben nur was gehört, aber nichts gesehen.«
Verblüfft schließt der Polizist den Mund und nickt verdattert. Ich könnte schreien vor Wut und Frustration. Eine Hand legt sich auf meine Schulter. Ben.
»Komm, das bringt nichts, ich fahr’ dich nach Hause.«
Die Wut weicht und macht tiefer Erschöpfung Platz. Wortlos drehe ich mich um und gehe zum Auto zurück. Kurz hebe ich noch die Hand zum Abschiedsgruß, steige ein und knalle die Tür zu. Frierend sitze ich im Auto und wickle mich fester in meine Lederjacke ein. Der April ist ganz schön kalt dieses Jahr. Ben steigt ein. Wortlos startet er den Motor und fährt zurück nach Karlsruhe. Dankbar lasse ich mich tiefer in den Sitz sinken und reibe mir übers Gesicht. Gott, bin ich müde.
»Joshua, wir sind da!« Rütteln an meiner Schulter lässt mich schlaftrunken hochfahren. Verwirrt blicke ich mich um. Wir sind vor meinem Wohnblock angekommen.
»Bin wohl eingeschlafen«, nuschle ich, schnalle mich ab und hieve mich umständlich aus dem Auto. Leises Lachen antwortet mir.
»Komm, ich bring dich noch hoch, bevor du mir im Hausflur einpennst.«
Ich knurre. Zu mehr fehlt mir einfach die Energie. Taumelnd erklimme ich die Stufen bis zur Haustür und fummle meinen Schlüssel aus der Tasche. Eine Hand greift zu, bevor ich das vermaledeite Ding fallen lasse.
»Ich mach das. Du konzentrierst dich darauf, auf den Füßen zu bleiben. Ich will dich nicht die Treppen hochtragen müssen!« Ben lacht und schließt auf. Wie ich es schaffe, bis in meine Wohnung zu kommen, ist mir nicht klar. Ich weiß nur, dass Ben mich in die richtige Richtung dirigiert. Dass ich so ausgebrannt bin, war mir bis zu diesem Augenblick nicht bewusst. Kaum berührt mein Kopf das Kissen, bin ich auch schon weggetreten.
Am nächsten Morgen sitze ich mit tiefen Augenringen in meiner Küche, eine Tasse »Schwarzer Tod« vor mir. Ein Ex sagte mal, dass man mit meinem Kaffee Möbel abbeizen könnte. Recht hatte er. Der Löffel muss drin stehen, sonst ist es kein Kaffee.
Für heute habe ich mich abgemeldet. Ich mach Außendienst. Heißt: Legeres Outfit und dann ab in die einschlägige Szene. Habe mir hier mit der Zeit ein Netz an Informanten aufgebaut. Ohne geht’s nicht. Beginnen werde ich am Hauptbahnhof, wo auch der erste Tatort gewesen ist. Und der dritte. Der vierte war am Europaplatz, genau wie der zweite. Die letzten beiden waren am Güterbahnhof.
Genervt fahre ich mir übers Gesicht. Aufs Rasieren habe ich heute verzichtet, keine Lust. Außerdem kommt es nicht gut, wenn ich mit Strichern und Junkies zu tun habe und dort geschniegelt und gestriegelt auftauche. Da sind die schneller weg, als ich »Amen« sagen kann. Und auf Bullen reagieren sie sowieso nicht gut. Ein Blick auf die Wanduhr verrät mir, dass es kurz nach zehn ist. Zeit, mich auf die Socken zu machen, wenn ich heute noch was in Erfahrung bringen will. Ich habe schon vor einer Weile meine Fühler ausgestreckt und um Informationen gebeten. Der eine oder andere schuldet mir noch einen Gefallen.
Hoffentlich habe ich heute Glück und bringe etwas in Erfahrung. Ich stelle die Tasse in die Spüle, gehe in den Flur und ziehe mir meine heiß geliebte schwarze Lederjacke an. Ich kontrolliere noch, ob ich Schlüssel, Handy und Brieftasche habe, dann bin ich startklar. Mein erster Weg führt zum Hauptbahnhof. In einer der hinteren Ecken finde ich, wonach ich gesucht habe. Siggi, einen der Obdachlosen. Als er mich sieht, runzelt er die Stirn, erhebt sich schnell und kommt auf mich zu. Klar, sein Ruf unter den anderen könnte ja leiden, wenn er zusammen mit mir gesehen wird. Ich bleibe an eine Wand gelehnt stehen und warte.
»Morgen, Siegfried«, grüße ich und grinse ihn an. Er schaut wütend aus.
»Ich heiße Siggi, merk dir das endlich Mal, Bulle!«, raunzt er und dreht sich von mir weg. Meine Hand schießt nach vorne und packt ihn am Kragen.
»Ich nenne dich, wie du getauft wurdest. Merk du dir das!« Ich drehe ihn zu mir um, sodass er mir ins Gesicht sehen muss. Er wehrt sich kurzzeitig gegen meinen Griff, gibt aber schnell auf.
»Was willst du? Bist verdammt früh unterwegs!«, mault er und ich muss lächeln. Siggi ist nicht so hart, wie er gerne tut. Er weiß, dass ich das weiß, und das passt ihm gar nicht.
»Ich brauche Infos«, sage ich und warte. Ich hab ihn immer noch nicht losgelassen. Unwillig schüttelt er den Kopf.
»Was krieg’ ich dafür?« Ich seufze. Jedes Mal dasselbe. Immer will er verhandeln.
»Ein ordentliches Frühstück. Wie immer. Geld gibt’s keines. Das würdest du eh nur versaufen.« Siggi nickt, also lasse ich ihn los. Er steht zu seinem Wort. Das hat die Erfahrung gezeigt. Wortlos stoße ich mich von der Wand ab und gehe in Richtung Bäcker, der am anderen Ende des Bahnhofs ist. Siggi folgt mir, immer darauf bedacht, ein paar Schritte Abstand zu halten. Ist ja nicht gut fürs Image, mit mir gesehen zu werden.
Ich muss schmunzeln. Im Bäckerladen bestellt sich Siggi so viel, dass eine ganze Fußballmannschaft satt werden würde. Mehr als die Hälfte lässt er sich einpacken. Das wird er später unter seinen Freunden verteilen. Ohne mit der Wimper zu zucken, begleiche ich die Rechnung. Ich selbst habe mir nur eine Tasse Kaffee genommen.
Im hintersten Winkel des kleinen Bäckers finden wir noch Platz und Siggi haut direkt rein. Mann, muss der Kohldampf haben. Ich frage mich, wie lange er nichts mehr gegessen hat. Irgendwann hebt er den Kopf und guckt mich an. Ein zufriedener Rülpser signalisiert mir, dass er fertig ist mit Essen.
»Ich warte«, informiere ich ihn und lehne mich nach vorne, die Unterarme auf den Tisch gelegt. Muss ja nicht jeder gleich mitbekommen, was hier gesprochen wird.
»Ja, Mann. Ist ja gut«, motzt Siggi und lehnt sich ebenfalls nach vorne.
»Ich habe mich bei uns mal umgehört. Ich weiß ja nicht, was da läuft, aber die Russen und Albaner geben derzeit relativ Ruhe. Es schwirren ein paar Gerüchte durch die Gegend, aber nichts Konkretes. Kleine Zwistigkeiten wegen Territorium und so, aber außer ein paar kleinen Schlägereien war nichts.«
»Bist du dir sicher?«, hake ich nach. Siggi nickt. Seufzend lehne ich mich wieder auf dem Stuhl zurück. Wenn meine anderen Kontakte dasselbe sagen, habe ich ein Problem. Denn wenn es nicht die üblichen Bandenkriege sind, haben wir weniger als Nichts.
»Allerdings …«, sagt Siggi leise und blickt auf den Tisch. Neugierig geworden lehne ich mich wieder nach vorne.
»Allerdings?«, helfe ich ihm auf die Sprünge.
»Ich weiß nicht, seit einiger Zeit kursieren Gerüchte durch die Szene.« Wieder bricht er ab. Der Blick ist immer noch auf den Tisch gerichtet. Ich warte. Geduldig. Sonst nicht meine Stärke, aber Drängeln bringt nichts. Sonst macht Siggi den Mund gar nicht mehr auf. Er seufzt, fährt sich mit einer Hand übers Gesicht.
»Wir haben gehört, dass es am Hauptbahnhof nachts extrem gefährlich geworden sein soll. Nicht nur wegen der Schießereien und dem Blut. Bei uns verschwinden Leute. Heute sind sie da, morgen fehlt jede Spur von ihnen. Bei uns aus der Gruppe sind auch zwei verschwunden. Zuverlässige Leute, immer da, immer zu Schandtaten bereit. Einfach weg.«
Siggi zuckt mit den Schultern, hebt den Blick und schaut mir direkt in die Augen. Ich kann den Schmerz und die Hilflosigkeit sehen.
»Wieso sagst du mir das erst jetzt?«, frage ich. Ich bin wirklich auf seine Antwort gespannt.
»Glaubst du etwa, ich marschiere einfach beim nächsten Polizeirevier rein und sage denen, dass Leute aus der Szene verschwinden. Was glaubst du, was die machen? Lachen und mich meiner Wege schicken. Und von dir habe ich keine Nummer.«
Wütend ballt er die Hände zu Fäusten. Leider muss ich ihm zugestehen, dass er irgendwie Recht hat. Die, die auf der Straße leben, werden ignoriert. Es interessiert niemanden, wenn da jemand verschwindet. Nach dem Motto: Einer weniger. Ich greife zu meiner Brieftasche und nehme ein Kärtchen heraus, drücke es Siggi in die Hand.
»Ruf mich an, wenn wieder jemand verschwindet. Ich will das wissen!«, weise ich ihn an. Er nickt. Ich erhebe mich, nicke ihm noch einmal zu und verlasse den Laden.
Alle anderen Charaktere (ausgenommen: Die Easter Eggs) und Begebenheiten gehören mir bzw. meinem Verlag. Wer bei mir klaut bzw plagiiert, bekommt eins auf die Fingerchen, das mag ich gar nicht. Die WoD in den Teilen, in denen sie noch geschützt ist, wurde zur Zeit der Entstehung des Grundwerks 2004 mit freundlicher Genehmigung und Lizenz von White Wolf Publishing Inc., sowie Feder&Schwert übernommen und genutzt, in allen anderen Teilen mit Genehmigung der Ursprungsautoren, im Besonderen von Oliver Hoffmann und meinen Freunden Mark Rein•Hagen, Jason Brandon & Justin Achilli.
Auch wenn ich „darf“, habe ich das Werk als Fanfiction klassifiziert, um die richtige Kategorie zu finden. :) Ist ja M/M, also ️ , und das mögen viele Rollenspieler nicht so sehr.
Viel Spaß beim Lesen. ♥️♥️
Ich wäre dankbar, wenn ihr mir dazu eure Reviews schreibt, ebenso wie zu den anderen Geschichten, damit ich einschätzen kann, ob ich damit noch den „Zahn der Zeit“ treffe - und ob’s heiß genug ist für euch :)
Nun aber genug der Vorrede, und Vorhang auf für die härtesten Bullen Badens. Oder so.
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Ich hasse die Nachtschicht.
Müde reibe ich mir die Augen, blinzle und starre erneut auf die Akte, die vor mir auf dem Schreibtisch liegt. Mein trüber Blick wandert zu den Ordnern, die sich auf meinem Tisch stapeln. Es werden immer mehr. Seit einigen Wochen scheinen die Bandenkriege wieder aufgeflammt zu sein. Den Grund können wir nur raten.
Erneut greife ich nach den Fotos aus der vor mir liegenden Sammlung von Beweisen und betrachte sie. Eine Seitengasse, deren Straßenlicht kaputt ist. Blut auf dem Boden, den Häuserwänden, den Müllcontainern, die dort stehen. Das wirklich Seltsame an diesem Anblick ist die fehlende Leiche. Literweise Blut, aber kein Opfer. Mit einem angewiderten Schnauben werfe ich die Fotos auf den Tisch. Das bringt nichts. So komme ich nicht weiter.
»Immer noch hier?«
Mit einem Poltern fliegt mein Stuhl nach hinten. Ich bin aufgesprungen und in Verteidigungsstellung gegangen, ohne nachzudenken.
»Hey, ganz ruhig!« Mein Kollege und bester Freund Ben hebt in einer beschwichtigenden Geste die Hände. Seufzend entspanne ich mich wieder, drehe mich um und hebe den Stuhl auf.
»Du hast mich erschreckt«, brumme ich und werfe ihm einen giftigen Blick zu. Ben lacht leise. Missmutig falle ich auf den Stuhl, kippe ihn nach hinten und halte mich mit einer Hand an der Tischkante fest.
»Diese Angewohnheit wird dich irgendwann zu Fall bringen!« Er zwinkert und lächelt. Dann wird er wieder ernst.
»Du sitzt immer noch an den Akten?« Ich nicke. Seit Wochen tue ich nichts anderes. Inzwischen haben wir sechs Tatorte, viel Blut, Zeugenaussagen, aber keine Opfer und keine Täter. Ben schüttelt den Kopf und schnalzt mit der Zunge.
»Mach dich nicht verrückt. Wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen? Du siehst aus wie ausgekotzt.«
Erneut werfe ich ihm einen giftigen Blick zu.
»Der Chef tobt schon wie ein wilder Eber, weil wir einfach nicht vorwärtskommen. Die von oben machen auch Druck.« Ich seufze und lehne mich mit dem Stuhl wieder nach vorn auf alle viere.
»Aber schlaflose Nächte bringen dich auch nicht weiter. Wann hast du das letzte Mal richtig gevögelt? Dir einen Kerl aufgerissen?«, will Ben süffisant grinsend wissen. Ich schüttle unwillig den Kopf. Ich kann mich, ehrlich gesagt, kaum daran erinnern.
»Das habe ich mir gedacht. Du bist untervögelt!«, konstatiert Ben und grinst dreckig. Ich hebe die Hand und strecke ihm den Mittelfinger entgegen.
»Fick dich!«
»Nee, danke, kein Bedarf. Aber du bräuchtest mal jemanden, der dich durchnimmt!« Er lacht, dreht sich um und schlendert zur kleinen Kochnische, wo er zwei Tassen Kaffee einschenkt und damit wieder zu mir zurückkehrt. Er setzt sich auf die Tischkante und drückt mir eine Tasse in die Hand. Dankend nehme ich sie entgegen. Bens Blick wird ernst.
»Mensch, Joshua, mach Schluss für heute. Übermüdet kommst Du auch nicht weiter.« Ich nicke langsam. Er hat ja Recht. So müde, wie ich bin, übersehe ich wahrscheinlich einiges. Fehler darf ich mir aber keine erlauben. Der Chef sitzt mir im Nacken und ihm wiederum der Bürgermeister und wer weiß noch alles.
Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt. Kurz bin ich hin- und hergerissen, ob ich abheben oder einfach nach Hause gehen soll. Mein Pflichtgefühl siegt. Wie immer.
»Rabenstein«, belle ich in den Hörer. Ich lausche, dann knalle ich den Hörer auf die Gabel.
»Lass mich raten: Wieder eine Schießerei!«, sagt Ben, steht auf und holt seine Jacke, die er über einen Schreibtisch geworfen hat.
»Am Güterbahnhof. Auf nach Bruchsal!«, rufe ich und man kann mir meinen Enthusiasmus deutlich anhören. Nämlich gar nicht. Eine Viertelstunde später kommen wir am Güterbahnhof an. Mit Blaulicht kann man halt doch so einige Verkehrsregeln brechen, ohne dass man Ärger mit dem Chef bekommt. Ben, der neben mir sitzt, ist irgendwie grün im Gesicht. Ich bin dankbar, dass er mich begleitet, obwohl er Feierabend hat. Falls ich nachher zu müde bin, kann er mich zurückfahren.
Taumelnd steigt Ben aus, macht ganz leise die Autotür zu und lehnt sich tief durchatmend dagegen. Er wirft mir einen erschreckten Blick zu.
»Wo hast du eigentlich deinen Führerschein gemacht?«, will er mit wackliger Stimme wissen.
»Ich habe keinen«, sage ich und gehe zu dem inzwischen hell beleuchteten Tatort.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, ruft er mir nach. Ich hebe eine Hand und winke ihm. Er flucht, folgt mir aber. Er sollte es besser wissen, er ist nicht nur mein Kollege, sondern auch mein bester Freund.
Am Rand des abgesperrten Bereichs sehe ich unseren Pathologen, Dr. Silver. Ich stelle mich neben ihn, fummle mir das Zigarettenpäckchen aus der Innentasche meiner Jacke, fische eine heraus und zünde sie mir an. Schweigend stehen wir rauchend nebeneinander und beobachten die Forensiker bei der Arbeit.
»Ich könnte mir was Schöneres vorstellen, als hier dumm rumzustehen«, unterbricht er das Schweigen und wendet sich mir zu. Er hat braunes Haar, sehr kurz geschnitten und ist an den Schläfen grau meliert. Er ist fast zehn Zentimeter kleiner als ich. Amüsiert stelle ich wieder einmal fest, dass ich ihm auf den Kopf spucken könnte.
»Ja, ich auch. Wieder keine Leiche?«, erkundige ich mich und ahne die Antwort bereits. Dr. Silver schüttelt den Kopf. Er zieht an seiner Zigarette, wirft sie zu Boden und tritt einmal drauf.
»Nein. Jede Menge Blut, einiges an Patronenhülsen, aber keine Waffen und keine Leichen. Scheiße, was mache ich eigentlich hier?«, flucht er und rammt frustriert die Hände in die Manteltaschen. Das frage ich mich auch. Ohne Leiche kein Mord. Ohne Opfer keine Spuren. Das wirklich Seltsame an den Tatorten ist, dass nie Spuren gefunden werden. Keine Fasern, Tatwaffe, DNA. Nichts. Nur jede Menge Blut.
»Keine Ahnung!«, sage ich und zucke mit den Schultern. Ben tritt neben mich und schaut ebenfalls den anderen bei der Arbeit zu. Ein Polizist kommt auf uns zu, bleibt vor uns stehen und macht schon den Mund auf, um Bericht zu erstatten. Den Kollegen hier habe ich bereits bei den letzten drei Tatorten gesehen. Wir kennen uns also.
Ich winke ab.
»Lassen Sie mich raten: Notrufe sind eingegangen, weil man Schüsse und Schreie am Güterbahnhof hörte. Als ihr hier ankamt, habt ihr die Szene so vorgefunden, wie es jetzt aussieht. Die Zeugen haben nur was gehört, aber nichts gesehen.«
Verblüfft schließt der Polizist den Mund und nickt verdattert. Ich könnte schreien vor Wut und Frustration. Eine Hand legt sich auf meine Schulter. Ben.
»Komm, das bringt nichts, ich fahr’ dich nach Hause.«
Die Wut weicht und macht tiefer Erschöpfung Platz. Wortlos drehe ich mich um und gehe zum Auto zurück. Kurz hebe ich noch die Hand zum Abschiedsgruß, steige ein und knalle die Tür zu. Frierend sitze ich im Auto und wickle mich fester in meine Lederjacke ein. Der April ist ganz schön kalt dieses Jahr. Ben steigt ein. Wortlos startet er den Motor und fährt zurück nach Karlsruhe. Dankbar lasse ich mich tiefer in den Sitz sinken und reibe mir übers Gesicht. Gott, bin ich müde.
»Joshua, wir sind da!« Rütteln an meiner Schulter lässt mich schlaftrunken hochfahren. Verwirrt blicke ich mich um. Wir sind vor meinem Wohnblock angekommen.
»Bin wohl eingeschlafen«, nuschle ich, schnalle mich ab und hieve mich umständlich aus dem Auto. Leises Lachen antwortet mir.
»Komm, ich bring dich noch hoch, bevor du mir im Hausflur einpennst.«
Ich knurre. Zu mehr fehlt mir einfach die Energie. Taumelnd erklimme ich die Stufen bis zur Haustür und fummle meinen Schlüssel aus der Tasche. Eine Hand greift zu, bevor ich das vermaledeite Ding fallen lasse.
»Ich mach das. Du konzentrierst dich darauf, auf den Füßen zu bleiben. Ich will dich nicht die Treppen hochtragen müssen!« Ben lacht und schließt auf. Wie ich es schaffe, bis in meine Wohnung zu kommen, ist mir nicht klar. Ich weiß nur, dass Ben mich in die richtige Richtung dirigiert. Dass ich so ausgebrannt bin, war mir bis zu diesem Augenblick nicht bewusst. Kaum berührt mein Kopf das Kissen, bin ich auch schon weggetreten.
Am nächsten Morgen sitze ich mit tiefen Augenringen in meiner Küche, eine Tasse »Schwarzer Tod« vor mir. Ein Ex sagte mal, dass man mit meinem Kaffee Möbel abbeizen könnte. Recht hatte er. Der Löffel muss drin stehen, sonst ist es kein Kaffee.
Für heute habe ich mich abgemeldet. Ich mach Außendienst. Heißt: Legeres Outfit und dann ab in die einschlägige Szene. Habe mir hier mit der Zeit ein Netz an Informanten aufgebaut. Ohne geht’s nicht. Beginnen werde ich am Hauptbahnhof, wo auch der erste Tatort gewesen ist. Und der dritte. Der vierte war am Europaplatz, genau wie der zweite. Die letzten beiden waren am Güterbahnhof.
Genervt fahre ich mir übers Gesicht. Aufs Rasieren habe ich heute verzichtet, keine Lust. Außerdem kommt es nicht gut, wenn ich mit Strichern und Junkies zu tun habe und dort geschniegelt und gestriegelt auftauche. Da sind die schneller weg, als ich »Amen« sagen kann. Und auf Bullen reagieren sie sowieso nicht gut. Ein Blick auf die Wanduhr verrät mir, dass es kurz nach zehn ist. Zeit, mich auf die Socken zu machen, wenn ich heute noch was in Erfahrung bringen will. Ich habe schon vor einer Weile meine Fühler ausgestreckt und um Informationen gebeten. Der eine oder andere schuldet mir noch einen Gefallen.
Hoffentlich habe ich heute Glück und bringe etwas in Erfahrung. Ich stelle die Tasse in die Spüle, gehe in den Flur und ziehe mir meine heiß geliebte schwarze Lederjacke an. Ich kontrolliere noch, ob ich Schlüssel, Handy und Brieftasche habe, dann bin ich startklar. Mein erster Weg führt zum Hauptbahnhof. In einer der hinteren Ecken finde ich, wonach ich gesucht habe. Siggi, einen der Obdachlosen. Als er mich sieht, runzelt er die Stirn, erhebt sich schnell und kommt auf mich zu. Klar, sein Ruf unter den anderen könnte ja leiden, wenn er zusammen mit mir gesehen wird. Ich bleibe an eine Wand gelehnt stehen und warte.
»Morgen, Siegfried«, grüße ich und grinse ihn an. Er schaut wütend aus.
»Ich heiße Siggi, merk dir das endlich Mal, Bulle!«, raunzt er und dreht sich von mir weg. Meine Hand schießt nach vorne und packt ihn am Kragen.
»Ich nenne dich, wie du getauft wurdest. Merk du dir das!« Ich drehe ihn zu mir um, sodass er mir ins Gesicht sehen muss. Er wehrt sich kurzzeitig gegen meinen Griff, gibt aber schnell auf.
»Was willst du? Bist verdammt früh unterwegs!«, mault er und ich muss lächeln. Siggi ist nicht so hart, wie er gerne tut. Er weiß, dass ich das weiß, und das passt ihm gar nicht.
»Ich brauche Infos«, sage ich und warte. Ich hab ihn immer noch nicht losgelassen. Unwillig schüttelt er den Kopf.
»Was krieg’ ich dafür?« Ich seufze. Jedes Mal dasselbe. Immer will er verhandeln.
»Ein ordentliches Frühstück. Wie immer. Geld gibt’s keines. Das würdest du eh nur versaufen.« Siggi nickt, also lasse ich ihn los. Er steht zu seinem Wort. Das hat die Erfahrung gezeigt. Wortlos stoße ich mich von der Wand ab und gehe in Richtung Bäcker, der am anderen Ende des Bahnhofs ist. Siggi folgt mir, immer darauf bedacht, ein paar Schritte Abstand zu halten. Ist ja nicht gut fürs Image, mit mir gesehen zu werden.
Ich muss schmunzeln. Im Bäckerladen bestellt sich Siggi so viel, dass eine ganze Fußballmannschaft satt werden würde. Mehr als die Hälfte lässt er sich einpacken. Das wird er später unter seinen Freunden verteilen. Ohne mit der Wimper zu zucken, begleiche ich die Rechnung. Ich selbst habe mir nur eine Tasse Kaffee genommen.
Im hintersten Winkel des kleinen Bäckers finden wir noch Platz und Siggi haut direkt rein. Mann, muss der Kohldampf haben. Ich frage mich, wie lange er nichts mehr gegessen hat. Irgendwann hebt er den Kopf und guckt mich an. Ein zufriedener Rülpser signalisiert mir, dass er fertig ist mit Essen.
»Ich warte«, informiere ich ihn und lehne mich nach vorne, die Unterarme auf den Tisch gelegt. Muss ja nicht jeder gleich mitbekommen, was hier gesprochen wird.
»Ja, Mann. Ist ja gut«, motzt Siggi und lehnt sich ebenfalls nach vorne.
»Ich habe mich bei uns mal umgehört. Ich weiß ja nicht, was da läuft, aber die Russen und Albaner geben derzeit relativ Ruhe. Es schwirren ein paar Gerüchte durch die Gegend, aber nichts Konkretes. Kleine Zwistigkeiten wegen Territorium und so, aber außer ein paar kleinen Schlägereien war nichts.«
»Bist du dir sicher?«, hake ich nach. Siggi nickt. Seufzend lehne ich mich wieder auf dem Stuhl zurück. Wenn meine anderen Kontakte dasselbe sagen, habe ich ein Problem. Denn wenn es nicht die üblichen Bandenkriege sind, haben wir weniger als Nichts.
»Allerdings …«, sagt Siggi leise und blickt auf den Tisch. Neugierig geworden lehne ich mich wieder nach vorne.
»Allerdings?«, helfe ich ihm auf die Sprünge.
»Ich weiß nicht, seit einiger Zeit kursieren Gerüchte durch die Szene.« Wieder bricht er ab. Der Blick ist immer noch auf den Tisch gerichtet. Ich warte. Geduldig. Sonst nicht meine Stärke, aber Drängeln bringt nichts. Sonst macht Siggi den Mund gar nicht mehr auf. Er seufzt, fährt sich mit einer Hand übers Gesicht.
»Wir haben gehört, dass es am Hauptbahnhof nachts extrem gefährlich geworden sein soll. Nicht nur wegen der Schießereien und dem Blut. Bei uns verschwinden Leute. Heute sind sie da, morgen fehlt jede Spur von ihnen. Bei uns aus der Gruppe sind auch zwei verschwunden. Zuverlässige Leute, immer da, immer zu Schandtaten bereit. Einfach weg.«
Siggi zuckt mit den Schultern, hebt den Blick und schaut mir direkt in die Augen. Ich kann den Schmerz und die Hilflosigkeit sehen.
»Wieso sagst du mir das erst jetzt?«, frage ich. Ich bin wirklich auf seine Antwort gespannt.
»Glaubst du etwa, ich marschiere einfach beim nächsten Polizeirevier rein und sage denen, dass Leute aus der Szene verschwinden. Was glaubst du, was die machen? Lachen und mich meiner Wege schicken. Und von dir habe ich keine Nummer.«
Wütend ballt er die Hände zu Fäusten. Leider muss ich ihm zugestehen, dass er irgendwie Recht hat. Die, die auf der Straße leben, werden ignoriert. Es interessiert niemanden, wenn da jemand verschwindet. Nach dem Motto: Einer weniger. Ich greife zu meiner Brieftasche und nehme ein Kärtchen heraus, drücke es Siggi in die Hand.
»Ruf mich an, wenn wieder jemand verschwindet. Ich will das wissen!«, weise ich ihn an. Er nickt. Ich erhebe mich, nicke ihm noch einmal zu und verlasse den Laden.
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