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Was zum Teufel...

von Reader3
Kurzbeschreibung
GeschichteFantasy, Liebesgeschichte / P18 / Het
28.02.2022
01.11.2022
21
26.541
4
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Dieses Kapitel
1 Review
 
21.03.2022 1.237
 
Die Sonne ging langsam auf und es wurde Zeit, in mein Büro zu gehen. Ich zog mir einen der Anzüge an, welcher in meinem begehbaren Kleiderschrank hing. Auf meiner Liste stand ganz oben, die gestern gezeigten Aktien gleich einmal im Wert fallen zu lassen. Das würde alle dummen Menschen, welche sich gestern dazu durchgerungen hatten, diese wirklich zu kaufen, vor eine Existenzkriese stellen. Eine scheiternde Existenz verleitet häufig zu Diebstahl und selbstzerstörerischen Handlungen. Ich musste mir eingestehen, dass mein Urgroßvater einen sehr guten Einfall hatte, als er das Geld erfand. Zuvor gab es zwar auch den Neid, allerdings machte das Geld die Menschen gieriger. Ich kam im Immobilienbüro an, welches von mir, laut meines erfundenen Lebenslaufes, vorkurzen gekauft wurde. Durch steigende Mietpreise könnte ich einige weitere Menschen in eine Geldkriese stürzen. Erst einmal ließ ich den Aktienkurs sinken. Danach einen Kaffee von meiner Sekretärin bringen, welchen ich allerdings drei Mal grundlos zurückgehen ließ. Dann befasste ich mich mit der Tageszeitung und musste feststellen, dass es deutlich zu viele Wohltäter unter den Menschen gab. Wie scheußlich. Genau zur Mittagspause ließ ich alle Mitarbeiter in den Konferenzraum kommen und feuerte die Hälfte wegen den kleinesten Nichtigkeiten. Eine besonders hartnäckige Frau, welche mir mehrere Male ihre schwere finanzielle Lage vor Augen führte, ließ ich schließlich vom Sicherheitsdienst aus dem Büro entfernen. Äußerst zufrieden über den Verlauf dieses Tages verließ ich gegen 16 Uhr das Büro. Der erste gutgläubige Aktienspekulant hatte sich heute schon straffällig gemacht, indem er eine alte Frau überfallen hatte. Ich schaltete in meiner Wohnung ein Violinen Konzert ein und schenkte mir einen sehr guten Whisky ein. Noch war ich etwas unschlüssig, was ich mit der Firma anstellen werde. Sie an den meist Bietenden zu verkaufen wäre eine Möglichkeit. Auf Dauer wäre mir der Alltag zu langweilig. Jeden Tag kann man nicht die gleichen Mitarbeiter terrorisieren. Ich musste ungebundener sein, um wirklich das Böse in der Welt zu verbreiten. Was soll ich da mit einem einzigen Unternehmen? Morgen würde ich es los sein. Ich schenkte mir noch ein weiteres Glas ein und ließ meinen Blick durch die Wohnung schweifen. Da fiel mein Blick auf die Unterlagen, welche ich von meinem Vater vor meinem Aufbruch bekommen hatte. Bisher hatte ich mich nicht dazu herab gelassen, sie mir ordentlich durchzulesen. Ich sollte es allerdings langsam einmal tun, denn das von meinem Vater als Hunger beschriebenen Gefühl machte sich in mir breit. Es war ebenfalls eine unglaubliche Erfindung. Seit Anbeginn der Menschheit mussten sie sich mit Nahrung versorgen, was sie vor das Problem der gerechten Verteilung und der Beschaffung stellte. Ich schaute mir die Anleitung für eine Mahlzeit an. Solch eine Lästigkeit würde das Essen in meinem kommenden Lebensjahr darstellen. Als ich den Auflauf aus dem Ofen holte, verbreitete sich ein guter Geruch in der Wohnung. Ohne zu zögern griff ich mir eine Gabel und aß den kompletten Inhalt der Auflaufform auf. Es dämmerte langsam und ich beschloss eine Runde Joggen zu gehen. Denn auch meine Körperstatur würde ich mir nicht einfach so erhalten können, wie es in der Hölle üblich war. Ich beschloss eine Haushaltshilfe und einen Trainer einzustellen. Ich ließ die Gedanken schweifen. Nach einigen Minuten ertappte ich mich dabei, wie ich unterbewusst den Weg zum Haus der Frau lief. Verwundert blieb ich stehen. Den ganzen Tag über war mir ihr Gesicht immer mal wieder kurz in die Gedanken gerutscht. Allerdings hatte ich sie immer wieder verdrängt. Ich zögerte kurz. Einmal kurz in ihre Wohnung schauen war keine Schande. Ich joggte weiter. Vor dem Hochhaus nutzte ich meine Fähigkeiten und Verschleierte mich. Mit einem kräftigen Sprung stieß ich mich vom Boden ab und landete lautlos auf dem Balkon. Wenigstens hatte ich meine Kraft behalten. In der winzigen Wohnung lief der Fernseher. Die Frau schien auf dem Sofa zu liegen und zu schlafen. Ihre Oma lag schon im Bett, wie ich feststellen konnte. Leise betrat ich die Wohnung durch die Balkontür, die ich aufgemacht hatte. Eine leise Stimme in meinem Hinterkopf fragte mich, was ich da gerade eigentlich machte. Ich wusste es nicht. Diese Frau war unglaublich faszinierend und schön. Ich betrachtete die zarten Züge, hörte auf ihr sanftes Atmen und ihren Herzschlag. Sie ist so anders als jede Frau, die ich jemals gesehen hatte. Der Gedanke, sie einfach nach diesem Jahr auf der Erde in die Hölle zu entführen, kam mir in den Sinn. Aber ich ließ den Einfall bald wieder fallen. In der Hölle hatten Frauen nur einen nutzen und zwar den Männern zu gefallen. Und ich würde sie nicht teilen können, das wurde mir bei ihrem Anblick klar. Es wiederstrebte mir ja schon, dass sie einen solchen Beruf ausübte und so sich anderen Männern präsentierte. Es wurde mir allerdings auch nicht verboten, Frauen während meines Aufenthalts auf der Erde näher zu kommen. Meine Gedanken schockierten mich. Ich sollte mich nicht an solchen Nichtigkeiten aufhängen. Die Oma von ihr stand plötzlich in der Tür. Schnell presste ich mich an eine Wand. Selbst im nicht Sichtbaren zustand konnte man gegen mich laufen. Die alte Frau murmelte einige unverständliche Sätze drehte sich dann wieder um und ging in das Schlafzimmer zurück. Wie eigenartig. Durch diesen Vorfall übernahm mein rational denkendes Hirn wieder seine Arbeit auf und ich verließ die Wohnung unbemerkt. Wie mit meinem Vater besprochen, stattete ich nach den ersten 24 Stunden auf der Erde ihm einen Besuch ab. Ich erzählte ihm von den Aktien und dem Unternehmen, welches ich verkaufen werde. Die Frau ließ ich allerdings aus einem Gefühl heraus aus meiner Erzählung weg. „Du willst wirklich dieses Unternehmen verkaufen?“ fragte mich mein Vater skeptisch. Dabei zog er einmal an seiner dicken Zigarre und atmete den Rauch in runden Kringeln wieder aus. „Ich weiß nicht wirklich was ich damit anfangen soll. Es ist mir eher wie ein Klotz am Bein als eine Hilfe.“ Ich kratzte mich am Hinterkopf. Was wollte er den von mir hören? „Du wirst es behalten und vergrößern. Wenn du die anderen Firmen vom Markt verdrängst und aufkaufst wirst du in Chicago die Mietpreise erhöhen können und vielen den Lebensunterhalt deutlich erschweren. Schau, hier hast du eine Liste von kleineren Firmen, welche kurz vor der Insolvenz stehen. Sie sind alle im Immobilienbereich tätig. Du wirst sie erst einmal Aufkaufen.“ Er überreicht mir die Liste. Es sind sieben Unternehmen. Alle mit einem geschätzten Kaufpreis von etwas unter oder über einer Million. „Glaub mir mein Sohn, ich hab mich damals auf der Erde nach einigen Wochen gelangweilt. Nur den ganzen Tag böses im Kleinen zu tun, bringt einen nicht weiter. Allerdings ist es aufregend, auf etwas Größeres hin zu arbeiten.“ Ich nickte kurz. Sein Blick und Tonfall verdeutlichte mir, dass er keine Wiederrede duldete. „Erst als ich deine Mutter kennen lernte, war die Langeweile etwas erträglicher.“ Er schien in Erinnerungen zu schwelgen. Normalerweise ließ er sich nie dazu herunter, über sie zu sprechen. Umso mehr überraschte es mich, dass er jetzt damit kam. „Zu schade, dass sie so schwach war, so menschlich.“ Er verstummte und schien sich scheinbar bewusst zu werden, dass ich immer noch vor ihm stand. „Nun denn, dann hätten wir alles geklärt. Ich halte es für sinnvoll wenn du das nächste Mal in drei Monaten wieder kommst. Wenn du etwas Wichtiges hast... Du weißt ja wo ich zu finden bin.“ Mit diesen letzten Worten drehte er sich um und ging. Ich stieg die Leiter wieder hoch und öffnete den Kanaldeckel. Es war bereits mitten in der Nacht. Das könnte ein langes Jahr werden.
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