Finde ihn, bevor er dich findet
von Grusha
Kurzbeschreibung
Samantha war nie abergläubisch gewesen. Egal ob es sich dabei um böse Dämonen, schwarze Katzen oder paranomale Phänomene handelt. Sie hat all diesen Dingen keine große Beachtung geschenkt. Schwere Schicksalsschläge haben ihren Glauben vor langer Zeit vernichtet. Ihr ganzes Leben ist von Leere und Einsamkeit geprägt. Doch als sie zufällig ein Gespräch belauscht, wird sie von ihrer Neugierde übermannt. Es hält sich eisern das Gerücht, dass in dem Wald ein Monstrum ist. Natürlich will sie beweisen, dass nichts daran wahr ist, weshalb sie dem Gerücht auf den Grund geht. Doch schon bald muss Samantha feststellen, dass manches besser im Verborgenen bleiben sollte. Menschen verschwinden. Furchtbar entstellte Leichen tauchen auf. Schreckliche Dinge gehen vor sich. Es gibt nur noch eine Sache, die du tun kannst. Bete, dass „Er“ dich niemals finden wird... (Triggerwarnung: Nichts für zarte Seelen und Kinder)
GeschichteHorror, Übernatürlich / P18 / Gen
OC (Own Character)
09.04.2022
10.04.2023
11
24.746
3
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09.04.2022
2.023
Es regnet. Jasmin langweilt sich an diesem Abend zu Tode, weshalb sie gerade dabei ist lustlos ein Puzzle zusammenzusetzen. So sehr sie sich auch anstrengt, die vielen, kleinen Teile wollen einfach nicht zusammen passen. „Ist das ätzend...“, stöhnt sie. Wieso muss der blöde Fernseher auch eine Störung haben? Bei dem Sturm der draußen tobt, ist das nicht verwunderlich. Selbst ihr haselnussbraunes Haar wirkt bei dem künstlichen Licht stumpf und glanzlos. Jasmin schaut kurz auf ihr Handy. Nichts – keine Nachricht und kein Anruf. Plötzlich klingelt es an der Tür. Überrascht zuckt sie stark zusammen. Sie hat doch gar keine Gäste erwartet. Freudig steht sie auf, um dem unerwarteten Besucher die Tür zu öffnen. Doch da ist niemand. „Äh...?“ Jasmin steckt den Kopf nach draußen und sieht sich um. Bestimmt ist das nur wieder ein Kind gewesen, wo dumme Klingelstreiche spielt. Sie will gerade wieder die Tür schließen, als sie auf dem Boden eine Schachtel entdeckt. Sie ist weiß-rot gestreift und mit einer hübschen türkisfarbenen Schleife verziert. Auf einem kleinen Adressaufkleber steht „Für Jasmin“ drauf. Die Braunhaarige runzelt ihre Stirn, bevor sie das seltsame Geschenk mit in ihre Wohnung nimmt. Es steht kein Absender drauf, also beginnt sie zuerst die Schleife und dann die Schachtel skeptisch zu öffnen. Neugierig geworden, zieht sie nun den Deckel ab. Jasmin ist regelrecht enttäuscht, da sie zuerst nur schwarzes Füllmaterial darin vorfindet.
Sie will gerade anfangen darin herumzuwühlen, als plötzlich ihr Handy zu klingeln anfängt. Jasmin kann einen Laut nicht unterdrücken. Sie flucht leise, bevor sie abhebt und die vertraute Stimme ihrer Mutter hört. Erleichtert darüber, dass es ihrem Kind gut geht, beginnt sie sich mit der jungen Frau zu unterhalten. „Ja, mir geht es gut. Hier tobt nur ein Unwetter, weshalb man mich nur schwer erreichen kann.“ Jasmin hasst es von ihrer Mutter so verhätschelt zu werden. Sie ist letzten Monat bereits Vierundzwanzig geworden und somit durchaus in der Lage selbst auf sich aufzupassen. Nach wenigen Minuten ist das Gespräch beendet, weshalb sich die junge Frau wieder der seltsamen Schachtel zuwendet. Nun beginnt sie in dem schwarzen Füllmaterial herumzuwühlen, als sie etwas festes zwischen die Finger bekommt. „Ach, ist das niedlich“, sagt sie verzückt. Jasmin hält ein Kinderbuch in den Händen. Es scheint sich dabei um ein Suchspiel zu handeln. Auf dem Cover ist ein junger Mann zu sehen, der Jasmin freundlich anlächelt. Mit seinen zerzausten, braunen Haaren und den großen, braunen Rehaugen lädt er direkt zum spielen ein. Jasmin fällt auf, dass er passend zu der Schachtel einen rot-weiß gestreiften Pullover und eine farbgleiche Bommelmütze trägt. Nun liest sie den Namen des Buches. 'Finde ihn'. Jasmin schmunzelt. Auch wenn Bücher nicht unbedingt ihre große Leidenschaft sind, scheint es eine nette Abwechslung zu sein. Also schlägt sie das liebevoll gestaltete Kinderbuch auf, um sich sogleich die erste Aufgabe anzusehen. „Wow...gar nicht so leicht...“ Auf dem doppelseitigen Bild ist ganz schön was los. Wirklich unzählige Menschen sind darauf zu sehen.
Es hat fast eine halbe Stunde gedauert, bis Jasmin den jungen Mann auf dem Titelbild inmitten von diesem Wirrwarr gefunden hat. „Hab ich dich“, grinst sie und deutet auf ihn. Es hat wirklich Spaß gemacht ihn zu suchen. Jasmin blättert um und schaut sich die nächsten Aufgaben an. Doch ab der vierten Aufgabe geschieht plötzlich etwas merkwürdiges. Plötzlich sind alle darauffolgenden Seiten komplett weiß und leer. Jasmin versteht das nicht. Dabei muss es sich ganz bestimmt um einen Druckfehler handeln. Sie blättert noch ein paar Seiten weiter, als sie völlig unvorbereitet eine dunkelgraue Doppelseite aufschlägt. „Was zum...?“ Die beiden Seiten lassen sich in der Mitte nochmals öffnen und geben ein weiteres Bild frei. Jasmin läuft es eiskalt den Rücken herunter. Es ist der junge Mann, der vorne auf dem Cover zu sehen ist. Nur ist seine Haut nun ungesund blass und er grinst sie diabolisch aus schwarzen, leeren Augenhöhlen an. Seine spitzen Zähne sehen wie kleine Dolche aus und unter dem Bild steht ein verstörender Satz geschrieben.
'Du hast mich gefunden. Jetzt bin ich an der Reihe dich zu finden.' Jasmin schlägt augenblicklich das Buch zu. Nun hat sich auch das Cover verändert. Statt des freundlich lächelnden jungen Mannes, wird sie nun von dieser grotesk diabolisch grinsenden Kreatur angeschaut. Über ihr steht geschrieben: 'Finde ihn, bevor er dich findet.'
Jasmin stopft das Buch in die Schachtel zurück. Das ist ganz bestimmt so ein dummer Streich, den ihr ihre Arbeitskollegen wieder spielen. Oder sie ist einfach übermüdet und ihr Gehirn hat ihr den Streich gespielt. Ja – so muss es sein. Sie wird einfach schlafen gehen und morgen in der Früh ist alles wieder in bester Ordnung. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, geht Jasmin die Treppe ins erste Stockwerk hoch. Leicht paranoid geworden, schaut sie sich beim Zähneputzen unentwegt um. Ein greller Blitz zuckt vom Himmel herab, der sie laut aufschreien lässt. „Verdammt, jetzt stell dich doch nicht so an. Du bist doch kein kleines Kind mehr“, ermahnt sie sich selbst. Schnell wäscht sie sich noch das Gesicht, bevor sie sogleich ins Schlafzimmer stampft und sich dort umzieht. Jasmin will sich gerade ins Bett legen, als plötzlich der Strom ausfällt und zeitgleich im Erdgeschoss etwas laut klirrend zu Bruch geht. Der Braunhaarigen wäre fast das Herz stehen geblieben. Nun bekommt sie doch Angst. „Scheiße...was passiert hier gerade...?“ Noch immer ist sie davon überzeugt, dass ihre Arbeitskollegen ihr einen bösen Streich spielen wollen. Wie blöd, dass der Sicherungskasten unten in der Küche hängt. Jasmin würde niemals zugeben, dass sie sich im dunklem fürchtet, also bleibt ihr nichts anderes übrig als nach unten zu gehen und die Sicherung wieder einzuschalten. Mit zittrigen Händen holt sie die Taschenlampe aus ihrem Nachtkasten, um mit diesem zuverlässigen Helfer sogleich vom Flur aus das unten liegende Wohnzimmer auszuleuchten. Der hell gebündelte Lichtstrahl trifft auf die einzelnen Einrichtungsgegenstände, die bei Nacht viel gruseliger aussehen, als sie eigentlich sind. Jasmin leuchtet das Sofa und den Wohnzimmertisch an. Sie kann nichts Verdächtiges sehen. Die seltsame Schachtel steht noch immer an der gleichen Stelle, wo sie diese zurückgelassen hat.
Auch keines der benutzten Gläser ist auf dem Tisch umgefallen. Vielleicht ist auch nur ihre Katze zurückgekommen, die in der Küche etwas umgeworfen hat. Es ist für Lucy nicht unüblich mehrere Tage einfach wegzubleiben und dann völlig überraschend wieder aufzutauchen. Bei so einem ekelhaften Wetter wäre eine warme Stube schon bequemer als irgendwo draußen herumzustreunen. Doch auch die Katzenklappe an der Haustür sieht unbenutzt aus. Jasmin traut sich ein paar Schritte weiter, um direkt in die offene Küche leuchten zu können. Auch hier kann sie zuerst nichts ungewöhnliches finden. Langsam scheint sich Jasmin wieder zu beruhigen, also geht sie vorsichtig die ersten zwei Stufen herunter. „...Hallo...?“ Natürlich – als ob man ihr einfach antworten würde. Sie leuchtet nochmal das Wohnzimmer ab, doch plötzlich kann sie unterhalb der Treppe eine schattenhafte, sehr bleiche Gestalt sehen, die sie aus leeren, rotglühenden Augenhöhlen mit einem unnatürlich verzerrten Mund angrinst. Jasmin fängt an zu schreien und stürmt sofort in ihr Schlafzimmer zurück. Sie sperrt die Tür ab und greift nach ihrem Handy, um sofort die Polizei anzurufen. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, bekommt sie zu hören. „Was? Das kann doch nicht sein...“ Sie versucht es erneut, doch sie bekommt die gleiche Nachricht zu hören. Jasmin kann Schritte auf dem Flur hören. Ein dunkles, tief kehliges Röcheln dringt durch die Tür. Sie hat keine andere Möglichkeit mehr und muss sich verstecken. Und warum zur Hölle hat dieses Ding so ausgesehen wie der Kerl auf dem Kinderbuch? Leise knarrend öffnet sich die Tür. Das kann doch nicht sein, Jasmin hat sie abgesperrt. Wie hat er das gemacht?
Es hört sich beinahe so an, als ob ihm das Atmen sehr schwer fallen würde. Von ihrem Versteck aus kann sie einen Blick auf ihn werfen. Jasmin muss sich den Mund zuhalten, da sie sonst los geschrien hätte. Dieses unheimliche Ding reißt ihren Kleiderschrank auf und beginnt ungeniert darin herumzuwühlen. Schnell verliert er das Interesse daran und reißt am Fenster die Vorhänge zur Seite, doch auch dort kann er nichts finden. Jasmin hört seine erstickten Atemzüge und die dumpfen Geräusche, die er bei jedem Schritt hinterlässt. Zuerst wollte das Ding aufgeben und das Schlafzimmer wieder verlassen, doch auf der Türschwelle dreht er sich nochmal um und starrt mit seinen leeren Augen das Bett an. Jasmin bleibt das Herz für eine Nanosekunde stehen als er darauf zugeht. Sie kann fühlen, wie ihr seidig weich die vielen Kissen und dann die Bettdecke vom Körper gezogen werden. Das arme Mädchen ist starr vor Angst. Sie kann sich nicht einmal mehr bewegen, als dieses Ding beginnt über sie zu klettern. Jasmin zittert am ganzen Leib, nachdem sich seine kalte Hand um ihr Kinn geschlungen und die völlig bleichen Lippen an ihr Ohr gelegt haben. „...Ich...hab...dich...gefunden...“, stöhnt er ihr mit einer völlig verzerrten Stimme entgegen. Jasmin ist nicht mehr in der Lage etwas zu sagen. Hätte sie doch bloß nicht dieses verdammte Buch geöffnet. Ihr lauter, hallender Schrei verstummt genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Sie weiß, dass sie daran Schuld ist. Sie hat das Böse auf die Welt losgelassen. Egal wer oder was dieses Ding auch sein mag, menschlich ist es jedenfalls nicht...
Eine schwer keuchende Frau kommt aufgebracht vor einer Tür zum stehen. Heftig donnert sie auf die Klingel und wird von einem Polizeibeamten begrüßt. „Danke, dass Sie so schnell kommen konnten.“ Im gesamten Wohnbereich ist gerade die Spurensicherung unterwegs. Pauline wird nach oben in das Schlafzimmer geführt. Auf dem Bett ist etwas mit einem weißen Tuch abgedeckt. „Und sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie das sehen wollen?“ Pauline nickt einmal. „Bitte, ich muss es wissen...“ Der Polizeibeamte atmet einmal tief durch. „Nun gut – ich habe Sie gewarnt“, sagt er und nimmt das Tuch herunter. Die geschockte Frau hält sich entsetzt die Hand vor den Mund. „Oh mein Gott...das ist sie...“ Pauline sieht auf den toten Körper von Jasmin herab. Sie erträgt diesen Anblick nicht und muss sich auf den ohnehin schon völlig versauten Fußboden erbrechen. „Es tut mir unendlich Leid für Sie, Mrs. Harrison...“ Die völlig verstörte Frau wird abgeholt und sofort von einem Psychologen untersucht. Ein weiterer Arbeitskollege kommt in das Schlafzimmer, um die Leiche von Jasmin zu untersuchen. „Unglaublich...ich habe so etwas noch nie gesehen. Ihre komplette Wirbelsäule ist gebrochen und auch die inneren Organe sind völlig zerfetzt. Schau dir mal ihren Kiefer an, völlig verdreht und halb abgetrennt. Es wirkt beinahe so, als ob man das arme Mädchen von Innen heraus angegriffen hätte.“
Plötzlich kommt Jemand von der Spurensicherung nach oben. „Chief, schauen Sie sich das mal an. Das wurde unter dem Sofa gefunden.“ Der Einsatzleiter nimmt ein Kinderbuch entgegen. Auf dem Cover steht 'Finde ihn' und er wird von einem jungen Mann freundlich angelächelt. „Wie entzückend. Seltsam, dass man so etwas hübsches unter das Sofa verbannt.“ Rick öffnet das Buch und blättert darin herum. Es ist voller bunter Seiten und verschiedener Aufgaben, die man lösen kann. „Wahrscheinlich hat das nichts zu bedeuten. Sicherlich ist es vor sehr langer Zeit mal unter das Sofa gerutscht und vergessen worden. Gehen Sie nach unten und versuchen weitere Spuren zu finden.“ Nachdem der Einsatzleiter wieder alleine ist, deckt er die Leiche wieder ab und erlaubt es sich für zwei Minuten in dem Buch herumzustöbern. Seine grauen Augen fliegen über das Wimmelbild und bleiben plötzlich an dem jungen Mann vom Cover hängen. „Hab ich dich“, sagt er und lacht über sich selbst. „Aus dem Alter sollte ich eigentlich längst draußen sein.“ Trotzdem blättert Rick ein wenig weiter. Doch plötzlich hat sich auch bei ihm das Buch verändert. Die darauffolgenden Seiten sind alle weiß und leer. „...Was zum...?“ Auch er findet in der Mitte des Buches die dunkelgraue Doppelseite, die sich mittig ebenfalls nochmal öffnen lässt und dabei von diesem Ding diabolisch angegrinst wird. Ein plötzliches Gefühl von Unbehagen kriecht ihm eiskalt über den Rücken, als Rick den darunter geschriebenen Satz liest. 'Du hast mich gefunden. Jetzt bin ich an der Reihe dich zu finden...' Rick hat das plötzliche Verlangen mal wieder Urlaub zu nehmen. Er schlägt das Buch wieder zu. Das Cover und der Titel haben sich verändert. Mit schwarzen und blutverschmierten Buchstaben steht dort geschrieben: Finde ihn, bevor er dich findet.
Sie will gerade anfangen darin herumzuwühlen, als plötzlich ihr Handy zu klingeln anfängt. Jasmin kann einen Laut nicht unterdrücken. Sie flucht leise, bevor sie abhebt und die vertraute Stimme ihrer Mutter hört. Erleichtert darüber, dass es ihrem Kind gut geht, beginnt sie sich mit der jungen Frau zu unterhalten. „Ja, mir geht es gut. Hier tobt nur ein Unwetter, weshalb man mich nur schwer erreichen kann.“ Jasmin hasst es von ihrer Mutter so verhätschelt zu werden. Sie ist letzten Monat bereits Vierundzwanzig geworden und somit durchaus in der Lage selbst auf sich aufzupassen. Nach wenigen Minuten ist das Gespräch beendet, weshalb sich die junge Frau wieder der seltsamen Schachtel zuwendet. Nun beginnt sie in dem schwarzen Füllmaterial herumzuwühlen, als sie etwas festes zwischen die Finger bekommt. „Ach, ist das niedlich“, sagt sie verzückt. Jasmin hält ein Kinderbuch in den Händen. Es scheint sich dabei um ein Suchspiel zu handeln. Auf dem Cover ist ein junger Mann zu sehen, der Jasmin freundlich anlächelt. Mit seinen zerzausten, braunen Haaren und den großen, braunen Rehaugen lädt er direkt zum spielen ein. Jasmin fällt auf, dass er passend zu der Schachtel einen rot-weiß gestreiften Pullover und eine farbgleiche Bommelmütze trägt. Nun liest sie den Namen des Buches. 'Finde ihn'. Jasmin schmunzelt. Auch wenn Bücher nicht unbedingt ihre große Leidenschaft sind, scheint es eine nette Abwechslung zu sein. Also schlägt sie das liebevoll gestaltete Kinderbuch auf, um sich sogleich die erste Aufgabe anzusehen. „Wow...gar nicht so leicht...“ Auf dem doppelseitigen Bild ist ganz schön was los. Wirklich unzählige Menschen sind darauf zu sehen.
Es hat fast eine halbe Stunde gedauert, bis Jasmin den jungen Mann auf dem Titelbild inmitten von diesem Wirrwarr gefunden hat. „Hab ich dich“, grinst sie und deutet auf ihn. Es hat wirklich Spaß gemacht ihn zu suchen. Jasmin blättert um und schaut sich die nächsten Aufgaben an. Doch ab der vierten Aufgabe geschieht plötzlich etwas merkwürdiges. Plötzlich sind alle darauffolgenden Seiten komplett weiß und leer. Jasmin versteht das nicht. Dabei muss es sich ganz bestimmt um einen Druckfehler handeln. Sie blättert noch ein paar Seiten weiter, als sie völlig unvorbereitet eine dunkelgraue Doppelseite aufschlägt. „Was zum...?“ Die beiden Seiten lassen sich in der Mitte nochmals öffnen und geben ein weiteres Bild frei. Jasmin läuft es eiskalt den Rücken herunter. Es ist der junge Mann, der vorne auf dem Cover zu sehen ist. Nur ist seine Haut nun ungesund blass und er grinst sie diabolisch aus schwarzen, leeren Augenhöhlen an. Seine spitzen Zähne sehen wie kleine Dolche aus und unter dem Bild steht ein verstörender Satz geschrieben.
'Du hast mich gefunden. Jetzt bin ich an der Reihe dich zu finden.' Jasmin schlägt augenblicklich das Buch zu. Nun hat sich auch das Cover verändert. Statt des freundlich lächelnden jungen Mannes, wird sie nun von dieser grotesk diabolisch grinsenden Kreatur angeschaut. Über ihr steht geschrieben: 'Finde ihn, bevor er dich findet.'
Jasmin stopft das Buch in die Schachtel zurück. Das ist ganz bestimmt so ein dummer Streich, den ihr ihre Arbeitskollegen wieder spielen. Oder sie ist einfach übermüdet und ihr Gehirn hat ihr den Streich gespielt. Ja – so muss es sein. Sie wird einfach schlafen gehen und morgen in der Früh ist alles wieder in bester Ordnung. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, geht Jasmin die Treppe ins erste Stockwerk hoch. Leicht paranoid geworden, schaut sie sich beim Zähneputzen unentwegt um. Ein greller Blitz zuckt vom Himmel herab, der sie laut aufschreien lässt. „Verdammt, jetzt stell dich doch nicht so an. Du bist doch kein kleines Kind mehr“, ermahnt sie sich selbst. Schnell wäscht sie sich noch das Gesicht, bevor sie sogleich ins Schlafzimmer stampft und sich dort umzieht. Jasmin will sich gerade ins Bett legen, als plötzlich der Strom ausfällt und zeitgleich im Erdgeschoss etwas laut klirrend zu Bruch geht. Der Braunhaarigen wäre fast das Herz stehen geblieben. Nun bekommt sie doch Angst. „Scheiße...was passiert hier gerade...?“ Noch immer ist sie davon überzeugt, dass ihre Arbeitskollegen ihr einen bösen Streich spielen wollen. Wie blöd, dass der Sicherungskasten unten in der Küche hängt. Jasmin würde niemals zugeben, dass sie sich im dunklem fürchtet, also bleibt ihr nichts anderes übrig als nach unten zu gehen und die Sicherung wieder einzuschalten. Mit zittrigen Händen holt sie die Taschenlampe aus ihrem Nachtkasten, um mit diesem zuverlässigen Helfer sogleich vom Flur aus das unten liegende Wohnzimmer auszuleuchten. Der hell gebündelte Lichtstrahl trifft auf die einzelnen Einrichtungsgegenstände, die bei Nacht viel gruseliger aussehen, als sie eigentlich sind. Jasmin leuchtet das Sofa und den Wohnzimmertisch an. Sie kann nichts Verdächtiges sehen. Die seltsame Schachtel steht noch immer an der gleichen Stelle, wo sie diese zurückgelassen hat.
Auch keines der benutzten Gläser ist auf dem Tisch umgefallen. Vielleicht ist auch nur ihre Katze zurückgekommen, die in der Küche etwas umgeworfen hat. Es ist für Lucy nicht unüblich mehrere Tage einfach wegzubleiben und dann völlig überraschend wieder aufzutauchen. Bei so einem ekelhaften Wetter wäre eine warme Stube schon bequemer als irgendwo draußen herumzustreunen. Doch auch die Katzenklappe an der Haustür sieht unbenutzt aus. Jasmin traut sich ein paar Schritte weiter, um direkt in die offene Küche leuchten zu können. Auch hier kann sie zuerst nichts ungewöhnliches finden. Langsam scheint sich Jasmin wieder zu beruhigen, also geht sie vorsichtig die ersten zwei Stufen herunter. „...Hallo...?“ Natürlich – als ob man ihr einfach antworten würde. Sie leuchtet nochmal das Wohnzimmer ab, doch plötzlich kann sie unterhalb der Treppe eine schattenhafte, sehr bleiche Gestalt sehen, die sie aus leeren, rotglühenden Augenhöhlen mit einem unnatürlich verzerrten Mund angrinst. Jasmin fängt an zu schreien und stürmt sofort in ihr Schlafzimmer zurück. Sie sperrt die Tür ab und greift nach ihrem Handy, um sofort die Polizei anzurufen. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, bekommt sie zu hören. „Was? Das kann doch nicht sein...“ Sie versucht es erneut, doch sie bekommt die gleiche Nachricht zu hören. Jasmin kann Schritte auf dem Flur hören. Ein dunkles, tief kehliges Röcheln dringt durch die Tür. Sie hat keine andere Möglichkeit mehr und muss sich verstecken. Und warum zur Hölle hat dieses Ding so ausgesehen wie der Kerl auf dem Kinderbuch? Leise knarrend öffnet sich die Tür. Das kann doch nicht sein, Jasmin hat sie abgesperrt. Wie hat er das gemacht?
Es hört sich beinahe so an, als ob ihm das Atmen sehr schwer fallen würde. Von ihrem Versteck aus kann sie einen Blick auf ihn werfen. Jasmin muss sich den Mund zuhalten, da sie sonst los geschrien hätte. Dieses unheimliche Ding reißt ihren Kleiderschrank auf und beginnt ungeniert darin herumzuwühlen. Schnell verliert er das Interesse daran und reißt am Fenster die Vorhänge zur Seite, doch auch dort kann er nichts finden. Jasmin hört seine erstickten Atemzüge und die dumpfen Geräusche, die er bei jedem Schritt hinterlässt. Zuerst wollte das Ding aufgeben und das Schlafzimmer wieder verlassen, doch auf der Türschwelle dreht er sich nochmal um und starrt mit seinen leeren Augen das Bett an. Jasmin bleibt das Herz für eine Nanosekunde stehen als er darauf zugeht. Sie kann fühlen, wie ihr seidig weich die vielen Kissen und dann die Bettdecke vom Körper gezogen werden. Das arme Mädchen ist starr vor Angst. Sie kann sich nicht einmal mehr bewegen, als dieses Ding beginnt über sie zu klettern. Jasmin zittert am ganzen Leib, nachdem sich seine kalte Hand um ihr Kinn geschlungen und die völlig bleichen Lippen an ihr Ohr gelegt haben. „...Ich...hab...dich...gefunden...“, stöhnt er ihr mit einer völlig verzerrten Stimme entgegen. Jasmin ist nicht mehr in der Lage etwas zu sagen. Hätte sie doch bloß nicht dieses verdammte Buch geöffnet. Ihr lauter, hallender Schrei verstummt genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Sie weiß, dass sie daran Schuld ist. Sie hat das Böse auf die Welt losgelassen. Egal wer oder was dieses Ding auch sein mag, menschlich ist es jedenfalls nicht...
Eine schwer keuchende Frau kommt aufgebracht vor einer Tür zum stehen. Heftig donnert sie auf die Klingel und wird von einem Polizeibeamten begrüßt. „Danke, dass Sie so schnell kommen konnten.“ Im gesamten Wohnbereich ist gerade die Spurensicherung unterwegs. Pauline wird nach oben in das Schlafzimmer geführt. Auf dem Bett ist etwas mit einem weißen Tuch abgedeckt. „Und sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie das sehen wollen?“ Pauline nickt einmal. „Bitte, ich muss es wissen...“ Der Polizeibeamte atmet einmal tief durch. „Nun gut – ich habe Sie gewarnt“, sagt er und nimmt das Tuch herunter. Die geschockte Frau hält sich entsetzt die Hand vor den Mund. „Oh mein Gott...das ist sie...“ Pauline sieht auf den toten Körper von Jasmin herab. Sie erträgt diesen Anblick nicht und muss sich auf den ohnehin schon völlig versauten Fußboden erbrechen. „Es tut mir unendlich Leid für Sie, Mrs. Harrison...“ Die völlig verstörte Frau wird abgeholt und sofort von einem Psychologen untersucht. Ein weiterer Arbeitskollege kommt in das Schlafzimmer, um die Leiche von Jasmin zu untersuchen. „Unglaublich...ich habe so etwas noch nie gesehen. Ihre komplette Wirbelsäule ist gebrochen und auch die inneren Organe sind völlig zerfetzt. Schau dir mal ihren Kiefer an, völlig verdreht und halb abgetrennt. Es wirkt beinahe so, als ob man das arme Mädchen von Innen heraus angegriffen hätte.“
Plötzlich kommt Jemand von der Spurensicherung nach oben. „Chief, schauen Sie sich das mal an. Das wurde unter dem Sofa gefunden.“ Der Einsatzleiter nimmt ein Kinderbuch entgegen. Auf dem Cover steht 'Finde ihn' und er wird von einem jungen Mann freundlich angelächelt. „Wie entzückend. Seltsam, dass man so etwas hübsches unter das Sofa verbannt.“ Rick öffnet das Buch und blättert darin herum. Es ist voller bunter Seiten und verschiedener Aufgaben, die man lösen kann. „Wahrscheinlich hat das nichts zu bedeuten. Sicherlich ist es vor sehr langer Zeit mal unter das Sofa gerutscht und vergessen worden. Gehen Sie nach unten und versuchen weitere Spuren zu finden.“ Nachdem der Einsatzleiter wieder alleine ist, deckt er die Leiche wieder ab und erlaubt es sich für zwei Minuten in dem Buch herumzustöbern. Seine grauen Augen fliegen über das Wimmelbild und bleiben plötzlich an dem jungen Mann vom Cover hängen. „Hab ich dich“, sagt er und lacht über sich selbst. „Aus dem Alter sollte ich eigentlich längst draußen sein.“ Trotzdem blättert Rick ein wenig weiter. Doch plötzlich hat sich auch bei ihm das Buch verändert. Die darauffolgenden Seiten sind alle weiß und leer. „...Was zum...?“ Auch er findet in der Mitte des Buches die dunkelgraue Doppelseite, die sich mittig ebenfalls nochmal öffnen lässt und dabei von diesem Ding diabolisch angegrinst wird. Ein plötzliches Gefühl von Unbehagen kriecht ihm eiskalt über den Rücken, als Rick den darunter geschriebenen Satz liest. 'Du hast mich gefunden. Jetzt bin ich an der Reihe dich zu finden...' Rick hat das plötzliche Verlangen mal wieder Urlaub zu nehmen. Er schlägt das Buch wieder zu. Das Cover und der Titel haben sich verändert. Mit schwarzen und blutverschmierten Buchstaben steht dort geschrieben: Finde ihn, bevor er dich findet.