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Breakaway

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / Het
27.03.2022
17.12.2022
31
117.601
44
Alle Kapitel
170 Reviews
Dieses Kapitel
6 Reviews
 
26.11.2022 2.966
 
Ich wünsche euch schon mal einen schönen 1. Advent und hoffe, Tyler kann ihn euch ein bisschen versüßen. Schließlich channelt er heute (mal wieder) seinen inneren Jack Pearson^^

*** ***

Er betrat die Intensivstation und ging direkt zum Stützpunkt, wo sich gleich mehrere Pfleger aufhielten.
„Hey Leute“, grüßte er und stellte zwei Kuchenplatten auf den Tresen. „Meine Mutter hat Apfel- und Kirschkuchen für euch gebacken.“
„Ich liebe sie. Hast du was dagegen, wenn ich dein Stiefvater werde? Ich will Ellen unbedingt heiraten“, sagte Max, der Stationsleiter grinsend. Beth, diese Woche im Tagdienst, gab ihrem Kollegen einen Klaps auf den Arm.
„Die Frau ist viel zu gut für dich. Sei dankbar, dass du ihren Kuchen essen darfst und begnüg‘ dich damit.“ Lächelnd wandte sie sich ihm zu. „Danke für den Kuchen. Grüß deine Mom, falls sie heute nicht kommt.“
„Mache ich“, versicherte er, denn Ellen würde es an diesem Tag nicht schaffen.

„Romy hatte eine gute Nacht“, brachte Max ihn auf den neuesten Stand. „Nicht ein Alarm, keine kalten Füße und sogar ihre Hände waren warm.“
„Das ist gut, oder?“, vergewisserte er sich.
„Das ist richtig gut.“ Max nickte nachdrücklich. „Ihre Körpertemperatur ist nachts immer extrem gefallen. Es ist also ein großer Schritt vorwärts. Von der Nacht ohne Alarm ganz zu schweigen. Ihr Herz schlägt schön gleichmäßig und ihre Hirnströme sind so perfekt, es sind kleine Kunstwerke. Mehr können wir uns momentan nicht wünschen.“

Es war faszinierend, wie sehr sich das Leben innerhalb einer Woche verändern konnte. Er hatte eine völlig neue Routine, konnte gute, von schlechten Hirnströmen unterscheiden und war mit einem ganzen Team von Pflegern so per Du, dass er wusste, wie sie ihren Kaffee tranken.

„Okay, ich gehe dann mal zu ihr. Lasst euch den Kuchen schmecken.“

Romy lag in ihrem Bett und die Geräte machten die üblichen Geräusche. Er stellte seine Tasche auf den Stuhl, lehnte sich über Romy und küsste sie auf die Stirn. Ihre Verletzungen im Gesicht waren soweit abgeheilt, dass er es wagen konnte.
„Hey, meine Schöne. Ich habe gehört, du hattest eine gute Nacht!?“ Vorsichtig strich er ihr die Haare aus der Stirn. „Ich habe ein paar Geschenke für dich.“ Er setzte sich auf seinen üblichen Platz und zog zuerst ein Blatt Papier aus der Tasche. „Nicky hat dir ein neues Bild gemalt. Er hat gesagt, er hätte euch beide beim Reiten gemalt, aber ehrlich gesagt...“ Er betrachtete die bunten Kleckse. „Das muss diese abstrakte Kunst sein, von der immer alle schwärmen. Ich kann hier keine Pferde erkennen. Dich auch nicht. Aber das kleine Strichmännchen hier könnte Nicky sein. Vermutlich irre ich mich und es ist Giggles. Wie auch immer, ich hänge es zu den anderen.“ Er hängte das Bild an die Wand hinter dem Nachtschrank und setzte sich hinterher wieder.

„Meine Mutter hat dir Socken gestrickt. Aus extraweicher Wolle. Pink und lila gestreift und sie hat kleine Smileys ans Bündchen genäht. Ich wette, du findest sie super, weil sie eigentlich echt hässlich sind.“ Lächelnd schüttelte er den Kopf. Romys Vorliebe für hässliche oder kitschige Kuschelsocken war einer ihrer kleinen Ticks, die sie so einzigartig machten.

„Und ich habe dir ein Buch gekauft, das Mel mir empfohlen hat. Superkitschiges Cover. In Pink, mit einem gezeichneten Pärchen und einem Hund drauf. Mel meint, die Geschichte wird dir gefallen. Und sie hat angeblich ein paar Parallelen zu unserer Geschichte. Na ja, warten wir‘s mal ab.“

Er schlug das Buch auf und begann Romy vorzulesen, wie er es in der letzten Woche jeden Tag getan hatte. Es war eine typische moderne Romanze, die Mel ihm da angedreht hatte. Vermutlich würde sie spätestens im nächsten Jahr mit der Trulla aus Game of Thrones und irgendeinem englischen Frauenschwarm verfilmt werden. So ein Wiener Würstchen mit extrem englischem Akzent, weil die Geschichte in England spielte.

Nach etwa fünf Seiten realisierte er, dass der große Held Ire war, also würden sie wahrscheinlich Colin Farrell mit Botox vollspritzen, damit er als Dreißigjähriger durchgehen würde.

Nach zwei Kapiteln klappte er das Buch zu.
„Ganz ehrlich, Romina, das ist schlimmer, als die Schmonzetten, die Mr. Andersson uns hat lesen lassen.“
„Frauen und ihre Liebesromane.“ Er sah zur Tür, in der ein grinsender Dr. Baxter stand.
„Oder?“, vergewisserte er sich. „Und Romy ist völlig verrückt. Entweder liest sie den schmalzigsten Kitsch oder blutige Krimis. Und ich meine richtig blutig. Serienkiller, ausgeweidete Opfer...“

Lachend betrat der Arzt die Kabine. Er war etwa so alt, wie seine Eltern, hatte vereinzelte graue Strähnen im dunkelblonden Haar und ein freundliches Lächeln, das zu seiner freundlichen Art passte.

„Lassen Sie sich in ein Geheimnis einweihen. Frauen mit verrückten Eigenarten sind die besten. Meine Frau singt Weihnachtslieder beim Staubsaugen. Stellen Sie es sich vor; Juli, dreißig Grad im Schatten und sie singt von Jingle Bells und Santa, der in die Stadt kommt. Wir sind bald dreißig Jahre verheiratet und ich habe mich nicht einen Tag gelangweilt.“
„Ich werde es mir merken“, versicherte er schmunzelnd. „Und weiter kitschige Bücher kaufen.“
„Das will ich hören.“

Dr. Baxter nahm sich Romys Akte, die am Bett hing.
„Sie wissen schon, dass Romys Nacht gut war?“ Er nickte zustimmend. „Wir sind insgesamt sehr zufrieden mit Romys Fortschritten. Alles heilt vorschriftsmäßig und auch die Schwellung im Gehirn ist fast verschwunden. Ich habe mit einem Kollegen in New York gesprochen. Spezialist für Hirntraumata. Wir sind uns einig, dass wir Romy schon bald aus dem Koma holen können.“ Mahnend hob er die Hand. „Tyler, ich bitte Sie, noch keine Party zu schmeißen. Vor Romy liegt noch ein langer Weg. Sie muss aufwachen, einige Dinge vielleicht neu lernen, besonders das Schlucken und sie wird eine Reha machen müssen.“
„Natürlich. Alles, was sie braucht. Meine Schwester hat mir ein Buch besorgt und auch wenn ich jedes zweite Wort nachschlagen musste, weiß ich, dass nach einem künstlichen Koma viel Arbeit vor dem Patienten liegt. Aber ich werde alles tun, damit sie die Hilfe bekommt, die sie braucht.“
„Da mache ich mir bei Ihnen überhaupt keine Sorgen. Ich will nur sichergehen, dass Sie vorbereitet sind. Auf harte Arbeit, mögliche Rückschläge, Frust...“
„Ich werde es mir merken. Danke, Doc.“
„Jederzeit.“ Lächelnd nickte Dr. Baxter. „Dann lasse ich Sie beide mal herausfinden, ob der Held seine Prinzessin am Ende kriegt.“ Er schnaubte verächtlich, was den Arzt Romys Raum grinsend verlassen ließ.

„Hast du Dr. Baxter gehört?“, fragte er Romy, als sie wieder allein waren. „Du hast dich so gut erholt, dass sie daran denken, dich aufzuwecken. Das sind wirklich gute Nachrichten. Es wird dauern, bis du wieder richtig fit bist, aber das kriegen wir hin. Einen Schritt nach dem anderen.“

Er hatte in einer Woche schon so viele Schritte gemacht, so viel gelernt, er war aufgewärmt für den Rest, der vor ihnen lag. Romy hatte ihm in den letzten Tagen einige Schocks verpasst und ihm mehrmals falsche Hoffnungen gemacht. Plötzliche Herzrhythmusstörungen zum Beispiel. Als sie das erste Mal die Augen geöffnet hatte, hatte er an ein Wunder geglaubt, nur um zu lernen, das Komapatienten durchaus die Augen öffneten, ohne dass es etwas bedeutete.

Aber zu hören, dass sie sich gut genug erholt hatte, um ihren künstlichen Schlaf langsam zu beenden, ließ ihn innerlich jubeln. Auch wenn er gleichzeitig ein bisschen Angst hatte. Er hatte sich gezwungen, nicht im Internet zu recherchieren, aber er hatte das Buch von Mel, so gut er konnte, gelesen und es hatte ein ganzes Kapitel gegeben, in dem es um die Folgen eines künstlichen Komas ging. Die schlimmsten waren der Übergang ins Wachkoma und sogar der Tod gewesen. Aber dass es soweit kommen würde, daran wollte er einfach nicht denken. Auch wenn dieser Gedanke immer wieder mal versuchte, sich in den Vordergrund zu drängen.

*** ***

„Mr. Holt? Tyler!“ Eine weibliche Stimme ließ ihn inne halten. Er war auf dem Weg in die Bibliothek, um Mel ihr Mittagessen vorbeizubringen und hatte eigentlich wenig Lust, einem Fan Autogramme zu geben. Aber die Frau in seinem Alter hatte einen kleinen Jungen dabei, deshalb blieb er lächelnd stehen.

„Entschuldigen Sie die Störung“, sagte die rotblonde Frau, als sie und der Junge ihm schließlich direkt gegenüber standen.
„Schon okay“, beschwichtigte er und lächelte dem Jungen zu, der ihn beinahe ehrfürchtig anstarrte.
„Ich bin Nicole Masters und das ist mein Sohn, Oliver.“ Und plötzlich begriff er, dass er keine Fans vor sich hatte, sondern den Jungen, dem Romy das Leben gerettet hatte und dessen Mutter. „Ich war auf dem Weg zu ihrer Schwester. Ich weiß, dass sie in der Bibliothek arbeitet und wollte sie bitten, Ihnen etwas auszurichten. Aber dass ich persönlich mit Ihnen sprechen kann, ist noch besser.“
„Was kann ich denn für Sie tun?“, erkundigte er sich.
„Ich kann natürlich nicht persönlich mit Romy sprechen und weiß auch nicht, ob… Na ja, ob sie es hört, wenn man mit ihr spricht, aber könnten Sie ihr ausrichten, wie dankbar ich ihr bin?“ Nicole drückte ihren Sohn sanft an sich, sah ihm dabei aber weiter offen ins Gesicht. „Ich bin nicht gerade vermögend, aber ich habe ein Spendenkonto für Romy eröffnet. Mittlerweile haben eine Menge Leute ebenfalls etwas gespendet. Ich habe die Unterlagen dabei und wenn Romy irgendetwas braucht oder das Krankenhaus die Behandlung berechnet, würde ich gerne die Spenden nutzen, um zumindest einen Teil der Rechnungen zu bezahlen.“

Er spürte den gleichen Widerstand, den er auch beim Vorschlag der Millers gespürt hatte, aber gleichzeitig hörte er die Stimme des Chiefs, die ihn aufforderte, die Hilfsbereitschaft der Stadt anzunehmen.

„Das ist wirklich nett“, sagte er deshalb. „Haben Sie eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann?“
Ja, na klar.“ Sie zog eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche und reichte sie ihm. Es war die Karte eines Blumengeschäfts in Milford. „Ich habe meine Handynummer auf die Rückseite geschrieben. Bitte rufen Sie mich wirklich an. Das Geld gehört Romy und sie soll es bekommen, damit es ihr hoffentlich schnell besser geht.“ Sie griff erneut in ihre Handtasche und zog ein Blatt Papier hervor. „Das hier ist ein aktueller Kontoauszug.“ Er nahm das Papier entgegen und da sie den Kontostand markiert hatte, fiel er ihm sofort ins Auge. Es würde nicht ansatzweise fürs Romys Behandlung reichen, aber es waren mehrere tausend Dollar zusammengekommen.
„Wow. Danke“, entfuhr es ihm, als er die Großzügigkeit erkannte. In Bradfort gab es kaum wirkliche Großverdiener, deshalb war die gesammelte Summe wirklich beeindruckend.

Der kleine Junge, Oliver, zupfte am Ärmel seiner Mutter und hielt ihr ein zusammengerolltes Papier mit einer roten Schleife darum hin. Nicole lächelte ihren Sohn liebevoll an, bevor sie zu ihm sah.
„Ollie hat Romy ein Bild gemalt. Ich weiß nicht, ob es sie haben darf!?“ Statt ihr direkt zu antworten, ließ er sich in die Knie sinken und lächelte Ollie warmherzig an.
„Ich nehme es für Romy mit, wenn du das möchtest. Und wenn sie aufwacht, erzähle ich ihr, dass du es für sie gemalt hast.“
„Danke, Mr. Holt“, erwiderte Ollie schüchtern.
„Nenn mich Tyler“, entgegnete er noch immer lächelnd. „Und danke für das Bild. Romy freut sich bestimmt darüber.“ Oliver lächelte noch immer schüchtern, aber trotzdem strahlend.
„Na komm, Tiger“, mischte Nicole sich ein. „Mr. Holt… Tyler hat bestimmt viel zu tun. Wir wollen ihn nicht länger aufhalten.“

Er verabschiedete sich von den beiden und konnte endlich in die Bibliothek gehen, wo Mel ihn mit einem Lächeln erwartete.
„Na endlich, ich verhungere gleich“, meckerte sie gespielt.
„Wenn du nicht so ein unorganisierter Schussel wärst, hättest du dein Essen nicht stehen lassen“, schoss er zurück und grinste, als sie ihm die Zunge raus streckte.
„Hast du ein bisschen Zeit? Willst du mir Gesellschaft leisten?“, fragte sie, statt ihre alberne Streiterei fortzuführen.

Die Tiere waren versorgt, Romy hatte einige Untersuchungen vor sich und er konnte sie währenddessen nicht sehen, deshalb stimmte er zu und folgte Mel in den Aufenthaltsraum der Bibliothek.

„Wo ist deine Lieblingskollegin?“, fragte er, als sie sich schließlich gegenüber saßen.
„Sie hat zum Glück Urlaub. Meinetwegen kann sie gleich danach in den Ruhestand gehen.“ Mel verdrehte die Augen, so wie immer, wenn sie über Harriet James sprachen. „Manchmal frage ich mich, ob die alte Krähe nur mal eine richtig heiße Nummer braucht oder sie von Grund auf verbiestert ist und sich niemals ändern kann.“ Auch wenn er lachte, schüttelte er sich gleichzeitig angewidert. Die Worte Sex und Harriet in einem Satz hatte er eigentlich nie hören wollen.

„Wie geht's dir, Brüderchen?“, erkundigte Mel sich, nachdem sie den ersten Bissen ihres Sandwiches verdrückt hatte.
„Ganz gut. Ein bisschen nervös.“
„Aber gestern Abend sah doch alles weiterhin gut aus?“
„Ja, absolut. Seit gestern Abend atmet Romy wieder selbständig und das ist ein gutes Zeichen. Aber sie ist noch nicht wach und das macht mich so nervös.“ Mel legte ihr Essen auf ihrem Teller ab und drückte sanft seine Hand.
„Ich kann dich gut verstehen. Mir geht es genauso.“ Seufzend zuckte sie die Achseln. „Sie fehlt mir wahnsinnig und ich kann es nicht erwarten, endlich wieder mit ihr reden zu können.“ Ein beinahe schelmisches Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Es gibt niemanden, mit dem ich so gut für sexy Schauspieler schwärmen kann.“ Auch wenn er ergeben die Augen verdrehte, freute er sich, dass Romy und Mel sich so gut verstanden. Es war nicht selbstverständlich, dass sie sich mochten und sogar Freundschaft geschlossen hatten.
„Wenn Romy erst wieder fit genug ist, um nach Hause zu dürfen und sich ein bisschen eingelebt hat, nehme ich dir Nicky für ein Wochenende ab, damit ihr zwei euren Serienmarathon starten könnt.“
„Du bist der Beste“, entgegnete Mel grinsend. „Du erreichst beinahe Jack Pearson Level. Aber…“ Grinsend zwinkerte sie ihm zu. „Lass dir bitte nie einen Schnauzer stehen. Dir können wir den nicht verzeihen.“ Was auch immer das bedeutete, er ließ es unkommentiert stehen. Zumal er sich niemals einen Schnauzer stehen lassen würde. Wer war er? Thomas Magnum?

„Schwärmt ihr nur über den, trotz Schnauzer, perfekten Kerl, Nicky und ich gönnen uns solange ein richtiges Männerwochenende.“
„Lass mich raten; Football, Fastfood, Grunzlaute“, erwiderte Mel neckend. Er deutete ein weiteres Augenrollen an, aber sie hatte nicht ganz unrecht. Wobei er seinem Neffen noch ein bisschen mehr gönnen würde. Vielleicht könnten sie endlich das Baumhaus in Angriff nehmen, dass er Nicky schon vor einer Weile versprochen hatte. Sollte das Wetter nicht mitspielen, könnten sie in den Abenteuerpark gehen, von dem Nicky schon länger schwärmte. Da es ein Indoorpark war, konnte ihnen das Wetter egal sein.

„Hast du Romy eigentlich schon die guten Neuigkeiten übermittelt?“, wollte Mel wissen, nachdem sie sich doch endlich einen Moment ihrem Essen gewidmet hatte. Als er sie fragend ansah, erklärte sie näher, was sie meinte. „Jason und Sandra? Was Romy wohl dazu sagt, dass ihr Unfall die beiden doch noch zusammengebracht hat?“
„Vermutlich, dass ihr Unfall auch was Gutes hatte“, antwortete er mit einem angedeuteten Achselzucken. Und sie hätte nicht mal unrecht.

Jason hatte Sandra angerufen, um ihr medizinisches Fachwissen zu nutzen, denn er hatte sich große Sorgen um Romy gemacht. Sandra hatte ihm nicht nur alles erzählt, was sie zum Thema Künstliches Koma wusste, sie hatte Jason auch getröstet. Erst am Telefon, dann war sie nach Dallas geflogen und dann hatten sie endlich ein offenes Gespräch über sich geführt, das letztlich in einer Beziehung gegipfelt hatte. Sie wollten es langsam angehen, aber sie waren zusammen und das war alles, was Tyler sich erhofft hatte. Sein bester Freund hatte es verdient, endlich glücklich zu sein.

„Wenn nur Ryan Gosling seine Liebste endlich verlassen würde“, seufzte Mel abgrundtief.
„Denkst du, dann klingelt er bei dir?“, spöttelte er.
„Hey! Willst du etwa sagen, ich bin nicht gut genug für ihn?“
„Er ist nicht gut genug für dich“, entgegnete er. „Du hast einen perfekten Mann verdient und den gibt es nicht.“
„Also bleibe ich ewig Single? Danke, Eierkopf. Wirklich sehr nett von dir.“ Lachend wich er ihrer Hand aus, mit der sie ihm auf den Oberarm hauen wollte.
„Natürlich nicht“, versicherte er ihr, als er sich wieder unter Kontrolle hatte. „Aber ich will einen Mann für dich, der so nahe an Perfektion kratzt, wie es nur geht. Also gib dich nicht mit dem Erstbesten zufrieden. Selbst wenn er Ryan Gosling heißt.“ Kopfschüttelnd sah er seine Schwester an. „Der Typ ist noch schlimmer, als Romys Schwarm.“
„Ist er nicht“, widersprach sie empört. „Und du musst gerade reden. Wer hat denn jahrelang für Mila Kunis geschwärmt?“ Plötzlich verengten sich ihre Augen. „Hast du wirklich für sie geschwärmt oder war sie nur ein dein Fall, weil sie ein bisschen aussieht, wie eine dunkelhaarige Variante von Romy?“ Das konnte er nicht abstreiten, deshalb hielt er wohlweislich den Mund.

Ihr Gespräch war zum Teil natürlich ein bisschen albern, aber es tat gut, auch mal nichtssagenden Blödsinn zu reden. Seit Romys Unfall waren zwölf Tage vergangen und es waren größtenteils harte Tage gewesen. Die Sorge um Romy war immer da, deshalb war es schön, einfach mal Zeit mit seiner Schwester verbringen und lachen zu können. Mel schien zu durchschauen, was in ihm vorging, denn sie lächelte ihn warmherzig an, als sie fragte: „Warum komme ich heute Abend nicht bei dir vorbei? Wir könnten Der Pate gucken und ich lasse dich sogar Don Corleone imitieren, auch wenn du es nicht halb so gut kannst, wie du glaubst.“
„Klingt gut“, stimmte er grinsend zu. „Und mein Don Corleone klingt auch gut.“ Mel verdrehte die Augen und stöhnte genervt, als er ihr eine Kostprobe gab. „Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen.“
„Vielleicht sollten wir doch einen anderen Film gucken“, sagte sie trocken. „Am besten einen, den du noch nicht kennst.“

Er bekam keine Chance, ihr zu antworten, denn sein Handy begann zu klingeln. Ein Blick aufs Display verriet ihm, dass es das Krankenhaus, genaugenommen die Intensivstation, war. Mel erkannte sofort, dass irgendwas los war und sah ihn so gespannt an, wie er sich fühlte. Innerlich tief durchatmend, nahm er den Anruf entgegen und hörte Mandys Stimme am anderen Ende. Sie meldete sich mit ihrem Namen und dann sagte sie nur drei weitere Worte.

*** ***
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