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Zeit ein Bad zu nehmen

von Molanna
Kurzbeschreibung
OneshotFreundschaft, Erotik / P16 / Het
Cahir Rittersporn Yennefer von Vengerberg
13.04.2022
13.04.2022
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"Kommt nicht näher! Kommt nicht näher!“, ruft Jaskier warnend dem wild dreinblickenden Fremden zu, der plötzlich aus dem Keller erschienen ist und jetzt hinter Yennefer steht. Der Barde schwenkt die Flasche, die er in der Hand hält, und richtet sie auf den Mann im grünen Umhang.

„Er gehört zu mir. Schon okay“, besänftigt Yennefer, während sie dem Fremden bedeutet, hinter ihr zu bleiben. Was dieser auch tut. Sehr dicht hinter ihr. Jaskier senkt die Flasche.

„Ich muss nach Cintra“, erklärt die Hexe und dreht ihren Kopf zu dem viel größeren Mann, ihre Schulter berührt dabei fast seine Brust. „Wir müssen."

„Ich tue, was ich kann. Doch ich sage euch, ihr, ihr beide …« Jaskier hält inne und sieht Yennefer in die Augen. „... stinkt echt bestialisch. Ich meine, …“ Er verzieht das Gesicht, „… es ist, als wäre euch etwas in den Arsch gekrochen und verreckt.“ Er wartet eine Sekunde darauf, dass Yennefer explodiert, empört über seine Worte, aber es scheint sein Glückstag zu sein. Die erwartete Explosion kommt nicht. Innerlich erleichtert aufatmend schreitet der Barde um den Tresen herum zum Tisch, wo er seine Laute abgelegt hat. „Also“, fährt er betont lässig fort. „Wir verlassen Oxenfurt bei Einbruch der Dunkelheit. Genug Zeit um vorher ein Bad zu nehmen.“

Er wirft einen raschen Blick über die Schulter und sieht – ja, hört sogar – wie der Fremde an Yennefers Haar schnüffelt, wobei er fast mit seinen Lippen, oder vielmehr dem wenigen, was davon unter seinem buschigen Bart zu sehen ist, ihre dunklen Locken berührt. Der Barde verdreht die Augen. "Ich sag's ja nur."

„Er hat nicht ganz unrecht“, flüstert der Fremde der Hexe mit leicht heiserer Stimme ins Haar.

"Du willst nicht etwa andeuten, dass meine Haare stinken?" zischt sie zurück, ein Hauch von Aggression in ihrer Stimme. Oder ist es Ironie? Sarkasmus? Neckerei? Bei Yennefer weiß man nie. Was auch immer es ist, sie entfernt sich nicht von ihrem Reisegefährten, nicht einmal um den Bruchteil eines Zentimeters. „Tut mir leid, dass ich es dir sagen muss“, fährt sie in gleichem Tonfall fort, „aber du hast schon vor der Kanalisation alles andere als angenehm gerochen.“

Jaskier tut so, als hörte er das Gespräch nicht mit und als sei er konzentriert mit irgendetwas in der hintersten Ecke beschäftigt. Als berühmter Musiker verfügt er jedoch über ein hervorragendes Gehör, versteht also jedes einzelne Wort.

„Die Gefängniszelle deiner Freunde hatte nicht gerade ausgeklügelte sanitäre Einrichtungen. Oder überhaupt welche“, entgegnet der Fremde leise, jedoch mit einer deutlich spürbaren Mischung aus Abneigung, sogar Hass und – Schmerz? - in seiner Stimme. Allerdings weicht auch er dabei nicht zurück. Die zwei stehen immer noch so eng zusammen wie physisch überhaupt möglich, ohne sich wirklich zu berühren. Das ist interessant. Faszinierend. Wer zum Teufel ist der Kerl? Ehrlich gesagt, mit dem struppigen Bart, wildem Haar, hageren Erscheinungsbild und dem gehetzten Ausdruck in seinen Augen sieht er tatsächlich aus wie jemand, der Wochen oder sogar Monate in einem feuchten, dunklen Kerker verbracht hat. Und es hat seinem Aussehen nicht gerade genützt, ganz im Gegenteil. Yennefer würde so jemanden auf keinen Fall attraktiv finden, da ist sich Jaskier absolut sicher. Vielleicht haben sie außer ihrer gemeinsamen Exkursion durch die Abwasserkanäle und den widerlichen Geruch noch etwas gemeinsam? Ist er ein Halb- oder Viertelelf auf der Flucht, wie sie? Oder möglicherweise ein befreundeter Magier, der mit der Bruderschaft in Schwierigkeiten geriet? Zumindest ist er, das steht definitiv fest, kein Ritter wie dieser Dummkopf Für-Ruhm-und-Königreich Eyck von Denesle. Allerdings erinnert der Gestank aus der Kanalisation Jaskier ein wenig an den brutalen und wenig appetitlichen Tod des Vollidioten … Und wer zum Henker sind wohl diese ebenso mysteriösen Freunde von Yennefer, die der Fremde erwähnt hat? Hat die Hexe überhaupt Freunde? Ist dieser nach Fäkalien müffelnde Fremde ein Freund? Oder sogar mehr als ein Freund? Trotz des ekelhaften Gestanks aus der Kanalisation, ihrer feuchten und schmutzigen Kleidung und ihres ausgesprochen zerzausten Äußeren sehen die beiden gut zusammen aus wie sie so nah beieinander stehen, sich fast, aber doch nicht ganz berühren. Steht Yennefer am Ende doch auf den Typen? Oder ist es nur die lebhafte Vorstellungskraft des Barden, die ihn glauben lässt, dass zwischen ihnen eine auffällige Art von Anziehungskraft, eine seltsam sprühende Spannung besteht? Eine bemerkenswert komplexe und chaotische, knisternde Chemie? Prickelnde Elektrizität? Wahrscheinlich reicht ein winziger Funke, um - was zu tun? Fragen über Fragen ...

"Barde! Ich rede mit dir!"

„Wie? Tut mir leid, Hexe, ich war – abgelenkt.“

„Wo zum Teufel schlägst du vor, dass wir dieses ominöse Bad nehmen können, von dem du gesprochen hast? Ohne Geld?“ Klar, natürlich, sie haben kein Geld. Was eine Überraschung!

„Kannst du nicht einfach etwas herbeizaubern, du bist doch eine mächtige Hexe? Magierin? Zauberfrau?"

"Zu gefährlich. Magie kann nachverfolgt werden."

Fabelhaft. Er hätte es wissen müssen. Erwartet sie nun etwa, dass er ihr Bad bezahlt? Welch dumme Frage, selbstverständlich tut sie das, wie könnte es anders sein. Nun, es ist zum Nutzen aller, zum Wohle der Allgemeinheit, nicht wahr? Er kann die beiden kaum nach verfaultem Rattenkadaver oder Schlimmerem stinkend an Bord des Schiffes gehen lassen, oder?

„Also gut. Wenn es unbedingt sein muss, und das muss es wohl." Jaskier seufzt resigniert. "Ihr könnt mein Zimmer haben und in meiner großen Güte lasse ich sogar die Wanne für euch füllen. Allerdings möchte ich wissen, wem genau ich das Bad spendiere." Er sieht den Fremden bedeutungsvoll an.

„Das ist Cahir. Ein – flüchtiger Bekannter.“

Flüchtiger Bekannter? Wirklich? Wen willst du verarschen, Yennefer? So vertraut nah wie die beiden beieinander stehen, wäre Jaskier sehr überrascht, wenn ihre Bekanntschaft nicht deutlich tiefer ginge und sie sich seit Monaten oder sogar Jahren kennen. Vielleicht eine On-Off-Beziehung wie mit Geralt? Er würde es der Zauberin definitiv zutrauen, mehrere solcher Affären gleichzeitig am Laufen zu haben. Ist sicherlich nicht die schlechteste Idee, verschiedene Eisen im Feuer zu haben, wenn man bedenkt, was für ein verdammtes Arschloch der Hexer mitunter sein kann. Gewesen ist. Wahrscheinlich immer wieder sein wird. Brenn, Schlächter, brenn ...

Da Yennefer scheinbar nichts weiter hinzufügen will, nickt Jaskier dem Fremden kurz zu. Wenigstens hat er jetzt einen Namen, wenn auch einen, den der Barde auf seinen ausgedehnten Reisen rund um den Kontinent noch nie zuvor gehört hat. „Ich bin Jaskier, der Strandläufer. Folgt mir.“ Er rümpft demonstrativ die Nase. "Aber mit Abstand bitte." Zur Betonung rollt er mit den Augen und bedeutet ihnen, so weit wie möglich hinter ihm zu bleiben. Dann verlässt er den Schankraum und geht über die schmale Treppe in die obere Etage, in der sich die Gästezimmer befinden.

„Bleibt bitte weg von meinem Bett und dem Sofa und dem Kleiderschrank und – einfach allem“, beschwört Jaskier Yennefer und – wie war noch sein Name? Ca- irgendwas? -, sobald sie in seinem gemütlich eingerichteten Zimmer sind. „Bleibt einfach hier stehen. Genau. Und nichts anfassen, während ich das Bad ordere.“ Er dreht sich um, um wieder nach unten zu gehen und nach der Wirtin zu suchen. „Den Gestank werde ich wohl nie wieder los“, murmelt er beim Verlassen des Raumes vor sich hin, aber so laut, dass es auch seine unerwarteten Gäste hören können. Was für ein altruistischer Blödmann er doch mitunter ist. Naja, vielleicht kann er ja doch ein wenig von der Situation profitieren. Sieht ganz danach aus, als gäbe es eine interessante Geschichte zu entdecken. Vielleicht der Stoff für eine neue Ballade? Er sollte für seine selbstlosen Bemühungen zumindest ein paar pikantes Details aus der Hexe herauskitzeln können - natürlich nur im metaphorischen Sinne. Jedenfalls schuldet sie ihm definitiv etwas mehr als nur einen ungewöhnlichen Namen, den sich sowieso kein Schwein merken kann.

Nachdem er mit der Wirtin gesprochen hat, kehrt Jaskier auf sein Zimmer zurück, sein Geldbeutel erheblich leichter als zuvor. Natürlich hat er im Gegensatz zu seinen Schützlingen an alles gedacht. Sie brauchen nicht nur dringend ein Bad, sondern ihre Kleidung muss gründlich gewaschen und ihre Stiefel gereinigt werden, um den schrecklichen Gestank gänzlich loszuwerden. Und das ganze sollte rechtzeitig halbwegs trocken sein, bevor sie sich zum Hafen aufmachen müssen. Ausserdem benötigen sie etwas zu essen, für jetzt und für die Reise. Vor allem Yennefers flüchtiger Bekannter sieht aus, als hätte er seit Wochen – oder Monaten? - kaum etwas ordentliches zwischen die Zähne bekommen. Die Qualität und Quantität des Essens in seiner Gefängniszelle war offensichtlich nicht viel besser als die sanitären Einrichtungen. Aber zu ihrem Glück kümmert sich die Wirtin um alles. Es bedurfte allerdings einiger Überzeugungsarbeit seinerseits und natürlich der richtigen Menge glänzender Münzen, bis die Frau schließlich zustimmte.

Der Fremde mit dem exotischen Namen steht immer noch mitten im Raum, als Jaskier eintritt. Yennefer natürlich nicht. Sie ist gerade dabei, die unterste Schublade des Nachttisches neben seinem Bett zu öffnen. Exakt die Schublade, in der er die Schachtel mit den Briefen seines Wohltäters aufbewahrt, sehr geheime Briefe, natürlich verschlüsselt, aber dennoch ...

„Finger weg, Hexe! Öffne die Schublade mit deinen dreckigen Händen nur einen Zentimeter weiter und du kannst bis nach Cintra schwimmen!“

"Warum so empfindlich, Barde?" Sie lässt die Schublade los und richtet sich auf. „Geheime Liebesbriefe? Oder die Entwürfe für die ein oder andere einfältige Ballade?“

"Eingängige Ballade, Hexe! Meine Balladen sind eingängig, nicht ...", stottert Jaskier und wird rot im Gesicht, offensichtlich zutiefst gekränkt. "nicht ... einfältig! Schreib dir das besser hinter die Ohren, Yennefer von Vengerberg, bevor du mich um einen weiteren Gefallen bittest!"

"Oh, in Ordnung, eingängig, natürlich, das ist das Wort, nach dem ich gesucht hatte." Die dunkelhaarige Hexe grinst und zwinkert ihrem Begleiter zu, dessen Gesichtsausdruck eine Mischung aus genervt und alarmiert ist. Die Aussicht, den ganzen Weg nach Cintra schwimmen zu müssen, reizt ihn eindeutig nicht. „Tut mir leid, Jaskier. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen“, sagt sie dann in einem viel sanfteren Tonfall. „Wirklich. Das tun wir beide“, fügt sie mit entwaffnender Aufrichtigkeit hinzu und sieht zuerst den Barden an, dann den anderen Mann, der ernst nickt.

„Nun denn …“ Das laute Klopfen an der Tür unterbricht Jaskier, was ihm ausnahmsweise einmal nicht ungelegen kommt. Die Tür öffnet sich und zwei Knechte mit Eimern voll dampfend heißem Wasser treten ein, das sie in die große hölzerne Badewanne gießen, die in einer Ecke des Raumes steht. Sie kehren mehrmals zurück, bis die Wanne fast bis zum Rand gefüllt ist. Yennefer streift flink ihre Schuhe ab, öffnet dann den Verschluss ihres Umhangs und lässt ihn auf den Boden fallen.

„Barde, würdest du mir mit den Knöpfen helfen?" Sie dreht ihm ihren Rücken zu. Überrascht von ihrer Bitte wirft Jaskier einen Blick auf Yennefers angeblichen flüchtigen Bekannten. Der ausgesprochen nervös aussieht. Als ob ihm erst jetzt klar geworden ist, dass sie zum Baden ihre Kleidung ausziehen müssen. Alle ihre Kleider. Im ein und demselben Zimmer.

„Ich – ich warte draußen, bis du – fertig bist“, stottert der Mann. Er dreht sich jedoch nicht schnell genug zur Tür um, um vor Jaskiers scharfem Blick zu verbergen, dass er unter seinem struppigen Bart knallrot geworden ist. Nun, wenn dieses Stottern und Erröten etwas zu bedeuten hat, dann sieht es ganz so aus, als seien Yennefer und ihr Begleiter trotz all der Schwingungen und knisternden Spannung bisher doch nicht allzu intim miteinander gewesen. Zumindest noch nicht. Seltsam. Sehr seltsam.

„Sei kein Idiot. Das Wasser wird kalt sein, wenn ich rauskomme. Und die Wanne ist groß genug für zwei.“

Das ist sie tatsächlich. Zumindest für den Fall, dass den beiden Hautkontakt nichts ausmacht. Häufiger Hautkontakt. Und vielleicht noch etwas mehr? Jetzt ist Jaskier an der Reihe, rot zu werden bei dem Gedanken an mehrere köstliche Gelegenheiten, bei denen er genau diese Wanne mit jemandem geteilt hat. Oder besser gesagt mit wechselnden jemanden zu den verschiedenen Anlässen. Und bei jeder dieser Gelegenheiten gab es definitiv noch etwas mehr, sehr viel mehr ...

"Barde, ich warte!"

Vorsichtig tritt Jaskier auf Yennefer zu und beginnt mit leicht verschwitzten, zittrigen Fingern, die ebenholzfarbenen Knöpfe auf der Rückseite ihres Kleides zu öffnen. Wer hätte gedacht, dass er jemals in eine Situation geraten würde, in der er Yennefer vom verdammten Vengerberg dabei helfen soll, sich auszuziehen? Er bestimmt nicht. Außerdem ist er sich keineswegs sicher, ob das etwas gutes ist oder vielleicht doch eher nicht? Als Jaskier endlich den allerletzten Knopf öffnet, gleitet das schwarze Kleid fast wie von selbst an Yennefers schlankem Körper hinab und gibt den Blick auf elegante, seidige Spitzenunterwäsche frei die natürlich - wie könnte es auch anders sein? - ebenfalls schwarz ist.

Bevor sie sich ganz ausziehen kann, schnappt sich Jaskier ihr Kleid und ihre Schuhe und eilt zur Tür. Wie angewurzelt steht ihr Begleiter immer noch da, die Hand auf der Türklinke, und blickt wie hypnotisiert auf die bildschöne Hexe. Jaskier stupst ihn kurzerhand mit dem Ellbogen in die Rippen und schiebt den überraschten Mann nicht allzu sanft von der Tür weg.

„Ein kurzer Rat“, flüstert er dem Fremden ins Ohr, bevor er durch die halb geöffnete Tür schlüpft. „Diese Hexe ist gefährlich. Vielleicht verrückt. Wahrscheinlich verrückt. Tu, was sie sagt. Und bete zu allen Göttern, dass sie dich nicht lebendigen Leibes verschlingt. Oder das Gebäude in die Luft sprengt. Viel Glück!" Er schließt die Tür hinter sich, lehnt sich von außen dagegen und atmet tief durch. So wunderschön die Zauberin auch ist, er beneidet den anderen Mann nicht im Geringsten. Die Hexe ist wie ein Vulkan, faszinierend schön, aber gleichzeitig tödlich gefährlich, bereit, jede Sekunde zu explodieren. Obwohl Yennefer, wenn er so darüber nachdenkt, ziemlich mitgenommen aussah, als sie im Schankraum der Taverne auftauchte. Definitiv müde und ungewöhnlich verletzlich. Vielleicht hat ihr Begleiter doch eine Chance, hier lebend wieder herauszukommen ...

Jaskier wartet ein paar Minuten hinter der geschlossenen Tür, um den beiden Badenden genügend Zeit zu geben, in die Wanne zu steigen. Dann öffnet er die Tür einen winzigen Spalt, um den Rest der stinkenden Kleidung und die Lederstiefel des Mannes zu schnappen. Die glücklicherweise zusammen mit der Unterwäsche der Hexe direkt neben der Tür liegen. Erleichtert seufzend greift er mit einer Hand durch den Spalt ins Zimmer, packt schnell alles und lässt die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.

Mission erfüllt. Jaskier seufzt erneut und aus tiefstem Herzen. Es hätte schlimmer laufen können, so viel schlimmer, definitiv viel unangenehmer und peinlicher. Er hätte gezwungen sein können, tatsächlich den Raum zu betreten, um Yennefers verflixte Unterwäsche einzusammeln. Sie hätten ihn dabei sehen können. Schrecklicher noch, er hätte sie sehen können. In der Badewanne. Zusammen. Er schüttelt sich bei dem Gedanken. Definitiv braucht er keine weitere Erinnerung wie die von Rinde, die sich tief in sein Gehirn eingeprägt hat. Die von Yennefer und Geralt, als er herausfand, dass sie am Leben waren. Und sehr lebendig. Was auch immer jetzt in diesem Raum passiert – oder nicht passiert – geht ihn nichts an. Überhaupt nichts. Solange das Haus danach noch steht. Zugegeben, er ist neugierig, natürlich aus rein beruflichem Interesse. Es ist durchaus sehr verlockend, neben dieser Tür stehen zu bleiben, das Ohr an das dunkle Holz gepresst, und ein wenig zu lauschen, um herauszufinden, ob da mehr ist als nur das leise Plätschern von Wasser, das er hörte, als er die Tür vor ein paar Minuten öffnete - einige interessante oder gewagte Gesprächsfetzen vielleicht, vielleicht ein paar geflüsterte Zärtlichkeiten, leises Stöhnen. Oder etwas leidenschaftlicheres, lauteres. Aber nein, das Bild der betörenden Hexe in Unterwäsche, das sich - vermutlich - ebenfalls für immer in sein Gedächtnis eingebrannt hat, ist für heute mehr als genug. Und für die nächsten paar Tage. Jahre. Jahrzehnte.

Jaskier widersteht der Versuchung, reißt sich mühsam von der Tür los, hebt mit spitzen Fingern den stinkenden Klamottenhaufen sowie Schuhe und Stiefel auf und balanciert alles gefährlich wackelig auf seinen weit ausgestreckten Armen, wobei er versucht nicht zu tief einzuatmen.

Sich einfach vorzustellen, was in seinem Zimmer gerade passieren könnte, wird sicherlich reichlich Inspiration für eine neue Ballade liefern. Vielleicht sogar mehr als das, was tatsächlich geschieht ...
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